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Günther Zuntz Griechischer Lehrgang III Appendix Grammatica Summa Grammatica VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN

Griechischer Lehrgang III

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Page 1: Griechischer Lehrgang III

Günther Zuntz

Griechischer Lehrgang

III Appendix Grammatica

Summa Grammatica

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN

Page 2: Griechischer Lehrgang III

Studienhefte zur Altertumswissenschaft

Herausgegeben von Bruno Snell und Hartmut Erbse

Heft 15/111

( Bayerisch· | .Staatsbibliothek I

l München J

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Zuntz, Günther: Griechischer Lehrgang / Günther Zuntz. - Göttingen:

Vandenhoeck und Ruprecht (Studienhefte zur Altertumswissenschaft; H. 15)

ISBN 3-525-25320-6 kart. in Kassette

NE: GT III. Appendix grammatica. - 1983. -

© Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 1983 - Printed in Germany - Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile dar

aus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Herstellung: Breklumer Druckerei Manfred Siegel, Breklum

Page 3: Griechischer Lehrgang III

Inhalt

ι

Vorwort 5

Verzeichnis der Abkürzungen 15

Übersicht über den grammatischen Stoff der einzelnen Lektionen

und der zugehörigen Appendix Grammatica 16

Lektionen 25

Anthologion 245

Fasti Graeci 277

Personenregister 294

II

Exercitia 8

Vokabular 131

Wortregister 247

III

Übersicht über den grammatischen Stoff der einzelnen Lektionen

und der zugehörigen Appendix Grammatica 7

Appendix Grammatica 15

Summa Grammatica 271

Sachregister: Laut-und Formenlehre-Syntax-Metrik 312

Page 4: Griechischer Lehrgang III
Page 5: Griechischer Lehrgang III

Übersicht über den grammatischen Stoff der einzelnen Lektionen

und der zugehörigen Appendix Grammatica*

TEIL Α

Nomen und Elementar-Verb (L. 1-48)

Griechische Lektionen und Exercitia Appendix Grammatica

Einführung Griechische Schrift. - Aussprache.

Einführung Die griechische Sprache: Entwicklung und Dialekte. - Die heutige >altgriechische< Schrift (Interpunktion; Vorgeschichte)

1. System der Laute (Vokale . . . Konsonanten). - Leseübungen

Antike Schrift: Abbild der Laute. - Gruppierung der Laute: Vokale, Kurz- und Langdiphthonge; Konsonanten; .u und \

2. Material zur Illustration des Gebrauchs der Akzente. - Leseübungen (Aesop, N.T. , Sophokles)

Lesezeichen. Spiritus und Akzente, generell; die einzelnen Akzentzeichen, ihre Bedeutung und Wiedergabe. - Atona. -Apostrophos, Elision

L.3-7: o-Deklination; Verhum auf -ω (erste Anfänge)

3. Nomen auf -ος, Singular; Verbum auf -ω Sing. Präs. Akt. Ind. (Beispiele für Sprechübungen)

Wortarten, Flexion, Deklination, Konjugation etc.: Grundbegriffe, auch Wurzel, Stamm, Kasus, Tempus; Akzentregeln (Nomen und Verb); Assimilation. -Wortstellung

4. Plurale zu L.3 Funktionen der Kasus. Indo-europäische (IE) Voraussetzungen. - Negation (ού, μή). - Direkte Fragen

5. Neutra auf -ov. Infin. -ειν. Ind. Fut.-Akt. λύσω, λέ£ω

Infin. als Subjekt und Objekt. - Einführung ins Lesen von Versen. Der iambische Trimeter

6. Adjektiv als Substantiv. Imperfekt Aktiv

Augment: seine Formen. - Regel fürs Wortende. >Sekundäre< und >primäre< Endungen (Verb). - Themavokal

* Die App. Gramm, behandelt prinzipiell, was in der linken Spalte als grammatischer Gegenstand jeder Lektion angegeben ist, und das schließt immer den Gebrauch neugelernter Formen (Syntax) ein. Rechts steht nur, was darüber hinausgeht.

Page 6: Griechischer Lehrgang III

8 ÜBERSICHT ÜBER DEN GRAMMATISCHEN STOFF

Griechische Lektionen und Exercitia Appendix Grammatica

7. Zur Wiederholung von L. 3-6 >Hören<, >erfahren<: Konstr. mit Gen. und Akk. - Augment bei Verba composita. ->Thematische< Deklination und Konjugation. - Entwicklung der Kasusendungen; >unechte< Diphthonge. - Wortanalyse. -Metrik: - - statt - (>longum<)

L. 8-12: a-Deklination

8. Nomina auf -α (φιλία). - Adverb (von Adj.) auf -ως

ä und η. Akzent bei Kontraktion

9. Nomina auf -η (τιμή). - Artikel ό, τό, ή und Demonstrativpronomen οδε, τόδε, ήδε

Metrik: Daktylus

10. Maskulina der a-Deklination. Adjek-tiva -ος, -ov, -α (-η)

Liste der Enklitika. - Indik. ειμί und φημί. - Metrik: Trochäus; »katalektischer trochäischer Tetrameten

11. Nomina auf -ö. Komparation der Ad-jektiva auf -ος, -ov, -ά (-η). - Enklitika

Bedeutung und Konstruktion von Komparativ und Superlativ (griech. Gen. und lat. Ablativ).-Akzentuation der Enklitika

12. Wdhlg. Adjektiva. - Feminina auf -ος. 'Ανάγνωσμα (PI. Hippias)

>Genera<, d.h. »grammatisches« und »natürliches« Geschlecht. - Krasis, Koronis und Elision. - Daktylischer Hexameter

13. Adj. >zweier Endungen<. - Pronomen Relativum, εκείνος, άλλος, αυτός, έαυτοϋ

»Relativische Verschränkung«. - Der Artikel als Pronomen (ό μεν . . . ό δέ, τα και τά). Άλλος άλλον

14. ημείς, ύμείς, (αυτών). - Der schwache« Aorist (έλυσα Ind., Imper., Infin.)

Personalpronomen (Plur.): 3.Person und Reflexivum. - »Stark« und »schwach«. -Akzent bei Infinitiv. - »Verbstamm« und »Tempusstamm«. Zeitstufen und »Aspekt«. »Irreale« Bedingungssätze. - Die Partikel άν

15. Kontrahierte Substantive der o- und a-Deklination. - Imperativ, 3. Person

Von νόος zu νους, von γαία zu γη usw.

16. Kontrahierte Adjektive: χρυσούς, απλούς, εϋνους

Nachwirkungen von Jot und F. - Formen der Götteranrufung (μά. . . , ν ή . . .,πρός . . ., ω . . .). - Metrum: Paroemiacus

Page 7: Griechischer Lehrgang III

ÜBERSICHT ÜBER DEN GRAMMATISCHEN STOFF 9

Griechische Lektionen und Exercitia Appendix Grammatica

17. Perfekt Aktiv. - Infinitive Formen der Perfekt-Reduplikation und der Bedeutung des Perfekts. - »Bloße« Infinitive und A.c.i. - Abhängige (»indirekte«) Rede. - »Attraktion« des Prädikatsnomens. - »Persönliche« Konstruktion und Negation beim Infinitiv

18. »Attische« 2. Deklination (ό νεώς, ίλεως). - ούτος

»Umspringen der Quantität«. - αύτη und αυτή

19. Text für Wiederholung. - Verbaladjektive. - Drei Homerverse

Einige homerische Formen

L. 20-42: Die 'Dritte Deklination< (und anderes)

L. 20-33: Konsonantische Stämme

20. Gutturalstämme (-κ und -γ) Einführung; Vergleich mit Lat. - Akzentregel für einsilbige Stämme. - Das »bewegliche -v«. - Kurz zum Sprechen der Verse; »Hiatkürzung«

21. Stämme auf -χ und -γγ. - τοιούτος -οίος; τοσούτος; ώστε

Assimilation und Dissimilation von Aspiraten. - ώστε mit Indikativ (οΰ) und (häufiger) Infinitiv (μή)

22. Dekl.: γυνή, νύξ; Labialstämme. -Konjunktiv Präs., Aor., Perf. Akt.

Dreikonsonantenregel. - Zeitangabe in Gen., Dat., Akk. - Geschichte der Kasusendungen. Ny sonans. Konj. in Hauptsätzen

23. n-Stämme, Substantiva. - Konjunktive, auch von ειμί

Spezielle Vokative. - Konj. in Nebensätzen, ohne und mit άν: final, generalisierend, futurisch

24. n-Stämme, Adjektive, auch Komparative (χείρων). - τίς - τίνος, είς - ενός

χείρω - χείρονα. - τίς und όστις; ότων und άττα. - Präsens: Bedeutung, z.B. de conatu

25. r-Stämme, normale (σωτήρ, φήτωρ) und spezielle (χείρ, μάρτυς). - Optativ von ειμί

Optativ: Formentwicklung und Hauptbedeutung (ohne und mit άν). - Hilfen fürs Lesen der Verse

26. Spezielle r-Stämme: πατήρ, άνήρ. -Opt. Präs. und Aor. Aktiv, auch Futur und Perfekt

Ablaut quantitativ und qualitativ; Einwirkung des Akzents. - Bedingungssätze: Po-tentialis, Irrealis (Ursprung aus Wunsch-

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10 ÜBERSICHT ÜBER DEN GRAMMATISCHEN STOFF

Griechische Lektionen und Exercitia Appendix Grammatica

sätzen) und »Realis« (»mathematisch«). -Hexameter und Pentameter: Distichon. -Länge »natura« oder »positione«

27. Dentalstämme: έλπίς, χάρις . . . πους, παις, νύξ

χάριν aber ελπίδα. - Metrik: Anacreon-teus; Glyconeus

28. Dentalstämme: -θ ; -της und Partizip Perfekt

Über Partizipia allgemein und Part. Perf.; Umschreibung von Konj. und Opt . Perf. -Opt. in indirekter Rede und in Finalsätzen, wenn das regierende Verb ein Vergangenheitstempus ist

29. Dentalstämme: Neutra -τ (πράγμα; φώς). - Der »starke« thematische Aorist

Details (auch über Akzente) zum starken Aorist

30. -nt-Stämme: Substantive und Partizip Präs. und Fut. Akt; ών

Formbildung des Partizips. Femin. -iä. -εκών und άκων. - Einige Verwendungen von Partizipien: als Adjektive; als Verbformen

31. -nt-Stämme: πάς. Partizip Aorist Bedeutungsnuancen von π ά ς ; άπας, συμπάς. - »Partizipialkonstruktionen«; »Gen. absolutus«. Partikeln (άμα, . . . ώς) bei Partizipien. - ή(ν) »ich war«

32. -s-Stämme: Neutra, Substantive (το γένος). - Partizip von starkem Aorist

Imperfekt ή(ν) komplett

33. -s-Stämme: Eigennamen und Adjektive: Διογένης; Περικλής; ευγενής; γήρας

Metrum: Anapäste und »Klageanapäste«

L. 35-42: Vokalische Stämme

34. Perfekt Passiv Passiv: »Primäre Endungen«. Auch Futur Perf. Pass. (έσται λελυμένον). - Metrum: über »Komische Trimeter«

35. y-Stämme. 1) Substantive auf -ΰ (Ιχθύς); 2) Adjektive auf ν/ε (ηδύς)

IE Wechsel von längeren und kürzeren Stammformen. Femin. -ja (L. 30.8).-Zum Versesprechen (kurz)

36. Präsens Medio-Passiv; Futur Medium (ohne Optativ)

»Medium« und »Passiv«: Bedeutung und Entwicklung (mit Beispielen). - Zum Versesprechen (kurz)

Page 9: Griechischer Lehrgang III

ÜBERSICHT ÜBER DEN GRAMMATISCHEN STOFF 11

Griechische Lektionen und Exercitia

37. ί-Stämme, Substantive (πόλις, μάν-τις)

38. Medio-Passiv: Imperfekt; Optative; starker Aorist

39. Substantive auf -εύς (βασιλεύς, Θησεύς, Ζευς)

40. Plusquamperfekt Aktiv und Passiv. Schwacher Aorist Medium

41. Substantive: -ΰ-Stämme; πήχυς, άστυ, πρέσβυς. - γ ρ α ύ ς , ναΰς, βούς. - βουλεύω, συμβουλεύω (Aktiv und Medium)

42. Substantive auf -ώ (πειθώ); αιδώς, ήρως. - ύδωρ, -ατός. - υΙός, υίέος. -μέγας, πολύς

43. Aorist Passiv, stark und schwach. -Futur Passiv

44. Lesestück: Plato, Euthyphron (Anfang)

45. System der Adjektive, mit ihren Adverbien und Steigerung

46. System der Pronomina

47. I. Pronominaladverbia. IL Die Zahlwörter 1-4. III. Dual von Nomina und Verben

Appendix Grammatica

IE Wechsel ει/ι am Ende des Stamms. »Umspringende Quantität« (L. 18.2)

Medio-Passiv: »Sekundäre Endungen«. Aorist Medium, stark oder (L. 40) schwach, und Aorist Passiv (L. 43). - Partizip und andere Formen als Ergänzung bei »sich erinnern«, »anfangen«, »aufhören«, »sich freuen«, »hören«. Zu »Aspekt« (L. 14) und zum Verselesen (kurz)

Stammende -ηυ, - η ^ , -ευ. Wandlungen der Endungen

πρέσβυς, πρεσβύτης, πρεσβευτής. -Komposita (Verba und Nomina): ihre Formen (bes. Augment) und Bedeutung

Die »Stammformen« der Verba. - Es stellt sich das Problem des Aorist »Passiv« - mit lauter aktiven Formen

(auch ihre Verwendung)

48. Die Zahlwörter (Numeralia)

Page 10: Griechischer Lehrgang III

12 ÜBERSICHT ÜBER DEN GRAMMATISCHEN STOFF

TEIL Β

Das Verbum (L.49-86)

Griechische Lektionen und Exercitia Appendix Grammatica

L. 49-55: Verba vocalia

49. Präs. -έω: Aktiv

50. Präs. -έω: Medio-Passiv Pass. von intransitiven Verben (φθονούμαι); Konstruktion der Verba curandi

51. Präs. -άω: Aktiv > (51-52 -άω)

52. Präs. -άω: Medio-Passiv > (51-52 -άω)

53. Präs. -όω zu Medium und Passiv

54. Präs. -ήω

55. Alle Vokalstämme Mehr zu Medium und Passiv, mit Stammformen

L. 56-62: Konsonantstämme

L. 56-59: Verba muta

56. Dentalstämme Nachwirkungen des i. - Dativ nach όμοιος, ό αύτος u.dgl.

57. Gutturalstämme Assimilation (für Perf. Pass.). - Konstruktionen bei άρχω und παύω

58. Labialstämme Dissimilation: τ ρ έ φ ω - θ ρ έ ψ ω . - A k k . bei nützen, schaden . . .; figura etymologica; doppelter Akk.

59. Alle Muta (Wdhlg.)

L. 60-62: Verba liquida

60. Stämme auf -1 und -r »Substantivierung« von Partizipien und ganzen Sätzen. - Funktionen von Partizipien

61. Stämme auf -m und -n Griech. Aktiv wo deutsch Passiv. - Bemerkenswerter Gebrauch von griech. Dativ und Genetiv

Page 11: Griechischer Lehrgang III

ÜBERSICHT ÜBER DEN GRAMMATISCHEN STOFF 13

Griechische Lektionen und Exercitia Appendix Grammatica

62. Muta und Liquida (Wdhlg.)

L.63-86: Sogen, »unregelmäßige Verben<

L.63-67: Thematisches Präsens

63. Präsens: Verbstamm mit Reduplikation

Ablautstufen. - Metrik: Trimeter in Tragödie und Komödie. Glykoneen

64. Präsens: Verbstamm mit -σκω oder -ισκω

65. Präsens: Verbstamm mit Reduplikation und -σκω

Konstruktionen von διδάσκω und μέμνη-μαι

66. Präsens: Verbstamm mit n-Erweite-rung

Partizip bei κάμνω, φθάνω, χαίρω u.a.

67. Präsens: Verbstamm mit -άνω Genetiv bei Verben. - Partizip bei τυγχάνω, λανθάνω, όρώ u.a. -ού und μή. -Volkstümliche Glykoneen

L. 68-70: Aorist

68. Aorist -.schwach; ohne -s-; mit kurzem Vokal; stark; ήγαγον; έσχον; Augment εί-

Bedeutung des Aorist. »Aspekt«. »Gno-misch«. Zeitverhältnis?

69. Wurzelaoriste Ein Beispiel von Satzanalyse

70. »Aorist Passiv« Stark, schwach; Ablaut. »Wucherndes« Sigma; Entstehung und Bedeutung des Aorist Passiv

L. 71-72: Futur

71. Futur: verschiedene Typen Fut. »atticum« und »doricum«. - Kurzvokal: -s-Stämme. - Satzanalysen: griechische Partizipien: deutsche regierende Verben

72. Futur: Stämme auf -F. Fut. doricum. Stamm erweitert mit -η. Fut. Med. und Passiv

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14 ÜBERSICHT ÜBER DEN GRAMMATISCHEN STOFF

Griechische Lektionen und Exercitia Appendix Grammatica

L. 73-74: Perfekt

73. Perfekt: verschiedene Typen, auch έοικα, εϊωθα, έΌτηκα - εσταμεν u.dgl.

74. οίδα Perfekt und είδον Aorist Attractio relativi. Objekt bei Verben des Wissens

75-84: Verben mite

75. δύναμαι, κεΐμαι, δείκνυμαι, όλλυ-μαι

ithematischem Präsens

76. δείκνυμι, όλλυμι (Aktiv)

77. Präsens -ννυμι εξόν: Participium absolutum

78. ϊστημι. - Präpositionen bei einem Kasus

79. Wdhlg.; speziell: έπίσταμαι und έφί-σταμαι. πίμπλημι. - Präpositionen bei zwei Kasus und έπί

Genetivus partitivus kann im Satz alle Kasus vertreten. - Mehr über Participium absolutum (L. 77)

80. δίδωμι. - παρά und προς

81. τίθημι. - άμφί und περί τίθημι mit Akk. oder - häufiger - Dativ-Lokativ

82. ϊημι. - ύπό und »uneigentliche Präpositionen« wie ώς, χάριν, έξω, άμα

83. ειμί, είμι, φημί είμι als Futur: warum und inwieweit

84. Wdhlg. aller athematischen Präsentia

85. φέρω, όρώ, λέγω, έρχομαι

86. αίρέω, τρέχω, έσθίω

Page 13: Griechischer Lehrgang III

ZUR EINFÜHRUNG

I. Die Sprache

Im Zentrum dieses Lehrgangs steht das 'klassische Griechisch'. So nennen wir die Sprache, welche die klassischen attischen Autoren des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr. schrieben. Es bestehen gewiß erhebliche Unterschiede zwischen den frühesten und den spätesten unter ihnen und noch größere zwischen Prosatexten und der stilisierten und traditionsgebundenen Sprache der hohen Dichtung. Aber gegenüber älterer Dichtung- zumal Homer - einerseits und der späteren Gemeinsprache (von der das Neue Testament einen, freilich problematischen, Begriff gibt) andererseits: gegenüber solchen Extremen bildet das »klassische Attisch« eine deutlich charakterisierte Einheit. Dies zumal auch im Vergleich mit anderen Dialekten. Wie jede Sprache so wurde auch das Griechische in fast zahllosen Dialekten, von Dorf zu Dorf verschieden gesprochen. Dazu müssen für unsere Zwecke die folgenden Andeutungen - ein unzulängliches, aber unentbehrliches Minimum - genügen. Lokale Verschiedenheiten lassen sich zusammenfassen als Spielarten von drei oder vier Hauptdialekten, deren Schichtung eine Folge der Vorgeschichte Griechenlands im 3. und 2. vorchristlichen Jahrtausend ist. Das 'Attische - gesprochen in Athen und überhaupt auf der Halbinsel Attika- ist eine eigenartige Form (vermutlich die älteste) des ionischen Dialekts, der auf den Inseln von Euböa bis Chios und Samos sowie in der Mitte der Kleinasiatischen Westküste (Milet!) herrschte. Nördlich davon - von Thessalien im Westen bis nach Lesbos und der gegenüberliegenden Küste- ist aeolisches Sprachgebiet und dorisches südlich, von der Peloponnes über Kreta bis Rhodos und Knidos. Die übrigen Dialekte faßt man zusammen als Nordwestgriechisch, dem Dorischen nahe verwandt. Dorisch ist die Sprache der klassischen Chorlyrik (Pindar; auch die Chorlieder der attischen Tragödie); Herodot der Historiker und die klassischen Ärzte (»Hippokrates«) schreiben ionisch. Aeolisch ist die individuelle, lesbische Lyrik (Sappho und Alkaios, um 600 v.Chr.), und die uralte homerische Kunstsprache ist ionisch auf einer älteren, aeoli-schen Basis. Nach der Eroberung des Perserreiches durch Alexander den Großen (gest. 323 v.Chr.) bewirkte sein Wille und der kulturelle Vorrang Athens, daß das Attische Hauptgrundlage jener »gemeinsamen« Weltsprache (»Koine«) wurde, in der man sich überall, von der Rhone bis zum Indus und vom Dnjepr bis zum Nil, verständigen konnte. -Daher war das Prinzip des vorliegenden Lehrgangs durchführbar: eine Auswahl von originalen Texten aus sieben Jahrhunderten brauchte nicht zu einem hoffnungslosen Mischmasch von Formen und Stilen zu führen, eben weil die Grundlage des klassischen Attisch nie aufgegeben wurde; sie wurde vielmehr neu gestärkt durch den bewußten Klassizismus der römischen Kaiserzeit. Was Epiktet und Mark Aurel im 2. Jahrhundert n.Chr. schrieben, wäre (ungeachtet einzelner Neuerungen) im Athen des 4. Jahrhunderts v.Chr. ohne weiteres verstanden worden. Dagegen stelle man sich eine deutsche Anthologie vor mit Zitaten vom Nibelungenlied bis hinab zu Bert Brecht! Ich habe daher aufgenommen, was an Früherem und Späterem Aristoteles vermutlich akzeptiert hätte. Wo diese Grenze überschritten ist, wird dies in Anmerkungen besprochen.

Page 14: Griechischer Lehrgang III

ZUR EINFÜHRUNG

II. Die Schrift

(ein heutzutage gebrauchtes >altgriechisches Alphabet«)

Groß Klein Name Laut

Α α άλφα, Alpha ä, ä Β β βήτα, Bäta b Γ Υ γάμμα, Gamma1

g Δ δ δέλτα, Delta d Ε ε έ ψιλόν, Epsilon2 e Ζ ζ ζήτα, Dsäta3 ds3

Η η ήτα, Ata ä Θ θ θητα, Thäta4 th Ι ι ιώτα, Iota ϊ , ϊ 5

Κ κ κάππα, Kappa1 k Λ λ λάμβδα, Lambda 1 Μ μ μϋ, My m

Ν ν νϋ, Ny n

^ ξ ξι, Ksi ks Ο ο ο μικρόν, Omikron 2 ό

Π π πί, Pi Ρ Ρ ρ φώ, Rho r

0(Σ) c (σ, ς) σίγμα, Ssigma6 ss(ß) Τ τ ταϋ, Tau t

Υ υ ΰ ψιλόν, Ypsilon2 ü,ü(u)7

φ φ φι, Phi" f(ph) χ χ χΐ, Chi 8 ch ψ ψ ψί, Psi ps

Ω (ω) ω ώ μέγα, Omega ö9

Bemerkungen zur Alphabettafel

(1) Sprich »Gam'ma, Kap'pa. Griechische Doppelkonsonanten sind eben dies: zwei Konsonanten. Der erste beendet eine Silbe, mit dem zweiten beginnt die nächste.

(2) Die Bedeutung der Namen wird unter Lektion 1 erklärt.

(3) Also nicht wie deutsches Ζ! Sondern weiches d mit weichem (stimmhaftem) s. Daraus konnte sich die spätere Bedeutung eines bloßen, stimmhaften s entwickeln; und von daher ist auch verständlich, daß ζ oft die Verbindung s + d darstellt.

(4) s.u. 8.

(5) Immer der Vokal; nicht Jot. Sprich also z.B. >I-onier< (nicht »Jonier«).

(6) Die Zickzackform des »großen« Sigma ist die ältere; die runde schreibt sich leichter und kam deshalb seit dem 4. Jh. v.Chr. in Gebrauch. Die verschnörkelte Doppelform des »kleinen« Sigma - ς am Wortende, sonst σ - ist eine unnütze Erfindung von Renaissance-Druckern, in Nachahmung ganz später mittelalterlicher Handschriften. - Aussprache:

Page 15: Griechischer Lehrgang III

ZUR EINFUHRUNG 17

immer scharf- σίγμα bedeutet »Zischen«! -; auch wenn τ folgt (στίγμα) oder π (σπεύδω) oder χ (σχολή); also nie wie deutsches seh!

(7) Die alte Aussprache des υ, z.B. bei Homer, war u, und diese galt weiterhin, wo das υ Teil eines Diphthongs war (z.B. ευ). Aber im Attischen entwickelte sich u zu ü (wie im Französischen), und diese Aussprache blieb gültig, bis - im MA - alle hellen langen Vokale zu >i< wurden. Also sprich ü für υ.

(8) Wenn Deutsche oder Engländer ein ρ oder k oder t aussprechen, tun sie das mit »Aspiration«, d.h. einem Ausstoßen von Atem - sie können nicht anders. Umgekehrt z.B. Franzosen und Italiener: sie können diese Laute nur ohne Aspiration produzieren. Die Griechen - im Altertum - konnten beides; sie sprachen ρ und ph, t und th, k und kh. Wenn wir Modernen diese Unterschiede nicht verwischen wollen, müssen wir konsequent tun, was ohnehin längst weithin Brauch ist, nämlich für diese drei aspirierten Konsonanten, die in Griechenland seit dem MA übliche Aussprache annehmen. Dort entwik-kelte sich φ (ph) zu f; χ (kh) zu dem Laut, den wir ch schreiben, und θ (th) zu dem Laut, der auch im Englischen entstand. Deutsche sollten also fortfahren, φ wie f auszusprechen und χ wie ch; und sie sollten sich entschließen, für θ die Aussprache von engl, th in think oder thing anzunehmen.

(9) Die Form, die wir »kleines ω« nennen, verdrängte seit ca. 300 v.Chr. die schwierige ältere (Ω), aus der sie durch Heraufziehen der beiden »Füße« entstanden war. Eben diese Bequemlichkeit empfiehlt ihren Gebrauch auch als »großes Omega«. - Aussprache: lang, offen (wie engl, law, franz. mort).

III. »Große« und »kleine« Buchstaben; Interpunktion1

Neuerem westeuropäischem Brauch folgend verwenden wir - wie im Lateinischen -Großbuchstaben (»Majuskeln«) als Initialen von Namen und (meist) auch am Anfang von (größeren oder kleineren) Abschnitten, im übrigen durchweg »Minuskeln«, und zwar ohne die einzelnen Buchstaben miteinander zu verbinden. Auch die Interpunktion in heutigen griechischen Texten beruht auf einer Angleichung dessen, was in spätmittelalterlichen Handschriften üblich wurde, an modernen, westeuropäischen Brauch. Punkt und Komma setzt man wie im Deutschen; aber ein Punkt über der Linie (·) dient als Kolon (»Semikolon«), dagegen unser »Semikolon« (;) als Fragezeichen. Ausrufungszeichen werden nicht gebraucht und Anführungszeichen nur selten. Πολλοί κακοί· παύροι αγαθοί.: Viele (sind) schlecht; wenige gut. Τίς εί; 'Οδυσσεύς ειμί.: »Wer bist du?« »Ich bin Odysseus«. Δεύρο έλθέ. T£ λέγει;: »Komm her!« »Was sagt er?«.

IV. Unsere heutige »altgriechische Schrift«: ein historisches Produkt

Könnten wir Euripides oder Plato eine moderne Ausgabe ihrer Werke vorlegen: sie könnten sie nicht entziffern. Sie schrieben ihre Werke ohne Interpunktion, ohne Worttrennung, ohne Akzente (sie kannten ihre Sprache und brauchten solche Hilfsmittel

1 Die Regeln für den Gebrauch der Akzente lassen sich von den Beispielen ablesen; sie werden zu Lektion 2 dargelegt.

Page 16: Griechischer Lehrgang III

18 ZUR EINFÜHRUNG

nicht). Minuskeln, wie wir sie schreiben und drucken, hatten sie nie gesehen, noch auch sonst jemand in den nächsten tausend Jahren; ihr Alphabet bestand ausschließlich aus den »großen« Buchstaben. In den nächsten Jahrhunderten entwickelte sich, als Gebrauchsund Schnellschrift, aus den steifen Majuskeln die bequeme, »fortlaufende« Kursive, und aus einer ihrer vielen Formen schufen byzantinische Mönche, wohl um A.D. 800, die Minuskeln, von denen unsere heutigen »kleinen« Buchstaben sich herleiten, wenn auch mit weitem Abstand. Auch im Altertum änderte sich die Schrift dauernd, zumal die Kursive; alte Formen, die in repräsentativen Inschriften beibehalten wurden (wie Σ und Ω), verschwanden aus der Alltagsschrift und auch aus der anspruchsvolleren literarischen Buchschrift. Aber »große« und »kleine« Buchstaben, Majuskeln und Minuskeln, zu vermischen: das ist keinem Griechen, keinem Römer und keinem mittelalterlichen Schreiber je eingefallen. Damit soll keineswegs eine resolute Rückkehr zur Schreibweise des fünften vorchristlichen Jahrhunderts empfohlen werden. Wir danken den alexandrinischen Gelehrten, daß sie die Verse abteilten in der klassischen Dichtung, die sie durch ihre Ausgaben für uns retteten; und ihren byzantinischen Nachfolgern, daß sie jedes Wort, das sie uns überlieferten, durch Akzent und Spiritus eindeutig verständlich machten (selbst wenn dabei Zweifelhaftes unterlaufen ist). Aber was an mittelalterlichem Ballast den Zugang zum Echten erschwert, sollte nicht länger mitgeschleppt werden. Das meiste der Art sind wir längst los; man vergleiche nur einen Druck des 16. oder 17. Jh.s mit einem heutigen. Aber einiges hängt uns noch an2.

0.10 2 Die drei Formen des Sigma - archaisches Fossil und spätbyzantinische Schreiberfloskeln - sind so nützlich wie ein vollentwickelter Kropf. Dem Beispiel des größten Philologen folgend, beabsichtigte ich, sie durch das einfache »Sigma lunatum« (C,c) zu ersetzen. Aber die »Verhältnisse« erlaubten es nicht.

Page 17: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 1 19

LEKTION 1

System der Laute

I. Vorbemerkung über ihre schriftliche Überlieferung 1.1

Die Laute der Sprache sind uns überliefert durch die Buchstaben des Alphabets; Piaton braucht das gleiche Wort (στοιχεϊον) für beide: ihm war der Laut Α gleichbedeutend mit dem Buchstaben Α; denn - wie die Alten überhaupt - las er laut (oder hörte ein Buch vorlesen). Jeder weiß, daß unser Alphabet das der Römer ist; daß die Römer das ihre von den Griechen lernten und die Griechen das ihre von den Phöniziern. Nicht jeder weiß die Genialität des Mannes zu schätzen, der (?um 800 v.Chr.) das griechische Uralphabet aus dem phönizischen entwickelte. Die semitischen Alphabete haben bekanntlich Zeichen nur für Konsonanten. Jener unbekannte Grieche nun verwendete als Vokale die phönizischen Zeichen für Konsonanten, die im Griechischen nicht existierten; z.B. deutete er gleich den ersten Konsonanten, »Aleph«, um in den Vokal »A«, und das konsonantische Jot in den Vokal Iota. Das war viel mehr als eine bloße Verschönerung. Es war jetzt, erst jetzt, möglich, jedes Wort in seiner Lautgestalt eindeutig wiederzugeben; jener Grieche erfand die erste Lautschrift. Die semitischen Alphabete dagegen sind vieldeutige Zeichen für Silben, nicht für Wörter und nicht für Laute.

Wenn aber das lateinische Alphabet, und mithin das unsere, von dem griechischen her- 1.2 stammt: woher die Unterschiede? Warum z.B. steht das Zeichen Η im Griechischen für »ä«, bei uns aber für >h<? Warum ist X dort »kh«, bei uns aber >ks<? Und warum hat das lateinische ein F, das griechische aber nicht? Dergleichen erklärt sich aus der Geschichte des griechischen Alphabets. Seine Urform verästelte sich in viele Lokalformen mit erheblichen Verschiedenheiten; und diejenige, von der das lateinische sich ableitet, ist eine andre als die, welche »gemeingriechisch« wurde, nämlich die Attische. Im Attischen hatte X - eins der vier von den Griechen den phönizischen hinzugefügten Zeichen - die Bedeutung »kh«; in dem »westgriechischen« Alphabet aber, welches in Rom angenommen wurde, bedeutete es >ks«. Das Zeichen Η bedeutet von altersher den Hauchlaut »h«, und dabei blieb es im Westen. Der ionische Dialekt aber verlor schon früh alle Aspiration von Vokalen (also wie das heutige Französisch und Italienisch); daher wurde dort das Zeichen Η frei. Es wurde umgedeutet zu >ä< (Ata). Das ionische Alphabet, mithin auch dieser neue Buchstabenwert, wurde 403 v.Chr. offiziell in Athen eingeführt und wurde daher »gemeingriechisch«1. Der lateinische Buchstabe F schließlich geht zurück auf das griechische Zeichen F, genannt »Digamma« nach seiner Form oder »Wau« (nicht »Vau«) nach seiner Bedeutung; es bezeichnete nämlich »konsonantisches u< = u = w (s.u. Nr. 12). Dieser Laut, und daher das Zeichen, hielten sich nicht in Ionien und Athen, wohl aber im Westen. Daher konnte es, leicht umgedeutet (>f< statt >w<), in Rom übernommen werden. Diese Andeutungen müssen hier genügen2. Wir gehen über, von den Schriftzeichen, zu den Lauten, welche sie bezeichnen.

1 Wer das >h< noch sprach - wie die Athener - konnte es nun nicht mehr ausdrücklich schreiben - bis der Spiritus asper erfunden wurde.

2 Wen der Gegenstand interessiert, findet reichere, verläßliche Information bequem in Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike, dtv (auch sonst empfohlen), Bd. V, 26ff. (mit weiterer Literatur.)

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20 APPENDIX GRAMMATICA L. 1

II. Gruppierung der Laute

A. Vokale

1. Einzelvokale a) immer kurz: ε, ο (λέγε, λόγος). b) immer lang: η, ω (γή, 'Ρώμη).

c) lang oder kurz: α, ι, υ (ä, a, ϊ, ϊ, ü, ü)3 (also a wie in Maler und alle, i wie in mir und mich, ü wie in Mühle und Müller).

2. Diphthonge

D.h. zwei Vokale, die zusammen eine Silbe bilden. Sie bestehen aus ι oder υ zusammen mit einem anderen vorangehenden Vokal4. Dies kann sein:

a) ein kurzer Vokal, nämlich α, ε, ο oder ΰ

Resultat: Ol, ει, οι, υι und αυ, ευ, ου.

Bei der Aussprache unterscheide αι (ä1) und ει (e'; nicht wie dt. >Ei<); sprich ευ (eu; nicht wie dt. eu = oi), ου = u (franz. ou), υι = ui (franz. lui). Diphthonge mit kurzem ersten Vokal nennt man einfachheitshalber >Kurzdiphthonge<, obwohl jeder Diphthong, als ganzes, selbstverständlich Ung ist. Akzente und Spiritus werden je auf den zweiten Vokal gesetzt.

b) ein Unger erster Vokal, nämlich ä, η oder ω

Resultat: die sogenannten >Langdiphthonge< ηυ und, selten, ωυ, sowie Öl, ηι und ωι. In nachklassischer Zeit wandelte ηυ (äu) sich allmählich, in Aussprache und Schrift, zu ευ

(?")· Das Iota nach langem Vokal wurde in der archaischen und klassischen Zeit, und bis gegen das Ende der hellenistischen, gesprochen - nicht weniger als nach kurzem. Unterscheide also sorgfältig αι (ä1) und ä i (ä1), ει (e1) und ηι (ä1) sowie οι (ö1) und ωι (ό1). Erst in der römischen Zeit (seit dem 1. Jh. v.Chr.) wurde das Iota nach langem Vokal weniger und weniger gesprochen und darum auch nicht mehr geschrieben. Spätere Versuche, es wieder einzuführen, verursachten Konfusion. Heutzutage wird das Iota in einem Langdiphthong folgendermaßen geschrieben:

1. nach einem Großbuchstaben: auf der Zeile (Iota adscriptum); z.B. "Αιδης;

2. nach einem Kleinbuchstaben: entweder gleichfalls auf der Zeile (Iota adscriptum); z.B. άιδω 5 , oder man schreibt es, klein, unter den vorangehenden langen Vokal (Iota subscrip-tum); z.B. ςιδω.

In beiden Fällen werden Akzente und Spiritus über den ersten, langen Vokal gesetzt (also anders als bei den übrigen Diphthongen, einschl. ηυ und ωυ). Das Iota subscriptum ist eine Erfindung des späten Mittelalters, für welches die Langdiphthonge längst allen Sinn verloren hatten. In Übereinstimmung mit dem Brauch der

3 Die tatsächliche Quantität wird oft durch die Akzente (worüber in L.2) verdeutlicht; z.B. μϋ, άρα, μίσος, λύκος.

4 Andere Kombinationen erzeugen keine Diphthonge; nicht z.B. άοκνος (drei Silben), αόριστος (vier Silben) und, mit Trema, auch z.B. άίδιος und άυπνος; denn dies Zeichen ( ) zeigt an, daß zwei Vokale nicht zu einem Diphthong zusammenwachsen, sondern zwei Silben bilden.

5 Wo Länge des α nicht (wie hier) bereits aus dem Akzent ersichtlich ist, wird sie in diesem Band ausdrücklich angezeigt (ä). Dies ist aber nicht allgemein üblich.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 1 21

klassischen Zeit wird in diesem Lehrgang das Iota adscriptum bevorzugt. Da aber Iota subscriptum sich noch in vielen gedruckten Texten findet, wird in den griechischen Lektionen Gelegenheit zur Übung beider Formen gegeben6.

B. Konsonanten

1. Mutae (Verschlußlaute)

Media (weich)

Tenuis (hart)

Aspirata (gehaucht)

Bildungsstelle

Guttural: K-Laute (Palatal) Υ κ X Gaumen

Labial: P-Laute ß π φ Lippen

Dental: T-Laute δ τ θ Zähne

N.B. γ vor Guttural bedeutet »nasales n< und klingt wie das η in dt. sang, Engel. So z.B. in 1 άγγελος, εύαγγέλιον (»Evangelium«), άγκυρα (»Anker«), έγχος, λύγξ (lat. lynx). Jedes ν vor Guttural innerhalb eines Wortes wird zu γ.

2. Liquidae, Nasales 1

λ, ρ· μ,

Jedes ν vor einem Labial innerhalb eines Wortes wird zu μ: σύν-φέρω > συμφέρω.

3. Sibilantes (s-Laute)

Sigma und die Doppelkonsonanten θ, ψ, ξ, d.h. d + s, p + s, k + s. Einem -σσ- in den meisten Dialekten entspricht -TT- in lokalem Attisch (Aussprache ungewiß), z.B. θάλασσα - θάλαττα.

4. Konsonantisches u und i (u,J)

Konsonantisches u - unser w oder besser das Englische w (»double u<) oder Lat. ν - wurde durch den Buchstaben F (s.o. Nr. 2) angezeigt, der sich auf vielen Inschriften und Münzen findet; aber ein Buchstabe, der das konsonantische ι (Jot) bezeichnete, hat sich bisher nicht gefunden; was anzeigt, daß dieser Konsonant sehr früh außer Gebrauch kam.

6 Dem byzantinischen Vorurteil zufolge, für welches dies Iota eine nichtssagende graphische Konvention war, wird es bei der Anordnung der Artikel in heutigen Wörterbüchern vernachlässigt; nicht so dasselbe Iota in •Kurzdiphthongen«. Suche also z.B. αιδώς unter AI, aber άιδω (άδω) unter ΑΔ.

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22 APPENDIX GRAMMATICA L. 2

LEKTION 2

Lesezeichen1

I. Über die Akzente

2.1 A. Generell

Spiritus (Hauchzeichen) und Akzente, Erfindungen alexandrinischer Gelehrter, sind unentbehrlich für das Verständnis griechischer Wörter und ihrer Geschichte. Für die Hauchzeichen, Asper und Lenis, genügt, was seit der Einführung bekannt ist2. Die Prinzipien der Akzentuation sind einfach, ihre Beherrschung ist unerläßlich und bei einiger Aufmerksamkeit und Übung nicht schwer zu erzielen.

2.3 Die Akzente stehen, wie die Hauchzeichen, über kleinen Buchstaben, aber vor großen. Die meisten griechischen Wörter haben einen Akzent; selten, und unter bestimmten Umständen, hat ein Wort zwei Akzente und niemals mehr. Gewisse Wörter haben gar keinen Akzent. Der Akzent zeigt an, daß der gekennzeichnete Vokal oder Diphthong in anderer Tonlage als das übrige Wort ausgesprochen wurde. Tonhöhe: nicht Tonstärke! Akzente stehen auf dem Vokal entweder der letzten Silbe eines Wortes (Ultima) oder der vorletzten (Paenultima) oder der drittletzten Silbe (Antepaenultima); niemals noch weiter von der Ultima entfernt.

2.4 Es gibt drei Akzente: 1. Akut: ά (Hochton); 2. Gravis:ά (weniger hohe oder gar normale Tonlage); 3. Zirkumflex: ά oder ä (steigende und fallende Tonverschleifung). Der Akut und Gravis können auf langen und kurzen Vokalen stehen, der Zirkumflex aber nur auf langen. Der Gravis findet sich nur auf der Ultima; der Zirkumflex auf einer der zwei letzten Silben; der Akut auf einer der drei letzten.

2.5 Treffen Spiritus und Akzent auf demselben Vokal zusammen, so wird der Spiritus unter dem Zirkumflex, aber vor dem Akut und Gravis geschrieben:

Ά, ά, "Α, ά, ά, ά, ά

2.6 Spiritus und Akzente stehen über dem zweiten Vokal eines Diphthongs:

Αί, εί, οί, auch υί und ηύ

Nur bei Langdiphthongen mit Iota stehen sie über dem ersten Vokal (vgl. L. 1.7):

"Ωι, ώι, ω; Ή ι , ήι, fj; Άι, άι, q.

Β. Näheres über die Setzung der drei Akzente

2.7 1. Der Zirkumflex findet sich nur auf langen Vokalen oder Diphthongen und nur entweder a) auf der letzten Silbe (Ultima) oder b) auf der vorletzten Silbe (Paenultima);

1 Die Interpunktion wurde bereits in der Einführung (8) behandelt. 2.2 2 Nachtrag: Auch jedes anlautende ρ wird mit Spiritus Asper geschrieben, z.B. 'Ρόδος = RAodus.

Anlautendes ρ - Zungenspitzen-r - wurde also aspiriert. Das gilt anscheinend auch für doppeltes ρ innerhalb eines Wortes; z.B. Pyrr/;us wurde folgendermaßen geschrieben: Πύφρος. Heutzutage wird auf diese Schreibweise meist verzichtet.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 2 23

dies letztere aber nur, wenn die Ultima kurz ist. In diesem Fall (- « mit Akzent auf der Paenultima) muß der Zirkumflex stehen;

z.B. a) ζήν, ή β ά ν ; b) δούλος, άφήκε. Der Zirkumflex findet sich also nie auf einem kurzen Vokal, niemals weiter zurück als auf der Paenultima, und niemals auf der Paenultima, wenn die Ultima lang ist.

2. Der Akut findet sich auf langen und kurzen Vokalen und zwar auf 2.8 a) der Ultima oder b) der Paenultima (auf langer Paenultima aber nur, wenn auch die Ultima lang ist) und auf c) der Antepaenultima; dies aber nur, wenn die Ultima kurz ist; z.B. a) ναί, θεός, νεώς· z.B. b) νείφει, λέγει, δούλου, άνθρωπου, πόδες, ελπίδες-z.B. c) άνθρωπος, λέγομεν· Κόρινθος, 'Ακροκόρινθος· 'Αλέξανδρος, Άλεξαν-

δροκόλακες.

3. Der Gravis findet sich««r auf der Ultima, undzwar wenn die Ultima an sich den Akut 2.9

hat und ein anderes Wort direkt (ohne Interpunktion, d.h. Pause) folgt;

z.B. θεός, θεόν, aber θεός λέγει.

Kurz gesagt: jeder Akut auf der Ultima wird zum Gravis; es sei denn, daß Interpunktion

direkt folgt.

C. Eine Serie von Termini, absonderlich, aber nützlich 2.10

Ein Wort mit Akut auf der Ultima heißt Oxytonon. Ein Wort mit Akut auf der Paenultima heißt Paroxytonon. Ein Wort mit Akut auf der Antepaenultima heißt Proparoxytonon. Ein Wort mit Zirkumflex auf der Ultima heißt Perispomenon. Ein Wort mit Zirkumflex auf der Paenultima heißt Properispomenon.

Wörter mit irgendeinem Akzent auf der Paenultima oder Antepaenultima (d.h. nicht auf der Ultima) werden Barytona genannt.

D. Die Bedeutung der Akzente. Nochmals: Tonhöhe, nicht Tonstärke

Eine Silbe mhAkut wurde bis zu einerQuinte höher ausgesprochen als das übrige Wort; 2.11 bei einer Silbe mit Zirkumflex ging der Ton erst auf-, dann abwärts. Eine Silbe mit Gravis wurde weniger hoch gesprochen als eine mit Akut, vielleicht sogar auf derselben Tonhöhe wie das übrige Wort. In der Praxis sollten wir uns bestreben - entgegen unserer angeborenen Tendenz, die akzentuierten Silben zu verstärken - , jede Silbe mit dem vorgeschriebenen Ton zu sprechen; außerdem sollte die Quantität (Länge oder Kürze) der Vokale deutlich wiedergegeben werden.

II. Wörter ohne Akzent (Atona) 2.12 Vgl. griech. Lekt. Einführung HC3.

ό, ή, οί, αί (Nominative des Artikels): 4 Artikel εις, έν, έκ (in-hinein; in; aus-heraus): 3 Präpositionen εί, ώς (wenn; wie): 2 Konjunktionen ού, ούκ, ούχ (nein, nicht): 1 Partikel

insgesamt: 10 Atona

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24 APPENDIX GRAMMATICA L. 3

Gleichfalls ohne Akzent, ausgenommen unter bestimmten Bedingungen, sind die Enklitika, z.B. με, έστιν; sie werden in Lektion 10 behandelt.

III. Der Apostroph

2.13 Zeichen von Elision Ein kurzer Endvokal - sehr selten ι und niemals υ - wird häufig ausgestoßen, wenn das folgende Wort mit einem Vokal anlautet. Diese Elision wird durch den Apostroph (') angezeigt; z.B. άλλα σύ, aber άλλ' έγω; έπί κάμηλον, aber έπ' övov. Dieses Phänomen zeigt den griechischen Widerwillen gegen Hiatus, d.h. den Zusammenstoß von zwei oder mehr Vokalen. Wenn die elidierte Silbe einen Akzent hatte, so geht dieser verloren bei Präpositionen und Konjunktionen:

έπ' övov (έπί), άλλ' εγώ (άλλα);

sonst aber erhält die vorangehende Silbe den Akut: εϊμ' 'Οδυσσεύς (ειμί)- άγάθ' έστιν (αγαθά).

LEKTION 3

Wortarten

3.1 Die griechische Sprache hat wie Latein, Deutsch usw. zwei Hauptarten von Wörtern:

1. Wörter, die im Satzzusammenhang verschiedene Formen annehmen (man nennt das »Flexion«); vgl. dt. Haus - Häuser und schreiben-geschrieben; lat. deus-deum und amo - amat; griech. θεός - θεόν und κωλύω - κωλύει;

2. Wörter, die nur in einer einzigen Form auftreten; vgl. dt. und, wo; lat. et, ubi; griech. καί, πού. Sie sind »unflektiert«.

I. Veränderliche (flektierte) Wörter

3.2 A. Deklination und Konjugation

Bei den veränderlichen (flektierbaren) Wörtern unterscheidet man zwei Arten; nämlich:

1. Das Nomen (Substantiv, mit Adjektiv und Pronomen); z.B. dt. Haus, schön, ich; lat. domus, pulcher, ego; griech. οίκος, καλός, έγω. Die verschiedenen Formen dieser Art von Wörtern werden Kasus genannt; das System der Kasus heißt >Deklination<.

2. Das Verbum, z.B. dt. ich sage; lat. dico; griech. λέγω. Die Flexion des Verbums wird >Konjugation< genannt. Seine Formen verändern sich entsprechend der Person (ich schreibe, er schreibt), der Zeit (Tempus: ich schreibe, ich schrieb) und der Ausdrucksart

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APPENDIX GRAMMATICA L. 3 25

(Modus: ich schreibe, ich schriebe). Andere Konjugationsformen werden wir später kennenlernen1.

B. Analyse dieser Wortarten

ΰει: der Begriff »Regen« liegt in der Wortwurzel v- ( hü-); die Tatsache, daß es refftet, wird durch die Endung -ει vermittelt.

ύετός: die Wurzel ν wird durch die Silbe -ετ- zum Stamm ύετ- des Substantivs ΰετός (»der Regen«) erweitert. Die Endung -ος zeigt an, daß der Begriff »Regen« das Subjekt (oder auch das Prädikat) der betreffenden Äußerung ist.

C. Das Nomen (einschl. Artikel, Adjektiv und Pronomen)

/. Seine Kasus

άνθρωπΟΣ: die Form, welche das Subjekt und auch das Prädikat kennzeichnet, heißt Nominativ2.

ά ν θ ρ ω π Ο Ν ^ ί ε Form, welche das direkte Objekt kennzeichnet, heißt Akkusativ3.

άνθρώπΟ Υ .-die besondere Form eines Substantivs, welches ein anderes bestimmt, heißt Genetiv4 (z.B. das Haus des Vaters, Napoleons Sieg).

άνθρώπΩΙ: die Form, welche eine beteiligte Person anzeigt, heißtDdticV5 (ich erzähle dir eine Geschichte; das scheint mir eigenartig; sie gibt dem Kind einen Kuchen).

άνθρωπΕ: die Form, welche eine angeredete Person (und manchmal eine Sache) kennzeichnet, heißt Vokativ6.

Entsprechend gibt es eigene Kasusformen für den Plural, jedoch nicht für die Anrede mehrerer Personen, d.h. es gibt keinen Vokativ Plural; vielmehr wird dafür der Nominativ Plural verwendet. Dies gilt auch im Singular für etwa die Hälfte der Nomina.

2. Akzentuierung der Nomina

Regel 1: Bei der Deklination bleibt der Akzent im allgemeinen wie im Nominativ. Diese Regel wird aber eingeschränkt durch die allgemeine Akzentregel (o. L.2.7 und 8), z.B. wenn eine kurze Endung durch eine lange ersetzt wird, ändert sich die Stellung des Akzents oder seine Qualität oder auch beides, z.B. μύθος, μύθου; άνθρωπος, άνθρωπου.

Regel 2: Eine lange betonte Genetiv- oder Dativendung hat in beiden Numeri den Zirkumflex; z.B. θεός, θεόν : θεού, θεώι.

1 Unsere grammatikalischen Bezeichnungen beruhen auf der Analyse der griechischen Sprache, wie sie seit dem 5. Jh. v.Chr. von den γραμμαηκοί, lat. grammatici, durchgeführt wurde. Ihre Terminologie wurde von ihren römischen Nachfolgern ins Lateinische übersetzt, und von den •jungen, europäischen und orientalischen Völkern übernommen (und oft entstellt); z.B. όνομα -nomen - Nomen; αντωνυμία - pronomen - Pronomen; πρόθεσις - praepositio - Praeposition; πτώσις - casus - Kasus usw.

2 πτώσις ονομαστική: casus nominativus. 3 πτώσις αιτιατική: casus accusativus (falsche Übersetzung). 4 πτώσις γενική: casus genetivus (falsche Übersetzung). 5 πτώσις δοτική: casus dativus. 6 πτώσις κλητική: casus vocativus.

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26 APPENDIX GRAMMATICA L. 3

3.8 3. Zum Nachdenken

Bedenke und vergleiche die folgenden drei Paradigmata (auch ihre Akzente!):

Griechisch Latein7

Nom. σοφός φιλόσοφος philosophus Acc. σοφόν φιλόσοφον philosophum Gen. σοφού φιλοσόφου philosophi Dat. σοφώι(-φ) φιλοσοφώ ι (-ψ) philosophö (vgl. Dat. morti) Voc. σοφέ φιλόσοφε philosophe

3.10 Du stellst folgende Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Griechisch und Latein fest:

a) Das griechische ο entspricht hier dem lateinischen ü (das im Altlateinischen tatsächlich auch ö lautete). Dies δ ist der charakteristische Vokal dieser »o-Deklination«. Im Vokativ wird es in beiden Sprachen durch ein kurzes e ersetzt. Vgl. den ähnlichen Wechsel zwischen dem Substantiv λόγος und dem Verb λέγω;

b) im Akkusativ entspricht dem griechischen -ov das lateinische -um (< öm); die Genetive der beiden Sprachen sind völlig verschieden, aber alle anderen Kasus sind auffallend ähnlich; besonders

c) der charakteristische sog. Themavokal vor der Endung wird im Dativ gedehnt (im Griech. auch im Genetiv);

3.11 d) in beiden Sprachen hat der Vokativ faktisch keine Endung; denn das ε ist nichts als eine andere Form des Themavokals. Das ist verständlich, weil die Endungen die verschiedenen Beziehungen zwischen den Wörtern anzeigen, welche einen Satz bilden; der Vokativ jedoch steht für sich und unverbunden. Das gleiche gilt für den Imperativ (λέγε wie δού-λε).

Solch auffallende Parallelen im Detail und in der Gesamtstruktur fordern eine Erklärung.

4. Der Artikel

3.12 Anders als das Lateinische hat das Griechische einen bestimmten Artikel. Die Formen des Maskulinum Singular reimen sich mit den Endsilben der Substantive der o-Deklination. Diesen Silben geht der Konsonant t- voraus - ausgenommen im Nominativ, der mit Aspiration (»h«) beginnt und außerdem keine Endung (kein -s) und keinen Akzent hat (s. L.2.12):

ό, τόν, τού, τώι.

3.13 Der Vokativ hat nie einen Artikel; und die griechische Sprache hatkeinen unbestimmten Artikel entwickelt: ό θεός heißt »der Gott« und kann einen bestimmten Gott bezeichnen, der vorher erwähnt worden ist oder jedenfalls gut bekannt ist; oder es kann auch den abstrakten Begriff »Gott« ausdrücken. Ohne Artikel kann θεός entweder »Gott« im allgemeinen oder auch »ein«, »irgendein (nicht genau bestimmter) Gott« bedeuten8.

3.9 7 Wegen ihrer gleichen Bedeutung und klanglichen Ähnlichkeit könnten auch {>ΕΟς und deus hier verglichen werden, obwohl die Sprachwissenschaftler uns versichern, daß sie nicht auf eine und dieselbe Wurzel zurückgehen.

8 Belege für das Obengesagte - wie für alles in dieser Appendix - finden sich in der betreffenden griechischen Lektion.

Page 25: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 3 27

5. Das Adjektiv: Attribut und Prädikat 3.14

Das Adjektiv wird wie das Substantiv dekliniert (siehe σοφός und φιλόσοφος oben Nr. 8). Tatsächlich ist der Übergang von der einen zur anderen Wortart fließend: Θρασύμα-χος ό σοφός kann aufgefaßt werden als »Thrasymachos, der Weise«, oder als »der weise Thr.«. Wie dem auch sei, das Adjektiv stimmt in der Form mit dem Substantiv überein, das es näher beschreibt. Also:

a) Wenn das Adjektiv das Prädikat ist, steht es - meistens ohne Artikel - im Nominativ (da es sich auf das Subjekt bezieht); z.B. ό λόγος καλός (± έστιν: sehr oft steht kein Hilfsverb, besonders in allgemeinen Aussagen); σοφός εί (hier schließt, wie in sehr vielen Fällen, das Verb das Subjekt ein); ό (παλαιός) οίνος χρηστός (± έστιν);

b) wenn das Adjektiv Attribut ist, stimmt es in Kasus (und Genus und Numerus: siehe unten) mit seinem Beziehungswort überein. Wenn überhaupt ein Artikel steht, muß jedenfalls einer vor dem Adjektiv stehen. Z.B.: παλαιός οίνος, χρηστού άνθρωπου - ό παλαιός οίνος, ό οίνος ό παλαιός; τού χρηστού άνθρωπου, τοΰ άνθρωπου τοΰ χρηστού.

Kurz: ό φίλος »der Liebe, der Freund« ό φίλος οίκος »das liebe Haus« ό οίκος φίλος »das Haus ist lieb«

Das Attribut kann ein Substantiv im Genetiv sein, z.B.: Θεού λόγος, ότου θεού λόγος, ό λόγος (ό) τού θεού 9 .

6. Das Pronomen 3.16

Bis jetzt haben wir nur die Interrogativpronomina τίς; »wer?^ und τί; »was?« (lat. quis? quid?) kennengelernt. Sie haben immer den Akut (er verändert sich niemals in den Gravis), denn bei der Frage hebt sich die Stimme.

D. Das Verbum

1. λέγω, λέγεις, λέγει 2. Imperat. λέγε 3.17

Diese wenigen Beispiele, nämlich 1. der Singular des Indikativs Aktiv Präsens und 2. ein Imperativ im Singular, zeigen bereits, daß die Unterscheidung von Person und Zahl, die im Deutschen zum Teil durch Personalpronomen erfolgt (1. »ich«, 2. »du« usw.), im Griechischen (wie im Lateinischen) allein durch Endungen angezeigt wird.

Akzentuierung von Verbformen 3.18

Grundregel: Der Akzent geht so weit zurück, wie es die allgemeinen Regeln (L.2.7-8) erlauben: κωλύω, κώλυε.

9 In solchen Verbindungen ist die Wiederholung des Artikels häufig, aber nicht notwendig; er fehlt 3.15 gewöhnlich bei geläufigen Redewendungen wie: »das Volk (Demos) von Athen« (eigentlich: »der Athener«) oder »der Herrscher der Götter« (Zeus): ό δήμος τών Αθηναίων, ό δεσπότης τών θεών.

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28 APPENDIX GRAMMATICA L. 3

II. Unveränderliche (Unflektierte) Wörter

A. Adverbien

3.19 1. Adverbien, die von Adjektiven abgeleitet sind. Sie enden auf -ως 1 0 ; z.B. καλός - καλώς, σοφός - σοφώς

3.20 2. Pronominaladverbien, fragend (interrogativ) πού; wo? Antwort im Dativ (έν Κορίνθιοι, lat. Corinthi), ποί; wohin? Antwort im Akk. (εις Κόρινθον, lat. Corinthum), πόθεν; woher? Antwort im Genetiv (εκ Κορίνθου, lat. Corintho). (Gr. L.2 IIB)

Bedenke a) die Beziehung zu der Grundbedeutung der Kasus im Griechischen, wie oben Nr. 5 dargelegt;

b) die Beziehungen im Gebrauch der Kasus zwischen dem Griechischen und dem Lateinischen, und zwar hinsichtlich ihrer »lokativen« Bedeutung, d.h. ihrer Beziehung auf örtliche Lage oder Bewegung.

B. Partikeln 3.21 / . Fragepartikel

Άρα (άρ' vor einem Vokal) leitet eine Frage ein.

3.22 2. Verbindende Partikeln »Konjunktion« καί: »und«; τε (lat. -que, folgt dem zweiten der miteinander verbundenen Wörter): »und«; κ α ί . . . καί . . ., τε . . . τε, τε . . . καί (lat. e t . . . und -que . . . -que): »sowohl . . . als auch«11; ως und ει, siehe L.2 H C .

3.23 3. Verneinende Partikeln Ov steht vor einem Wort, das mit Konsonant beginnt und vor einem Satzzeichen, οΰχ vor einem Vokal mit Spiritus Asper und ούκ vor allen übrigen Vokalen. Es bedeutet: »nein, nicht«; ούτε 1 2 : »und nicht«, ούτε . . . ούτε: »weder . . . noch« (wie lat. neque . . . neque).

C. Präpositionen

3.24 sind kleine Wörter, die die Grundbedeutung der Kasus (oben Nr. 5) verstärken oder verändern13, z.B.

έξ (vor einem Vokal), έκ (vor einem Konsonanten): »von, aus«, mit Genetiv (lat. ex);

άπό (vor einem Konsonanten), ά π ' (vor einem Vokal, jedoch ά φ ' vor einem Vokal mit Spiritus Asper): »von«, mit Genetiv (lat. a, ab, abs);

έπί, έπ', έφ' (mit derselben Unterscheidung): »auf - hinauf«, mit Akkusativ14;

είς: »in - hinein«, »nach«, mit Akk. (lat. in mit Akk.);

έν: »in«, mit Dativ (lat. in mit Abi.).

10 Ein unabhängiges Adverb: εύ »gut«. 11 Im Deutschen oft einfach durch »und« wiederzugeben. 12 Nach der oben L. 2.7 aufgestellten Regel würde man auf der vorletzten langen Silbe vor der kur

zen Endsilbe einen Zirkumflex erwarten. Der Akut ist erforderlich, weil τε enklitisch ist: ούτε = ου τε.

13 Den Verben vorgefügt (als Präfix) bilden sie Verba compostta. 14 Auch mit Genetiv und Dativ, aber mit anderen Bedeutungen, wie wir später sehen werden.

Page 27: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 4 29

Anmerkung über AssimiUtion ούκ έστιν, aber οΰχ ΰει 3.25 ούτ' έγώ, aber οΰθ ' ύετός έπ' övov, aber έφ' ϊππον:

Eine Tenuis (κ, π, τ) am Wortende (z.B. ούκ, άπ') unmittelbar vor einem »aspirierten« Vokal (z.B. ά-, ό-) wird diesem »assimiliert«, d.h. die Tenuis wird selbst zur Aspirata (χ, φ, θ) . Dies ist eine allgemein gültige Regel. Sie gilt ebenso wie zwischen Tenuis und Aspirata auch zwischen Tenuis und Media, auch innerhalb von Wörtern; z.B. επτά (septem), aber (septimus) έβδομος; s. L.21.3; L.57.8.

III. Wortstellung

Die Wortstellung im Griechischen ist nicht beliebig, aber viel freier als im Deutschen. 3.26 Auch bei Fragen ist eine Änderung der Wortfolge keineswegs notwendig: die bloße Änderung der Stimmlage kann aus einer Aussage eine Frage machen.

L E K T I O N 4

Plural (1.) von Nomen und Verb

I. Plural von Nomina (o-Deklination)

Paradigmen (2.) (Beachte die Verschiedenheiten der Akzentuation. Ihre Ursache ist bekannt)

4.1

Nom. Ol άνθρωποι (3.) δούλοι (3.) καλοί Akk. τους ανθρώπους δούλους καλούς Gen. τών ανθρώπων δούλων καλών Dat. τοίς άνθρώποις δούλο ις καλοϊς

Zur Beachtung:

1. Außer Singular und Plural hatte die griechische Sprache noch ein System von Endun- 4.2 gen ererbt, welches zur Bezeichnung der Zweiheit diente, zumal von Dingen, welche normalerweise paarweise erscheinen, wie etwa Hände und Füße. Dieser sog. Dual kam seit ältester Zeit mehr und mehr außer Gebrauch; in der gesprochenen Sprache der nachklassischen Periode wurde er überhaupt nicht mehr verwendet. Wir lassen ihn vorläufig außer acht und werden ihn später kurz beschreiben.

2. Es gibt keine besonderen Formen für Vokative im Plural (L.3.5).

3. Nicht für die Aussprache, wohl aber für die Akzentuierung hat die Pluralendung -οι 4.3 der Substantiva (u. Adjektiva) die Wirkung eines kurzen Vokals. Daher - nach der bekannten Grundregel (L.3.7)- behält der Nom.Plur. άνθρωποι den Akut auf seiner er-

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30 APPENDIX GRAMMATICA L. 4

sten Silbe und δούλοι den Zirkumflex auf der Paenultima, während lange Endungen der anderen Kasus Änderungen der Akzente (gegenüber dem Nominativ) zur Folge haben: άνθρώποις, δούλοις.

II. Maskuline Substantiva

Ό (Plural oi) ist der maskuline Artikel; die Substantiva, mit denen wir uns bislang befaßt haben, sind Maskulina. Maskulin sind vor allem - und natürlicherweise- die Wörter, welche männliche Personen (z.B. ό άνθρωπος, ό φιλόσοφος, όυίός) und männliche Tiere (z.B. όόνος) bezeichnen sowie die Namen von Völkern (z.B. οί "Ελληνες, οί 'Ρωμαίοι) 1 .

III. »Mein«, »Dein«

Eine Möglichkeit, (unbetontes) »mein« und »dein« auszudrücken, besteht darin, die unak-zentuierten (enklitischen) Pronominal-Genetive μου (»von mir«) und σου (»von dir«)2 zu dem betr. Substantiv hinzuzufügen. Wo die Beziehung selbstverständlich ist, findet sich aber oft nur der Artikel und kein Pronomen: ό πατήρ: »mein Vater«. Und schließlich sind wir auch dem Pronomen »dein« begegnet: σός, σόν, σού, σώι.

IV. Weiteres über die Funktionen der Kasus (vgl. L.3.5)

Der Nominativ ist

1. Subjekt: ό φίλος amicus; 2. Prädikat: σοφός (έστιν) sapiens est.

Der Akkusativ ist

1. Objekt: övov κείρεις asinum tondis; 2. Ziel einer Bewegung: ήλθεν 'Αθήνας (nur in Dichtung ohne Präposition) Athenasve-nit; εις οίκον domum.

Der Genetiv

1. dient zur Verbindung zweier Substantiva. Dabei zeigt dasjenige im Genetiv den Bereich an, in welchem das andere sich befindet, und damit ist das letztere definiert: θεού υιός dei filius »Gottes Sohn«; θυμού δούλος, βαρβάρων δούλος;

2. markiert den Ausgangspunkt einer Bewegung: έξ οίκου (e) domo; έκ Κορίνθου Corintho : lat. Ablativ.

Der Dativ

1. zeigt die beteiligte(n) Person(en) an3: ονωι μύθον λέγεις fabulam mihi narra, erzähl mir eine Geschichte (eigentlicher D.). Oder auch das

1 Auch die Namen von Flüssen (z.B. ό Νείλος, ό Ευφράτης, ό 'Ρήνος), Winden (ό Βορέας) und Monaten (ό Ποσειδεών).

2 Dazu L.5.4. 3 »Dativ-Objekt« und »Indirektes Objekt« sind keine passenden Bezeichnungen. Wenn ich »dir« ei

nen Taler gebe, bist >du< nicht »Objekt« dieses Gebens, weder direkt noch indirekt. Das Objekt, das gegeben wird, ist der Taler, und »du« bist die Person, die daraus den Nutzen zieht, die »beteiligte Person«.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 4 31

2. Instrument (Mittel oder Werkzeug: D. Instrumentalis): φόνωι φόνον λύεις Dei Providentia mundus regitur: lat. Ablativ. Oder auch den

3. Orr, wo jemand (oder etwas) ist (oder geschieht: D. locativus): έν οίκωι in urbe: lat. Ablativ (aber vgl. domi, Corinth;).

Die zweifachen Funktionen des Nominativs wie auch des Akkusativs sind leicht begreiflich: sie hängen offenbar jeweils zusammen. Nicht so die zwei Funktionen des Genetivs und die drei des Dativs; und dazu kommt, daß der lateinische sog. »Ablativ« selbst mehrere, und völlig verschiedene, Funktionen hat und daß zwei von diesen ihr Gegenstück im griechischen Dativ haben, eine dritte aber im griechischen Genetiv. Diese verwirrenden Beziehungen (vgl. L. 3.10-11) - und, ganz allgemein, die Struktur und das Funktionieren der griechischen Sprache (wie auch des Latein, des Deutschen und vieler anderer) - all dies wird verständlich, wenn man erkennt4, daß diese Sprachen Glieder einer großen Familie sind; einer Familie von verwandten Sprachen, welche von Island im arktischen Nordwesten durch ganz Europa bis nach Zentralasien und Indien gesprochen werden oder wurden. Die Verwandtschaft dieser vielen Sprachen5 erklärt man sich durch die Annahme einer gemeinsamen Grundsprache.

V. Indoeuropäische (IE) oder Indogermanische (IG) Grundsprache

Die »vergleichende« oder »historische« Grammatik hat all diese Sprachen untereinander verglichen und ein System ihrer Beziehungen festgestellt. Damit hat sie die Lösung zahlloser linguistischer Probleme ermöglicht; darunter auch desjenigen, das uns hier beschäftigt. Das IE (IG) hatte viel mehr Kasus als irgendeine der von ihm abstammenden Sprachen; ihre Zahl ging dauernd, aber in verschiedener Weise, in jeder dieser Sprachen zurück. Im heutigen Englisch gibt es zum Beispiel - mit der einen Ausnahme des sog. »Sächsischen Genetivs« (father's) - keine Kasusformen mehr. Vereinfachung ist eine Haupttendenz der Sprachentwicklung. Diese Schrumpfung des Kasussystems führte dazu, daß die speziellen Funktionen aussterbender Kasus von den überlebenden übernommen wurden; und das geschah in verschiedenen Sprachen in verschiedener Weise. Unter den vielen IE Formen, welche spezielle Beziehungen - und besonders räumliche -verdeutlichen, war eine, welche Aufenthalt an einem Ort spezifizierte (also auf die Frage wo? antwortete): sie darf spezifisch als »Lokativ« bezeichnet werden. Seine Funktion wurde im Griechischen vom Dativ übernommen, im Lateinischen aber von dem sog. •Ablativ«. Eine andere IE Form, oder »Kasus«, zeigte das Ziel einer Bewegung an (wohin?): sie war damit prädestiniert, unter dem Namen »Akkusativ« auch das Objekt zu bezeichnen, auf das sich eine Handlung richtet. Ein weiterer IE »localer« Kasus markierte den Ausgangspunkt einer Bewegung (woher?), der »Separativ«. Der griechische Genetiv erbte diese Funktion, während er im Lateinischen als der eigentliche »Ablativ« - der »Wegbewegungskasus« - weiterlebte. Und schließlich gab es einen IE Kasus, der das Mit-

4 Zuerst wurde dies in vollem Umfange zu Anfang des 19. Jahrhunderts erkannt, und zwar von dem Dänen R.Rask und dem Deutschen F. Bopp.

5 Ihre Verwandtschaft erweist sich in der Gleichartigkeit ihrer Struktur, z.B. die Kasus von Substantiven und die Konjugation der Verba, sowie in der Gemeinsamkeit vieler Wörter; z.B. dt. »Vater«, lat. pater, griech. πατήρ, alt-indisch (Sanskrit) pitä (Akzent!) und »Mutter«, mater, μάτηρ (ionisch-attisch μήτηρ), mäta (Akzent!).

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32 A P P E N D I X G R A M M A T I C A L. 4

tel oder Werkzeug angab, womi t etwas getan wird : den »Instrumentalis«. Diese Bedeu

tung wurde im Griechischen auch noch auf den Dativ über t ragen; im Lateinischen aber,

sonderbarerweise, auf den »Ablativ«6. So hat die »historische Grammatik« das Problem der

verschiedenen Bedeutungen der griechischen Kasus aufgeklärt und damit Licht auf die

Anfänge der Sprache geworfen.

4.11 VI . Plural des Verbums (o-Konjugation)

Präsens (Aktiv): Indikativ und Imperativ

Paradigma

Indikativ PI. 1. κωλύομεν vgl. lat. laudamus 8

PI. 2. κωλύετε vgl. lat. laudatis

PI. 3. κωλύουσι(ν) 7 vgl. lat. laudant 8

Imperativ PI. 2. κωλύετε vgl. lat. lauda-te

4.14 VII. N e g a t i o n e n (vgl. L.3.23)

1. Bei Aussagen: ov, ο ύ κ , ο ύ χ (wiederum: Hia tvermeidung ! ) , verstärkt: ο υ χ ί .

2. Bei Befehlen, Wünschen und (darüber später mehr) Bedingungen: μ η ; vgl. lat. ne.

Also unterschiedl ich:

ού λέγει - μη λέγε

ο ΰ λέγετε - μη λέγετε

4.15 VIII. Zusammenfassend über direkte Fragen (L. 3.16.21.26)

Sie werden angezeigt durch

1. den bloßen Tonfal l ; viel häufiger aber außerdem durch

2. ein Fragepronomen, z .B . τ ί ς , τ ί ; oder

3. ein Frageadverb, z .B. π ο ύ , π ο ί , π ό θ ε ν ; oder

4.10 6 Spuren der alten, mehr spezialisierten Kasus haben sich im Griechischen, Lateinischen und sonst erhalten, so z.B. die Endung-i des Lokativs: sie findet sich z.B. in griech. οίκοι »im Haus, zuhause«, lat. domi und auch in Romae »in Rom«: dies ist nicht ein (abstruser) Genetiv, sondern der originale Lokativ (altlat. Romai). Und es versteht sich, daß generell der Ersatz eines aussterbenden Kasus durch einen andern nicht vom Zufall abhing: immer war eine gewisse Eignung bestimmend - sei es eine formal-klangliche oder eine bedeutungsmäßige, wie sich schon aus dem Vorangehenden entnehmen läßt.

4.12 7 Die Endung -σι, wie auch εστί, erhält gewöhnlich den Endkonsonanten -n (ny mobilis oder νϋ έφελκυστικόν), wenn ein Vokal folgt, und auch vor Interpunktion. Dies ist ein weiteres Mittel zur Vermeidung von »Hiatus«.

4.13 8 In dorischen Dialekten endet die 1. PI. auf-mes und die 3. auf-nti (κωλύομες, κωλύοντι), welche offensichtlich größere Ähnlichkeit mit dem Lateinischen haben. Die vorwiegenden attischen Formen erfordern nähere Besprechung (L. 6.14). Man sieht aber auf einen Blick - wenn man das Lateinische vergleicht - , daß im Griechischen die 2. PI. des Imperativs in den Indikativ eingedrungen ist.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 5 33

4. eine Fragepartikel, z.B. άρα (άρ' vor Vokalen). Άρα (ebenso wie lat. ne) drückt nicht aus, ob eine positive oder negative Antwort erwartet wird; aber Άρ' ού (wie lat. nonne) deutet an, daß eine positive Antwort (»Ja«) erwartet wird.

Zum Nachdenken 4.16

θόρυβον ακούω, aber άκούετε τών σοφών: Einmal Genetiv, einmal Akkusativ: Warum? Kannst du den Grund dieser Verschiedenheit erschließen? Wenn nicht, wirst du auf Lektion 7 warten müssen.

L E K T I O N 5

I. Neutra der o-Deklination

Singular vgl. lat.

N. (V.) το δώρον donum A. το δώρον donum

G. τού δώρου doni D. τώι δώρωι (-ω) dono

Plural

N . (V.) τά δώρα dona A. τά δώρα dona G. τών δώρων donorum D. τοις δώροις donis

Diese Tabelle bestätigt, daß auslautendes -m im Lateinischen mit griechischem -n korres- 5.2 pondiert (s. L.3.10). Darüber hinaus zeigt sich, daß sowohl im Griechischen wie im Lateinischen 5.3

1. bei den Neutra Nom. und Akk. gleich sind und 2. im Plural die beiden Kasus auf kurzes -ä enden.

Diese zwei Regeln gelten für alle Neutra; sie stammen offenbar vorn IE. Das Griechische - nicht das Lateinische - bewahrt noch eine dritte Regel:

3. δώρα πείθει; d.h., wenn das Subjekt ein Neutrum im Plural ist, steht das Verbum

im Singular.

Ursache: die Endung -ä zeigte ursprünglich ein »Sammelwort« (Kollektivum) im Singular an wie z.B. »die Familie«, »die Regierung«, »das Gebirge«. Danach stand das Verbum verständlicherweise im Singular, obwohl das Sammelwort, inhaltlich gesehen, eine Mehrzahl bezeichnete.

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34 APPENDIX GRAMMATICA L. 5

5.4 II. Personalpronomina

Singular

1. Person: εγώ • με, μου, μοι

2. Person: σύ · σε, σου, σοι

Die »Casus obliqui« (d.h. alle Kasus außer dem Nominativ) von έγω und σύ sind »enklitisch« (d.h. sie tragen keinen Akzent außer unter bestimmten Voraussetzungen. Darüber mehr in L. 11). Sie werden aber akzentuiert, wenn sie betont sind (z.B. »nicht dir, sondern mir<), und ebenso nach den meisten Präpositionen. In diesen Fällen wird die 1. Person obendrein noch mit έ- erweitert: έμέ, εμού, έμοί. Aber: σέ, σού, σοί; z.B. ούκ έμοί, άλλα σοί; άπ' εμού; υπέρ σού (aber προς με).

5.5 III. Das Verbum: Neue Formen1

1. Präsens Infinitiv: -ειν, z.B. κωλύειν, λέγειν. Er wird häufig verwendet

a) als Subjekt von unpersönlichen Ausdrücken, wie z.B. »es ist gut« καλόν (έστιν)2 oder »es ist notwendig« χρή (z.B. λέγειν χρή);

b) als Objekt, bei bestimmten Verben wie »ich will« (άκούειν θέλω), »ich lehre«, »ich lerne« (λέγειν διδάσκω, μανθάνω), »ich verbiete«, »ich befehle« (κωλύω, κελεύω σε ήκειν).

5.7 2. Futur: κελεύω —* κελεύσω, κελευειν —* κελεύσειν, λέγω —* λέξω, λέγειν —» λέξειν.

Das Futur wird durch Einsetzung von -s- (-σ-) zwischen Endung und Wortstamm gebildet. Bei Wortstämmen, die auf einen Konsonanten enden (wie λέγ-ω), kann die Kombination mit diesem -s die Schreibweise (λέξω, denn γ + σ = ξ) oder sogar die Aussprache des Verbums beeinflussen, wie wir später sehen werden.

IV. Lesen von Dichtung

5.8 1. Grundsätzlich gilt: Der Rhythmus der griechischen Dichtung wird durch einen geregelten Wechsel von langen und kurzen Silben bestimmt und nicht (wie bei deutscher Dichtung) durch den Wechsel von betonten und unbetonten Silben.

Lang (longum) sind Silben, welche entweder a) einen langen Vokal oder Diphthong enthalten (»von Natur«, »natura« lang) oder b) einen kurzen Vokal, auf den zwei (oder mehr) Konsonanten folgen (lang durch »Position«, »positione«, d.h. eigentlich »durch Satzung«3.

1 Vorläufig (bis L.33) wird nur das Aktiv behandelt. 5.6 2 Solche allgemeinen Feststellungen bleiben sehr oft ohne Hilfsverb.

3 In der Dichtung werden derartige »lange Silben« häufig durch das Einsetzen eines νϋ έφελκυστι-κόν vor einem Konsonanten gebildet (s. L.4.12 und L.20.7).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 6 35

Kurze Silben (breve) enthalten einen kurzen Vokal, auf den höchstens ein Konsonant folgt; Muta cum Liquida (z.B. πλ, τρ, χν) hat oft die Wirkung nur eines Konsonanten (längt also die vorhergehende Kürze nicht), zumal in Komödien. Z.B. (- = lang, « = ^τζ) :λέγε μοι = ««-, λέξω σοι = (denn ξ entspricht zwei Konsonanten); πατρός = - « oder -«.

2. Der iambische Trimeter 5.9 1 2 3

Z.B. 1. κακόν φέρουσι καρπόν οί κακοί φίλοι. 1 2

Z.B. 2. ω τέκνον, ήκεις;

besteht aus drei Metren (μέτρα). Jedes Metron besteht aus ~ - - -; die erste Silbe eines Metron kann jedoch lang oder kurz sein (»anceps«, Symbol: - ) . Außerdem:

Eine allgemeine Regel: Ein Longum entspricht zwei Brevia (- = 5 >--). Von dieser Freiheit 5.10 macht die attische Tragödie weit weniger Gebrauch als volkstümliche Dichtung und damit auch die Komödie. Dementsprechend sind in Text HD φόδα, ϊα und καλά ~ ~ = -. Folglich besteht jeder der beiden Verse aus drei iambischen Metren (πού μοι τά φόδα = — . Ζ~Ζ t usw.) und einem verkürzten (»katalektischen«) iambischen Metron (σέλϊνα = " - 3) als Versabschluß. Oder, mit anderen Worten, jeder Vers besteht insgesamt aus vier iambischen Metren, von denen das letzte katalektisch ist; der ganze Vers ist also ein »kata-lektischer iambischer Tetrameter«. N.B. Die letzte Silbe jedes Verses ist lang, selbst wenn sie nur aus einem kurzen Vokal be- 5.11 steht, weil am Ende jedes Verses eine Pause (nicht unbedingt eine lange) ist. In unserem Lied also füllt σέλινα (eigentlich « — «) die metrische Form von » — . Man schreibt deshalb: w - z. Übe das Lesen griechischer Dichtung nach diesen Regeln. Achte darauf, daß jedes Longum die Dauer von zwei Brevia hat; betone Silben oder Vokale möglichst wenig, und suche vielmehr die Silben mit Akut bzw. Zirkumflex vorschriftsgemäß, also höher auszusprechen und den Gravis weniger hoch. Und vergiß nicht, daß Wörter eine Bedeutung haben; sobald du dich im Metrum sicher fühlst, gib deshalb jedem Wort den Ausdruck, den seine Bedeutung verlangt - aber ohne den Rhythmus zu verletzen!

LEKTION 6

I. Einiges über Adjektive (vgl. L. 3.14)

1. Jedes Adjektiv - ja sogar jedes Wort und jede Wortgruppe - kann einen Artikel vor sich 6.1 haben und so wie ein Substantiv gebraucht werden; z.B. ό δίκαιος »der Gerechte«, το δίκαιον »das Gerechte, Gerechtigkeit«, τά δίκαια »die gerechten Dinge; das, was gerecht ist«. Wo es passend ist, werden Adjektive in diesem Sinne auch ohne Artikel verwandt,

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36 APPENDIX GRAMMATICA L. 6

z.B.: ό δίκαιος δίκαια πράττει, »der Gerechte tut Gerechtes«, d.h. »erhandelt gerecht«; άλλα άλλοις καλά = alia aliis bona, d.h. »verschiedene Personen haben verschiedene Ansichten darüber, was gut ist« (hier ist καλά höchstwahrscheinlich als Prädikat anzusehen).

6.2 2. Wie im Deutschen »lieblich anzusehen' oder »zw sterben bereit« wird auch im Griechischen der Anwendungsbereich gewisser Adjektiva durch einen Infinitiv angezeigt; s. Text Κ (Sophokles).

6.3 II. Das Imperfekt Aktiv der Verba auf -ω

έ-κώλυον amaba-m

Das Imperfekt gehört zum Präsensstamm; dementsprechend vermittelt es die besonderen Nuancen des Präsens1, übertragen in die Vergangenheit.

A. Das Augment

6.4 Die Vergangenheit wird allgemein - nicht nur im Imperfekt - gekennzeichnet durch das Augment. Es findet sich ausnahmslos in Prosa; ist fakultativ in Homer und ihm folgender Dichtung. Seine Form hängt vom Verbalstamm ab. In der Regel gilt:

1. Einem Stamm, der mit einem Konsonanten beginnt, wird ein ε vorangestellt: κωλύω -έκώλυον.

2. Ein Stamm, der mit einem kurzen Vokal beginnt (oder einem Kurzdiphthong), dehnt diesen Vokal: ονομάζω -ώνόμαζον; ο ικτ ίρω- ώικτιρον (ώκτιρον). ί wird zu ϊ ,ύ > ύ , ο > ω, aber ε > η (ελπίζω - ήλπιζον) 2 und auch α > η (ακούω - ήκουον), und entsprechend ει und αι > ηι (η) sowie ευ und αυ > η υ 3 .

3. Ein langer Anfangsvokal wurde, begreiflicherweise, nicht weiter gedehnt, daher ϋει -ύεν; ήκω, ήκεν.

Auch bei den meisten Verba composita (wie άπο-λύω) steht das Augment unmittelbar vor dem Stamm und nicht vor dem Präfix (άπ-έ·λυον). Näheres dazu in der nächstfolgenden Lektion.

B. Konjugation des Imperfekts

Sg. 1. έ λ υ ο ν vgl. lat a m a b a m 4

2. έ λ υ ε ς amaba-s 3. έ·λυ·ε(ν) amabat

PI. 1. έ λ ύ ο μ ε ν amabamus 2. έ·λύε·τε amabatis 3. έ-λυ-ο-ν amabant

(Beachte die Anwendung der Grundregel für die Akzentsetzung bei Verben; s. L.3.18.)

1 S. L.14.7ff. 6.5 2 Von έχω 'ich habe« lautet das Imperfekt είχον, bei anderen Verben ist es ähnlich; davon später.

3 In nachklassischer Zeit wurde hier sehr oft nicht gedehnt, vgl. L. 1.6. 6.6 4 Das Lateinische besitzt kein Augment; es kennzeichnet das Imperfekt durch Einfügung der Silbe

-ba- zwischen Stamm und Endung: amabam.

Page 35: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 6 37

C. Die sekundären Personalendungen 6.8

(Vergleich des Griechischen mit dem Lateinischen) Zur Erinnerung: IE Schluß-m = lateinisches Schluß-m wird im Griechischen zu -n s ; siehe hier die 1. Person Singular.

Hierzu tritt die Regel: Kein griechisches Wort kann auf -t enden oder, positiv ausgedrückt:

Griechische Wörter enden auf: 1. (irgend)einen Vokal oder 2. -n, -r, -s (auf keinen anderen Konsonanten)6.

-n, -s, »nichts«; -men, -te,

l.Pers.Sg. λ ύ ω Vgl. lat am Ό

2. Pers. Sg. λύεις ama-s 3. Pers.Sg. λύει amat 1. Pers. PI. λ ύ ο μ ε ν amamus 2. Pers. PI. λύ-ετε amatis 3. Pers. PI. λύουσι(ν) amant

6.9

Daher stellen wir Übereinstimmung zwischen dem Griechischen und dem Lateinischen fest bzw. stoßen auf die IE Wurzel bei den Imperfekt-Endungen der 1., 2., 3. Person Singular (die 3. hat im Griechischen das Schluß-t verloren)7 und der 3. Person Plural (zur 1. PI. [vgl. Dialekte] und 2. PI. [vgl. Imperativ] s. L.4.13).

Dies Schema griechischer Endungen 6.10

erscheint nicht nur im Imperfekt, sondern liegt (mit gewissen Variationen, die wir kennenlernen werden) den Endungen fast aller Tempora zugrunde, ausgenommen dem Indikativ des Präsens und den nach ihm gebildeten Formen, von denen wir bisher nur das Futur kennen. Diese Endungen heißen: »Sekundäre Endungen«.

D. Der Themavokal 6.11 (vgl. L.3.10 über das Nomen)

1. Zwischen Stamm und Endung hat das Imperfekt folgende Vokale: l.Pers.Sg. ο 1. Pers.PI. ο 2. Pers.Sg. ε 2. Pers. PI. ε 3. Pers.Sg. ε 3. Pers.PI. ο

Kurz: ö, e, e; ö, e, ö. Der o/e-Ablaut (wie in λέγω/λόγος) ist vielleicht die verbreitetste Art der »Vokalabstufung«. Dieser (»qualitative«) o/e-Ablaut charakterisiert den Präsensstamm (der auch für das Imperfekt gilt) dieser, der häufigsten Verbklasse. Man könnte sagen, daß er das formale »Thema« angibt. Daher wird er 'Themavokal· genannt. Das ist besonders augenfällig im Imperfekt. Betrachte nun den

2. Indikativ Präsens (im Anschluß an L.3.17 und L.4.11) 6.12

5 S. L.5.2. 6 Die Endkonsonanten von οϋκ, ούχ, οϋθ' wurden zum folgenden Wort gezogen. 7 Das -ε von έλυε ist keine Endung, sondern gehört zum Präsensstamm (ist »Themavokal«, siehe

nächster Abschnitt); es nimmt das bewegliche -v an; darüber vgl. L.4.12.

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38 APPENDIX GRAMMATICA L. 6

Im Plural lautet die Vokalfolge offensichtlich δ, έ, δ - genauso wie bei den sekundären Endungen des Imperfekts; ebenso im Singular ö, e, e - wo jedoch der Themavokal mit der Endung zu einem Laut (langer Vokal bzw. Diphthong) verschmolzen ist. Wiederum wird das Fehlen eines Themavokals im Lateinischen deutlich (vgl. Nr. 5). Bestimme selbst, was das Lateinische an dessen Stelle besitzt.

13 E. Die primären Endungen

Sie heißen »primär«, weil sie, als Endungen des Indikativs Präsens und der nach ihm gebildeten Formen (wie Ind. Fut.), als erste begegnen (s. Nr. 12). Der SinguUr - wie ein Vergleich mit dem Lateinischen zeigt - spiegelt das im IE Vorausgegangene wider: 1. -ö, 2. -s, 3. »nichts« (-t ist abgefallen, s. Nr. 8 u. 9)8.

14 Im Plural (1. und 2. Person s. L.4.13) ging die 3. Person ursprünglich auf-οντι (vgl. lat.) aus. Entsprechend einem allgemeinen Lautgesetz wird -οντι zu -ονσι, darauf -ονσι zu -όσι, nach der Grundregel, daß am Wortende ein »n« vor einem »s« mix'Ersatzdehnung9

des vorangehenden Vokals ausfällt, z.B. λύοντι > λύόσι. In der Zeit des klassischen Attisch lautete offenbar ein gedehntes ο wie der Diphthong ou (ausgesprochen wahrscheinlich nicht wie »ou«, sondern als langes geschlossenes »o«) und wurde daher ου geschrieben 1 0 . So entwickelte sich die primäre Endung der 3. Plur. von IE -onti zu Attisch -ουσι.

17 Lerne die primären Endungen in ihrer klassischen (und fortdauernden) Gestalt auswendig (mit dem Themavokal, wo er untrennbar mit der Endung verschmolzen ist), denn du wirst ihnen noch oft begegnen:

-ö, -eis, -ei / / -men, -te, -usi(n)

Vergleiche diese mit den sekundären Endungen:

•n, -s, »nichts« / / -men, -te, -n:

Es wird deutlich, daß beide Systeme sich gegenseitig beeinflußt haben.

Dieselben Regeln wie bei der >o-< oder »thematischen« Konjugation sind bei der >o-< oder »thematischen« Deklination erkennbar, wie man aus L.3.8 und 4.1 sieht und wie es die folgende Lektion zusammenfaßt.

8 Ursprünglich wahrscheinlich 2. -si, 3. -ti. 15 9 Dies ist der Fachausdruck (»terminus technicus«) für ein häufiges lautliches Phänomen: Der Ver

lust eines Konsonanten wird durch die Dehnung des vorangehenden Vokals »ersetzt«. 16 10 Die Dehnung von ο zu ω, d.h. zu einem offenen langen ö (vgl. z.B. das Augment, s. Nr.6.4),

muß auf ein älteres Stadium in der Geschichte der griechischen Sprache zurückgehen.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 7 39

LEKTION 7

Hauptzweck: Wiederholung. Präge dir den Inhalt der Lektionen 1-6 fest ein!

Einige Einzelheiten:

I. Gebrauch des Infinitivs

Wie erklärst du dir die Infinitive in der griechischen Lektion, C3 ; D;F2 und 3; und in C l und Fl? Wenn nötig, schlage L.5.5 nach. (Obendrein sind F2 und 3 Beispiele einer Konstruktion (L.6.1), bei der mehrere miteinander verbundene Wörter die Funktion eines Substantivs übernehmen.)

II. Konstruktionen und Bedeutung von ακούω, μανθάνω usw. 7.1

Allgemein gilt: das, was gehört wird, steht im Akkusativ (das Objekt des Hörens); aber: woher das, was gehört wird, kommt (d.h. der Ursprung oder die Quelle), steht im Gene-tiv;z.B. 1. θόρυβον (Lärm) ακούω; 2. άκουε μου;3. μύθονήκουον αυτού 1 ; 4. τού φιλοσόφου ακούω (»ich höre auf den« > »ich gehorche dem Philosophen«).

III. Das Augment bei Verba composita 7.3

1. θύω - έθυον: συνθύω - συνέθυον, 2. φέρω - έφερον: συμφέρω - συνέφερον, 3. γιγνώσκω - έγίγνωσκον: συγγιγνώσκω - συνεγίγνωσκον, 4. διαγιγνώσκω - διεγίγνωσκον, 5. λύω - έλυον: απολύω - άπέλυον.

Bei Verba composita, deren erstes Element eine Präposition ist, steht das Augment vor dem Verbstamm, aber nach der Präposition. Wenn dabei zwei Vokale aufeinanderstoßen (4. διαέ-, 5. άποέ-) wird der Hiat, wie gewöhnlich, durch Elision aufgehoben2 (L.2.13); andrerseits kann die Assimilation, die im Präsens durch das Zusammentreffen gewisser Konsonanten mag herbeigeführt worden sein (2. und 3.), durch den Einschub des Augments hinfällig werden (L.3.25). Mehr über Composita in L. 17.4 und L. 41.11-14.

IV. Zusammenfassung: Thematische Deklination und Konjugation 7.4

Die o-Konjugation wird auch »thematisch« genannt, weil der Präsensstamm durch den »Themavokal« ε/ο gebildet wird, der an den Verbalstamm angehängt wird (λύ·ο·μεν, λύ-

1 Nicht selten wird freilich - im Laufe einer leicht verständlichen Entwicklung- auch das tatsächlich 7.2 Gehörte (also das »Objekt des Hörens«) in den Genetiv gesetzt; z.B. θόρυβον oder θορύβου ακούω. Ähnlich: μανθάνω σου (woher das, was gelernt wird, kommt); τα άριστα oder z.B. τά γράμματα μανθάνω (was gelernt wird).

2 Nicht so bei περί und πρό.

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40 A P P E N D I X GRAMMATICA L. 7

ε τ ε ; s. L. 6.11)3. Dementsprechend nennt man die o-Deklination auch »thematische D e

klination«, weil sie durch die Zufügung desselben Themavokals zum Stamm charakteri

siert ist ( φ ι λ ό σ ο φ ο ς , φ ι λ ό σ ο φ ο ν φ ι λ ό σ ο φ ε ) .

7.6 Die Kasus und ihre Entwicklung

( L . 3 . 8 - l l ; L . 4 . 6 ; L . 5 . 1 - 3 )

Sg. δ ο ύ λ ο ς

serv-ös δούλ·ο·ν

servöm δούλου 1

(servi)

δ ο ύ λ ω ι 2

servö δούλε

serve

PI. δοΰλ-οι

serv(o)i

δούλους 3

serv-ös δούλων

(vgl. regum)

δούλ·ο·ις4

servis

1 Gen. Sing, bei Homer: -οιο (οιο < οισο < όσιο): -οιο > οιο > oo > ö, geschrieben ου. 2 Dat. Sing.: der Themavokal wird in beiden Sprachen verlängert; zum griech. -ι vergleich lat. Dat.

-i in oratori. 3 Akk. Plur. ους ursprünglich von < ^ ( a u c h auf lat.; vgl. Akk. Sing.). Am Wortende fällt -n vor -s

aus, mit Ersatzdehnung des Vokals (L.6.14). Das dabei entstehende gedehnte Omikron wird ου geschrieben, ist aber kein echter Diphthong; deshalb wird dieses durch Dehnung entstandene ου als »unechter Diphthong« bezeichnet.

4 In der Dichtung auch -οισι(ν) (die ältere Form).

7.7 V. Beispiel einer Wortanalyse (vgl. L .3 .4)

Wurzel : -V δουλ- (»dien«)

Substantiv: ^ δ ο ύ λ ο ν

| δούλ | ο —

Wurzel Themavokal

Wortstamm Kasus-

Endung

\ \

X Verbum: έ δ ο υ λ ε ύ ο μ ε ν

έ — | δ ο υ λ | |εύ] ο — | μ ε ν |

Wurzel Erweiterung

(charakterisiert

die Wortart

»Verbum«)

V y

V. Verbalstamm Themavokal

y Augment Präsensstamm Personalendung

7.5 3 Bei einer bedeutenden Gruppe von Verben wird das Präsens ohne Themavokal gebildet. Sie werden daher »athematische Verben« genannt, oder »Verben auf -μι«, weil die Endung der 1. Person Sing. Präsens Indikativ Aktiv -μι ist (das naheliegende Beispiel: ειμί »ich bin«). Ebenso gibt es viele »athematische« Substantive (tatsächlich weitaus die meisten, nämlich alle außer der o-Deklination).

Page 39: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 8 41

VI. Lesen von Dichtung 7.8

(Anmerkungen zur griechischen Lektion)

F l : έθέλω γεωργείν: ~~ - ^ — (iambisch). In Komödien finden sich beim iambischen Trimeter häufig zwei Brevia statt eines.

F3: ποιείν = - -. Das Iota in den Diphthongen αι und οι vor einem Vokal wurde vom 7.9 vierten Jahrhundert an allmählich zum j (konsonantisches ι) geschwächt und ist endlich geschwunden: so wurde παλαιός = ~ - ~ und ποιείν = ποεϊν = " -; vgl. lat. poeta. Siehe auch L.5.10 zu:

G l : . . . (ϊ-)/άτρός σε θερα-/(πεύσει . . .) = ( - ) / — « ««/(— . . .).

Dies ist eine Illustration zu der folgenden Regel:

In Tragödien, viel häufiger jedoch in Komödien, kann die Stelle eines Longum (in iambi- 7.10 sehen und trochäischen Metren) von zwei kurzen Silben (Brevia) gefüllt werden.

LEKTION 8

(L. 8-11 behandeln die a-Deklination)

Die a-Deklination umfaßt mehrere, leicht verschiedene, Worttypen, deren Stamm entweder auf -ä oder -ä endet. L. 8-10 haben die auf -ä endenden Stämme zum Gegenstand.

I 8.1

φάμα, vgl. lat. fama φήμη, vgl. engl, fame

IE ä blieb in den meisten griech. Dialekten ä (ungefähr wie in »haben«), besonders im Dorischen. Die Ionier jedoch sprachen es etwas breiter aus, ungefähr wie deutsches »ä«. Diesen breiteren Laut drückten sie nicht durch Α, α, sondern durch äta, Η, η, aus (L. 1.2). Sie sprachen und schrieben also nicht ΦΑΜΑ sondern ΦΗΜΗ, und nicht ά sondern ή für den fem. Artikel. Genauso im Attischen, das ja selbst eine Spielart des vielgestaltigen ionischen Dialekts ist. Aber:

Das Attische behielt ä nach ε, L, ρ

Entsprechend: att. ή φήμη wie ion. ή φήμη und nicht wie dor. ά φάμά, att. ή τιμή wie ion. ή τιμή und nicht wie dor. ά τιμά,

aber: att. ή θεά, nicht wie ion. ή θεή (dor. ά θεά), att. ή φιλία, nicht wie ion. ή φιλίη (dor. ά φιλία), att. ή χώρα, nicht wie ion. ή χώρη (dor. ά χώρα).

Page 40: Griechischer Lehrgang III

42 APPENDIX GRAMMATICA L. 8

8.2 Daher gibt es, im Attischen und später, zwei Hauptarten von ä-Stämmen

1. diejenigen, die -ä als -ά behalten (z.B.: θεά) und 2. diejenigen, deren -ä sich zu η entwickelt hat (z.B.: φήμη). Ν.Β.: Alle Nominative auf -ά und -η sind feminin.

II

Diese Lektion behandelt die erste Hauptart: Stämme auf -ά.

8.3 Α. Paradigmen: Παραδείγματα

Land Freundschaft Göttin vgl. lat.

Sg. N./V. ή χώρα Α. την χώρά·ν G. της χώρας D. τήι (τη) χώράι(-ςι)

φιλία φιλίάν φιλίας φιλίάι(-α)

θεά θεάν θεάς3

θεάι3(-ςι)

dea deam (deae; familiär) deai (-ae)

PI. Ν. αί χώραι1

Α. τάς χωράς G. τών χωρών2

D. ταίς χώραις

φιλίαι φιλίας φιλιών2

φιλίαις

θεαί θέας θεών 2

θεαϊς 3

deai (-ae) deas dearum(-asom) de(a)is

1. Was die Akzentuierung betrifft (aber nur in dieser Hinsicht!), wirkt die Endung -αι genauso wie die Endung -οι (L. 4.3), nämlich als wenn -αι ein kurzer Vokal wäre (Ausnahme: L.26.14).

2. Die Gen. Plur.-Endung -ων aller Substantive der a-Deklination hat den Zirkumflex, da sie aus der Kontraktion der früheren Form (z.B. bei Homer) -άων hervorgegangen ist (siehe die Grundregel unten). Diese Regel gilt aber nicht für alle Adjektive dieser Deklination, wie sich in Lektion 10 zeigen wird.

3. Wie bei der o-Deklination: wenn eine Zange Endung im Gen. oder Dat. (beider Numeri) betont wird, hat sie den Zirkumflex.

8.7 B. Grundregel der Akzentsetzung nach Kontraktion

Ein langer Vokal (bzw. Diphthong), der aus einer Kontraktion entstanden ist, trägt einen Akzent, wenn einer der ursprünglichen Vokale akzentuiert war. (Kontraktion erfolgt innerhalb eines Wortes, im Gegensatz zur Krasis; darüber L. 12.12.) Wenn der erste der zwei ursprünglichen Vokale akzentuiert war - das ist der weitaus häufigere Fall - , hat die kontrahierte Silbe den Zirkumflex (χωράων > χωρών); wenn derzweite akzentuiert war, trägt sie den Akut (z.B. έσταώς > έστώς).

8.8 C. Über die Endungen der Kasus der a-Deklination

Nom.Sing.: keine Endung: -ä ist der Schluß des Stammes. Regel: Im Griechischen (wie auch im Lateinischen) hat der Nom.Sing. entweder keine Endung: dea θεά, oder die Endung -s: deus θεός.

Akk.Sing.: IE -m > griech. -n: deum θεόν, deam θεάν.

Gen.Sing.: -s, dt.: des Frühlings; altlat.: pater familias.

Page 41: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 9 43

Dat.Sing.: i, wie bei der o-Deklination, vgl. lat. deäi (wurde zu deae).

Nom. Plur.: -äi, gemäß -oi der o-Deklination.

Akk. Plur.: -äs aus -ans; ebenso wurde lat. deans zu deäs; vgl. o-Deklination: -ons zu -ös, geschrieben: -ους.

Gen. Plur.: -ών, aus z.B. θεά(σ)ων, vgl. lat. deasom > dearum1.

Dat. Plur.: -ais, wie -ois der o-Deklination. Daher auch lat. -is.

III. Ergänzung zu L.3.19 über das Adverb 8.9

Das Adverb wird durch Anfügung der Silbe -ως an den Stamm des Adjektivs gebildet. Sein Akzent:

1. Wenn das Adjektiv endbetont ist, trägt das Adverb den Zirkumflex: -ώς, z.B. καλός -καλώς; 2. sonst hat die vorletzte Silbe des Adverbs den Akut (es wird zu einem »Paroxyton«, s. L.2.10); z.B. δίκαιος - δικαίως; αρχαίος - άρχαίως.

Praktisch bedeutet das, daß das Adverb dem Gen. Plur. Mask. der Adjektive gleicht, nur mit -s anstatt -v am Ende:

δικαίων - δικαίως; καλών - καλώς.

LEKTION 9

Ι. a-Deklination (Fortsetzung): Wortstämme, die auf -η ausgehen 9.1

Stämme also, bei denen das lange ä breit (wie deutsches >ä<) ausgesprochen und deshalb als -η geschrieben wurde. Dies galt allgemein in ionischen Dialekten; im Attischen aber nur bei den Substantiven, deren Wurzel nicht auf ε, ι oder ρ ausging. Diese Substantive behandeln wir nun. Die Änderung von -ä zu η macht sich in dieser Deklination nur im Singular bemerkbar; der Plural ist in allen Formen der a-Deklination gleich1.

1 Im Griech. fällt ein -s- zwischen Vokalen aus; im Lat. wird es zu -r- (z.B. honos, honosis > hono- 8.10 ris; vgl. honestus).

1 Die Ursache: Die Endungen -αι, -αις (Nom. und Dat.) sind »Kurzdiphthonge« wie -oi und -οις 9.2 der o-Deklination; kurzes ä ändert sich natürlich nicht; und weder der Gen. -ων (von -άων) noch der Akk. -άς (von -ανς mit Ersatzdehnung, L.6.15) ist betroffen von der Entwicklung des ä zu ä (ά >η).

Page 42: Griechischer Lehrgang III

44 APPENDIX GRAMMATICA L. 9

PARADIGMA: Παράδειγμα

Sg. N.V. ή τιμή φήμη fama A. την τιμήν φήμην famam G. τής τιμής φήμης fam(ae)

D. τήι τιμήι φημηι famae

PI. N. αϊ τιμαί φήμαι famae A. τάς τιμάς φήμας famas

G. τών τιμών φημών famarum (-asom) D. ταϊς τιμαίς φήμαις famis

II. Der Artikel und ein Demonstrativpronomen

όδε »dieser« deutet auf etwas Folgendes voraus, z.B. έλεγε τάδε »er sagte Folgendes«.

Mask. Neut. Fem. Mask. Neut. Fem.

Sg. N. ό τό ή δδε τόδε ήδε A. τόν τό τήν τόνδε τόδε τήνδε G. τού τής τούδε τήσδε D. τώι τήι τώιδε τήιδε

PI. N. οί τά αί ο'ίδε τάδε α'ίδε A. τους τά τάς τούσδε τάδε τάσδε G. τι i)V τώνόε D. τοί ταϊς τοίσδε ταίσδε

Dieses Pronomen setzt sich aus dem Artikel (ursprünglich selbst ein Demonstrativpronomen) und der Partikel δε zusammen. Diese Partikel ist »enklitisch«, sie beeinflußt daher den Akzent des Artikels nicht (s. L. 10 und 11).

Zur Syntax

Gehören ein Demonstrativpronomen und ein Substantiv zusammen, so steht vor dem Substantiv der Artikel (wie nach den Attributivregeln)2; z.B.

δδε ό άνθρωπος oder ό άνθρωπος δδε, ήδε ή τιμή oder ή τιμή ήδε.

III. Lesen von Dichtung

In der Lektion: Text L ist ein normaler iambischer Trimeter (L. 5.9). B2 ist auch ein iambischer Trimeter; doch beachte, daß in έκάλεσε (= - ^ ~ ) die zweite und dritte Silbe, jede für sich genommen kurz, zusammen die Stelle eines »Longum« ausfüllen; ein ähnliches »aufgelöstes Longum« findet sich auch in F2.

2 Diese Regel gilt aber nicht für die Dichtung, bei der die älteren Formen der Sprache weithin erhalten bleiben; siehe z.B. Zitat L. in der griech. Lektion.

Page 43: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 10 45

1 12 I 3 / 4 B l = - V « W W - -

Die Folge - «« bildet einen »Daktylus« (ein daktylisches Metron). In daktylischen Metren 9.6 können die zwei »Brevia« (kurzen Silben) von einem Longum ersetzt werden (wie hier im 2. Metron), aber nicht umgekehrt (d.h. - -~ oder — ; aber nicht »-"-- - ) . Also besteht dieser Text aus vier daktylischen Metren und wird folglich ein »daktylischer Tetrameter« genannt. Andere metrische Schwierigkeiten? Lektion 5 nachschlagen!

L E K T I O N 10

I. Maskulina der a-Deklination

Sie umfassen in der Hauptsache

1. »Nomina agentis«, d.h. Substantive, die eine »handelnde Person«, d.h. einen, »der etwas 10.1 Bestimmtes tut«, bezeichnen. Sie enden auf -της, z.B. ποιητής, eigentlich »Macher« und κυβερνήτης (gubernator) »Steuermann«; 2. Namen von Personen, Familien und Völkern; z.B. 'Αναξαγόρας, Ευριπίδης, Άτρείδης, Πέρσης.

Formal unterscheiden sie sich von den Feminina nur im Nominativ, Genetiv und Vokativ 10.2 des Singulars. Der

Nominativ hat die Endung -s (wie in der o-Dcklination, θεός), also anders als die entsprechenden lat. Substantive (vgl. agricola, nauta).

Genetiv: Da der Nominativ dieser maskulinen Substantive auf -s endet, können sie diese Endung nicht auch, wie die übrigen Substantive der a-Deklination, im Genetiv haben; sie bezeichnen stattdessen den Genetiv durch die Endung -ου, die (wie das -s im Nominativ) von der o-Deklination übernommen ist1.

Als Vokativ dient der bloße Stamm (ώ 'Αναξαγόρα, ώ Ευριπίδη) 2 . Das gilt in der Tat für 10.4 alle Substantive der a-Deklination; da aber die femininen Substantive ihren Nominativ auf dieselbe Weise bilden (keine Endung), zeigen sie (anders als die maskulinen Stämme) keinen Unterschied zwischen Nominativ und Vokativ.

1 Namen, die auf -ας enden, haben oft den »dorischen« Genetiv auf -ä (aus -äo), sogar im attischen 10.3 und im nachklassischen Griechisch, z.B. Ευρώτας, Gen. Ευρώτα.

2 Aber Substantive mit dem Nominativ -της wie auch Völkernamen (wie Πέρσης) kürzen das -α im 10.5 Vokativ, z.B. ώ στρατιώτα, ώ δικαστα, ώ Πέρσα. Ferner zieht der Vokativ δέσποτα seinen Akzent bis auf die erste Silbe zurück (wie z.B. auch άδελφε; mehr darüber L.23). ω wird sehr oft im Attischen dem Vokativ vorangesetzt (es schafft einen Beiklang von Vertraulichkeit), weit weniger dagegen z.B. bei Homer und im NT. Man akzentuiert ώ bei Anreden, also zumal vor Vokativen; dagegen ώ (ώ) bei Ausrufen, z.B. ώ τής αναίδειας >o über die Unverschämtheit«, >o welche U.<; vgl. ώμοι(ί . 16E), tü)(L.35IIIA).

Page 44: Griechischer Lehrgang III

46 APPENDIX GRAMMATICA L. 10

10.6 Παραδείγματα

ό νεανίάς 'Αναξαγόρας Πέρσης ποιητής poeta

ω νεανια 'Αναξαγόρα Πέρσα ποιητά poeta τόν νεανίάν Άναξαγόράν Πέρση ν ποιητην poetam

τού νεανίου Άναξαγόρου Πέρσου ποιητου poetae τώι νεανίάι Άναξαγόράι

Ευριπίδης

Πέρσηι ποιητηι poetae (<äi) Άναξαγόράι

Ευριπίδης οί νεανίαι Ευριπίδη Πέρσαι ποιηται poetae τους νεανίάς Εύριπίδην Πέρσας ποιητάς poetas

τών νεανιών Εύριπίδου Περσών ποιητών poetarum τοις νεανίαις* Εΰριπίδηι Πέρσαις* ποιηταϊς* poetis

* Im poetischen St 1 auch -αισι(ν). Das gilt für alle Dative auf -οις und -α -ς: -oioiund -αισι, ältere Formen, b ewahrt die Dichtung.

Ob der Singular η oder ά hat, hängt natürlich von derselben Regel ab, die auch für die femininen Substantive auf-ä gilt (und allgemein im Attischen; s. L. 8.1):anacl·^, ι, ρ, sonst η. Daher z.B. Ευριπίδης, aber 'Αναξαγόρας. Was den Plural anbetrifft, erinnere dich an das in L.9.1-2 Gesagte.

10.7 II. Die Adjektive der a-Deklination

-ά (-η) ist die gewöhnliche Femininendung der Adjektive, die im Maskulinum auf -ος enden, z.B.

δίκαιος, -ov, δικαία und ιερός, -όν, ιερά, aber άριστος, -ov, αρίστη und κοινός, -όν, κοινή -wie bei den Nomina und allgemein: -α nach ε, ι, ρ; sonst -η.

Beachte ferner: 10.8 1. Oie Akzentregel für den Genetiv Plural -ών der femininen Substantive der a-Deklina

tion gilt nicht für die Adjektive: sie haben denselben Akzent wie die (identischen) maskulinen Formen; z.B.

δίκαιος Gen. Plur. Mask. δικαίων Fem. δικαίων κοινός κοινών κοινών.

10.9 2. Die Endungen von Substantiven und auf sie bezogenen Adjektiven brauchen keineswegs miteinander zu reimen, obwohl dies nicht selten der Fall ist. Die wohlbekannte Regel lautet vielmehr, daß sie in Kasus, Genus und Numerus übereinstimmen; daher z.B.

άνθρωπος δίκαιος, άνθρώποις δικαίοις, aber νεανίάς καλός, νεανίαις καλοίς- ή καλή χωρά, τήι χώραι τήι καλήι, usw.

III. Wörter ohne Akzent

10.10 Es gibt zwei Arten kleiner Wörter ohne Akzent:

/ . Atona: (s. L. 2.12). Diese zehn einsilbigen Wörter werden niemals akzentuiert - außer

Page 45: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 10 47

wenn sie unmittelbar vor einem Enklitikon stehen oder - dies gilt nur für ού - unmittelbar vor Interpunktion.

2. Enklitika: Diese werden meistens ohne Akzent gebraucht. Sie werden unter bestimmten Bedingungen akzentuiert, die in der nächsten Lektion zusammengefaßt werden. Hier wollen wir sie zunächst zusammenstellen.

Liste der Enklitika

Ein »έγκλιτικόν« (»etwas, das sich anlehnt«) ist ein ein- oder zweisilbiges Wort, das sich so 10.11 stark an das vorangehende Wort anlehnt, daß es nahezu mit ihm ein Wort bildet. 'Εγκλιτικά sind:

1. Der ganze Indikativ Präsens - außer der 2. Pers. Sing. - von a) ειμί »ich bin« (außer ει »du bist«) und b) φημί »ich sage« (außer φής »du sagst«),

(Merke: Gewöhnlich schreibt man Enklitika mit einem Akzent, wenn sie allein ohne ein vorausgehendes Wort stehen, an welches sie sich »anlehnen« könnten.)

Also: ειμί, [ει] έστί(ν), έσμέν, έστέ, είσί(ν), 10.12

φημί, [φής] φησί(ν), φαμέν, φατέ, φάσί(ν);

aber ihre Komposita wie άπειμι, σύνειμι, σύμφημι sind nicht enklitisch.

2. Die »casus obliqui« (d.h. alle außer dem Nominativ) des Personalpronomens der 1. und 2. Pers. Sing.: μέ, μού, μοί, σέ, σού, σοί [und ebenso ihre mundartlichen Varianten]; vgl. L.5.4).

3.τίς,τί, immer mit Akut, fragt »wer, welcher?« und »was, welches?«. Dasselbe Wort als Enklitikon - in allen Kasus und Genera - dient als Indefinitpronomen: τίς ποιητής »wel- 10.13 eher Dichter?«: ποιητής τις »(irgend)ein Dichter« (Einzelheiten später in L.24).

4. Ein ähnlicher Intonationswechsel bewirkt auch bei Adverbien einen analogen Bcdeu- 10.14 tungswandel (Näheres in L.47); z.B.

πού »wo?«, aber enklitisch πού »irgendwo«, ποϊ »wohin?«, aber enklitisch ποί »irgendwohin«, πόθεν »woher?«, aber enklitisch ποθέν »irgendwoher«, πότε »wann?«, aber enklitisch ποτέ »irgendwann«, πώς »wie?«, aber enklitisch πώς »irgendwie«, usw.

5. Verbindende oder hervorhebende Partikeln, wie

τε lat. -que »und«, z.B.: ποιηταί τε = poetaeque »und Dichter«, γε »wenigstens, gerade, eben«, -δε sowohl in der Bedeutung »zu, nach«, z.B. οίκόνδε »zum Haus«, (Άθήνασδε >) Άθήναζε »nach Athen«, als auch in δδε. τόδε, ήδε (s L.9.3); aber nicht das kontrastierende, allein stehende δέ mit der Bedeutung »aber«, »und«.

IV. Syntax (zu L.2 der griechischen Lektion)

Das Subjekt einer Infinitiv-Konstruktion steht im Akkusativ, wenn es nicht zugleich 10.15 Subjekt des regierenden Verbs ist (Einzelheiten hierzu s. L. 17).

Page 46: Griechischer Lehrgang III

48 APPENDIX GRAMMATICA L. 11

V. Lesen von Dichtung Der katalektische trochäische Tetrameter

10.16 Im Lateinischen (und Deutschen) nennt man

- - einen »iambischen Versfuß« und

- « einen »trochäischen Versfuß«.

Griechische Verse beruhen nicht auf »Versfüßen«, sondern auf »Metren«, μέτρα (s. L. 5.9).

δ - " - ist ein »iambisches Metron« und - - - c ist ein »trochäisches Metron«.

Beim iambischen Metron ist die erste und beim trochäischen die letzte Silbe ein >anceps<. Das anceps kann kurz oder lang sein. In der Lektion ist das Zitat D3 ein »katalektischer trochäischer Tetrameter«; d.h. dieser Vers besteht aus vier trochäischen Metren, deren letztem eine Silbe fehlt: es ist »katalektisch« (L.5.10).

1 2 3 4

— - - I I - — I - « = || Δούλε δεσποτών άκουε καί δίκαια κάδικα.

LEKTION 11

Ι. a-Deklination (Fortsetzung)

11.1 -ά-Stämme

Παραδείγματα

5g. N.V. ή άγκυρα ancora αλήθεια (Wahrheit)! Α. τήν άγκυράν ancoram άλήθειάν G. της άγκυρας ancorae αληθείας D. τήι άγκύράι ancorae άληθείάι

PL Ν. αί άγκυραι ancorae άλήθειαι Α. τάς άγκυρας ancoras αληθείας G. τών άγκυρών ancorarum (< asom) αληθειών D. ταίς άγκύραις ancoris άληθείαις

So auch z.B. ή μοίρα, -άς; γέφυρα, -άς; ενέργεια, -άς; ευσέβεια, -άς.

Sg. N.V. ή Μούσα Musa τράπεζα (Tisch) Α. τήν Μούσάν Musam τράπεζάν G. τής Μούσης Musae τραπέζης D. τήι Μούσηι Musae τραπέζηι

PI. Ν. αί Μούσαι Musae τράπεζαι Α. τάς Μούσας Musas τράπεζας G. τών Μουσών Musarum τραπεζών D. ταίς Μούσαις Musis τραπέζαις

So auch z.B. ή θάλασσα (-ττα), -ης; γλώσσα, -ης; δόξα, -ης.

Page 47: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 11 49

Bemerkungen zu den -ά-Stämmen: j< 2

1. Im Plural sind die Endungen der -ά-Stämme gleich denen der -ά-Stämme, und mithin der -η-Stämme (L.9.2).

2. Im Singular a) bleibt das kurze ά im Nom. und Akk. erhalten (genau wie das ο in der o-Deklination, z.B. λόγος, λόγον). Z.B. δόξα, δόξάν, aber b) Im Genetiv und Dativ wird der Endvokal gedehnt (auch dies wie in der o-Deklination: λόγου, λόγωι); das entstehende -ä bleibt -ά nach (ε) ι, ρ, z.B. μοίρας, εύσεβείάι; aber in allen anderen Verbindungen wird es wie ä ausgesprochen und darum als η geschrieben, z.B. γλώττης, δόξηι.

Beachte also den formalen Unterschied zwischen z.B. ή αλήθεια, τήν άλήθειάν und ή πολιτεία, τήν πολιτείάν. Der Unterschied liegt in der Quantität- lang oder kurz- des -α im Nominativ und Akkusativ Singular, während Genetiv und Dativ Singular bei diesen -ä und -ä-Stämmen gleichartig auf -άς bzw. -άι enden (wegen des ι oder ρ vor dem -α). Demgegenüber haben z.B. bei θάλασσα und δόξα Genetiv und Dativ Singular (nur diese!) η, wie z.B. μνήμη, μνήμης; dies wird durch den anderen dem -ö vorausgehenden Konsonanten verursacht.

Zusammengefaßt: 11.3

/ . -ά-Stämme: im Plural: = -ä-Stämme; im Singular: Nom. und Akk.: -ä ;

Gen. und Dat.: ά nach (ε) ι, ρ, z.B. άγκυρας, άγκύράι; aber η in allen anderen Verbindungen, z.B. θαλάσσης, θαλάσσηι.

2. Alle Typen der a-Deklinatwn (Feminina) (für die Mask. s. L.10.6)

Παραδείγματα

Sg- ή τύχη χώρά ένέργειά δόξά τήν τύχην χωράν ένέργειάν δόξάν

της τύχης χωράς ενέργειας δόξης τήι τύχηι χώράι ένεργείάι δόξηι

PI. αί τύχ- χώρ- ένέργει- δόξ- -αι τάς τύχ- χώρ- ένεργεί- δόξ- -άς τών τυχ- χωρ- ενεργει- δοξ- -ών ταίς τύχ- χώρ- ένεργεί- δόξ- -αις

II. Komparation der Adjektiva 11.4

Die häufigste (aber nicht die einzige) Form der Komparation:

der Komparativ wird durch Zufügung von :τερος, :τερον, -τέρά an den Wortstamm gebildet;

der Superlativ wird durch Zufügung von -τατος, : τατον, -τάτη an den Wortstamm ge

bildet.

Bei den Adjektiven der o-Deklination erscheint der Themavokal als -o-, wenn die vor- 11.5

Page 48: Griechischer Lehrgang III

50 APPENDIX GRAMMATICA L. 11

hergehende Silbe (von »Natur« oder durch »Position«, s. L. 5.8) lang ist: δικαιότερος, μακρύτερος, δεινότατος, ορθότατος; aber als -ω-, wenn die vorhergehende Silbe kurz ist1, z.B. σοφώτερος, τιμιώτερον, ίερωτάτη.

11.6 Als Adverb zum Komparativ dient der Singular des Neutrums; Adverb des Superlativs ist der Plural des Neutrums, z.B.

δικαίως, δικαιότερον, δικαιότατα; σοφώς, σοφώτερον, σοφώτατα.

Bedeutung und Konstruktion von

11.7 I.Komparativ: »weiser als ich« me sapientior έμοΰ σοφώτερος: lat. Abi. und griech. Gen. des Vergleichs stammen von einem alten, IE Kasus der Trennung (s. L. 4.8) ab, welcher den Begriff »woher« ausdrückte (d.h. »weiser, wenn von mir her gesehen«)2.

11.8 2. Superlativ: dient auch als »Elativ« (»sehr«); z.B. σοφώτατος bedeutet entweder »der weiseste« (im Vergleich mit anderen) oder auch »sehr weise« (an sich).

Π.9 III. Akzentuation der Enklitika (s. L. 10.10-14)

Sie hängt 1. von dem Akzent des vorhergehenden Wortes ab und 2. manchmal auch davon, ob das Enklitikon selbst eine (z.B. μού) oder zwei Silben (z.B. εστίν) hat.

Das Enklitikon wird praktisch ein Teil des vorhergehenden Wortes3. Resultat:

1. der Akut auf der Schlußsilbe des vorhergehenden Wortes wird nicht zum Gravis, z.B. θεός τις· δστις- ήδε 4 . 2. Das neuentstandene Wort darf nicht mehr als zwei Silben ohne Akzent haben.

a) Wenn also das vorhergehende »Stütz«-Wort ein Oxytonon oder Perispomenon ist (d.h. — - oder — - , L.2.10), bleibt der Akzent unverändert:

einsilbiges Enklitikon zweisilbiges Enklitikon θεός τε θεός έστιν θεού τε θεού έστιν

b) Wenn das Stützwort den Akzent so weit von der Endung entfernt trägt, wie überhaupt möglich, d.h. wenn es entweder ein Proparoxytonon, - — , oder ein Properispomenon, - - - , ist (z.B. άνθρωπος oder δούλος), steht noch ein weiterer Akzent auf seiner letzten Silbe, und zwar ein Akut5. Das Enklitikon bleibt ohne Akzent, z.B.

άνθρωπος τε άνθρωπος έστιν δούλος τε δούλος έστιν

1 Offenbar aus einer Neigung, eine Aufeinanderfolge mehrerer kurzer Silben zu vermeiden. 2 ή (vgl. lat. quam, dt. »als«) wird viel seltener gebraucht. 3 Häufig werden die zwei Wörter sogar als eines geschrieben, z.B. δστις (»wer auch immer«) und (s.

L.9.3) δδε, τόδε, ήδε. 4 Wenn die letzte Silbe kein Enklitikon wäre, müßte die vorletzte den Zirkumflex tragen: vorletzte

Silbe lang, letzte kurz. 5 Dies ist der einzige Fall eines griechischen Wortes mit zwei Akzenten.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 12 51

c) Nach einem Paroxytonon (- - -, z.B. άνθρωπου) bleibt ein einsilbiges Enklitikon ohne Akzent, ein zweisilbiges Enklitikon dagegen erhält einen Akut (Gravis) auf seiner letzten Silbe (bzw., wenn diese lang ist, einen Zirkumflex: nur bei τινών):

άνθρωπου τε- άνθρωπου εστίν- ανθρώπων τινών

Beachte, daß in keinem dieser Fälle ein einsilbiges Enklitikon einen Akzent hat. Ferner:

Enklitika und Atona sind aber akzentuiert, und zwar fast immer mit dem Akut, 11.10

1. wenn zwei oder mehrere hintereinander stehen. Nur das letzte bleibt dann unakzentu-iert, z.B. ει πού τίς σοί φησιν; 2. am Anfang eines Haupt- oder Nebensatzes, z.B. φησίν ό δούλος, έστι μοι φίλος; 3. nach Elision6: αίσχρόν δ' εστίν (α. δέ έστιν), πόλλ' εστίν (πολλά έστιν); 4. wenn sie betont sind: ούκ έμοί άλλα σοί7, έστιν8 ό θεός, βούλονται μεν δύνανται δ' οϋ (»sie wollen wohl, können aber nicht«).

LEKTION 12

Grammatischer Hauptzweck: Wiederholung

1. Wiederholung der Formen (soweit bekannt) und des Gebrauchs der Adjektive; vgl. L.3.14 und L.6.1. Beachte besonders die Verwendung der Adjektive wie in L.9 Cl ή φιλία άναγκαίον und L. 12 G4 πιστόν γή.

2. Eine besondere Funktion des Artikels (s. L.9.3): er kann irgendein Wort oder irgend- 12.1 eine Wortgruppe - innerhalb des Satzes - zum Substantiv machen: z.B. τά καλά, τά φίλων, τό χρηστά πράττειν. Dazu (neu):

3. Nicht alle Substantive auf -ος sind Maskulina. Die Feminina auf -ος bieten uns die Ge- 12.2 legenheit zu einer allgemeinen Betrachtung über die

Genera der Substantive

Das Griechische, wie das Lateinische und das Deutsche, hat die IE Unterscheidung von drei Genera bei Nomina bewahrt; Maskulinum, Femininum, Neutrum.

Substantive, die den Artikel ό haben, sind Maskulina, Substantive, die den Artikel ή haben, sind Feminina, Substantive, die den Artikel τό haben, sind Neutra.

6 Generell vgl. L.2.13. 7 Die akzentuierten Kasus von έγώ haben das έ- vom Nominativ übernommen, bei der 2. Person 11.11

dagegen gibt es keinen solchen Unterschied zwischen akzentuierten und enklitischen Formen des Pronomens. Genetiv εμού und σοϋ (mit Zirkumflex!), Dativ έμοί und σοί (mit Akut!) sind die akzentuierten Formen, vgl. L.5.4.

8 "Εστιν wird dementsprechend auch akzentuiert, wenn es bedeutet »es ist möglich« oder »erlaubt«, 11.12 und ebenfalls nach unmittelbar vorhergehenden einsilbigen Wörtern wie z.B. ως έστιν, ούκ έστιν, τοϋτ' έστιν, άλλ' έστιν. Mit anderen Worten: είμί ist nur enklitisch, wenn es Kopula ist, also Subjekt und Prädikat verbindet (z.B. Σόλων σοφός έστιν), und selbst dann nicht immer.

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Darüber hinaus gibt es keine Regel oder Erklärung, die diesen problematischen Gegenstand erschöpfend und befriedigend deuten könnte; man kann jedoch einige verallgemeinernde Feststellungen machen. Wir betrachten zunächst die Bedeutung der betr. Nomina:

I. Grammatisches und natürliches Geschlecht (vgl. L.4.4)

12.3 1. Nomina, die eine männliche Person oder ein männliches Tier bezeichnen, sind Maskulina; Nomina, die eine weibliche Person oder ein weibliches Tier bezeichnen, sind Feminina; Nomina, die eine geschlechtslose Sache bezeichnen - aber nicht alle- sind Neutra1. Darüber hinaus sind:

12.4 2. Maskulina a) Völkernamen (οί 'Αθηναίοι, οί Πέρσαι), b) die meisten Flußnamen (ό Νείλος, ό 'Ρήνος) und Namen von Winden und Monaten2.

3. Feminina sind die Namen der a) Länder (ή Λιβύη, ή 'Ασία, ή Ελλάς), b) Inseln (ή Σικελία, ή Δήλος), c) meisten Städte (ή Σπάρτη, ή 'Ρώμη, αί Αθήναι) 3 , d) meisten Bäume (s. Nr. 8).

12.5 4. Neutra auf -ιον sind Verkleinerungsformen (Diminutiva) wie im Deutschen: z.B. το άνθρώπιον »das Männchen«, τό παιδίον (»das Kindchen«; vgl. »das Mädchen«).

Diese Regeln erfassen nur einen Bruchteil aller Substantive; eine viel größere Zahl kann überhaupt nicht entsprechend ihrer Bedeutung in eine der Gruppen eingeordnet werden. Verallgemeinerungen sind aber möglich im Hinblick auf

II. Geschlecht und Form

12.7 Von den Typen der Substantive, die uns bis jetzt begegnet sind, sind die, welche im

1. Nom.Sing. auf -α enden, alle Feminina (L.8.2), 2. Nom.Sing. auf -η enden, alle Feminina (L. 9.1), 3. Nom.Sing. auf -ας enden, alle Maskulina (L. 10.1), 4. Nom.Sing. auf -ης enden, alle Maskulina (L. 10.1), 5. Nom.Sing. auf -ov enden, alle Neutra (L.5.1), 6. Nom.Sing. auf -ος enden, die meisten Maskulina, aber vgl. den nächsten Abschnitt.

1 Z.B. τό έργον, τό δώρον. Α^Ιιτοτέκνον, lat. inj ans (neut.), dt. >das Kind«: es ist noch nicht Frau noch Mann.

2 Aber z.B. ή Στύξ, der Fluß der Unterwelt. 12.6 3 Aber z.B. τά Μέγαρα (d.h. [große] »Wohnhäuser«, το μέγαρον), ό 'Ακράγας (Agrigentum): der

Name des Fluß(gott)es; τό "Αργός (αργός ist vielleicht ein altes Wort, das »Ebene· bedeutet); οί Δελφοί (Delphi; bezeichnete ursprünglich vielleicht die Einwohner).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 12 53

Eine besondere Spielart:

III. Feminina auf -ος

1. Die meisten lassen sich in eine der Gruppen im obigen Abschnitt I einordnen: 12.8

Gruppe 1 : ή παρθένος; 3a : ή Αίγυπτος; 3b : ή Δήλος, ή Κύπρος, ή Νάξος; 3c : ή κόρινθος; 3d : ή κυπάρισσος, ή πλάτανος.

2. Einige Wörter auf -ος werden in Übereinstimmung mit II als Mask. und Fem. ge- 12.9 braucht (sog. »communia«), ζ. Β. ό θεός und ή θεός 4, und viele, die Haustiere bezeichnen, z.B. ό 'ίππος »Pferd, Hengst«, ή ίππος »Stute«5; ebenso δ όνος »Esel« und ή όνος »Eselin« und ό βούς »Stier, Ochse« (lat. bös), ή βούς »Kuh«).

3. Andere Feminina auf -ος: ή νήσος »Insel«: wie die Namen der Inseln, und ohne ersieht- 12.10 liehen Grund ή νόσος »Krankheit«, ή βίβλος »Buch«6, ή οδός »Straße, Weg«.

Zwei weitere Bemerkungen zur griech. Lektion:

IV. Krasis, angezeigt durch Koronis 12.12 ώγαθέ τάλλα

Ein Vokal oder Diphthong am Ende eines Wortes (»auslautend«) - zumal eines Artikels oder Relativpronomens - wird oft kontrahiert mit einem Vokal oder Diphthong am Anfang des folgenden Wortes (»anlautendem«). Diese Art von Kontraktion - wieder ein Produkt der griechischen Hiatusscheu - nennt man »Krasis« (»Mischung«), während »Kontraktion« im prägnanten Sinn innerhalb eines Wortes stattfindet. Krasis wird angezeigt durch ein Häkchen,', genannt »Koronis«, welches dem Spiritus le-nis gleichsieht (natürlich setzt man nicht zweimal das gleiche Häkchen auf eine« Buchstaben). Bei Krasis geht der erste Akzent verloren; der zweite steht, wo er ohnehin auf dem zweiten der kontrahierten Elemente stehen würde.

Beispiele:

ώγαθέ (ώ αγαθέ), αυτός (ό αυτός), ταύτό (τό αυτό), κάγαθός (καί αγαθός) 7, άγώ (ά έγώ), τούνομα (τό όνομα), προύργου (προ έργου, vgl. προύλεγον = προέλεγον), άνήρ (ό άνήρ), καν (καί έάν), καν (καί έν).

Bei der Elision (L.2.13) dagegen - angezeigt durch Apostroph - wird nicht kontrahiert; vielmehr fällt ein kurzer Endvokal vor vokalischem Anlaut aus.

4 Die Athener nennen die Göttin Athene ή θεός (und nicht ή θεά). 5 Das Fem. ist häufiger, da die Griechen, wie wir, vorwiegend Stuten verwendeten; daher heißt ή

ίππος in kollektivem Sinne »Reiterei«. 6 Ursprünglich ή βύβλος, vom Namen der phönizischen Stadt Byblos, ή Βύβλος, woher βίβλος, 12.11

d.h. Papyrus (ό und ή πάπυρος) nach Griechenland eingeführt wurde. Daher τδ βυβλίον, τό βι-βλίον, ή βίβλος.

7 Das ι von καί geht bei Krasis verloren (es wurde zwischen Vokalen zu j).

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54 APPENDIX GRAMMATICA L. 13

12.13 V. Lesen von Dichtung

1 2 3 4 5 6

- - | - - ~ | - -"w |_„ „ μ - - | - w | | ώς αίεί τόν δμοιον άγει θεός ώς τον δμοιον.

Ein »daktylischer Hexameter«: das Metrum des Epos (Homer), das aus sechs Daktylen besteht (L.9.6), davon der letzte katalektisch. Der Einschnitt (") nach δμοιον ( l .Mal)-Wortende innerhalb des 3. Metrums - ist eine der zwei Caesuren, die für dieses Metrum typisch sind. Die andere steht nach der ersten Länge des 3. Metrums (und nicht, wie hier, nach dessen erster Kürze); so gleich im ersten Vers der Ilias. Dem deutschen Leser sind beide Formen aus Goethes Epen vertraut.

LEKTION 13

13.1 I. Adjektiva mit zwei Endungen

Genau wie manche Substantive als Mask. und Fem. dienen (z.B. ό θεός, ή θεός, s. L. 12.9), dienen auch gewisse »thematische« Adjektiv-Formen (also solche mit o-Stamm) sowohl als Maskulina wie auch als Feminina; sie haben also keine »3. Endung« (-ä) für das Femininum. Dies gilt für:

1. Komposita allgemein, z.B. άδικος, άδικον 1 (aber δίκαιος, δίκαιον, δικαία), αθάνατος, άθάνατον 1 (aber θνητός, θνητόν, θνητή), ένδοξος, ένδοξον »berühmt«, παράνομος, -ov »gegen das Gesetz«, »gesetzlos«, »Gesetzesübertreter«;

2. einige andere Adjektiva, z.B. βάρβαρος, -ov, έρημος, -ov2, φρόνιμος, -ov, μώρος, -ov2.

13.4 II. Einige Pronomina

A. Das Relativpronomen

ist identisch mit dem Artikel (s. L.9.3), außer daß

1. alle Formen mit >H< (Spiritus Asper) anstatt >T< beginnen, ζ. Β. δ, αίς (vgl. mit dem Artikel τό, ταίς);

13.2 1 "Αδικος, lat. miustus, dt. »««gerecht«. Diese verneinende Vorsilbe ä- wird >a privativum« genannt.

13.3 2 Später έρημος, -ov (ή έρημος »die Wüste«) und μωρός, -όν. Einige dreisilbige Adjektiva auf -ος der Form --- (z.B. έρημος, aber nicht z.B. δίκαιος) waren bei Homer und in der übrigen alten Dichtung auf der vorletzten Silbe betont. Der Akzent verschob sich dann auf die erste Silbe - wir wissen nicht genau, wann; scheinbar begann die neue Aussprache in Attika schon im späteren 5. Jh. So wurden έρημος, όμοιος (L. 7B), άγροϊκος (L. 23 HC), γελοίος (L. 51 IA) zu έρημος, δμοιος, άγροικος, γελοίος und auch το τροπαϊον zu τρό-παιον (L. 51 ΙF). Die jüngere Akzentuierung galt in der hellenistischen Zeit und gilt noch heute.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 13 55

2. alle Formen akzentuiert sind, und zwar im Nom. und Akk. mit dem Akut (der in der Praxis normalerweise zum Gravis wird), z.B. öv, οϊ, aber im Genetiv und Dativ mit dem Zirkumflex, z.B. ώι, ών;

3. der Nom.Sing.Mask. die Endung -s (δς) hat.

Παράδειγμα

Singular Plural

Mask. Neut. Fem. Mask. Neut. Fem.

δς δν

οΰ ωι (ω)

ό 0

ή ήν

ής ήι(?ΐ)

Ν. Α. G. D.

οϊ ους

ών οίς

ά ά_

αϊ

&ς ών αίς

Β. Einige Demontrativpronomina (und verwandte Wörter) 13.5

1. δδε, τόδε, ήδε »dieser« (s. L.9.3); 2. εκείνος, εκείνο, εκείνη3 »jener« (vgl. mit lat. ille).

Alle Formen wie bei den Adjektiven auf -os (z.B. φίλος), außer daß Nom. und Akk. Sing. Neutr. die Endung -ο (εκείνο) haben (nicht -ov: φίλον). Dieses -o ist der Überrest der IE Endung des neutr. Pronomens (dagegen das griechische -ov, lat. -um, bei Substantiven wie δώρον und donum). Bedenke lat. quis, quiii im Vergleich mit griechisch τις, τι: das IE Pronomen hatte hier die Endung -d. Kein griechisches Wort kann auf -d ausgehen: dieser Endkonsonant ging verloren. Ursprünglich müssen die griechischen Endungen -i\d, -\\od gewesen sein. Wie εκείνος und δς auch:

3. άλλος, άλλο, άλλη »ein anderer« (lat. alius, aliui/, alia); 13.6 4. αυτός, αυτό, αυτή »selbst« (lat. ipse).

In begrenztem Umfange wird dieses Pronomen auch als Personalpronomen (3. Person) verwendet (s. unten).

N.B. 1. αυτό τό δώρον (oder τό δώρον αυτό) = »das Geschenk selbst«; aber: τό αυτό 13.7 δώρον (ταύτό δ. durch Krasis) = »dasselbe Geschenk«, καί αυτός = »auch er«, »er gleichermaßen«, »ebenfalls«, vgl. lat. et ipse, ipse quoque.

N . B. 2. Beim Pronomen ούτος »dieser« (s. L. 18) lautet das Neutrum in ähnlicher Weise τούτο 4.

C. Personalpronomina (Singular) 13.8 (Vgl. oben L.5.4; L. 10.11)

1. Person: έγώ, έμέ, εμού, έμοί (enklit. με, μου, μοι), 2. Person: σύ, σέ, σού, σοί (auch enklit.), 3. Person: αυτός 5, oder eher αυτόν, αυτού, αυτής, usw. d.h. nur in den »casus obliqui« (allen Kasus außer dem Nom., in dem die Person durch die Endung des Verbums und oft auch durch ein Subjekt-Substantiv hinreichend angezeigt wird).

3 Auch κείνος (ohne anlautendes έ-). 4 Τοϋτ' εκείνο = »das ist's«. 5 Auch, wenn betont, εκείνος oder ούτος.

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56 APPENDIX GRAMMATICA L. 13

Von den gleichen Stämmen abgeleitet: die »Possessiva« έμός, -όν, -ή »mein«, σός, σόν, σή »dein«.

13.9 D. Reflexiv (»Ich . . . mich«, »du . . . dich«, »er . . . sich« usw.)

Die Person oder Sache, die durch einen casus obliquus dieses Personalpronomens angegeben wird, ist identisch mit dem Subjekt desselben Satzes (»direkt reflexiv«). Das Refle-xivum der 3. Person kann sich auf das Subjekt eines übergeordneten Satzes beziehen (»indirekt reflexiv«), aber in solchen Fällen sind die einfachen Formen von αυτός ebenso gewöhnlich.

Sing. 1.Person: έμαυτόν, έμαυτήν, usw. (lat. me ipsum) 2.Person: σεαυτόν (σαυτόν), σεαυτήν (σαυτήν), usw. (lat. te ipsum) 3. Person: εαυτόν (αυτόν), έαυτήν (αυτήν), usw. (lat. se ipsum)6

Plur. s. L.14.2.

13.11 E. Einige besondere Anwendungsweisen der Pronomina

1. Πιστεύω οίς λέγεις (selten πιστεύω τούτοις, ά λέγεις) »Ich glaube, vertraue deinen Worten«: sog. »attractio relativi«, sowie Verschmelzung des Relativpronomens mit seinem Beziehungswort: sog. »relativische Verschränkung«.

13.12 2. Oer Artikel war usprünglich ein Demonstrativpronomen. In der Dichtung wird er von Homer an so verwendet; in der Prosa erhält sich dieser frühere Gebrauch in den folgenden Ausdrücken:

ό μέν . . . ό δε . . . »der eine . . ., der andere . . .< τό μέν . . . τό δε . . . »einerseits . . . andererseits . . .«, »teils . . . teils . . .< τά μέν . . . τά δε . . . »einerseits . . . andererseits . . .«, »teils . . . teils . . .< τήι, τήιδε »dort«; »so« τήι μέν . . . τήι δε . . . »in dieser Hinsicht . . . und in jener . . .< τόν καί τόν 7 »diesen oder jenen« (Herrn Soundso) τό καί τό »dies und das« τά καί τά »dies und das« πρό τού (προτού) »vorher«, »früher«

13.13 3. άλλα άλλοις καλά (lat. alia aliis pulchra) »manche mögen dies, andere jenes« (»die Geschmäcker sind verschieden«). άλλο μέν . . . άλλο δε . . . (lat. aliud . . . aliud) »das eine . . . das andere . . .<

13.10 6 Das anlautende he- im Griechischen entspricht offenbar dem lat. se: IE anlautendes s- wurde irr Griechischen zu h- (Aspiration, Spiritus Asper); αϋτο καθ' αυτό (εαυτό): »es selbst für sich selbst«, d.h. »allein«, »für sich genommen«.

7 Fast immer im Akkusativ.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 14 57

LEKTION 14

I. Das Personalpronomen (Plural) 14.1

1. Person 2. Person 3. Person N . ημείς ύμεϊς (εκείνοι, -α, -αι) 1

A. ημάς υμάς αυτούς, -ά, -άς G. ημών υμών αυτών D. ήμίν ύμίν αύτοίς, αύταίς

Die casus obliqui der 1. und 2. Person mit αυτών, αύτοίς usw. dienen alsReflexiva; z.B. 14.2 ημών αυτών, ύμίν αύταϊς; Reflexivum 3. Person: εαυτών (αυτών), έαυταίς (αύταίς) usw. (L. 13.9). Von den gleichen Stämmen abgeleitet: die Possessiva ημέτερος, -ov, -ä »unser«, υμέτερος, -ov, -ä »euer«.

II. Der schwache Aorist (s-Aorist oder Aorist I)

Jakob Grimm nannte (1819) diejenigen Verben »stark«, die »stark« genug sind, die Tem- 14.3 pusformen ohne äußere Hilfe zu bilden (d.h. ohne zusätzliche Silben), indem sie ihren Stamm verändern, besonders durch »Ablaut« (Vokalabstufung s. L.6.11), vgl. »singen, sang, gesungen« und lat. ago, egi, und diejenigen »schwach«, die Tempusformen durch Zusätze zu ihrem Stamm bilden, wie »zerstöre, zerstörte« und lat. deleo, delevi. Der schwache Aorist sehr vieler griechischer Verben ist ein Tempus, das durch Anhängen eines -s an den Stamm gebildet wird (wie lat. scribo, scripsi oder dico, dicsi > dixi). Diesem -s folgt beinahe durchgängig der Buchstabe -α; so daß die Silbe

-sa- -σα-

als Kennzeichen dieses Tempus gelten kann. Nur der Indikativ hat das Augment. Also ist er allein ein Vergangenheitstempus.

Παράδειγμα 14.4

Sg- 1. 2. 3.

έκώλυσα 2

έκώλυσας έκώλυ·σΕ(ν)

Indikativ ήκουσα2

ήκουσας 1 ήκουσΕ(ν)4

έργαψα 3

έγραψας έργαψΕ(ν)4

PI. 1. 2. 3.

έκωλύ-σαμεν έκωλύ-σατε έκώλυσαν 2

ήκούσαμεν ήκούσατε ήκουσαν2

έγράψαμεν έγράψατε εςτγαχίιαχ2

sg. PI.

2. 2.

κώλυσΟΝ2

κωλύ-σατε

Imperativ άκουσΟΝ 2

ακούσατε

γράψΟΝ

γράψατε

κωλύσαι 2

Infinitiv άκούσαι2 γράψαι

1 Oder manchmal ούτοι »diese«; es wird, wie im Singular (L. 13.8), nur hinzugefügt, wenn es betont ist.

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58 APPENDIX GRAMMATICA L. 14

14.6 III. Verbalstamm und Tempusstamm (Vgl. L. 7.7)

Verschiedene Tempora mit ihren Modi werden von verschiedenen »Tempusstämmen« gebildet. Die Tempusstämme sind Veränderungen der zugrundeliegenden »Verbalstämme«; z.B.:

Verbalstamm λύω

λύ-

γράφω γραφ-

Präsensstamm λύε/ο- γραφε/ο

Futurstamm = Aoriststamm

λύσ- γραψ-

IV. Zeit und Aspekt

14.7 Daran, daß das Augment nur im Indikativ erscheint, zeigt sich, daß die Bezeichnung der Vergangenheit die Bedeutung des Aorists nicht erschöpft. Die anderen Modi - von denen wir bis jetzt nur Imperativ und Infinitiv kennenlernten - haben kein Augment und zeigen somit keine »Vergangenheit« an. Warum eigentlich gibt es ein zweites Vergangenheitstempus neben dem Imperfekt? Die verschiedenen Tempora drücken durch alle ihre Modi nicht Zeit aus, sondern welche Art der Handlung oder des Geschehens der Redende vermitteln wills; man nennt das den »Aspekt« der Handlung. Nur der Indikativ bezeichnet auch eine Zeit6 - und auch der nicht immer. Der Aorist Indikativ im besonderen berichtet etwas in der Vergangenheit Geschehenes, das als einmaliges Ereignis7 ohne Berücksichtigung seiner Vollendung oder Dauer betrachtet wird8. Das Imperfekt andererseits - das ja ein Teil des Präsenssystems ist - beschreibt eine versuchte, gewohnheitsmäßige, wiederholte oder andauernde Handlung in der Vergangenheit, z.B.

Imperfekt Aorist Οί Καρχηδόνιοι έθυον ανθρώπους. Χθες ταύρον έθυσα.

»Die Karthager pflegten Menschenopfer »Gestern habe ich einen Stier geopfert«, darzubringen«.

14.5 2 Die Regel bleibt gültig, daß bei allen eigentlichen Verbformen der Akzent so weit wie möglich (aber nicht über das Augment) zurück geht. Der Infinitiv ist keine »eigentliche« Verbform, sondern eher ein Verbalsubstantiv (wahrscheinlich ein lokativer Dativ); daher: a) sein Akzent wird nicht zurückgezogen, und b) seine Endung -αι wird, was den Akzent betrifft, als kurz behandelt. Deswegen der Zirkum

flex auf z.B. κωλϋσαι (wie bei αί φήμαι). 3 έγραφ-σα > έγραψα (φ + σ = ψ). 4 »Bewegliches ν« wie beim Imperfekt (s. L.4.12; L.6.9). 5 Im Deutschen werden solche Nuancen, wenn überhaupt, durch Umschreibungen ausgedrückt;

s. die folgenden »Verdeutlichungen«. 14.8 6 Im Futur jedoch haben alle Modi futurischen Sinn. 14.9 7 Wie das lateinische Perfekt, das überhaupt dem Aorist entspricht.

14.10 8 Deswegen nannten die griech. Grammatiker dieses Tempus »Aorist«, αόριστος, d.h. unbegrenzt (vgl. L. 13D für die Bedeutung von ό δρος).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 14 59

Im allgemeinen kann die durch den Präsensstamm (der das Imperfekt einschließt) ausge- 14.11 drückte Bedeutung mit einer Linie, die des Aorists mit einem Punkt verglichen werden.

Einige Verdeutlichungen 14.12 A. Präsens: 1. γράφει a) »er schreibt (gerade)«

b) »er schreibt«, »er ist ein Schreiber«, »Schriftsteller« c) »er fängt an (versucht) zu schreiben«, »will schreiben«

2. ή φιλία αρετή έστιν »Freundschaft ist eine Tugend« (zeitlose, allgemeine Feststellung)

B. Imperfekt:

1. έγραφε »er schrieb gerade«; »er war ein Schriftsteller«; »er versuchte zu schreiben«

Aorist:

έγραψε »er schrieb«; »er griff zur Feder«; »er schickte sich an, zu schreiben«

2. έβασίλευε »er herrschte« (eine längere Zeit)

έβασίλευσε »er war König«, »er wurde König«

3. άκουε τών (allgemeine Regel) σοφών

άκουσον δ (ein besonderer Fall) λέξω

4. In der griech. Lektion, Abschnitt M: ποιείν: warum das Präsens? und κελεύσαι: warum Aorist?

V. Ein Typ von Bedingungssätzen (Irrealis, nicht erfüllte Bedingung) 14.14

Deutsch: »Wenn sie recht hätten, hätte ich unrecht«.

»Wenn sie recht gehabt hätten, hätte ich unrecht gehabt«.

Der Sprechende will hier ausdrücken, daß nach seiner Meinung der bedingende Satz (wenn-Satz) nicht mit den Tatsachen übereinstimmt und folglich der im Hauptsatz (bedingten Satz) behauptete Schluß nicht zutrifft; er ist »irreal«. Um das auszudrücken, verwendet er (wie im Lat.: si diceres, errares) zweimal den Konjunktiv. Anders im Griechischen. Es gebraucht im Haupt- und Nebensatz den Indikativ, fügt aber im Hauptsatz (dem bedingten Satz) die Partikel άν hinzu. Somit:

a) Irrealis der Gegenwart: (Indikativ) Imperfekt und Imperfekt mit άν, z.B. »Wenn du redetest, würde ich zuhören« εί έλεγες, ήκουον άν.

Aber: »Wenn du geredet hättest, hätte ich zugehört« ist Typ

b) Irrealis der Vergangenheit: Indikativ Aorist und Aorist mit άν, z.B. εί έλεξας, ήκουσα άν 9 .

Sieh dir die weiteren Beispiele im letzten Abschnitt der griechischen Lektion an. Die Partikel άν, die bevorzugt an zweiter Stelle ihres Satzes steht und niemals an erster, schränkt die Gültigkeit der Aussage des Verbs ein (etwa wie im Deutschen »sollte, würde«); sie kann unvollkommen mit »möglicherweise, unter bestimmten Umständen, eventuell« umschrieben werden10. Sie verbindet sich niemals mit dem Präsens Indikativ und kaum je mit dem Indikativ Futur.

9 Diese scharfe Trennung gilt nicht für Homer; und sogar im Attischen gibt es Fälle, in denen Typ 14.15 a) in der Vergangenheit Liegendes ausdrückt; besonders wenn das Verb eine wiederholte oder andauernde Handlung anzeigen soll (siehe dazu Abschnitt IV oben).

10 Anderer Gebrauch von άν später.

Page 58: Griechischer Lehrgang III

60 APPENDIX GRAMMATICA L. 15

LEKTION 15

15.1 I. Die 3. Person Imperativ

Sing, (»laß ihn . . .«, »er soll. . .<) Tempus-Stamm 4- -τω; vgl. lat. laudato; Plur. (»laß sie . . .«, »sie sollen . . .<): Tempus-Stamm + -ντων; vgl. lat. laudanto; z.B.

Präsens (Stammauslaut -ε/ο): Sing, κωλυέτω, γραφέτω; Plur. κωλυόντων, γραφόντων.

Aorist (Stammauslaut -σα): Sing, κωλυσάτω, γραψάτω; Plur. κωλυσάντων, γραψάντων.

Die Neigung der griechischen Sprache, den Hiat (L. 2.13) zu beschränken, führte allmählich und häufig (aber nicht durchgehend) zur »Kontraktion« aufeinander folgender Vokale. Das gilt für die kontrahierten Substantive und Adjektive der o- und a-Deklination.

15.2 II. Kontrahierte Substantive der o- und a-Deklination

A. Kontrahierte Substantive der o-Deklination

Eine Grundregel für die Kontraktion: -εο und -oo > ö (geschrieben ου: ein unechter Diphthong1);

d.h. : grundsätzlich behält bei Kontraktion ein dunkler Vokal die Oberhand.

15.3 Einige Substantive (und Adjektive-s. L. 16) mit-o oder-ε vor dem Themavokal ε/ο kontrahieren die aufeinanderstoßenden Vokale2 im Attischen - nicht aber bei Homer und anderen frühen Dichtern und nur teilweise im nachklassischen Griechisch (s. griechischer Text B, C l , Fl usw.). Die hauptsächlichen Substantive, die hierher gehören, sind:

ό νόος, att. νους »Sinn«, »Verstand« (Plural im klassischen Griechisch ungebräuchlich); όπλόος, att. πλους »Seefahrt« (und zusammengesetzte Substantive, z.B. περίπλους); τό όστέον, att. όστούν »Knochen«.

Παραδείγματα

Sg- Ν. (πλόος) πλους (όστέον) όστούν

Α. (πλόον) πλουν (όστέον) όστούν

G. (πλόου) πλου (όστέου) οστού D. (πλόωι) πλώι

(πλώ) (όστέωι) όστώι

(όστώ)

PI. Ν. (πλόοι) πλοί (όστέα) οστά3

Α. (πλόους) πλους (όστέα) οστά3

G. (πλόων) πλών (όστέων) οστών D. (πλόοις) πλοϊς (όστέοις) όστοϊς

1 S. L.7.6. 2 Ursprünglich stand zwischen den beiden Vokalen ein »konsonantisches u< (w = F s. L. 1.12). Viele

der gleichen Art wurden aber nie kontrahiert; z.B. νέος aus νέίος, vgl. lat. not)us, engl. neu.

Page 59: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 16 61

Kontraktionsprinzipien 15.4

a) Zu oo und εο > ου s. Nr. 2.

b) Ein langer Vokal (ω) oder Diphthong (oi) absorbiert ein vorhergehendes ο oder ε.

Zur Akzentuierung

a) Die »einfachen« (nicht Zusammengesetzen) Substantive haben durchgehend den Zir- 15.6 kumflex auf der letzten Silbe (sie sind Perispomena).

b) Die zusammengesetzten Substantive (wie περίπλους) behalten durchgehend den Akzent auf derselben Silbe wie im Nominativ (z.B. περίπλου, περίπλων)4.

Β. Kontrahierte Substantive der a-Deklination

'Αθηνά (< Ά θ η ν ά ά < Αθηναία): -άν, -άς, -άι (-ά): Kasus: wie bei θεά, aber immer

Perispomenon (d.h. Zirkumflex auf der letzten Silbe). Ähnlich:

ή μνά »mina« (die babylonische Silbereinheit; 100 Drachmen in attischem Geld): Kasus: Singular wie bei 'Αθηνά; Plural μναί, μνάς, μνών, μναίς.

ή ΥΠ (< γά < γάά < γαία = ΓΑΙΑ): Kasus wie ζ. Β.bei ή τιμή, aber der Akzent immer Perispomenon: γήν, γής, γήι (γη). Plural ungebräuchlich.

Έρμης (< Ερμέάς < 'Ερμείας): Έρμήν, 'Ερμού, Έρμήι (-ή); ebenfalls durchgehend Perispomenon. Kasus: Singular wie z.B. Ευριπίδης, Plural wie alle Substantive der a-Deklination. Έρμαϊ bedeutet »Hermespfeiler«, »Hermen«.

LEKTION 16

I. Kontrahierte Adjektive 16.1

Es gelten im Prinzip die gleichen Kontraktionsregeln wie bei den Substantiven.

A. Dreiendige Adjektive 16.2

Zwei Gruppen, nämlich 1. Adjektive, die von solchen Substantiven auf -ος abgeleitet sind, die Stoffe (hauptsächlich Metalle) und Farben bezeichnen, wie ό σίδηρος »Eisen«, ό χαλκός »Bronze«. Unkontrahierte Formen bei Homer (und daher - wie immer - auch in späterer Dichtung):

σιδήρε(ι)ος, -ov, σιόηρέ(ί)η [-έ(ί)ά]; χάλκε(ι)ος, -ov, -η(-ά); dementsprechend: χρύ-σε(ι)ος (ό χρυσός »Gold«), άργύρε(ι)ος (ό άργυρος »Silber«); auch πορφύρεος, -ov, πορφυρέη (ή πορφύρα »Purpurschnecke«); im Attischen (und später) kontrahiert: σιδηρούς, σιδηρούν, σιδηρά; χαλκούς, -ούν, -ή; . . . πορφυρούς, -ούν, -ά: Nr. 4.

3 Die Kontraktion εα > α ist nicht normal (und wurde daher nicht immer durchgeführt); norma- 15.5 lerweise wird εα zu η. Da aber alle anderen Neutra im Nom. und Akk. Plural -α haben, wurde es auch hier als notwendig empfunden.

4 Während die Grundregel lautet, daß der Akzent bleibt, wo er vor der Kontraktion war, zeigen die 15.7 Ausnahmen hier (z.B. περιπλόων > περίπλων) eine Tendenz an, die Akzente der verschiedenen Kasus aneinander anzugleichen.

Page 60: Griechischer Lehrgang III

62 APPENDIX GRAMMATICA L. 16

2. Adjektive auf -πλόος (kontrahiert: πλους), Vielfachheit anzeigend; z.B. τριπλόος (kontrahiert: τριπλούς) »dreifach«; dementsprechend διπλόος (διπλούς) »zweifach«; άπλόος (απλούς) »einfach«, »einfältig«: Nr. 4.

16.3 Drei charakteristische Details:

a) Die kontrahierten Formen sind alle (wie die Substantive) Perispomena (Zirkumflex auf der Endsilbe) - auch da, wo die zugrunde liegende unkontrahierte Form auf der drittletzten Silbe betont war (άργύρεος). Der Grund liegt in einer Neigung zur Vereinheitlichung, vgl. L.8.7 und 15.7.

b) Das -ά des Femininums (-η in epischem Ionisch) wandelt, bzw. wandelt sich nicht, zu η in den kontrahierten Formen entsprechend der attischen Grundregel (»ε, ι, ρ<); daher z.B. αργυρά, aber χρυσή, απλή.

c) Im Singular haben Nominativ und Akkusativ des Maskulinums und Neutrums die kontrahierten Endungen -ούς und -ούν. Im übrigen sehen alle kontrahierten Kasus aus wie die Normalformen - abgesehen von den Akzenten.

16.4 Die attischen (kontrahierten) Formen

Stamm χρυσεο- χρυσεη άργυρεη

Mask. Neut. Fem. Fem.

Sg. Ν. χρυσούς χρυσούν Α. χρυσούν G. χρυσού D. χρυσώι

PI. Ν. χρυσοί χρυσά Α. χρυσούς χρυσά G. χρυσών D. χρυσοί ς

χρυσή χρυσήν χρυσής χρυσήι χρυσαί χρυσός χρυσών χρυσαϊς

αργυρά άργυράν αργυράς άργυράι άργυραί αργυράς αργυρών άργυραίς

Die Kasus von απλούς, διπλούς,usw. sind wie die von χρυσούς; also auch N.A. Plur. Neut. άπλα, διπλά.

16.5 Β. Zweiendige (zusammengesetzte) Adjektive (vgl. L. 15.3-4)

εύνους, εύνουν »freundlich, wohlgesonnen«, und ähnlich άνους, δύσνους, εύπλους, άπλους usw. (anders απλούς, s. Nr. 2-4!).

Sg- M./F. Ν. PI. M.F. Ν.

N. εύνους εύνουν εΰνοι εύνοα

A. ευνουν εύνους εύνοα G. εύνου εύνων D. εύνωι (εύνω) εΰνοις

Zwei Besonderheiten

a) diese zusammengesetzten Adjektive behalten durchgehend den Akzent auf derselben Silbe wie im Nominativ. Sie sind - im Gegensatz zu den nicht zusammengesetzten, dreiendigen Adjektiven - nicht Perispomena. Das gleiche gilt für die zusammengesetzten Substantive (siehe L. 15.6).

Page 61: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 16 63

b) Im Nominativ und Akkusativ Plural des Neutrums findet keine Kontraktion statt: εύνοα - im Gegensatz zu den neutralen Substantiven (οστά) und den dreiendigen Adjektiven (χρυσά, άπλα).

Ursprung dieser Formen 16.6

Diese Kontraktionen sind ein weiterer Beleg für die Neigung, den »Hiat« zu beseitigen. Die älteren, »offenen« Formen wie χρύσεος und άργυρείη entstanden aus der (normalen) Ableitung von Adjektiven aus Substantiven durch die Hinzufügung eines -i an den Stamm; z.B. χρυσός, Stamm χρυσε/ο, Adjektiv χρύσε-ι-ος. Obwohl dieses -i bei Homer und der nachfolgenden Dichtung weithin erhalten blieb, wurde es im übrigen Sprachgebrauch allmählich ein Konsonant (j; Jot), und dieser Konsonant wurde allmählich nicht mehr gesprochen und hinterließ einen Hiat: χρύσειος > χρύσεος1 (> χρυσούς); άργυρείη > -ρέη (> -ρή > -ρά 2). Νόος, πλόος und άπλόος (> απλούς) entstanden auf dieselbe Weise, nämlich durch den allmählichen Verlust eines »konsonantischen u< (»w«, als F, Digamma, geschrieben, s. L. 15.3). In beiden Fällen wurde der entstehende Zusammenstoß von Vokalen aufgehoben durch Kontraktion.

II. Formen der Götteranrufung 16.7

1. »Bei Athena, höre auf mich!«: προς (τής) 'Αθηνάς, άκουσον μου. 2. »Bei Athena, ich werde kommen«: νή (τήν) Άθηνάν, ήξω. 3. »Bei Athena, ich werde nicht kommen«: (ού) μά (τήν) Άθηνάν, ούχ ήξω. 4. »Ο Athena, höre (erhöre) mich!«: ώ 'Αθηνά, άκουσον μου. 5. »Ο welch liebliche Göttin !<: ώ τής έπαφροδίτου θεού (L. 34III; so, im Gen., auch z.B. (ώ) τής αναίδειας, »Unverschämtheit!«).

III. Lesen von Dichtung

Ein Sprichwort-Metrum:

καλός πλόος έν γαλήνηι. 16.8

Dieses Beispiel zeigt uns ein Metrum, das für Sprichwörter (παροιμίαι) typisch ist und daher »Sprichwort-Vers«, Παροιμιακόν, Paroemiacus, genannt wird. Es ist, in Übereinstimmung mit seinem Zweck und seiner Verwendung, ziemlich frei und variabel. Es besteht aus drei langen Silben, vor und zwischen denen eine oder zwei Silben stehen3, und einer Abschlußsilbe nach dem letzten »Longum«. Sein vollständiges Schema ist demnach:

In den folgenden Lektionen werden uns viele παροιμίαι und Paroemiaci begegnen.

1 In L. 7.9 bemerkten wir die gleiche Entwicklung bei πο(ι)έω und πο(ι)ητής poeta. 2 Vgl. Nr. 3b. 3 Wenn es zwei sind, sind sie beide kurz; wenn eine, kann sie kurz oder lang sein.

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64 APPENDIX GRAMMATICA L. 17

LEKTION 17

I. Das Perfekt

17.1 A. Seine Form

a) Das schwache1 oder -κ-Perfekt; z.B. λύω, λ έ λ υ κ α (λέλυκα), hauptsächlich bei Verbalstämmen, die auf Vokal enden;

b) das starke1 Perfekt, z.B. γράφω, γ έ γ ρ α φ α (γέγραφα), hauptsächlich bei Verbalstämmen, die auf Konsonant enden. Die Endungen sind im Indikativ identisch mit denen des Aorists; Ausnahme: 3.Plur.: -άσι(ν) (< -άντι) gegenüber Aor.: -άν; vgl. 6.14. Neu: die Infinitiv-Endung -έναι.

Indikativ

schwach stark Infinitiv

1. λ έ λ υ κ α 2. λέλυ·κ·ας 3. λέ-λυ-κ-ε(ν)2

γ έ γ ρ α φ α γέ-γραφας γέγραφε(ν) 2 λε·λυ·κ·έναι

1. λελύκαμεν 2. λ ε λ ύ κ α τ ε 3. λε·λύ·κ·άσι(ν)2

γεγράφαμεν γε-γράφ-ατε γεγράφάσι(ν) 2 γε·γραφέναι

DerTempus-Stamm des Perfekts (vgl. L. 14.6) λελυκ- (schwach) oder γε-γραφ- (stark) ist charakterisiert durch a) am Ende: die Erweiterung mit -k (nur die schwachen Formen); b) am Anfang: Reduplikation (vgl. lat. curro, cucurri; do, dedi; pendeo, pependi).

B. Die Formen der Perfektreduplikation 3

17.3 Reduplikation findet nur dort statt, wo der Verbalstamm entweder mit a) einem Konsonanten (außer ρ), z.B. παιδεύω - πεπαίδευκα, oder mit

b) »muta cum liquida«4, z.B. γράφω - γέγραφα, beginnt. In beiden Fällen wird der erste Konsonant wiederholt und mit angehängtem ε vor den Verbalstamm gesetzt, z.B. λελυκ-, γε-γραφ-.

17.4 Ν.Β. 1 Wenn das Verbum ein Kompositum ist, das eine oder mehrere Präpositionen vor dem Verbalstamm hat, steht die Reduplikation (wie das Augment) vor dem Verbalstamm, d.h. nach den Präpositionen, z.B. διαλύω, διέλυσα, διαλέλυκα; συγ-γράφω, συνέγραψα, συγ-γέ-γραφα (L. 7.3). Wenn das Präfix des Kompositums nicht eine Präposition ist, wird es als Teil des Verbalstammes empfunden, und auf dieser Basis wird redupliziert, z.B. (δυστυχής »unglücklich«) δυστυχώ, έδυστύχησα, δεόυστύχηκα.

1 Vgl. L. 14.3. 2 »Bewegliches Ny· ('Ny ephelkystikon«) (L. 4.12). 3 Es gibt außerdem auch Verben, die durch Reduplikation im Präsens gekennzeichnet sind, und ein

einzelnes Verbum mit Reduplikation im Aorist (άγω, ήγαγον). Darüber später. 4 Wenn nötig, s. L. 1.8-10 (Mutae sind y, κ, χ; 6, τ, θ; β, π, φ; Liquidae sind λ, μ, ν, ρ).

Page 63: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 17 65

N.B. 2 Wenn der anlautende Konsonant des Verbums eine Aspirata (φ, θ , χ) ist, wird er 17.5 mit der entsprechenden Tenuis redupliziert (»Dissimilation«), z.B. θύω - τέθυκα, φεύγω - πέφευγα, χορεύω - κεχόρευκα.

c) In allen anderen Fällen, d.h. bei Verben, die mit einem Vokal oder Diphthong begin- 17.6 nen oder mit zwei oder mehr Konsonanten (die nicht muta cum liquida sind), ist die Reduplikation praktisch identisch mit dem Augment (s. L.6.4), z.B.

άγγέλλω - ήγγελκα; στέλλω (»ich schicke«) - έσταλκα; ελπίζω - ήλπικα; στρατεύω (»ich führe einen Feldzug«) - έστράτευκα; ευρίσκω - ηΰρηκα 5; ζητέω (»ich suche«) - έζήτηκα (ζ = δσ).

Ν.Β. 3 Sonderfall: Verben, die mit φ- beginnen, verhalten sich, als ob dieses φ- zwei Kon- 17.7 sonanten wären; daher haben diese Verben das Augment anstatt der Reduplikation, und das ρ wird verdoppelt, z.B. φίπτω (»ich werfe«), Imperfekt έρριπτον, Perfekt έρριφα.

C. Bedeutung des Perfekts

Im Gegensatz zum Augment - das auf Indikative beschränkt ist - haben alle »Modi« des 17.9 Perfekts die Reduplikation. Dieses sein formales Hauptmerkmal ist ein Hinweis auch auf die Bedeutung des Perfekts. Die Funktion und Bedeutung des griechischen Perfekts ist völlig verschieden von der des lateinischen Perfekts oder des französischen Passe defini (welche beide vielmehr dem griechischen Aorist entsprechen). Das griechische Perfekt bezieht sich in eigentümlicher Weise auf einen Jetzt-Zustand (und sollte daher eigentlich Perfectum Präsens genannt werden). Die charakteristische Reduplikation vermittelt ein Gefühl der Intensität (»Sag es zweimal«). Dementsprechend drückt es bei einigen Verben einfach

/. Intensität aus, z.B. 17.10 πεπίστευκα »ich glaube fest, »ich bin überzeugt«; ähnlich κέκραγεν »er schreit« (das Präsens κράζω wird wenig gebraucht), oder γέγηθα und κεχάρηκα »ich bin voller Freude«.

Weitaus häufiger jedoch erhält dieser Begriff der Intensität eine spezifische Bedeutung und drückt einen

2. Zustand aus, der jetzt erreicht ist und aufrechterhalten bleibt; und zwar meist als Er- 17.11 gebnis einer vorangegangenen Handlung, z.B.

ηΰρηκα »ich habe es gefunden (und halte es jetzt in Händen)«; γέγραφα »ich habe es geschrieben« (> - und da steht es!«); νενικήκαμεν »wir (haben die Schlacht gewonnen und) sind (daher jetzt) Sieger«; πέφευγα »ich (bin verbannt worden und) lebe (daher) jetzt im Exil«, oder »ich (bin entkommen und) bin jetzt in Sicherheit«.

Zusatz: Es gibt auch ein Vergangenheitstempus zu diesem Präsens-Perfekt: das sog. Plusquamperfekt. Seine Formen sind etwas kompliziert und es wird nicht häufig gebraucht; daher verschieben wir seine Besprechung bis Lektion 40. Eine Sammlung von Beispielen in der zweiten Hälfte der griechischen Lektion, von denen die meisten schon bekannt waren, diente zur Illustration des Infinitivs.

5 Wie das Augment ηϋ (L. 6.46) wurde in nachklassischer Zeit auch die Reduplikation ηϋ sehr oft 17.8 wie εϋ ausgesprochen und daher auch so geschrieben, z.B. wurde ηΰρηκα zu εύρηκα.

Page 64: Griechischer Lehrgang III

66 APPENDIX GRAMMATICA L. 17

II. Der Infinitiv

A. Seine Eigenart

17.12 Der Infinitiv ist ein »Verbalsubstantiv« (L. 14.5). Er ist »verbal·, insofern er:

a) in verschiedenen Tempora existiert: λύειν, λύσειν, λύσαι, λελυκέναι;

b) Objekte regieren kann: την άλήθειαν λέγειν;

c) durch Adverbien (und nicht Adjektive) erläutert wird: καλώς λέγειν, und manchmal als Imperativ dient: μηδέν άγαν σπεύδειν »nichts zu sehr beeilen!«.

Er ist ein Substantiv, insofern er

a) mit dem Artikel (im Neutrum) gebraucht wird: τό ποιείν (aber nur im Singular); dazu

auch mit Präpositionen: διά τό λέγειν;

b) mit oder ohne Artikel alle syntaktischen Funktionen eines Substantivs erfüllen kann (als Subjekt, Objekt, Genetivattribut usw.), z.B. καιρός (τού) λέγειν (έστιν).

Β. Sein Vorkommen

Er ist insbesondere häufig (vgl. L.5.5):

17.13 a) (mit oder ohne Artikel) als Subjekt unpersönlicher Ausdrücke6: λέγειν δεϊ. χαλεπόν (έστι) (τό) ποιείν;

17.14 b) (ohne Artikel) als Objekt vieler Verben6; besonders Verben

1. des Wollens: έθέλω γεωργείν, Befehlens: λέγειν κελεύω, Hoffens: ήξειν ελπίζω, und ihrer Gegensätze, z.B. άιδειν κωλύω; und

2. des Sagens, Denkens, Glaubens, z.B. λέγω, φημί, νομίζω, πιστεύω.

C. Substantive (und Pronomina) bei Infinitiven

17.15 1. Wenn ein abhängiger Infinitiv ein Subjekt hat, das nicht das Subjekt des regierenden Verbs ist, steht das Subjekt des Infinitivs im Akkusativ:

a) λέγειν σε δεϊ. b) λέγειν σε κελεύω.

In Wirklichkeit ist der Akkusativ in Fällen wie b) (oben) das persönliche Objekt des Hauptverbs (»ich fordere dich auf«), dasdurch dzssachlicbe Objekt ergänzt wird, nämlich den Infinitiv (.zu sprechen«); es ist jedoch verständlich und gerechtfertigt, daß das erstere eher als Subjekt des Infinitivs (»du sprichst«) empfunden werden konnte. Daher konnte allmählich das Gefühl entstehen, daß das Subjekt von Infinitiven im Akkusativ stehen muß (wenn das auch im Widerspruch stehen mochte zu der weiterhin gültigen Grundbedeutung der Kasus). Dies scheint die Wurzel der Konstruktion des »Akkusativ mit Infinitiv« zu sein (A.c.i.).

17.16 2. Wenn das Subjekt eines abhängigen Infinitivs nicht besonders angegeben ist, ist es identisch mit dem Subjekt des regierenden Verbs:

ήξειν ελπίζω, άιδειν μανθάνει. (Wie im Deutschen.)

6 Diese beiden Anwendungsweisen haben Parallelen im Deutschen (»Es ist schwer zu sagen«, »Ich wünsche zu sprechen«).

Page 65: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 17 67

Zuweilen wird das Subjekt des Infinitivs auch in diesem Fall ausdrücklich genannt; z.B. weil es betont ist. Es steht dann im Nominativ:

αυτός ήξειν ελπίζω (dagegen ελπίζω αυτόν ήξειν).

Diese Regeln gelten genauso für das Prädikat (mit είναι o.a.):

άξιος είναι νομίζω (dagegen άξιον είναι νομίζω αυτόν).

Eine weitere Illustration:

λέγω δίκαιος είναι, aber λέγω αυτόν 7 δίκαιον είναι, λέγει δίκαιος είναι, aber λέγει αυτόν 7 δίκαιον είναι.

Demgemäß stehen in einer Form der

D. Indirekten Rede \7.\7

die Hauptsätze der originalen direkten Rede im »Infinitiv mit Akkusativ« (Text II D3 und G2); eine andere Form (längst bekannt) läßt die direkte Rede unverändert und verbindet sie mit dem Hauptverbum durch δτι oder ώς (Text II D4).

Zusatz 1 (zu Nr . 13a, oben) 17.18 Wo der Infinitiv das Subjekt eines unpersönlichen Ausdrucks ist, kann das Substantiv (oder Pronomen) beim Infinitiv nicht auf ein »Subjekt des Hauptverbums« bezogen werden - weil dies Hauptverb kein Subjekt hat. Infolgedessen steht hier das Subjekt oder Prädikatsnomen des Infinitivs im Akkusativ: Άρα έξεστι γεωργόν είναι;

Wenn jedoch das Prädikatsnomen sich auf einen anderen Teil des Satzes bezieht (ein Substantiv oder Pronomen), wird es oft von diesem »angezogen«, »attrahiert«, d.h. in denselben Kasus gesetzt:

έξεστί σοι γεωργώι (oder auch γεωργόν) είναι.

Zusatz 2 (vgl. Text II E2) 17.19 Eine persönliche Konstruktion wird gewöhnlich einer unpersönlichen vorgezogen, wo immer es möglich ist:

δίκαιος λέγειν ειμί »Ich bin berechtigt zu . . .< (statt »es ist gerecht, daß ich . . .<).

Zusatz 3 17.20 Die Negation bei Infinitiven ist (wie allgemein: s. L.4.14): ού in echten Tatsachenfeststellungen und daher insbesondere nach Verben des Sagens:

ού πεποιηκέναι τούτο λέγει, aber viel häufiger μή, nämlich überall dort, wo in der Äußerung ein Wunsch, ein Wille oder irgendeine persönliche Anteilnahme enthalten ist:

ελπίζω (oder auch z.B. νομίζω) μή ήξειν αυτόν.

7 Jemand anders - nicht der Sprecher!

Page 66: Griechischer Lehrgang III

68 APPENDIX GRAMMATICA L. 18

LEKTION 18

18.1 I. Die sog. attische Deklination

Einige häufig gebrauchte Substantiva und Adjektiva der o-Deklination haben im Attischen besondere Formen, die weithin - aber nicht restlos - im nachklassischen Griechisch außer Gebrauch kamen zugunsten der älteren unkontrahierten Formen (die ohnehin vonHomer in alle spätere Dichtung eindrangen).

Typisch sind:

ό λαός, »Menge«, »Volk« (Plur. »Männer«, »Leute«), attisch ό λεώς; daher Μενέλαος Menelaos, attisch Μενέλεως; ό ναός »Tempel«, attisch ό νεώς; und das Adjektiv ϊλάος, ϊλάον »gnädig«, »huldvoll«, »freundlich«, attisch ίλεως, ϊλεων.

18.2 Entstehung (Metathesis quantitatum)

Das ursprüngliche -ä (am Ende des Stammes) wurde im Ionisch-Attischen, wie immer, zu -η; und - vocalis ante vocalem breviatur1 - dieses η wurde vor dem folgenden Vokal allmählich gekürzt. Das Ergebnis waren Wörter, die aus zwei kurzen Silben bestanden. Obwohl es solche Wörter gibt (θεός = ~~), besteht doch eine Neigung, diese Form zu vermeiden. Sie führte zur Dehnung des zweiten Vokals: ο zu ω. So wurde νηός zu νεώς. Die ursprüngliche Folge »lang - kurz«, - - , wurde »kurz - lang«, ~ - . Man nennt diesen Vorgang »Metathesis quantitatum« oder »quantitative Metathese« (»Umkehrung der Quantitäten«, »Austausch von Länge und Kürze«). Der neue lange Vokal ω setzte sich in allen Kasus durch. Dabei sog er soviel wie möglich von den ursprünglichen Endungen in sich auf; die Neutra jedoch - nur Adjektive - behielten ihr charakteristisches -ά im Nominativ und Akkusativ Plural.

18.3 So auch ό λαγώς (kontr. < λαγωός). 18.4 Diesem Deklinationstyp wird eine sehr eigenartige Akzentuation zugeschrieben: der

Akzent, so heißt es, war durchweg der Akut, und dieser blieb durchweg auf der gleichen Silbe; nämlich auf der Ultima von Substantiven, aber auf der Zweitletzten (πλέως) oder drittletzten ('ίλεως, Μενέλεως) bei Adjektiven und Namen. Dies involviert erstaunliche Verletzungen von Grundregeln der griechischen Akzentuation.

-άο > -ηο > -εω (N.B.: Keine besonderen Vokativformen)

ό ναός »Tempel« Μενέλαος ϊλάος ϊλάον »gnädig«2

S. Ν. νεώς Α. νεών G. νεώ D. νεώι (-ω)

Μενέλεως Μενέλεων Μενέλεω Μενελεωι (-ω)

M./F. Ν . ϊλεως ϊλεων

ϊλεων ϊλεω ϊλεωι (-ω)

PI. Ν. νεώι (-ω) Α. νεώς G. νεών D. νεώις (ως)

ϊλεωι (-ω) ϊλεα ίλεως ίλεα

ϊλεων ϊλεωις (-ως)

Page 67: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 18 69

II. Das Demonstrativpronomen ούτος

Bedeutung:

δδε, τόδε, ήδε (L. 9.3) weist auf das hin, was gegenwärtig oder nahe ist oder unmittelbar 18.7 bevorsteht (»das Folgende«), ~ lat. hie;

εκείνος (L. 13.5) auf das, was weit entfernt ist, ~ lat. ille;

ούτος steht dazwischen und drückt aus, was nicht besonders nahe ist und (bzw. oder) was schon erwähnt worden ist; z.B. εκείνος μέν ταύτα έλεγε, έγώ δε τάδε- (Der Erzähler hat einen anderen Sprecher zitiert und setzt jetzt an, seine eigene Rede zu zitieren.) ούτος wird auch gebraucht, um Menschen anzureden (griech. Lekt. Abschnitt Κ): ώ ούτος »du da!«

Formen3: ούτος ist eine Weiterentwicklung des »Artikels« (der selbst ursprünglich ein 18.8 Demonstrativpronomen war: L.9.3); dementsprechend:

Wo der Artikel

anlautendes Η hat (ό, ή , οί, αί), gilt dasselbe für die entsprechende Form des Pronomens (ούτος, αύτη, ούτοι, αύται); anlautendes Τ hat (z.B. τής, τών), gilt dasselbe für die entsprechende Form des Pronomens (z.B. ταύτης, τούτων); einen o-Laut hat (z.B. ό, τοις), hat das Pronomen ου in seiner ersten Silbe4 (z.B. ούτος, τούτοις); einen a-Laut hat (ö oder η ; z.B. ή, τήν, τά), hat das Pronomen αυ in seiner ersten Silbe (z.B. αύτη, ταύτην, ταύτα).

Singular Plural

Ν. ούτος

Α. τούτον

τοϋτο αύτη

ταύτην

ούτοι

τούτους

ταύτα αύται

ταύτας

G. τούτου ταύτης τούτων

D. τούτωι (-ω) ταύτηι (-η) τούτοις ταύταις

(Wie bei allen Pronomina gibt es keine besonderen Vokativformen.)

Warnung: Verwechsle nicht Formen von ούτος und αυτός (L. 13.6), insbesondere wo sie 18.9 durch Krasis (L. 12.12) einander ähnlich werden; z.B. ό δούλος ούτος »dieser Sklave«, ό δούλος αυτός (= ό αυτός) »derselbe Sklave« und ό δούλος αυτός »der Sklave selbst«; ή τιμή αυτή »dieselbe Ehre«, ή τιμή αύτη »diese Ehre«; und so z.B. τούτο und ταύτό, ταύτα und ταύτα, usw.

Ούτος ό στρατιώτης - τάς παρθένους ταύτας: Wie bei δδε (L.9.4) und εκείνος 18.10 (L. 13.5), wo das Pronomen ούτος mit einem Nomen verbunden ist, hat das Nomen einen Artikel.

1 »Ein langer Vokal neigt dazu, gekürzt zu werden, wenn er unmittelbar vor einem anderen Vokal steht.·

2 Die wenigen Adjektive dieser Klasse haben kein besonderes Femininum, ausgenommen πλέως, 18.6 πλέων »voll« (lat. plenus), fem. πλέα. Ähnlich ist die Deklination von ή ΐως »Morgenröte« und der Name des Königs Μίνως; aber Akkusativ την ίω, τον Μίνω (manchmal auch τόν λαγώ).

3 Denke daran, daß die meisten griechischen Pronomina die ΙΕ-Endung -o(d) im Nominativ und Akkusativ Singular des Neutrums bewahrt haben.

4 Dementsprechend lautet der Genetiv Plural in allen drei Genera τούτων, während alle anderen Kasus des Femininums αυ haben.

Page 68: Griechischer Lehrgang III

70 APPENDIX GRAMMATICA L. 19

L E K T I O N 19

I.

AlleVarianten der o- und a-Deklination sind jetzt behandelt worden, ebenso alle regulären Verbformen im Indikativ Aktiv (und einige andere). Falls du irgendeinen Punkt dieses Gebietes noch nicht vollkommen beherrschst, hole das jetzt nach!

II. Verbaladjektive

19.1 Alle Partizipien sind eigentlich Verbaladjektiva; gewöhnlich bezeichnet dieser Begriff jedoch nur zwei Arten von Adjektiven, die unmittelbar von einem Verbalstamm gebildet werden (d.h. ohne den Einschub der Merkmale einer bestimmten Zeitstufe, darüber s. L. 14.6) durch die Anfügung der Suffixe -τός bzw. -τέος (mit Neutrum -ov und Femininum -ά).

λυ τ ό ς , -όν, -ή (vgl- laudatus, -um, -a) 1. »gelöst« (»befreit«) 2. »lösbar«

λυ τέος, -ον -ά (vgl- das lat. Gerund ium l)»zu lösen, man muß lösen« (»befreien«)

19.2 A. Die Verbaladjektive auf -τός (-τόν, -τή)

Dies ist ursprünglich ein Partizip Passiv wie lat. laudatws und bezeichnete dementsprechend prinzipiell einen Zustand, der aus einer Handlung entspringt, welche das Verb ausdrückt; z.B. κρύπτω »ich verberge«, κρυπτός (-όν, -ή) »verborgen«. Da es spezifische Participia Passiva des Präs., Fut., Aor. und Perf. gab, wurden die Formen auf -τός immer weniger in dieser Grundbedeutung gebraucht. Mit negativer Bedeutung - durch ein vorangesetztes »α-privativum«, das unserem Präfix un entspricht2 -wurde es jedoch häufiger gebraucht, z.B. (λούω »ich wasche«) άλουτος »ungewaschen«. Obwohl diese Adjektive in der Regel passive Bedeutung haben, begegnen manche auch mit aktivem Sinn, z.B. (πράττω »ich tue«, vgl. »Praxis«, »praktisch«): άπρακτος (a) »nicht getan, bewirkt; ungetan«; (b) (»nicht tuend, nicht bewirkt habend«) = »unwirksam, erfolglos«. Am häufigsten abei drücken sie eine Möglichkeit aus, z.B.: λυτός (»was gelöst werden kann'), »lösbar«; im negativen Sinn: άλυτος »unlösbar«; daher z.B. auch ανίκητος (a) »unbesiegt«, (b) (»was nicht besiegt werden kann'), »unbesiegbar« - denn wer nicht besiegt worden ist, wird leicht für unbesiegbar gehalten; ebenso wird das, »was noch nicht getan worden ist«, άπρακτον, für »untunlich« oder »unmöglich« gehalten.

1 Vergleichbar der Bedeutung, nicht aber der Form nach. 19.3 2 Von Ursprung ist es tatsächlich dasselbe Präfix: ein »vokalisches« -n- (verwandt mit der Negation

non) ergibt griech. -ä-, lat. in-, und un- in germanischen Sprachen: bedenke und vergleiche die Wörter »Atheist«, άθεος, »iniustus« und »ungerecht« (άδικος): L. 13.1.

Page 69: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 19 71

B. Das Verbaladjektiv auf -τέος (-τέον, -τέά) 3 19.4

drückt ein »Sollen« oder »Müssen« aus. Es wird, was transitive Verben angeht, auf zwei verschiedene Arten gebraucht:

1. θεραπευτέος ό θεός, 2. θεραπευτέον (-τέά) τον θεόν

Bei beiden Konstruktionen wird die Kopula (εστίν) nicht selten hinzugefügt, öfter aber fehlt sie.

1. Die erste dieser Konstruktionen ist - natürlicherweise - nur bei Verben, die ein Akkusativobjekt regieren, möglich (»transitive« Verben); wenn das -τέος-Adjektiv in passivem

Sinne gebraucht wird, ist es Prädikat:

ό θεός θεραπευτέος (± εστίν): deus colendus (est): der Gott muß verehrt werden; οί θεοί θεραπευτέοι (± είσίν): dei colendi (sunt); επιστολή γραπτέά (± εστίν): epistola scribenda (est): ein Brief muß geschrieben werden.

Wenn die handelnde Person bezeichnet werden soll, wird sie im Dativ hinzugefügt, der nach unserer Definition »die beteiligte Person« bezeichnet, s. L. 3.5); z.B. ό θεός έμοί θεραπευτέος (»der Gott ist für mich ein zu Verehrender«, deus mihi colendus est, ich muß den Gott verehren). Bei dieser Konstruktion liegt die Betonung eher auf dem Subjekt (»der Gott - und niemand anderes«).

2. Bei allen Verben wird das Neutrum im Nominativ (Singular oder nicht selten Plural, 19.5 z.B. θεραπευτέον oder θεραπευτέά) in quasi »aktivem« und unpersönlichem Sinn gebraucht: γραπτέον (εστίν) »es muß geschrieben werden«, »man muß schreiben«. Bei dieser »aktiven« und unpersönlichen Konstruktion kann das Verbaladjektiv eine Ergänzung in dem zu dem Verb hinzutretenden Kasus erhalten, z.B.: θεραπευτέον τους θεούς, γραπτέον μοι έπιστολήν, τήι τύχηι δουλευτέον, άκουστέον μοί σου. Hier liegt die Betonung eher auf dem Verb (»verehren - und nichts anderes«).

παιδεύω »ich erziehe παιδευτός

απαίδευτος παιδευτέος

ποιώ >ich mache<

ποιητόν

ποιητέον

λέγω >ich sammle, sage< λεκτός

C. Einige weitere Beispiele

(1. erzogen - nicht gebräuchlich) 2. erziehbar unerzogen, ungebildet einer, der erzogen werden soll oder muß

1. das Gemachte 2. »machbar«, möglich was gemacht werden muß es muß gemacht werden

1. gesammelt, ausgewählt4

2. sagbar5

19.6

erudio, doceo eruditus, doctus qui erudiri (doceri) potest ineruditus, indoctus erudiendus, docendus

facio factum quod fieri potest faciendum

lego (colligo); dico (e-)lectus quod dici potest

3 Beachte, daß diese Endungen immer unkontrahiert bleiben - also anders als ζ. Β. σιδηρέα > σιδηρά, L. 16.1-4).

4 Spätere (nachklassische) Bedeutung auch: »was gesagt worden ist«, λεκτόν, τά λεκτά. 5 Έκείνωι πάντα λεκτά: »für ihn ist alles sagbar«, d.h. »er ist fähig, alles zu sagen«.

Page 70: Griechischer Lehrgang III

72 APPENDIX GRAMMATICA L. 20

λεκτέον was gesagt werden muß dicendum es muß gesagt werden

ή μάχη >die Schlacht', μάχομαι (L. 36.15) >ich kämpfe άμαχος

1. (Pass.) (»wer nicht bekämpft werden kann«) unbesiegbar, unbekämpfbar 2. (Akt.) nicht kämpfend, kampflos

ό χορός (chorus) >Tanz<, 'Tanzgruppe, χορεύω 'ich tanze' άχόρευτος

1. nicht tanzend 2. wer nicht tanzen kann oder darf

Merke auch ακουστός und άκουστέος (ακούω); διδακτός, -τέος (διδάσκω); εύρετός, -τέος (ευρίσκω); πρακτόν, -τέον, άπρακτος (πράττω); φυλακτέος, αφύλακτος (φυλάσσω).

III. Γραμματικά τίνα 'Ομηρικά (Anmerkungen zu Abschnitt III)

19.7 1. Der Genetiv SinguUr der o-Deklination; siehe 1. αίγιόχοιο, 2. Ίλίοο (u. βίου); Die Entwicklung der Endung (der * bedeutet, daß diese Form noch in keinem griech. Originaltext gefunden, sondern erschlossen ist):

* -osyo > * -oiso > -οιο > -oo > ου (= ö).

19.8 2. Der Genetiv Plural der a-Deklination; siehe 2. πυλάων, 2. Σκαιαων: Das lange -ä am Stammende ist noch nicht (wie später im Attischen) mit dem Omega des Endungsanfangs kontrahiert.

3. ά und r\: siehe 19.9 1. Ά θ η ν α ί η und κούρη, 3. οϊη, τοίη, γενεή:

ä wurde im Ionischen durchgängig zu η (auch nach ε, ι, ρ).

19.10 4. Άθηναίη (< 'Αθηναία >) 'Αθηνάά > 'Αθηνά.

19.11 5. κούρη (< κόρ^η), att. κόρη »Jungfrau, Tochter«; vgl. κούρος (< κόρφος), att. κόρος (selten in Prosa) »Junge, junger Mann«.

6. Für καί ανδρών - — s. L. 18.4 und 20.8.

LEKTION 20

I. Die »dritte« Deklination

20.1 1. Stämme müssen entweder auf einem Vokal (einschl. Diphthong) enden oder auf einem Konsonanten. Bisher haben wir die (miteinander eng verbundenen) Deklinationen von Nomina behandelt, deren Stamm auf dem Themavokal ο/ε endet, und a-Stämme (-ά, -η, -ά), also solche wie θεός, έργον, νεώς; θεά, φήμη, θάλασσα; αργυρούς, εύνους, Έρμης, und ein paar ähnliche.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 20 73

Die übrigen Typen - also Stämme, die auf einen Konsonanten enden, oder auch auf ι, υ oder einen Diphthong - haben im großen und ganzen eine und dieselbe, die sog. »dritte« Deklination1. Aber die Verbindung der verschiedenen Endungen mit so vielen verschiedenen Stammauslauten bewirkt doch recht erhebliche Variationen. Für deren Verständnis und Beherrschung ist es unerläßlich, die einzelnen Typen der Reihe nach zu überblik-ken.

2. Wir beginnen mit Stämmen, die auf eine Muta (L. 1.8) enden, und zwar zunächst den 20.2 Gutturalia k undg, und wir vergessen nicht, dd& jeder Guttural mit -s ein χ, ξ, erzeugt.

ό φύλαξ, τού φύλακος 2 »der Wächter« (vgl. lat. du*, ducis) ή αίξ 3 , τής αίγός »die Ziege« (vgl. lat. lex, legis)

Die Mehrzahl der Gutturalstämme sind Feminina; es gibt auch viele Maskulina (zumal 20.3 solche, die auf -αξ enden, wie φύλαξ), aber keine Neutra. Alle Gutturalstämme haben im Nom. Sing, die Endung -s (Ausnahme: γυνή, L.22.1).

3. ΠΑΡΑΔΕΙΓΜΑΤΑ 20.4

Stamm φυλακ- vgl. lat. αίγ- vgl. lat.

Sg. N.V. (ό) φύλαξ Α. φ ύ λ α κ α G. φύλακ·ος D. φύλακα

dux ducem ducis duci

(ή) αίξ α ί γ α αίγ·ός αίγ-ί

rex regem regis reg-i

PI. Ν . φύλακες Α. φύλακ-ας G. φυλάκ-ων D. φύλαξι(ν)

duces duces ducum duc-ibus

αίγες α ί γ α ς αίγ·ών αίξί(ν)

reges reges regum regibus

4. Die Kasuszeichen der dritten Deklination sind also: 20.5

Sing, -ς, -ά, -ος, -ι, Plur. -ες, -ας, -ων, -σι(ν),

und sie alle - ausgenommen nur der Gen. Plur. - sind kurz.

5. Regel für die Betonung von Nomina der dritten Deklination 20.6 Die Grundregel bleibt gültig: Soweit möglich, bleibt der Akzent, wo er im Nominativ steht (oben: das linke Paradigma). Dieser Regel entzieht sich aber ein - recht häufiger -Spezialfall: Substantiva, die im Nominativ nicht mehr als eine Silbe haben (einsilbige Stämme also) betonen im Gen. und Dat., Sing, und Plur., die Endung; mit Akut auf den kurzen Endungen, aber -ών im Gen. Plur. (oben: das rechte Paradigma). Ausnahmen wie παίδων, ώτων, φώτων, πάντων - πάσι, όντος - όντων werden sich zeigen in L.27.4, 29.3a, 30.12, 31.1, 69.12.

1 Dies ist ähnlich wie im Lateinischen, wo konsonantische Stämme - wie rex, regis, regum - und -i-Stämme - wie civis, civium - in der dritten Deklination zusammengefaßt sind. Im Griechischen aber unterscheidet man keine selbständige vierte und fünfte Deklination; lat. dies, diei (-e-Stamm) findet keine Entsprechung im Griechischen, und -u-Stämme (griech. -υ) stellen sich zur dritten Deklination.

2 Da die Deklinationsform eines Substantivs nicht eindeutig aus dem Nominativ hervorgeht, ist es nötig, immer die Genetivform hinzuzufügen.

Page 72: Griechischer Lehrgang III

74 APPENDIX GRAMMATICA L. 21

20.7 IL Zusammenfassung über das bewegliche Ny (ν έφελκυστικόν)

Normalerweise findet es sich vor Vokalen und starker Interpunktion, jedoch auch vor Konsonanten, zumal in poetischen Texten. Es findet sich nach kurzen Vokalen und es gibt nur 2 Typen, nämlich

-σι(ν) und -ε(ν). Also:

1. nach der Endung -σι(ν) von a) Nomina; Dat. Plur., z.B. φύλαξι(ν), αίξί(ν), τοίσι(ν);

= Lokativ Plur., z.B. Άθήνησι(ν) (in Athen), b) Verben: 3. Pers. Sing., z.B. φησί(ν), auch έστί(ν);

3. Pers. Plur., z.B. φάσί(ν), είσί(ν), und besonders in Formen wie λύουσι(ν), λύσουσι(ν), λελύκασι(ν);

c) dem Zahlwort »zwanzig«: εϊκοσι(ν);

2. nach der Endung -ε bei Verben in den Formen: έλυε(ν), έλυσε(ν), λέλυκε(ν).

III. Versesprechen

In dem unwahrscheinlichen Fall, daß beim Sprechen der zitierten Verse sich, mangels metrischen Verständnisses, Schwierigkeiten ergeben könnten, schlage nach:

für Β 4 (Paroemiacus): L. 16.8, für Cl und Gl (daktylischer Hexameter)4: L. 12.13, für G2 und J (iambischer Trimeter): L.5.9.

LEKTION 21

I. Fortsetzung der »dritten« Deklination

Weitere Gutturalstämme: -χ und -γγ

21.1 1. ό όνυξ, τού όνυχος: Stamm: όνυχ-: der Stamm endet auf aspiriertem Guttural.

χ + ο = « + ο = γ + ο > ξ ; Nom. Sing, όνυχ-ς > όνυξ, Dat.Plur. όνυχσι(ν) > όνυξι(ν).

In den anderen Kasus bleibt das χ erhalten; z.B. Gen. όνυχ-ος.

3 Nach den hellenistischen Grammatikern akzentuierte man in Anika αίξ und γλαϋξ mit Zirkumflex, im übrigen Griechenland jedoch mit Akut. Sie bemerkten auch, daß ein langes ϋ (z.B. in κήρυξ, -ϋκος) und langes ι (z.B. in φοίνιξ. -Ικος die Palme) vor dem ξ im Nom.Sing. und Dat. Plur. gekürzt wurde; daher der Zirkumflex auf dem Nom. Sing.

20.8 4 άγγελοι ήδε = - ~ ~ (!) - ~; καί ανδρών = - ( ! ) - -: Regel: Ein langer Vokal, oder Diphthong, im Auslaut eines Wortes wird, besonders bei Homer, oft gekürzt, wenn das folgende Wort mit einem Vokal anlautet (»Hiatkürzung«); vgl. L. 18.4.

Page 73: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 21 75

2. ή Σφίγξ, Σφιγγός: Stamm: Σφιγγ-: der Stamm endet auf -γγ mit nasalem Guttural1. 21.2 Das zweite der zwei -y's verbindet sich mit dem σ und ergibt ξ = x. Der Stamm von Substantiven auf -γξ im Nominativ endet immer auf -γ; z.B.

σάλπιγξ, σάλπιγγος . . . σάλπιγξι, φάλαγξ, φάλαγγος . . . φάλαγξιν.

Hier, wie meist bei der dritten Deklination, treten nur im Nom. Sing, und im Dat. Plur. leichte Veränderungen auf, wo nämlich das -s der Endung unmittelbar auf den Konsonanten am Ende des Stammes folgt; dadurch entsteht im vorliegenden Fall χ aus gs (ξ aus γσ).

II. Assimilation und Dissimilation, zumal von Aspiraten

Prinzipiell besteht 21.3

1. bei Konsonanten in unmittelbarem Kontakt eine starke Tendenz zur »Anähnlichung«, Assimilation; Ergebnis u.a. κτ, γδ, χθ ; πτ, βδ, φ θ 2 ; z.B. έπτα »sieben«, aber έβδομος »der Siebente«; οκτώ octo, aber όγδοος octavus; dagegen

2. bei Konsonanten in benachbarten Silben, aber nicht in unmittelbarem Kontakt, eine 21.4 starke Tendenz zu »Verunähnlichung«, Dissimilation.

Beides zeigt sich besonders stark bei Aspiration:

I.Assimilation 21.5 Wir wissen seit Lektion 3, daß eine nicht aspirierte Muta, die unmittelbar vor aspiriertem Vokal zu stehen kommt, zur Aspirata wird; z.B.

έπ' övov aber έφ' ϊππον; απ' όνου aber άφ' ίππου Ebenso wird Tenuis vor Aspirata zu Aspirata: κ -Ι- θ > χθ; π + θ > φ θ ; s. L. 57.8 u. 9.

2. Dissimilation 21.6

Diese beobachteten wir in L. 17.5 in ihrer Wirkung auf Reduplikation: πέφευγα - φεύγω; τέθυκα - θύω:

wo zwei sukzessive Silben mit einer Aspirata beginnen würden, wird meist (nicht immer) eine von diesen - die erste - durch die parallele Tenuis ersetzt (φ > π, θ > τ, χ > κ). Das gleiche zeigt sich auch bei andern Verbalformen und bei einigen Nomina; so bei

ή θρίξ, τριχός, Nom. Plur. τρίχες, Dat. Plur. θριξί(ν). Anscheinend bestand ursprünglich Aspiration am Anfang und am Ende des Stamms (*θριχ-). Sie wurde reduziert durch Dissimilation am Anfang des Stamms (τριχ-). In den Formen jedoch, bei denen die zweite Aspiration im ξ absorbiert wird (Nom.Sing. und Dat. Plur.) lebt die erste neu auf (θρίξ, θριξίν).

1 Wie bei άγγελος, άγκυρα; s. L. 1.8; vgl. lat. lanx, lancis und phalanx, phalangis. 2 Jedes dieser Paare von Konsonanten wird an gleicher »Artikulationsstelle« geformt; daher geht

Media mit Media, Tenuis mit Tenuis, usw.

Page 74: Griechischer Lehrgang III

76 APPENDIX GRAMMATICA L. 21

21.7 III. Einige Pronomina

/. Frage und Antwort

ποίος έστιν; »wie (beschaffen) ist er?« (qualis?): τοιόσδε3 oder τοιούτος »so (beschaffen)« (talis).

πόσος εστίν; »wie groß ist er?« (quantus?): τοσόσδε3 oder τοσούτος »so groß« (tantus).

πόσοι είσίν; »wie groß« oder »wie viele sind sie?« (quanti?, quot?): τοσοίδε oder τοσούτοι »so groß« oder »so viele« (tanti, tot).

21.8 2. Korrelation (Zuordnung)

οίος (oder verallgemeinernd οποίος), τοιόσδε oder τοιούτος »wie« (beschaffen). . . - so (beschaffen)« (qualis - talis); δσοι (oder verallgemeinernd όπόσοι), τοσοίδε oder τοσούτοι »wie viele - so viele« (quot -tot oder quanti - tanti).

21.9 3. Ihre Deklination

Die Kasus von τοιόσδε und τοσόσδε sind durchweg wie diejenigen der Adjektive auf -ος, -ov, -ά (η), wie αγαθός, -όν, -ή und όμοιος, -ov, -ά, mit der enklitischen Partikel -δε am Ende. Entsprechend heißt auch der Nom. und Akk. Sing, im Neutrum τοιόνδε und τοσόνδε.

Merke: Die angefügte Partikel -δε ist enklitisch (L. 10.14). Die Akzentuierung dieses Pronomens erfolgt entsprechend dieser Tatsache (L. 11.9); ζ. Β. τοσήδε, τοιάδε, τοσοίδε gegenüber τοιούτος, τοσούτοι, τοσαΰται.

21.10 4. Die Kasus von τοιούτος und τοσούτος

sind diejenigen von ούτος, wobei τοι-bzw. τοσ- den Anlaut h- oder t- ersetzen, z.B. (vgl. L.18.8)

τοσούτος, τοσούτον, τοσούτο, τοσαύτα, τοσαύτη, τοσαύται, τοσαύταις.

Merke: Analog den Formen τοιόνδε und τοσόνδε des Neutrums begegnen die Formen τοιούτον und τοσούτον, mit Schluß -n, tatsächlich öfter als die eigentlichen Pronominalformen auf -o (wie in τούτο und εκείνο, die sich nie mit -v am Wortende finden).

21.11 5. Die Bedeutung dieser Pronomina

Τοιούτος und τοιόσδε, τοσούτος und τοσόσδε unterscheiden sich voneinander wie ούτος von δδε (L. 18.7). Im großen und ganzen weisen die auf -δε endenden Pronomina vorwärts, auf etwas Zukünftiges, während die mit ούτος gebildeten - die öfter gebraucht werden - auf schon Erwähntes oder sonst Bekanntes zurückdeuten; τοιούτος έστιν

ούτος τοιούτος

τούτον τοιούτον

τούτο τοιούτο

ταύτα τοιαύτα

αύτη τοιαύτη

αύται τοιαύται

ταύτα ις τοιαύταις

3 Die Kurzformen τοίος und τόσος werden in der Poesie gebraucht (gr. L. 19 III.3), aber nur selten in Prosa.

Page 75: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 22 77

»solch ein Mann ist er« (wie beschrieben worden ist); aber λέγει τοιάδε »er sagt Folgendes«

(was gleich berichtet werden wird).

IV. Zwei Konstruktionen der Partikel ώστε >so daß, daher«

/ . ώστε mit Indikativ, Negation ού 21.12

berichtet objektiv, daß ein Faktum (Ereignis, Handlung, Situation) infolge eines anderen geschah (entstand): unser Beispiel B3 (Ende: έφυγον). Diese Feststellung kann in einem grammatisch unabhängigen Hauptsatz erfolgen; in diesem Fall braucht man im Deutschen das Bindewort »daher«.

2. ώστε mit Infinitiv, Negation μή4 21.13

impliziert eine Stellungnahme (Urteil) über die berichtete Folgeerscheinung; es deutet an, daß diese sachlich notwendig, beabsichtigt, wahrscheinlich oder natürlich war. Da solches offenbar für so ziemlich alle Folgeerscheinungen gilt, ist diese Konstruktion viel häufiger (unsere Beispiele B3 (άκούειν »hören konnten« oder »mußten«); F; G; J2). Die fragliche Folge kann, muß aber nicht bereits eingetreten sein; z.B. wenn von einer Absicht die Rede ist. In dieser speziellen Weise dient ώστε (neben έφ' ώιτε u.a.) mit Inf. z.B. auch zur Einführung der Bedingung, unter welcher ein Abkommen getroffen wird.

LEKTION 22

I. Weiteres zur dritten Deklination

A. Zwei eigenartige Gutturalstämme

1. ή γυνή, γυναικός 22.1

Alle Kasus (auch der Vok. ώ γύνα^κ]) 1 werden vom Stamm γυναικ- gebildet, ausgenommen der Nom. Sing., welcher die Endung -ά (> η) von der a-Deklination übernahm. Der Grund dafür liegt auf der Hand. - Wie der Nom.Sing. haben auch Gen. und Dat. Sing, und Plural von γυνή Endbetonung (wie einsilbige Stämme, L.20.6); hauptsächlich doch wohl nach dem Vorbild von άνήρ »Mann« (L.26.1). Die Formen sind demnach:

Sing, γυνή, γυναίκα, γυναικός, γυναικί, ώ γύναι; Plur. γυναίκες, γυναίκας, γυναικών, γυναιξί(ν).

4 In der Tragödie und bei Xenophon wird ώς ebenso verwendet.

1 Erinnere dich: 1. Wo es überhaupt eine eigene Form für den Vokativ gibt, dient dafür der bloße Stamm; und 2. Kein griechisches Wort kann auf -k enden. Daher also ώγυναι[κ]; mit Zurückziehung des Akzents wie z.B. in ώ άδελφε und ώ δέσποτα (L. 10.5; mehr in L.23).

Page 76: Griechischer Lehrgang III

78 APPENDIX GRAMMATICA L. 22

22.2 2. ή νύξ, νυκτός

Nur der Nom.Sing. scheint gleichartig mit z.B. γλαύξ. Tatsächlich aber ist νύξ ein -t-Stamm (L.27), wie z.B. lat. nox, nociis, vgl. engl, night, dt. »Nachr«. Hier wirkt eine

Phonetische Regel:

22.3 Im Griechischen fällt bei den meisten Drei-Konsonanten-Gruppen2 der mittlere Konsonant aus. So bei der Deklination von νύξ 3 . Der Stamm νυκτ- bleibt unverändert in den Kasus, deren Endungen mit einem Vokal beginnen, wie z.B. νύκτα, νυκτί, νύκτες, νυκτών. Im Nom.Sing. und Dat.Plur. steht aber der Konsonant -s nach dem Stamm. Resultat: "νύκτς > νύξ; *νυκτσί > νυξί.

22.4 Hierbei eine Bemerkung über die

Bedeutung der Kasus bei Zeitangaben:

a) νυκτός-»nachts«; d.h. »bei Nacht« (und nicht bei Tage): Gen. (wie z.T. im Deutschen; vgl. abends, nachts);

b) έν νυκτί - »in der Nacht«; d.h. zu einer gewissen Zeit in der Nacht; mit Dativ (wie im Deutschen: in der Nacht);

c) τήν νύκτα - »die Nacht hindurch«; also Zeitdauer: Akk. (wieder wie im Deutschen »sie marschierten einen Tag und eine Nacht«).

22.5 B. Stämme auf Labiale (Lippenlaute)

Πέλοψ, Πέλοπος; "Αραψ, "Αραβος

Erinnere dich, daß β, π, φ 4- σ > ψ ergibt

Stamm "Αραβ- Arab- Aethiop- Αίθίοπ-

sg. N.V. "Αραψ Arabs Aethiops Αίθίοψ Α. "Αραβα Arabern Aethiopem Αιθίοπα G. "Αραβος Arabis Aethiopis Αίθίοπος D. "Αραβι Arabi Aethiopi Αίθίοπι

PI. N. "Αραβες Arabes Aethiopes Αιθίοπες A. "Αραβας Arabes Aethiopes Αιθίοπας G. 'Αράβων Arabum Aethiopum Αιθιόπων

D. "Αραψι(ν) Arabibus Aethiopibus Αίθίοψι(ν)

22.6 C. Die Kasus-Endungen und ihre Vorgeschichte

Zusammenfassung und Fortführung4

Sing. Nom. Endung -s oder »n»7«; z.B. θεός, φύλαξ, "Αραψ - θ ε ά 5 ; vgl. lat. deus, dux (d.h.

duc-s) und dea.

2 Nicht bei allen; nicht z.B. in άρκτος »Bär« und άρξω (Futur von άρχω). Die Regel gilt aber generell für -s- zwischen Konsonanten; z.B. bei έκ Κορίνθου gegenüber έξ 'Αθηνών.

3 Ähnlich: τό γάλα, γάλακτος (Milch), vgl. lat. lac, lartis. 4 Dir ist gewiß gegenwärtig, was sich hierüber bereits ergeben hat; im Fall einer Gedächtnislücke

aber vgl. L. 3.8-11; L.4.6; L. 5.2-3; L. 7.5-7; L. 8.5-6; L. 19.7-8. 5 Beispiele für >nil· in der dritten Deklination werden in der nächsten Lektion erscheinen.

Page 77: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 22 79

Gen. -ος (φύλακος) vgl. θεάς, lat. duc«, engl, father's, dt. Vaters; Dat. -ϊ (φύλακι) vgl. λόγωι, σοφίάι (lat. duci).

Die griech. Dativform ist von Ursprung ein Lokativ6; vgl. z.B. Μαραθώνι »bei, in Marathon«; οίκοι »zu Hause«; lat. Romae (aus Romat) »in Rom«; dorn« belhque »in Krieg und Frieden«.

Plur. Nom. -ες (φύλακες) vgl. lat. duces6, engl, houses; Gen. -ων (φυλάκων) vgl. θεών, lat. ducum (von -om aus -öm)7; Dat. -σι(ν) (φύλαξι(ν)): ursprünglich ein Lokativ Plur.; z.B. Άθήνησι(ν) »in Athen«;

Όλυμπίασι(ν) »in Olympia«.

Akk. Sing. und Plur.

Vergleiche ind bedenke: θεόν deum θεούς deös (< -ns) θεάν deam θεάς deäs (< -ns) ναύτην nautam ναύτάς nautis (< -ns) φύλακα ducem φύλακας duces (< -ns)

νύκτα noctem νύκτας noctes (< -ns) Αιθίοπα Aethiopem Αιθίοπας Aethiopes (< -ns)

Bedenke fe ner (und vgl. 19.3):

επτά9 δέκα εκατόν όνομα άδικος

septew9 decem centum nome« wiustus

Du wirst schließen: IE -n- zwischen Konsonanten sowie nach einem Konsonanten am 22.7 Wortende und vor Konsonanten am Wortanfang wird im Griechischen zu ά (dies gilt auch, wo ein griechischer Endlaut -n sich von IE -m herleitet). Damit ist der Konsonant n zu einem Vokal geworden; der sogenannten »Ny Sonans«, welcher in heutiger Grammatik oft ο geschrieben wird; z.B.

φυλακή (von IE -m) > φύλακα; φύλακηβ > φύλακας.

II. Verbum: Der Konjunktiv

Α. Seine Formen

Der Konjunktiv des Praesens hat die Endungen des Indikativs mit Längung des Themavokals (soweit möglich; z.B. das -ω der 1. PersonSing. Indik. läßt sich nicht weiter längen). Dabei wird

ε zu η (auch wenn das ε Teil eines Diphthongs ist: ει > ηι),

ο zu ω, -ουσι(ν) zu -ωσι(ν).

22.8

6 Dagegen ist lat. -ϊ echte Dativendung, und lat. Nom. PI. -es (statt es) kommt von i-Stämmen -ies > -es.

7 Du erinnerst dich, daß der ΙΕ-Endkonsonant -m im Griechischen zu -v wird. 8 S. L.8.8. 9 Im übrigen, wenn du griech. £ξ mit lat. sex und engl, six vergleichst, und griech. ήμι- mit lat.

semi-, was erschließest du betr. die Vertretung von IE anlautendem s- im Griechischen? (vgl. L. 13.10).

Page 78: Griechischer Lehrgang III

80 APPENDIX GRAMMATICA L. 23

Es gibt keinen Konjunktiv des Futurs. Der Konjunktiv des Aorist hängt die Endungen des Konj. Präs. an seinen Stamm (έλυσα, λύσω); das gleiche geschieht im Perfekt (λέλυ-κ α , λελύκ-ω), wo aber diese Formen recht selten gebraucht werden. Es ergibt sich, für den

Konjunktiv Präsens:

Sg· 1. λύω 2. λύ-ηις (-ης) 3. λύ-ηι (-η) Aorist: λύσω, λύσηις usw.

PI. 1. λύωμεν Perfekt: λελύκω, λελύκηις usw. 2. λύητε (Alternativformen werden uns bald 3. λύωσι(ν) begegnen)

22.9 B. Bedeutung des Konjunktivs im allgemeinen

Der Konjunktiv vermittelt den Bedeutungsgehalt des Verbums in dem Licht einer ge-fühls- und willensmäßigen Empfindung; als etwas (noch) nicht Faktisches, sondern als ein Gewolltes oder - wenn negativ - Gefurchtetes und zu Verhinderndes. Demgemäß wird der Konjunktiv immer mit μή (nicht ού) verneint. Einzelheiten des Gebrauchs werden sich nach und nach zeigen.

22.10 C. Gebrauch des Konjunktivs in Hauptsätzen

1. In der 1. Person (Sing, und Plur.) drückt er einen Willen aus, z.B. λέγωμεν (λέξωμεν) »wir wollen sagen; laßt uns sagen«; γράφωμεν (γράψωμεν) »wir wollen schreiben; laßt uns schreiben«; μή λέγωμεν (λέξωμεν) »laßt uns nicht sagen«.

Dasselbe in einer Frage: τί λέγω; τί λέξω; »Was soll ich sagen?«; άρα κωλύ(σ)ωμεν; »Sollen wir hindern?«.

22.11 2. Als verneinter Imperativ (nur im Aorist), im Verbot an die 2. Person, z.B. λύε - μή λύε, aber λύσον - μή λύσηις; λύετε - μή λύετε, aber λύσατε - μή λύσητε.

22.12 Wie immer - außerhalb des Indikativs - liegt der Unterschied zwischen Präsens und Aorist nicht in der Zeitstufe, sondern im Aspekt: das Präsens gibt eine generelle Regel, der Aorist bezieht sich auf einen bestimmten Fall.

LEKTION 23

23.1 I. Dritte Deklination: n-Stämme (Substantiva)

"Ελληνες, δαίμονες; vgl. lat. daemones, homines

(meistens Maskulina, einige Feminina, keine Neutra).

Page 79: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 23 XI

/. Nominativ SinguUr wird ohne -s gebildet, d.h. er ist gleich dem Stamm. Wenn aber der Vokal vor dem -n kurz ist, wird er im Nom. Sing, gedehnt (dieser Kasus endet also immer auf einen langen Vokal vor dem -n); und zwar wird ε > η und ο > ω; z.B.

Gen. τής φρενός: Nom. ή φρήν, oder Gen. τοΰ δαίμονος: Nom. ό δαίμων, Gen. τού ήγεμόνος: Nom. ό ήγεμών.

Der Vokal kann natürlich durchgängig lang sein; so z.B. bei: ό "Ελλην, τού "Ελληνος; ή Βαβυλών, τής Βαβυλώνος.

2. Vokativ 23.2 Regel: Wenn der Nom.Sing. auf der letzten Silbe betont wird (»Oxytonon«), dient der Nominativ als Vokativ (der infolgedessen einen langen Vokal hat); z.B. ώ Βαβυλών, ώ ήγεμών, ώ φρήν; sonst (d.h. bei »Barytona«, s. L.2.10) ist der Vok. gleich dem Stamm;

z.B. ώ δαϊμον, ώ "Ελλην.

Besondere Fälle 23.3

'Απόλλων, -ωνος: Vok. ώ "Απολλον1; Ποσειδών, -ώνος: Vok. ώ Πόσειδον1.

3. Dativ Plural 23.4 Vor der Endung -σι fällt das -n des Stammes spurlos aus; z.B. τοϊς"Ελλη[η]σιν, ταϊς φρε[η]σίν, τοις δαίμο[η]σιν, τοις ήγεμό[η]σιν.

Das ist eine Ausnahme, da vor -s ausfallendes -n in der Regel Ersatzdehnung bewirkt; wie wir z.B. beim Akk. Plur. θεούς (aus θεό-ns) sahen (L.6.14).

II. Über den Konjunktiv (Forts.)

A. Der Konjunktiv von ειμί 23.5 stimmt mit den Endungen des Konj. Präs. von λύω, λύ-ηις . . . überein; alle Formen haben Zirkumflex2:

ώ, ήις, ήι, ώμεν, ήτε, ώσι(ν)

Β. Konjunktiv in Nebensätzen 23.6

/ . Konjunktiv ohne άν

Die Bedeutung und Konstruktion solcher Nebensätze erklärt sich aus ihrer Entstehungsgeschichte. Bedenke die folgenden Beispiele (zusammen mit IIA und Jl der griech. Lekt. 23 und L.22 III):

a) »Was soll ich sagen? (Da) bin ich in Verlegenheit«: τί λέξω; ούκ έχω = »ich weiß nicht, was ich sagen soll« (dasselbe, in eins gezogen). So auch

b) »Plane (ja) nichts Übles! (daß du ja nichts . . .). (Darum) bin ich voll Furcht«: μή τι βουλεύσηις κακόν- φόβος μ' έχει = »ich fürchte, daß du . . . planst«;

1 Einige oft gebrauchte Vokative ziehen ihren Akzent zurück: άδελφε, δέσποτα (L. 10.5), ώγύναι (L.22.1); so auch ώ σώτερ (L.25.1).

2 Nur der Indikativ von είμί ist enklitisch (bis auf εί).

Page 80: Griechischer Lehrgang III

82 APPENDIX GRAMMATICA L. 23

c) »Plane (ja) nichts Übles! (daß du ja . . .). Das ist mir wichtig«: μή τι βουλεύσηις κακόν-(τούτο) μέλει μοι = »mir liegt daran, daß du . . . planst«;

d) »Plane (ja) nichts Übles! (daß du . . .). (Dagegen) bin ich auf meiner Hut«: μή τι βου-λεύσηις κακόν φυλακήν έχω = »ich bin auf der Hut, daß du . . . planst«;

e) »Plane (ja) nichts Übles! (daß du ja . . .). (Deshalb) habe ich dies geschrieben«: μή τι β. κακόν- τούτο γέγραφα = »ich habe dies geschrieben, damit du nicht . . .< Endlich, gleicher Art, aber positiv (d.h. Absicht und Zweck statt Abwehr und Besorgnis):

f) ϊνα πιστεύσητε γέγραφα τούτο: »daß (damit) ihr glauben möget, habe ich dies geschrieben«. Das letzte also »final«, d.h. Ausdruck von Zweck oder Absicht3. Beachte also, daß es der Konjunktiv ist und nicht eine Konjunktion (ϊνα oder όπως), was einen Satz zum Finalsatz macht; an sich bedeuten ϊνα »wo«, und όπως »wie« (s. Nr. 8; vgl. lat. ut).

23.7 Die Empfindung einer beherrschenden Sorge oder Furcht (daher Konj.) erklärt auch den Gebrauch der Negationen in den folgenden idiomatischen Ausdrucksweisen:

μή: μή άγροικότερον ήι: »es ist vielleicht (wohl) etwas unhöflich« ού μή: ού μή άγροικότερον ήι: »ich fürchte nicht, daß . . .<; »es ist gewiß nicht . . .< μή ού: μή ούκ άγροικότερον ήι: »schwerlich . . .«, »wahrscheinlich nicht . . .<

23.8 2. Konjunktiv mit άν 4

Siehe den Kasten mit der Überschrift Γραμματικόν (Π Κ) in der griechischen Lektion

und erwäge auch die folgenden Gegensätze:

Nebensätze im Indikativ Konjunktiv mit άν

eingeleitet mit δ, ά »was«: dem Relativpronomen:

ινα »wo« einer lokalen Konjunktion:

δ άν, ά άν

ϊνα άν

»was auch immer« (gr. L . I I E 3 ; F ) »wo auch immer«

(El 5 ) »wann auch immer« (E2) »falls jemals«6

δτε »wann«: einer temporalen όταν (οτε άν) Konjunktion:

εί »ob«, »wenn«: einer fragenden und εάν (εί -Ι- άν) konditionalen Konjunktion

Links: tatsächliche, objektive Feststellung; rechts: besorgte, gefühlsbetonte, verallgemeinernde »Auch-immer-Sätze«. Eine Äußerung im Konjunktiv mit άν hat einen Einschlag des Nachdrücklichen, Subjektiven, Emotionellen. Die letztgenannten vier Fälle, insbesondere Bedingungssätze mit έάν, hängen sehr oft von einem Hauptverb im Futur (II E3; G2; H2 usw.) oder einem (gleichwertigen) Imperativ ab (II 12).

3 Wenn das Hauptverb in der Vergangenheit steht, findet sich - in sonst ähnlichen Sätzen - auch eine andere Konstruktion (L. 28.11).

4 Nur in abhängigen Sätzen! Für άν vgl. L. 14.16. 5 "Ινα άν ist immer lokal (»wo auch immer«, ubicumque), niemals final! 6 Beachte, daß έάν oft zu öv zusammengezogen wird; wo denn die Konjunktion von der Partikel

sich fürs Auge nicht mehr, wohl aber fürs Ohr unterscheidet und mit dem folgenden Konjunktiv ein Bedingungsgefüge einführt.

Page 81: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 24 83

LEKTION 24

n-Stämme (Fortsetzung): Adjektiva und Pronomina

I. Adjektiva

Zumal 24.1 a) von δαίμων, δαίμονος abgeleitet: 1. δαιμόνιος, -ov, -ίά; 2. ευδαίμων, εύδαιμον, Gen. εύδαίμονος (ein zusammengesetztes Adj., also keine besonderen Feminin-For-men). So auch: δυσδαίμων, δύσδαιμον und κακοδαίμων, κακόδαιμον. Ähnlich

b) von φρήν, φρενός: εΰφρων, ευφρον, εύφρονος; άφρων, άφρον, άφρονος; 24.2 δύσφρων, δύσφρον, δύσφρονος; σώφρων, σώφρον, σώφρονος.

Stamm: εύδαιμον -

Singular Plural

Ν. ευδαίμων εύδαιμον Α. εύδαίμονα

εύδαίμονες εύδαίμονα εύδαίμονας

G. εύδαίμονος D. εύδαίμονι V. εύδαιμον

εύδαιμόνων εύδαίμοσι(ν)

Derartige Adjektive ziehen den Akzent möglichst weit zurück; s. vor allem Vok. und Neutr.

c) Gleichartig ist die Deklination von Komparativen auf -ων, -ov und -ίων, -ϊον (eben- 24.3 falls ohne separate Formen fürs Femin.) wie

άμείνων, άμεινον, άμείνονος »besser« (edler); (άριστος »beste«) βελτίων, βέλτιον, »besser« (wünschenswerter); (βέλτιστος)

(für die übrigen s. das Vokabular und - später - L.45.6). Bei diesen Komparativen existierte, neben dem Stammauslaut -n, in vorliterarischer Zeit 24.4 die Alternative -s. Vor vokalischen Endungen fiel dies -s- aus und hinterließ, nach Kontraktion, zwei Endungen, die - als Alternativen - im Attischen eher häufiger gebraucht wurden als die »regulären« n-Formen: nämlich -ω (für -ονα/-οσα) und -ους (für -ονες/-οσες; danach auch im Akk.Plur.). Somit ergibt sich das Paradigma:

24.5

N. A.

κακίων κακίονα (κακίω)

Neut.

κάκιον κακιονες (κακιους)

κακιονας

Neut.

κακίονα(κακίω)

G. D.

κακίονος κακίονι

κακιόνων κακίοσι(ν)

II. 1 'ronomina 24.6

Das Pronomen τις, in seinen verschiedenen Formen, ist ein -n-Stamm; es hat keine besonderen Formen für das Feminin.

Page 82: Griechischer Lehrgang III

84 APPENDIX GRAMMATICA L. 24

a) τίς, τί: dasFrage-(Interrogativ-)pronomen (lat. quis, quid) - »wer?, was?« (in direkten und indirekten Fragen; immer mit Akut). Es wird auch adjektivisch verwendet; z.B. τίς γυνή; τίνες γυναίκες; »welche Frauen?«.

Ν. τ ίς τί τίνες τίνα 1

Α. τίνα τ ίνας

G. τίνος τίνων D. τίνι τίσι(ν)

24.7 b) Dasselbe Wort, aber anders akzentuiert, nämlich enklitisch: das Indefinitpronomen (lat. aliquis, aliquid) »jemand, etwas«; z.B. έλεγε τις- έλεγόν τίνες. Auch dies wird adjektivisch verwendet: γυνή τις »(irgend) eine Frau«; γυναίκες τίνες »irgend welche (gewisse) Frauen«.

24.8 c) Das Infinitpronomen (b) zusammen mit dem Präfix δς, δ, ή (dem Relativpronomen) bildet όστις, neutr. οτι. Beide Wortteile werden dekliniert. Der zweite Wortteil bleibt ohne Akzent; der erste behält den seinen (wobei überraschende Formen wie ούτινος und ώντινων entstehen).

Singular Plural

Ν. δστις

Α. οντινα

Neut." ότι

ήτις

ήντινα

οϊτινες Neut. b

άτινα οΰστινας

αϊτινες

άστινας

G. ούτινος11 ήστινος ώντινων11

D. a m v i b ήιτινι oltmoi(v) b αΐστισι(ν)

(a) οτι wird häufig ö τι, oder sogar δ, τι geschrieben, um das Relativpronomen von der Koniunktion ότι (daß) zu unterscheiden. Tatsächlich waren die beiden ursprünglich ein und dasselbe Wort (und vermutlich wurden sie auch gleich ausgesprochen); vgl. dt. »das«, »daß«.

(b) Alternativformen für ούτινος (Gen. Sing. Mask. und Neutr.): ότου, ώιτινι (Dat. Sing. Mask. und Neutr.): ότωι, ώντινων (Gen. Plur. M., F. und Ν.): δτων, οΐοτισι(ν) (Dat. Plur. Mask. und Neutr.): δτοις; außerdem wird άτινα (Neutr. Plur. Nom. und Akk.) häufig durch das kürzere άττα ersetzt.

d) Dieses Pronomen wird folgendermaßen gebraucht: 24.9 1. As verallgemeinerndes Relativpronomen, mit Indikativ; z.B. μακάριος, όστις φίλον

έχει »glücklich ist jeder, der einen Freund hat«; d.h. όστις deutet auf eine Gruppe oder Klasse2; vgl. lat. quisquis;

24.10 2. als indirektes Interrogativpronomen, (also) nur in abhängigen Sätzen; z.B. λέγε μοι όστις εί »sag mir, wer du bist«3.

1 Alternative, akzentuierte Form für (enkl.JiWe/m'fes τίνα ist άττα (Ν.Α. Plur. Neut.): L. 46.26. 2 Bei der mehr gefühlsbetonten Konstruktion: δς άν . . . steht das Verbum im Konjunktiv

(L.23.8). 3 τίς, ohne Erweiterung (also wie in der direkten Frage) ist eine völlig normale Alternative.

Page 83: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 25 85

III. Das Zahlwort »Eins« 24.11

Mask. είς, Neutr. έν, Fem. μία (Eins) und die negativen Formen ουδείς (niemand), ουδέν (nichts), ουδεμία und μηδείς, μηδέν, μηδεμία (Stamm έν) stammen von Vsem (Ablaut Vsm) ab (vgl. lat. semel, simplex). Daraus entwickelte sich Fem. (s)mia und Nom. Mask. (mit der Endung -s) "serns > *hens > hes (mit Ersatzdehnung) = είς; denn gedehntes έ wird ει geschrieben (vgl. ου = ö).

Ν. είς Α. ένα

εν μία μίαν

ουδείς ούδένα

ουδέν ουδεμία ούδεμίαν

G. ενός D. ένί

μιας μιάι

ούδενός ούδενί

ουδεμιάς ούδεμιάι

ουδείς und μηδείς werden wie εϊς akzentuiert, ausgenommen im Nom.Sing. Mask.: είς: ουδείς.

Eine Anmerkung über die Bedeutung des Präsens 24.12 (zu HIB der griech. Lekt.)

Λέγ' δ λέγεις »sag, was du zu sagen wünschst!«, d.h. »sag, was du auf der Zunge hast!«, »heraus mit der Sprache!«. Wie in L. 14.8ff. bemerkt wurde, mag die Bedeutung des Präsens mit einer Linie verglichen werden (ist »linear«). Die Handlung, von der es berichtet, mag unvollendet sein, fortschreitend, versucht, beabsichtigt, wiederholt usw. Das sogenannte Praesens de co-natu ist eine von diesen Nuancen.

LEKTION 25

I. r-Stämme

A. Normale Substantive

άήρ, φήτωρ; lat. aer, orator 1

Meistens Maskulina; besonders die vielen Nomina agentis auf -ηρ (z.B. σωτήρ) und -ωρ 25.1 (z.B. φήτωρ). Die Nominative auf -ηρ haben den Akzent gewöhnlich auf der letzten Silbe, jene auf -ωρ aber auf der vorletzten. Die Deklination der r-Stämme (wie die der n-Stämme) ist sehr regelmäßig und problemlos:

Nominativ Singular: Keine Endung; der letzte Vokal immer lang; z.B. σωτήρ, σωτήρος; άήρ, αέρος; φήτωρ, φήτορος.

Vokativ: Wie bei den n-Stämmen (L.23.2): diejenigen, die auf der letzten Silbe betont werden (d.h. hauptsächlich die auf -ηρ) gebrauchen den Nominativ und haben daher einen langen Vokal; die anderen (in der Hauptsache auf -ωρ) gebrauchen den Stamm (und haben infolgedessen einen kurzen letzten Vokal); z.B.

1 Das Griechische hat nur einen Stamm, der auf die andere Liquida, -1, endet: ό άλς, αλός, lat. sal, 25.2 salis (vgl. L.22.6 Anm. 9), dt. »Salz«. Seine Deklination bietet keinerlei Probleme.

Page 84: Griechischer Lehrgang III

86 APPENDIX GRAMMATICA L. 25

ώ φήτορ, aber ώ άήρ (vgl. ώ δαίμον, ώ φρήν). Ausnahme: ώ σώτερ2.

Dativ Plural: das -r bleibt auch vor der Endung -σι(ν) erhalten; z.B. τοις φήτορσι(ν), τοϊς σωτήρσι(ν).

Stamm φητορ- vgl. lat. θηρ- 3

Ν. φήτωρ orator θήρ Α. φήτορα oratorem θ ή ρ α G. φήτορος oratoris θ η ρ ό ς D. φήτορι orator-i θ η ρ ί V. φήτορ orator (Nom.)

Ν. φήτορες oratores θ ή ρ ε ς Α. φήτορας oratores θ ή ρ α ς G. φητόρων oratorum θ η ρ ώ ν D. φήτορσι(ν) oratoribus θηρσί(ν)

(a) Beachte die Wirkung der Akzentregel für einsilbige Stämme (L. 20.6).

B. Zwei eigenartige Substantive

25.4 1. ή χείρ, χειρός usw. »die Hand«, Dat. Plur. χερσί(ν). In der Poesie wird die kürzere Form des Stammes auch in anderen Kasus gebraucht (z.B. χέρα, χερί, χέρες).

25.5 2. ό μάρτυς, μάρτυρος »Zeuge«, Dat. Plur. μάρτυσι(ν). Dies ist der einzige r-Stamm mit der Endung -s im Nom. Sing. Vor dem -s der Endung im Nom. Sing, und auch im Dat. Plur. - nur in diesen zwei Kasus, und nur bei diesem Wort - fällt das -r des Stammes aus. Es ist ein Schulbeispiel von >Dissimilation< (L.21.4): In diesen beiden Kasus endeten die beiden aufeinanderfolgenden Silben auf-r ( m a r - t y r ; in den anderen Kasus - vor einem Vokal - wird das zweite -r zur dritten Silbe gezogen). Diese Wiederholung klang unangenehm für attische Ohren (obgleich nicht für Leute, die andere Dialekte sprachen; und sogar wir sagen heute »Märtyrer«, nicht »Märtyser«) und wurde durch den Ausfall des zweiten -r beseitigt.

II. Der Optativ

25.6 Außer Indikativ und Konjunktiv hat das griechische Verb vom Indoeuropäischen her noch einen dritten Modus, den Optativ, bewahrt. Wie sein Name anzeigt, diente er dazu, einen Wunsch auszudrücken3; in anderem Zusammenhang drückte er aber auch eine Möglichkeit aus4; was sein könnte oder nicht (Einzelheiten s.u.).

A. Der Optativ von ειμί 25.7 1. Die Formen

Singular altlateinisch" Plural

1. είη ν 2. είης 3. είη[τ]

siem si-mus sie-s sitis sie-t sient

είμεν (είημεν) είτε (είη-τε) εί-εν (είησαν)

(a) Der klassische lat. Konjunktiv sim, sis, sit . . . (von siem . . .) ist offensichtlich ursprünglich ein Optativ.

25.3 2 Der Akzent - wie bei gewissen anderen Vokativen - zurückgezogen (L.23.3). 3 Im Unterschied zum Konjunktiv, der einen Willen ausdrückt (L.22.9 und L.23.6) 4 Im Unterschied zum Indikativ, der einfache Tatsächlichkeit ausdrückt.

Page 85: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 26 87

2. Formbildung: Sekundäre Endungen (L.6.10), denen im Sing, -ιη, im Plur. nur-ι vor- 25.8 ausgeht. Die Unterscheidung des Sing, und Plur. durch die Vokalabstufung (»quantitativen Ablaut«) ιη/ι ist altererbt (IE; vgl. lat.); aber die Angleichung des Plur. an den Sing, (είημεν etc.) ist, obwohl nicht ursprünglich, doch bereits im klassischen Attisch häufig. Die Wurzel ist es/s (vgl. lat. est und sum); die ursprünglichen griech. Formen wären dann gewesen: *έσιην, *έσιης, :: έσιη(τ), "έσιμεν, *έσιτε, ": έσιεν[τ], wo dann das -s-zwischen Vokalen wie gewöhnlich ausfiel.

B. Hauptbedeutungen des Optativs

Der Optativ

a) ohne άν: 25.9 1. drückt einen Wunsch aus; oft verbunden mit εί (εί γάρ, είθε); Negation: μή: (είθε) είην »wenn ich doch wäre«; (είθε) μή εϊης »wenn du doch nicht wärst . . .<

2. das Verb in indirekter Rede kann (muß jedoch nicht) im Optativ stehen; aber nurwenn 25.10 das Hauptverb in einem Vergangenheitstempus steht: έλεγε ώς είη . . . (oder: εστίν . . .).

b) mit άν: 25.11 stellt eine bescheidene oder zögernde Behauptung auf: είης άν »du könntest sein«, λέγοι5

τις άν (dicat quis) »es könnte jemand sagen«; oft in Fragen: π ώ ς ά ν 8fr]v;»wie könnte ich sein?« πώς άν λέγοι; »wie könnte er sagen?« Verneinung ούκ άν είη »er könnte (würde) nicht sein«; άρ ' ούκ άν είη; »könnte (würde) er (es) nicht sein?«

III. Versesprechen

Es dürfte jetzt ohne weiteres klar sein (Optativ), daß I C3 und II B2 Paroemiaci (Sprich- 25.12 wortverse) sind (vgl. L.16.8):

σύν δαίμονι και χέρα κίνει = — « ^ - ^ ^ - -,

und alle andern iambische Trimeter: z.B.

Ι A5: Ζεύ σώτερ, εϊπερ εστί δυνατόν σώιζέ με.

LEKTION 26

Ι. Einige eigenartige r-Stämme 26.1

Wörter, die sehr häufig verwendet werden, bewahren oft alte Eigenheiten. Dies gilt im Griechischen u.a. von Wörtern, die fundamentale Familienbeziehungen ausdrücken: άνήρ, πατήρ, μήτηρ, θυγάτηρ 1 .

5 Diese Form des regelmäßigen Verbs ist hier aus der nächstfolgenden Lektion vorweggenommen.

1 Außerdem auch ή γαστήρ (Bauch). Deklination wie πατήρ.

Page 86: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 26

Ihre eigenartigen Formen zeigen quantitativen Ablaut2 des Stammes, und der Ablaut selbst hängt mit dem Akzent zusammen3, wie folgt:

Α. Παραδείγματα

26.3

Singular Plural

Stamm anr- patr- anr- patr-N. άνήρ πατήρ άνδρες πατέρες Α. άνδρα πατέρα άνδρας πατέρας G. ανδρός πατρός ανδρών πατέρων D. άνδρί πατρί άνδράσι(ν) πατράσι(ν) V. άνερ πάτερ

Dies sind die attischen Formen, die auch in der späteren Gemeinsprache (Koine) beibehalten wurden4. Die Deklination von μήτηρ und θυγάτηρ ist gleich der von πατήρ, abgesehen vom Akzent im Nom.Sing.

26.2 Zur Erklärung: Β. πατήρ: AbUutstufen

Formen des Ablaut Resultat im Griech.

Stamms (quantitativ)

pafr Schwundstufe πατρός, πατρί, πατράσι

pater Grundstufe πάτερα, πατέρες, πατέρας, πατέρων (!); πάτερ (!)

patär Dehnstufe πατήρ

Man sieht: wenn der Akzent nicht auf die Lautgruppe tr fällt, erscheint diese Gruppe in der Schwundstufe; wenn sie aber vokalisiert ist (Grund- oder Dehnstufe), dann ist sie auch akzentuiert5.

C. άνήρ: AbUutstufen

anr Schwundstufe

aner anär

Grundstufe Dehnstufe

άν(δ)ρός, άν(δ)ρί: im Att. hat sich diese Form des Stamms auf die meisten Kasus ausgebreitet: άνδρα, άνδρας . . . Vok. άνερ (άνέρος . . . usw. bei Homer) άνήρ

Dieselben Prinzipien wie oben, doch mit Unterschieden im Detail. Die Einfügung des »Aussprechkonsonanten« -d- zwischen n und r war eine physiologische Notwendigkeit; vgl. dt. »Fähnrich - Fähndrich'.

26.4 D. Dativ Plural

πατράσι(ν), άνδράσι(ν), θυγατράσι(ν): von ''patrsin usw. (Schwundstufe): das r zwischen zwei Konsonanten wurde vokalisch (r = ra) wie die Ny sonans (s. L. 22.6-7) in εκατόν (lat. centum).

2 Wir sind dem quantitativen Ablaut bereits beim Optativ begegnet (L.25.8), dem qualitativen beim Themavokal (L.6.11).

3 Das ursprüngliche System wurde jedoch durch die Einwirkung verschiedener Analogien affiziert und beeinträchtigt - wie sich an den Paradigmen ablesen läßt.

4 In der Dichtung (und in andern Dialekten) finden sich viele, leicht begreifliche Varianten zu diesen Paradigmen, z.B. άνέρος, άνέρι usw. und πατέρος, πατέρι, πατρών.

5 Ausgenommen im Vokativ, wo - wie so oft - der Akzent zurückgezogen ist.

Page 87: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 26 89

Offenbar haben (oder hatten) der Gen. und Dat. Sing, und Plur. ihren Akzent prinzipiell auf der letzten Silbe (vgl. die Akzentregel für einsilbige Stämme, L.20.6); demgemäß mußte in diesen Kasus der Ablaut in der Schwundstufe erscheinen (s.o.). Danach ersieht sich leicht, inwieweit auch im Attischen die ursprünglichen Formen durch verschiedene Analogien verändert worden sind. Im Dat. Plur. hat z.B. das vokali-sierte r den Akzent von der letzten Silbe auf sich gezogen: άνδράσι, πατράσι, vgl. λαμ-πάσι, έλπίσι.

II. Optativ der o-Verben 26.5

Präsens s- (schwacher) Aorist

Sg· 1. 2. 3.

λύ·οι·μι λ ύ ο ι ς λύοι

λύσαιμι λ ύ σ α ι ς λύ-σαι

(λύ-σει·ας) (λύ·σει·ε[ν])

PI. 1. 2. 3.

λύ-οιμεν λ ύ ο ι τ ε λύοι·εν

λύσαιμεν λύσαιτε λύσαιεν (λύ·σει·αν)

Fut. Perf.

λύσοιμι, . . . λε·λύ·κ·οιμι, . . .

26.6

26.7

26.8

Β. Bildung des Optativs''

1. Der charakteristische Vokal (»Bildevokal«, »Optativzeichen«) ist -ι (im Sing, und Plur.; also nicht wie bei είμί, L. 25.8, mit Ablaut ιη/ι 7).

2. Sekundäre Endungen außer der 1. Person Sing : -μι. Dies ist die Endung der 1. Person bei athematischen Verben (wie είμί, s. L. 7.5). Daß sie sich im Optativ vieler -ω-Verben findet, ist erstaunlich.

3. Optative der verschiedenen Tempora

a) Präsens: der Themavokal -o- bildet zusammen mit dem charakteristischen -ι- den

Diphthong -oi-, welcher für den Opt. Präs. kennzeichnend ist.

b)Futur: Die Endungen des Opt. Präs. (-οιμι, -o^usw.) werden an das charakteristische 26.9 -σ- des Futurs angehängt. So entstand der Opt. Fut. λύσοιμι, λύσοις usw.

c)Perfekt: In gleicher Weise werden die Endungen des Opt. Präs. an den Perfekt-Stamm 26.10 angehängt. Die so entstehenden Formen (z.B. λελύκοιμι, γεγράφοιμι) werden aber nicht viel gebraucht.

d) Starker Aorist6: Dieselben Endungen werden auch an den Stamm von starken Aoristen 26.11 angehängt. So ergeben sich Optative wie Fräs, φεύγω - φεύγοιμι; Aorist έφυγον - φύ-γοιμι.

6 Selbstverständlich ohne Augment! Das gibt's nur im Indikativ. 7 Wir werden diesem Ablaut jedoch wiederbegegnen bei der großen Gruppe der sog. Verba vocalia

(L.49ff). 8 Vorweg hier erwähnt; das Nähere in L.29.

Page 88: Griechischer Lehrgang III

90 APPENDIX GRAMMATICA L. 26

26.12 e) Schwacher Aorist (-s-) (s. L. 14.3-4): Die charakteristische Silbe -σα- des schwachen Aor. bildet zusammen mit dem -ι- des Opt. die für den Aor. Opt. charakteristische Silbe σαι. An diese werden die üblichen Endungen (-μι, -ς, usw.) gehängt. So entsteht der schwache Aorist λύσαιμι, λύσαις . . .; παιδεύσαιμι, παιδεύσαις . . .; γράψαιμι, γράψαις . . .

26.13 Die drei Alternativendungen: Sing. 2. Ρ. -σειας 3. Ρ. -σειεν

Plur. 3. Ρ. -σειαν

setzen auch die Grammatiker in Verlegenheit. Bei Homer und im klassischen Attisch werden sie häufiger gebraucht als die normalisierten Formen.

4. λύσαι: λύσαι - κωλύσαι: κωλύσαι

26.14 Die Regel: »Bei Verbformen wird der Akzent so weit wie möglich zurückgezogen« (L. 3.18) gilt nicht für den Infinitiv (der keine eigentliche Verbform ist), und die Regel: »Für den Akzent gelten die Endungen -oi und -αι als kurz« (L. 8.4) gilt aus guten Gründen (s. Nr. 8u. 12) nicht für den Optativ. Daher sind λύσαι, κωλύσαι Optative; aber λύσαι, κωλύσαι Infinitive.

III. Ursprung und Vielfalt der Bedingungssätze

26.15 1. »Wenn er (doch) käme!«: εί έλθοι: Wunsch. 2. »Es würde (dürfte) schön sein«: καλόν άν είη: Aussage (potential).

Zusammen gesprochen bilden 1. und 2. einen Bedingungssatz oder ein »Bedingungsgefü-ge< »potentialer« Nuancierung: »Wenn er käme, würde (dürfte) es schön sein«, εί έλθοι, καλόν άν είη: der Vordersatz ist jetzt als eine Möglichkeit charakterisiert (»falls er kommen sollte«), und der Nachsatz ist durch die Partikel άν in das gleiche »potentielle« Licht gerückt. Diese Nuance also ist ausgedrückt durch den Optativ im Vordersatz und Optativ mit άν im Nachsatz; das ganze erwachsen aus der ursprünglichen »Wunschbedeutung« des Optativs. Beispiele für diese Spielart des Bedingungsgefüges sind in unserer griech. Lekt. II A2 und 6; B 2 ; C 1 ; E ; F .

26.16 Statt eines »Potentialis« kann, durch andre Tempora und Modi, eine andere Nuancierung des Gefüges angezeigt werden. Wenn etwa eine Bedingung als definitiv nicht realisiert charakterisiert wird (also der »Wunsch- - Vorläufer der »Bedingung« - unerfüllbar war), ergibt sich ein »irreales« Gefüge; und da ein unerfüllbarer Wunsch im Griechischen (wie auch im Englischen) durch den Indikativ eines Vergangenheitstempus ausgedrückt wurde (L. 14.14), wird der »Irrealis« im Bedingungsgefüge angezeigt durch: Indikativ der Vergangenheit plus Indikativ mit άν; z.B.

1. »Wenn du (doch) gekommen wärest!«: εί ήλθες. 2. »Es wäre schön gewesen«: καλόν άν ήν.

Beides zusammenhängend gesprochen:

»Wenn du gekommen wärest, wäre es schön gewesen«: εί ήλθες, καλόν άν ήν.

Oder, unser Beispiel II D5 variierend: εί ήσαν πλούσιοι, έθυον άν: »Wenn sie reich wären, würden sie opfern« (sie sind es aber nicht, also . . .).

26.17 Es gibt Varianten und Übergänge zwischen »Potentialis« und »Irrealis«; lebende Sprache ist

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APPENDIX GRAMMATICA L. 26 91

nicht rigide wie die Distinktionen der Logiker. Solche Varianten sind in unserer Lektion: II Bl und D5. Weil diese Bedingungsgefüge aus Wunschsätzen entstanden sind, ist in allen bedingenden Sätzen (der »Protasis«) die Verneinung μή (aber nicht so in den bedingierc Hauptsätzen, der »Apodosis«); z.B. (L. 14K):

* Εί μή γάρ ήν Χρύσιππος, ούκ άν ήν Στοά.

Andrerseits mag ein Sprecher keinerlei Wunsch fühlen, seiner Äußerung irgendwelche 26.18 emotionale (den Hörer beeinflussende) Färbung zu geben. In diesem, dem sog. »realen« oder, besser, »mathematischen« Fall, präsentiert er den Sachverhalt völlig unpersönlich, also im einfachen Indikativ: »Wenn es regnet, wird man naß«, oder, um nochmals unser Beispiel zu variieren:

εί θέλουσιν (oder auch: ούδ' εί θέλουσιν), θύσαι έχουσιν: »wenn sie wollen, können sie opfern« (oder: »auch wenn sie wollen, können sie nicht opfern«); oder, nach II C l , εί λύετε αυτόν, ευγνώμονες έστε: »wenn ihr ihn befreit, seid ihr verständig«. Das gleiche als Potentialis: εί λύοιτε αυτόν, εύγ. άν είητε; als Irrealis: εί έλύετε αυτόν, εύγ. άν ήτε.

IV. Zum Versesprechen

Der normale iambische Trimeter, IIF, kann wohl keine Schwierigkeit bereiten. Bei der 26.19 Analyse des epischen (daktylischen) Verses I Bl beachte, daß der unkontrahierte Genetiv Μουσάων aus drei langen Silben besteht (»naturlang«) und daß die beiden vorangehenden Monosyllaba »lang durch Position« sind; denn auf ihren kurzen Endvokal folgen jeweils zwei Konsonanten. Andrerseits werden die langen Endvokale der beiden folgenden Wörter gekürzt durch die auf sie folgenden Vokale (L. 18.4), und schließlich ist das Α am Anfang des Gottesnamens gelängt, wie häufig in poetischen Texten. Demnach wäre die Analyse dieses daktylischen Hexameters wie folgt:

1 2 3 4 5 6

- - I - - I - - I — I - - I — I I Έ κ γάρ Μουσάων καί έκηβόλου 'Απόλλωνος.

Sprich den Vers nach diesem Rhythmus, und vergiß dabei nicht die Akzente und die inhaltliche Bedeutung! Der erste der zwei Verse des Theognis (IIG) ist ein ebensolcher, normaler daktylischer 26.20 Hexameter; der zweite ist leicht verschieden; als wären die zwei Kürzen nach dem 3. Longum ausgefallen; mit anderen Worten: die erste Hälfte dieses Verses - 2 V2 Metra -wird wiederholt. Dieser Vers wird genannt: »Fünfmesser«, »Pentameter«:

εϊ δέ τι κείνος έμοί,

δις τόσον αυτός έχοι.

Hexameter plus Pentameter zusammen bilden das sog. »Distichon«, den »Doppel-Vers«; die Form, die für »Elegien« und für die meisten »Epigramme« gebraucht wird.

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92 APPENDIX GRAMMATICA L. 27

L E K T I O N 27

I. Nomina: Dental-Stämme

d, t, th1: δ, τ, θ 1

27.1 Grundregel:

Ein Dental vor -s fällt spurlos aus. (Vgl. lat. laus (* lauds), laudis; miles (* milets), militis.)

Z.B. * έλπίδς > έλπίς, * χάριτς > χάρις,

* έλπίδσιν > έλπίσιν, ::" χάριτσιν > χάρισιν.

Stamm έρωτ- έλπίδ- χάριτ-

Sg- N.V. ό έρως ή έλπίς ή χάρις Α. έρωτα ελπίδα χάριν G. έρωτος ελπίδος χάριτος D. έρωτι έλπίδι χάριτι

PI. Ν. έρωτες ελπίδες χάριτες

Α. έρωτας ελπίδας χάριτας G. ερώτων ελπίδων χαρίτων D. έρωσι(ν) έλπίσι(ν) χάρισι(ν)

Erhebliche Besonderheiten

27.2 1. Barytona - also Wörter, die auf der vorletzten oder drittletzten, nicht aber auf der letzten Silbe betont sind - , Barytona auf -ις und -υς im Nominativ enden im Akkusativ auf -iv bzw. -υν, auch wenn sie Dentalstämme sind (also nicht -ιδα oder -ιτα usw.); z.B. έρις - έριν, χάρις - χάριν, "Αρτεμις -"Αρτεμιν, όρνις - δρνιν, κόρυς - κόρυν (aber έλπίς -ελπίδα: Nominativakzent auf der Endsilbe!). Der Grund: Diese Nominative klangen wie i- (bzw. y-)Stämme (also wie πόλις bzw. π ή χ υ ς , L. 35 und 37), welche natürlich im Akk. die Endung -v haben (πόλιν und πήχυν wie θ ε ό ν ) : die Klangähnlichkeit im Nominativ erzeugte, durch »falsche Analogie«, Ak-kusative, die sich ebenso mit denen der Vokalstämme reimten. Wo aber die Akzente verschieden waren, gab es offenbar diese Klangähnlichkeit nicht.

27.3 2. Die Eigenart von ό πους, ποδός (lat. pes, pedis) liegt darin, daß der Stammvokal im Nom.Sing. gelängt ist.

27.4 3. Bei ό (ή) παις, παιδός »Kind, Sohn, Junge« (bzw. »Tochter, Mädchen«) beachte den Vok. ώ π α ϊ 2 (also bloßer Stamm und nicht, wie bei den andren t-Stämmen, der Nominativ) und den Akzent des Gen. Plur. τών παίδων (aber Dat. παισί).

4. Auch ή νύξ, νυκτός »Nacht« und τό γάλα, γάλακτος »Milch« sind t-Stämme; vgl. oben, L.22.2 und 3.

1 Stämme auf -t> (selten) s. L.28. 2 Gleichartig: ώ "Αρτεμι.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 28 93

II. Verse zu sprechen

Beim Sprechen der wohlvertrauten Trimeter (C3; Ε 1.3; L2) vernachlässige nicht die Akzente über der Beachtung der Quantitäten! Der Vers der Paroemia (Cl) ist eben ein ParoemUcus (L. 16.8),und das darauf folgende 27.5 Zitat von Anakreon (C2) ist ein »Versus Anacreonteus«, mit dem du vertraut sein dürftest dank seinen Nachahmungen im Lateinischen und in unserer Literatur:

Und der Rhythmus der kurzen Hymnenverse (P2) wird sich von selbst ergeben, wenn 27.6 nur die longa und brevU beim Sprechen richtig unterschieden werden. Es sind »Glykoneen«; ein Versmaß, dem du in lateinischer Dichtung begegnet sein magst. Seine Kennzeichen: die vorletzte Silbe ist immer kurz; in der Mitte des Verses steht eine Doppelkürze; die ersten zwei Silben können lang sein oder auch kurz; allerdings ist eine kurze erste Silbe selten; in dieser Normalform hat der Glykoneus acht Silben. Sein Schema ist also: o c - w w - v o .

LEKTION 28

I. Dentalstämme (Fortsetzung; einschl. Partizip Perfekt)

/ . -ϋ-Stämme 28.1

(Selten, außer) ό όρνις, όρνιθος (Vogel). Kasus regelmäßig (wie L. 27.1-2), auch Akk. Sing, όρνιν; aber όρνιθα findet sich recht häufig. Plur. Dat. τοις όρνισι(ν); neben den -θ-Formen oft auch Nom. und Akk. όρνεις, Gen. όρνέων (L.37)1. ,

2. Weibliche Substantive auf -της, -τητος 28.2

Sie sind abgeleitet von Adjektiven, und bezeichnen Qualitäten; z.B. ή νεότης, νεότητος

(von νέος) »Jugend, Neuheit«; ή ταχυτής, -τήτος (Akzent!) »Geschwindigkeit, Schnelligkeit« (von ταχύς »schnell«); ή κακότης, κακότητος (von κακός) »Elend, Not« (eine schlechte Lage).

3. (ό) πένης, πένητος »arm, der Arme«; Dat. Plur. (τοίς) πένησι(ν). 28.3 Dieses Wort kann sowohl als Substantiv wie auch als Adjektiv (ohne besondere Fem.-und Neutr.-Formen) klassifiziert werden; vgl. (ό) φίλος, (ό) εχθρός.

4. Partizip Perf. Akt. 28.4

a) Seine Form: λελυκώς, λελυκός, λελυκυία;

γεγραφώς, γεγραφός, γεγραφ-υϊα. Mask.- und Neutr.-Formen auf -ώς, -ός (Gen. -ότος) sind t-Stämme (vgl. έρως, έρωτος). Das Fem. auf-ä wird wie αλήθεια dekliniert (L. 11.1-2). Der ins Auge springende

1 Regelmäßig auch ή κόρυς, κόρυθος (Helm), Akk. κόρυν, auch κόρυθα.

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94 APPENDIX GRAMMATICA L. 28

Unterschied zwischen Mask./Neutr. und Fem. beruht wesentlich auf Ablaut (s. L. 26.1); die Erklärung ist für Anfänger etwas kompliziert2.

Mask. Neutr. Fem. Stamm λελυκοτ-(* -KFOT) λελυκυιά- (* -υσιά)

Sg- N.V. λελυκώς λελυκός Α. λελυκότα G. λελυκότος D. λελυκότι

λελυκ-υϊα λελυκ-υίαν λελυκ-υίάς λελυκ-υίάι

PI. Ν. λελυκότες λελυκότα Α. λελυκότας G. λελυκότων D. λελυκόσι(ν)

λελυκ-υίαι λελυκ-υίάς λελυκ-υιών λελυκ-υίαις

28.7 b) Bedeutung dieser Partizipien

Ein Partizip ist ein VerbaUdjektiv. Es ist ein Adjektiv, insofern als es die verschiedenen Formen eines solchen hat (d.h. Kasus, Numerus und Genus); es ist »verbal«, insofern es seine Bedeutung von einem Verb, und zwar von einem bestimmten Tempus-Stamm eines Verbs ableitet.

28.8 Die Bedeutung des griechischen Perfekts ist bekannt seit L. 17.9-11. Demgemäß ist: πεπιστευκώς - (Intensives Perfekt); »einer, der einen festen Glauben hat. δεδωκώς - »einer, der gegeben hat' und deshalb jetzt als »Geber« dasteht, ηύρηκώς - »einer, der (etwas) gefunden hat« und deshalb jetzt als »Finder« oder »Erfinder« dasteht.

28.9 c) Ein besonderer Gebrauch dieser Partizipien In Verbindung mit dem Konjunktiv ώ, ήις, ήι usw. und dem Optativ είην, εϊης, είη usw. dient das Perfekt Partizip als Konjunktiv und Optativ des Perfekt: z.B. λελυκώς ώ . . . (Konj.) und λελυκώς είην . . . (Opt.). Diese Formen werden häufiger als λελύκω und λελύκοιμι gebraucht.

28.10 II. Einige weitere Verwendungen des Optativs

1. In der griechischen Lektion zeigen H D , E, G, daß das Verbum in indirekter Rede im Opt. stehen kann (nicht muß), wenn das Hauptverbum in der Vergangenheit steht (das wissen wir seit L.25.10).

28.11 2. Ebd. IIF zeigt, daß dieselbe Regel für Finalsätze gilt. Der grundsätzliche Konjunktiv (L. 23.6) wird in abhängigen Sätzen oft durch den Optativ ersetzt, wenn das Hauptverbum ein Vergangenheitstempus3 ist.

28.5 2 Die Ursachen der Unterschiede sind: a) Ablaut; b) der Vokal-Konsonant u/w (v/F), der ursprünglich am Beginn der Endung stand; c) Wechsel s/t (σ/τ) an ihrem Auslaut (diese Tatsachen sind hauptsächlich durch Vergleich mit Sanskrit-Parallelen aufgeklärt worden). Daraus ergeben sich folgende Ablautstufen: Dehnstufe: nur im Nom.Sing. Mask.: -ως, λελυκώς (* -wös), Grundstufe: nur im Nom. (Akk.) Sing. Neutr.: -ος, λελυκός (* -wös), Grundstufe: die übrigen Mask. und Neutr.: -οτ, λελυκότος, usw. (* -wöt), Schwundstufe: alle Femin.: -us; -us + ja (Femin. Suffix) > -υσια > -υϊα, λελυκυϊα, usw.

28.12 3 Also Imperfekt, Aorist Indik. und Plusquamperfektum (die oft - warum? - als »Nebentempora« bezeichnet werden).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 29 95

LEKTION 29

I. Weitere Dentalstämme: Neutra auf -τ

Merke: Im Unterschied zu den Maskulina und Feminina bilden diese den Nom.Sing. 29.1 ohne die Endung -s. Es gibt

1. viele solche Nomina, die von Verben abgeleitet sind, z.B. γράμμα (γράφω > : ; 'γράφ-μα) und πράγμα (πράττω). Das -τ am Ende des Stamms fällt im Nom.Sing. aus (warum?)1, z.B. γράμμα[τ], πράγμα[τ], und im Dat.Plur. (warum?)2, z.B. γράμμα[τ]σι, πράγμα[τ]σιν. Hierher gehört auch τό παράδειγμα, τού παραδείγματος;

2. einige ähnliche Nomina, die nicht von Verben abgeleitet sind, z.B. τό σώμα »Körper«; τό αίμα »Blut«;

3. zwei Nomina - und es gibt andere vergleichbare -, die im Nominativ die Endung -s zu 29.2 haben scheinen3: τό φώς, φωτός »Licht« und τό ούς, ώτός »Ohr«.

Stamm πραγματ- ώτ-

Sg. Ν.Α. τό πράγμα ους G. τού πράγματος ώτός D. τώι πράγματι ωτι

PI. Ν.Α. τά πράγματα ωτα G. τών πραγμάτων ώτων" D. τοις πράγμασι(ν) ώσί(ν)

(a) Die Akzentuierung ist hier gegen eine allgemeine Regel (L.20.6), so auch bei τών φώτων (τα φώτα ist der nachklassische Plur. von το φώς); vgl. τών παίδων (L. 27.4).

II. Der starke Aorist

Zur Unterscheidung von »stark« und »schwach«, und zum schwachen - oder s-Aorist s. 29.4 L. 14.3. Viele griechische Verben haben einen IE starken Aorist4 bewahrt. Seine Merkmale sind

1. eine vom Präsens (und anderen Tempora) verschiedene Form des Stammes, die entsteht durch

a) AbUut (Vokalabstufung), wie bei έφυγον: φεύγω; έλιπον: λείπω; oder b) Erweiterung des Verbstamms im Präsens, wie bei έμαθον: μανθάνω; ηύρον: ευρίσκω; έβαλον: βάλλω; und schließlich c) existieren einige häufig gebrauchte Verben nur im (starken) Aorist, aber nicht im

1 L.6.9. 2 L.27.1. 3 Tatsächlich jedoch sind sie ursprünglich s-Stämme, die sich veränderten und zu Dentalstämmen

wurden, aber ihr -s im Nominativ (nur dort) behielten. So auch einige Maskulina wie ό έρως, έρωτος (L.27.1) und ό γέλως, γέλωτος »Gelächter« (Vok. L. 59G).

4 Aber Verben, die sowohl den schwachen als auch den starken Aorist aufweisen, sind äußerst selten; s. später L.58.2 und L. 61.3.

Page 94: Griechischer Lehrgang III

96 APPENDIX GRAMMATICA L. 29

Präsens; wie ήλθον, έλθείν »kam«; είπον, ειπείν »sagte«; είδον, ίδείν (έΑδον, Αδεϊν, vgl. lat. video) »sah«5;

2. die Hinzufügung des Themavokals ο/ε zum Stamm (d.h. wie beim Präsens der Verben auf -ω);

29.6 3. Endungen, die

a) im Indikativ »sekundäre« sind (L.6.10); daher fallen die Endungen mit denen des Imperfekts zusammen: έφυγον: έφευγον; έβάλομεν; έβάλλομεν; έμαθε: έμάνθανε; in allen anderen Modi mit den entsprechenden Formen des (thematischen) Präsens identisch sind; z.B. βάληις: βάλληις; μάθοιμεν: μανθάνοιμεν; εύρείν: εύρίσκειν.

29.7 Merke: Die Infinitivendung -είν des starken Aorists trägt immer den Zirkumflex (z.B. φυγείν, aber φεύγειν); ferner haben fünf Verben in der 2. Pers. Sing. Imperativ den Akut auf der Schlußsilbe: έλθέ »komm !<; ίδέ »sieh !<; λαβε »nimm !<6; είπε »sage !<; εύρε »finde !<.

(Diese Worte wurden besonders häufig gebraucht; daher konnten sie alte Eigentümlichkeiten bewahren; Vergleichbares in L.32.5.)

Als Endergebnis stellt man fest, daß beim starken Aorist

bis auf den Stamm der Indikativ dem Imperfekt und

die anderen Modi (beinahe durchweg) dem Präsens des »normalen« Verbs gleichen .

29.9 Präsens: μανθάνω Aorist 1. Pers. Sing. έμαθον, μάθω, μάθοιμι, -, μαθεϊν

Präsens: φεύγω Aorist 3. Pers. Sing. έφυγε, φύγηι, φύγοι, φυγέτω, φυγείν Aorist: ήλθον

2. Pers. Sing. ήλθες, έλθηις, έλθοις, έλθέ, έλθείν Aorist: είδον

2. Pers. Plur. είδετε, ίδητε, ϊδοιτε, ϊδετε, ίδείν Aorist: είπον

3. Pers. Plur. : είπον, είπωσιν, είποιεν, είπόντων, ειπείν

Alle aktiven Formen des regelmäßigen Verbums (außer den Partizipien) sind jetzt behandelt worden. Wiederhole und präge sie dir ein!

29.5 5 Die Grammatiker stellen solche Aoriste mit Prasentien (und anderen Tempora) von anderen Wurzeln, aber ähnlicher Bedeutung zusammen und erhalten so mehr oder weniger vollständige kombinierte Paradigmen; z.B. bezeichnen sie λέγω als das Präsens des Aorists είπον (wie dem englischen »went« das Präsens >go< zugeordnet wird). Übersicht: L. 85f.

6 Έλαβον vom Präsens λαμβάνω (L. 67) wie έμαθον von μανθάνω; aber beachte den regelmäßigen Akzent auf μάθε.

29.8 7 Abgesehen von einigen wenigen Verschiedenheiten der Akzentuation (s. Nr. 7). - Die Endungen des schwachen Aorists drangen schrittweise in den starken ein; speziell die Formen είπας und είπατε (als 2. Pers. zu είπον) erscheinen häufig schon in klassischen Texten; in später Volkssprache wird είπα usw. (wie έλυσα) zur Regel.

Page 95: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 30 97

LEKTION 30

-nt-Stämme

I. Substantiva

Stämme auf -nt sind sehr häufig. Ihre Formen zeigen, gegenüber den anderen Dentalstämmen, einige Besonderheiten. Als Repräsentanten mögen dienen:

λέων, λέοντος, Ξενοφών, Ξενοφώντος, γίγας, γίγαντος.

Alle Substantiva dieses Typs sind Maskulina.

Bildung der Formen dieses Typs

Wir wissen bereits, daß in der dritten Deklination -t- vor -s spurlos ausfällt; z.B. χάρι[τ]σι, τριά[δ]σι (L. 27.1); ebenso -n- vor -s; z.B. δαίμο[ν]σι (L. 23.4); wir bemerken jetzt, daß -nt- vor -s mit Ersatzdehnung (L.6.15) ausfällt.

Dabei wird: ά vor dem ausgefallenen -ντ zu ά: Nom.Sing. γίγά[ντ]ς, Dat. Plur. γίγά[ντ]σι, ο vor dem ausgefallenen -ντ zu ö, geschr. ου: Dat. Plur. * λέοντσι > λέουσι (ähnlich λέ-γουσι < ::'λέγονσι, L.6.14).

Nominativ Singular wird folgendermaßen gebildet: nach α mit der Endung -s: ό γίγά[ντ]ς; nach ο ohne Endung, jedoch mit Dehnung des Stammvokals (falls kurz); dabei wird ο zu ω, z.B. ό γέρων, γέροντος (bei Ξενοφών, Ξενοφώντος ist der Vokal ohnehin lang).

Ausnahme: οδούς (< ::' όδόντς) οδόντος »Zahn«, lat. dens, dentis (aber im Ionischen ist der Nom.Sing. οδών).

Vokativ: ähnlich wie bei η-Stämmen (L.23.2) und r-Stämmen (L.25.1): Wenn der Nom. Sing, ein Barytonon ist, dient der Stamm als Vokativ; z.B. ώγέρον[τ]*. Wenn der Nom. Sing, auf der Endsilbe betont ist, dient er als Vokativ; ζ. Β. ώ Ξενοφών.

30.1

30.2

Stamm: ^,ενοφωντ- γεροντ- όδοντ- γιγαντ-

Sg- N. Ξενοφών γέρων όδούς γίγάς

A. ^.ενοφωντα γέροντα όδόντ-α γ ί γ α ν τ α G. Ξενοφώντος γέροντος οδόντος γ ίγαντος D. Ξενοφώντα γέροντα οδόντα γίγαντα V. ώ Ξενοφών γέρον οδούς }

PI. N. γέροντες οδόντες γίγαντες A. γέροντας οδόντας γ ίγαντας G. γερόντων οδόντων γιγάντων

D. γέρουσι(ν) όδοΰσι(ν) γίγάσι(ν)

30.3

30.4

30.5

30.6

1 Abgesehen von diesem sehr häufigen Beispiel finden sich freilich nicht leicht Belege für diese Form des Vokativs.

Page 96: Griechischer Lehrgang III

98 APPENDIX GRAMMATICA L. 30

30.7 II. Weitere Stämme auf -ont: Partizipien

(Generelles über Partizipien: L.28.7)

A. Formbildung

1. Partizip Präs. Akt. der ω-Verben Der Stamm endet auf -ντ2 nach dem Themavokal o. So ergibt sich z.B. λύ·ο·ν[τ]- wie λέον[τ]-;

α) Maskulinum und Neutrum

Nom. Sing. Mask.: Der Themavokal wird gedehnt: λύων[τ] wie λέων[τ]; Nom. Sing. Neutr. = Akk.: der bloße Stamm: λύον[τ]; Nom. und Akk. Plur. Neutr.: wie immer: -ά; also λύοντα; Dat. Plur. Mask. = Neutr.: λύουσι(ν), wie λέουσι(ν), von *λύοντσι(ν).

30.8 b) Feminina

Die Feminina aller aktiven Partizipien (auch im Perfekt; s. L. 28.5) werden - oder wurden ursprünglich - durch die sehr häufige Endung

-iä (= -yä = -ja)

von Adjektiven und Substantiven gebildet. Das j (Jot) verschwand, affizierte aber die vorhergehende Silbe, tj wurde zunächst zu einem Zischlaut: tj > ts; z.B. *λύοντία > * λύοντσα. Das -nt- in * λύοντσα fiel nach dem -o- aus, mit Ersatzdehnung, welche das kurze ö in ein langes ö (geschrieben ου) verwandelte. Die Entwicklung entspricht genau der im Dat. Plur. Mask. desselben Partizips: * λύοντσα > λύουσα ~ *λύονται > λύουσι (Nr.

2)· Demnach ist die Deklination des Femininums dieser Partizipien identisch mit der von Substantiven auf -ά wie θάλασσα, θαλάσσης (L. 11.1-3). Beachte bsonders den Genetiv (Akzent!) und Dativ Plur.:

Gen. Plur. λυόντων (Mask., Neut.); λυουσών (Fem.) Dat. Plur. λύουσι(ν) (Mask., Neut.); λυούσαις (Fem.)

Stamm παιδευοντ-

Mask. Neut. Fem.

ss- N.V. παιδεύων π α ι δ ε ΰ ο ν παιδεύουσα A. παιδεύοντα παιδεύουσαν G. παιδεύοντος παιδευούσης

D. παιδεύοντι παιδευούσηι

PI. N. παιδεύοντες π α ι δ ε ύ ο ν τ α παιδεύουσαι A. παιδεύοντας παιδευούσας

G. παιδευόντων παιδευουσών D. παιδεύουσιν παιδευούσαις

Beachte, daß παιδεύουσιν a) 3. Plur. Indik. und b) Dat. Plur. des Partizips ist; und daß παιδεύοντα a) Akk. Sing. Mask. und b) Nom. und Akk. Plur. Neutr. des gleichen Partizips ist.

2 Vgl. dt. >lösend<, »hörenii«.

Page 97: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 30 99

2. Das Partizip Futur Aktiv 30.10

ist gleich dem des Präsens, nur daß das charakteristische -s- zwischen Stamm und Endung eingesetzt ist; also wie λύω - λύσω (Indik.) so Partizip λύων - λύσων; λΰον - λύσον; λύουσα - λύσουσα, und z.B. Gen. Sing, λύσοντος, λυσούσης; Nom. Plur. λύσοντες, λύσοντα, λύσουσαι; Dat. Plur. λύσουσι(ν), λυσούσαις.

Ν.Β. Der Akzent der Partizipien bleibt - wie bei Substantiven und Adjektiven - nach 30.11 Möglichkeit dort, wo er im Nominativ steht; er wird nicht, wie bei allen eigentlich verbalen Formen, zurückgezogen. Demgemäß heißt z.B. der Nom. und Akk. Neutr.Sing, κωλΰον.

3. Das Partizip von είμί: >seiend<

Alle Formen sind gleich den betr. Endungen von z.B. λύων oder λύσων.

Beachte aber,

daß der Akzent in allen Kasus auf dem Stamm3 steht, z.B. ών, όντος, ούσης, ούσι, ούσαις, όντων.

Dies gilt auch für die Partizipien der Komposita von είμί, z.B. παρών, παρόν, παρούσα, παρόντες, παρόντα, παρούσαι, παρόντων (obwohl sie im Indikativ den Akzent zurückziehen, z.B. πάρειμι, άπειμι, σύνειμι).

Ausnahme: Der Gen. Plur. des Femininums: ούσών, παρουσών, συνουσών: diese sind Perispomena wie bei allen Substantiva und Adjektiva der a-Deklination.

30.12

Stamm όντ

Sg· PI.

N. A. G. D.

ων ÖV όντα

όντος όντι

οΰσα ούσαν ούσης ούσηι

δντες όντας

όντων ούσι(ν)

όντα ούσαι ούσας ούσών ούσαις

30.13

εκών und άκων (Akzent!) 30.14

εκών (^εκών), έκόν, έκούσα (»freiwillig, absichtlich«). Die Formen reimen sich mit denen von z.B. παρών; also etwa εκών, έκόντος, Dat. PI. έκούσι- έκούσα, έκούσης, Gen. PI. έκουσών, Dat. PI. έκούσαις; άκων (Homer, άέκων < ά^έκων), άκον, άκουσα (»unwillig, gezwungen«). Die Formen reimen sich mit denen von λύων; z.B. άκων, άκοντος, Dat. PI. άκουσι- άκουσα, ακούσης, Gen. PI. άκουσών, Dat. PI. άκούσαις. Nach Form und Gebrauch sind auch dies Partizipien. Ein zugehöriges Verb (mit der Bedeutung »wollen«) ist im Griechischen nicht erhalten, wohl aber im Alt-Indischen.

B. Einige Verwendungen von Partizipien (vgl. L.28.7) 30.15

Da sie Verbaladjektiva sind, werden sie den Adjektiven entsprechend gebraucht (jedoch auch auf einige andere Weisen: s. nächste Lektion); z.B. als Attribut zum Subjekt: so in der griech. Lekt. IIA2und 5 (das Subjekt ist häufig im Verbum selbst enthalten; so in AI

3 - und nicht auf den Endungen des Gen. und Dat. Mask. und Neutr., wie man bei diesem einsilbigen Stamm erwarten dürfte (L. 20.6). Es gibt aber andere Ausnahmen von der Regel (s. L. 27.4).

Page 98: Griechischer Lehrgang III

100 APPENDIX GRAMMATICA L. 31

und B2), oder auch als Attribut zum Objekt (E6) oder mit Bezug auf einen Genetiv (Bl; E4) oder einen Dativ (B3). Mit Artikel dient das Partizip häufig als Substantiversatz (A3.4.6; B4;F1.2)4. Da sie aber auch Verbformen sind, können die Partizipien andrerseits wie andere Formen desselben Verbs ein Objekt regieren (A6; B2; D). Sie lassen sich auch durch Partikeln und Adverbia5 näher bestimmen (A5; Fl und 2; Gl).

LEKTION 31

I. Weitere nt-Stämme (mit vorausgehendem a-)

Α. πάς, πάν, πάσα >jeder<, >alle(s)<

31.1 /. Formbildung V παντ-

a) Maskulinum und Neutrum Nom. Sing., Mask.: Endung -s: πα[ντ]ς > πάς, mit Ersatzdehnung; Nom. und Akk. Sing., Neut.: der bloße Stamm (keine Endung): παν[τ]; übernimmt aber das ά des Mask.: πάν; Dat. Plur.: πα[ντ]σι(ν) > πάσι(ν) (Ersatzdehnung). Die übrigen Kasus: Stamm + Endung, unverändert.

b) Femininum wird mit der typischen Endung -iä (s. L.30.8) gebildet: '•' pantja > * pantsa > πάσα, dekliniert wie θάλασσα.

Akzente: Mask. Neut. παντός, παντί regelmäßig (s. L. 20.6); aber πάντων, πάσι(ν) unregelmäßig wie όντων, παίδων (s. L.27.4).

Stamm παντ- π α ν ^ ά - παντ- πανηά-

Mask. Neut. Fem. Mask. Neut. Fem.

Ν. πάς παν Α. πάντα G. παντός D. παντί

πάσα πάσαν πάσης πάσηι

πάντες π ά ν τ α πάντας

πάντων πάσι(ν)

πάσαι πάσας πασών πάσαις

31.2 c) Wie πάς: άπας, άπαν, άπάσα (verstärktes πάς: »jeder einzelne«, »überhaupt alles«), und συμπάς, σύμπαν, σύμπασα (»alle bzw. alles zusammen«); -ausgenommen: 1. das kurze ά in άπαν und σύμπαν, und 2. die Akzentuation; denn der Akzent geht so weit wie möglich vom Ende zurück: z.B. άπαντες und σύμπαντος, aber συμπάντων.

4 Das Partizip ό άρχων, οί άρχοντες (der Archon, Archonten) entwickelte sich zum Titel für hohe Beamte in Athen und anderen Städten.

5 Umgekehrt dient das Part. Dat. Neutr. τώι οντι als Adverb (»tatsächlich, eigentlich«).

Page 99: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 31 101

2. Bedeutungsnuancen von πάς

(mit und ohne Artikel) zeigen sich in den folgenden Beispielen:

31.3

π ά ς άνθρωπος ό πάς άνθρωπος, πάς ό ά., ό ά. πάς

Πάσα χώρα ή πάσα χώρα, πάσα ή χ . ) ή χώρα (σύμ-)πάσα »

»jedermann« »der ganze Mensch« »der Mensch als Ganzes«

»jedes Land« »das ganze Land« »das Land im Ganzen«

»jedes Werk« ι »das ganze Werk«, f »das Gesamtwerk«

»alle Menschen, die es gibt, tout le monde« »alle (erwähnten oder in Frage kommenden) Menschen«

»jede Zahl« »die Gesamtzahl, Summe« (merke: nur in dieser Stellung)

παν έργον πάν τό έργον, τό πάν έργον

πάντες άνθρωποι πάντες οί άνθρ. οί άνθρ. πάντες

πάς αριθμός ό πάς αριθμός

Die verschiedenen Stellungen des Artikels bewirken feine Abschattungen der Bedeutung, 31.4 die sich nicht immer auf eine allgemeine Regel bringen lassen. Und Piatos ψυχή πάσα (C2 in der griech. Lekt.) ist, darüber hinaus, nicht gleichbedeutend mit dem gebräuchlicheren πάσα ψυχή.

Β. Das Partizip des schwachen (-s-)Aorists 31.5

λύσάς, λύσαν, λύσάσα reimt sich mit συμπάς, σύμπαν, σύμπασα1,

weil es gleichfalls ein nt-Stamm ist, dem ein -σα-, das Merkmal des Aorists, vorangeht (L. 14.3). Dementsprechend:

1. fällt auch hier -nt vor -s aus, mit Ersatzdehnung; 2. hat der Nom. Sing. Mask. die Endung s: * λύσαντς > λύσάς; 3. besteht der Nom. und Akk. Sing. Neut. aus dem bloßen endungslosen Stamm:

λύσαν[τ]; 4. entsteht das Fem. durch Anfügung von -ja an den Stamm:

* λύσανηά > * λύσανσα > λύσάσα.

All dies ist von der Deklination von γίγας (L.30.6), von λύων (L.30.9) und von πάς (hier, Nr. 1) bekannt. Daher dürfte das folgende Paradigma überflüssig sein.

Stamm παιδευσαντ- * παιδευσανηά

Mask. Neut. Fem.

Sg. N.V. παιδεύσας παίδευσαν Α. παιδεύσαντα G. παιδεύσαντος D. παιδεύσαντι

παιδεύσάσα παιδεύσασαν παιδευσάσης παιδευσάσηι

PI. Ν. παιδεύσαντες παιδεύσαντα Α. παιδεύσαντας G. παιδευσάντων D. παιδεύσάσι(ν)

παιδεύσασαι παιδευσάσας παιδευσασών παιδευσάσαις

Page 100: Griechischer Lehrgang III

102 APPENDIX GRAMMATICA L. 31

31.6 II. Weitere Anwendungen des Partizips

/ . Der Genetivus absolutus und das sog. Participium coniunctum

Der Genetiv bezeichnet einen Bereich (s. L. 3.5 und 4.6), und dient damit vor allem zur näheren Bestimmung eines anderen Nomens: Vaters Haus, die Mannschaft des Schiffes. Der Genetiv kann in ähnlicher Weise ein Verb bestimmen: »er arbeitete an der gleichen Stelle«: griech. αυτού, oder »nachts« (»des Nachts«): griech. νυκτός. Diese adverbialen Genetive haben somit lokativen Charakter2, und es macht wenig Unterschied, wenn diesem lokativen Genetiv ein Attribut hinzugefügt wird - sei es ein Adjektiv (»dunkle Nacht«) oder ein Partizip: »(es) Nacht seiend«: νυκτός ούσης. Ähnlich: ΰοντος »während es regnet (oder regnete)«, kurz für ΰοντος τοΰ θεού. Der adverbiale Genetiv mit einem Partizip ist sehr häufig im Griechischen (verhältnismäßig selten ohne Partizip). Er heißt »Genetivus absolutus« und entspricht dem lat. Ablativus absolutus. Beide haben tatsächlich nichts besonders »Absolutes« an sich; das Partizip ist ein Attribut zu diesen adverbialen Genetiven (oder, im Lat., Ablativen), wie das »Partizipium coniunctum« ein Attribut im Nominativ zum Subjekt oder Prädikat bzw. im Akkusativ zum Objekt usw. ist3.

31.7 Wie die anderen Modi- mit Ausnahme allein des Indikativs - zeigt das Partizip als solches keine absolute oder relative Zeitstufe an4. Eine reUtive Zeitbedeutung ergibt sich jedoch oft durch den von verschiedenen Tempora ausgedrückten Aspekt, besonders durch die lineare Bedeutung des Präsens im Gegensatz zur punktuellen des Aorists; z.B.

γράφων άιδει: »er schreibt und singt dabei«; »er singt beim Schreiben«; γράψας άιδει: »er ist fertig mit Schreiben und singt (jetzt)«; »nachdem er geschrieben hat, singt er«.

Wenn das Hauptverb in die Vergangenheit oder Zukunft gesetzt wird, verändert sich gleichmäßig die Bedeutung des Partizips, und zwar so, daß das relative Zeitverhältnis unverändert dasselbe bleibt.

31.8 2. Nähere Bestimmung der Partizipien durch Partikeln

Die Leistung eines Partizips für den Textzusammenhang wird - viel öfter im Griech. als im Lat. - durch Partikeln verdeutlicht; z.B.

άτε άκούσασα: >da ich ja, (weil) ich (du, sie) gehört habe (hatte)«; άμα άιδων: »zugleich singend«; »während (er, sie, es) gleichzeitig singt (sang)«; καίπερ δούλον όντα: Obwohl er ein Sklave ist (war) . . .<; μεταξύ έσθίοντος αυτού: 'zwischen seinem Essen«; »während er aß«.

Besonders vielfältig sind - von unserem Blickwinkel aus gesehen - die Sinnschattierungen der

1 Mit anderen Worten: das Neutr. λϋσαν hat das regelmäßige kurze ά wie in σύμπαν und nicht das unregelmäßige lange ö wie in πάν. Parallelen hierzu sind offensichtlich die Neutra der Partizipien des Präsens und des Futurs, λϋον und λϋσον.

2 Im wesentlichen werden ΙΕ-Lokative durch griech. Dative repräsentiert (έν Αθήναις); aber es gibt andere Äquivalente (z.B. Άθηνησιν).

3 Bedenke nebeneinander: 'Αριστείδου άρχοντος οί 'Αθηναίοι ένίκησαν und Άριστείδην άρχοντα οί 'Αθηναίοι έθαΰμαζον. Das erste: eine Erläuterung zum Verb (adverbiale Bestimmung), im Genetiv; das zweite: sein Objekt, im Akkusativ; beide mit einem Partizip als Attribut.

4 Dasselbe gilt für das Lateinische. Die griechische Sprache hat aber weit mehr Partizipien und dadurch mehr Variationsmöglichkeiten.

Page 101: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 32 103

3. Partikel ώς (>wie<) 31.9

Im großen und ganzen drückt sie einen subjektiven Zweck oder eine subjektive Ansicht aus5. Beispiele sind hier klarer als Definitionen:

ώς λύσων πάρειμι: »Ich bin hier (wie einer, der . . . will) mit der Absicht zu . . .<; ώς άκούοντος (μου) λέγε: »du kannst sprechen in der Annahme, daß ich zuhöre«; ώς φονεύσας πάρεστιν: »Hier ist er. Er gibt an, den Mord begangen zu haben« (- und das kann wahr oder bloß vorgegeben sein); τύπτεις με ώς δοΰλον όντα: >. . . als ob ich ein Sklave wäre« oder »weil du weißt, daß ich ein Sklave bin«.

Ergänzung: das Imperfekt >ich war< (1. Pers. Sing.) 31.10

ή : die ältere Form; < Homer έα und ήα, von * esa < * esm (lat. eram); ήν: unter Anfügung der sekundären Endung -ν (έλυον); mit dem Ergebnis, daß nun die 1. und die 3. Pers. Sing, gleich lauten. Beide Formen wurden im klassischen Attisch gebraucht.

L E K T I O N 32

I. Substantiva: s-Stämme 32.1

a) Begreife den fundamentalen Unterschied zwischen und

ό δόλος, τού δόλου (List) το γένος, τού γένους (Geschlecht) lat. dolus, doli lat. genus, generis Mask. (auch Fem.): -ος, -ου Neutr.: -ος, -ους

thematische oder o-Dekl. »3.« Dekl., s-Stamm -ος ist Endung -ος ist Stamm-Ende

Neutra auf -ος sind oft von Adjektiven abgeleitet (vgl. L. 28.2); z.B. τό κάλλος < καλός-το μέγεθος < μέγας- τό βάρος < βαρύς (»schwer«). Viele andere sind jedoch primäre »Wurzel-Substantiva«, z.B. τό μέλος »das Lied« und τό τέλος »das Ende«.

b) Entwicklung ihrer Deklination

Bei den s-Stämmen stand ο/ε vor dem Endlaut -s; und zwar im Nom. und Akk. Sing, -ο: γένος (lat. genus), in allen anderen Kasus ε: * γένεσος (lat. * genesis).

Im Griechischen fiel -s- zwischen Vokalen (»intervokalisches s<) schon vor der homerischen Zeit aus; im Lateinischen wurde es zu -r- (L. 8.10). Der so entstandene Hiat blieb erhalten bei Homer und in späterer Dichtung (z.B. Gen. γένεος); wurde aber durchÄbn-traktion beseitigt im Attischen und in späterer Prosa (z.B. γένους).

32.2

5 Auch eine Vorstellung, Sorge oder Erwägung.

Page 102: Griechischer Lehrgang III

104 APPENDIX GRAMMATICA L. 32

Doppeltes -s- (-s- nach dem Stamm-Endlaut) im Dat. Plur. bleibt bei Homer unverändert bestehen, während in der Prosa eines eliminiert wurde: γένεσσιν > γένεσιν.

32.3 Kontraktionsergebnisse:

εο > ö (als ου geschrieben; s. L. 15.2); z.B. Gen. Sing, γένεος > γένους;

εω > ω (ω behält bei allen Kontraktionen die Oberhand); z.B. Gen. Plur. γενέων > γενών;

εα > η (s. L. 15.5); z.B. Nom. und Akk. Plur. γένεα > γένη;

εί > ει (die ursprünglich getrennten Vokale werden zu einem Diphthong); Dat. Sing, γενεί > γένει.

Stamm γενε/ος

lat. Homer attisch

Sg. N.A.V. G.

D.

genus generis

(-S-)

generi

γένος γένε[σ]ος

γένε[σ]ϊ

γένος γένους

γένει

PI. N.A.

G. D.

genera (-S-)

generum generibus

γένε[σ]α

γενέ[σ]ων γένεσσι(ν)

γένη

γενών γένεσι(ν)

II. Partizipien der starken Aoriste

32.5 Beispiel:

Aor.: λιπών, λιπόν, λιπούσα; Gen. λιπόντος, λιπούσης Präs.: λείπων, λείπον, λείπουσα; Gen. λείποντος, λειπούσης

Sie sind -ντ-Stämme wie fast alle aktiven Partizipien und werden (wie alle Modi des starken Aorists, s. L.29.4) mit dem Themavokal gebildet. Infolgedessen sind die Endungen der Partizipien des starken Aorists und des Präsens gleich. Die Formen unterscheiden sich jedoch durch:

a) ihre Stämme, z.B. λειπ-: λιπ- und μανθαν-: μαθ-, und b) ihren Akzent, da die Partizipien des Aorists immer auf der Silbe nach der Wurzel akzentuiert sind (λιπών usw.).

Singular Plural

Ν. ίδών ίδόν ίδούσα Α. ίδόντα ίδούσαν G. ίδόντος ίδούσης D. ίδόντι ίδούσηι

ίδόντες ίδόντα ίδούσαι ίδόντας ίδούσας

ίδόντων ίδουσών ίδούσι(ν) ίδούσαις

Die andern Modi des starken Aorists (L. 29) είδον ϊδω ίδοιμι ίδε::" ίδείν είδες . . . ίδηις . . . ίδοις . . . ίδέτω

"Häufige und alte Nebenform bei diesem Verb: ιδού.

Page 103: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 33 105

Weitere Beispiele: 32.6

Indik. Konj. Partiz.

έφυγον φύγω φυγών, φυγόν, φυγούσα (vgl. λύων, λΰον, λύουσα)

ήλθον έλθω έλθών, έλθόν, έλθούσα; Akk. Sing, έλθόντα, έλθόν, έλθοΰσαν

έμαθον μάθω μαθών, μαθόν, μαθοΰσα; Gen. Plur. μαθόντων, μαθουσών

είπον είπω ειπών, είπόν, ειπούσα; Dat. Plur. είπούσι, είπούσαις

Nachtrag: das Imperfekt 'ich war' 32.7

S. L. 31.10 für die 1. Person Sing. Die (ursprüngliche) Endung der 2. Person Sing, -σθα wird später durch Parallelformen erklärt werden. Die übrigen Formen sind schon bekannt.

ή (ήν), ήσθα, ήν, ήμεν, ήτε, ήσαν

LEKTION 33

Ι. Weitere s-Stämme

Α. Eigennamen, die von Substantiven auf -s abgeleitet sind 33.1

Z.B. τό γένος »Geschlecht«, z.B. Diogenes, Hermogenes; τό μένος »Stärke«, z.B. Anaximenes, Eumenes, Theramenes; τό κράτος »Stärke, Macht«, z.B. Sokrates, Polykrates; τό τέλος »Ende, Vollendung«, z.B. Aristoteles, Praxiteles.

Ihre Formen stimmen im großen und ganzen mit denen der entsprechenden Substantive überein (L. 32.1-4). Aber

1. gegenüber dem ο/ε-Ablaut der Nomina haben die Namen vor dem Schluß-s durchweg den e-Laut. Dieser ist (oder war vor der Kontraktion) überall -ε-, bis auf den Nominativ, wo er zu η gedehnt ist: Σωκράτης;

2. der Vokativ besteht (wie immer) aus dem bloßen Stamm und zieht den Akzent zurück: ώ Σώκρατες.

Stamm Διογενεσ-Ν . Διογένης V. (ώ) Διόγενες Α. * Διογένε[σ]α > Διογένη 1 , vgl. Ν.ΡΙ.τά γένη < * γένεσα. G. * Διογένε[σ]ος > Διογένους, vgl. G.S. τού γένους < * γένεσος. D. * Διογένε[σ]ι > Διογένει , vgl. D.S. τώι γένει < * γένεσι.

Page 104: Griechischer Lehrgang III

106 APPENDIX GRAMMATICA L. 33

33_2 B. Ein Sonderfall

Eigennamen, die von τό κλέος (κλέ^ος) >Ruhm< abgeleitet sind, wie Perikles, Sophokles, Herakles.

Der Stamm des zweiten Teils dieser Namen hat zwei Konsonanten, w und s, verloren; der dadurch entstandene zweifache Hiat wurde im Attischen und in späterer Prosa durch Kontraktion - teilweise sogar zweifache Kontraktion2 - reduziert. Der Hiat tritt jedoch nicht nur bei Homer und seinen Nachfolgern, sondern auch in der attischen Komödie hervor (z.B. ώ Περίκλεες).

Stamm Σοφοκλε^ες-

Poetische (ältere) Form Prosa N. ΣοφοκλέΙ^Ιης Σοφοκλής

V. Σοφόκλειες (ώ) Σοφόκλεις3

A. Σ ο φ ο κ λ έ ^ ε ^ α Σοφοκλέά4

G. Σοφοκλέ^εΐσίος Σοφοκλέους2

D. Σοφοκλέ^εΙσΙι Σοφοκλεϊ2

33.4 C. Adjektiva

Z.B. ευγενής, -ές; ευτυχής, -ές; δυστυχής, -ές; αληθής, -ές; υγιής, -ές; εύκλεής, -ές.

33.5 Beachte, daß 1. die meisten von ihnen Komposita sind (wie die Namen, oben Nr. 1 und 2); infolgedessen sind alle zweiendig; d.h. sie haben keine besonderen Formen für das Femininum;

2. die meisten auf der letzten Silbe des Stamms betont sind5;

3. was die Bildung ihrer Kasus angeht, a) im SinguUr der bloße Stamm als Vokativ sowie als Nom. und Akk. Neutrum dient. Die übrigen Kasusendungen sind wie oben unter Α (bis auf die - soeben erwähnten - Akzente).

b) im Plural Nom., Mask. (und Fem.) *-έσες > -έες > εϊς (langes έ, auch hier ει geschrieben; vgl. Anm. 3); Nom., Neut. *-έσα > έα > ή (vgl. γένη, L.32.3); Akk. Mask. (und Fem.) = Nom., -εις (Lekt. 35 wird zeigen, warum);

1 Nach dem Vorbild der Namen der a-Deklination, wie z.B. Ευριπίδης, Akk. -ην, lautet von ca. 400 v.Chr. an der Akkusativ oft Διογένην, Σωκράτην.

33.3 2 Merke, daß dort, wo F ausfiel, nur Vokale ähnlicher Klangfarbe kontrahiert wurden; z.B. - κλέ[ί"]ης > -κλής und -κλέ[^]ε[σ]ι > κλεϊ, aber -κλέ|Τ]ε[σ]ος > -κλέεος > -κλέους.

3 ε + ε > έ, geschrieben ει (wie ö durch ου angezeigt wird: s. L.6.14). Das beobachteten wir (L.24.11) bei εις (»einer«), aus * ένς.

4 -ά (nicht -η wie in Διογένη), da der Vokal ε vorausgeht. Dasselbe gilt für die Adjektive mit s-Stämmen.

5 Die wenigen anders betonten (Barytona) neigen dazu, ihren Akzent so weit wie möglich zurückzuziehen; z.B. αυτάρκης »sich selbst genügend, unabhängig«, Neut. αϋταρκες, Gen. Plur. αυταρκών.

Page 105: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 33 107

Gen. -ών (* -έσων > -έων > -ών, wie bei τών γενών); Dat. -έσι(ν) < -έσσι(ν), vgl. τοίς γένεσι(ν).

Παράδειγμα α' 33.6 Stamm: εύγενέσ- (»edelgeboren«, vgl. oben Διογένης »Zeusgeboren«)

Mask. Fem. Neut. Mask. Fem. Neut.

Ν. ευγενής εύγενές Α. ευγενή

ευγενείς ευγενή

G. ευγενούς D. εύγενεί V. εύγενές

ευγενών

εύγενέσι(ν)

So die meisten Adjektive dieser Art (vgl. aber Anm. 5).

Die von τό κλέος »Ruhm« abgeleiteten weichen auf ähnliche Weise ab wie die Formen von 33.7 Σοφοκλής (oben, B) sich von denen von Διογένης (Α) unterscheiden und aus demselben Grund. Nämlich

a) sie kontrahieren -εα zu -ά (und nicht zu -η)6 und

b) das ursprüngliche erste ε ihres Stammes bleibt unkontrahiert.

Παράδειγμα β' Stamm: εύκλε(/Γ)εσ-

Ν. εύκλεής εύκλεές

Α. εύκλεά6

εύκλεείς εύκλεά6

G. εύκλεούς D. εύκλεεί V. εύκλεές

εύκλεών εύκλεέσι(ν)

so auch άκλεής, δυσκλεής.

D. Substantive auf -άς 33.9

Diese wenigen Substantiva weichen von dem Normaltyp (γένος) dadurch ab, daß ihr Stamm vor dem Schluß-s ein -ά (und nicht ε/ο) hat. Daher verlief die Vokalkontraktion nach Verlust des -s- anders; wie das Folgende zeigt: τό γήρας (Stamm: γηρασ-) »Greisenalter«; vgl. ό γέρων (L.30.6).

N.A.V. γήρας > γήρας G. γήρα[σ]ος > γήρως

D. γήρα[σ]ι > γήράι

So τό γέρας »Ehrengeschenk«; τό κρέας »Fleisch«; τό κέρας »Hörn«. 33.10 Von κρέας gibt es den Plural κρέά, κρεών, κρέάσι(ν); ebenso von γέρας: γέρα, γερών, γέρασι(ν).

6 Nach diesem Vorbild gibt es ähnliche Formen, bei denen andere Vokale (als ε) vorangehen; näm- 33.8 lieh ι oder υ: z.B. ύγιά (neben υγιή) und εύφυά (neben ευφυή) »wohlgewachsen«, »von Natur gut«, von ευφυής, -ές.

Page 106: Griechischer Lehrgang III

108 APPENDIX GRAMMATICA L. 34

Κέρας wird wie γήρας dekliniert, wenn es den »Flügel« einer Armee (lat. cornu) bezeichnet; z.B. έπί κέρως »in einer Linie« oder δεξιώι κέράι »auf dem rechten Flügel«; sonst wird es als regelmäßiger t-Stamm behandelt (L. 29.1) - als wenn sein Schluß-s die Endung des Nominativs wäre: κέρατος, κέρατι, κέρατα, usw.

II. Zum Verselesen

33.11 Die Verse aus Eur. Hec. (IC4) sind Anapaeste (~ ~ -) einer besonderen Art; sog. »Klage-anapaeste«, bei denen für alle, oder doch fast alle, Doppelkürzen je ein Longum steht. Daher enthält der ganze, oder doch fast der ganze, Gesang nur lange Silben. Also

δειλαία δειλαίου γήρως

33.12 Dagegen ist in Polyxenas erstem Anapaest das normale Longum in zwei Kürzen aufgelöst (—«« : da steht also sozusagen ein Daktylus für den Anapaest ;--" fü r -" - ) . Demnach ist das Metrum ihres ersten Verses:

_ Η - - I - -I--I ούκέτι σοι παις άδ'· ούκέτι δή . . .

Den sprachlichen Stil angehend, wurde gewiß bemerkt, wie hohe Dichtung hier die alte Ausdruckskraft der Kasusformen bewahrt:

δειλαία δειλαίου γήρως »unselig wegen/in unseligem Alter«

Auch bewahren die lyrischen Partien der Tragödie die Dialektfärbung der dorischen Chorlyrik, in der sie wurzeln; z.B. in άδε, att. ήδε.

LEKTION 34

34.1 I. Das Perfekt Passiv

Der Perfektstamm ist im Passiv, ganz wie im Aktiv, durch Reduplikation des Anlauts charakterisiert (L. 17.3-8); der passive Stamm ist jedoch immer stark (also keine Erweiterung des Stammauslauts durch -k-); z.B. λελυ- (λύω), δεδε- (δέω), πεπαιδευ- (παιδεύω), βεβουλευ- (βουλεύω).

34.2 Α. Das Partizip

I.Endungen: -μένος, -μένον, -μένη, dekliniert wie ξένος, ξένον, ξένη; der Akzent steht

immer auf dem -έ-.

2. Gemäß der grundsätzlichen Bedeutung des Perfektums (L. 17.9-11) ist:

a) ein Sklave δεδεμένος einer, der gefesselt worden ist, und der daher jetzt in Fesseln liegt;

b) ein Sklave λελυμένος einer, der losgebunden worden ist, und daher jetzt frei ist;

c) ein Mann πεπαιδευμένος ist erzogen worden. Daher ist er jetzt ein wohlerzogener oder

gebildeter Mensch;

Page 107: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 34 109

d) ein Kind λελουμένον ist gewaschen worden, und ist jetzt sauber;

e) ein Mann βεβουλευμένος hat die Sache überlegt und Mi jetzt entschlossen.

Das letzte Beispiel beweist, daß diese Formen nicht immer »passive« Bedeutung haben; sie können, ihrer Bedeutung nach, auch als sog. »Medium« klassifiziert werden. Darüber wird in den folgenden Lektionen noch Näheres zu erfahren sein.

3. Futur Perfekt 34.3

έσται λελυμένον έσται δεδεμένα

Zusammen mit dem Futur des Hilfsverbums είμί (L.36.7) vermag das Partiz. Perf. ein Futur Perfekt zu bilden, welches einen »perfek

ten« (von lat. perficio: »vollkommen« oder »vollendet«) Zustand in der Zukunft bedeutet. Also etwas ganz anderes als das lat. Futur II.

4. Der Konjunktiv und Optativ des Perf. Pass. (oder Medium) werden ebenso umschrieben, z.B. λελυμένος ώ, ήις, ήι; πεπαιδευμένος είην, εϊης, είη; βεβουλευμένοι ώσιν; μεμνημέναι είεν.

In Lektion 28.9 begegnete uns die gleiche Art von Umschreibung im Perfekt Aktiv (dort ist dies aber nicht, wie im Passiv, die einzige Möglichkeit, einen Konjunktiv oder Optativ auszudrücken).

B. Andere Modi

1. λελύσθαι πεπαιδεύσθαι

Die Endung des Infinitivs ist -σθαι. Der Endlaut -αι hat für die Ak- 34.4 zentuierung die Wirkung eines kurzen Vokals (wie gewöhnlich; vgl.

L.8.4 und 26.14). Der Akzent dieser Infinitive steht immer auf der vorletzten Silbe.

2. λέλυ-σο, μέμνη-σο Imperativ: die Endungen sind: 2. Person Sing, -σο, 2. Person 34.5 λέλυσθε, μέμνησθε Plur. -σθε.

Es gibt auch Imperative der 3. Person: Sing, λελύσθω, Plur. λελύσθων (später -σθωσαν). Μέμνησο, μέμνησθε »erinnere dich«, »erinnert euch!« zeigt dieselbe nicht-passive Bedeutung wie das Partizip (oben) βεβουλευμένος: das »Medium«.

C. Der Indikativ

λέλυ- \ [Sg. 1. -μαι πεπαίδευ-J \ 2. -σαι Akzent 1. Plur. δέδε- > < 3. -ται λελύμεθα, πεπαιδεύμεθα μέμνη- \ [PI. 1. -μέθα δεδέμεθα, μεμνήμεθα βεβούλευ-'

1 2. 3.

-σθε -νται

βεβουλεύμεθα

Akzent: wie bei allen echten Verbalfomen wird er möglichst weit von der Endung zurückgezogen. Auch hier hat dabei der Enddiphthong -αι die Wirkung eines kurzen Vokals (Nr. 4).

34.6

Page 108: Griechischer Lehrgang III

110 APPENDIX GRAMMATICA L. 35

34.7 Präge dir diese primären Endungen des Passivs ein (vgl. L.6.13)

-μαι, -σαι, -ται, -μέθα, -σθε, -νται

und erwäge ihre Ähnlichkeit bzw. Verschiedenheit gegenüber dem Aktiv (primär und sekundär; griech. und lat.):

34.8 Primär: -ω, -εις, -ει, -μεν, -τε, -ουσι (-ντι) Lat.: -ο, -s, -t, -mus, -US, -nt

Sekundär: -ν, -s. - « , -μεν, -τε, -v(t) Lat.: -m, -s, -t, -mus, -US, -nt

34.9 II. Zum Versesprechen

Die Verse aus einer Komödie des Philemon (III) zeigen die bekannten Eigenheiten des »komischen« iambischen Trimeters:

1. Doppelkürzen sowohl für ein longum: οί φιλόσοφοι und πλοϋτον ύγίειαν wie für ein

breve: τί τάγαθόν έστιν, J~I - ^n, _ I _ sogar zweimal in einem Metrum: έν άγρώι διατριβών.

2. Die erste Silbe;e<iei iambischen Metrums kann bekanntlich kurz oder lang sein (sie ist >anceps<). Du findest sie hier lang z.B. in:

V. 1 oi . . . ζητούσιν; V. 4 νύν . . . ειρήνη; V. 8 αύτη . . .

3. Und schließlich: In der Komödie längt muta cum liquida eine vorangehende kurze Silbe nicht; z.B.

V.3 έν άγρώι und V. 5 τής έπαφροδίτου . . .

Wenn du diese Verse selbständig sprechen willst, analysiere sie selbst! Schreibe den Text ab; bezeichne jede Silbe als - oder - ; sieh, wie die longa und brevU sich auf die drei iambischen Metra verteilen - und dann sprich die Verse entsprechend deiner Analyse!

LEKTION 35

Alle konsonantischen Stämme sind nun behandelt worden und von den Vokalstämmen diejenigen auf -a und e/o (thematisch), i- und y-Stämme stehen noch aus1. Wir beginnen mit den y-Stämmen.

1 Auch einige wenige, die - wenigstens scheinbar - auf ω/ο enden (L. 42)

Page 109: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 35 111

I. y-Stämme

A. Nomina auf -ύ 35.1

1. Ihre Formbildung

a) Die Kasus

Nom. Sing, hat die Endung -s; z.B. ό Ιχθύς »Fisch«, ό σύς (ύς)2 »Eber, Keiler«, ή ίσχύς

»Stärke«, ή Έρινύς (Rachegöttin).

Akk. Sing.: -ύν (wie es einem Vokalstamm zukommt; vgl. θεόν, θεάν).

Akk. Plur.: -ύς (wie es einem Vokalstamm zukommt; von -υνς; vgl. θεούς < -ons).

Vokativ: -ύ (d.h. der Stamm). Wenn dem -υ ein Vokal folgt, wird es gekürzt (ιχθύος usw.) und analog dazu auch im Dat. Plur. (ίχθύσιν); daher erscheint das lange -ύ nur im Nom., Akk. und Vok. Sing, und im Akk. Plur., z.B. ιχθύς, ίχθύν, ίχθύ, τους ιχθύς.

b) Der Akzent ist immer auf dem υ - außer, wo die Regeln für die Betonung einsilbiger Stämme gelten, wie z.B. bei σύς und μύς (συός, μυών usw.).

Im Akk. Plur. hat das -ύ (verstärkt durch Ersatzdehnung) immer den Zirkumflex (τους ιχθύς, τάς Έρινύς). Des weiteren wird berichtet, daß dasUnge v, zumindest in Attika, in einigen Wörtern mit Zirkumflex, in anderen mit Akut ausgesprochen wurde, z.B. ιχθύς, ίχθύν, ίχθύ (so σύς), aber ίσχύς, ίσχύν, ίσχύ (so Έρινύς).

2. ΠΑΡΑΔΕΙΓΜΑΤΑ 35.2

Stamm ίχθύ- Έρινύ-

Sg. PI. Sg. PI.

Ν. ό ιχθύς ίχθύες" Α. ίχθύν ιχθύς" G. ιχθύος ιχθύων D. ίχθύϊ ίχθύσι(ν) V. ίχθύ

ή Έρινύς Ερινύες Έρινύν Έρινύς Έρινύος Έρινύων Έρινύ'ί Έρινύσι(ν) (Έρινύς)0

(a) Nom. Plur. selten -ϋς. (b) Akk. Plur. oft -ΰας. (c) D.h. der Nom. (Aisch. Sept. 70 und 988). Von dem theoretisch korrekten Vokativ

Έρινύ kann ich kein Beispiel finden.

Β. Adjektive auf-ν (ν/Έ)3

Z.B. ταχύς »schnell«, βραδύς »langsam«, βραχύς »kurz«, βαρύς »schwer«, γλυκύς »süß«, 35.3 ηδύς »süß, angenehm«.

/ . Ihre Formbildung

a) Bei diesen Adjektiven wechselt υ mit ε: -υ erscheint nur im Nom. Akk. und Vok. Sing, des Mask. und Neut., also z.B. ηδύς, ήδύν, ήδύ; alle anderen Formen haben -ε am Stammende, z.B. ήδέος, ηδεία, ήδεϊς usw.; auch das Adverb: ήδέως.

2 Beide Formen (vgl. ? | mit lat. sex) tauchen früh und spät auf. Vgl. lat. sus, dt. »Sau« 3 Es gibt auch einige wenige Substantive auf -υ/ε (L. 41.1).

Page 110: Griechischer Lehrgang III

112 APPENDIX GRAMMATICA L. 35

35.4 b) Der Grund für diesen Wechsel

Aus indoeuropäischer Vorzeit gab es bei diesen Stämmen (wie bei anderen, s. L.37ff.) den Wechsel von einem längeren Stammende (nämlich -ευ) zu einem kürzeren (bloßem -υ: »quantitativer Ablaut«). Die kürzere Form -υ ist auf die soeben angeführten drei Formen beschränkt; die längere veränderte sich vor Vokalen notwendig zu -ew, -tF, und das Digamma ging wie immer verloren. Das übrigbleibende -ε wurde als der charakteristische Vokal dieser Art von Adjektiven betrachtet und daher sogar vor einem Konsonanten bei-

35.5 behalten, nämlich im Dat. Plur., z.B. ήδέσι, und auch im Akk. Plur. Der letztere lautete also ursprünglich *ήδένς, was auf dem üblichen Wege (wie θεόνς > θεούς) mit Ersatzdehnung sich zu ήδές entwickelte und bald ηδείς geschrieben wurde. So entstand ein dem Nom. Plur. gleicher Akk. Plur., z.B. Nom. ηδείς < ^'ήδέ^ες, Akk. ηδείς < : :'ήδένς. Nach diesem Vorbild glich sich auch der Akk. Plur. der s-Stämme an den Nom. an (L.33.4); z.B. ευγενείς und σαφείς wie ηδείς und βαρείς: Akk. Plur. = Nom. Plur.

35.6 c) Kontraktion

Der durch den Verlust des Digamma entstandene Hiat wurde dort reduziert, wo durch den Zusammenfall zweier e-Laute ein langes έ entstand (das dann bald ει geschrieben wurde); z.B. ήδέες (so im Homer) wurde zu ηδείς; sonst aber blieb der Hiat bestehen, z.B. in ήδέος, ηδέων, ηδέα (also wie L. 33.3). Außerdem entwickelte sich der Dat. Sing, von ήδέϊ (so Homer) zu ήδεί, mit Diphthong.

35.7 d) Das Femininum dieser Adjektive

wird gebildet - wie dasjenige vieler andrer Adjektive, Substantive und auch (aktiver) Partizipien - mit der charakteristischen Endung -ja (L.30.8). Dabei wurde z.B. ήδέΑα zu ήδεί^α (F und ι tauschten ihre Plätze: ein sehr häufiges Phänomen) und, nach Verlust des Digamma, zu ηδεία.

Die Kasus dieser Feminina sind gleich denen aller ä-Stämme, also z.B. wie von αλήθεια (L. 11.1), oder vom Partizip des Perfekts wie λελυκυϊα (L.28.6).

35.8 e) Akzentuierung

Fast alle Adjektiva dieser Gruppe sind auf der letzten Silbe des Stamms akzentuiert (z.B. ηδύς, ηδεία, ήδέσιν). Es gibt ein paar Ausnahmen, z.B. ήμισυς, ήμισυ, ημίσεια »halb«, vgl. lat. semi-.

35.9 2. ΠΑΡΑΔΕΙΓΜΑ

Stamm r\bv-/f\btF-

Singular Mask. Neut. Fem.

Plural Mask. Neut. Fem.

Ν. ηδύς ήδύ ηδεία Α. ήδύν ήδεϊαν G. ήδέος ηδείας D. ήδεί ήδείάι V. ήδύ* ηδεία

ηδείς η δ έ α ήδείαι ηδείας

ηδέων ηδειών ήδέσι(ν) ήδείαις

* Ich könnte keine Belegstelle für diesen Vokativ zitieren; aber nach Analogie der -ΰ-Stämme (Nr. 1) wird er jedenfalls nicht ohne guten Grund so angesetzt.

1

Page 111: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 36 113

II. Zum Verselesen

Von den tragischen Versen in Abschnitt III der griechischen Lektion sind A2 und Bl iambische Trimeter (so auch in Abschnitt IIA2 und 3 sowie C3); die anderen sind Anapaeste, wie neben AI und 3 angegeben.

LEKTION 36

I. Das Präsens Passiv (oder Medium) samt Futur Medium (ausgenommen die Optative)

A. Formbildung 36.1

1. Die Endungen sind die gleichen wie im Perfekt (L.34), also für Indik. und Konj.: -μαι, -σαι, -ται usw. Imper.: -σο, -σθω, -σθε, -σθων Infin.: -σθαι Partiz.: -μένος, -ov, -η

2. Oer Akzent wird möglichst weit zurückgezogen - wie prinzipiell bei echten Verbfor- 36.2 men.

3. Unterschied gegenüber dem Perfekt 36.3 Das »thematische« Präsens unterscheidet sich vom Perfekt Passiv - welches durchweg »stark« gebildet ist - dadurch, daß es »schwach« ist; d.h. zwischen Stamm und Endung steht (oder stand ursprünglich) der Themavokal ε/ο in der üblichen Reihenfolge (L. 6.11): ο, ε, ε; ο, ε, ο; z.B. λύομαι, λ ύ ε τ α ι und λύεσθαι, λυόμενος. An zwei Stellen, wo ein -s- zwischen Vokalen ausfiel, entstanden dadurch neue Formen:

a) 2. Person Sing. Indik. (und daher auch Konj.): -εσαι > -εαι > -ηι (η); z.B. λύεσαι > λύεαι (so bei Homer) > λύηι (λύη)1; b) 2. Person Sing. Imper.: -εσο > -εο > -ου (d.h. ö); z.B. λ ύ ε σ ο > λύ-ε-ο (so bei Homer) > λύου.

4. Der Konjunktiv ist gebildet wie im Aktiv. Er hat die gleichen primären Endungen wie 36.5 der Indikativ; vor ihnen stehen geUngte Varianten, η/ω, des Themavokals ε/ο; z.B. λ ύ ω μ α ι , λύ·η·ται.

5. Auch das Partizip zieht den Akzent zurück; λυόμενος (gegen Perf. λελυμένος). 36.6

6. Das Futur (es gibt weder Konj. noch Imper. davon) ist gleich dem Präsens, aber mit -s- 36.7 zwischen Stamm und Endung; z.B. λύσομαι λύσεσθαι, λυσόμενος. So das Futur von είμί »ich bin«: έσομαι, έσηι. . . έσεσθαι, iooviiyoz,;aber 3. Pers.Sg. Indikativ: έσται (< έσσεται Homer); vgl. L.34.3.

1 Die Kürzung dieser Endung zu -ει ist eine Eigentümlichkeit des attischen Dialekts im 4. und 3. Jh. 36.4 v.Chr. (häufig bei Piaton, Demosthenes und Menander); die Form βούλει (an Stelle von βοΰληι) findet sich sogar noch früher.

Page 112: Griechischer Lehrgang III

114 APPENDIX GRAMMATICA L. 36

Stamm λυε/ο-

Indik. Konj. Imper.

Sg· 1. 2. 3.

λ ύ ο μ α ι λύηι λ ύ ε τ α ι

λ ύ ω μ α ι λύηι λ ύ η τ α ι

λύου λυ-έσθω

PI. 1. 2. 3.

λ υ ό μ ε θ α λύεσθε λ ύ ο ν τ α ι

λ υ ώ μ ε θ α λύησθε λύωνται

λύεσθε λυ·έ·σθων

Infin. λ ύ ε σ θ α ι Partiz. λυόμενος, -μενον , λυομένη

Futur: Indik. Infin. Partiz.

λύσομαι, λ ύ σ η ι . . λύσεσθαι λυσόμενος, -ον, λυ σομένη

36.9 Β. Bedeutung des Passivs (und Mediums)

Keine Sprache würde eine vollständige Formenreihe entwickeln, bloß um sagen zu können: »ein Kuchen ist von Mutti gebacken worden« als Alternative für »Mutti hat einen Kuchen gebacken«. Das sogenannte »Passiv« ist nur eine der vielen Nuancen, die durch diese Formenreihe - welche das Griechische vom IE her bewahrt hat - ausgedrückt werden. Ihre Bedeutungen unterscheiden sich von denen des Aktivs in ähnlicher Weise, wie die anderen Modi sich vom Indikativ unterscheiden. Das Aktiv teilt eine Tatsache oder Tätigkeit als objektives Faktum mit; das Medium zeigt dabei noch ein persönliches Interesse des Subjekts oder sonst eine besondere Beziehung zu diesem an. Wenn diese Beziehung darin besteht, daß das Subjekt durch die Handlung selbst betroffen wird (also »direktes Objekt« der Handlung wird), nennen Grammatiker diese Struktur >Passiv<; z.B. - um das Gemeinte durch einen deutschen Satz zu verdeutlichen - in »das Kind ist gewaschen worden«. Der Endeffekt ist der gleiche (oder sollte es doch sein), wenn das Kind »sich selbst gewaschen hat«. Im Deutschen haben wir hierfür die erwähnte, besondere Ausdrucksweise; im Griechischen aber werden beide Möglichkeiten durch δ παϊς λέλουται ausgedruckt. Im letzteren Fall nennen die Grammatiker jedoch dieselbe Form >Medium< (μέσον)2.

36.10 Ebenso könnte τρέπονται ausdrücken, daß z.B. Soldaten (von dem Feind) »herum gedreht«, d.h. in die Flucht geschlagen werden: Passiv; oder auch, daß sie »sich selbst drehen«, d.h. die Flucht ergreifen: Medium. Diese Art des Mediums - bei der das Subjekt zum Objekt seiner eigenen Handlung wird, ist nicht häufig. Die Anteilnahme des Subjekts, welche das Medium ausdrückt, ist verschiedenartig und ergibt verschiedene Bedeutungsnuancen. Im einzelnen wird sich das im Fortgang des Studiums klären.

36.11 Hier folgen einige typische Beispiele:

l.a) φυλάττω - »ich bewache« φυλάττομαι - »ich werde bewacht« (bin Objekt, z.B. als Gefangener: Passiv) φυλάττομαί τι - »ich bewache (bewahre) mich selbst gegen etwas« = »ich hüte mich vor erw.«, oder auch: »ich bewahre, beachte etw. intensiv« (»mir liegt viel daran«), d.h. »ich beachte, befolge« (eine Regel, ein Gesetz: Medium)

2 Nämlich 'in der Mitte« zwischen Aktiv und Passiv; eine logische Distinktion, die auf alexandrini-sche Grammatiker zurückgeht.

Page 113: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 36 115

b) λύω - »ich löse, befreie« 36.12 λύομαι - »ich werde gelöst, befreit« (Passiv) λύομαι τόν παϊδα - »aus meinem Interesse, mit meinem Willen, löse ich meinen Sohn« = »ich löse ihn aus, kaufe ihn frei« (Medium)

In ähnlicher Weise zeigen gewisse Media an, daß ich - aus meinem Interesse und Willen - 36.13 etwas durch andere tun lasse; z.B.

c) τόν παϊδα διδάσκω πολλά - »ich lehre meinen Sohn vielerlei« τον παϊδα διδάσκομαι πολλά - »ich lasse« - denn mir liegt daran - »andere meinen Sohn vielerlei lehren« (Medium)3

d) ψεύδω - »ich täusche« 36.14 ψεύδεται - »er wird getäuscht« (Passiv) ψεύδεται - »er täuscht« (für sich selbst - um etwas für sich zu erreichen), d.h. er lügt (Medium); und auch: »er täuscht sich«, d.h. irrt, wird »enttäuscht« (Medium)

Meistens erhellt aus dem Zusammenhang, ob eine Form passiv oder medial zu verstehen ist. Bei vielen Verben wird nur eine von diesen Alternativen gebraucht.

2. Manche Verben werden nur im Medium gebraucht (und nicht im Aktiv), z.B. βούλο- 36.15 μαι »ich will«, εύχομαι »ich bete«, und vor allem die meisten Verba, die ein Gefühl (Emotion) ausdrücken z.B. ήδομαι, ευφραίνομαι »ich freue mich«4.

3. Noch andere Verba haben zwar Aktivformen, werden aber meist im Medium ge- 36.16 braucht. Anscheinend erzeugt dies eine Andeutung von Intensität, z.B.

πολιτεύω - »ich bin ein Bürger«, aber πολιτεύομαι - »ich betätige mich als Bürger« στρατεύω - »Soldat sein«, aber στρατεύομαι - »ins Feld rücken« oder »mit der Armee vorrücken«

Bei vielen Verben mit einer Aktivform im Präsens findet sich für das Futur ausschließlich 36.17 das Medium; z.B. ακούω -άκούσομαι, φεύγω - φεύξομαι und viele andere. Dies Futur (-σομαι) - seiner Form halber »Futurum Medium« genannt - hat bei den meisten Verben »aktive« Bedeutung (άκούσομαι »ich werde hören«, λύσομαι »ich werde loskaufen«). Später werden wir jedoch bei einigen Verben einer »passiven« Bedeutung eben solcher Formen begegnen. Der Grund, warum aktive oder mediale Formen verwendet werden, ist nicht immer deutlich (es hängt auch vom Dialekt ab); warum z.B. ήδομαι und ευφραίνομαι, aber χαίρω? Warum βούλομαι, aber έθέλω?5

Bei gewissen Formenreihen im Aorist und Futur wurde im Lauf der Zeit passive bzw. 36.18 mediale (vielmehr: aktive) Bedeutung mehr oder weniger fest (dies wird sich in den nächsten Lektionen zeigen). Am Ende dürfte sich bestätigen, daß der wesentliche Unterschied nicht zwischen Aktiv und Passiv lag, sondern zwischen dem »objektiven« Aktiv und dem »subjektiven« Medium.

3 διδάσκομαι und παιδεύομαι haben manchmal die gleiche Bedeutung wie das Aktiv. Da betont dann die mediale Form nur die Anspannung und das Interesse des Lehrenden. Andrerseits können beide voll .passive« Bedeutung haben (»ich lerne« bzw. »werde erzogen«).

4 Sinnlos, sie »Deponentia« zu nennen: sie haben keine aktiven Formen »deponiert«, d.h. »abgelegt«, sondern waren von Anfang eben nur »Media«. Wenn man sie spezifisch benennen will, sollten sie •Media tantum« heißen.

5 Vgl. lat. moneo, aber adhortor.

Page 114: Griechischer Lehrgang III

116 APPENDIX GRAMMATICA L. 37

II. Versesprechen

36.19 Die Verse in dieser Lektion gehören alle zu bekannten Typen: Theognis (C): ein Distichon (daktylischer Hexameter und Pentameter); das Metron, welches er in allen seinen Elegien gebraucht (L.26.20);Hesiod (Nl): ein Hexameter (daktylisch) ;Eurtpides (N2): ein normaler iambischer Trimeter; so auch dieTvü^ai (Dl und 2).

LEKTION 37

Substantiva: i-Stämme

37.1 Nom.Sing. hat die Endung -s; z.B. πόλι·ς. Viele solche Substantiva sind von Verben abgeleitet; z.B. ή πράξις (πράσσω), ή φύσις (φύω), ή μάθησις (μανθάνω, Wurzel V μαθ). Sie sind Feminina, außer ό μάντις »Seher«. Ihre

Α. Deklination

37.2 entspricht derjenigen der ΰ-Stämme (L.35.3ff.). -ι wechselt mit -ε1.·

-ι nur im Nom. Akk. Vok.Sing.: πόλις, πόλιν, πόλι; -ε in allen anderen Kasus; z.B. Dat.Sing, πόλει (< πόλεϊ), Dat.Plur. πόλεσιν.

37.4 Der Grund für diesen Wechsel Wie υ/ευ bei den ΰ-Stämmen, so gab es hier einen uralten Wechsel - »quantitativen Ablaut« - zwischen ι und -ει; nämlich

-ι im Nom.Akk. und Vok.Sing.; -ει in den anderen Kasus

Vor Vokalen wurde das -i des Diphthongs konsonantisch (j) und fiel infolgedessen aus; z.B.

Nom. Plur. * πόλείες > * πόλεες > πόλεις (εε > έ = ει), Dat. Sing. * πόλείι > πόλεϊ > πόλει.

Das führte zu der Empfindung, daß -ε der charakteristische Vokal auch der übrigen Kasus sei, und deswegen findet es sich auch im Dat. Plur. πόλεσι(ν) und Akk. Plur.

37.5 *πόλενς > πόλές (Ersatzdehnung), geschrieben πόλεις. So entstand ein Akk. Plur., der mit dem Nom. Plur. identisch ist, ganz wie bei den ϋ-Adjektiven (L.35.5).

B. Eigenartige Formen des Gen. Sing, und Plur.

37.6 Τής πόλεως (Akzent!), τών πόλεων (Akzent!).

37.7 Ursprung dieser Formen

Homer hat oft einen Gen. Sing, auf-ηος, z.B. πόληος; d.h. der Vokal >e< erschien bei die

sen Wörtern in allen drei möglichen Abstufungen; nämlich

37.3 1 ι- wird im ionischen Dialekt beibehalten (Homer): πόλις, πόλιος, πόλιες . .

Page 115: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 38 117

»Schwundstufe«: πόλις, »Grundstufe«: ε, z.B. πόλεσιν, »Dehnstufe«: η , (L.26.3) πόληος.

Dieser homerische Genetiv erfuhr im Lauf der Zeit ein »Umspringen der Quantität« (»Metathese«) aus demselben Grund und auf dieselbe Weise, wie in der sog. Attischen zweiten Deklination (L. 18.2) νηός zu νεώς wurde. Dabei blieb der Akzent an seiner früheren Stelle. So entstand eine Form, welche einer Grundregel der griechischen Akzentuation widerspricht, eben πόληος > πόλεως. Nach diesem Vorbild wurde dann auch der Genetiv Plural πόλεων ausgesprochen.

Stamm πολι/ε(ι)

Sg· PI.

N. πόλις πόλεις

A. πόλιν G. πόλεως πόλεων

D. πόλει πόλεσι(ν) V. πόλι -

LEKTION 38

Ι. Das Medium (Passiv)

Imperfekt; Optativ (Präs und Fut.); starker Aorist 38.1

Alle diese haben sekundäre Endungen.

Vgl. L.6.8 für die sekundären Endungen im Aktiv; L.34.7 für die primären Endungen im Passiv (Perfekt); L.36.3 für die primären Endungen im Passiv (Präs. und Fut.).

Wie im Aktiv, zeigen sich die sekundären Endungen deutlich im Imperfekt: 38.2

έ λ υ ό μ η ν έ·λύ·ου έλύ·ε·το

έ λ υ ό μ ε θ α έ λ ύ ε σ θ ε έλύο-ντο

Du siehst: 38.3

1. Die Endung der 2. Plur. im Imperfekt ist gleich derselben im Präs. Indik. und Imperativ: -σθε; 2. die Endung der 1. Plur. ist identisch im Imperfekt und Präs. Indik.: -μέθα. Dies beides galt auch fürs Aktiv (L.6.17). 3. Vergleicht man die 2. Pers. Sing, des Perfekt Imperativs, λέλυσο, mit den analogen Formen im Präs. Imperativ (λύου) und im Imperfekt (έλύου), so sieht man, daß in den

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118 APPENDIX GRAMMATICA L. 38

beiden letzteren das -s- zwischen dem Themavokal und dem Vokal der Endung ausgefallen ist1: * λύεσο > λύεο (so bei Homer) > λύό = λύου; also analog zur 2. Sing, der primären Reihe (z.B. Präs. Indik. λύηι < λύεσαι gegenüber dem Perf. λέλυσαι); vgl. L.36.3. Ebenso έλύου < έλύεσο. Es ergibt sich die Reihe der sekundären Endungen des Passivs:

38.5 -μην, -σο, -το, -μέθα, -σθε, -ντο

Präge sie dir ein! Ein Vergleich der primären Endungen mit den sekundären zeigt, daß sie (wie auch im Aktiv) grundsätzlich ähnlich sind; darüber hinaus zeigt sich auch eine gewisse Ähnlichkeit mit den aktiven Endungen.

36.6 Dieselben sekundären Endungen dienen für den Optativ:

Optativ Präsens: Wie im Aktiv endet der Stamm auf -oi (d.h. Themavokal mit dem charakteristischen -ι- des Optativs; s. L.26.6):

λυοίμην λ ύ ο ι ο

λ ύ ο ι τ ο λ υ ο ί μ ε θ α λύ-οισθε λ ύ ο ι ν τ ο

Offensichtlich ist auch hier in der 2. Sing, das -s- zwischen Vokalen ausgefallen: λύοιο < λύοισο; vgl. λέλυσο Imperativ Perfekt gegenüber λύου Imperativ Präsens.

38.7 Optativ Futur: wie immer wird das Futur durch die Präsensformen mit einem zwischen Stamm und Endung eingesetzten -s- gebildet: λυσοίμην, λύσοιο usw.

38.8 Starker Aorist

Wie im Aktiv und aus demselben Grund (L. 29.6-7) sind die Endungen des Indikativs gleich denen des Imperfekts und die der anderen Modi gleich denen des Präsens; z.B.

Indikativ Konjunktiv

Imperfekt Aorist Präsens Aorist

έγιγνομην έγενομην έλειπομην έλιπομην

γίγνωμαι γένωμαι λειπηται λίπηται

38.9 Man sieht: Die Formen unterscheiden sich nur im Stamm.

Aber (wie im Aktiv, L. 29.7 und 32.5) in zwei Formen ist der Akzent verschieden: Imperativ γίγνου, aber γενού, und Infinitiv γίγνεσθαι, aber γενέσθαι. Dies gilt für alle starken Aoriste Med.

38.10 Die Bedeutung dieses starken Aorists wurde mehr und mehr auf das »nicht-passive« beschränkt; d.h., er wurde immer weniger für Sätze verwendet, in denen das Subjekt auch

38.4 1 Warum nicht ebenso im Perfekt? Im Perfekt wurde das -s- zwischen Vokalen (λέλυσαι, πεπαί-δευσαι) beibehalten nach dem Vorbild der Konsonantstämme. Denn nach einem Konsonanten fiel das -s- natürlich nicht aus: z.B. 2. Pers. Sing. Perf. ήγγελσαι (άγγέλλω); πέπεμψαι (πέμπω; ψ = πσ); πεφύλαξαι (φυλάοσω; ξ = κσ). Das gleiche gilt für das Futurum: λύσω nach γράψω, und für den schwachen Aorist: έλυσα nach έγραψα.

Page 117: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 38 119

das direkte Objekt der von dem Verbum ausgedrückten Handlung war. Um diese Nuance auszudrücken, entwickelte die Sprache ein neues System von Formen; den von den Grammatikern so genannten »Aorist Passiv« (L. 43.1-5—); demgegenüber wird dieser starke Aorist passenderweise als »Aorist Medium« bezeichnet.

Stamm γιγν- γεν- γιγν- γεν-

Imperfekt Aor. Indik. Präs. Opt. Aor. Opt.

Sg- 1. έγιγνομην έγενομην γιγνοίμην γενοίμην

2. έγίγνου έγένου γιγνοιο γενοιο 3. έγίγνετο έγένετο γίγνοιτο γένοιτο

PI. 1. έγιγνόμεθα έγενόμεθα γιγνοίμεθα γενοίμεθα

2. έγίγνεσθε έγένεσθε γίγνοισθε γένοισθε

3. έγίγνοντο έγένοντο γίγνοιντο γένοιντο

38.11

Imperativ Starker Aor.: γενού, γενέσθω, γένεσθε, γενέσθων; vgl. das Präs.: γίγνου, γιγνέσθω, γίγνεσθε, γιγνέσθων.

Infinitiv Starker Aor.: γενέσθαι; vgl. das Präs.: γίγνεσθαι.

Partizip Starker Aor.: γενόμενος, γενόμενον, γενομένη; vgl. das Präs.: γιγνόμενος, γιγνόμενον, γιγνομένη.

Ebenso beispielsweise der Imper. Präs. von λύω: λύου, λυέσθω; Infin. Präs. λύεσθαι; 38.12 Partiz. Präs. λυόμενος, λυόμενον, λυομένη. Die meisten Verba mit Vokalstamm (λύω eingeschlossen) haben jedoch keinen starken Aorist. Sie haben schwache Aorist-Formen im Medium (L.40.5) ebenso wie im Aktiv (L.14.3).

II. Syntactica

A. Das Partizip als Ergänzung gewisser Verben und andere Konstruktionen derselben

Bedenke Sektion ΙΑ der griechischen Lektion und besonders auch die hier folgenden Varianten:

38.13

Μέμνησο άνθρωπος ών Μέμνημαι λέγων Μέμνημαί σου λέγοντος Auch: Χαίρω ) νενικηκώς 'Ήδομαι >

Und: Παύω αυτόν λέγοντα = Παύω αυτόν τού λόγου.

Παύω τον λόγον »ich beende das Gespräch, mache der Diskussion ein Ende«. Παύομαι λέγων = Παύομαι τού λόγου »ich höre auf zu sprechen, beende meine Rede«

Μέμνησο 'Αθηνών. Μέμνημαι ότι έλεγον. Μέμνημαι ότι έλεγες.

Χαίρω ) ι τήι νίκη ι. "Ηδομαι) ( ότι ένίκησα.

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120 APPENDIX GRAMMATICA L. 39

38.14 Das Gegenstück hierzu: (άρχω »ich bin der erste«; άρχω τών 'Αθηνών »ich herrsche über Athen«.) "Αρχω τού λόγου »ich eröffne die Besprechung«. "Αρχομαι λέγων = "Αρχομαι τού λόγου »ich beginne meine Rede«. "Αρχεται λέγειν »er fängt an zu sprechen« (vorher tat er etwas anderes).

38.15 Du siehst: Verben, die bedeuten: anfangen undaufhören, sich freuen (und betrübt sein) und sich erinnern, haben oft ein Partizip als Ergänzung.

38.16 Wir mögen uns hier auch an die verschiedenen Konstruktionen von ακούω erinnern (bekannt seit L. 7.1):

ακούω σε λέγοντα »ich höre (kann wahrnehmen), daß du redest«; ακούω σου λέγοντος »ich höre bei deiner Rede zu, höre auf deine Worte«; aber

, . „ , . | »ich höre (erfahre, werde benachrichtigt), daß du sagst«.

38.17 B. Aspekt

Die Präsens- und Aorist-Formen in Sektion Ι Ε und G bekräftigen, was seit L. 14.7ff. über die verschiedenen Aspekte dieser Tempora bekannt ist. InEl z.B. bittet Oedipus die Athener nicht bloß, »nicht schlecht zu werden«; vielmehr sollen sieso handeln, daß sie ihren guten Ruf nicht verderben; und Elektra bittet (in E2) den Orest nicht nur, »ein Mann zu werden« oder »zu sein«; vielmehr soll er so handeln, daß er sich dadurch als Mann erweist. Es wird sich lohnen, wenn du selbst in ähnlicher Weise die anderen Zitate interpretierst.

C. Reflexivpronomen

Sektion I F2-3 illustrieren das Reflexivpronomen, das du seit L. 13.9 und L. 14.2 kennst.

III. Verselesen

IC2 sind langsame Anapäste der Art, die zu L. 33 besprochen wurde; Gl daktylisch; alles übrige einfache Iamben.

LEKTION 39

Substantiva: -ευ-Stämme

39.1 1. Ihr Nominativ

Endbetont (Oxytona): Endung -s; also -εύς. Sie sind durchweg Maskulina und bezeichnen a) die Ausübenden gewisser Berufe und Tätigkeiten; z.B. ό γραμματεύς »Schreiber« (γράφω), ίππεύς »Reiter« (ίππος), άλιεύς »Fischer« (ή άλς »Salz, Meer«), νομεύς »Hirte« (νέμω »weiden«), βασιλεύς »König« (ein nicht-IE-Wort);

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APPENDIX GRAMMATICA L. 39 121

b) die Einwohner gewisser Städte; z.B. Έρετριεύς und Χαλκιδεύς (Eretria und Chalkis auf Euboea); außerdem gibt es c) einige Eigennamen auf -εύς; z.B. Άχιλλεύς, Πηλεύς (auch diese vorgriechisch).

2. Ihre Deklination 39.2

Epische Formen wie βασιλήες und βασιλήϊ zeigen: Der Stamm endete primär auf -ηυ.

Vor Vokalen - d.h. vor den meisten Endungen - wurde dies -ηυ zu -r\F, und das F

schwand im Ionisch-Attischen;

vor Konsonanten - d.h. vor -s im Nom. Sing, und Dat. Plur. - wurde ηυ gekürzt zu ευ; so auch im Vokativ (bloßer Stamm).

Stamm * βασιληυ- > βασιλευ- (vor -s ), bzw. βασιλη(/:)

Singular Plural

Homer klass.u.nachklass. Homer klassisch nachklass.

Ν. β α σ ι λ ε ύ ς βασιλήες > β α σ ι λ ή ς βασιλείς Α. βασιλήα > β α σ ι λ έ α βασιλήας > β α σ ι λ έ α ς βασιλείς

G. βασιλήος > β α σ ι λ έ ω ς (* βασιλήων) > β α σ ι λ έ ω ν

D. βασιλήϊ > β α σ ι λ ε ϊ β α σ ι λ ε ϋ σ ι ( ν )

V. β α σ ι λ ε ύ

Akk. und Gen., Sing, und Plur.: »Umspringen der Quantität« wie in πόλεως und νεώς 39.3 (L.37.6); aber der Akzent bleibt normal.

Dat. Sing.: -ήϊ > εί; vgl. Dat. πόλει und γένει (L.37.4 und 32.3).

Nom. Plur.: das ε der Endung -ες wurde sozusagen aufgesogen in das vorangehende η (ήες > ής).

Die so entstandenen Endungen von Nom. und Akk. Plur., -ής und-έάς, wurden begreif- 39.4 licherweise als ungewöhnlich empfunden, und daher wurden diese Kasus in nachklassischer Zeit an die entsprechenden der i-Stämme angeglichen (πόλις . . . πόλεις, πόλεις), mit welchen sie bereits die charakteristischen Genetive (-εως und -εων) gemeinsam hatten.

3. SpezUlfälle 39.5

a) Bei Namen, welche vor dem -ευ ( · -ηυ) noch einen Vokal haben (wie Πειραιεύς, Pi-raeus, und Έρετριεύς), findet sich oft - nicht immer - Kontraktion mit der Endung; z.B. Πειραιά, Πειραιώς, Πειραιεϊ (st. -έως etc.) und 'Ερέτριας, Έρετριών (neben Έρε-τριέας etc.).

b) Ζευς, ώ Ζεΰ - Δία, Διός, Διί 39.6 Die so verschiedenen Formen erklären sich aus der Doppelheit der IE Wurzel (Ablaut): Grundstufe * djeu (für Nom. und Vok.;dj > ζ); Schwundstufe ":'diw (für die übrigen Kasus; vgl. lat. divus und L.35.4 und 37.4).

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122 APPENDIX GRAMMATICA L. 40

LEKTION 40

Medium: Weitere Tempora mit sekundären Endungen: Plusquamperfektum und schwacher Aorist

I. Plusquamperfektum

40.1 / . Bedeutung. Wir wissen aus L. 17, daß das griechische Perfekt kein erzählendes Tempus ist, sondern vielmehr ein Tempus der Gegenwart, welches entweder »intensive' Bedeutung hat (πεπίστευκα »ich glaube fest«) oder - viel häufiger - einen gegenwärtigen Zustand anzeigt (meist als Resultat einer vorangegangenen Handlung): λέλυμαι »ich bin (befreit und) frei«. Das Plqu. setzt diese Nuancen in die Vergangenheit (έλέλυτο »er war in Freiheit«; αί σπονδαί έλέλυντο »der Waffenstillstand war außer Kraft«). Es zeigt also nicht, wie im Lateinischen und Deutschen, eine Handlung an, welche einer anderen, vergangenen vorausging (»Vorvergangenheit«: dafür braucht das Griechische einfach den erzählenden Aorist). Demnach wurde das Plqu. im Griechischen nicht häufig gebraucht. Immerhin begegnet es zu allen Zeiten, von Homer bis zur Klassik, im N.T. und noch später.

40.2 2. Form

Augment: Die Vergangenheit wird, auch im Plqu., durch das Augment angezeigt (worüber bereits in L.6). Es steht also vor dem Perfektstamm, d.h. der Reduplikation: έ·λελύμην.

Endungen: Wie das Perfekt Medium (= Passiv) die primären Endungen am besten bewahrt (sintemal es ein »athematisches« Tempus ist), so bewahrt das Plqu. die sekundären am besten.

Also z.B. έκεκωλύ-ΜΗΝ, έπεπαιδεύ-ΜΗΝ, έβεβουλεύ-ΜΗΝ.

έλελύΜΗΝ έλελύ-ΜΕΘΑ έλέλυ-ΣΟ έλέλυ-ΣΘΕ έλέλυ-ΤΟ έλέλυ-ΝΤΟ (λελυμένος ήν) (λελυμένοι ήσαν)

40.3 II. Exkurs: Das Plusquamperfekt Aktiv

findet sich noch weniger häufig als das Medio-Passiv, aber doch nicht so selten, daß es gänzlich vernachlässigt werden könnte. Seine Bildung zeigt sogar eine markante Entwicklung; und zwar, wie meist, vom Variablen zum Stereotypen. Perfekt und Plqu. hatten IE einen eigenen Satz von Endungen. Davon ist uns im griechischen Aktiv bisher nur die Endung -α der 1. Pers. Sing. Perf. begegnet; ihre zufällige Ähnlichkeit mit dem -α (aus -n) des Aorist führte zu weitgehender Angleichung des Perfekts an den Aorist.

40.4 Eigenart und Entwicklung der Formen des Plqu. Aktiv begreifen sich am leichtesten beim Vergleich der folgenden Paradigmen.

Page 121: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 40 123

Homer kUssisch-attisch

Sg. 1. έλελύκ·η (< -εα) έ λ ε λ ύ κ · ε ι ν (

2. έλελύκ-ης* έ λ ε λ ύ κ ε ι ς 3. έλελύκ·ει (< -εε) έ λ ε λ ύ κ · ε ι

PI. 1. έ λ ε λ ύ κ ε μ ε ν \

2. έ λ ε λ ύ κ ε τ ε > 3. έ λ ε λ ύ κ ε σ α ν )

* Auch (älter) -ησθα Merke dir diese Formen!

III. Der schwache (s-)Aorist, Medium

4. Jh. u. später (N.T.)

-> έλελύκειμεν έλελύκειτε έλελύκεισαν

40.5

Die gleichen sekundären Endungen wie im Plqu. Med.-Pass. dienen wie für den starken (L. 38) auch für den schwachen Aorist Med., und zwar im Indikativ und Optativ; jedoch - wie auch sonst - mit lautlichen Änderungen in (nur) der 2. Pers. Sing.

Kennsilbe -σα Indikativ: έλυσά-ΜΗΝ, έ-κωλυσά-ΜΗΝ, έπαιδευσά-ΜΗΝ.

Sg. 1. 2. 3.

PI. 1.

έλυσά-ΜΗΝ έλύσ-Ω (< έλύσαο Homer, < ' έλύσα-ΤΟ έλυσά-ΜΕΘΑ, 2. έλύσα-ΣΘΕ,

έλύσα-ΣΟ)

3. έλύσα-ΝΤΟ

Optativ: c er Aorist-Stamm am Ende durch -i erweitert:

Sg. 1. 2. 3.

PI. 1.

λυσαί-ΜΗΝ λύσαι-Ο (< * λύσαι-ΣΟ) λύσαι-ΤΟ λυσα ί-ΜΕΘΑ, 2. λύσαι-ΣΘΕ 3. λύσα-ι-ΝΤΟ

40.6

40.7

Die übrigen Modi Im Konjunktiv finden sich - wie im Aktiv und weiterhin - die primären Endungen des thematischen Konjunktivs Präsentis direkt an das -s des Aorists angehängt:

40.8

λύσ-ωμαι, λύσ-ηι, λύσ-ηται etc.

-σθαι Infinitiv: die gleiche Endung wie im Präsens (und durchweg): z.B. λύσασθαι, κωλύσασθαι, παιδεύσασθαι, βουλεύσασθαι.

Imperativ: Die 2. Pers. Sing, hat (wie auch im Aktiv) eine überraschende Endung, nämlich -ΣΑΙ (i.e. -σ -Ι- αι?). Das -αι der Endung rechnet auch hier für den Akzent als kurz; daher akzentuiert z.B. λύσαι, κώλυσαι, παίδευσαι, βούλευσαι.

Unterschiedliche Akzentuierung: Die Regel, daß die Endungen -oi und -αι für den Akzent als kurz rechnen, gilt nicht für den Optativ Aktiv. Daher die unterschiedliche Akzentuierung von λύσαι und κώλυσαι (Imp. Med.), aber λύσαι und κωλύσαι (Opt. Akt.) und λύσαι und κωλύσαι (Inf. Akt.); alles im Aorist (L.26.14). Im übrigen hat der Imperativ die gewöhnlichen Endungen. Also:

40.9

κώλυσαι, κωλυσάσθω, κωλύσασθε, κωλυσάσθων'1

* Später (hellenistisch) -σάσθωσαν.

Page 122: Griechischer Lehrgang III

124 APPENDIX GRAMMATICA L. 41

Partizip: die normalen Endungen, also:

λυσάμενος, λυσάμενον, λυσαμένη

40.10 N.B. Wie bereits zu Lektion 38.10 bemerkt, entwickelte die griechische Sprache noch einen anderen Satz von Aoristformen (L. 43), welcher hauptsächlich »passive« Bedeutung (d.h. Wirkung auf das Subjekt) anzeigte. Damit wurden die beiden »mittleren« Aoriste -stark: έγενομην und schwach: έλυσάμην - mehr und mehr auf die übrigen Nuancen des Mediums beschränkt. Deshalb werden diese letzteren als Aoriste Medii< dem 'Aorist Passiva gegenübergestellt.

LEKTION 41

I. Einige eigenartige Substantiva: Stämme auf -υ

41.1 Α. Substantiva auf-ν

Wie die Adjektiva auf -υς (L. 35.3) und die Substantiva auf -ις (L. 37.2) zeigen auch einige wenige Stubstantiva, deren Stamm auf -ΰ endet, die Nachwirkung eines uralten Ablauts mit, und ohne, ε vor dem Stammende (also ευ/υ). Zwischen Vokalen mußte das υ sich, wie immer, in konsonantisches u, w = F wandeln und dann ausfallen. Auch hier zeigt das υ sich nur im Nom., Akk. und Vok. Sing.; im übrigen aber ist das Endergebnis nicht durchweg wie bei den Adjektiven auf -υς, weil - im Attischen und der darauf basierenden späteren Gemeinsprache- im Gen. Sing, und Plur. das Paradigma von πόλις diese υ-Stämme beeinflußte.

41.2 Die Paradigmen:

1. ό πήχυς »Arm, Elle« Sing, πήχυς, πήχυν, πήχεως, πήχει; Plur. πήχεις, πήχεις, πήχεων, πήχεσι(ν). Also ganz wie πόλις, aber mit υ statt ι.

41.3 2. τό άστυ »die Stadt« (als Wohnort - nicht als »politische« Gemeinschaft) Sing, άστυ, άστεως, άστει; Plur. άστη, άστεων, άστεσι(ν). Nom. Akk. Plur. άστη < άστεα (Homer) < * άστεγα.

41.4 3. πρέσβυς - πρεσβύτης - πρεσβευτής Der Singular πρέσβυς (πρέσβυν, πρέσβεως, πρέσβει, ώ πρέσβυ) »alt, ehrwürdig«1 erhält sich in der Dichtung; in Prosa sagt man meist πρεσβύτης, -ου (Fem. πρεσβΰτις, -ιδος).

41.6 Der Plural οί (τους) πρέσβεις (πρέσβεων, πρέσβεσιν) »die Gesandten« bleibt allgemein im Gebrauch; daneben aber steht seit klassischer Zeit ό πρεσβευτής »der Gesandte« mit Plural οί πρεσβευταί.

41.5 1 Komparativ πρεσβύτερος, Superlativ πρεσβύτατος. Als Amtsbezeichnung ist der Komparativ (»Presbyter«) nachklassisch; vgl. klassisch οί γέροντες, ή γερουσία; lat. senatus.

Page 123: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 41 125

B. Substantiva mit Stamm auf v-Diphthong (außer-εν, L.39)

1. γράΰς 2. νάύς 3. βοΰς

1. Die Deklination von γραύς ist völlig regelmäßig; nur bedenke man, daß äu = άυ vor 41.7 Vokal zu äw = äF werden mußte und daß das F dann ausfiel. Also muß ά, nicht άυ, vor vokalisch anlautenden Endungen stehen. Akk. Plur. γραύς aus ^γραυηβ. Also:

Sing, γραύς, γραύν, γράός, γράί, ώ γραύ; Plur. γράες, γραΰς, γράών, γραυσί(ν).

2. Die Kasus von ναύς, vgl. lat. nävis, sind im Prinzip analog; aber 41.8

a) ά wurde ionisch-attisch zu η ; z.B. νηι (in γράί war das lange ά durch das vorhergehende ρ geschützt);

b) umspringende Quantität im Gen. Sing, und Plur. (wie bei πόλις), d.h. νεώς und νεών aus νηός und νηών; also: Sing, ναύς, ναϋν, νεώς, νηί; Plur. νήες, ναύς, νεών, ναυσί(ν).

3. Die gleiche Entwicklung wie bei γραύς, aber mit ου und oF statt αυ und aF, bei dem 41.9 Stamm βου/βο/7, vgl. lat. bös, bovis; also:

Sing, βούς, βούν, βοός, βοί; Plur. βόες, βοϋς, βοών, βουσί(ν).

II. Einige Beispiele für Aktiv und Medium

βούλομαι »ich will«: kein Aktiv (und kein Passiv); 41.10 βουλεύω und (häufiger) βουλεύομαι »ich erwäge, plane«: Aktiv und Medium; συμβουλεύω (τινί) »ich rate jd.<; συμβουλεύομαι (τινί) »ich bitte jd. um Rat«.

III. Komposita: ihre Eigenheiten (vgl. L.7.3) 41.11

Die meisten Komposita - Verba oder auch Substantiva - haben vor dem »Simplex« eine oder mehrere Präpositionen, die natürlich die Bedeutung des so geformten Worts beeinflussen (vgl. aber Nr. 13).

A. Verba composita

Z.B. (s. Nr. 10) βουλεύομαι »ich erwäge bei mir«;ΣΥΜβουλεύομαι »ich erwäge mit jd.«, d.h. »ich frage ihn um Rat«. Eine chaiakteristische Serie basiert beispielsweise auf ήλθε »er kam«, »ging«:

1. απήλθε, 2. εξήλθε, 3. εισήλθε, 4. διήλθε, 5. κατήλθε, 6. μετήλθε, 7. περιήλθε, 8. προήλθε, 9. προσήλθε.

Nicht selten finden sich zwei und sogar drei Präpositionen vor dem Simplex; z.B. 10. διεξήλθε, 11. συνεπεξήλθε. Im Fall von HUt wird die Präposition apostrophiert;s. 1; 4; 5; 6; 10; 11; aber nicht bei περί und πρό; s. 7 und 8.

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126 APPENDIX GRAMMATICA L. 42

Das Augment steht vor dem Simplex - nicht vor dem Präfix; Beispiele s.o. Bei einigen vielgebrauchten Verben verlor sich aber das Bewußtsein, daß sie Komposita waren; daher z.B. καθεύδω »schlafe«, Imperf. έκάθευδον; έπίσταμαι »weiß«, Imperf. ήπιστάμην;καθίζω »sitze«, Imperf. έκάθιζον. Der Akzent wird - wie immer beim Verbum - zurückgezogen; aber nicht vor das Augment. Beispiele s.o. Demgemäß z.B. εξήλθε, aber έξελθε (der Imperativ hat kein Augment). So auch z.B. ένεστι, aber ένήν.

41.12 Konstruktion: meist wie die der betr. Präposition; z.B. εξήλθε τής χώρας (έκ τής χ .) ; μετήλθεν αυτόν (ή. μετ' αυτόν); νους ένεστί μοι (έν έμοί).

41.13 Ν.Β. : Es gibt viele Komposita, bei denen das erste Element nicht eine Präposition ist; z.B. δυστυχέω, άτυχέω »bin unglücklich«. Bei diesen steht das Augment vor (oder in) dem ersten Element; z.B. έδυστύχησα, ήτύχηκα.

41.14 Β. Substantiva composita

Z.B. ή οδός: έξοδος, είσοδος, κάθοδος, μέθοδος2, περίοδος3, πρόοδος, πρόσοδος,

σύνοδος4.

LEKTION 42

Ι. Noch einige eigenartige Substantiva

42.1 Α. Nominative auf -ώ und -ώς

/. Namen auf -ώ: Σαπφώ, Λητώ, Γοργώ, Καλυψώ; so auch πειθώ (Πειθώ), ήχώ (Ήχώ). All diese sind Feminina, betonen die Endsilbe und existieren nur im Singular. Der Stamm endet(e) auf -oi, daher Vokativ (= Stamm) -οί: ώ Πειθοί; Nom. -ο gedehnt zu -ω; das -i

danach fiel weg: Σαπφώ. Vor Vokalen wurde oi > oj; das j schwand früh; daher

Akk. ':'-oja > *-οα > -ω: Σαπφώ: So wurde Akk. = Nominativ; Gen. *-οίος > "-οος > -ούς (= -ός): Σαπφούς; Dat. ""-oji > *-οϊ > -οϊ: Σαπφοϊ: So wurde Dativ = Vokativ.

Also z.B. N.A. ήχώ, Gen. ήχους, Dat. ήχοί = Vokativ.

42.2 N.B.: Γοργώ hat Plur. als n-Stamm: αί Γοργόνες, poet. auch Sing. Γοργόνος usw.

42.3 2. ή αιδώς ist ein s-Stamm (vgl. τό γένος); aber im Nom. ist das ο des Stammes gedehnt: αιδώς; Akk. αιδώ (< *αίδόσα); Gen. αίδούς (< "αίδόσος); Dat. αίδοϊ (< *αίδόσι). Der Nom. dient auch als Vokativ.

2 »Methode«: der »Weg zu etwas«. 3 »Periode«: der »Weg herum«. 4 »Synode«: »Zusammenkunft«, »Verein«.

Page 125: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 42 127

N. πειθώ αιδώς

A. αίδώ G. πειθούς αίδούς

D. πειθοϊ αίδοϊ V. πειθοί αιδώς

3. ό ήρως

Stamm: ήρω/7. Nach Ausfall des w zunächst keine Kontraktion: ήρωα, ήρωϊ etc.; später oft Kontraktion im Akk. und Dat. Sing.: τον ήρω, τώι ήρωι (ήρω).

42.4

N.V. ήρως ήρωες

Α. ήρωα (ήρω) ήρωας

G. ήρωος ηρώων D. ήρωϊ (ήρω) ήρωσι(ν)

Β. Neutra mit Gen. -ατός usw.

wie πράγματος, πράγματι usw., regulär; also z.B. γόνατος, φρέατι, ύδατα; aber verschiedenen Nominativen: τό γόνυ, τό φρέαρ, τό ύδωρ.

42.5

N.A.V. G. D.

ύδωρ ύδατος ύδατι

ύδατα υδάτων ύδασι(ν)

C. ό υιός

hat in älterer und klassischer Zeit, außerhalb des Nom. und Akk. Sing., häufige Nebenformen nach der 3. Deklination; und zwar als υ/ε-Stamm wie z.B. ηδύς; auch fehlt das Iota in älterer Zeit sehr häufig. Also, neben υιός, υίόν, υιού usw.; häufiger (υιός, υίόν), υίέος, υίεϊ; υίεϊς; υίεϊς, υίέων, υίέσιν (ύέος, ύεί usw.: oft ohne Iota).

42.6

II. Die Adjektiva πολύς und μέγας

Alle Formen gebildet nach der ο/ε- und ä-Deklination; von Stamm: πολλό- (πολλή-), z.B. πολλού, πολλής, . . ., πολλαί, πολλά, bzw. Stamm μεγάλο (-η), z.B. μεγάλου, μεγάλης, . . ., μεγάλαι, μεγάλα; außer πολύς, πολύν, πολύ und μέγας, μέγαν, μέγα; vgl. L.35.3 ηδύς. (Dagegen ist μέλας (< "μέλάνς), μέλάν, μέλαινα (< *μέλαν)ά) »schwarz« ein regulärer n-Stamm; vgl. L.24.2.)

42.7

III. Metrik

TextlC: Der Anfang der »alkaeischen Strophe« (»alkaeischer Elfsilber«) «— , — " - « - , dem Deutschen vertraut durch Hölderlin. H.s Vorbild war das Aeolium Carmen des Horaz.

Text IF2: w ^ - w - w - o ; Dies Versmaß des Anakreon (ca. 570-ca. 500 v.Chr.) war Vorbild der spätantiken »Anakreonteen«, die in der deutschen Literatur des Rokoko viel nachgeahmt wurden.

42.8

Page 126: Griechischer Lehrgang III

128 APPENDIX GRAMMATICA L. 43

LEKTION 43

I. Aorist Passiv

43.1 A. Der Stamm

Charakteristikum: -η/ε- zwischen Stamm und Endung; -η- in Indik., Imper., Infin.; -ε- in Konj., Opt., Partizip.

43.2 Von diesem Aorist gibt es zwei Arten:

a) Stark (hauptsächlich Konsonant-Stämme): der charakteristische Vokal η/ε folgt unmittelbar auf den Verbalstamm; z.B. έ7ράφ·η (γράφω), έστάλ-η (στέλλω), έφάν-η (φαίνω, Vqpav-);

b)Schwach (hauptsächlich Vokal-Stämme): -θ- zwischen Stamm und η/ε; z.B. έ-λύ-θ-η, έ θ ε ρ α π ε ύ θ η , έ φ ά ν θ η (!).

έλύθην: έφάνην; έσώθην: έστάλην; έφάνθην: έγράφην:

Thäta oder kein Thäta: dies ist der ganze Unterschied zwischen schwachem und starkem Aorist Passivi (es ist - wie wir wissen - ganz anders im Aktiv und Medium des Aorist, aber genau so im Perfekt Aktiv).

43.3 B. Die Endungen

Alle Endungen des sog. Aorist Passivi sind aktiv!

C. Die Modi

43.4 Indikativ: Sekundäre Endungen (also wie z.B. im Imperf. Akt.), ausgenommen die 3. Plur.: Endung -σαν, nach dem Aor. Akt. und ήσαν. Also z.B.

έλύθ-ην, -ης, -η // -ημεν, -ητε, -ήσαν; έγράφ-ην, -ης etc.

Konjunktiv: Endungen des Konj. Präs. Aktiv, kontrahiert mit dem charakteristischen ε-, welches sie absorbieren; daher haben alle Endungen den Zirkumflex. Somit werden sie gleich dem Konjunktiv von είμί; z.B. λυθ-ώ, λυθ-ήις, -ήι // -ώμεν, -ήτε, -ώσι(ν); σταλ-ώ, σταλ-ήις etc.

Optativ: Gebildet wie z.B. der Optativ von είμί; es tritt nämlich zum Tempus-Stamm, im Sing, -ιη, im Plur. -ι-, und sekundäre Endungen; daher sind die Endungen = dem Opt. είην, είης . . . είμεν (είημεν), etc.; z.B. λυ·θ-είην, λυθ-είης, -είη // -είμεν (-είημεν), -εϊτε (-είητε), -εϊεν (-είησαν); σταλ-είην, σταλ-είης etc.

Imperativ:

λύ·θη-τι*, λυθήτω // λύθητε, λυθέντων; στάλ·η-θι*, σταλήτω // στάλητε, σταλέντων. * Die originale Endung -θι der 2. Sing, wird nach θ (d.h. bei allen schwachen Aor. Pass.) »dissimiliert« zu -τι.

Page 127: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 43 129

Infinitiv: λ υ θ ή - ν α ι ; σταλ-ή-ναι (vgl. είναι).

Partizip: Der Stamm endet auf -nt, wie bei allen aktiven Partizipien (außer im Perfekt). 43.5 Akzent auf dem charakteristischen Vokal ε-ει (außer Gen. PI. Fem.). Der Nom.Mask. hat die Endung -s, wie z.B. auch beim Part. Aor. Akt.; wie: *λύσαντς > λύσάς (= *γίγαντς > γίγας), so "λυθέντς > λυθείς (= λυθές).

Neutr. Nom. Akk.: Wie ; '^üoant > λύσαν, so *λυθέηί > λυθέν.

Feminin: Die übliche Endung -ja; daher wie "λύσαντια > λύσάσα, so *λυθέντια > λυθείσα. Also:

λυθείς λυΦέν λυθεϊσα λυθέντες λυτ}έντα λυθεϊσαι λυθέντα λυθεϊσαν λυθέντας λυθείσας

λυθέντος λυθείσης λυθέντων λυθεισών λυθέντι λυθείσηι λυθείσι(ν) λυθείσαις

So σταλείς, σταλέν, σταλεϊσα, etc

II. Futur Passiv 43.6

Von diesem »passiven« Aorist-Stamm hat das Attische ein Futur entwickelt (noch nicht bei Homer) und an das spätere Griechisch weitergegeben. Sonach steht neben dem vom Präsens-Stamm gebildeten λύσομαι völlig formgleich λυ-θή-σ-ομαι und γραφ-ή-σομαι neben γράφομαι (γράφσομαι) .

Ein näheres Eingehen auf die Formbildung dieses Futurs erübrigt sich in Anbetracht die- 43.7 ser völligen Formgleichheit. Seine Bedeutung ist vorwiegend »passivisch«, zumal wo neben ihm ein vom Präsens abgeleitetes steht, z.B. λύσεται »er wird loskaufen«, gegen λυθήσεται »er wird losgekauft (oder sonstwie »gelöst«) werden«. Daher wird letzteres in herkömmlicher Terminologie als »Futurum Passivi« registriert, das andere dagegen als »Futurum Medii« (über welches bereits in Lektion 36.6 und 17 gehandelt wurde). Also

λύσομαι, γράφομαι heißen »Fut. Med.«; dagegen λυθήσομαι, γραφήσομαι »Fut. Pass.«

- und in sehr vielen Fällen treffen diese Bezeichnungen auch für die Bedeutung dieser Formen zu. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist dies freilich noch nicht. Auch was den Aorist anlangt, kann die schematische Unterscheidung: 43.8

έλυσάμην: »Medium«, έλύθην: »Passiv«

als i.a. gültig akzeptiert werden; wenigstens für die klassische Epoche. Daß sie nicht ursprünglich ist, zeigt sich schon an den (aktiven!) Endungen. Wie es zu der klassischen Unterscheidung kam (die nie absolut gültig wurde), wird sich allmählich zeigen.

Hiermit ist das System des Normalverbs komplett. Alle Formen eines Verbums lassen sich nun erkennen und bestimmen, wenn der folgende Satz (hier am Beispiel von λύω) von Stammformen bekannt ist:

λύω, λύσω, έλυσα, λέλυκα, λέλυμαι, έλύθην

Es ist daher unerläßlich, daß man sich diesen Satz der Stammformen einprägt von jedem Verb, das man lernt.

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130 APPENDIX GRAMMATICA L. 44/45

LEKTION 44

bringt grammatisch nichts Neues. Benutze die Gelegenheit zur Befestigung des Gelernten!

LEKTION 45

Adjektive

I. Formale Typen

A. o/ä-Deklination

45.1 1. ιερός, -όν, -ά- αγαθός, -όν, -ή L.3.14; L.10.7 2. βάρβαρος,-ον- άδικος,-ον L. 13.1

3. απλούς, -ούν, -ή- αργυρούς, -ούν, -ά- εύνους, -ουν L. 16

4. ίλεως, -ων L.18.1

Β. Dritte Deklination

45.2 5. πάς, πάν, πάσα- εκών, έκόν, έκούσα L. 30.14; L.. 31.1

6. ηδύς, -ύ, -εϊα L. 35.3-9

7. μέγας, μέγα, μεγάλη- πολύς, πολύ, πολλή- μέλας, μέλάν, μέλαινα L.42.7

8. ευγενής, -ές L.33.4

9. ευδαίμων, εύδαιμον- σώφρων, σώφρον L.24.1L

C. Seltenere Typen

45.3 10. (πένης, πένητος L.28.3) εύχαρις, εύχαρι, εύχάριτος εύελπις, εύελπι, ευέλπιδος So άχαρις, εΰπολις, άπολις, u.a. Im Attischen meist als Dentale (L. 27) dekliniert; aber es findet sich auch z.B. Akk. άπο-λιν, άχαριν.

11. χαρίεις, χαρίεν, χαρίεσσα; χαρίεντος, χαριέσσης: -εντ-Stamm; vgl. λυθείς, -έντος1, aber der Dat. Plur. χαρίεσι(ν) und das Fem. -εσσά, -έσσης sind (aus entwicklungsgeschichtlichen Gründen) verschieden von den analogen Formen der Partizipia (λυθεϊσι(ν), λυθείσα).

1 L. 43.5. Hierher gehört πτερόεντα (griech. L.32 I C2) von πτερόεις (xö πτερόν »Flügel«).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 45 131

II. Steigerung (Komparation) 45.4

/ . Der häufigste Typ: Stamm + Suffixe.

-τερος, -ov, -ä Komparativ, -τατος, -ov, -η SuperUtiv. So in a) der o/ä-Deklination:

δεινότερος, σοφώτερος: L. 11.4f., aber φίλτερος, φίλτατος, γεραιός, γεραίτερος, und neben παλαιότερος auch παλαίτερος;

b) der dritten Deklination: μέλας, μέλαν: μελάν-τερος- βραχύς, βραχύ: βραχύ-τερος-

ευγενής, εύγενές: εύγενέσ-τερος. Nach diesem auch bei den n-Stämmen, z.B.

ευδαίμων, εύδαιμον: εύδαιμονέστερος- 45.5

σώφρων, σώφρον: σωφρονέστερος

(immer mit den entsprechenden Superlativen), und sogar bei den Kontrakta auf -ους,

z.B. εύνούστερος, -τατος und απλούστερος, -τατος (aus -οέστερος, -οέστατος).

2. Der weniger häufige Typ: an den Stamm tritt 45.6

-ιων, -ϊον im Komparativ, -ιστός, -ov, -η im SuperUtiv; und zwar

a) bei den folgenden »Positiven« (Grundformen):

a1) κακός, κακίων, κάκίον, κάκιστος »schlecht«; und

a2) mit einiger, enrwicklungsbedingter Änderung des Stamms:

ηδύς, ήδιων, ήδϊον, ήδιστος »süß« ταχύς, θάττων, θάττον 2 τάχιστος »schnell«

μέγας, μείζων, μείζον3 μέγιστος »groß« εχθρός, έχθίων, έχθιον 4 έχθιστος »feind(lich)· καλός, καλλίων, κάλλιον5 κάλλιστος »schön« αισχρός, αίσχίων, αίσχιον 6 αί σχιστός »häßlich« φάιδιος, όάιων, όάιον 7 όάιστος »leicht«

πολύς, πλείων, πλέον 8 πλείστος »viel«

Für die Deklination dieser Formen s. L.24.3-5, bes. auch für Formen wie πλείω

und πλείους;

b) bei Steigerungsformen, deren Wurzel im »Positiv« nicht existiert (daher wird das Pa- 45.7 radigma in Grammatiken durch ein formal nichtverwandtes aber bedeutungsnahes Adjektiv im Positiv vervollständigt9; z.B. (αγαθός) βελτίων, βέλτιστος; s. L.24.31 0.

2 νθαχ-; θάχίόν > θάσσων; vgl. L.21.6 (Dissimilation). 3 Aus μέγιων (μέγίων). 4 Wurzel wie in Hom. τό έχθος (Feindschaft). 5 Vgl. τό κάλλος. 6 Hom. τό αίσχος; der Positiv ist mit -r erweitert; vgl. ή λύπη, Adj. λυπηρός. 7 Die Wurzel ν ρ ά ist im Positiv durch die Silbe -ιδ(+ Endung -ιος, vgl. πάτριος) erweitert. 8 Vgl. Vokabular, L.24, Anm. 2. 9 So im Deutschen: gut, besser.

IC Die Wurzel von άμείνων, άμεινον existiert gar nur im Komparativ.

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132 APPENDIX GRAMMATICA L. 45

45.8 III. Adverbia, abgeleitet von Adjektiven

/. Im Positiv: Stamm + -ως (s. L.3.19; L.8.9) Z.B. καλός, καλώς- δίκαιος, δικαίως- απλούς, απλώς- πάς, πάντως- σώφρων, σωφρόνως- ευτυχής, ευτυχώς- ηδύς, ήδέως. Aber εύ »gut«, »wohl«.

45.9 2. Komparativ und SuperUtiv (s. L. 11.6) Komparativ: Neutr. Sing, -ov;

perlativ: Neutr. Plur. -ά; z.B.

σοφώς σοφώτερον σοφώτατα

κακώς κάκιον κάκιστα ήδέως ήδιον ήδιστα

ευτυχώς εύτυχέστερον ευτυχέστατα σωφρόνως σωφρονέστερον σωφρονέστατα ταχέως θάττον τάχιστα

εύ άμεινον άριστα

εύ βέλτιον βέλτιστα

μάλα μάλλον μάλιστα ολίγον ήττον ήκιστα

Auch im Positiv dienen manche Neutr. Sing, als Adverbia; so ταχύ (neben ταχέως), μέγα und πολύ (sehr), μικρόν und ολίγον (ein wenig)1 1.

45.10 IV. Anwendung (Syntax) der Adjektive

1. Adjektiv gleich Substantiv L. 3.14; L.6.1; L. 12.1 speziell πένης (γέρων) L.28.3

2. Adjektiv: Attribut oder Prädikat L. 3.14-15; L.10.9

3. πάσα πόλις, ή πάσα πόλις L.31.3

4. Adjektiv mit Infinitiv (δεινός λέγειν) L.6.2

5. Merke ώς (όπως poet.) μέγιστος »so groß wie möglich« ώς τάχιστα »so schnell wie möglich«12.

11 Die letzten drei bilden keine Adverbia auf -ως. 12 Auch δ τι und οίον τάχιστα. All dies eigentlich >wie der größte« etc.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 46 133

LEKTION 46

Diese Lektion dient der Wiederholung der Pronomina.

I. Zur Formbildung der Pronomina 46.1

Wenn man sich den Formenbestand der Pronomina im Griechischen und in anderen IE Sprachen ansieht, kann man sie in zwei Gruppen unterteilen:

A. Die Personalpronomina (>ich, du<)

Sie unterscheiden nicht, ob die gemeinte Person männlich oder weiblich ist.

B. Die übrigen, 'geschlechtlichen' Pronomina

Für diese zweite Gruppe gab es in der IE Grundsprache besondere Endungen, die sich in manchen Punkten von den Endungen der Flexion des Nomens unterscheiden. Im Griechischen sind nur eine oder zwei von diesen Endungen erhalten. Der Nom. (und Akk.) Singular des Neutrums endete beim Pronomen nicht auf -m (> v) sondern auf -d (vgl. lat.: quii/, i lW etc., L. 13.5). Dieses -d mußte im Griechischen abfallen (wie bei σώμα(τ) etc.;s. L.6.9)1. Demgemäß bilden alle »geschlechtlichen« Pronomina (einschließlich αυτός und άλλος) 46.2 den Nom./Akk. Sing, des Neutrums auf *-d (also -o bzw. -ι bei τίς, τί etc.). Diese Regel gilt aber nicht für

1. diequasi-Adjektivaέμός, έμόν, έμή;σός . . ..ημέτερος. . ., υμέτερος. . ., (die man zwar »Possessivpronomina« nennt, die aber ganz und gar wie Adjektiva gebraucht werden), und

2. die Gruppe der »Korrelativa« (s. Nr. 30 und 31) auf -ος2.

II. Die einzelnen Pronomina

Es wird dringend empfohlen, die Paragraphen der früheren Lektionen, auf die jeweils verwiesen wird, nachzuschlagen.

1 Ferner hatte der Nom. Plur. im Maskulinum die Endung -oi. Von den Pronomina wurde diese Endung im Griechischen (und auch im Lateinischen) auf den Plural der o-Stämme übertragen (οί άνθρωποι; die ursprüngliche Endung lautete -es, wie bei den Konsonantenstämmen auch), und daran wurde dann der Plural der α-Stämme angeglichen (-αι). Im Lateinischen ist außerdem noch die Endung des Genetivs Singular auf -ius ein Überbleibsel dieser alten Pronominalendungen: il-lius, huius etc.

2 In klassischer und späterer Zeit wurde die pronominale Endung -o in gewissen Fällen an das -ov der Nomina angeglichen (L.21.10). In Athen sagte man τοιούτον und τοσούτον öfter als -o, und τό αυτό, »dasselbe«, wurde (über ταύτό) zu ταύτόν. Aber das Neutrum von ούτος, αυτός und άλλος blieb immer τούτο, αυτό und άλλο.

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134 APPENDIX GRAMMATICA L. 46

46.3 A. Die Personalpronomina έγώ, σύ, ημείς, ύμεϊς3

(S. L.5.4; L.13.8 undL.14.1)

Die akzentuierten Formen έμέ, εμού, έμοί und σέ, σού, σοί stehen nach Präpositionen und - wie auch die Nominative έγώ, σύ, ήμεϊς, ύμεϊς - wenn die Pronomina irgendwie besonders betont sind, vor allem in Gegensätzen (so in AI der griech. Lekt.; für die dritte Person tritt - wie in diesem Fall - εκείνος ein, sonst auch ούτος oder όδε; s. Nr. 8); also z.B.

δοκεϊ μοι »mir scheint'; έμοί δοκεϊ »es scheint mir« (im Gegensatz zu euch).

46.5 Diese Formen werden manchmal noch stärker betont:

έγωγε (Akzent!) »ich meinerseits«; z.B.: έμοιγε δοκεϊ; ebenso: σύγε.

46.6 Β. αυτός, αυτό, αυτή (S. L. 13.6 und 7)

αυτός bedeutet

1. »selbst« (s. die Sätze Bl; B2; B5; B6 erste Hälfte4; Cl) ,

2. mit dem Artikel oder einem anderen Demonstrativpronomen verbunden »derselbe« bzw. »dieser selbe«, »eben dieser« (s. B3; B4; B6); oft tritt dabei »Krasis« auf (L. 12.12 und

46.7 L. 18.9); z.B.

αυτός (< ό αυτός); ταύτού (< τού αυτού); ταύτα (< τά αυτά); ταύτό (< τό αυτό).

46.8 3. Im Akk., Gen. und Dativ wird es statt eines Pronomens der 3. Person gebraucht (s. L. 13.8); nicht so im Nominativ: wenn ein Pronomen der 3. Person im Nominativ betont werden soll (»er hat das getan«) steht εκείνος, ούτος oder δδε (s. Nr. 3).

C. Das Reflexivpronomen έμαυτόν etc.

(S. L. 13.9 und L.14.2) 46.9 Für die 3. Person Plural kommen neben εαυτούς, -ά, -άς etc. auch folgende Formen vor:

Akk. σφάς αυτούς, -άς (vgl. Nr. 11), Gen. σφών αυτών (= εαυτών), Dat. σφίσιν αύτοϊς, -αϊς (= έαυτοϊς, -αϊς).

46.10 Im Gegensatz zum Deutschen steht das griechische Reflexivpronomen oft auch, wenn es sich auf das Subjekt eines übergeordneten Satzes bezieht (wie im Lat.); z.B. 'Er überredete die Athener, ihn zurückzubringen«: Έπεισεν 'Αθηναίους εαυτόν κατά-γειν.

In diesem Fall (man nennt dieses Verhältnis »indirekt reflexiv«) finden sich in der attischen Literatur aber auch

a) die Formen von einfachem αυτός (so, mehr und mehr, auch später), und 46.11 b) das alte Personalpronomen έ (Akk.)5, ού, οί, Plural: σφάς, σφών, σφίσι(ν) (wenn es

weniger betont werden soll, wird es auch enklitisch gebraucht: έ, ού, οί, σφας, σφι(ν) (so!)).

46.4 3 Im Ionischen (häufig bei Homer) gibt es noch das Enklitikon μιν (»ihn, sie, es«), dorisch (daher in der Tragödie) viv.

4 »Wir sind »selbst««, d.h. »unter uns«, »allein«. 5 Dieses i- (lat. se) ist es natürlich, welches mit αυτόν das bekannte εαυτόν ergibt (vgl. L. 13.9 zu

έμαυτόν etc.).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 46 135

Zu diesem Pronomen:

1. Es wird im Attischen nur indirekt reflexiv (s.o.) verwendet und in nachklassischer Volkssprache überhaupt nicht.

2. Am häufigsten sind die Dative ol (οί), σφίσι(ν), σφι(ν).

3. Im Plural existiert auch ein Nominativ »σφεΐς«, der ebenso verwendet wird - »sie sagten, daß sie (selbst). . .<:Έλεγονδτι σφεϊς . . . (also auch hier: Rückbeziehung auf das Subjekt des übergeordneten Satzes).

D. έμός, -όν, -ή; σός, ημέτερος, υμέτερος 46.12

(L. 13.8; 14.2) werden gewöhnlich als Possessivpronomina bezeichnet, den Formen und dem Gebrauch nach gehören sie zu den Adjektiva. Ein possessives Verhältnis (eigentlich hat es nicht viel mit »besitzen« zu tun; vielmehr bezeichnet es Zugehörigkeit zu einer Person oder Sache) kann ausgedrückt werden:

1. durch einen Genetiv, z.B. 46.13

ό τοΰ Καλλίου φίλος; ebenso ό εκείνου φίλος »sein (jenes) Freund«, ό φίλος αυτού »sein (von ihm) Freund«, ό φίλος μου »mein (von mir) Freund«

(in der Tat sind ja »mein« und »dein« auch alte Genetive des Personalpronomens). Bei reflexivem Verhältnis (>ich liebe meinen Freund« etc.) kann auch der Gen. des Refle- 46.14 xivpronomens stehen:

στέργω τόν έμαυτού φίλον, στέργει τον εαυτού φίλον;

2. durch das Possessivpronomen (s.o.): 46.15

ό έμός δούλος, ό ημέτερος δούλος- στέργω τόν έμόν φίλον;

diese Möglichkeit gibt es nur für die 1. und 2. Person, denn es gibt im Griechischen kein Possessivpronomen der 3. Person (sowenig wie ein Personalpronomen); s. Nr. 8.

3. Wo die Beziehung klar ist, genügt oft der Artikel: 46.16

φιλώ τόν πατέρα (»ich liebe meinen Vater«)- στέργομεν τήν πατρίδα.

Ε. Der Artikel ό, τό, ή

ist ursprünglich ein Demonstrativpronomen (bei Homer hat er fast nur diese Funktion). 46.17 Diese demonstrative Funktion ist noch spürbar in Sätzen wie E3 bis E6; mehr (zu gr. L.13M;N)L.13.12.

Neben ό gibt es noch eine Form mit Akzent und Nominativ -s, δς (ein entfernter Verwandter des Relativpronomens). Dieses δς, Neut. ö, Fem. ή hat demonstrativen Charakter:

καί ός »und der«; δς μέν . . . δς δέ »der eine . . . der andere«; ή δ' δς »sprach der«; καί ή »und sie« (gr. L.41 II C3).

Mit Hilfe des Artikels kann so ziemlich alles substantiviert und dann dekliniert werden; 46.18 z.B. ein Infinitiv (τό λέγειν, τού λέγειν, τώι λέγειν »das Sagen«, »des Sagens«, . . .), ein Adverb, ein Acl, ein ganzer Satz (s. E2); s. L.6.1.

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136 APPENDIX GRAMMATICA L. 46

F. δδε, τόδε, ήδε (S. L. 9.3 und 4)

G. ούτος, τούτο, αύτη (S. L. 18.7 und 8)

Η. εκείνος, εκείνο, εκείνη = κείνος κείνο, κείνη (S. L.13.5)

Achte beim Lesen auf den Unterschied im Gebrauch von ούτος, δδε und εκείνος (L. 18.7). - Τοιούτος, τοσούτος und dgl. s. Nr. 30-33.

46.19 Von diesen Demonstrativpronomina kommen einige Adverbialbildungen häufig vor (sie gehören eigentlich zu den Pronominaladverbien, die in der nächsten Lektion behandelt werden); nämlich:

ωδε »so, folgendermaßen«6, auch: »hier, hierher«; τήιδε »hier, so, auf folgende Art«; οΰτω(ς) »so, derart«6; ταύτηι »dort, so« (in dieser - bekannten - Weise).

/. Verstärkung durch langes -i

46.20 Demonstrativa können durch angehängtes langes -i verstärkt werden:

όδί, ταδί, ούτοσί, τουτί, αύτηί, έκεινοσί;

Gen.: τουτουί, ταυτησί, usw.; auch ώδί, ούτωσί. Das gleiche -ϊ begegnet manchmal auch bei anderen Wörtern: νυνί »gerade jetzt«; ουχί.

Κ. Das ReUtivpronomen δς, δ, ή (S. L. 13.4 und 11)

46.21 Es gibt im Griechischen Möglichkeiten, Relativsätze zu bilden, die keine genaue deutsche Entsprechung haben (πιστεύω οίς λέγεις etc.). Dem Anfänger machen solche Relativsätze - wenn sie ein wenig umfangreicher sind - oft Schwierigkeiten. Es sei deshalb nochmals auf das reiche Material in Text, Appendix Grammatica und Exercitia der Lektion 13 verwiesen.

46.22 Das Relativpronomen kann durch das enklitische, angehängte -περ verstärkt werden: δσπερ. όπερ, ήπερ (Akzent!), etwa: »gerade welcher«, »derselbe welcher«.

L. τίς, τί; τις, τι (S. L.24.6ff.)

46.23 τίς, τί ist Fragepronomen. Es wird unverbunden wie ein Substantiv verwendet und entspricht dann deutschem »wer, was?« bzw. lat.: »quis, quid?« (z.B. die Sätze Fl—3, LI, L4, L6). Es wird auch »adjektivisch« verwendet, d.h. mit einem Substantiv verbunden, wie deutsch »welcher, welche, welches?« bzw. lat. »qui, quae, quod?« (z.B. L5).

46.24 τίς, τί leitet direkte Fragesätze ein (τίς εί; »wer bist du?«) und indirekte (ερωτώ τίς εί »ich frage, wer du bist«; ούκ οίδα τίς εί »ich weiß nicht, wer du bist«).

46.25 Das Indefinitpronomen τις, τι unterscheidet sich

6 Mit der Unterscheidung von οΰτω(ς) und ώδε nahmen es Griechen freilich nicht immer genau: ώδε bezieht sich - wie δδε, τόδε, ήδε - manchmal auch auf etwas schon Erwähntes.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 46 137

1. durch den tieferen Ton 7 (es ist enklitisch);

2. durch die Stellung im Satz: Es steht, im Gegensatz zum fragenden τίς, τί, höchst selten an erster Stelle (vgl. aber L.2). Wie das fragende Pronomen τίς, τί kann es »substantivisch« verwendet werden - dt. »jemand«8 (z.B. die Sätze E5, J3 und L8-11)- und »adjektivisch« - d t . »(irgend)ein« (z.B. der Satz L3).

Einige Nebenformen werden häufig gebraucht, nämlich 46.26

für τινί (enkl.) auch τωι (enkl.); für τινός (enkl.) auch του (enkl.); für τίνος; auch τού; fürrtvi; auch τώι; für τινά (enkl.) Neutr. Plur. auch άττα (nicht enkl.).

Μ. όστις, οτι, ήτις

(S. L.24.8L)

Auch hier gibt es häufige Nebenformen, nämlich 46.27

für ούτινος auch δτου, für ώιτινι auch δτωι, für άτινα auch άττα.

όστις ist 46.28

1. verallgemeinerndes Relativpronomen, wie dt. »wer (auch immer)«; (z.B. M2, M3);

2. indirektes Fragepronomen (auch τίς, s. Nr. 24): ερωτώ δστις εί.

Zu 1.: der verallgemeinernde Charakter kann durch Anhängen von -ούν noch verstärkt 46.29 werden:

όστισούν, ότιούν, ήτισούν (»irgendeiner, wer es auch sei; ein beliebiger«).

N. Korrelative Pronomina

Gewisse Pronomina stehen, was ihre Bedeutung und Form betrifft, in einer bestimmten 46.30 Beziehung (Korrelation) zueinander. Sie werden deshalb auch als »Korrelativa« bezeichnet. Zur Gruppe der Korrelativa gehören Fragepronomina (ποίος;), Relativpronomina (οίος), Demonstrativpronomina (τοϊος, τοιόσδε) etc. Es lohnt, sich die Gesetze dieser Korrelationen klarzumachen, zumal die gleichen Gesetze auch für viele Pronominaladverbien gelten, die in der nächsten Lektion behandelt werden. Hier sollen sie durch eine Tabelle verdeutlicht werden (s. Nr. 31).

Zum Unterschied von direkt und indirekt verwendetem Fragepronomen s. Nr. 24; zum Unterschied von bestimmtem und verallgemeinerndem Relativpronomen vergleiche die Verwendung von δς und δστις (Nr. 21 und 28; dazu die Sätze M2, M3,K3und K4). Der Vollständigkeit halber wird noch einmal τις, τίς, όστις, δς dazugestellt, man erkennt die gleichen Gesetze.

7 Im Lat., das keine Unterscheidung durch Töne kennt, muß meist anders (z.B. durch vorgesetztes ali-) unterschieden werden; vgl. jedoch: dicat quis.

8 Vgl. immerhin volkstümlichen Gebrauch wie in: »da freut sich wer«.

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Direkt und indirekt verwendetes Fragepronomen

Indefinitpronomen (enklitisch)

Indirektes Fragepronomem und verallgemeinerndes Relativpronomen

Bestimmtes Relativpronomen

Demonstrativ

pronomina

τίς; wer? welcher?

τις jemand irgendwer (irgend)ein

όστις 1. wer (?) welcher (?)

2. wer auch immer

ός der, welcher

όδε »der da« ούτος dieser (έ)κείνος jener

ποίος; wie (be

schaffen)? ποιος irgendwie

(beschaffen) όποιος 1. wie (be

schaffen) (?) 2. wie auch

immer (beschaffen)

οίος wie (beschaffen]

τοϊος 1 so (beschaffen)

τοιόσδε ein solcher

τοιούτος

πόσος;2 wie groß? ποσός 2 irgendwie

groß όπόσος2 1. wie groß (?)

2. wie groß auch immer

όσος2 wie groß τ ό σ ο ς 1 2 so groß τοσόσδε

τοσούτος

πότερος; wer

(welcher)

von beiden?

όπότερος 1. wer

(welcher)

von beiden (?)

2. welcher

von beiden

δ έτερος3 (von zweien)

der eine (andere)

ουδέτερος keiner von beiden

έκάτερος jeder von beiden

αμφότεροι beide

πηλίκος;4 wie groß?

wie alt?

όπηλίκος 1. wie groß (alt) (?)

2. wie groß (alt) auch immer

ήλίκος so groß wie

so alt wie

τηλικος1 ι . \ ' . >so alt

τηλικοσδε < „ , . /so erois

τηλικουτος [ °

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APPENDIX GRAMMATICA L. 47 139

Anmerkungen zur Tabelle

1 Die einfachen Demonstrativa τοϊος, τόσος werden hauptsächlich in der Dichtung gebraucht. In der Prosa sind die mit dem enklitischen -δε gebildeten (z.B. τοσόσδε, τοσόνδε, τοσήδε) und die mit ούτος zusammengesetzten üblich (z.B. τοιούτος, τοιοϋτο(ν), τοιαύτη).

2 πόσος (etc., die ganze Reihe) im Plural bedeutet meist »wie viele?« etc. 3 έτερος und die übrigen in der Klammer stehenden Wörter sind zwar keine eigentlichen Demon

strativpronomina, gehören aber als mögliche Antworten auf πότερος immerhin in die Reihe. 4 Die πηλίκος-Reihe ist nicht häufig, mit Ausnahme von τηλικοϋτος, τηλικοϋτο(ν), τηλικαύτη.

τηλίκος begegnet nur in daktylischen Versen. Vgl. ήλιξ, ήλικος »Altersgenosse« und ή ηλικία.

Zur Deklination dieser KorreUtiva 46.32

Zur Deklination von τίς und όστις s. L. 24.6 und 8; δδε L. 9.3; ούτος L. 18.8; τοιούτος, τοσούτος, τηλικούτος L.21.10. - Τοιόσδε, τοσόσδε (τοίος, τόσος) L.21.9; diese und die übrigen Korrelativa werden dekliniert wie Adjektiva auf -ος, -ov, -η(-ά). 46.33

Ο. άλλος und αλλήλους

Zu erwähnen ist noch 46.34 άλλος, άλλο, άλλη »ein anderer« (s. L. 13.6 und 13) und das 'Reziprokpronomen' (Akk.:) αλλήλους, άλληλα, άλλήλας »einander«, welches natürlich nicht im Singular und nicht im Nominativ existiert. Entstanden ist es wohl aus Verbindungen wie άλλος - άλλον (Mask.); άλλη - άλλην (Fem.).

Ρ. Weitere Pronomina

έκαστος, έκαστον, έκαστη »ein jeder, jeder (einzelne)« 46.35 flektiert wie ein Adjektiv; ebenso

ποδαπός, -όν, -ή »woher stammend«, αλλοδαπός, -όν, -ή »anders woher (stammend),

fremd«, Subst.: »Fremdling«. ουδείς, ουδέν, ουδεμία )

und [ »keiner, niemand« μηδείς, μηδέν, μηδεμία *

flektieren wie εϊς, έν, μία »einer, eine, eines« (s. L.24.11).

LEKTION 47

I. Pronominaladverbia

Dies bedrohliche Wort umschreibt einen recht wichtigen und durchaus einfachen Sach- 47.1 bereich, den die Tabelle (s.u.) übersichtlich zusammenfaßt. Trotz seiner organischen Regelmäßigkeit verwirrt dies Kapitel erfahrungsgemäß manche

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140 APPENDIX GRAMMATICA L. 47

Anfänger. Mache dir also den Sachverhalt an einem repräsentativen Beispiel klar; die übrigen ergeben sich dann von selbst1. Wörter, die eine direkte Frage einleiten, beginnen im Deutschen mit W (wer? wie? wo? was? usw.); im Lateinischen (meist) mit Q (quis? quid? quando? etc.). Dem entspricht im Griechischen ein Π 2 . Natürlich ist ein Wort, welches eine Frage einleitet, kräftig betont. Machen wir uns die Reaktionen, die ein solches Fragewort auslöst, am Beispiel von Wo? klar.

1. >Wo ist Fritz?«: direkte Frage, griech. πού; (interrogativ).

2. Gleichgültige (indefinite) Antwort: »Fritz ist (irgend)wo«; unbetont, griech. enklitisch: έστι π ο υ 3 .

3. Die gleiche Frage, abhängig (indirekt): a) »ich frage: wo ist Fritz?«, oder b) »ich frage, wo Fritz ist«; so auch griechisch: entweder a) πού (wie 1.) oder b) όπου.

4. Das gleiche Adverb οπού leitet eine generalisierende Antwort ein (wir verändern jetzt die Frage): »Wo setzt es Prügel?« Antwort: »Wo Fritz ist«; όπου εστίν: (allgemein-defi-nierend) relativisch4.

5. (Wir setzen wieder eine andere Frage ein:) »Wo ist meine Brieftasche?«: Antwort, spezifisch: »Wo Fritz ist«; ού έστιν: definierend-relativ. Merke die besondere Gleichartigkeit: Deutsch: »Wo?« Antwort: »(dort) wo« und griech.: πού; Antwort: o i .

6. Oft werden die Antworten durch Adverbien gegeben, die mit dem Fragewort nicht wurzelverwandt sind: »Wo?«: »dort«, »hier«, »ebenda«; griech. έκεϊ, ενταύθα, αυτού; oder schließlich

7. überhaupt nicht durch Adverbien, sondern durch andere Wortarten oder auch in längeren oder kürzeren Wortgruppen: »Wo . . .?<: »in Marathon«, »auf dem Schwarzen Meer« usw. πού;: Μαραθώνι, έν τώι Εύξείνωι Πόντωι usw.

47.2 Also: das Pronominaladverb erscheint, je nach seiner Leistung, in vier verschiedenen Formen:

πού »wo« (direkt und indirekt interrogativ), που »irgendwo« (indefinit), ού »wo« (relativ - nicht fragend5), όπου »wo« (indirekt fragend), όπου »wo (immer)« (verallgemeinernd, relativ);

1 Völlig gleicher Art ist die Korrelation auch von eigentlichen Pronomina, bereits behandelt oben, L.21.7; L.24.6-9 und L. 46.30-33.

2 Wir wollen uns hier nicht ablenken lassen durch die (nur scheinbar abweichende) Entsprechung von lat. quis - griech. τίς; lat. ubi steht abseits.

3 Dies ist bekannt seit L. 10.14. 4 Der Unterschied zwischen 3) und 4) ist logisch analytisch, nicht eigentlich sprachlich: im Griechi

schen wie im Deutschen wird das gleiche Adverb in gleicher Weise gebraucht: ich frage, wo Fritz ist, und

wo Fritz ist, setzt es Prügel: es bedarf einigen Nachdenkens, ehe man die verschiedene Leistung der gemeinsamen drei Wörter einsieht.

5 Darum ohne den Anfangskonsonanten, der »Fragen« ausdrückt.

Page 139: Griechischer Lehrgang III

direkt und in

direkt fragend

indefinit

(enklitisch) indirekt fragend und

verallgemeinernd relativ

relativ demonstrativ

πού; wo ? που irgendwo δπου 1. wo (?) 2. wo auch immer

ού >

ένθα 1 ' wo

ένθάδε hier, hierher

ενταύθα da, dahin

εκεί dort

ποϊ; wohin? ποι irgendwohin δποι 1. wohin (?)

2. wohin auch immer

οί )

ένθα 1 ι wohin

ένθάδε hier, hierher

ενταύθα da, dahin

έκείσε dorthin

πόθεν; woher? ποθέν irgendwoher οπόθεν 1. woher (?)

2. woher auch immer

όθεν ) ένθεν ' woher

ένθένδε von hier εντεύθεν von da εκείθεν von dort

πότε; wann? ποτέ irgendwann,

(ein)mal

οπότε 1. wann (?)

2. wann auch immer

δτε als, wenn τότε dann, damals

πώς; wie? πως irgendwie όπως 1. wie (?) 2. wie auch immer

ώς ) wie

ώσπερ >

ώδε 2 i auf folgende Weise ούτως / auf diese Weise έκείνως; auf jene Weise

πήι; ) wie?

(πή) \ wohin?

( π ή ) ) wo?

πηι \ irgendwie

> irgendwohin

(πη)) irgendwo

δπηι ) 1. wie, wohin, wo (?)

> 2. wie (wohin, wo)

(δπη) j auch immer

ήι ) wie

ήιπερ ) wohin, wo

(τή)τήιί 2 da!, so, τήιδε > hier, dort ταύτηι)

πηνίκα; zu welcher

Zeit? όπηνίκα 1. zu welcher Zeit (?)

2. zu welcher Zeit auch immer

ήνίκα als (zu welcher Zeit)

τηνικάδε ) zu dieser Zeit τηνικαύταί zu der Zeit

1 ένθα wird 1. relativ gebraucht und bedeutet »wo« (mit Verben der Bewegung »wohin«); 2. demonstrativ: »da« (mit Verben der Bewegung »dahin«); auch von der Zeit: »da«, »dann«, »da nun«, »da eben«; ένθα μέν . . . ένθα δε - »hier . . . da«, »an einer Stelle . . . an einer anderen«.

2 S. L.46.19.

--J

Page 140: Griechischer Lehrgang III

142 APPENDIX GRAMMATICA L. 47

und es antworten auf die Frage a) stammverwandte Adverbia; oder b) nicht stammverwandte Adverbia; oder schließlich c) andere, sinngemäße Wörter und Wortverbindungen.

Wenn dir dies bis zur Selbstverständlichkeit klar geworden ist, wird die Tabelle sich dir 47.3 eindeutig und nützlich erweisen. Um ihren Inhalt völlig zu beherrschen, brauchst du nur

die erste Spalte inne zu haben; und die kennst du ja seit den allerersten Lektionen.

47.4 Für die letzte Spalte - die Antworten - existieren noch Zusammensetzungen mit αυτός und άλλος:

zu πού: αυτού »daselbst« und άλλαχοϋ »anderswo«; zu πόθεν: αύτόθεν »von eben daher« und άλλοθεν »anderswoher«; zu πώς: αύτως 6 »gerade so« und άλλως »anders«; zu πήι: άλληι »auf andere Weise,

anderswo, anderswohin«; άλλαχήι »anderswo«;

zu πηνίκα: αύτίκα »sogleich«.

47.5 Πηνίκα ist nicht gleichbedeutend mit πότε. Es fragt nach einem bestimmten Zeitpunkt, zumal an einem Tage.

IL Die Zahlen 1-4

Von den Zahlen bis 199 haben nur die vier ersten verschiedene Formen für verschiedene Kasus, die sich freilich mit der Zeit abschleifen.

47.6 1. είς, έν, μία s. L.24.11.

2. N.A. δύο (hom. a u c h - ä l t e r - δ ύ ω ; lat. duo), G . D . δυοϊν. Auch fürG. undD. findet sich δύο (Hom. auch δύω) schon in klassischen Texten, und der Dat. δυσί(ν) ist seit Aristoteles gebräuchlich (nach τρισίν).

3. N.A. τρεις, τρία; G. τριών, D. τρισί(ν).

4. Ν. τέτταρες, -α, Α. τέτταρας, -α, G. τεττάρων, D. τέτταρσι(ν).

Dem spezifisch attischen -ττ- entspricht, hier wie durchweg, -σσ- in fast allen anderen Dialekten und Literaturen (τέσσαρες).

47.7 HI. Der Dual

Der Dual, wie oben L. 4.2 erwähnt, ist ein IE Erbe. Im Lateinischen ist er nicht erhalten; im Griechischen kommt er im Lauf des 4. Jh.s v.Chr. außer Gebrauch; in vielen Dialekten schon früher. In keiner Literaturgattung findet er sich ausnahmslos an allen in Frage kommenden Stellen; er ist aber häufig bei Homer und in der klassischen attischen Prosa, zumal bei Plato.

6 In Prosa ωσαύτως bzw. ώς δ' αύτως.

Page 141: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 47 143

A. Dual von Nomina 47.8

Der Dual bezeichnet prinzipiell nicht jede beliebige Zweizahl, sondern paarweis Zusammengehöriges, seien es Menschen (z.B. Brüder), seien es Körperteile (Augen, Füße) oder endlich Gegenstände (Schuhe, Beinschienen). Demnach ist nicht zu verwundern, daß sehr viele Wörter sich nie im Dual finden.

Die Formbildung 47.9

des griechischen Duals ist sehr einfach. Es gibt in jeder Deklination nur zwei Kasusendungen; für Nom. Akk. (Vok.) die eine, für Gen. und Dat. die andere; und diese sind in den drei Deklinationen weithin identisch oder doch ähnlich.

/ . o-Deklination: -ω, -οιν (begreiflicherweise wie die Kasus von δύο) 47.10 N.A.V. -ω: τώ θεώ, τώ ώμω (ώμος Schulter) Vgl. hom. δύω; άμφω, lat. ambo »beide«; also IE. G.D. -οιν: τοίν θεοϊν, τοϊν ώμοιν Die Endung (hom. auch - älter? - -oüv) ist nicht IE und schwer zu erklären; sie hat sich aber in allen Deklinationen durchgesetzt.

2. a-Deklination: -ά, -αιν 47.11 N.A.V. τώ σοφιστά, τώ άγκυρα G.D. τοϊν σοφισταϊν, τοίν άγκύραιν Du siehst, daß beim Dual eines Femininums der maskul. Artikel normal ist. Auch τούτω, -οιν und τώδε, τοϊνδε sowie das Relativum ώ, οίν werden für alle drei Genera gebraucht; speziell feminine Formen dagegen kaum je. Somit kann τώ θεώ (Dual zu ή θεός) das Paar der Eleusinischen Göttinnen Demeter und Köre (Persephone) bezeichnen.

3. Dritte Deklination: -ε, -οιν 47.12 N.A.V. τώ άνδρε τώ χεϊρε G.D. τοϊν άνδροϊν τοϊν χειροϊν

Merke also, kurz: III. -ε, -οιν, Ι. -ω, -οιν, IL -ά, -αιν.

4. Personalpronomen 47.13 »wir zwei«: νώ, νώιν; »ihr zwei«: σφώ, σφώιν.

Β. Dual von Verba 47.14

Dual-Endungen für die 1. Person sind unendlich selten bezeugt. Hier also nur die 2. und 3. Person: »ihr beide«; »sie beide«:

Primär: 2. und 3. Pers. Akt. -τον, λύετον; Med. -σθον 7, λύεσθον;

Sekundär: 2. Pers. Akt. -τον, έλύετον; Med. -σθον, έλύεσθον; 3. Pers. Akt. -την, έλυέτην; Med. -σθην, έλυέσθην;

7 Der Aorist Pass. hat natürlich, wie durchweg so auch im Dual, die aktiven Endungen.

Page 142: Griechischer Lehrgang III

144 APPENDIX GRAMMATICA L. 48

Imperativ: 2. Pers. Akt. -τον, λύετον; Med. -σθον, λύεσθον; 3. Pers. Akt. -των, λυέτων; Med. -σθων 8, λυέσθων.

Somit kurz gesagt: die Endung -τον (Med. -σθον), wie in λύετον (λύεσθον), steht für alle Tempora, Modi und Personen, ausgenommen

1. -την (Med. -σθην): 3. Person, sekundär; z.B. έλυσάτην, λυσαίτην, λυοίτην, έλυθήτην, έλυσάσθην, λυσαίσθην, λυοίσθην: »sie

beide«

und: 2. -των (Med. -σθων): 3. Person, Imperativ; z.B.

λυσάτων, λυθήτων (Aor. Pass.), λυσάσθων, γενέσθων: »sie beide sollen . . .<

LEKTION 48

Zahlwörter (Numeralia)

48.1 Typen von Zahlwörtern

A. Kardinalzahlen: 1, 2, 3 . . .

B. Ordinalzahlen: Der erste, zweite, dritte . . .

C. ZahladverbU: einmal, zweimal, dreimal . . . dazu auch:

D. Zahladjektiva: einfach, zweifach (doppelt), dreifach . . . (einfältig!), zweifältig, dreifältig . . .

E. Zahlsubstantiva: Einheit, Zweiheit, Dreiheit . . . (Myriade, Million . . .)

F. Distributiva: je ein, je zwei, je drei (lat. singuli, bini, terni . . .) Vergleiche ständig die Übersichtstafel am Ende dieser Lektion!

48.2 A. Kardinalzahlen

Zunächst lerne sie von 1-20:

1-4: sind »deklinabel«, i.e. werden dekliniert, haben Kasus s. L.24.11 und L.47.6;

5-100: sind indeklinabel (bleiben unverändert):

5-9: vgl. lat.; merke speziell 7 επτά (septera) und εννέα

10: δέκα, lat. decem.

11-20: 11 und 12 bewahren alte Sonderstellung (12 Götter, 12 Apostel): ένδεκα, δώδεκα; B u n d 14 gelten als je drei Wörter, weil 3 und 4 deklinabel sind: τρεις (τρία . . .)καί δέκα; danach

15-19: je ein Wort, Akzent auf καί: πεντεκαίδεκα;

20: είκοσι(ν); alte Dialektform ^ίκατι, vgl. lat. viginti.

8 Das ist freilich auch die Endung des Plurals, mithin ununterscheidbar.

Page 143: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 48 145

Die übrigen Zehner enden auf -κοντά; davor -α- (30 und 40) bzw. -η- (50-90), und die 48.3 Einer 3-9, z.T. leicht variiert. Merke speziell 70, 80, 90: έβδομήκοντα, όγδοήκοντα (diese Assimilation kennst du seit L.21.3), und ένενήκοντα.

100: εκατόν (centum)

Die Hunderter sind deklinabel; so auch alle weiteren Kardinal- (und auch alle Ordinal-) 48.4 zahlen. Indeklinabel sind also nur 5-100. Die Hunderter enden auf -ακόσιοι, -α, -αι; davor stehen die Einer 2-9, wiederum leicht variiert: meist wie bei den Zehnern; merke aber speziell:

διακόσιοι (200), τετρακόσιοι (400), επτακόσιοι (700), οκτακόσιοι (800), ένακόσιοι (900).

1000: χίλιοι, -α, -αι 1 48.5 Die Tausender werden anders gebildet als Zehner und Hunderter; es werden nämlich die ZahladverbU (2x, 3x, 4x; unten, C) vor χίλιοι, -α, -αι gesetzt:

δισχίλιοι (2000), τρισχίλιοι (3000) . . . ένακισχίλιοι (9000).

10000: μύριοι, -α, -αι 48.6

Zehntausender werden gebildet wie Tausender, mit Zahladverbien: δισμύριοι (20000), τρισμύριοι (30000), έξακισμύριοι καί έξακισχίλιοι (66000).

Zahlen über 100000 - und oft auch kleinere - werden am leichtesten mit Hilfe des Zahlsubstantivs ή μυριάς ausgedrückt; z.B.

τριάκοντα πέντε μυριάδες (350 000)2.

Zahlenverbindungen 48.7

Ohne Unterschied begegnet die Anordnung a) von der kleinsten zur größten und b) von der größten zur kleinsten Zahl.

Bei beiden Ordnungen findet sich καί zwischen den einzelnen Zahlen; bei a) immer; z.B. εξ καί έξήκοντα καί εξακόσιοι (666); bei b) stehen die Zahlen oft unverbunden: εξακόσιοι (καί) έξήκοντα (καί) έξ3.

Zahlzeichen 48.8

Nachklassisch wird das gesamte Alphabet dafür verwendet. Es genügt für 1-999, denn es wurde durch drei alte Buchstabenzeichen erweitert, welche sonst außer Gebrauch gekommen waren:

1 Daher »Kilo-«! 2 Die Möglichkeit, auch enorm große Zahlen mit dem griechischen System auszudrücken, hat Ar-

chimedes in einer berühmten Schrift (»Die Sandzahl«, Ψαμμίτης) dargetan. - Übrigens sprach man μύριοι, wenn man präzise 10000 meinte, aber μύριοι (Akzent!) zur Angabe einer unbestimmten großen Zahl (durch das Adjektiv μυρίος, -ov, -ä). So sagen wenigstens antike Grammatiker; wer's glaubt, zahlt einen Taler.

3 Ähnlich dem lat. duodeviginti etc. gibt es auch im Griech. gelegentlich Angabe einer Zahl mittels Abziehen vom nächst höheren Zehner; und zwar durch das Partizip von δεϊ »es mangelt« (»ist not«); z.B. ένος δέοντα τριάκοντα έτη, »einer fehlt an 30«, also = 29.

Page 144: Griechischer Lehrgang III

146 APPENDIX GRAMMATICA L. 48

S', im Alphabet an der Stelle von F, nach ε; in mittelalterlichen Handschriften = 6

Zeichen (»Ligatur«) für στ und daher στίγμα genannt;

ς', im Alphabet nach π, das semitische Koph, altgriech. κόππα, unser q; = 90

Th', sog. Sampi, nach ω eingeordnet; ein wahrscheinlich nicht-semitisches = 900

Schriftzeichen, welches in einigen frühgriechischen Dialekten einen scharfen s-Laut bezeichnete.

Nach Buchstaben, welche Zahlen von 1-999 bezeichnen, steht ein Akut-artiger Strich: O ' - I ; 3' = 6; ι' = 10; ις' = 16; ρς' = 190; ^ ς θ ' = 999.

Vor Buchstaben, die größere Zahlen bezeichnen, steht links unten ein ebensolcher Strich: ,α = 1000; ,ß = 2000; ,κ = 20000.

48.9 Β. Ordinalzahlen

Alle Ordinalzahlen sind deklinabel nach der o- und a-Deklination, d.h. sie sind »Zahlad

jektive« (wie unten D).

1.-9. (meist längst bekannt). Einige Eigenheiten. Merke: τέταρτος (4.); πέμπτος (5.); έκτος" (6.); έβδομος und όγδοος (7.8.), wie in έβδομή-κοντα, όγδοήκοντα; ένατος (9.), vgl. ένακόσιοι.

10.-12. δέκατος, ενδέκατος, δωδέκατος.

13.-20. τρίτος καί δέκατος, usw. . . ., εικοστός.

Von 20. an enden sie alle auf -τός, -τόν, -τή (Akzent!) wie αγαθός, -όν, -ή. Und zwar sind sie durchweg in der Weise geformt, daß -οστός, -οστόν, -οστή die Endung der betr. Kardinalzahl ersetzt: z.B.

τριάκοντα - τριακοστός ένενήκοντα - ένενηκοστός

τριακόσιοι - τριάκοσιοστός ένακόσιοι - ένακοσιοστός τρισχϊλιοι - τρισχίλιοστός ένακισχίλιοι - ένακισχίλιοστός

48.10 Verbindung mehrerer Ordinalzahlen

nach den gleichen Regeln wie bei Kardinalzahlen (Nr. 7); z.B. ή πρώτη 5 καί εικοστή καί έπτακοσιοστή oder ή έπτακοσιοστή (καί) εικοστή (καί) πρώτη 5 .

48.11 C. Zahladverbien

Nach 1-3, άπαξ, δίς, τρίς, enden sie alle auf -άκις (indeklinabel), welches an den Stamm der betr. Kardinalzahl tritt; z.B.

πεντάκις, ένάκις (! vgl. ό ένατος), έννεακαιδεκάκις, έκατοντάκις, χιλιάκις, μυριά-

κις.

Für δισχίλιοι, δισμύριοι etc. s. Nr. 5ff.

48.12 D. Zahladjektive

1. Für απλούς, διπλούς, τριπλούς (lat. simplex, duplex etc.) s. L. 16 - vorwiegend in nicht-arithmetischen Zusammenhängen;

2. διπλάσιος, τριπλάσιος etc. bedarf keiner Erklärung6.

4 έκτος neben έξ wie έκ τοΰ neben έξ: Interkonsonantisches -s- fällt aus. 5 Dafür begegnet auch είς καί εικοστός, μία καί εικοστή usw. 6 δισσός, -όν, -ή undτρισσός, -όν, -ή, »zweifach«, »dreifach« sind auf diese zwei Zahlen beschränkt.

Page 145: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 48 147

E. Zahlsubstantive

ή μονάς, δυάς, τριάς etc.; s. L.27 Λ für die Deklination, für weitere Beispiele L.27 D; L.41 HC. Für

F. Distributiva

hat das Griechische - wie das Deutsche - keine besondere Wortklasse entwickelt, die dem lat. singuli, bini, terni, etc. entsprechen würde. Es gibt aber verschiedene Wege, diese Bedeutung auszudrücken, bes. durch Präpositionen; z.B. άνά πέντε »je fünf«, »in Gruppen von fünf« oder καθ' ένα »je einer« oder auch durch έκαστος »jeder einzelne«. Auch für

48.13

48.14

G. Bruchzahlen

besaß das Griechische verschiedene sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten; z.B.

τά τρία μέρη (3 von 4) = 3A; τά πέντε μέρη = 5/β; und: τών πέντε τά δύο μέρη = 2/s. Ferner: nach ήμισυς = 1/ι:

το τρίτον μέρος ) ή τρίτη μοίρα )

>/3; το τέταρτον μέρος) ή τετάρτη μοίρα >

V4 USW.

48.15

ÜBERSICHT DER ZAHLWÖRTER

Kardinalzahlen Ordinalzahlen Zahladverbien

α' 1 είς έν μία πρώτος, -ον, -η άπαξ einmal

ß' 2 δύο δεύτερος, -ον, -ά δίς zweimal

Υ' 3 τρεις τρία τρίτος, -ον, -η τρίς dreimal

δ ' 4 τέτταρες τέτταρα τέταρτος τετράκις ε' 5 πέντε πέμπτος πεντάκις

S' 6 έξ έκτος έξάκις

ζ ' 7 επτά έβδομος έπτάκις

η ' 8 οκτώ όγδοος όκτάκις

θ ' 9 εννέα ένατος ένάκις

ι' 10 δέκα δέκατος δεκάκις

ια ' 11 ένδεκα ενδέκατος ένδεκάκις

ιβ' 12 δώδεκα δωδέκατος δωδεκάκις

ιγ' 13 τρεις (τρία) καί δέκα τρίτος καί δέκατος τρισκαιδεκάκις

ιδ ' 14 τέτταρες (-ρα) καί δέκα τέταρτος καί δέκατος τετρακαιδεκάκις

ιε' 15 πεντεκαίδεκα πέμπτος καί δέκατος πεντεκαιδεκάκις

< 16 έκκαίδεκα έκτος καί δέκατος USW.

ιζ 17 έπτακαίδεκα έβδομος καί δέκατος ιη' 18 όκτωκαίδεκα όγδοος καί δέκατος

ι θ ' 19 έννεακαίδεκα ένατος καί δέκατος

κ' 20 εϊκοσι(ν) εικοστός είκοσάκις

λ' 30 τριάκοντα τριακοστός τριακοντάκις

μ' 40 τετταράκοντα τετταράκοστός usw.

ν' 50 πεντήκοντα πεντηκοστός

Page 146: Griechischer Lehrgang III

48 APPENDIX GRAMMATICA L. 49

ξ' 60 έξήκοντα εξηκοστός ο ' 70 έβδομήκοντα εβδομηκοστός π ' 80 ό /δσήκοντα όγδοηκοστός

c' 90 ένενήκοντα ένενηκοστός

Q' 100 εκατόν εκατοστός έκατοντάκις σ' 200 διακόσιοι, -α, -αι διάκοσιοστός διακοσιάκις

τ ' 300 τριακόσιοι, -α, -αι τριάκοσιοστός usw. υ ' 400 τετρακόσιοι τετρακοσιοστός

φ ' 500 πεντακόσιοι πεντακοσιοστός

Χ' 600 εξακόσιοι έξακοσιοστός

ψ' 700 επτακόσιοι έπτακοσιοστός ω' 800 οκτακόσιοι όκτακοσιοστός

7h' 900 ένακόσιοι ένακοσιοστός ,α 1000 χίλιοι, -α, -αι χιλιοστός χίλιάκις

,β 2000 δισχίλιοι, -α, -αι δισχίλιοστός usw.

Λ 10000 μύριοι, -α, -αι μύριοστός μύριάκις

,'Χ- 20000 δισμύριοι usw. USW.

LEKTION 49

Verba vocalia

49.1 »Alle Stämme enden entweder auf einem Vokal (einschl. Diphthong) oder auf einem Konsonanten« (es können auch mehr Konsonanten oder Vokale sein als einer). Diese Binsenwahrheit gilt für das Verbum ebenso gut wie für das Nomen (L.20.1); z.B. λ ύ ω und λέγω oder παιδεύω und πέμπω. Beim Präsensstamm steht zwischen Verbalstamm und Endung der Themavokal1 (λέγ·ο· μεν, έλύετε); die Stämme der meisten anderen Tempora2 haben einen zusätzlichen Konsonanten zwischen Verbalstamm und Endung (λύσω, έλυσα, λέλυκα, έλύθην). In der Entwicklung der Sprache ergeben sich sehr wenig Probleme, wenn ein Konsonant auf einen Vokal folgt (λόγον) oder ein Vokal auf einen Konsonanten (δαίμονι), wohl aber beim Zusammentreffen von Vokalen (γένεος > γένους) oder von Konsonanten (δαί-μονσι > δαίμοσι). Wir haben die Folgeerscheinungen an den verschiedenen Typen des Nomens betrachtet und schicken uns an, das gleiche beim Verbum zu tun.

49.2 Wir beginnen mit Verben, deren Stamm auf einen Vokal endet: den »Vokalstämmen«. Bei diesen ergeben sich aus dem eben erwähnten Grund außerhalb des Präsensstamms wenig oder gar keine Probleme. Im Präsens-cum-Imperfekt aber stößt der Stammvokal zusammen mit dem Themavokal . . . Das »System des Normalverbums«, welches wir im Vorigen erarbeitet haben, ergab sich im wesentlichen im Studium von Vokalstämmen - von einer sehr speziellen Art. λύω,

1 Die Verben mit nicht-thematischem Präsens (L. 7.5) bleiben vorläufig außer Betracht. 2 Ausgenommen starke Perfecta (z.B. γέγραφα, λέλυμαι) und Aoriste (z.B. έγράφ-ην).

Page 147: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 49 149

λύομεν; παιδεύω, παιδεύομεν; die griechische Abneigung gegen den Zusammenstoß von Vokalen (Hiat) kam offenbar nicht ins Spiel, wo ein υ am Stammende stand. Daher eignete sich dieser Typ am besten für eine erste Übersicht3. Verben dieses Typus sind aber keineswegs häufig. Wie, wenn ein anderer Vokal als υ vor dem Themavokal steht? Stämme auf -ι sind sehr selten, dabei so unproblematisch wie die auf -υ. Die Langvokale η 49.4 und ω sind gleichfalls selten, fordern aber eine kurze Betrachtung - später. Sehr häufig dagegen findet sich am Stammende einer der Kurzvokale ά, ε, ο; und unter diesen Kurzvokal-Stämmen wiederum sind Verba auf -έω am häufigsten. Dabei ist die Entwicklung ihrer Formen höchst einfach und konstant. Aus beiden Gründen stellen wir die Verba auf -έω an den Anfang unseres Studiums des Verbums.

Eine wesentliche Eigenheit ist ihnen gemeinsam mit den beiden andern Typen: außerhalb 49.5 des Präsens wird der kurze Stammvokal gelängt, und zwar -ε- zu -η-: φιλέω, φιλήσω, άγνοέω, αγνοήσω4. Im übrigen gibt es dabei keine Probleme; φιλήσω, έφίλησα, πε-φίληκα usw. ist regelmäßig wie λύσω, έλυσα, λέλυκα. Das Wenige, was es bei den Kurzvokal-Stämmen an Problemen gibt, beschränkt sich also auf das Präsens (wie immer: mit dem Imperfekt).

PräsentU auf - έω 49.7 sind häufiger als jede andere Verbklasse; man hat gegen 4000 gezählt. Abgeleitet sind sie, zunächst, von Nomina, deren Stamm auf den Themavokal ε/ο endet; d.h. dies ist ursprünglich die Konjugation, welche der o-Deklination entspricht: φίλος - φιλέω, άδικος - άδικέω, πόνος - πονέω, φθόνος - φθονέω. Der entstehende Typ war aber so brauchbar, daß viele Hunderte solcher Verben auch von anderen Stämmen abgeleitet wurden; z.B. λυπέω (λύπη), κρατέω (τό κράτος), δυστυχέω (δυστυχής), εύδαιμονέω (ευδαίμων). Und schließlich gibt es -εω-Verben, welche nicht »Denominativa« sind, sondern »primär«; so δοκέω, καλέω, ποιέω, πωλέω (>verkaufen«)i

Formen der -iiü-Präsentia (Aktiv) 49.8

Wie die ersten Texte in der griech. Lekt. (Al-3) zeigen, wurde derHUt beim Zusammenstoß von Stammauslaut (-ε) und Themavokal (ε/ο) von Dichtern (wie Pindar; so auch Homer) und in ionischer Prosa (Demokrit; so auch Herodot) oft beibehalten. Nicht so im attischen Dialekt und demnach auch nicht in der späteren Gemeinsprache 49.9 und Literatur, deren Basis das Attische wurde. In diesen wurde der Hiat durch Kontraktion entfernt; in der Weise und entsprechend den Grundregeln, welche wir von der Formbildung der kontrahierten Nomina kennen (όστέον > όστούν, L. 15; άργυρέωι > άργυρώι, L. 16; εύγενέες > ευγενείς, L. 33). Daher nennt man diese (größere) Gruppe der Verba vocalia, zur Unterscheidung, gern

Verba contracta

Wo also der Stammvokal -ε mit dem Themavokal in der Form -ε- zusammentraf, sprach man ein langes έ, welches seit dem 4. Jh. ει geschrieben wurde; bei der Form -o- behielt

3 Konsonantstämmen sind wir allerdings begegnet (λέγω, γράφω, πέμπω, μανθάνω . . .), nicht 49.3 ohne einige der für sie charakteristischen Entwicklungen zu bemerken (λέξω, έγράφη, έπεμψε, έμαθε); doch mit bedachtsamer Aussparung ernsterer Probleme: solche werden der Gegenstand späterer Lektionen sein.

4 Es gibt einige Ausnahmen: -εω-Verben, deren Stamm von Ursprung überhaupt nicht auf den Vo- 49.6 kal endete, sondern auf -s (welches dann ausfiel). Diese dehnen ihr ε nicht; so αίνέω - αϊνέσω, ήινεσα und gar καλέω Fut. καλώ (< -έσω). Sie werden später in größerem Zusammenhang behandelt werden; vorläufig müssen wir diese Eigenheit einfach hinnehmen.

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150 APPENDIX GRAMMATICA L. 49

eben dies, wie stets, die Oberhand; das entstehende lange ö wurde, wie wir wissen, ebenfalls durch einen »unechten Diphthong«, nämlich ου, wiedergegeben. Und endlich: wo der Themavokal zu η oder ω gelängt war (z.B. im Konjunktiv), wie auch, wo in der

49.10 Formbildung ein langer Vokal oder Diphthong entstanden war (z.B. im Optativ; Partizip Fem.), wurde der kurze Stammvokal in diese Längen absorbiert. Die verschiedenen Formen, denen wir in der griechischen Lektion begegnet sind, lassen sich also verstehen aufgrund der einfachen Formel:

εε > έ (ει) εο > ό (ου)

Langvokal und Diphthong absorbieren das ε

Die sich ergebenden Formen sind so evident, daß ein ausführliches Paradigma unnötig scheinen könnte; benutze es aber, um sie zu verstehen und sie dir einzuprägen: du wirst ihnen viel öfter begegnen als dem Präsens von παιδεύω! Zwei Dinge mußt du dir aber vorher klar machen:

49.11 1. Oer Akzent bleibt (wie normal), wo er vor der Kontraktion stand: φίλεε > φίλει. Wenn er auf eine kontrahierte Silbe zu stehen kommt, ist er ein Zirkumflex (φιλέω > φιλώ, φιλέουσι > φιλούσι); es sei denn, daß eine lange Silbe folgt: dann ist es ein Akut (φιλεέτω > φιλείτω).

2. Die Verba contracta bilden den Optativ Präsens nicht in der gleichen, sonderbaren Weise wie der Typ λύω (παιδεύω; L. 26.7), sondern so, wie wir es von είην (L. 25.7) und vom Aor. Pass. (L. 43.4) kennen, d.h. mit sekundären Endungen und davor dem Ablaut: -ιη- im Singular, nur -ι- im Plural. Freilich wurde auch hier der Plural manchmal dem Singular angeglichen, und im Singular gibt es Formen wie λύοιμι, -οις, -οι schon bei Homer (φιλέοιμι usw.).

Indikativ Konjunktiv

Sg. φιλ-έω > φιλ-ώ φιλ-έεις > φιλ-εϊς φιλ-έει > φιλ-εί

φιλ-έω > φιλ-ώ φιλ-έηις > φιλ-ήις φιλ-έηι > φιλ-ήι

PI. φιλ-έομεν > φιλ-ούμεν φιλ-έετε > φιλ-είτε φιλ-έουσι(ν) > φιλ-ούσι(ν)

φιλ-έωμεν > φιλ-ώμεν φιλ-έητε > φιλ-ήτε φιλ-έωσι(ν) > φιλ-ώσι(ν)

Abgesehen vom Akzent ist demnach der Konjunktiv durchweg wie bei λύω, der Indikativ durchweg wie bei λύω, außer in der 1. und 2. Plur.

Imperativ

Sg- φίλ-εε > φίλ-ει φιλ-εέτω > φιλ-είτω

PI. φιλ-έετε > φιλ-είτε φιλ-εόντων > φιλ-ούντων

Optativ

Sg· φιλ-εοίην > φιλ-οίην φιλ-εοίης > φιλ-οίης φιλ-εοίη > φιλ-οίη

PI. φιλ-έοιμεν > φιλ-οϊμεν

φιλ-έοιτε > φιλ-οίτε φιλ-έοιεν > φιλ-οϊεν

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APPENDIX GRAMMATICA L. 50 151

φιλ-έων ) φιλ-έον > φιλ-έουσα φιλ-εούσης

Partizip

-έοντος > φιλ-ών

φιλ-ούν > φιλ-ούσα > φιλ-ούσης

! - ουντος

Infinitiv φιλέειν > φιλεϊν

Imperfekt

Sg- έφίλ-εον > έφίλ-ουν

έφίλ-εες > έφίλ-εις έφίλ-εε > έφίλ-ει*

PI. έφιλ-έομεν > έφιλ-ούμεν έφιλ-έετε > έφιλ-εϊτε έφίλ-εον > έφίλ-ουν

49.13

* Kein »ny mobile«, wie έλυε(ν): das steht nur nach kurzen Endungen (-ε und -σι).

LEKTION 50

I. Medium-Passiv der -έω-Verba

Von Homer zum klassisch Attischen und weiterhin Gültigen die gleiche Entwicklung, nach den gleichen Lautgesetzen, wie beim Aktiv. Die Formen der folgenden Paradigmen ergeben sich somit von selbst.

50.1

Präsens Indikativ Konjunktiv

Sg. 1. φιλέομαι 2. φιλέηι 3. φιλέεται

> φιλούμαι > φιλήι > φιλεϊται

φιλέωμαι φιλέηι φιλέηται

> φιλώμαι > φιλήι > φιλήται

PI. 1. φιλεόμεθα 2. φιλέεσθε 3. φιλέονται

> φιλούμεθα > φιλεϊσθε > φιλούνται

φιλεώμεθα φιλέησθε φιλέωνται

> φιλώμεθα > φιλήσθε > φιλώνται

Sg. 1. 2. 3.

Optativ φιλεοίμην > φιλοίμην φιλέοιο > φιλοϊο φιλέοιτο > φιλοϊτο

PI. 1. 2. 3.

φιλεοίμεθα > φιλοίμεθα φιλέοισθε > φιλοϊσθε φιλέοιντο > φιλοϊντο

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152 APPENDIX GRAMMATICA L. 50

Impera tiv

Sg- 2. φιλέου > φιλού 3. φιλεέσθω > φιλείσθω

PI. 2. φιλέεσθε > φιλεϊσθε 3. φιλεέσθων > φιλείσθων

Partizip φιλεόμενος > φιλούμενος φιλεόμενον > φιλούμενον φιλεομένη > φιλουμένη

Infinitiv

φιλέεσθαι > φιλεϊσθαι

Imperfekt

Sg- 1. έφιλεόμην > έφιλούμην 2. έφιλέου > έφιλού 3. έφιλέετο > έφιλεϊτο

PI. 1. έφιλεόμεθα > έφιλούμεθα 2. έφιλέεσθε > έφιλεϊσθε 3. έφιλέοντο > έφιλού ντο

50.2 Die übrigen Tempora sind ebenso regelmäßig wie im Aktiv, mit Längung des ε zu η ; also z.B. ποιήσομαι, έποιησάμην, πεποίημαι, έποιήθην, ποιηθήσομαι.

II. Ein Spezialfall bei der Kontraktion

50.3 Einsilbige Stämme kontrahieren nur zu ει :

δεϊ, δεϊται, aber δέηι, δέοι, δεόμεθα, έδέου etc.; φεϊ aber φέοι; so auch πλεϊν1, πλεϊ, aber πλέω, έπλεον.

50.4 III. Passiv von intransitiven Verben

Das Deutsche (wie auch das Lateinische) bildet kein Passiv von Verben, deren Ergänzung (Objekt) in einem anderen Kasus als im Akkusativ steht (sog. intransitiven Verben); z.B. er sieht den Mann (transitiv): der Mann wird gesehen; aber er gibt dem Mann etwas (intransitiv): nicht: der Mann wird etwas gegeben; ich erinnere mich der Zeit: nicht: die Zeit wird . . . erinnert. Im Griechischen sind solche Passiva legitim; z.B.

φθονέω αύτώι (beneide) καταφρονέω αυτού (verachte) πολεμέω αύτοϊς (bekriegen) άπιστέω αύτοίς (mißtrauen)

φθονείται (gr. L.I Bl) καταφρονείται (II AI) πολεμούνται (II Β) άπιστούνται (II Β)2

1 »zu Schiffe fahren, segeln«; vgl. ό πλους (< πλόος), περίπλους, L.15.3f. (L. 72.1). 2 Ebenso πιστεύομαι »mir wird geglaubt«.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 51/52 153

IV. Verba curandi 50.5

Der Gegenstand (das Ziel, Objekt) von Verba der Bemühung, des Strebens, Sorgens, Uberlegens (Verba curandi), wie

μέλει μοι, έπιμελέομαι, σκοπέω; σπευδειν, βουλεύεσθαι, πάντα πράττειν, περί πολλού ποιεϊσθαι,

wird eingeführt mit όπως (Negation μή); das abhängige Verb steht meist im Ind. Fut. (I J2)3, oft aber auch im Konjunktiv (des Willens; oben, L.22.9, L.23.6).

LEKTION 51 und 52

Verba auf -άω 51.1

Verba auf -άω sind in der Mehrzahl Denominativa, abgeleitet von Nomina auf -ä (ion. -η) und auch auf -ά, ganz wie -έω-Verba von Stämmen auf ε/ο abgeleitet sind. Also z.B. τιμάω von τιμά (τιμή), βοάω von βοά (βοή), νικάω von νίκα (νίκη), τολμάω von τόλμα. Auch hier gibt es Ableitungen von anderen Stämmen: απαντάω (αντί »entgegen«), έράω (έρως), und »primäre« Verben wie δράω, έάω, όράω.

I. Ihr Präsens

Die Kontraktion der zusammenstoßenden Vokale, welche das Attische dem späteren 51.2 Griechisch vererbte, war bei dieser Klasse viel früher und allgemeiner durchgeführt als bei den Verben auf -έω. Im Homer findet sich nur eine verhältnismäßig kleine Zahl un-kontrahierter -αω-Formen1; eine von ihnen steht über der griechischen Lektion 51. Die Gesetze, nach denen die Kontraktion verlief, sind höchst einfach und ließen sich von den ersten drei Sätzen der Lektion ableiten. Nur zwei Möglichkeiten kommen in Frage: das -α am Ende des Stammes stößt entweder auf einen Ε-Laut, oder auf einen O-Laut: im er-steren Fall ist das Resultat ä2, im letzteren ω; ist ein Iota involviert, so resultiert ein langer Diphthong: άι bzw. ωι (φ, ω) 3 . Formelhaft dargestellt:

3 Die vorwiegende Konstruktion mit Ind. Fut. dürfte darin gründen, daß das Erstrebte als zukünftige Tatsache vorgestellt wird. Recht oft findet sich auch δπως mit Fut. Indik. - ohne Hauptverb: δπως άνδρες αγαθοί έσεσθε: »daß ihr euch als brave Männer erweist!« - Bei vielen Konstruktionen mag der Umstand mitgespielt haben, daß Indik. Fut. und Konj. Aor. oft formgleich sind und an Bedeutung einander nahestehen (λέξω: τί λέξω;).

1 - wenn auf die schriftliche Überlieferung Verlaß ist. Hier liegt eins der großen Probleme der homerischen Textkritik.

2 Und dieses ά bleibt α; es wird nicht zu η! 3 Die Infinitiv-Endung -ειν enthält »unechten« Diphthong (ει = έ); demgemäß entsteht hier kein

I-Diphthong; der kontrahierte Infinitiv heißt τιμάν.

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154 APPENDIX GRAMMATICA L. 51/52

α + Ε-Laut (ε, ει, η, ηι) > ά (άι = ά), Α + O-Laut (ο, οι, ω, ου) > ω (ωι = ω); dabei wird jeder echte I-Diphthong zu langem Diphthong (Iota subscriptum)

Die Resultate der Kontraktion sind im Aktiv und Medium so gleichartig, daß die beiden zweckmäßig nebeneinander gestellt werden.

51.3 Praesens: Indikativ = Konjunktiv Akt. Med./Pass.

Sg. 1. 2. 3.

τιμά·ω > τιμά-εις > τιμά·ει >

τιμ·ώ τιμ-ώμαι τιμ-άις(άς) τιμ-άι (ά) τιμ-άι (q.) τ ιμάται

< τιμά-ομαι < τιμάηι (π) < τιμά-εται

PI. 1. 2. 3.

τιμάομεν > τιμά-ετε > τιμά-ουσι(ν) >

τιμ-ώμεν τιμώμεθα τιμ-άτε τ ιμάσθε τιμώσι(ν) τιμώνται

< τιμα-όμεθα < τιμά-εσθε < τιμά-ονται

Vokalisierung: Ind. = Konj.; Akt. = Med./Pass.

Optativ: durchweg -ωι-(-ω-)

Sg. 1. τιμαοί·ην > 2. τιμαοίης > 3. τιμαοί-η >

τιμωιην τιμώιης τιμώιη

τιμωιμην τ ιμώιο τιμώι-το

< τιμαοι-μην < τιμάοιο < τιμάοιτο

PI. 1. τιμάοι-μεν >

2. τιμάοι-τε > 3. τιμάοι-εν >

τιμωι-μεν τιμώιτε τιμώι-εν

τιμώιμεθα τιμώι-σθε τιμώι-ντο

< τιμαοίμεθα < τιμάοισθε < τιμάοιντο

Der »quantitative Ablaut«, -ιη-Singular und -ι-Plural, wird allmählich verwischt: Formen mit -ιη im Plural sind häufig; manchmal finden sich auch Singulare vom Typ λύοιμι, λύοις . . ., ohne η .

Imperativ: Vokalisierung nicht gleichmäßig

Sg- 2. 3.

τίμαε > τιμα-έτω >

τίμα τιμάτω

τιμώ τιμάσθω

< τιμά·ε[σ] < τιμαέσθω

PI. 2. 3.

τιμά-ετε > τιμαόντων >

τιμάτε τιμώντων

τιμάσθε τιμάσθων

< τιμά-εσθε < τιμα-έσθων

Infin. τιμά·έν > τιμάν τιμάσθαι < τιμάεσθαι : -ά-

Partizip: durchweg -ω-

τιμάων, τιμάον, τιμάουσα τιμαομενος, τιμαομενον, τιμαομενη

τιμών, τιμωσα Gen. τιμώντος, τιμώσης

τιμώμενος, -ον, τιμωμένου,

τιμώμενη τιμώμενης

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APPENDIX GRAMMATICA L. 51/52 155

Imperfekt: Vokalisierung nur 2. Sing, verschieden

Sg. 1. έτίμαον 2. έτίμαες 3. έτίμα·ε

> > >

έτίμων έτίμ-άς έτίμ-ά

έτιμώμην

έτιμ-ώ έτιμ-άτο

< έτιμα-όμην < έτιμά·ε[σ]ο < έτιμά-ετο

PI. 1. έτιμά-ομεν 2. έτιμάετε 3. έτίμαον

> > >

έτιμώμεν έτιμ-άτε έτίμ-ων

έτιμ-ώμεθα έτιμ-άσθε έτιμ-ώντο

< έτιμα-όμεθα < έτιμάεσθε < έτιμά-οντο

51.5

Π. Die übrigen Tempora 51.4

Außerhalb des Präsens stellt sich das lange ά des Stamms wieder her, und wird wie immer zu η , außer nach ε, ι, ρ; z.B. τιμώ, τιμήσω . . ., aber δρώ, δράσω . . .

Stammformen

Nicht alle theoretisch möglichen Formen werden tatsächlich gebraucht; z.B.

a) Aktiv-Passiv4

νικάω, νικήσω, ένίκησα, νενίκηκα, νενίκημαι, ένικήθην »(be)siegen« so τιμάω, τιμήσω . . ,5 »ehren« δράω, δράσω, έδρασα, δέδρακα, δέδραμαι (Aor. Pass. selten) »tun«

b) nur wenige Formen gebräuchlich: s. έάω, έράω im Vokabular.

c)MedUle Formen, aktive Bedeutung, z.B.

μηχανάομαι, μηχανήσομαι, έμηχανησάμην, μεμηχάνημαι »ersinnen« πειράομαι, πειράσομαι, έπειράθην, πεπείράμαι 6 »versuchen« κτάομαι, κτήσομαι, έκτησάμην, κέκτημαι »erwerben«

αίτιάομαι, αίτιάσομαι, ήιτιάσάμην »beschuldigen« (seit ca. 400 v.Chr. ήιτιάθην, ήιτίά-μαι Passiv) ίάομαι, ίασομαι, ίάσάμην; aber seit 4. Jh. Aor. Passiv ίδθη (N.T. auch ίαμαι).

4 D.h. die medialen Formen haben bei dieser Gruppe ausschließlich passive Bedeutung (νικώμαι »ich werde«, νενίκημαι »ich bin besiegt«), und es gibt hier kein Futur und Aorist Medium.

5 Also heißt τιμώμαι »ich werde geehrt« (und nicht etwa »ich ehre von mir aus«). Merke aber: 1. Fut. Pass. τιμήσομαι (selten das normale τιμηθήσομαι); 2. in attischer juristischer Terminologie (nur dort!) existiert das Medium τιμώμαι, τιμήσομαι, έτιμησάμην, τετίμημαι. Es bedeutet »einen Strafantrag stellen«: Plato, Apol. 36b.37a.

6 Auch, seltener, Akt.-Pass. πειράω τινός (»etwas«) und τινά »(jemand) versuchen«, »auf die Probe stellen«: πειράω, πειράσω, έπείρασα, -, πεπείράμαι, έπειράθην.

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156 APPENDIX GRAMMATICA L. 53

LEKTION 53

53.1 Verba auf •οω

Auch diese (kleinere, und innerhalb des Griechischen neugeschaffene) Gruppe besteht wesentlich aus Denominativa, und zwar aus Verben, welche von Substantiven und Adjektiven auf ε/ο abgeleitet sind. Ihre Eigenart gegenüber denen auf -εύω und -έω liegt darin, daß sie wesentlich »Faktitiva« sind. Was das heißt, ersieht sich aus den folgenden Beispielen:

δουλόω zum δούλος machen (aber δουλεύω δ. sein),

άξιόω als άξιον setzen (erklären), δηλόω etwas δήλον machen,

έλευθερόω zum ελεύθερος machen, όρθόω etwas ορθόν machen, aufrichten, πληρόω etwas πλήρες (!) machen, füllen, ταπεινόω etwas ταπεινόν, niedrig machen, ύψόω etwas ϋψος geben, es hoch machen.

Immer läßt sich diese spezielle Nuance freilich nicht aufzeigen; bei ζηλόω, κληρόω, μα-στιγόω, στεφανόω etwa ist der Effekt der Ableitung etwas anders; Denominativa aber sind auch sie.

I. Ihr Präsens

53.2 Die kontrahierten Formen lassen sich als Auswirkung der folgenden Regeln begreifen:

1. Wie immer behält der dunkle Vokal die Oberhand; als Resultat kommen also nur ου (geschlossenes ö) und ω (offenes ö) in Frage; aber: 2. Wo immer ein (echtes) ι involviert ist, ergibt sich oi. 3. Die Längen ου und ω absorbieren das voraufgehende o 1 . 4. Die Länge η wird durch das voraufgehende ο in ω umgewandelt. 5. Die Kürzen ε und ο verbinden sich mit ihm zu ö, geschrieben ου 2 .

Schematisch dargestellt:

53.3

ο + ε - ^ ^ ο + 1-». ο + ει 0 + 0 ~~"-ου ^-'ω ο 4- οι οι ο + ο υ ^ 0 + ω-^' 0 + η> ( η ) /

Indikativ

Sg- ι. 2. 3.

δουλό·ω > δουλόεις > δουλό-ει >

δουλ-ώ δουλ-οίς δουλοί

δουλούμαι

δουλοί δουλ-οϋται

< δουλόομαι < δουλό·ηι(< εσαι) < δουλόεται

PI. 1. 2. 3.

δουλόομεν > δουλό-ετε > δουλόουσι(ν)>

δουλοϋμεν δουλούτε δουλούσι(ν)

δουλούμεθα δουλούσθε δουλ-οϋνται

< δουλοόμεθα < δουλόεσθε < δουλόονται

1 Also wie in πλόου > πλου und πλόων > πλών, L. 15.3L 2 Wie immer; s. Grundregel L. 15.2.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 53 157

Warum ist die Vokalisierung im Plural identisch, im Singular nicht?

Konjunktiv

Sg. 1. δουλό·ω > 2. δουλόηις > 3. δουλό-ηι >

δουλ-ώ δουλ-ώμαι δουλ-οϊς δουλλοί δουλοί δουλώται

< δουλό-ωμαι < δουλό-ηι < δουλόηται

PI. 1. δουλό-ωμεν > 2. δουλό-ητε > 3. δουλόωσι(ν) >

δουλώμεν δουλ-ώμεθα δουλ-ώτε δουλ-ώσθε δουλ-ώσι(ν) δουλ-ώνται

< δουλο-ώμεθα < δουλό-ησθε < δουλόωνται

Die gleiche Frage wie beim Indikativ.

Optativ: durchweg -Ol: warum?

Sg. 1. δουλοοίην > 2. δουλοοί-ης > 3. δουλοοίη >

δουλοί-ην δουλοί-μην δουλοίης δουλοίο δουλοί·η δουλοίτο

< δουλοοίμην < δουλόοιο < δουλόοι·το

PI. 1. δουλόοι-μεν > 2. δουλόοιτε > 3. δουλόοι-εν >

δουλοίμεν δουλοί-μεθα δουλοί·τε δουλοίσθε δουλοί-εν δουλοί-ντο

< δουλοοίμεθα < δουλόοισθε < δουλόοιντο

Zum Optativ die gleiche Anmerkung wie bei den -άω-Verben, L. 51/52.3.

Imperativ: durchweg -ου: warum?

Sg- 2. δούλοε > δούλου δουλού < δουλόου (< ε[σ]ο) 3. δουλοέτω > δουλούτω δουλούσθω < δουλοέσθω

PI. 2. δουλό-ετε > δουλοΰτε δουλοϋσθε < δουλόεσθε 3. δουλο-όντων > δουλούντων δουλούσθων < δουλοέσθων

Infinitiv: -ου- δουλόέν > δουλούν δουλούσθαι < δουλόεσθαι

Partizip: durchweg -ου- (außer Nom. Sing. Mask. Aktiv)

δουλόων δουλόον δουλόουσα δουλοόμενος, -όμενον, -ομένη

I I I I I I δουλών δουλούν δουλούσα δουλούμενος, -ούμενον, -ουμένη

δουλούντος δουλούσης δουλουμένου δουλουμένης

Τ Τ Τ Τ δουλόοντος δουλοούσης δουλοομένου δουλοομένης

Imperfekt durchweg -ου-Sg. 1. έδούλοον > έδούλουν έδουλούμην < έδουλοόμην

2. έδούλοες > έδούλ-ους έδουλ-οϋ < έδουλόου 3. έδούλοε > έδούλ·ου έδουλ-ούτο < έδουλόετο

PI. 1. έδουλό-ομεν > έδουλοΰμεν έδουλούμεθα < έδουλοόμεθα 2. έδουλόετε > έδουλούτε έδουλούσθε < έδουλόεσθε 3. έδούλοον > έδούλουν έδουλούντο < έδουλόοντο

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158 APPENDIX GRAMMATICA L. 53

53.4 IL Die anderen Tempora

Außerhalb des Präsens ist der Stammvokal -o- durchweg zu -ω- gedehnt; z.B. όρθόω -ορθώσω, όμοιόω - ομοιώσω. Der normale Satz der Stammformen ergibt sich dann mit unproblematischer Regelmäßigkeit; z.B.

άξιόω3 αξιώσω ήξίωσα ήξίωκα ήξίωμαι ήξιώθην

όμοιόω ομοιώσω ώμοίωσα ώμοίωκα ώμοίωμαι ώμοιώθην στεφανόω στεφανώσω έστεφάνωσα έστεφάνωκα έστεφάνωμαι έστεφανώθην

53.5 Wiederum lohnt es sich zu bemerken, daß längst nicht alle technisch möglichen Formen tatsächlich in Gebrauch waren. Dabei handelt sich's wesentlich um die Leistung der Formen, die im Präsens und Perfekt »medial« oder auch »passiv« genannt werden. Δουλούμαι z.B. kann (wie unser Text IIA zeigt) sowohl »ich werde versklavt« bedeuten wie auch »ich mache jd. zu meinem Sklaven«; demnach existiert,

neben der »aktiven«: δουλώ, δουλώσω, έδούλωσα, δεδούλωκα, eine »mediale« Stammformenreihe:

δουλούμαι, δουλώσομαι, έδουλωσάμην, δεδούλωμαι,

und eine »passive«:

δουλούμαι, δουλωθήσομαι, έδουλώθην, δεδούλωμαι.

Nicht so z.B. bei δηλόω. Das Präsens δηλούμαι hat nie aktivische (»ich zeige für mich« o.a.), sondern nur passivische Bedeutung; demgemäß gibt's keinen Aor. Med. (-σάμην). Es gibt das Fut. δηλώσεται: dessen Bedeutung ist aber passivisch (»wird gezeigt werden«). Also - neben den Formen des Aktivs - nur die passive Reihe (bei Verben wie diesem ist Anführung der 3. Person sinnvoller als der ersten):

δηλούται, δηλώσεται 4, έδηλώθη, δεδήλωται.

53.6 In gleicher Weise kontrastieren zwei andere unserer Verben: μαστιγώ und στεφανώ; denn στεφανοϋται kann bedeuten, daß »er selbst sich den Kranz aufsetzt«, wie auch, daß ihm dies von einem andern geschieht; μαστιγοϋται aber zeigt nur an, daß jd. gepeitscht wird (nicht aber, daß etwa jd. sich selbst geißelte oder daß er »von sich aus« oder »in seinem Interesse« einen anderen peitschte). Demgemäß bietet sich von στεφανόω, neben den aktiven und passiven Reihen, auch die mediale:

στεφανοϋμαι, στεφανώσομαι, έστεφανωσάμην, έστεφάνωμαι.

Eine solche existiert bei μαστιγόω nicht. Wiederum aber dient die (sog. mediale) Form μαστιγώσομαι als Fut. Pass. s Auch von ταπεινόω und ύψόω gibt es wohl Aktiv und Passiv, aber kein Medium; was man recht wohl begreift (wie überhaupt die Ursache solcher Variation meist einsichtig ist), πληρούμαι dagegen ist nicht nur passivisch: im Munde eines Kapitäns kann es bedeuten »ich bemanne mein Schiff« (»fülle« es). Es ist kein großes Unglück, wenn dir nicht alle diese Einzelheiten sogleich im Gedächtnis haften. Es ist aber wichtig, sich der Tatsache solcher Variationsbreite bewußt zu sein, weil sie bei jedem griechischen Text ins Spiel kommen kann.

3 άξιόω »fordern«; όμοιόω »vergleichen; στεφανόω »kränzen«. 4 Auch δηλωθήσεται. 5 Fut. Pass. μαστιγωθησεται begegnet zuerst in der Septuaginta (der griechischen Übersetzung des

Alten Testaments, aus »hellenistischer« Zeit; etwa 200 v.Chr. und später).

Page 157: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 54 159

LEKTION 54

Verba vocalia: Stämme auf -η 1 54.1

Wenige, aber viel gebrauchte Verben. Außerhalb des Präsens endet ihr Stamm auf -η; im kontrahierten Präsens steht entweder -η oder -ω vor der Endung: ω wenn immer ein o-Laut ins Spiel kam; sonst η. Jedes Iota bewirkt Langdiphthong (ωι bzw. ηι). Somit ähnelt die Konjugation derjenigen der Verben auf -αω; die η-Verben haben ω(ωι) in den gleichen Formen, aber η(ηι), wo jene ά(άι) haben. Das Paradigma wird dadurch einfach bis zur Monotonie; aber zurGeschichte dieser Verba ist einiges zu bemerken. Ihre Form vor der attischen Kontraktion ist z.T. unklar, und ihre Entwicklung nicht einheitlich. Im einzelnen:

ζώ »ich lebe« 54.2 Homer, sonstige Dichter und viele Dialekte (s. z.B. griech. L. 25 Ι B3) bevorzugen ζώω, ζώεις . . . Außerhalb des Präsens wurde diese Wurzel wenig angewendet: Fut. ζήσω manchmal schon klassisch; έζησα, έζηκα selten und spät. Normalerweise gebrauchte man außerhalb des Präsens das Synonym βιόω (βιώσομαι, έβίων (!), βεβίωκα), auch βιοτεύω.

χρώμαι »gebrauchen« 54.3 Homer χρέομαι (nur einmal!); τό χρήμα, χρηστός und die η-Formen des Verbums deuten auf η-Stamm. Dazu wohl ή χρεία »Gebrauch, Bedarf«.

χρώ »Orakel erteilen« mit Medium χρώμαι »sich ein Orakel erteilen lassen«; vgl. χρησμός, χρηστήριον; Homer χρείω: wahrscheinlich nur zufälliger Gleichklang mit dem Vorangehenden.

χρή »es ist nötig« wohl gleichfalls nicht verwandt. Ursprünglich ein Substantiv, im Indikativ ohne Hilfsverb (wie ανάγκη »es tut not«); Opt. χρείη < χρή είη; Inf. χρήναι < χρή είναι; Partiz. χρή όν > χρεών (τό: »die Notwendigkeit«); Imperf. έχρήν, öfter χρήν (< χρή ήν).

πεινώ - πεινήν »hungern« 54.4 Homer πεινάω. Gegen das attische -η setzt sich das -α nachklassisch (schon bei Aristoteles) wieder durch; nicht so, sonderbarerweise, bei διψώ - διψήν »dürsten«.

Schematische Übersicht: 54.5

Verbstämme auf -η: Kontraktion η + O-Laut > ω ωι (ω)

; jedes Iota bewirkt Langdiphthong η + E-Laut > η η* (Β)

Präsens: Ind. = Konj. Imperativ Infinitiv

ζω, ζήις, ζήι, ζώμεν . . . ζή, ζήτω . . . ζήν χρώμαι, χρήι, χρήται, χρώμεθα . . . χρώ, χρήσθω . . . χρήσθαι

1 Stämme auf -ω (wie ίδρώω »schwitzen«) sind so selten, und ihre Formen so simpel (durchweg -ω), daß es genügt, ihre Existenz hier nur kurz zu erwähnen.

Page 158: Griechischer Lehrgang III

160 APPENDIX GRAMMATICA L. 55

Optativ Partizip

ζώιην, ζώιης, ζώιη, ζώιμεν . . . ζών, ζώσα: ζώντος, ζώσης.

χρώιμην, χρώιο, χρώιτο, χρώιμεθα . . . χρωμενος, -ον, χρωμενη

Imperfekt έζων, έζης, έζη, έζώμεν, έζήτε, έζων έχρώμην, έχρώ, έχρήτο, έχρώμεθα, έχρήσθε, έχρώντο

54.6 Stammformen

χρώμαι, χρήσομαι, έχρησάμην, κέχρημαι »gebrauchen« (L.55.5)

ζώ, βιώσομαι . . . (L. 69.15) »leben«

πεινώ, πεινήσω, έπείνησα, πεπείνηκα (nachklass. πεινάσω, έπείνάσα) »hungern«

διψώ, διψήσω etc. (so auch nachklassisch) »dürsten«

LEKTION 55

gibt zur Wiederholung und Befestigung aller Typen von Verba vocalU Gelegenheit: nutze sie!

Ist dir klar, z.B., daß τιμήσω Präs. τιμάω hat, aber φιλήσω Präs. φιλέω, und warum? Und weshalb θηράσω (von θηράω) anders vokalisiert ist als τιμήσω (von τιμάω)? Ähnlich im Medium. Warum heißt das Futur πειράσομαι (von πειρώμαι), aber χρήσομαι (von χρώμαι) und κτήσομαι (von κτώμαι)?

Zur Kontraktion: Welche Vokalstämme kontrahieren überhaupt nicht?

55.1 Unter denen, welche (im Attischen und später) prinzipiell kontrahieren, gibt es eine Gruppe, welche nur teilweise kontrahiert, nämlich die einsilbigen Stämme auf -έω1: es heißt πλέω (unkontrahiert), aber πλεί (kontrahiert); gleichartig z.B. δέω τινός »mir mangelt etwas«, aber δεϊ μοί τίνος; δέομαι σου »ich bitte dich«, aber δεϊταί σου »er bittet dich«2. Auf der anderen Seite wissen wir bereits, daß die Grundregel: »Langvokal außerhalb des Präsensstammes« nicht ausnahmslos gilt (δέω, δέδεμαι; γελάω, έγέλασα)3. Und schließlich kennen wir jetzt einige Verben mit Langvokal in diesen nicht-präsentischen Tempora, denen kein Kurzvokal im Präsens entspricht (μέλει, μελήσει). Die Gründe für solche Varianten sparen wir für später auf; vorläufig heißt es, sich an diese Tatsachen gewöhnen.

55.2 Ähnliches gilt auch {ür die Bedeutung vieler der nunmehr bekannten Formen. Wie bereits bemerkt, sind bei weitem nicht alle Formen, die den Regeln nach möglich gewesen wären, tatsächlich in Gebrauch gewesen; und die Formen, die tatsächlich in Gebrauch waren, haben ihre Bedeutungsmöglichkeiten verschieden entwickelt. Das gilt für jede Sprache, und darin liegt zu einem großen Teil der Charakter und die Lebendigkeit einer jeden.

1 L.50.3. 2 Dies gilt nicht für das Verb δέω »ich binde«, für welches Formen wie δουν (Partiz.), διαδοϋμενος

und dergleichen verläßlich überliefert sind. 3 L. 49.6.

Page 159: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 55 161

In unserem Zusammenhang handelt es sich hierbei hauptsächlich um die Bedeutung - von 55.3 uns her gesehen »aktivisch« oder »passivisch« oder noch anders - von Formen, dieapotiori als »Medium« oder »Passiv« registriert werden; z.B.

sog. Fut. Med.: βοήσομαι »ich werde rufen«, γελάσομαι »ich werde lachen«; aber τιμήσομαι »ich werde geehrt werden«, άδικήσομαι »mir wird Unrecht getan werden«;

Aor. Pass.: ήττήθην »ich wurde besiegt«, έφιλήθην »ich wurde geliebt«; aber

έδεήθην »ich bat«, έφοβήθην »ich fürchtete mich«;

Perf. Pass.: δεδούλωμαι »ich bin versklavt« oder auch »ich habe jd. zu meinem Sklaven gemacht« (L.53.5),

πεποίηται »er (es) ist gemacht« oder »er hat erw. gemacht« (z.B. λόγον, eine Rede gehalten), aber

κέκτημαι »ich habe erworben«, »besitze«, πεφόβημαι »ich bin voll Furcht«.

Die verschiedenen Kombinationen dieser Varianten innerhalb der Serien von Stammformen lassen sich in (recht zahlreiche) Gruppen einordnen. Wichtiger ist aber, daß man sich eine Anzahl charakteristischer Stammformenreihen unverlierbar einprägt. Hier folgt eine Auswahl; sie sind alle aus der Lektüre bekannt. Die unpopuläre Anstrengung des Auswendiglernens wird dringend empfohlen''.

Beispiele von kompletten Stammformen 55.4

λύω, λύσω, έλυσα, λέλυκα, λέλυμαι, έλύθην »lösen« λύομαι, λύσομαι, έλυσάμην, λέλυμαι5 »loskaufen« στρατεύω6, στρατεύσω, έστράτευσα, έστράτευκα »Soldat sein« στρατεύομαι, στρατεύσομαι, έστρατευσάμην, έστράτευμαι »zu Felde ziehen« ποιώ (-έω), ποιήσω, έποίησα, πεποίηκα »machen« ποιούμαι 7, ποιήσομαι, έποιησάμην, πεποίημαι »(selbst) machen« ποιείται 8, ποιηθήσεται, έποιήθη, πεποίηται »gemacht werden«

In gleicher Weise komplett sind in Gebrauch die Formen von

τιμώ (-άω)9, τιμήσω, έτίμησα, τετίμηκα, τετίμημαι, έτιμήθην »ehren«;

nicht ganz so vollzählig

4 Vgl. auch - und wiederhole - die bereits früher zitierten Sätze von Stammformen. 5 »Ich habe losgekauft« (oder »bin frei«). 6 L. 36.16: das Medium wird häufiger gebraucht; passivische Bedeutung kommt nicht in Frage

(und doch braucht Pindar einmal die Form έστρατεύθη - aktivisch). 7 Medium (aktivische Bedeutung; z.B. λόγον π.). 8 Passiv - was natürlich in der 3. Person viel häufiger gebraucht wird als in der 1. 9 τιμώμαι »ich werde geehrt« (Passiv) und »ich stelle einen Strafantrag« (Medium: L. 51/52, Anm.

5), Aor. έτιμησάμην, Perf. τετίμημαι. Hierzu gehört das Fut. τιμήσομαι (Plato, Apol. 37b), welches aber auch als Passiv normal ist (»werde geehrt werden«; τιμηθήσομαι ist klassisch sehr selten).

Page 160: Griechischer Lehrgang III

162 APPENDIX GRAMMATICA L. 55

θηρώ (-άω), θηράσω, έθήράσα, τεθήράκα, - , έθηράθην »jagen«.

Das Perf. Akt. findet sich selten und das Perf. Med. Pass. nie1 0, wohl aber das Medium

θηρώμαι, θηράσομαι, έθηρασάμην »eifrig jagen«.

Keine aktiven Formen, und so gut wie kein Passiv, gibt es z.B. von den Media

θεώμαι (-άομαι), θεάσομαι, έθεάσάμην, τεθέάμαι 1 1 »betrachten«, χρώμαι (-ήομαι), χρήσομαι, έχρησάμην, κέχρημαι1 2 »gebrauchen«.

55.5 Keine aktiven Formen, wohl aber passive, gibt es von

αίτιώμαι (-άομαι), αίτιάσομαι, ήιτιάσάμην, ήιτίάμαι, ήιτιάθην »Ursache zuschreiben«, »beschuldigen«,

während zu

ϊώμαι (-άομαι), ίάσομαι, ϊάσάμην »heilen«

im 4. Jh. ein Aor. Pass. ίαθη trat und ein (seltenes) Perf. Pass. erst zur Zeit des N . T . 1 3 .

5.6 Einen sog. Aor. Pass. - mit aktiver Bedeutung- haben viele Media, d.h. Verben mit aktiver Bedeutung, aber ohne aktive Formen; z.B.

αιδούμαι (-έομαι), αίδέσομαι, ήιδέσθην, ήιδεσμαι sich »scheuen vor« (Akk.), »verehren« (L.71.8),

δέομαι 1 4, δεήσομαι, έδεήθην, δεδέημαι »bedürfen«, »bitten«, εΰλαβοϋμαι (-έομαι), εΰλαβήσομαι, ηΰλαβήθην »sich hüten«, επιμελούμαι 1 5, έπιμελήσομαι, έπεμελήθην »sorgen für« (Gen.).

55.7 Gleicher Art sind viele Media, von denen auch das Aktiv gebraucht wird; z.B.

πορεύω, πορεύσω, έπόρευσα »jd. in Bewegung setzen«, »ihn transportieren«, »ihn reisen, marschieren lassen«;

viel häufiger:

πορεύομαι, πορεύσομαι 1 6 , έπορεύθην, πεπόρευμαι 1 7 »marschieren«, »reisen«, »gehen«.

πλανώ (-άω), (nachklass. πλανήσω, έπλάνησα, πεπλάνηκα) »irreführen«;

viel häufiger:

πλανώμαι, πλανήσομαι 1 6 , έπλανήθην, πεπλάνημαι »irregehen«, »umherirren«.

λυπώ (-έω), λυπήσω, έλύπησα, λελύπηκα »jd. schädigen«, »bekümmern«, λυπούμαι, λυπήσομαι 1 6, έλυπήθην, λελύπημαι »sich bekümmern, geschädigt fühlen«.

10 Dies gilt auch von dem Synonym θηρεύω; dazu griech. Lekt. 52, Anm. 5. 11 Ein Aorist Pass. έθεάθην taucht zuerst im N.T. auf.-Andere »Media tantum« (L. 36.15) wie z.B.

μηχανάομαι (L. 51/2.5) s. L. 56.17. 12 χρώμαι heißt nie »ich werde gebraucht«, aber ein Aor. Pass. έχρησθη »wurde gebraucht« findet

sich einige wenige Male. 13 ίαται Mk.5,29 »ist geheilt«. 14 Das unpersönliche δεϊ μοι kann als Aktiv hierzu gelten; sehr selten findet sich auch δέω »ich be

darf«. - Das Perfekt δεδέημαι ist selten. 15 Präs. auch έπιμέλομαι. 16 Selten, spät, Fut. πορευθήσομαι, πλανηθήσομαι, λυπηθήσομαι, φοβηθήσομαι. 17 Perfekt erst im 4. Jh. und selten.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 56 163

φοβώ (-έω), φοβήσω, έφόβησα »jd. schrecken«18,

φοβούμαι, φοβήσομαι1 6, έφοβήθην, πεφόβημαι »erschrecken«, »sich fürchten«18.

Dagegen finden sich (fast) nur »passive« Formen, und »passive« Bedeutung, bei 55.8

ήττώμαι (-άομαι), ήττηθήσομαι, ήττήθην, ήττημαι »geringer (ήττων) sein«, »unterliegen«, »besiegt werden« (ύπό mit Genetiv1 9).

LEKTION 56

Verba muta: Dentalstämme

Nach den vokalischen die Konsonant-Stämme: wie früher (L.20) bei den Nomina, so 56.1 jetzt beim Verbum. Wir beginnen wiederum mit solchen, die auf eine Muta enden, und zwar auf einen der Dentale d, t, th = δ, τ, θ (vgl. L.27).

I. Ihr Präsensstamm 56.2

a) 1. σπεύδω, ψεύδω, φείδ-ομαι: -δ; 2. π ε ί θ ω : -θ; (3. Stämme auf -τ sind nicht häufig).

b) ερίζω (< έρίδ-), ελπίζω (< έλπίδ-), γυμνάζω (< γυμνάδ-1) (warum nicht *έρίδω, *έλπίδω, "γυμνάδω?).

Verben mit Präsens auf -ίζω und -άζω stimmen in allen übrigen Tempora so völlig mit solchen auf -δω überein, daß sie zum gleichen Typ gehören müssen. Wie erklärt sich diese Gleichwertigkeit?

Präsensstamm mit -j 56.3

Wir erwähnten bislang nur diejenige Bildung des Präsens, bei welcher die Endungen (bzw. der Themavokal) direkt auf den Verbstamm folgen; bei σ π ε ύ δ ω wie bei π έ μ π ω , γ ρ ά φ ω , λύω und (scheinbar auch) παιδεύω. Viel häufiger stand zwischen Stamm und Präsensendung ein konsonantisches ι (j)2, so bei den meisten Verba vocalia (contracta), z.B. *φιλέ|'ω, *τιμάίω etc. Zwischen Vokalen fiel

18 Bei Homer »fliehen machen«, »fliehen«. 19 Selbst von diesem Verb findet sich manchmal das Futur ήττήσομαι »ich werde unterliegen«!

(L. 72.7; griech. Lekt. 72 II Hl).

Ι γυμνός, -άδος ist nicht nur Nebenform zu γυμνός, sondern bedeutet auch »trainiert« und ist sogar (dialektisch) Synonym für γυμνάσιον-freilich nicht vordem 5. Jh. Die Herleitung der Verben auf -άζω ist in der Tat nicht so simpel, wie es für elementare Zwecke erwünscht wäre (E. Schwyzer, Griech. Gramm. I 734). Wir folgen hier der traditionellen Auffassung.

2 Dies zeigt sich an den Nachwirkungen und im Vergleich mit anderen IE Sprachen, zumal dem Alt-Indischen (Sanskrit).

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164 APPENDIX GRAMMATICA L. 56

dies »Jot« früh aus, ohne eine Spur zu hinterlassen3. Anders nach einem Konsonanten wie hier. Neben σπεύδω - έσπευσα illustrieren die d-Stämme ελπίζω - ήλπισα und ερίζω -ήρισα die Regel: die Media d mit folgendem Jot ergibt ζ.

Kurz: δ + j > ζ

Wie gesagt, dies Jot und seine Nachwirkung ist auf den Präsensstamm beschränkt. 56.4 Die so entstandenen praktischen Endungen -ίζω und -άζω wurden an Tausende von

Stämmen angehängt, die keineswegs auf -δ ausgingen; so entstanden Verben wie νομίζω (νόμος), αγωνίζομαι (άγων), αναγκάζω (άνάγκά), ονομάζω (όνοματ-). Auch in den anderen Tempora verhalten diese sich nicht anders als die echten d-Stämme.

56.5 c) Stämme auf -τ und -θ τ + j )

[ > σσ θ + j ) (Att. ττ)

56.6

Tenuis und Aspirata mit Jot ergeben σσ (ττ); z.B.

έρέσσω (< *έρέτ)ω, vgl. ό έρέτης »Ruderer«) »rudern«, κρείσσων (< *κρέτίων, vgl. τό κράτος »Kraft«) »stärker«, πλάσσω (< "πλάθίω, vgl. ό κοροπλάθος »Verfertiger von Tonfiguren«) »bilden«, »verfertigen«, κορύσσω (< *κορύθίω) »behelmen«, »wappnen«, von ή κόρυς, κόρυθος »Helm« (L.28.1).

So entstanden also Präsentia auf -σσω (-ττω), die gleichfalls in den übrigen Tempora sich als Verba muta, und zwar als Dentalstämme, erweisen. Viel öfter freilich wurde einfach (s. Nr. 4) -ίζω oder -άζω an den Stamm gehängt; so bei den -τ-Stämmen ονομάζω (St. όνοματ-) und χαρίζομαι (St. χάριτ-).

II. Die anderen Tempora

A. Generell

In den übrigen Tempora stößt der Dental am Ende des Verbalstamms auf den Konsonanten, welcher den Tempusstamm charakterisiert (-o- im Futur und Aor. Akt. und Med., -κ-im Perfekt Akt., -θ- im schwachen Aor. Pass.) sowie beim starken Perf. Pass. auf dessen konsonantisch anlautende Endungen. Das Endergebnis dieser Kombinationen ließ sich an den Texten der griechischen Lektion ablesen. Es läßt sich in wenige einfache Regeln fassen (z.T. bereits bekannt: L.27.1):

56.7 1. έλπί[δ]ς, ελπίδος; so ελπίζω, ήλπι[δ]σα; ψεύδω, ψεύ[δ]σω, πείθω, πέπει[θ]σο:

ein Dental vor -σ- fällt spurlos fort

(so auch bei τ: τοϊς δράμα[τ]σιν und θ : ό κόρυ[θ]ς). Zunächst wurde der Dental dem s assimiliert: Formen mit -σσ wie ποσσίν (< ::"ποδσίν) -neben ποσίν - und κορυσσάμενος, θαυμάσσεται (Fut.) finden sich häufig bei Homer: oben, L.32.2.

3 Vgl. L. 1.12; L.30.8; L.37.4. So auch bei παιδεύω < παιδεύίω

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APPENDIX GRAMMATICA L. 56 165

2. ήλπι[δ]κα, έψευ[δ]κα, πέπει[θ]κα: ebenso:

ein Dental vor -κ- fällt spurlos fort4

3. πειστέον (< *πειθτέον), έπείσθη (< *έπείθθη) 5, πέπεισμαι (< *πέπειθμαι):

vor andern Konsonanten wird ein Dental zu σ

Kurz:

Dental fällt aus vor s und k; 56.8 wird vor andern Konsonanten zu s

B. Zu einzelnen Tempora 1. Futurum 56.9

a) Πείθω - πείσω, αναγκάζω - αναγκάσω, σπεύδω - σπεύσω, πείθομαι - πείσομαι - πεισθήσομαι: diese Formen sind normal aufgrund der vorstehenden Regeln. Ein SpezUlfall ist

b) οίκίζω - οίκιώ (im Unterschied auch zu κτίζω-κτίσω); aber ebenso νομίζω - vo- 56.10 μιώ, κομίζω - κομιώ, und entsprechend im Medium: αγωνίζομαι - άγωνιοϋμαι und ebenso χαρίζομαι - χαριοϋμαι.

Regel: Mehrsilbige Dentalstämme auf -ίζω haben Futurum contractum.

Futurum contractum gleicht in allen seinen Formen dem Präsens eines Verbum contractum (νομιώ, νομιείς . . . wie ποιώ, ποιείς . . ., χαριούμαι, χαριήι . . . wie ποιούμαι, ποιήι . . .). Wir werden solche Futura auch bei einigen anderen Verbklassen finden. Dieser Typ ist wesentlich attisch (daher auch »Futurum Atticum« genannt)6. Seine Eigenart liegt darin, daß als Kennzeichen des Futurums nicht der bloße Konsonant -s- zwischen Verbalstamm und die Präsensendungen eingeschoben wurde, sondern -es-. Mithin stand sein -s- immer zwischen Vokalen und mußte daher ausfallen. Somit blieb als Endung -εω übrig und entwickelte sich ebenso wie im Präsens. Ein >s-Futurum< also, das sein -s- verloren hat.

2. Aorist 56.12 Zum Aorist ist nichts zu bemerken, als daß im Aktiv und Medium der Dental ausfällt (έπει[θ]σα, έψευ[δ]σάμην) und daß er vor dem -θ- des Aor. Pass. sich zu -σ- wandelt (έψεύσθην).

3. Perfekt 56.13

a) Vor dem -κ- des Perfekt Aktiv fällt der Dental aus (πέπει[θ]κα). Aber die Formen des b) Perfekt und Plusquamperfekt Passiv müssen verstanden und gelernt werden. Benutze dazu die folgende Übersicht.

4 έπεισα - πέπεικα, ήλπισα - ήλπικα usw.: die Perfekta dürften in der Tat in Analogie zu έλυσα -λέλυκα, έποίησα - πεποίηκα gebildet worden sein.

5 So auch in πέπεισθε (2. Plur. Perf.): das Sigma zwischen zwei Konsonanten in *πέπειθσθε fiel aus (L.22.3); das verbleibende erste Theta wurde vor dem zweiten zu Sigma. »Dental + m > σμ<«: Dies ist keine allgemein gültige Regel (man denke nur an Wörter wie ισθμός, πορθμός, ρυθμός, πότμος, έρετμος, οϊδμα); gültig aber im Perf. Pass. in Analogie zu allen anderen Formen, vgl. Nr. 15f.

6 Bei Homer findet er sich allerdings vielfach, gleichfalls ohne -s-, aber meist nicht kontrahiert; 56.11 z.B. έρέω »ich werde sagen«, άγγελέω »werde melden«, σημανέω »werde anzeigen«.

Page 164: Griechischer Lehrgang III

166 APPENDIX GRAMMATICA L. 56

56.14 Vorbemerkung betr. zwei Einzelheiten:

1. Konj. und Opt. werden stets mit Partizipien und είμί umschrieben (πεπεισμένος ώ,

είην); ebenso:

2. die 3. Pers. Plur. Indik. (Perf. und Plusquamp.); denn hier würden die Endungen -νται

bzw. -ντο, eine Folge von drei Konsonanten ergeben7.

56.15 Die übrigen Formen - aus unsern Texten bekannt - ergeben sich nach den bekannten Regeln (Nr. 8):

Perfekt Indikativ 3. Plural *έψευδ·μαι, έψευδσαι, έψευδ-ται, έψεύδμεθα, έψευδοθε

4 4 4 4 4 έψευσμαι, έψευσαι, έψευσται, έψεύσμεθα, έψευσθε

έψευσμενοι είσίν

Infinitiv Imperativ Partizip έψεύσθαι, έψευσο, έψεύσθω . . . έψευσμένος, -ον, -η

Τ Τ Τ Τ -δσθαι -δσο, -δσθω -δμένος

Plusquamperfekt *έψεύδ·μην, έψευδ-σο, έψευδτο, έψεύδμεθα,έψευδ-σθε

^ Φ Φ ·ί ·* έψεύσμην, έψευσο, έψευστο, έψεύσμεθα, έψευσθε

έψευσμενοι ήσαν

56.16 Mithin haben Dentalstämme im Perfekt (samt Plqu.) Passiv durchweg -σ vor den Endungen. Wir werden sehen, daß dies auf andere Stämme abgefärbt hat.

56.20 Anmerkung zur Syntax (Dativ) (zur griech. Lektion II G8)

ό αυτός σοί 'derselbe wie du<

Bei Adjektiven und Verben, welche Ähnlichkeit, Gleichheit oder Ungleichheit ausdrük-ken (όμοιος, όμοιόω, ανόμοιος, ίσος, ίσόω, άνισος), steht der (die, das) Verglichene im Griechischen wie im Deutschen und Lateinischen im Dativ - doch wohl dem originalen Dativ der »beteiligten Person« (δμοιος τώι πατρί). Und ebenso bei ό αυτός »derselbe«.

7 Lautgesetzlich würde bei z.B. *πεπείθνται das ν zu α vokalisiert werden (wie in εκατόν < *kntum); mithin die Endung -αται entstehen. Diese findet sich in der Tat oft bei Homer, manchmal auch in (älterem) Attisch. Da sie aber eher auf einen Singular zu deuten scheint, hielt sie sich nicht, sondern wurde, wie oben angegeben, durch Umschreibung ersetzt.

8 Starker Aorist. 9 »Ich vertraue«, starkes intransitives Perfekt Aktiv.

10 Andere Tempora selten und nachchristlich. Zum Ablaut σπουδή - σπεύδω vgl. φυγή - φεύγω. Vgl. σπουδάζω (Nr. 8, mit Anm.)

11 Später (nicht Homer) als σπεύδω von ή σπουδή abgeleitet. Futur Aktiv σπουδάσω nachklassisch, Aor. Pass. έσπουδάσθη nachchristlich.

12 Futur (έλπιώ) hellenistisch; andere Tempora noch später. Ähnlich ερίζω. 13 Perf. Aktiv erst nachchristlich.

Page 165: Griechischer Lehrgang III

III. Beispiele von Stammformen: Dentalstämme (zum Lernen!)

1. πείθω πείσω έπεισα πέπεικα überreden πείθομαι πείθομαι

πεισθήσομαι πείσομαι πεισθήσομαι

έπείσθην έπιθόμην 8

έπείσθην

πέπεισμαι πέποιθα 9

überredet werden sich überreden lassen, jd. gehorchen (mit Dativ)

2. σπεύδω σπεύσω έσπευσα 1 0 eilen, etwas ernstlich betreiben 3. ψεύδω

ψεύδομαι ψεύδομαι

4. φείδομαι

ψεύσω ψεύσομαι ψευσθήσομαι φείσομαι

έψευσα έψευσάμην έψεύσθην έφεισάμην

έψευσμαι έψευσμαι

(Akt. nicht häufig) täuschen lügen (täusche in m. Interesse) getäuscht werden, sich irren schonen (mit Genetiv)

5. πλάττω (πλάσω) έπλασα πέπλασμαι έπλάσθην formen 6. αναγκάζω 7. γυμνάζω 8. σ π ο υ δ ά ζ ω "

αναγκάσω γυμνάσω σπουδάσομαι

ήνάγκασα έγύμνασα έσπούδασα

ηναγκακα γεγύμνακα έσπούδακα

ήνάγκασμαι γεγύμνασμαι έσπούδασται

ήναγκάσθην zwingen έγυμνάσθην trainieren

ernstlich betreiben 9. ελπίζω 1 2

ήλπισα hoffen 10. νομίζω 11. οίκίζω 12. κτίζω 13. αγωνίζομαι

νομιώ οίκιώ κτίσω άγωνιούμαι

ενομισα ώικισα έκτισα ήγωνισάμην

νενομικα 13

13

ήγώνισμαι

νενομισμαι ώικισμαι έκτισμαι

ένομίσθην meinen ώικίσθην gründen έκτίσθην gründen

wettkämpfen 14. σώιζω: Vau) Ι wohlbehalten; Adj. σώς und σώος,

beschränkt; doch finden sich Spuren davon auch σώιζω σώσω έσωσα

Subst. σωτήρ. Die Erweiterung der Wurzel mit -ίζ- ist auf das Präsens

im Perf. Pass. σέσωκα σέσωμαι έσώθην erhalten, retten

(σέσωσμαι) (σέσωισμαι)

Page 166: Griechischer Lehrgang III

168 APPENDIX GRAMMATICA L. 57

LEKTION 57

I. Verba muta: Gutturalstämme

57.1 Wir kennen längst Gutturalstämme wie λέγω, διώκω und ά ρ χ ω (jetzt auch άγχ-ω) und wissen seit L. 20.2, L. 21.1 - vielmehr seit unseren ersten Schreibübungen - , daß Gutturale vor -s (nicht etwa, wie Dentale, verschwinden - πείθω, πείσω -, sondern) mit dem -s den Doppelkonsonanten bilden, der im lat. Alphabet >x< geschrieben und im griech. Normalalphabet durch das Zeichen Ξ, ξ, angezeigt wird. Also, wie bei τέττιξ τέττιγος, φύλαξ φύλακος, όνυξ όνυχος, so λέγω, λέξω, έλεξα; διώκω, διώξω, έδιωξα; άρχω, άρξω, ήρξα; δέχομαι, δέξομαι, έδεξάμην.

Α. Präsens

In der gegenwärtigen Lektion fanden wir nun, daß

57.2 zu φυλάξω, έφύλαξα das Präsens φυλάσσω (-ττω) heißt; zu ταράξω, έτάραξα das Präsens ταράσσω, aber zu στίξω, έστιξα das Präsens στίζω.

Man schließt leicht, daß es auch bei den Gutturalstämmen zwei Arten der Präsensbildung gab, nämlich auf-ö und auf-jö, und daß, wie bei den Dentalen, Tenuis und Aspirata, d.h. κ und χ, mit j > -σσ (-ττ) ergeben, und Media, d.h. γ, mit j > ζ.

57.3 Wiederum aber - wie bei den Dentalen - ist die Sprachentwicklung keineswegs durchweg diesem Prinzip gefolgt; sie ist vielmehr in sehr vielen Fällen durch (eigentlich unpassende) Analogien bestimmt worden.

Merke dir also als wesentlich:

57.4 1. Präsentia auf -σσω (-ττω) und -ζω sind nicht etwa Stämme auf -σ oder -τ oder -ζ; sie sind vielmehr verkleidete Guttural- oder Dentalstämme; und zwar folgendermaßen:

2. ein Präsens auf a) -σσω (-TIU))kann Dental sein: πλάσσω, πλάσω; ist abermeist Guttural: φυλάσσω, φυλάξω (φύλαξ, φύλακος); so τάσσω, τάξω; πράσσω, πράξω (obwohl -γ-: ταγός, πράγος);

b)-ζω (-ίζω, -άζω) kann Guttural sein: στίζω, στίξω; ist aber meist Dental: ελπίζω, ήλπισα (έλπιδ-); so κτίζω, κτίσω; νομίζω, νομιώ; ονομάζω, ονομάσω.

57.5 Umgekehrt mußt du dir der verschiedenen Möglichkeiten bewußt sein, wenn du das zu einem anderen Tempus gehörende Präsens erschließen willst, z.B. έπαισα, πέπαικα können zu Präs. παίω gehören, aber auch zu παίζω; das Präsens zu έπεισα ist πείθω, zu έσεισα aber σείω. Ein Aorist auf -ξα kann ein Präsens auf -κω anzeigen (έδιωξα), oder auf -γω (έλεξα) oder -χω (ήλεγξα), ferner auch - oft - eines auf -σσω (-ττω: έφύλαξα) oder - selten - auf -ζω (έστιξα). Du siehst, wie nötig es ist, die Stammformen vieler Verben im Kopf zu haben.

57.6 B. Andere Tempora

1. Perfekt Aktiv

Viele Guttural-Verba bilden kein Perfekt Aktiv1. Bei Homer finden sich darum ganz we-

Page 167: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 57 169

nige2; im 5. Jh. werden sie häufiger; und Formen, die auch damals noch ungebräuchlich waren, tauchen manchmal in viel späterer Zeit auf. Es versteht sich, daß - bei k-Stämmen - kein (»schwaches«) Perfekt mit -κ- Erweiterung des Stammes möglich war; soweit solche überhaupt gebildet wurden, waren sie »stark«; z.B. πέπραγα, πέπληγα, ήρχα. Meist wurde dabei der Guttural aspiriert, z.B. bei διώκω - δεδίωχα, φυλάσσω - πεφύλαχα, απαλλάσσω - άπήλλαχα, τάσσω - τέταχα; und neben dem intransitiven πέπραγα (z.B. εύ π. »es geht mir gut«) steht transitives πέ-πραχα »ich habe (etwas) getan«.

2. Perfekt Passiv und Aorist Passiv

Das gleiche Problem wie bei den Dentalen (L. 56.12-16) mußte sich hier (und bei allen Konsonantstämmen) bei dem Zusammenstoß des Stammkonsonanten mit dem -θ- des (schwachen) Aor. Pass. und mit den Personalendungen des Perf. Pass. ergeben. Die Lautgesetze, denen die Sprachentwicklung dabei folgte, sind bekannt seit L. 3.25 und L.21.3 und 5. Das altbekannte Zauberwort, mit dem die meisten dieser Probleme bewältigt wurden, heißt

3. Assimilation

Es ist nützlich, diese jetzt in weiterem Rahmen zu betrachten. Wir wissen, daß ein Konsonant vor aspiriertem Vokal oder Aspirata selbst zur Aspirata wird: ούχ ύει (aus ούκ); und so denn έδιώχθην (aus έδιωκ-) und ήχθην (aus ήγ-). Wir wissen ferner, daß επτά neben έβδομος steht und οκτώ neben όγδοος. Dies bedeutet einfach, daß die Muta vor einer Aspirata selbst zur Aspirata wird, vor einer Tenuis zur Tenuis und vor Media zur Media; kurz: daß die erste sich der »Artikulationsart«3 der zweiten angleicht. Dies ist offenbar eine physiologische Folge des Baus unserer Sprachwerkzeuge: »assimiliert« sprechen die verbundenen Konsonanten sich am bequemsten. Und dies gilt nicht nur für die Verbindung von Mutae (δέδεκται, έδιώχθη). Formen wie δέδεγμαι und τεταγμένος zeigen, daß zum weichen m die (weiche) Mediag sich gesellt. So ergibt sich das

57.7

57.8

Perfekt Passiv eines Gutturalstamme.

γμ, κτ, χ θ ; ξ. -s- zwisch :n Konsonanten fällt aus.

Perfekt-Stamm πεφυλακ-

Indikativ Imperativ Plusquamperfekt

πεφύλαγμαι πεφύλαξαι πεφύλακται πεφυλάγμεθα πεφύλαχθε πεφυλαγμένοι είσίν

πεφύλαξο πεφυλάχθω πεφύλαχθε πεφυλάχθων

έπεφυλάγμην έπεφυλαξο έπεφύλακτο έπεφυλάγμεθα έπεφύλαχθε πεφυλαγμένοι ήσαν

Infinit.: πεφυλάχθαι Partizip πεφυλαγμένος, -ον, -η

Konj.: πεφυλαγμένος ώ, ήις . Opt.: πι :φυλαγμένος είην, είης . . .

57.9

1 So στίζω, οίμώζω τινάσσω, ταράσσω. Das gleiche gilt weithin auch für Dentalstämme (oben L. 56.17-18).

2 Aber viele, die formal und in ihrer Bedeutung von dem späteren Typ stark verschieden sind. 3 Dieser t.t. bezeichnet, wie (»weich« oder »hart« oder »gehaucht«) die betr. Muta »artikuliert« wird.

Page 168: Griechischer Lehrgang III

170 APPENDIX GRAMMATICA L. 57

Die einfachen Formen des (fast immer schwachen)/lor. Pass. sind aus den folgenden Beispielen zu ersehen:

57.10 C. Beispiele von Stammformen: Gutturalstämme

Würze άγω άγ άξω ήγαγον" (ήχ«) ήγμαι ήχθην treiben, führen άρχω άρχ άρξω ήρξα (ήρχα)5 ήργμαι ήρχθην erster sein διώκω διωκ διώξω έδιωξα (δεδίωχα)5 (δεδίωγμαι)' έδιώχθην verfolgen

ελέγχω έλεγχ ελέγξω ήλεγξα έλήλεγμαι7 ήλέγχθην kritisieren έχω (s)EX (έξω έσχον etc.: L.68) halten, haben φεύγω φευ/υγ φεύξομαι έφυγον πέφευγα fliehen δέχομαι δεχ δέξομαι έδεξάμην δέδεγμαι β auf-, annehmen άλλάσσω9 άλλαγ αλλάξω ήλλαξα 10 ήλλαγμαι ήλλάχθην

ήλλάγην ändern

(πλήσσω)" πληγ πλήξω έπληξα πέπληγα πέπληγμαι έπλήγην schlagen ταράσσω ταραχ ταράξω έτάραξα τετάραγμαι έταράχθην verwirren τάσσω ταγ τάξω έταξα (τέταχα)1 2 τέταγμαι έτάχθην hinstellen φυλάσσω φυλακ φυλάξω έφύλαξα (πεφύλαχα)'2 πεφύλαγμαι έφυλάχθη bewachen στίζω στιγ στίξω έστιξα έστιγμαι brandmarken σφάζω' 3 σφαγ σφάξω έσφαξα έσφαγμαι έσφάγην schlachten

σφάττω

57.11 II. Syntax

άρχω, άρχομαι; παύω, παύομαι

(griech. Lekt. I B-D)

άρχω

Grundbedeutung »Erster sein« (vgl. L.38.14); mithin mächtiger, mehr hervorragend als andere: also »herrschen über . . .< Verständlich, daß die somit Verglichenen im Genetiv stehen, άρχει πολλών »er herrscht über viele« (ist der erste im Vergleich mit vielen); vgl. βασιλεύς Περσών, άρχων τού στρατού 1 4 . Aus der gleichen Grundbedeutung fließt die Bedeutung anfangen; und zwar

Aktiv: άρχω ich fange an, setze etwas in Gang, was dann andere weiterführen mögen (griech. Lekt. Ι B3 πολέμου άρχοντες);

4 Aor. Akt. Med.: der einzige mit (attischer) Reduplikation; Perf. Akt. nachklass. und selten. 5 Perf. Akt. nachklass. und selten. 6 Perf. Pass. zuerst in Ev. Mt. 5,10. 7 Perfekt mit attischer Reduplikation. 8 Aor. Pass. spät und selten. 9 Durchweg, für -σσω, spezifisch attisch (auch boeotisch und kretisch) -ττω (so z.B. die Komödie,

Plato, Demosthenes); aber -σσω (wie Homer) Tragödie und Thukydides. 10 In Komposita manchmal Perf. Akt., z.B. άπήλλαχα. 11 Das Simplex wird im Präsens klass. nicht gebraucht (man sagt παίω oder τύπτω); wohl aber

εκπλήσσω, welches in der übertragenen Bedeutung »erschrecken« Aor. Pass. mit Ablaut έξε-πλάγην hat. - Vom Perf. Pass. abgeleitet das Fut. Pass. πεπλήξεται (griech. Lekt. II Jl).

12 Perf. Akt. spätklass. und selten. 13 g-Stamm, daher -ζ-; aber attisch meist -ττ-. 14 Gleichermaßen ήγέομαι (vorangehen), mit Genetiv »führen« (auch mit Dativ: »beteiligte Person«:

»Führer sein für jd.<).

Page 169: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 58 171

Medium: άρχομαι ich fange etwas an, das ich selbst weiterführen werde (ήρξατο τοΰ λόγου »er begann seine Rede«).

Wenn ausgedrückt wird, daß etwas »beginnt«, wird das Medium viel öfter gebraucht als das Aktiv. Wenn jemand etwas beginnt, kann das Begonnene auf viele verschiedene Weisen ausgedrückt werden:

1. durch ein Nomen im Genetiv: άρχετε τού πολέμου 1 5 »ihr laßt den Krieg ausbrechen«; έπείπερ άπαξ ήργμαι τού πόνου τούτου »nachdem ich einmal diese Mühe auf mich genommen habe«;

2. oder durch einen Infinitiv (wie im Dt. und Lat.): ήρχοντο πολεμείν;

3. oder durch ein Partizip: ήρξατο λέγων.

Außerdem merke αρχήν άρχω »ich bekleide ein Amt«.

παύω 57.12

παύω τήν μάχην, μαχόμενους »ich mache dem Kämpfen (anderer) ein Ende«; παύω αυτόν τής μάχης »ich mache ihn aufhören mit Kämpfen«; παύομαι μάχης, μαχόμενος »ich höre auf zu kämpfen«. Auch intransitiv - nur Imper. Präs. Akt. - παύε »halt!«; παύε, παύε τοΰ λόγου »hör auf mit deinem Gerede!«

LEKTION 58

I. Verba Muta: Labialstämme 58.1

Βλέπω, λείπω, τρίβω, γράφω: wir kennen längst Stämme, die auf Labiale auslauten; ersahen aus Beispielen, daß Stämme auf -pt (wie βλάπτω - βλάψω, κλέπτω - κλέψω, κρύπτω - κρύψω) keine t-Stämme sind (so wenig wie φυλάττω - φυλάξω), sondern Labialstämme mit eigenartigem Präsens.

A. Präsens

Die zuerstgenannten Beispiele sind offenbar wiederum Präsentia auf -ω, während diejenigen auf -πτω sich aus -jö entwickelt haben.

B. Die übrigen Tempora 58.2

/ . Futur und Aorist, Aktiv und Medium

Κύκλωψ - Κύκλωπος;\Αραψ -"Αραβος: wir wissen, daß jeder Labial mit -s > ps ergibt, geschrieben ψ, analog dem ξ aus Guttural plus s.

15 Warum der Genetiv? Die weite Bedeutungssphäre des Genetivs erlaubt verschiedene Antworten, deren keine voll befriedigt. Ist er beibehalten von der Nuance des »Erster-seins«, des »Herr-schens über«? Oder wird der »Bereich« gedacht, innerhalb dessen das »Anfangen« sich abspielt? Also »echter« Genetiv? Oder »ablativischer«?

Page 170: Griechischer Lehrgang III

172 APPENDIX GRAMMATICA L. 58

Also - wie bekannt - βλέπω - βλέψω - έβλεψα, τρίβω - τρίψω - έτριψα, γράφω - γράψω - έγραψα.

Genau so also auch z.B. βλάπτω - βλάψω - έβλαψα, κλέπτω - κλέψω - έκλεψα, und κρύπτω - κρύψω - έκρυψα.

So auch im Medium, z.B. τρέπομαι - τρέψομαι - έτρεψάμην μεταπέμπομαι - μεταπέμψομαι - μετεπεμψάμην γράφομαι - γράψομαι - έγραψάμην.

Ein starker Aorist - wieder ein alter Bekannter (L. 29.4) - ist uns nur bei λείπω - έλιπον (auch Med. έλιπομην) begegnet, und nur τρέπομαι hat einen starken Aorist έτραπόμην »ich wandte mich«1 (z.B. zur Flucht) neben seinem schwachen Aorist έτρεψάμην »ich wendete« (durch meine Anstrengung) z.B. die Feinde, d.h. »schlug sie in die Flucht«.

58.3 2. Perfekt Aktiv

γέγραφα, τέτριφα, κέκρυφα, βέβλαφα: die Labiale bilden starkes Perfekt Akt. (ohne -k-), mit - meist - aspiriertem Stammauslaut; und zwar mit Ablaut -o-, wenn der Stamm einen e-Vokal (oder e-Diphthong) enthält; z.B. πέμπω - πέπομφα, κλέπτω - κέκλοφα, τρέπω - τέτροφα; auch λείπω - λέλοιπα (!).

58.4 3. Aorist Passiv

Meist stark, d.h. ohne -θ-; z.B. έτρίβην, έβλάβην, έγράφην; dabei Ablaut -α-: έκλάπην, έτράπην, έστράφην, wenn der Stamm einen e-Laut enthält. Bei vielen gibt es alte, schwache Nebenformen wie έτρίφθη, έβλάφθη, und einige sind ausschließlich schwach. Bei diesen gilt dann die Regel: »Aspirata vor Aspirata«, also -φθ-, z.B. έπέμφθην, έλείφθην und sogar έθρέφθην (sie, von τρέφω) neben έτράφην, zur Unterscheidung von έτρέφθην (neben έτράπην) von τρέπω. Davon abgeleitet, in normaler Weise, Futur Passiv: z.B. πεμφθήσομαι, τραφήσομαι, βλαβήσομαι.

58.5 4. Perfekt Passiv (samt Plusquamperfekt)

Das bekannte Problem des Zusammenstoßes von zwei (in der 2. Pers. Plur. sogar drei) Konsonanten (L. 56.14 und L. 57.7). Wir kennen die Regeln für die daraus folgende Entwicklung (L.57.8):

a) Angleichung der Artikulationsart der ersten Muta an die der zweiten;

b) jeder Labial mit s ergibt ψ; und fügen hinzu:

c) ein Labial vor -m assimiliert sich dem -m, ergibt also -μμ.

Übersicht:

jeder Labial (β, π, φ) + σ > ψ (βέβλαψαι < -βσαι) + τ > πτ (βέβλαπται < -βται) + θ > φ θ (βέβλαφθε < -βθε < -βσθε) + μ > μμ (κέκλεμμαι < -πμαι).

1 Aktives έτραπον, intransitiv, begegnet bei Homer und ihm folgender Dichtung

Page 171: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 58 173

Aus diesen elementaren phonetischen Tatsachen ergibt sich das

Perfekt Passiv eines LabUlstammes

Perfekt-Stamm γεγρα-

Indikativ Imperativ Plusquamperfekt

γεγραμμαι γέγραψαι γέγραπται γεγράμμεθα γέγραφθε γεγραμμένοι είσίν

γέγραψο γεγράφθω γέγραφθε γεγράφθων

έγεγράμμην

έγέγραψο έγέγραπτο έγεγράμμεθα έγέγραφθε γεγραμμένοι ήσαν

Infinit.: γεγράφθαι Partizip: γεγραμμένος, -ον, -η

Konj.: γεγραμμένος ώ, ή ΐς . . . Opt.: γεγραμμένος είην, είης . . .

5. Ein Sonderfall: τρέφω, θρέψω 58.6

Perf. Akt. τέτροφα, aber Pass. τέθραμμαι: Wie bei ή θρίξ, τριχός (oben, L.21.6) ein Fall von Dissimilation von Aspiraten. Die Wurzel war offenbar θρεφ-, dissimiliert zu τρεφ-, außer in den Formen, in welchen die zweite Aspirata (φ) zur Tenuis (π) wurde. In dem (recht seltenen) schwachen Aor. Pass. έθρέφθην freilich wurde das originale θ- nicht dissimiliert2. Aus dem gleichen Grund hat θάπτω den Aor. Pass. έτάφην (vgl. ό τάφος »Grab«). In al- 58.7 len anderen Tempora ist die zweite Aspirata der Wurzel *θαφ- eliminiert und daher die erste erhalten.

C. Beispiele von Stammformen: Labialstämme 58.8

1. γράφω γράψω έγραψα γέγραφα γεγραμμαι έγράφην schreiben 2. λείπω λείψω έλιπον λέλοιπα λέλειμμαι έλείφθην (ver)lassen 3. πέμπω πέμψω έπεμψα πέπομφα πέπεμμαι έπέμφθην senden 4. τρίβω τρίψω έτριψα τέτριφα τέτρϊμμαι έτρίβην reiben 5. θάπτω θάψω έθαψα τέθαμμαι έτάφην begraben 6. κλέπτω κλέψω έκλεψα κέκλοφα κέκλεμμαι έκλάπην stehlen 7. κρύπτω κρύψω έκρυψα (κέκρυφα3) κέκρυμμαι έκρύφθην verbergen 8. στρέφω στρέψω έστρεψα (έστροφα ) έστραμμαι εστράφην drehen 9. τρέπω τρέψω έτρεψα τετροφα τετραμμαι έτράπην5 wenden

10. τρέφω θρέψω έθρεψα τέτροφα τέθραμμαι έτράφην 6 nähren

II. Zur Syntax

Einiges zum Akkusativ 58.9

Unterschiede im griechischen und deutschen Gebrauch beruhen prinzipiell auf größeren oder kleineren Verschiedenheiten der Auffassung; dabei kann der Deutsche sich oft dem Griechischen nähern durch einfache Variierung der Wiedergabe einer griechischen Äußerung-

2 Hast du das Scholion zu Text II Gl in der griechischen Lektion beachtet? 3 Nicht klassisch. 4 έτραπον poet. 5 Auch έτρέφθην. 6 Auch έθρέφθην.

Page 172: Griechischer Lehrgang III

174 APPENDIX GRAMMATICA L. 58

/ . Der Akkusativ als Objekt

Z.B. erinnert uns der Text II H l der griechischen Lektion daran, daß der Grieche sagt ωφελώ σε und βλάπτω σε: er faßt also die affizierte Person als Objekt der Handlung, während der Deutsche durch den Dativ sie als »beteiligte (involvierte) Person« charakterisiert - wenn er die Verben »nützen« und »schaden« gebraucht. Setzt er stattdessen »fördern« und »schädigen«, so werden Auffassung und Konstruktion der griechischen gleich.

58.10 So auch bei den bedeutungsverwandten Ausdrücken εύ bzw. κακώς ποιείν τίνα: Beim deutschen »Gutes«, bzw. »Böses tun« entspricht wieder ein Dativ dem griechischen Akkusativ; mit »fördern« und »schädigen« könnte man sich auch hier dem Griechischen nähern. So wiederum mit den ähnlichen Ausdrücken εύ bzw. κακώς λέγειν τινά: »Gutes« bzw. »Schlechtes über jd. reden«. Sage statt dessen »loben« (oder »preisen«) und »schmähen«, und der Unterschied verschwindet. Ein letztes Beispiel: φεύγω τους πολεμίους bzw. τήν χώραν: »ich fliehe vor den Feinden« bzw. »werdeaus dem Land (des Landes) verbannt«. Mit »fliehe die Feinde« bzw. »muß das Land verlassen« verschwinden die Verschiedenheiten der Syntax. Wichtig ist dabei nicht, wie man »übersetzt«, sondern, daß man die Bedeutung der griechischen Formen richtig versteht. Also erinnere dich:

ωφελώ, βλάπτω τινά, εύ ποιώ, κακοποιώ τινά (so αδικώ τίνα), εύ λέγω, κακώς λέγω τινά, φεύγω τινά (τι).

58.11 2. Figura etymologica

L.56 II K l : άγωνίζου τόν καλόν αγώνα, vgl. ebd. Κ5; L.57 II Β5: άλλην αρχήν ούδεμίαν ήρξα:

öfter als wir ergänzt der Grieche ein Verbum durch ein Nomen des gleichen Stamms irn Akkusativ (man nennt dasfigura etymologica). Oer Akkusativ hat in der Regel ein Attribut bei sich (wie hier); andernfalls würde die Zufügung inhaltlos7. In anderen Fällen ist die Ergänzung nicht etymologisch, doch aber sinnverwandt; z.B.

L. 17 Ι E2: οί πρόγονοι καλάς νενικήκασι μάχας 8 .

58.12 3. Doppelter Akkusativ

Δίδασκε με: »lehre mich'·. Das Akkusativ-Objekt ist hier die Person; χρή μανθάνειν καί διδάσκειν τά άριστα: >das Beste lehren«: Das Akkusativ-Objekt ist

die Sache. Füge beides zusammen: τά άριστα δίδασκε με: »lehre mich das Beste:

Im Griechischen wie im Deutschen stehen jetzt zwei Akkusativ-Objekte, Person und Sache bezeichnend, bei diesem Verb: »Doppelter Akkusativ«.

7 Es gibt einige feststehende Ausdrücke dieser Art ohne Attribut, z.B. φύλακας φυλάσσειν »Wache stehen«, φόρον φέρειν »Tribut zahlen«.

58.13 8 Man nennt solche Akkusative auch »inneres Objekt«. Bedenke aber, daß es sich um intransitive Verben handelt. Jedenfalls bietet sich der Akkusativ - der »Wohin-Kasus« - für diesen Gebrauch ebenso natürlich an wie als Objekt transitiver Verben und als »Akkusativ der Beziehung« (»Accusa-tivus Graecus«), wie Σύρος το γένος »ein Syrer in Bezug auf Abstammung (der Α. nach)«, L. 32 Ι Α und Bl und νοσεϊν τό σώμα »krank sein am Leibe«. Vgl. L.6.2.

Page 173: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 59/60 175

So in der griechischen Lektion II A2: ουδέν σε κρύψω: »ich werde dir nichts verheimlichen« (>vor dir verbergen«): Hier hat das Deutsche eine andere Konstruktion. Vgl.

L. 561D1: τίνα δοκείς πείσειν τάδε; wieder zwei Akkusative, zwei Objekte, Person und Sache bezeichnend. Wie würde dies auf Deutsch ausgedrückt werden? Gleicher Art ist σωτηρίαν σε αιτώ: »ich bitte dich um . . .< Logisch etwas anders ist

L. 58 I Bl : Μέλητος γράφεται αυτόν γραφήν ασεβείας: Zwei Akkusative: einer ist das direkte Objekt (die Person bezeichnend), der zweite das »innere Objekt« (s. Nr. 11).

L.58 II B4: τήνδ' είλομεν θάπτουσαν: 'diese haben wir gefangen, begrabende' (»als sie begrub«): Hier ist der zweite Akkusativ Attribut zum ersten (wofür man überflüssigerweise den t.t. »Participium coniunctum« erfunden hat).

L. 58 II Bl : θάνατον τήν ζημίαν άπειλήσας: >den Tod als Strafe androhend«: Der zweite Akkusativ ist Erweiterung des Prädikats; ganz ebenso in

L.58 I H l : τους τρόπους απλούς έχω. Vgl. ebd. H2 und bekannte Ausdrücke wie φίλον σε έχω, σωτήρα αυτόν νομίζω: Deutsch: »habe zum . . .«, »halte für . . .< Griechisch: »Doppelter Akkusativ«. Es ist wichtiger, daß dir diese Gebrauchsweisen des Akkusativs vertraut werden als die logischen Differenzen zwischen ihnen und die verschiedenen Möglichkeiten, sie in der Muttersprache wiederzugeben.

LEKTION 59

Wiederholung aller Verba muta

LEKTION 60

I. Verba liquida

Verba, deren Stamm auf eine Liquida (/ oder r) endet (άγγελ-, καθαρ-) und »Verba nasa- 60.1 lia« (-m oder -n, z.B. νεμ- oder μεν-) verhalten sich fast durchweg gleich. Hier zunächst die Verba liquida.

A. Bildung der Tempora

1. Das Präsens 60.2

άγγέλλω neben άγγελος und Fut. άγγελώ, στέλλω neben απόστολος und Aor. Pass. έστάλην, σφάλλω neben Fut. σφαλώ und Aor. Pass. έσφάλην, βάλλω neben σύμβολον und Aor. Akt. έβαλον,

Page 174: Griechischer Lehrgang III

176 APPENDIX GRAMMATICA L. 60

επαγγέλλομαι neben εύαγγέλιον und Aor. Med. έπηγγείλατο zeigen: Verbstämme auf -λ enden im Präsens auf -ΪΧ.

Die Ursache: Das Präsens aller Verba auf -λ wurde auf -jö (-ιω) gebildet; -lj wurde zu -11.

60.3 φθείρω neben φθορά und Fut. φθερώ, σπείρω neben σπέρμα und Fut. σπερώ, καθαιρώ neben καθαρός, καθαρμός und Fut. καθαρώ, αίρω neben Fut. άρώ und Aor. Pass. ήρθην zeigen: Stämme auf -ρ zeigen im Präsens ein Iota vor dem -ρ.

Die Ursache: Auch diese wurden auf -jco gebildet; das ]otnach dem -r wandelte sich zum Iota vor ihm (wie in ηδεία < ^ήδέ/^α und μέλαινα < *μέλαν)α, L.35.7).

60.4 Somit ist der Präsens-Stamm stets verschieden von den Stämmen der anderen Tempora. Nur das Präsens δέρω ist mit der bloßen Endung -ω (ohne Jot) gebildet; die (recht seltene) Nebenform δείρω dagegen, in Analogie zu allen übrigen Liquida, mit Jot.

60.5 2. Das Futurum

άγγέλλω, V άγγελ-: άγγελώ; στέλλω, νστελ- : στελώ; σφάλλω, νσφαλ-: σφαλώ; βάλλω, νβαλ-: βαλώ; φθείρω, νφθερ-: φθερώ; δέρω, νδερ-: δερώ; καθαιρώ, νκαθαρ-: καθαρώ; αίρω, νάρ-: άρώ; also

»Futurum contractum' (auch »Fut. atticum« genannt), wie zu den mehrsilbigen Stämmen auf-ίζω in L. 56.10 erklärt. Nach dem Verbalstamm Endungen, welche denen des Präsens der Verba contracta gleichen: στελώ, ατελείς . . . wie ποιώ, ποιείς . . . aus ::'-έ[σ]ω, ::'-έ[σ]εις: ein -s-Futurum, das sein -s- eingebüßt hat. So auch im Medium, z.B. επαγγέλλομαι - έπαγγελούμαι (< "έπαγγελέ[σ]ομαι), αίρομαι - άρούμαι (< *άρέ[σ]ομαι), konjugiert wie ποιούμαι, ποιήι . . . Kurz gesagt also: Verba liquida haben s-Futur ohne -s-, Futurum contractum.

60.6 3. Aorist Aktiv und Medium

άγγέλλω, (!:'ήγγελσα > ) ήγγειλα; στέλλω, (::'έστελσα >) έστειλα; σφάλλω, ( : :'έσφαλσα > ) έσφηλα; [βάλλω, έβαλον: starker Aorist]; φθείρω, ( ! :'έφθερσα > ) έφθειρα; δέρω, (;:'έδερσα > ) έδειρα; καθαιρώ, (*έκάθαρσα > ) έκάθηρα; αίρω, ( : :ήρσα >) ήρα; 1

επαγγέλλομαι, ("έπηγγελσάμην > ) έπηγγειλάμην; αίρομαι, (*ήρσάμην > ) ήράμην 1 . Zu allermeist: schwacher, d.h. s-Aorist, welcher- nach der Liquida- sein -s- verloren hat. Dafür ist aber der vorangehende Vokal gelängt (»Ersatzdehnung«)2.

60.7 1 Der Aorist von αίρω hat η nur im Indikativ-wo es Augment ist-, sonst aber ά (άρω, άραιμι etc. und αρωμαι, άραίμην etc.). Das kommt daher, daß die kurze Form dieses Verbs das Endprodukt einer langen Entwicklung ist: seine Wurzel war ursprünglich Vaf ερ-: daher Präsens άΓέριω > ά^είρω > άείρω (so Homer) > αίρω. Die entsprechenden alten Formen des Futurs (άίερσώ > άερώ) und des Aorists (f\Fερσα > ήέρα = ήειρα, Konj. af έρσω > άείρω) wurden analog kontrahiert zu Fut. άρώ und Aor. ήρα, Konj. άρω etc.; immer mit ά. Entsprechend Med. ήράμην, άρωμαι etc.

2 Also anders als bei &λς, αλός (L. 25.2) und ρητωρ - ρήτορσιν (L. 25.1), anders auch als beim Perf. Pass. eben dieser Verba liquida (z.B. ήγγελσαι, Nr. 10).

Page 175: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 60 177

Dabei wird

ε > έ = ει: στέλλω - έστειλα, έστειλάμην. α > η : καθαιρώ - έκάθηρα, έκαθηράμην.

Also auch hier: s-Aorist ohne -$-.

Beispiele der Modi:

ήγγειλα, άγγείλω, άγγείλαιμι, άγγειλον, άγγείλαι, άγγείλάς, -άν, -άσα. έκάθηρα, καθήρω, καθήραιμι, κάθηρον, καθήραι, γ.αχτχ\οας, καθήραν, καθήράσα έπηγγειλάμην, έπαγγείλωμαι, έπαγγειλαίμην, έπάγγειλαι, έπαγγειλασθαι, έπαγγει-λάμενος, -ον, -η; ήρα, άρω, άραιμι, άρον, κτλ.; ήράμην, άρωμαι, άραίμην, κτλ. Ν.Β. βάλλω hat starken Aorist: έβαλον, έβαλόμην.

4. In den übrigen Tempora (Perf. Akt. und Pass., Aor. Pass.) 60.8 zeigen einsilbige ε-Sümme Ablaut auf -a-; z.B.

στέλλω - έσταλκα, έσταλμαι, έστάλην, (aber άγγέλλω - ήγγελκα, ήγγελμαι, ήγγέλθην) φθείρω - έφθαρκα, έφθαρμαι, έφθάρην.

5. Perfekt Aktiv 60.9

(von vielen dieser Verben selten, von manchen gar nicht bezeugt) meist »schwach« (mit

-κ-); z.B.

άγγέλλω - ήγγελκα; στέλλω - έσταλκα φθείρω - έφθαρκα; αίρω - ήρκα.

Neben διέφθαρκα findet sich das starke Perfekt διέφθορα 3 .

6. Perfekt Passiv (Medium) 60.10

Völlig regelmäßig; jedoch bedenke:

a) Sigma zwischen Konsonanten fällt aus (wie immer), z.B. also ήγγελ[σ]θε, ήγγέλ[σ]θαι, έκεκάθαρ[σ]θε, έφθαρ[σ]θε, έφθάρ(σ]θαι;

b) 3. Plur. wird - wie gewöhnlich bei Konsonanten-Stämmen - umschrieben (»periphra-stisch gebildet«), z.B. εσφαλμένοι είσίν (ώσιν, είεν, ήσαν).

Also z.B. ήγγελ-μαι, -σαι, -ται . . .; ήγγελμένος ώ (ήις, ήι . . . ) ; ήγγελμένος είην (είης, είη . . .); ήγγελσο, ήγγέλ[σ]θω . . .; ήγγέλθαι.

7. Aorist Passiv 60.11

ist schwach bei mehrsilbigen Stämmen, z.B. ήγγέλθη, έκαθάρθη,

und stark bei emsilbigen Stämmen, z.B. έδάρη, έσφάλη, έφθάρη.

Davon abgeleitet Futur Passiv, z.B. άγγελθησεται, καθαρθήσεται, δαρήσεται. Aber

αίρω hat Aor. Pass. ήρθη (weil orig. zweisilbig άείρω), βάλλω hat vom Perfekt an den abgeläuteten Stamm βλη- (βέβληκα . . .), daher Aor. Pass. εβλήθη.

3 Das Simplex έφθορα selten und spät; aber διέφθορα »habe verderbt, zerstört« ist klassisch normal; während dasselbe später vielmehr mit intransitiver Bedeutung (»bin ruiniert«) gebraucht wird.

Page 176: Griechischer Lehrgang III

178 APPENDIX GRAMMATICA L. 60

60.12 B. Beispiele von Stammformen

στέλλω οτελώ έστειλα έσταλκα έσταλμαι έστάλην senden άγγέλλω άγγελώ ήγγειλα (ήγγελκα)4 ήγγελμαι ήγγέλθην melden σφάλλω σφαλώ έσφηλα (έσφαλκα)4 fällen σφάλλομαι σφαλήσομαι έσφάλην έσφαλμαι fallen βάλλω βαλώ έβαλον βέβληκα βέβλημαι έβλήθην werfen δέρω δερώ έδειρα δέδαρμαι έδάρην schinden (δείρω) σπείρω σπερώ έσπειρα έσπαρκα έσπαρμαι έσπάρην säen φθείρω5 φθερώ έφθειρα (έφν)αρκα)4 έφθαρμαι έφθάρην verderben καθαιρώ καθαρώ έκάθηρα κεκάθαρμαι έκαθάρθην reinigen αίρω άρώ ήρα (άρω . . .) ήρκα ήρμαι ήρθη ν heben αίρομαι άροϋμαι ήράμην

60.13 IL Einzelnes zur Syntax

Beachte in der griechischen Lektion u.a.:

1. In I F4 die Substantivierung des Fragesatzes πώς δεϊ ζήν durch den vorgesetzten Artikel; dies Ganze verbunden mit dem Infin. σφαλλεσθαι durch die Präposition περί mit Genetiv. Substantivierte Infinitive (oben, L. 17.12) auch in I F7 und II C2; und die spezielle, und uralte, Fähigkeit des Infinitivs, einen Zweck oder Vorsatz auszudrücken (auch im Deutschen noch lebendig) in I B5 κηρύσσειν und καθήραι II E4 (»sie sollten reinigen«); vgl. z.B. griech. L. 62 D2.

2. In II Fl die'Figura etymologica' καθαρμον καθαίρειν: Verb und Objekt von gleicher Wurzel; das Objekt mit dem - unerläßlichen - Attribut (s. L. 58.11).

60.14 3. Die verschiedenen Funktionen von PartizipU, z.B.

a) in IIIΑ1, mit Artikel, fast wie unabhängige Substantiva (»die Sieger« oder »die gesiegt haben« usw.), im Dativ;

b) in I B4, ebenfalls selbständig, mit Artikel und Objekt ό δεχόμενος υμάς, als Subjekt - wo das Deutsche einen Nebensatz brauchen dürfte; vgl. II E2;

c) oft - gleichwie ein Adjektiv - als Attribut zu einem Subjekt, Akkusativ-Objekt usw. Erwäge die Leistung solcher »Participia coniuncta« und wie dies auf Deutsch auszudrücken wäre, z.B. in I B8; I C2; I F3; II A2 und 3;

d) in II F2 muß logische Analyse (nicht so der spontan Sprechende) ein Subjekt im Akkusativ (etwa τους θύοντας oder ημάς) ergänzen, zu welchem das Partizip καθηραμέ-νους Attribut wäre; im Deutschen wäre mit Zufügung von »man« eine dem Griechischen ähnliche Satzkonstruktion möglich.

Eine instruktive Kollektion verschiedener Partizipien begegnet in dem Zitat aus Piatos »Gesetzen« (II Fl) ; eines als Attribut zum »Akkusativ des inneren Objekts« (wie die Figura etymologica auch genannt wird), in τόν προσήκοντα καθαρμον; ein zweites als Attribut zum Subjekt, in παύσας: dies ein Participium coniunctum, welches das Akkusativ-Objekt αυτήν regiert und auch die Genetiv-Bestimmung τροφής. Und dieser Genetiv hat seinerseits das Partiz. Perf. διεφθαρκυίας zum Attribut.

4 Selten, nicht klassisch. 5 Das Kompositum διαφθείρω (Perf. διέφθορα s. Anm. 3) wurde viel häufiger gebraucht als das

Verbum simplex.

Page 177: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 61 179

In II Β und IIIA6 stehen Partizipien im Genetiv als »adverbiale Bestimmungen« zum gan- 60.15 zen Satz - was wir »absolute (d.h. unabhängige) Genetive« nennen. Dergleichen läßt sich im Deutschen nicht nachbilden: wir brauchen ein Verbum fjnitum in einem Neben- oder gar Hauptsatz (»als er sagte«; »nachdem das Heer vernichtet war«). Es dürfte sich lohnen, in gleicher Weise sich die Funktion der Partizipien in anderen Sätzen (I C2; D l ; E4) begrifflich klar zu machen.

L E K T I O N 61

I. Verbstämme auf -m und -n (Nasalia)

A. Formbildung

Im Prinzip wie die eigentlichen Liquida (-1, -r; L. 60); praktisch bleibt zu bemerken: 61.1

/ . Präsens

a) Stamm + ω: νέμω, μένω; b) Stamm + j<u: (weit häufiger): Effekt wie bei r-Stämmen: Jot fällt aus; dadurch ergibt sich bei

α) vorangehendem α und ε ein i-Diphthong (α > αι, ε > ει): φαίνω (< *<pavjio; vgl. καθαιρώ < *καθάρίω), μιαίνω (< *μιάν·)ω); κτείνω 1

(< *κτένίω; vgl. φθείρω < *φθέρίω); β) vorangehendem Ι und ύ eine Längung: *κλίνίω > κλίνω (ϊ > ϊ); *άμϋν· jco > άμϋνω (ϋ > ύ).

2. Futurum contractum (s-Futur ohne s) 61.2

φανώ, μιανώ, κτενώ, κρινώ, άμυνώ; φανούμαι, άμυνούμαι; aus *φανέσω, *φανέσομαι etc.; konjugiert wie ποιώ und ποιούμαι.

3. Aorist Aktiv und Medium (s-Aorist ohne s) 61.3

s nach m und η fällt aus mit Ersatzdehnung; dabei wird ά nach (ε) ι, (ρ) zu > ά: έμίάνα (< *έμίάνσα); ά sonst zu > η : έφηνα, άπεφηνάμην (< *-φάνσάμην); ε > έ, geschrieben ει: έμεινα, έκτεινα2, ένειμάμην (< *έκτενσα, . . .); t > ϊ: έκλινα (< *έκλίνσα); ύ > ύ : έτάχϋνα (< *έτάχϋνσα).

So wird also z.B. auch *ένεμσα > ένειμα, *ήμύνσα > ήμύνα, *ήμϋνσάμην > ήμΰνάμην,

und Formen mit und ohne -s- bleiben identisch; z.B. έμεινα, -ας, -ε . . . wie έλυσα, -ας, -ε . . .; μείνω, -ηις, -ηι . . . wie λύσω, -ηις, -ηι . . .; μείναιμι, αις, αι (-ειας, -ειε) . . . wie λύσαιμι, -αις, -αι (-ειας, -ειε); μεϊνον, μεινάτω. . . wie λύσον, λυσάτω . . .;

1 Das Simplex κτείνω, vorwiegend in Dichtung gebraucht, findet sich selten in Prosatexten: dort ist άποκτείνω normal.

2 Neben έκτεινα findet sich in poetischen Texten häufig der starke Aorist (mit Ablaut α < ε, vgl. L.60.8) έκτανον; von άποκτείνω in Prosa fast nur der schwache Aorist άπέκτεινα.

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180 APPENDIX GRAMMATICA L. 61

μείναι wie λύσαι; μείνας, μείναν, μείνασα wie λύσας, λϋσαν, λύσάσα, und μείναντος, μεινάσης wie λύσαντος, λυσάσης.

Ebenso im Medium, z.B. ήμυνάμην, ήμύνω . . . wie έλυσάμην, έλύσω . . .; άμύνωμαι, άμύνηι . . . wie λύσωμαι, λύσηι . . .; άμυναίμην, άμύναιο . . . wie λυσαίμην, λύσαιο . . .; άμυναι, άμυνάσθω . . . wie λύσαι, λυσάσθω . . .; άμύνασθαι wie λύσασθαι; αμυνόμενος . . . wie λυσάμενος . . .

61.4 Wo der Effekt von Ersatzdehnung (im Aorist) identisch ist mit der Nachwirkung des verlorenen Jot (im Präsens) - nämlich bei Stämmen mit ε, ι oder υ vor dem Nasal -, wird der Konjunktiv des Aorists ununterscheidbar vom Präsens:

Präsens: *κτένίω > κτείνω : Aor.: *κτένσω > κτείνω; Präsens: ::'κτένίηις > κτείνηις : Aor.: : :κτένσηις > κτείνηις etc. So auch Konj. άμΰνω und κλίνω, und έκτεινε: Imperfekt = Aorist.

61.5 4. Perfekt Aktiv

»Schwache« Bildung (mit -k-) nach -n ergäbe (::'-νκα >) -γκα; ist aber selten. Άποπέ-φαγκα findet sich manchmal; daneben, in hoher Poesie, die starke Bildung πέφηνα »erschien«, und von μαίνομαι »rasen« ( ν μ α ν ; vgl. ή μανία) das Perf. Akt. μέμηνα. Von άποκτείνω (aber nicht vom Simplex) ist das starke Perfekt άπέκτονα normal. Sonst andere Bildungen, z.B. durch Erweiterung des Stamms mit η : νενέμηκα, μεμένηκα3.

61.7 5. Perfekt Passiv

-νμ (in -μαι, -μέθα, -μένος) > σμ: πέφασμαι, μεμιάσμεθα, μεμιασμένος, nach dem Vorbild der Dentalstämme (γεγύμνασμαι, έψεύσμεθα L.56).

Die 2. Person Singular -νσαι, -νσο wird von antiken Grammatikern gelehrt, findet sich aber (bei n-Stämmen) kaum; vielmehr »Umschreibung« (»Periphrasis«, wie in der 3. Plur.), z.B. πεφασμένος εί. Die 3. Plur. wird bei allen V.muta und liquida periphrastisch gebildet (L.56.14), z.B. μεμιασμένοι είσίν (-νται ist 3.Pers.Sing.!), ήσαν. Interkonsonantisches -s- fällt aus wie immer; also Infin. πεφάν[σ]θαι.

Perfekt

Indikativ Konjunktiv Plusquamperfekt

πέφασμαι

πέφανσαι πέφανται

πεφάσμεθα

πέφανθε πεφασμένοι είσίν

πεφασμένος ώ, ήις . . . έπεφάομην

έ πέφανσο έ-πέφαν-το

έπεφάσμεθα

έ-πέφαν-θε πεφασμένοι ήσαν

πέφασμαι

πέφανσαι πέφανται

πεφάσμεθα

πέφανθε πεφασμένοι είσίν

Optativ πεφασμένος είην είης . . .

έπεφάομην

έ πέφανσο έ-πέφαν-το

έπεφάσμεθα

έ-πέφαν-θε πεφασμένοι ήσαν

πέφασμαι

πέφανσαι πέφανται

πεφάσμεθα

πέφανθε πεφασμένοι είσίν

Infinitiv πεφανθαι

έπεφάομην

έ πέφανσο έ-πέφαν-το

έπεφάσμεθα

έ-πέφαν-θε πεφασμένοι ήσαν

πέφασμαι

πέφανσαι πέφανται

πεφάσμεθα

πέφανθε πεφασμένοι είσίν

Imperativ πέφανσο, πεφάνθω, πέφανθε, πεφάνθων

έπεφάομην

έ πέφανσο έ-πέφαν-το

έπεφάσμεθα

έ-πέφαν-θε πεφασμένοι ήσαν

61.6 3 κλίνω »beugen« hat Perf. κέκλίκα (nachklassisch) vom kürzeren Stamm κλί-(vgl. έγκλίτικόν), der im Präsens (und von dort auch im Futur und Aorist) mit -n erweitert ist (vgl. ή κλίνη). Ähnlich auch κρίνω; darüber später (L.66.6).

Page 179: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 61 181

6. Aorist Passiv (,\%

Soweit ein solcher überhaupt gebildet wird, wiegt »schwache« Bildung - mit -θ- - vor; so in έφάνθην, έμιάνθην, ηύφράνθην. Neben έφάνθην »wurde gezeigt« steht ein intransitiver starker Aorist έφάνην »erschien«4, und auch ηύφράνθην »freute mich« ist eher intransitiv5.

Davon, wie gewöhnlich, abgeleitet ein

Futur: μιανθήσομαι, εύφρανθήσομαι, φανήσομαι.

Stammformen s. S. 182. 61.9

II. Zur Syntax

A. Griechisches Aktiv: Deutsches Passiv 61.10

Αί Μαινάδες Πενθέα άπέκτειναν: Πενθεύς ύπό τών Μαινάδων άπέθανεν:

Passiv-Formen von άποκτείνω begegnen bei Homer, aber kaum je im Attischen: dort sagte man statt dessen »durch (»unter«) jd. sterben«, mit ύπό + Genetiv wie bei Verben im Passiv. Ähnliches kennen wir von anderen Verben und stellen es hier zusammen. Statt passiver Formen gebrauchte man im klassischen Attisch und später intransitive Aktiva, besonders bei den folgenden Verben:

εύ λέγει με: εύ ακούω ύπ' αυτού; κακώς λέγει με: κακώς ακούω ύπ' αύτοϋ; εύ (κακώς) ποιώ αυτόν: εύ (κακώς) πάσχει (»erfährt er«) ύπ' έμοΰ; ό δήμος έκβάλλει (»wirft heraus, verbannt«) τους στρατηγούς: οί στρατηγοί φεύγουσιν

υπό τού δήμου (auch έκπίπτουσιν »fallen heraus«); Μέλητος γράφεται (διώκει) Σωκράτη: Σωκράτης ύπό Μελήτου φεύγει 1 0.

Β. Bemerkenswerter Gebrauch des Genetivs und Dativs 61.11

Ι H3 άδικοι θεών. II G4 έμαίνοντο τώι Διονύσωι. Der »Dativ der beteiligten Person« zeigt hier die Gottheit an, der eine kultische Handlung dargebracht wird; wie auch z.B. bei εύχομαι und χορεύω. Mit einer anderen Nuance zeigt der gleiche »eigentliche« Dativ eine beurteilende Person an; wie an einer allbekannten Paulus-Stelle (l.Kor. 14,11), so z.B. auch bei Sophokles: im AUs (1282.1363) bedeutet ένδικα ύμίν »gerecht für euch«, d.h. »in eurem Urteil«, und bei Homer (II. 23,595, ähnlich Od. 4,807) ist δαίμοσιν άλιτρός (vgl. άλιτήριος in L. 58

III E) ein Frevler »im Urteil der Götter«.

4 Der erste Text der griechischen Lektion zeigt, daß dieser Unterschied der Bedeutungen nicht ausnahmslos gilt.

5 So auch ήισχύνθην zu αίσχύνομαι »schäme mich«, mit dem Futur αίσχυνθήσομαι (mehr darüber L. 70.10).

IC PI. Apol. 35d; vgl. Text III B2 αίτίαν έξετε »ihr werdet beschuldigt werden«.

Page 180: Griechischer Lehrgang III

Β. Beispiele von Stammformen

Verbalstamm Fut. Aor. Akt. Perf. Akt. Perf. Pass. Aor. Pass.

1.νέμω νεμ- νεμώ ένειμα (-νενέμηκα)6 νενέμημαι ένεμήθην zuteilen

2. μένω μεν- μενώ έμεινα μεμένηκα — — bleiben

3. άμυνω άμϋν- άμϋνώ ήμϋνα — — — helfen

αμύνομαι άμύνούμαι ήμύνάμην — — — sich wehren

4. ταχϋνω ταχϋ(ύ)- ταχύνώ έτάχϋνα — — — beeilen

5. κτείνω 7 κτεν- κτενώ έκτεινα έκτανον

-εκτονα s. Nr. 10 — toten

6. φαίνω φάν- φανώ έφηνα (πέφαγκα) 6 πέφασμαι έφάνθην hell machen

φαίνομαι

Ι φανούμα ι

φανήσομαι

(έφηνάμην) πεφηνα πέφασμαι έφάνην scheinen

7. ευφραίνω εύφράν- ευφράνω ηυφρανα — — — erfreuen

ευφραίνομαι Ι ευφρανουμαι

εύφράνθήσομαι — — ηύφράνθην sich freuen

8. μαίνω 8 μάν- έμηνα — — — rasen machen

μαίνομαι Ι (μανού μαι) 6 — μεμηνα έμάνην rasen Ι (μανήσομαι)

9. μιαίνω μιάν- μιάνω έμίάνα (μεμίαγκα)6 μεμιασμαι έμιάνθην beflecken

10. σημαίνω σημαν- σημάνω έσήμηνα (σεσήμαγκα)6 σεσήμασμαι έσημάνθην bezeichnen

11. κλίνω κλϊ(ν)-9 κλίνω έκλινα (κέκλίκα)6 κέκλϊμαι έκλί(ν)θην beugen

6 Formen in Klammern sind selten und/oder spät; Formen mit - am Anfang sind nur für Komposita (nicht für das Simplex) bezeugt. 7 Vgl. Anm. 1 und 2. 8 Präsens des Simplex erst in der Kaiserzeit bezeugt, aber έκμαίνω (»von Sinnen bringen«) ist klassisch. 9 Oben, Anm. 3.

> •β W

Ζ D >< Ο >

> Η Ο >

Page 181: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 62/63 183

Der oben zitierte Genetiv dagegen- ein »eigentlicher« Genetiv, also ein »Genetiv des Bereichs« - meint offenbar: ungerecht, frevelnd »im Bereich der Götter«; da wäre also ein religiöses Vergehen bezeichnet. Das ist kultische Formel. Die hochadlige Familie der Alk-meoniden wurde im 6. Jh. aus Athen verbannt, weil sie politische Gegner am Altar der Stadtgöttin getötet hatte. Das war ein άγος τής θεού - ein Frevel (natürlich nicht »der Göttin«, sondern) »im Bereich«, mithin »an« der Göttin. Als άλιτήριοι τής θεού wurden die Alkmeoniden verbannt. Wir kennen diese offizielle Formel aus Thukydides (1126,11; auch ebd. 2) und Aristophanes (Equ. 445); es ist fast dieselbe wie in unserer oben zitierten, viel jüngeren Inschrift.

LEKTION 62

Gelegenheit zur Wiederholung der Verba muta und liquida

LEKTION 63

I.

Was die Formenlehre anlangt, so behandelt der Rest dieses Lehrgangs 63.1

'Unregelmäßige Verben'

Es gibt keine »unregelmäßigen« Verben. Es gibt aber viele, und wichtigste, Verben, welche ein Tempus, und oft mehrere Tempora, nach anderen »Regeln« bilden als etwa λύω, βλάπτω, άγγέλλω. Sie werden im folgenden unter die verschiedenen Tempora subsumiert, beginnend mit dem Präsens. Wenn ein hierher gehöriges Verb auch in anderen Tempora Besonderheiten hat, werden diese meist bereits hier erwähnt, aber auch bei den betreffenden Tempora wiederholt; ganz ohne Willkür geht es dabei nicht ab1. Wir beginnen mit Verben, deren Präsensstamm, gegenüber dem Verbstamm, Redupli- 63.2 kationen des Anfangskonsonanten zeigt. Solche Reduplikationen kennen wir als normal vom Perfekt, bei welchem -ε- zwischen den beiden Konsonanten steht (λέλυκα, βέβλαμμαι). Beim Präsens ist sie recht selten, und der Zwischen-Vokal ist nicht -ε-, sondern -ι- (γί·γνομαι; πίπτω).

1 Wir werden z.B. finden, daß, bei verschiedenen Präsens-Typen, etwa das Futurum von der Dehnstufe gebildet wird (φθήσομαι) oder das Perfekt Aktiv mit o-Ablaut (wie in πέμπω - πέπομφα, vgl. dt. treffe - getroffen) oder der Aorist Passiv mit a-Ablaut (wie in φθείρω - έφθάρη, vgl. dt. treffe - traf).

Page 182: Griechischer Lehrgang III

184 APPENDIX GRAMMATICA L. 63

Präsens mit Reduplikation

63.3 1. γίγνομαι »werden, geschehen« Die Wurzel Vvv erscheint auf zwei verschiedenen Ablautstufen:

a) Schwundstufe ΓΝ: γίΓΝομαι; ΓΝήσιος (»echtbürtig, echt«);

b) Grundstufe ΓΕΝ/ΙΌΝ: ΓΕΝος; έκΓΟΝος, έπίΓΟΝος (»Nachgeborner«, »Epigone«); und so Aorist (»stark«): έΓΕΝόμην und Perfekt (stark): γέΓΟΝα.

Beachte, daß dies Perfekt aktive Form hat (»intransitive«, wie z.B. πέφηνα »bin erschienen« von φαίνω »mache sichtbar« und μέμηνα »rase« von μαίνω »mache rasend«); sowie den »qualitativen Ablaut« ε/ο. Die übrigen Tempora zeigen die gleiche Grundstufe ΓΕΝ- erweitert durch η, also ΓΕΝΗ-; so Fut. γενήσομαι und (seit 5. Jh.) Perf. γεγένημαι, sowie die jüngeren Formen (seit 4. Jh.): Aorist: έγενήθην; davon Futur: γενηθήσομαι. Die beiden letzten sind in herkömmlicher Terminologie »Passiva«; offenbar aber gibt es kein Passiv von »werden«. Die jüngeren Formen γενηθήσομαι, έγενήθην, γεγένημαι sind gleichwertig mit den älteren γενήσομαι, έγενομην, γέγονα, welche in Gebrauch bleiben. Die Stammformen sind also:

γίγνομαι, γενήσομαι, έγενομην, γέγονα, (γεγένημαι) (später auch γενηθήσομαι έγενήθην).

In nachklassischer Zeit wurde das zweite γ in γίγνομαι oft nicht gesprochen, dafür aber das ι gelängt: γίγνομαι > γίνομαι. Ebenso wurde γίγνώσκω (L.65.3) > γίνώσκω.

63.4 Warnung: Unterscheide die Abkömmlinge der nahverwandten Wurzeln \/γεν- und (deren »causativ«) \/γενν-; zumal

γεννάω »zeugen« (auch: »gebären«), »erzeugen, hervorbringen«, und γίγνομαι, . . . έγενομην »werden, geschehen«;

also z.B. το γεννώμενον »das Gezeugte, Kind«; aber το γενόμενον »was geschehen ist«; έγενήθη »es wurde, geschah«: έγεννήθη »wurde geboren«; ή γένεσις »das Werden, Ursprung, Entstehung«: ή γέννησις »das Erzeugen, Gebären« (spät auch »Geburt«). Doch τά γενέσια »Geburtstagsfeier«; γενναίος »edel, vornehm«: τό γένημα »Geschehnis«: το γέννημα »Abkömmling, Sprößling«.

63.5 2. πίπτω »fallen«

Auch die Wurzel Vnx erscheint in

a) Schwundstufe ΠΤ: πίΠΤω; so auch in το ΠΤερόν »Flügel« und, erweitert mit ω, im Perfekt πέΠΤωκα; dazu auch ή ΠΤώσις und το ΠΤώμα »Fall«;

b) Grundstufe ΠΕΤ: so in πέτομαι »fliegen«, lat. peto. Die Form ΠΕΤ- begegnet - für die übrigen Tempora - in den meisten Dialekten (z.B. έπετον »fiel« bei Pindar). Aber im Ionisch-Attischen wurde ΠΕΤ zu > ΠΕΣ erweicht (warum? ist ungewiß). Daher der starke Aorist: έπεσον und das Futur (Medium!) πε-σούμαι: ein Futur contractum wie χαριοϋμαι, φανούμαι; wahrscheinlich aus *πεσ· έσομαι > πεσέομαι(ί.72.3).

So ergeben sich die Stammformen:

|| πίπτω 2 , πεσούμαι, έπεσον, πέπτωκα.

2 Die Länge des Iota wird von der antiken Grammatik bezeugt. Sie ist überraschend und schwer zu erklären; vielleicht nach dem Vorbild von φϊπτω »werfen«?

Page 183: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 64 185

3. τίκτω »zeugen, gebären« 63.6

Wurzel ν τ κ ; wiederum in

a) Schwundstufe: TK, und

b) Grundstufe: TEK/TOK (auch in το ΤΕΚνον, ό ΤΟΚος).

a) Wiederum im Präsens: τίΤΚω; τίτκω wandelte sich, durch bequeme Umstellung der Konsonanten, zu τίκτω; dies empfahl sich auch durch den (scheinbar »richtigen«) Anklang an τέκνον, τέξω, usw.

b) In allen anderen Tempora: Futur: Med. τέξομαι und (weniger häufig) Akt. τέξω; starker Aorist: έτεκον und, mit Ablaut, das Perfekt: τέτοκα.

Also die Stammformen: II τίκτω, τέξομαι (τέξω), έτεκον, τέτοκα 3.

Π. Zum Verselesen (Metrik)

Α. Sprechverse (lamben) 63.8 Die Texte I D ; II AI; D2; El . 2 und F sind iambische Trimeter der strengen Art, die in der Tragödie Gesetz ist (in II D2 eine »aufgelöste Länge«, περί = ~ « für ein Longum: legitim aber nicht häufig). Demgegenüber zeigen Komödienverse in Ι Ε die Freiheit des volkstümlichen Verses. E3 allerdings könnte in einer Tragödie stehen; und solche regelmäßigen Verse werden jetzt gewiß ohne Anstoß gelesen4. In E4 ist ein longum, »aufgelöst« wie in II D2:

πόλλ' αγαθά σοι; aber Doppelkürzen wie am Anfang von E2 (« w - « - ) und gar in El ώς έξαπίνης ( — ~ - -) sind tragischem Stil zuwider.

B. Singverse (Glykoneen) in II E3 63.9

Die normalisierte Form dieses Verses (Horaz': Sic te diva potens Cypri - - - w w-wΟ ) ist seit L.27.6 bekannt. Euripides beläßt ihm hier volkstümliche Freiheit, mit einer »aufgelösten Länge« ganz am Anfang und wechselnder Stellung der charakteristischen Doppelkürze. Solche Beobachtungen sind nutzlos, wenn sie nicht zum lauten rhythmischen Sprechen helfen.

LEKTION 64

I. Verba auf -σκω und -ίσκω

Gegenüber dem Verbstamm zeigt sich der Präsensstamm durch das Element -sc- erwei- 64.1 tert, und endet prinzipiell auf -ισκω nach Konsonanten (z.B. ευρίσκω) und auf -σκω nach Vokalen (z.B. ήβάσκω); aber άποθνή-ισκω fügt sich dieser so natürlichen Regel nicht.

3 Passive Formen, z.B. έτέχθη »wurde geboren«, gibt es erst in nachchristlicher Zeit. 63.10 4 Ebenso gewiß auch der leichtfließende »katalektische iambische Tetrameter« I G.

Page 184: Griechischer Lehrgang III

186 APPENDIX GRAMMATICA L. 64

A. Präsens: Stamm erweitert mit -an

64.2 Vorbemerkung: Im Lateinischen hat die Endung -sco wesentlich »inchoative« Bedeutung (»Wachsen« und »Werden«); z.B. in cresco, cognosco, senesco. Im Griechischen ist diese Nuance nur wenig bemerkbar, so in:

64.3 1. γηράσκω »werde alt« (τό γήρας). Die übrigen Tempora wie bei normalen Verba auf -άω (α > ά: nicht η, weil r vorangeht). Also Fut. γηρασω (auch Med.: γηράσομαι), έγήράσα, γεγήράκα.

2. Neben ήβάσκω »wachse heran« (ή ήβη) steht das Präsens ήβάω »bin jung« (»in reifer Jugend«)1, von welchem die übrigen Tempora normal gebildet sind (ήβήσω, etc.).

Selbst bei diesen Modellverben war, wie unser Text Ι B2 zeigt, die Unterscheidung zwischen »inchoativer« (-σκω) und zuständlicher Bedeutung (-ω) schon in klassischer Zeit nicht strikt2.

Auch neben γηράσκω gibt es, immerhin seit Xenophon und Aristoteles, ein Präsens γηράω, und ähnlich steht - schon klassisch -

64.4 3. φάσκω neben φημί (φάμί; vgl. φαμά - φήμη)3. Hier ist von »inchoativer« Bedeutung keine Spur; vielmehr gibt die Stammerweiterung eine Nuance der Intensität: »ich sage mit Nachdruck«, »erkläre«. Freilich kann φημί, unerweitert, auch ebendiese Bedeutung vermitteln; und die anderen Tempora, φήσω und έφησα4, können ohnehin ebenso gut dem Präs. φάσκω wie φημί zugeordnet werden. Mehr L. 83.16.

64.5 4. πάσχω

Die überraschend verschiedenen Tempusstämme erklären sich, wenn man bedenkt, daß neben το πάθος das Subst. πένθος »Leiden« steht, und neben πάσχω das Verb πενθέω »betrauern« (und der mythische Name Πενθεύς). ά neben εν/ον weist zurück auf den Konsonanten n, und die verschiedenen Formen dieses Verbs gehen sämtlich zurück auf die Wurzel ν π η θ , verschieden vokalisiert. Nämlich:

a) Schwundstufe ν π η θ > π α θ - : Aor. έπαθον (stark), Präs. ' :'πάθσκω > πάσχω 5 ;

b) Grundstufe, mit e/o Ablaut: 1. ν π ε ν θ - : Fut. *πένθσομαι > *πένσσομαι > : :πένσομαι > πέσομαι = πείσομαι (Ersatzdehnung wie z.B. in λυθείς < *λυθέντς);

c) 2 .νπονθ-: Perf. πέπονθα (stark).

1 ήβάσκων adolescens; ηβών (ήβήσας) iuvenis. 2 Vielleicht interessiert den einen oder anderen Leser die folgende Illustration. In einem Lexikon

(Moeris) der Kaiserzeit, welches den Wortgebrauch der klassischen »Αττικοί« dem der zeitgenössischen »"Ελληνες« gegenüberstellt, heißt es: Ήβαν 'Αττικοί, άκμάζειν (von ακμή Höhepunkt) "Ελληνες, ήβάσκειν δε έπί τών παίδων τών αρχομένων ήβαν, ώς έπί το πλείστον 'Αττικοί. Die Einschränkung ώς έπί τό πλείστον (»meistens«) salviert den Lexikographen. Offenbar war ihm wie uns bewußt, daß ήβάσκω mit der gleichen Bedeutung wie ήβάω vorkam.

3 Auffälligerweise begegnet der Präsens Indikativ φάσκω kaum je: da war φημί bequemer. Aber alle anderen Modi des Präsens werden gebraucht; am häufigsten Inf., Part, und Imperfekt.

4 Der Indikativ dieses Aorists wird selten gebraucht; das kürzere (starke) Imperfekt έφην wird weitaus bevorzugt.

5 -θσ- > σ-, wie in πείθω, πεί[τ>]σω; -κω > -χω ist Nachwirkung der Aspiration in παθ-.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 64 187

Also Stammformen: II πάσχω, πείσομαι6, έπαθον, πέπονθα »erfahren«, »erleiden«.

Β. Präsens: Stamm erweitert mit -ισκ 64.6

1. ευρίσκω Es gibt kein Präsens "εύρέω. Aber die übrigen Tempora werden von dem Verbalstamm εύρε- abgeleitet. Dabei merke

a) Aor. Akt. (und Med.) stark: ηύρον (ηύρόμην); b) Aor. Pass. ηύρέθην, mit -ε-. c) Wie bekannt, wurde ηυ in nachklassischer Zeit zu ευ; also z.B. ηύρον > εύρον, ηΰρηκα > εϋρηκα.

Also: II ευρίσκω, εύρήσω, ηύρον, ηΰρηκα, ηΰρημαι, ηύρέθην »finden«.

2. στερίσκω 64.7 Alle Tempora regelmäßig von (άπο-)στερέω. Beide Formen des Präs. waren nebeneinander im Gebrauch; die έω-Form, in Prosa, normalerweise mit der Präposition (d.h. wie άποθνήισκω, so άποστερέω); auch die anderen Tempora haben in Prosa meist άπο-.

3a. αναλίσκω < "άνα^άλίσκω, VFaX 64.8 Alle Tempora regelmäßig von άνάλόω. Im Präs. überwiegt die -όω-Bildung seit dem 4. Jh. Das Augment - nach der Präposition άν(α) - ist η < ά.

3b. Das eigenartige Simplex Medium άλίσκομαι7

dient als Passiv zu αίρέω 8. Auch hier werden die Tempora wie von dem όω-Präs. gebildet (welches von diesem Simplex nicht gebraucht wird). Sonderbar sind die aktiven - und offenbar intransitiven - Formen des Aorists und Perfekts; die Form ihres Augments erklärt sich aus dem (ursprünglichen) anlautenden Digamma: εξάλων, ^είάλωκα > έαλων9, έάλωκα. Zumal im ionischen Dialekt wird dies έα > ή : ήλων, ήλωκα.

Stammformen:

, -. , / αναλώσω, άνήλωσα, άνήλωκα, άνήλωμαι, άνηλώθην »aufwenden«

b) άλίσκομαι, άλώσομαι, έαλων (ήλων), έάλωκα (ήλωκα) »genommen werden«

4. θνήισκω (in poetischen Texten); άποθνήισκω (in Prosa). 64.9 Aber Perfekt τέθνηκα (durchweg ohne Präposition). Die verschiedenen Formen der Wurzel Vdv in den verschiedenen Tempora erklären sich wie bei den Verben in L.63; a) Schwundstufe: θν-; b) Grundstufe: θαν- (vgl. θάνατος);

a) mit η-Erweiterung (wie z.B. bei γενήσομαι, oben L.63.3) > θνη; Präsens: θνήισκω, άποθνήισκω, Perfekt: τέ·θνη·κα.

b) Futur (contractum - wie bei den normalen Verba liquida; Medium): (άπο-)θανοϋμαι;/4οπ5Γ (stark): (άπ-)έθανον.

Zum Perfekt: Die häufigen, kürzeren Formen wie τεθνάσιν (τεθνήκασιν), τεθνάναι (τεθνηκέναι), τεθνεώς (τεθνηκώς) werden L. 73.13 behandelt.

6 Vergiß nicht, daß ein gleichlautendes Futur von πείθω existiert! 7 Ein Aktiv *αλίσκω wurde im Altertum nicht gebraucht. 8 Daneben werden aber auch passive Formen von αίρέω gebraucht. 9 Wurzelaorist wie έγνων (L.69.15).

Page 186: Griechischer Lehrgang III

188 APPENDIX GRAMMATICA L. 65

Stammformen: II άποθνήισκω, άποθανοϋμαι, άπέθανον, τέθνηκα »sterben«

P.S. Es ist bereits bekannt (L. 61.9), daß (άπο-)θνήισκω (mit ύπό, έκ, παρά) als Passiv

(»getötet werden«) dient.

II. Metrum

64.10 Α Theognis I C: wohlbekannt (wie z.B. L.32 II E; L.26 II G; oben, L.26.20): Distichon; sein erster Vers (daktyl. Hexameter) = A3; der zweite (Pentameter) = AI.

Β Die Komödienverse I G wären auch in Tragödien möglich; nicht so II C2; warum?

C Euripides, II J l ; Singverse wie L.63 II E3 (oben, L.63.9): freie Glykoneen.

LEKTION 65

65.1 I. Präsens: Stamm mit Reduplikation am Anfang und σκ-Erweiterung am Ende

ν γ ν ω : γ ι γ ν ώ σ κ ω ; ν μ ν η : μιμνήσκω; Vba: δ ι δ ά σ κ ω

Das Präsens dieser Gruppe von Verben zeigt die beiden Gharakteristika kombiniert, welche wir einzeln in den beiden vorangehenden Lektionen beobachteten: Reduplikation und -σκω. Die übrigen Tempora werden naturgemäß von der unerweiterten Wurzel gebildet1.

65.2 Zum einzelnen

έγνων, γνώθι, γνώναι, γνοίης, έγνωσαν ) s t a r k e r A o r i s t

άπέδράν, άπέδρά, άποδράναι >

Die Endungen folgen direkt (ohne Tempuszeichen oder Themavokal) auf die Wurzel. Die urtümlich einfachen Formen der sog. Wurzel-Aoriste werden in L. 69 des näheren betrachtet.

65.3 1. γιγνώσκω: ν γ ν ω - (ή γνώσις; ή γνώμη) Wie in lat. cognosco. γνώσομαι: Fut. Med., wie so oft besonders bei Verben, die geistige Tätigkeit oder Bewegung anzeigen, έγνωσμαι, έγνώσθην, γνωστός: -s- eingedrungen in Analogie zu den Verba muta (Dentalia) wie γυμνάζω - γεγύμνασμαι oder πείθω -πέπεισμαι: sog. »wucherndes Sigma« (L.70.5).

Die Stammformen sind also:

Μ γιγνώσκω, γνώσομαι, έγνων, έγνωκα, έγνωσμαι, έγνώσθην »erkennen« II (γίνώσκω s. L.63.3)

1 Außer bei διδάσκω; s. Nr. 5.

Page 187: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 65 189

2. τιτρώσκω: ν τ ρ ω - (Homer τρώω; τό τραύμα, ion. τρώμα) 65.4 Kein Perf. Akt. vor dem späten Altertum; sonst normal: || τιτρώσκω, τρώσω, έτρωσα, -, τέτρωμαι, έτρώθην »verwunden«

3. δ ι δ ά σ κ ω : V ö a **5.5 Bei diesem Verb wurden die Reduplikation und das -σκ, oder wenigstens der (aspirierte) Guttural, als zum Stamm gehörig behandelt (auch bei Ableitungen wie ό διδάσκαλος < *διδάχσκαλος, ή διδαχή); daher sind alle Tempora wie reguläre Verba muta (Gutturalia) geformt: διδάσκω, διδάξω, έδίδαξα, διδακτός wie διώκω, διώξω, έδιωξα (als wäre

das Präsens *διδάχω). Also: II διδάσκω, διδάξω, έδίδαξα, δεδίδαχα, δεδίδαγμαι, έδιδάχθην »lehren«

4. ά π ο δ ι δ ρ ά σ κ ω : ν δ ρ ά 65.6 (niemals das Simplex ohne die Präposition). Zum Aorist oben, Nr. 2. Futurum Medium; sonst kein Medium und selbstverständlich kein Passiv. Also: II άποδιδράσκω, άποδράσομαι, άπέδράν, άποδέδράκα »entlaufen«

5. μιμνήσκω 2 : ν μ ν η (ή μνήμη) 65.7 Das Aktiv in Prosa nur als Kompositum mit άνα- oder ύπο-; dagegen das Perfekt μέμνημαι »ich erinnere mich, habe im Gedächtnis« (Perfektum Präsens) ist immer Simplex (ohne Präposition).

N.B.: έμνήσθην etc. heißt »ich erinnerte mich, gedachte, erwähnte«: es ist nicht passiv! Davon Futur μνησθήσομαι; in Dichtung auch μνήσομαι.

Also die Stammformen:

μιμνήσκω, μνήσω, έμνησα, (in Prosa άνα- und ύπο-) »jd. erinnern« μιμνήσκομαι, (μνήσομαι) μνησθήσομαι, έμνήσθην, μέμνημαι »sich erinnern«

II. Syntactica die zitierten Verben betreffend

1. γιγνώσκω 65.8 α) Aspekte der Tempora: Präsens: γίγνωσκε (I AI) »lerne kennen«, »bemühe dich zu erkennen« (ähnlich A2-4); (A5) »kannst du verstehen, was du liest (am Lesen bist)?«; Aorist: έγνων (C) »bemerkte«; έγνω (D) »lernte kennen«; γνοίης (F2) »erkennen«; Perfekt:

έγνωκα (Fl) »ich (habe es aus diesem - seiner Folterung - erkannt und) weiß es jetzt«3.

b) Verwendung in Satzzusammenhang: mit Akk. Objekt: γνώθι σαυτόν; mit Neben- 65.9 satz: μή γνοίης δς εί (F2); beides kombiniert: AI; mit Partizip: γιγνώσκω άνθρωπος ών (A2): »daß ich«; (γιγνώσκω άνθρωπον όντα αυτόν »daß er«); mit Infinitiv: σωφρονεϊν έγνων (F3) »entschloß mich, beschloß«.

2. διδάσκω (vgl. L. 36.13) 65.10

Wie im Deutschen (»ich lehre dich Griechisch«) steht das, was gelehrt wird, im Akkusativ

- und die Person, die belehrt wird, gleichfalls. Also findet sich διδάσκω mit einem einfachen Akkusativ (II AI; Bl: das Gelehrte, und B2: der Belehrte) und auch mit doppeltem Akkusativ (B3 und B4; vgl. L. 58.12). Über die Möglichkeit des Deutschen hinaus kann

2 Im Attischen, und später, selten oder nie -ήισκω (also nicht wie θνήισκω). 3 Έγνωκε in dem Demokritzitat E4 ist schwierig. Wenn echt, muß es »kannte« bedeuten. Vielleicht

schrieb Demokrit έγνω (adgnovit übersetzt Cicero).

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190 APPENDIX GRAMMATICA L. 66

im Griechischen auch der am Lernenden bewirkte Effekt in Form eines Akkusativ-Objekts ausgedrückt werden: ιππέα (B3), φήτορας (B4) (»so daß sie Rhetoren bzw. Reiter werden«); so σοφόν (II A5). Das Medium διδάσκομαι, Fut. διδάξομαι. . . kann bedeuten 1. »Ich lasse mich belehren, lerne« (AI), und 2. »Ich lasse einen anderen (z.B. meinen Sohn) etwas lehren (lernen)« (B3 und 4).

65.11 3. άποδιδράσκω

Aspekt ist hübsch illustriert durch II H3: Präsens »versuchen zu entlaufen« und Aorist »entkommen«, und durch H4: er »ist weg« (οίχεται), denn er ist uns »endgültig entwischt« (άποδεδρακώς). Die Person, der jd. entläuft, steht im Akkusativ, zumal wenn sie durch ein Pronomen bezeichnet wird (Hl); aber bei »entlaufen« von einem Ort oderaws einer Schlacht steht eine Präposition (άπό, έκ, παρά, alle mit Genetiv). Ήμίν am Ende von H4 ist ein echter »Dativ der beteiligten Person«; nicht als sog. »indirektes Objekt« (L. 4.7), sondern adverbial; ein sog. »Dativus ethicus«, wie im Deutschen: »das ist mir eine schöne Geschichte«.

65.12 4. ύπομιμνήσκω, -μιμνήσκομαι . . . μέμνημαι

a) Aspekt, besonders charakteristisch: Präsens (II El) Aktiv: »rufe eindringlich ins Gedächtnis (Bewußtsein)«; (G) »was wir uns jetzt ins Gedächtnis (Bewußtsein) zurückrufen« (vgl. F5). Aorist: (F2) das bloße Faktum des »Ermahnens« und (F3) »Gedenkens«; aber Perfekt: (E3; F6; G Ende) »im Gedächtnis haben (behalten)«.

65.13 b) Im Satzzusammenhang: Der Gegenstand der Erinnerung steht im Genetiv, z.B. Fl (Akkusativ ist möglich bei Neutrum eines Pronomens); gern mit Partizip (F3) oder Nebensatz (F6); die ermahnte Person natürlich im Akkusativ; gern mit folgendem Nebensatz (οτι El).

LEKTION 66

66.1 I. Präsens: Verbalstamm plus -n (z.B. τέμ-ν-ω, Fut. τεμ-ώ)

In den verschiedenen Tempora haben diese Verben verschiedene Ablautstufen.

Die einzelnen Verben

1. δάκνω Stamm δακ-; Ablaut (gelängt) δηκ- außer im Präsens und Aorist Aktiv. (Kein Perfekt Aktiv). Aktiv Aorist stark: έδακον. Im übrigen die Tempora wie bei normalen κ-Stämmen; z.B. διώκω; aber Futur Med. δήξομαι (sonst kein Medium). Also: II δάκνω, δήξομαι, έδακον, -, δέδηγμαι, έδήχθην »beißen«

66.2 2.||τέμνω, τεμώ, έτεμον, τέτμηκα, τέτμημαι, έτμήθην 'schneiden'

Wurzel: Grundstufe: ΤΕΜ/ΤΟΜ: im Präsens, Futur und Aorist Aktiv; auch in τομή Schnitt (Anatomie) und άτομος, ov;

Page 189: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 66 191

Schwundstufe: TM: erweitert mit -η, in den übrigen Tempora; auch in ή τμήσις das Schneiden, τό τμήμα Abschnitt; Futur Aktiv: normaler m-Stamm, wie νέμω, νεμώ; Aorist Aktiv: normaler m-Stamm, aber stark (also wie δάκνω - έδακον, nicht wie νέμω - ένειμα).

3. κάμνω 66.3 hat im Prinzip die gleiche Struktur wie τέμνω; aber

a) seine Bedeutung schließt passive Formen aus, und b) es hat Futur Medium (wie δάκνω):

Grundstufe: KAM: Präsens, Futur, Aorist; Schwundstufe: KM: mit -η Erweiterung, im Perfekt. Also: || κάμνω, καμούμαι, έκαμον, κέκμηκα >schwach sein'

4. φθάνω: Vcpöä; Ablaut (gelängt): ν<ρθη 66.4 Kein Passiv, ν φ θ ά : Präsens (+-v), schwacher (s-) Aorist, Perfekt; ν φ θ η : Futur (Medium!) und alternativer starker (»Wurzel-«) Aorist (L.69): || φθάνω, φθήσομαι, l έφθην, έφθακα »schnell sein«

Ι έφθασα

5. πίνω: Vpi/o, d.h. Ablaut i/o 66.5 (Vgl. dt. will: wollte). Jeder der beiden Vokale begegnet kurz und auch lang; also πι, πϊ/πο, πω; vgl. το πώμα »Trunk«; τό ποτήριον »Trinkgefäß«; τό συμπόσιον; lat. pötus, pötare; »Pokal«; Verbaladjektiv ποτός »trinkbar«, Substantiv ό πότος »Trunk«.

Das lange i - nur im Präsensstamm - ist erklärlich als Nachwirkung eines Jot; angenommen, daß das Präsens auf -jö (und nicht einfach auf -ω) gebildet war. So auch bei κρίνω, κλίνω, u.a. Präsens: V + n (? nj) > πίνω; Futur Med.: πίομαι: ursprünglich ein (kurzvokalischer) Konj. Aor.; Aorist Akt. (stark): έπίον. Perfekt Akt. (schwach): πέπωκα; Perfekt und Aorist Passiv: mit -o- (also -ω- nur im Perfekt Aktiv). Es ergeben sich die Stammformen: || πίνω, πίομαι, έπίον, πέπωκα, πέπομαι, έπόθην >trinken<

Diese Verben haben demnach, alle fünf, starke Aoriste (allerdings steht schwaches έφθασα neben starkem έφθην). Anders sind die folgenden:

6. κρίνω: ν κ ρ ί ; vgl. ή κρίσις. 66.6 Präsens: V + n (nj): ::κρίν}ω > κρίνω. N.B.: das zusätzliche -n hat andere Tempora affiziert (die also wie z.B. μένω (L. 61) konjugiert werden); nicht aber Perfekt (Aktiv und Passiv) und Aorist Passiv. Daher: Futur (contract.) κρίνω (< ' :κρινέσω; vgl. μενώ); Aorist Aktiv έκρινα (< '''έκρινσα): schwach. Die übrigen Tempora regulär von ν κ ρ ί . Also:

κρίνω, κρίνω, έκρινα, κέκρϊκα, κέκρίμαι, έκρίθην »scheiden, richten' αποκρίνομαι, άποκρινοϋμαι, άπεκρινάμην, άποκέκριμαι 'antworten'

(άπεκρίθην nach-klassisch)

Für κλίνω (formal sehr ähnlich) s. L.61.6 und 9(11), für βαίνω (< ßa-v-jou) L.69.

7. ά φ ι κ ν έ ο μ α ι : ν ί κ 66.7

Bei diesem Verb ist der Präsensstamm nicht (wie bei Nr. 1-6) einfach mit -n erweitert, sondern mit -νε; die auf ihm beruhenden Formen - Präsens und Imperfekt - gleichen demnach denen aller regulären Verba auf -έω, z.B. αιδούμαι, αίρούμαι, ποιούμαι.

Page 190: Griechischer Lehrgang III

192 APPENDIX GRAMMATICA L. 66

Die übrigen Tempora normal von ν ί κ - , mit starkem Aorist. Also: II άφίκνέομαι, άφίξομαι, άφϊκόμην, άφίγμαι »ankommen«

N.B.: InProsa erscheint dies Verb nur als Kompositum mit der Präposition άπό; nicht so inDichtung, wo das Simplex oft - nicht immer-die spezielle Bedeutung »jd. als Hilfeflehender, ικέτης, angehen« hat1.

II. Syntax

66.8 PartizipU bei κάμνω, φθάνω u.a. (einfache Konstruktionen, die aber im Deutschen nicht einfach nachgeahmt werden können)

>ich mühe mich, bin (werde) schwach, erschöpft, krank'

»ich werde schwach dies tuend«; d.h. »ich mühe mich ab mit diesem Tun« »er mühte sich ab mit dieser Tätigkeit«, d.h. »er machte etwas«, oder »er erschöpfte sich bei, durch diese Tätigkeit« »er ist erschöpft durch diese Tätigkeit, ist krank davon«2

>ich eile, bin schnell·

»ich tue etwas schnell, ehe . . .< »ich« (»komme dir zuvor, . . . tuend«, d.h.) »tue es früher als du« oder »bevor du es tun kannst«

das Partizip, z.B. bei

1. κάμνω

κάμνω ποιων τούτο

έκαμε ποιων τούτο

κέκμηκε ποιών (ποιήσας) τούτο

66.9 2. φθάνω

φθάνω ποιών τι, πριν φθάνω σε ποιών τι

66.10 3. Ähnlich - bereits bekannt

παύε φλύαρων χαίρω (ήδομαι) έσθίων αίσχύνομαι λέγων αδικείτε λύοντες τάς σπονδάς καλώς ποιείς ήκων

»höre auf, Unsinn zu reden! »ich freue mich, zu essen', d.h. »ich esse gern« »ich schäme mich, zu sagen< »ihr tut Unrecht, den Vertrag zu kündigen' »du tust wohl daran, zu kommen' oder »du tust wohl daran, daß du kommst«

4. Erwäge, inwiefern das griechische Partizip jeweils dem Gesagten angemessen ist; z.B.

bei »ich bin vergnügt essend', d.h. »während ich esse«. Dementsprechend ist also

αίσχύνομαι λέγων »ich sage (es) mit einem Gefühl von Scham«; aber αίσχύνομαι λέγειν »ich schäme mich (es) zu sagen« (und will es des

halb nicht sagen)

1 S. Vokabular. 2 Daher οί καμόντες (»die Kranken, Ermüdeten«) auch (metaphorisch) »die Toten«.

Page 191: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 67 193

LEKTION 67

I. Verba: Präsensstämme mit n-Erweiterung Fortsetzung: Verba auf -άνω

(Ihre Wurzeln enden auf Konsonanten.)

67.1

Merke: 1. Alle diese Verba haben starken Aorist (Akt. bzw. Med.). 2. Alle - außer λανθάνω - haben Futur Medium.

A. Präsensstamm = Wurzel + av-(άμαρτ-άνω: αίσθάν-ομαι)

Stammformen

67.2

άμαρτάνω, άμαρτήσομαι, ήμαρτον, ήμάρτηκα, ήμάρτημαι, ήμαρτήθην (ver-)fehlen αισθάνομαι, αίσθήσομαι, ήισθόμην, ήισθημαι wahrnehmen

Außerhalb des Präsens und des starken Aorist sind die Wurzeln mit -η erweitert.

B. Präsensstamm: wie A; dazu noch ein zusätzlicher Nasal vor dem Endkonsonanten der Wurzel

Der zusätzliche Nasal- normalerweise -ν- ( ν μ α θ : μ α ν θ ά ν ω ) wird, wie immer, vor einem Guttural zu -γ- assimiliert (ντυχ : τ υ γ χ ά ν ω ) und vor Labial zu -μ- ( ν λ α β : λαμβ-άνω) . Bei den Verben dieser Gruppe - außer μανθάνω - erscheint die Wurzel in verschiedenen Tempora auf verschiedenen Ablautstufen. Fast alle dehnen sie im Futur, viele auch im Perfekt.

Stammformen

μανθάνω μαθήσομαι έμαθον μεμάθηκα erfahren, verstehen, lernen

λαμβάνω λήψομαι ελαβον είληφα εϊλημμαι έλήφθην ergreifen, nehmen λανθάνω λήσω ελαθον λεληθα bin verborgen, (tue

etw.) unbemerkt τυγχάνω τεΰξομαι ϊτυχον τετύχηκα treffen, erlangen πυνθύνομαι πεΰοομαι έπυθόμην πέπυσμαι (er-)fragen, erfahren

67.3

67.4

Bemerkungen zu den einzelnen Verben der Gruppe B:

μανθάνω 1

Außerhalb von Präsens und Aorist η-Erweiterung wie bei Gruppe A. λαμβάνω Ablaut α/η des Wurzelvokals; also νλαβ/ληβ 2 , d.h. der Vokal erscheint in kurzer (Präs.; Aor.) und langer Form (Fut., Perf., Aor. Pass.). Das eingefügte -μ- (< -ν-) des Präsens drang in nachklassischer Zeit auch in das Futur (λήμψομαι) und den Aor. Pass. (έλήμφθην) ein.

1 Passiv äußerst selten im - unpersönlichen - Präsens; sonst unerhört. 2 Ursprünglich Vsläb. Aus dem - ansonst verschwundenen - s- erklärt sich die Form des Perfekts

*sesläbha > εϊληφα und *sesläbmai > είλημμαι.

67.5

67.6

Page 192: Griechischer Lehrgang III

194 APPENDIX GRAMMATICA L. 67

67.7 λανθάνω Der gleiche Ablaut, in gleicher Verteilung; βίβονλαθ/ληθ. Fut. *λήθ·σω > λήσω (wie *όρνιθς > όρνις): Dental vor -s- fällt aus. Perf. stark: λέληθα (wie auch είληφα).

67.8 πυνθάνομαι Ablaut ευ/υ (wie in φεύγω: έφυγον); also: ν π ε υ θ / π υ θ ; der Diphthong aber nur im Futur: πεύ[θ]σομαι3; sonst π ΰ θ ; Perfekt: *πέπυθμαι; -θμ- > -σμ- wie z.B. in πέπεισμαι (< πέπειθμαι) und έπιλέλησμαι (cf. ή λήθη); es ist eben ein Dentalstamm (wie oben, L.56.15).

67.9 τυγχάνω Der gleiche Ablaut, ευ/υ, wie beim vorigen, in gleicher Verteilung. Also: ντευχ/τυχ-τευχ- nur im Fut.: χσ > ξ: τεύξομαι (< ::"τεύχσομαι) (Homer: τά τεύχη »Waffen«); später auch Perf. τέτευχα; βοηβιΛ/τυχ-; vgl. ή τύχη. Perfekt: mit -η-Erweiterung (vgl. Gruppe A; auch μανθάνω) und schwach wie ήμάρτηκα, μεμάθηκα (und oft: L.73.6).

II. Syntax

67.10 A. Der Genetiv als Objekt' bei gewissen Verben

Da der »eigentliche« Genetiv den Bereich anzeigt, innerhalb dessen eine Person (Ding, Begriff: Substantiv) oder eine Handlung (Geschehen, Zustand: Verb) sich situiert, begreifen sich leicht Fügungen wie ό πρώτος τών Ελλήνων (mithin Gen. des Teils) und άρχειν τών Ελλήνων oder μέρος οίνου und μετέχειν τοϋ οίνου. So auch έσθίειν τών άρτων und πίνειν τού οίνου (»des Weines trinken«)4.

67.11 Da der griechische Genetiv außerdem die Funktion des IE Ablativ übernommen hat (des »Woher-Kasus«), versteht man, daß μανθάνω σου bedeutet »ich erfahre, lerne (etwas)ivow dir'; ακούω σου »ich höre Ι Ό « dir (auf dich)«; wo also die Genetive nicht das Objekt, sondern den Ursprung anzeigen; allenfalls, in gleichem Sinn, auch αισθάνομαι αυτού άι-δοντος »ich nehme wahr, daß er singt« (und danach dann sogar auch αύτοϋ γαμοϋντος, s. I Fl).

67.12 Deutsche Analogien lassen auch z.B. in μνήμων τών προγόνων und μεμνήσθαι τών 'Αθηναίων und έπιλανθάνεσθαι σωφροσύνης die Genetive nicht verwunderlich erscheinen (»eingedenk der Vorfahren; gedenke der Athener; vergiß mein (Genetiv) nicht«, L. 65.13); sie stammen aus I E - und sind doch nicht leicht erklärt. Weitere ähnliche Fälle, die keine deutschen Analogien haben, verdienen eben deshalb besondere Aufmerksamkeit: Mit dem Genetiv werden verbunden Verba - und Nomina - mit der Bedeutung

67.13 1. des Begehrens (vgl. »des Lichts begierig«), des Sorgens und anderer Gemütsbewegungen (Affekte), z.B. έπιθυμείν, έράντίνος 5, πεινήν, διψήν τίνος, έπιμελείσθαί τίνος;dazu, mit Akk. der Person, θαυμάζειν, μακαρίζειν, έπαινεϊν, μισείν, έλεείν τινά τίνος; mit Dat. der Person φθονεϊν, μέμφεσθαι, όργίζεσθαί τινί τινός;

67.14 2. des Erreichens, Erlangens, Berührens - und Verfehlens, z.B. τυγχάνειν τινός, λαμβά-νεσθαί τίνος, άπτεσθαί τίνος, ψαύειν τινός, - άμαρτάνειν τινός;

3 Homer auch Präs. πεύθομαι. 4 Doch auch έσθίειν άρτον, πίνειν οίνον »Brot essen«, »Wein trinken« (weniger einen einzelnen Akt

als vielmehr eine Sitte oder Gewohnheit anzeigend). 5 Aber φιλεϊν τίνα!

Page 193: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 67 195

3. des (Er-)füllens und Voll-seins und des Entleerens, Ermangeins und Sparens (»voll sü- 67.15 ßen Weines«, πλήρης οίνου; »ermangeln der Weisheit«) πληρούν τίνος, γέμειν τινός, δεϊσθαί τίνος, δεί μοί τίνος; φείδεσθαί τίνος 6: »schonen, sparen«. Der Genetiv in dieser Verwendung wird nicht unpassend als 'Genetivus objectivus< bezeichnet.

B. Weitere Verba mit Partizip; vgl. L. 66.8-10 67.16

έτυχε παρών »er traf, da-seiend< - »es traf sich, daß er da war«, »er war zufällig (gerade) da«; έλαθε παρών »er war verborgen, daseiend« - »er war unbemerkt da«.

In diesen Verbindungen qualifizieren die regierenden Verben - vom Sinn her betrachtet -die Haupthandlung, welche durch das Partizip ausgedrückt wird: »er war da« - »zufällig« oder »unbemerkt«; in der Tat ist έτυχε παρών oft gleichbedeutend mit παρήν.

Ähnlich - und bereits bekannt: 67.17

έφθη παρών »er war früher da«; ήδεται έσθίων »er ißt mit Genuß«; αίσχύνεται λέγων »er sagt mit einem Gefühl von Scham«; wörtlich: »er schämt sich, sagend«; »er freut sich, essend«; etc.

Die Gewichtsverteilung zwischen Partizip und Hauptverb ist z.B. verschieden - auch längst bekannt und auch typisch griechisch - in

κάμνει εργαζόμενος »er wird müde bei, müht sich mit der Arbeit«, »er arbeitet hart«; παύε φλύαρων »hör auf mit deinem Gerede«; κατελήφθη (έάλω) κλεπτών »er wurde gefaßt beim Stehlen«; und

(bei den folgenden Beispielen ist das Partizip Objekt oder doch Attribut zum Objekt)

ηύρεν αυτούς καθεύδοντας; ήκουσα σου άιδοντος (»ich hörte dich singen«); όρώ αύτδν ήκοντα (»ich sehe ihn kommen«).

Die griechische Auffassung und Wiedergabe der verschiedenen Situationen bleibt sich gleich; die deutsche (und mithin deren sprachliche Wiedergabe) variiert.

C. Negationen 67AS

(L.4.14; 17.20; 22.9; 25.9 und 11; 26.17)

Grundregel:

oi) verneint: ein Faktum, in Aussagen; ist objektiv;

μή verbietet, wehrt ab: ein Vorgestelltes, noch-nicht-Faktum; es ist wünsch- oder wil-lens-betont: subjektiv.

Im Hinblick auf diesen Grundunterschied werden die meisten Fälle von ού und μή eindeutig verständlich sein7, z.B. in dieser Lektion I Bl μή λάλει: Verbot, gegenüber I Fl ούδ' ό γείτων: ein Faktum ist ausgesagt. In II C4 ού beim Optativ: ούκ άν λάβοις »du dürftest (sie, das Mädchen) schwerlich gewinnen«; μή λάβοις wäre (negativer) Wunsch: »mögest du sie nicht gewinnen«.

6 Aber lat. parco tibi! 7 Zumal wenn beherzigt wird, daß Griech. überall μή hat, wo Lat. ne gebraucht (freilich auch noch

in anderen Fällen, s.u.).

Page 194: Griechischer Lehrgang III

196 APPENDIX GRAMMATICA L. 68

Wir wissen aber bereits, daß im Griechischen der Gebrauch von μή sich mehr und mehr ausbreitete und warum es zumal in Bedingungssätzen zur Regel wurde . Das gilt auch, wo die Bedingung implicite, und nicht durch die Partikel »wenn«, angezeigt wird. Oft z.B. durch ein Partizipium. Instruktiv dafür ist Ev.Joh. 3,18 (L. 66 J2): ό μή πιστεύων »wenn einer (oder »wer«) nicht glaubt« ist Bedingung (negativ); aber vorher: ού κρίνεται (wer glaubt,) »wirdnicht gerichtet«: das wird als Tatsache hingestellt. Auch in Goethes Leitsatz (L.60 II A)

* Ό μή δαρείς άνθρωπος ού παιδεύεται

hat das Partizipium Bedingungscharakter (»Wenn einer nicht . . .<), daher μή. 67.19 In L. 67 hat der Relativsatz in Ι B2 Bedingungscharakter (und zwar generellen: »wer im

mer«, »jeder, der . . .<): daher μή πείθηται.

Schließlich zwei Infinitive: (I B4) μηδέν άμαρτεϊν und (I C2) μή άπαντάν: beim Infinitiv ist die Negation μή zur Regel geworden - außer, wo der Infinitiv eine rein faktische Aussage wiedergibt. Ούχήκει wird als abhängiger Satz natürlich zu λέγω αυτόν ούχήκειν; denn λ.α. μή ήκειν würde bedeuten: »daß er nicht kommen soll·.

67.20 III. Zum Lesen der Verse

Iambische Trimeter wie I AI und 2; D; Fl und 2 usw. und daktylische Hexameter wie I B4 dürfen jetzt keine Schwierigkeit mehr machen. In der Versparabel vom Krebs (ΠΙΑ) steht das Metrum neben dem Text. Die letzten zwei Verse sind wohlbekannte Glykoneen (L.63.9); die zwei ersten sind identisch, aber um eine Silbe am Anfang kürzer. So ähnelt ihr Fall dem Sprichwortvers (Paroemiacus, oben L. 16.8: der hat dagegen gewöhnlich eine Silbe mehr am Ende): ein neuer Hinweis, daß der Vers der Kunstdichtung seine Wurzel in volkstümlicher Dichtung hat. Die Verse zum Blindekuhspiel (II C5) sind gleichfalls eine Variante des Paroemiacus: mit lauter langen Silben.

LEKTION 68

Aorist (Aktiv und Medium)

In den folgenden Lektionen (L. 68-70) wird vervollständigt und systematisiert, was im einzelnen zumeist längst bekannt ist.

I. Formbildung

68.1 Zwei Haupttypen (vorläufig):

A. Schwacher oder s-Aorist (έλυσα) und B. starker Aorist (έλιπον).

Page 195: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 68 197

A. Schwacher oder s-Aorist

(Aktiv: έλυσα; Medium: έλυσάμην; L. 14.3-5 und L.40.5-10) Zwischen Verbstamm und Endung steht die charakteristische Silbe

-σα-

z.B. in έλύσατε, έλύσασθε. (Die wenigen Abweichungen von dieser Regel werden sich sogleich erklären.)

Ursprung dieser Bildung: 68

Charakteristikum ist das zum Verbstamm zugefügte -s (IE: vgl. lat. scripsi, dixi). Auf dieses folgten im Indikativ Aktiv die sekundären Endungen; zumal

Sing. 1. (z.B.) ! :έλυση > έλυσα (vgl. Septem: επτά) Plur. 3. (z.B.) -"έλυσ-nt > έλυσαν (vgl. έλυον).

Daher wurde -ά als der charakteristische Vokal für den Aorist empfunden; bekräftigt durch das -ä des Perfekts. Die 3. Sing, wurde differenziert gegenüber der 1. Sing, durch -ε, nach Imperf. (έλυε) und Perfekt (λέλυκε).

Aktiv, Modi: 68

L.22.8 (Konj.), L.26.5-14 (Opt.),L. 31.5 (Partiz.), L. 14.4 und 15.1 (Imperativ und Infinitiv). Der Ursprung der Endung -ov im Imperativ Aor. Akt. (λϋσον, άγγειλον) ist dunkel - ebenso wie im Medium -αι (λύσαι, άγγειλαι: 40.8).

Indik. Medium: έλυσάμην, έλύσω . . . und Modi: L. 40.5-10.

Besonderheiten:

1. s-Aorist ohne -s- 68 Bei Verba liquida, weil -s nach 1, m, n, rausfiel (mit Ersatzdehnung); ζ.Β.ήγγειλα, έδειρα, έμεινα, ήισχύνα, έκρινα, ένειμα; ήγγειλάμην, ήμύνάμην, άπεκρινάμην (L.60.6; L.61.3).

So auch έγημα (zu γαμέω »heiraten« - vom Manne gesagt), έγημάμην (zu γαμοϋμαι »heiraten« - von der Frau gesagt), als ob der Präsensstamm auf -m endete (wie νέμω); demnach "έγαμσα > έγημα und *έγαμσάμην > έγημάμην.

2. Kurzvokal-Aoriste 68 (Scheinbare) Vokalstämme, deren Vokal im Aorist (u.a.) nicht gelängt ist. Sie sind ursprünglich s-Stämme (s. IE der griechischen Lektion), die als solche natürlich ihren Vokal nicht dehnten. Das Stamm-s ging aber verloren, daher dann Paradigmen wie γελάω -έγέλάσα und τελέω - έτέλεσα (älter γέλασσε, τέλεσσε). Ähnlich έμαχεσάμην zu μάχομαι sowie έκάλεσα und ήινεσα (έπ-, παρ-) zu καλέω und αίνέω, die aber kaum s-Stämme waren; so auch ώλεσα und ώμοσα zu δλλυμι und δμνυμι (L.76).

Β. Starker - und zwar starker thematischer Aorist 68

(L.29.5-9; L.32.5-6; L.38.8-12)

Zwischen Stamm und Endung dieses Aorists steht der Themavokal ο/ε (wie beim Präsens auf -ω). Oer Stamm solcher Aoriste ist immer verschieden vom Präsensstamm des gleichen Verbs, meist kürzer; z.B. μαθείν: μανθάνειν; λ ιπεϊν : λείπειν; τραπέσθαι : τρέπεσθαι.

Page 196: Griechischer Lehrgang III

198 APPENDIX GRAMMATICA L. 68

Die Endungen:

Im Indikativ die sekundären: έλιπ·ο·ν, έ λ ι π ε ς ; έλιπομην, έλίπου (< - π ε σ ο ) . . . Abgesehen vom Stamm gleicht daher der Indikativ dem Imperfekt.

In den übrigen Modi gleichen die Ausgänge dieses Aorists den entsprechenden des Präsens; z.B. λίπω (λείπω), λιποίμην (λειποίμην), etc. Aber an 4 Stellen ist die Akzentuation verschieden; ζ. Β. λιπεϊν, λιπών (: λείπειν, λείπων) und: λιποΰ, λιπέσθαι (:λείπου, λείπεσθαι). Außerdem haben 5 spezielle Imperative, in der 2. Pers.Sing., Akut auf der Endsilbe: ίδέ, εύρε, έλθέ, είπε, λαβε.

68.7 Ein Sonderfall: άγω Imperfekt ήγον, Aorist ήγαγον (Infinitiv άγαγείν): also ein Aorist mit Reduplikation der ganzen ersten Silbe (und nicht nur des ersten Buchstabens); vgl. L.73, die »attische« Reduplikation im Perfekt einiger Verben.

68.8 Für beide Aoriste (z.T. auch Imperfekt und Perfekt): Augment (ζ. T. auch Reduplikation) εί- (nicht ή-) haben:

έάω »lasse«, εϊων, εϊάσα, είάκα, είάμαι, είάθην εθίζω »gewöhne«, είθιζον, εϊθισα, είθικα (εϊωθα »bin gewohnt«),

εϊθισμαι, είθίσθην έλκω1 »ziehe«, είλκον, ε'ίλκυσα, εΐλκυσμαι, είλκύσθην έπομαι »folge«, Imperf. είπόμην (Aor. έσπόμην, lat. sequor) εργάζομαι »wirke«, >ιυε«,ιείργαζόμην,^είργασάμην, εϊργασμαι

ί ( 3 υ ^ ή ρ γ - ) ί (ήργ-)

Diese Verben begannen ursprünglich mit einem Konsonanten; meist ^(w). Nach dessen Ausfall ergab sich notwendig εί; z.B. bei ^εθίζω (τό ^έθος), έίέθιζον > είθιζον, ^εργάζομαι (τό ίέργον), έ^εργασάμην > είργασάμην (ε^ε > εε > έ, geschrieben ει).

68.9 Ein Sonderfall: έχω

Wurzel σχ (Schwundstufe), σεχ (Grundstufe). Anlautendes s- wird im Griechischen bekanntlich ζυ1ι-(5βχ-έξ). Also: Präs. ::'σέχω > Ιιέχω (Dissimilation) έχω; Imperf. έσεχον > έεχον > είχον; aber Fut. *σέξω > Ιιέξω = έξω (kein Grund für Dissimilation). Die übrigen Tempora von der Schwundstufe: Aorist: (stark) έ σ χ ο ν (»bekam, erhielt«; Imperat. σχές »halt!«); so Med. έσχόμην. Die Schwundstufe in den verbleibenden Tempora mit -η erweitert: σχη-; also die Stammformen:

έχω, σχήσω2, έσχον, έσχηκα, έσχημαι »halten, haben«. 68.10 Davon, mit Prasensreduphkation (vgl. γιγνώσκω, γίγνομαι) ίσχω, aus ^ ίσχω >

: :Ίιίσχω; dies, erweitert im Präsens, und mit Präfix ύπό, ergab ύπισχνέομαι, ύποσχήσομαι, ύπεσχόμην, ύπέσχημαι >versprechen<.

Π. Bedeutung des Aorists

68.11 Was seit L.14.7 und L.31.7 bekannt und beim Lesen dauernd beachtet worden ist, läßt sich kurz etwa so zusammenfassen:

1 Ein Präs. ελκύω wird nicht gebraucht und Perf. Akt. εϊλκϋκα so gut wie nie. Auch die anderen aufgeführten Perf. Akt. sind selten und nicht alt.

2 Daneben έξω, Med. έξομαι normal (aber Aor. Pass. έσχέθην sehr selten).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 68 199

Zeitstufe: Nur der Indikativ versetzt die berichtete Handlung (Geschehnis, Situation usw.) in die Vergangenheit - und auch der nicht immer (s.u.). Die eigentliche Leistung der griechischen sog. »Tempusstämme« ist Verdeutlichung des Aspekts des Berichteten: Sie dienen dem Sprechenden zu vermitteln, wie er die Eigenart, Verlauf, Qualität des Verbal-Inhalts auffaßt oder aufgefaßt wissen will3. Gegenüber dem »linearen« Präsens läßt sich der durch Aoriststämme vermittelte Aspekt 68.13 als »punktuell« bezeichnen. Das heißt: Das betreffende Geschehen oder Tun wird durch den Aorist als eine Einheit vermittelt, ohne Rücksicht auf Dauer oder Vollendung. Im Gegensatz zum Präsens ergeben sich die folgenden hauptsächlichen Bedeutungsnuancen:

1. Handlung oder Geschehen schlechthin als Tatsache: έβασίλευσε »er war König«.

2. Ingressiv: έβασίλευσε »er wurde König«, »trat die Regierung an«.

3. Effektiv: έφυγον »ich entkam«.

An sich drücken also die griechischen Tempora (außer im Indik.) keine relative oder ab- 68.14 solute Zeitstufe aus4. Sehr oft, zumal beim Partizip, wird aber die »punktuelle«, abgeschlossene Handlung der eines anderen Verbs vorangehen: έλθών έζήτει (ζητεί) 'nachdem er gekommen war . . .< (»er ist gekommen und sucht nun«).

Speziell: 68.15

Der 'gnomische Aorist' drückt eine (aus früherer Erfahrung gewonnene?) Regel aus: unsere Beispiele I F3 und II J5.

III. Zur Interpretation der Homerzitate 68.16

Bei dem ersten der Homer-Texte (I El) beachte die Ausdruckskraft des Wörtchens καί (»Wenn du uns denn schon vernichten willst, dann wenigstens . . .«); bei dem nächstfolgenden, wie die Adjektiva φίλος und πότνια, »lieb« und »hehr«, nicht momentane und individuelle Gefühle ausdrücken: sie weisen vielmehr auf Empfindungen, wie sie unter rechtschaffenen (d.h. richtig beschaffenen) Menschen objektiv und typisch bestehen.

3 Diese wesentliche Leistung der griechischen Verbalstämme wurde von der neueren Sprachwissen- 68.12 schaft hauptsächlich im Vergleich mit slawischen Sprachen erkannt, welche (anders als das Deutsche) diese Ausdrucksmöglichkeit des IE Verbs bewahrt haben (im Englischen leisten Alternativen wie I wrote, was writing, have been writing ähnliches). Die griechische Grammatik von Bor-nemann-Risch behandelt dies Kapitel ausgezeichnet und im Detail (§ 206ff.).

4 Es gibt daher nicht, wie im Lat., eine bindende consecutio temporum.

Page 198: Griechischer Lehrgang III

200 APPENDIX GRAMMATICA L. 69

L E K T I O N 69

69.1 I. Wurzelaoriste (stark, athematisch)1

Die Texte der griechischen Lektion zeigen uns Verbformen höchst einfacher Art: έβην, έ·στη, έ φ υ ; βήι, στη ι; βάς, βάν: Verbstamm und Endung, ohne Zwischenglieder: noch einfachere Bildungen lassen sich (wenigstens in unserem Sprachsystem) nicht denken. Und zwar ist bei diesen Verben offenbar der Aorist primär und zentral. Wieviel elementarer ist doch etwa βάντας als βαίνοντας und βεβηκότας, oder γνώναι als γι-γνώσκειν und γνώ-τε als γ ι γ ν ώ σ κ ε τ ε !

Eine ähnliche Simplizität fanden wir in der vorangehenden Lektion beim »starken thematischen Aorist« (etwa bei έμαθον gegenüber μανθάνω, ηύρε gegenüber ευρίσκει). Dort stand freilich immerhin der Themavokal zwischen Stamm und Endung (μάθετε, aber γνώ-τε). Das war unvermeidlich, denn dort endeten die Wurzeln auf Konsonanten: da war eine vokalische Verbindung mit der Endung physiologisch erfordert. Jetzt aber ist die Rede von Stämmen, die vokalisch auslauten: da erübrigt sich die zusätzliche Verbindung. Auch präsentieren sich diese Verbstämme im Aorist in ihrer einfachsten, einsilbigen Form, sind in der Tat die jeweiligen Wurzeln, unerweitert. Daher werden diese Aoriste mit Recht kurz als »Wurzelaoriste« bezeichnet. Dies ist also sprachliches Urgestein (was der Vergleich mit dem Indischen bestätigt); dies Urgestein ist aber vom Strom der Zeit reduziert und affiziert worden. Der folgende Überblick über die einzelnen Modi wird das beiläufig zeigen; und es sind ja recht wenige-aber vielgebrauchte - Verben, die diese elementare Formbildung bewahrt haben.

69.3 Ihre Wurzelvokale sind lang; kurz nur vor -ντ (z.B. γνόντος) und im Optativ (z.B. γνοίης). Unsere repräsentativen Beispiele:

für Α-Laut: Vbaä/fx (-διδράσκω »entlaufen«'1') Vßö/η (βαίνω 2 »gehen«); Vcrxä/n (ΐστημι »stellen«)3

für O-Laut Vvvco/o (γιγνώσκω »erkennen«) für Y-Laut Vcpv/v (φύω »wachsen lassen«, >(er-)zeugen<)

* N.B. άποδιδράσκω: immer mit der Präposition!

69.6 Indikativ

Die bekannten sekundären Endungen folgen direkt auf den langen Stammvokal. Nur 3. Plural -σαν: die Endung übernommen vom schwachen Aorist, wohl zur Unterscheidung von 1. Singular4. Also:

69.2 1 Es handelt sich hier um Aoriste Aktiv. Bei Homer (weniger auch in späterer Dichtung) haben sich gleichartige mediale Aoriste erhalten, wie λύτο (att. έλύσατο), δέκτο (έδέξατο), γέντο (έγένετο); für das Attische s. L.80.5.

69.4 2 Das Simplex βαίνω wird im Präsens nur selten gebraucht; gewöhnlich sagt man βαδίζω. Aber Composita wie έκβαινω und συμβαίνω finden sich häufig auch im Präsens.

69.5 3 Lat. stare; dt. »stehen, stellen« (das griech. Präsens mit Reduplikation: *σίστημι, vgl. lat. sisto; L. 78). έβην und έστην reimen durchweg; daher zitieren wir vorwiegend nur das erste. Ebenso reimt z.B. έδϋν »versank« mit έφύν; έδυσα mit έφυσα; δύω mit φύω.

69.7 4 Man erwartet 3. Plural Formen wie z.B. έβαν (*-nt); έστάν, έγνον, und solche sind in der Tat in der Dichtung und in verschiedenen Dialekten erhalten geblieben.

Page 199: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 69 201

-έδρα- \ -ν

έβά > att. δβη- , - ς έγνω- f -Μ έφύ- Ι -μεν

-·τε - Σ Α Ν

Konjunktiv 69.8

Hier hat die »thematische« (o-)Konjugation den Wurzelaorist völlig »überfremdet«: ihre Endungen, d;e sich vom Präsens über alle Konjunktive verbreitet haben, gelten auch hier; und zwar werden sie mit dem Wurzelvokal kontrahiert, genau wie im Präsens der Verba vocalia. Nur das υ kontrahiert nicht; bei φύω so wenig wie bei λύω. Demgemäß ist der Konjunktiv

(άπο-) -δρώ, -δράις, -δράι . . . = dem Konjunktiv τιμώ, τιμάις, τιμάι . . ., = dem Konjunktiv ζώ, ζήις, ζήι . . ., = dem Konjunktiv ίδρώ, ίδρώις, ίδρώι . . .,

= dem Konjunktiv λύω, λύηις, λύηι,

-δρώ, -δράις, -δράι .

στω, στηις, στηι . γνω, γνωις, γνωι .

φύω, φύηις, φύηι . aber

mithin ununterscheidbar vom Präsens. - Der

Optativ

zeigt die Normalform. Also nicht jene sonderbare Eigenart, der wir zufällig - bei λύω und παιδεύω - zuerst begegneten (mit -μι als l.Sing. und ohne Ablaut); sondern vielmehr die charakteristische »Abstufung« von -ιη- als Kennzeichen des Optativs im Singular, aber bloßem -ι im Plural; gefolgt wiederum von den sekundären Endungen. Formen also, wie wir sie kennen von den Verba vocalia (φιλοίην - φιλοϊμεν), vom Optativ von είμί (είην - είμεν) und vom Aorist Passiv (λυθείην - λυθεϊμεν). Wie bei all diesen, so verwischte sich auch hier die Differenzierung von Singular und Plural: Von ca. 400 v.Chr. an häufen sich Formen wie γνοίημεν (statt γνοϊμεν) und βαίημεν (statt βαίμεν).

-δρά-βά-στά-γνο-

-ιη·ν -ίη-σ

-ίη·Μ -ί-μεν -ΐ-τε -ίεν

(-ίη-μεν)

(-ίητε) (-ίη·ΣΑΝ)

Ein Optativ von έφυν findet sich selten.

Imperativ

2. Sing, -fh: bekannt vom Aorist Passiv (z.B. φάνηθι »erscheine!«), differenziert zu -τι nach dem θ der schwachen Aoriste (λύθητι). Ansonst die normalen Endungen: -τω, -τε, -ντων. (Selten von άπέδράν; noch seltener von φύω.)

βη- ) -θι στη- > -τω γνω- ' -τε

aber βάντων, στάντων, γνόντων

69.9

69.10

Page 200: Griechischer Lehrgang III

202 APPENDIX GRAMMATICA L. 69

69.11 Infinitiv

Seine Endung -ναι ist bekannt von είναι und vom Aor. Pass. (λυθήναι), vgl. auch Perf. λελυκέναι. Also:

-δράναι, γνώναι, βήναι, στήναι, φϋναι

69.12 Partizip

Das normale Kennzeichen -nt schließt sich an den kurzen Stammvokal. Wie immer, fällt -nt- aus mit Ersatzdehnung, wenn die darauffolgende Kasusendung mit -s- beginnt; also z.B. βας (< *βάντς), βάσα (< *βάντσά < ::'ßantjä), Dat. Plur. βάσι (< "βάντσι), oder γνούς (< *γνόντς), γνοϋσα (< *γνόντσά < ::"vvontjä), Dat. Plur. γνούσι (< : :γνόντσι). Aber Neutr. βάν, γνόν (< *ßant, ::vvont) und βάντος, γνόντος, usw.

-δρας, -δράν, -δράσα, Gen. -δράντος, -δράσης στάς στάν, στάσα, Gen. στάντος, στάσης

γνους, γνον, γνουσα, Gen. γνοντος, γνουσης φυς, φύν, φυσά, Gen. φυντος, φύσης

Akzent durchweg auf der Wurzelsilbe; die Regel L.20.6 gilt nicht für Partizipien; vgl. 30.12.

69.13 Varianten von Form und Bedeutung

Wie unsere Texte zeigten, gibt es von mehreren dieser Verben neben dem starken Wurzelaorist auch schwache s-Aoriste; diese vermitteln dann gegenüber der intransitiven des starken Aorists eine transitive und faktitive Bedeutung. So:

έστησα »ich stellte (hin)« : έστην »ich trat (hin)«, έβησα »ich machte gehen« : έβην »ich ging«, έφυσα »ich (er-)zeugte« : έφυν »ich bin (gezeugt; von Natur)«, έδυσα »ich versenkte« : έδυν »ich versank«.

69.14 Die Wurzel Vßa von βαίνω (< ;:'ßanjo) hat außerdem das Synonym βαδίζω und, durch Reduplikation, auch das transitive Verbum βιβάζω »ich mache gehen« hervorgebracht.

69.15 Stammformen

(Die meisten der Verben mit Wurzelaorist haben mediales Futur.)

άποδιδράσκω άποδράσομαι άπέδράν άποδέδράκα entlaufen βαίνω βήσομαι έβην βέβηκα gehen (ϊστημι . . . έστην s. L.78) ζώ, βιοτεύω5 βιώσομαι έβίων βεβίωκα leben γιγνώσκω6 γνώσομαι έγνων έγνωκα erkennen δύω 7 δύσω έδυσα umhüllen, eintauchen δύομαι δύσομαι έδυν δέδυκα tauchen, versinken φύω φύσω έφυσα zeugen, hervorbringen

φύομαι φυσομαι εφυν πεφυκα erzeugt werden, wachsen

Aor. έφθην (von φθάνω, L. 66 .4) wie έβην Aor. έάλων (von άλίσκομαι, L.64.8) wie έγνων

5 Das Präsens βιόω begegnet nur selten, ζην: L.54.2ff. 6 L.65.3. 7 S. Vokabular L.41, Anm. 3.

Page 201: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 69 203

II. Syntaktisches

/ . Text I Gl: Häufung von Infinitiven (Satzanalyse)

Es lohnt, sich die Struktur dieses (platonischen) Satzes gründlich klar zu machen. 69.16 Was ist sein Prädikat - d.h. was wird von seinem Subjekt ausgesagt? (Daß es große Torheit sei: Das Prädikat besteht - abgesehen von dem nichtssagenden Hilfszeitwort - aus einem Substantiv mit seinem adjektivischem Attribut; als Prädikat charakterisiert durch den Nominativ). Was ist das Subjekt dieser Aussage; d.h. was ist's, das als »große Torheit« bezeichnet wird? (Alles, was den drei Prädikatswörtern vorangeht; zusammengefaßt durch den voranstehenden Artikel, welcher die ganze folgende Reihe von Wörtern als logische Einheit einführt: zusammen zeigen sie einen - sagen wir - »Entkommens-Fehlschlag« an.) Ist diese lange Reihe von Subjektswörtern gegliedert? (Ja. Sie ist zunächst zweigeteilt: (a) negativ und (b) positiv, verkoppelt durch »nicht - sondern«, μή - άλλα). Was für Formtypen sind Bedeutungsträger in den beiden Hälften dieses langgedehnten Subjekts? (Infinitive). Welche zwei dominieren die Antithese formal? (Die sachlich inhaltlosen qualifizierenden Infinitive »können« und »sein«, δύνασθαι und είναι.) Welche Wörter vermitteln den sachlichen Inhalt dieser antithetischen Struktur? (a) der Infinitiv »entlaufen« άποδράναι, dem Infinitiv »können« zugeordnet, und, ihm gegenüber, b) das Adjektiv »ertappt« - wörtlich »sichtbar« - welches dem Hilfszeitwort »sein« Substanz leiht). Dies Ganze - sieben Wörter Subjekt (d.h. Gegenstand der Aussage) plus drei Wörter Prädikat (Urteil über das Subjekt) - ergäbe denn eine generelle, und ziemlich unsinnige Aussage (»nicht entlaufen können, sondern ertappt werden, ist große Torheit«). Wir haben aber ein Wort noch nicht berücksichtigt; das Partizip άποδιδράσκοντα. Was leistet es? Es gibt der scheinbaren Allgemeinaussage Sinn und Beziehung. Das Ganze ist nicht blasse Allgemeinheit: es bezieht sich auf eine konkrete Situation. Dabei ist der Unterschied der Aspekte entscheidend: άποδιδράσκοντα: Präsens: »wenn einer wegzulaufen versucht«, gegenüber dem Aorist άποδράναι: »und dabei nicht entkommen kann«. Und warum steht dies sinngebende Partizip im Akkusativ? (Weil es Subjekt zum Infinitiv »entlaufen können« ist. Wir haben früher gesehen (L. 17.15), daß und warum Subjekte beim Infinitiv im Akkusativ stehen.)

2. Text I G8: Griechischer Indikativ gegenüber deutschem Konjunktiv 69.17

Όλίγου ώιχόμην: dt. »fast wäre ich davongerannt« (tat es aber nicht): Bei qualifizierten Verneinungen (όλίγου, μικρού - »fast«, »beinahe«) setzt der Grieche, ebenso wie bei unqualifiziertem ού, realistisch den Indikativ; ebenso der Römer: paene dixi :.gr. όλίγου είπον oder όλίγου εδέησα ειπείν, aber dt. »fast hätte ich gesagt«. So auch bei der Vergangenheit: gegenüber dt. »fast hätte ich vergessen« und »beinahe wäre ich getötet worden« sieht gr. ολίγου έπελαθόμην und μικρού εδέησα άποθανείν. Ebenso reali-stisch-»richtig< der Indikativ bei Verben des Sollens und Μüssens; z.B. έδει oder έχρήν σε έλθείν, gegenüber dt. »du hättest kommen sollen«. Das »Sollen« (u.a.) wird ja dabei nicht qualifiziert.

Page 202: Griechischer Lehrgang III

204 APPENDIX GRAMMATICA L. 70

LEKTION 70

Der (sog.) Aorist Passiv

70.1 A. Stark und schwach: die gleichen Formen

Seit L. 43 kennen wir seine Formen - aktive Endungen, sonderbarerweise - und wissen, daß es starke und schwache Aoriste Pass. gibt, die sich nur durch Einfügung - oder Fehlen - eines θ am Ende des Stammes unterscheiden. Beiden gemeinsam ist das η vor der Endung: έ γ ρ ά φ η ν und έλύ·θ·η·ν. Schwach sind begreiflicherweise hauptsächlich die Stämme, die auf einen Vokal ausgehen, aber auch viele Muta (έπέμφθην, ένομίσθην) und Liquida (ήγγέλθην, έκαθάρθην). Das charakteristische lange η ist im Konjunktiv mit den Endungen des Präsens(!)-Konjunktivs kontrahiert (vgl. L. 69.8) und wandelt sich zu kurzem ε im Optativ und vor -nt (vgl. L.69.3); also z.B. λυθώ, λυθήις . . ., aber λυ-θείην, λυθείης, und λυθήτω, aber λυθέντων. Formelhaft dargestellt:

stark schwach Ind. έβλάβη έπέμφθη Konj. βλαβήι πεμφθήι Opt. βλαβείη πεμφθείη Imper. βλάβηθι πέμφθητι Inf. βλαβήναι πεμφθήναι Part. βλαβέντες πεμφθέντες

βλαβείσαι πεμφθείσαι

70.2 Β. Vorkommen und Eigenarten starker Aoriste Passiv

Wir wissen längst, daß (wie natürlich) viele Konsonantenstämme - freilich nicht alle1 -starken Aor. Pass. haben; z.B. noch έκόπην (κόπτω), έτρίβην (τρίβω), έτάφην (θάπτω), ήλλάγην (άλλάττω), έσφάγην (σφάττω), έπλήγην (πλήττω); und daß einsilbige Stämme mit dem Stammvokal -ε- dabei den (»qualitativen«) Ablaut -ä- zeigen; so z.B.

στέλλω - έστάλην; τρέφω - έτράφην; δέρω - έδάρην; κλέπτω - έκλάπην; σπείρω - έσπάρην; διαφθείρω - διεφθάρην;

so auch die Komposita έξεπλάγην und κατεπλάγην (von πλήττω) sowie έπάγη (von πήγ-νυμι) und έρράγη (von ρήγνυμι).

70.3 C. Formale Besonderheiten

a) Quantitativen AbUut des Stamms zeigen βάλλω und καλέω: έβλήθην und έκλήθην: die Wurzeln βαλ- und καλ- sind auf die Schwundstufe (βλ- und κλ-) reduziert und diese dann mit -η erweitert (worüber bald mehr); so übrigens auch im Perfekt (s.u. L.71 die Stammformen); vgl. L.68.9.

1 Nicht z.B. Dentalstämme; s. Nr. 5.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 70 205

b) Kurzvokal-Aoriste: Wir kennen solche im Aktiv (L. 68.5). Warum ευρίσκω im Aor. 70.4 Pass. ηύρέθην lautet (gegenüber -η- auch im Perfekt), ist nicht klar; daß aber έπαινέω und παραινέω im Aor. Pass. -ηινέθην lauten, stimmt zu den meisten übrigen Stammformen2. Von δέω, δήσω »binden« ist δέδεμαι seit L. 34 bekannt; dem entspricht der Aor. Pass. έδέθην.

c) Sigma vor der Endung: Bei Verben auf -εω, die in Wahrheit alte s-Stämme sind (oben 70.5 L. 68.5) erhielt sich sowohl der kurze Vokal als auch das -s- im Aor. Pass. und oft auch im Perfekt Pass. So bei:

τελέω < τελέσω (τετέλεσμαι, έτελέσθην); γελάω < γ ε λ ά σ ω (έγελάσθην, γελαστός); αϊδέομαι < αίδέ[5]ομαι (ήιδέσθην).

Vor allem aber war bei Verben mit Dentalstämmen (oben, L. 56.8 und 14) ein -s- vor dem -θ- des Aor. Pass. (έπείσθην, έψεύσθην, ήναγκάσθην, ένομίσθην) und auch im Perf. Pass. (πέπεισμαι, νενόμισται) entstanden. Dies -s- »wucherte«: es wurde zugefügt auch bei einer Anzahl von Verben, welche weder s- noch Dental-Stämme waren. So bei

ακούω (ήκουσμαι, ήκούσθην, ακουστός: Akustik!); σπάω (έσπασμαι, έσπάσθην, σπαστός: Spastik!); χρίω (έχρίσθην, κέχρι(σ)μαι, χριστός (!)); κελεύω (κεκέλευσμαι, έκελεύσθην, κελευστός); γιγνώσκω (έγνωσμαι, έγνώσθην, γνωστός; aber γνώμη); (άνα-)μιμνήσκω (έμνήσθην; aber μέμνημαι, μνήμη); δράω (έδράσθη, δραστήριος).

Man nennt dies »parasitisches« oder »wucherndes Sigma«.

D. Entstehung und Bedeutung des Aorist Passiv 70.6

Vergleiche Wurzelaorist und Aorist Passiv:

έβην, -ης . . . βώ βήις . . . βαίην, βαίης . . . βήθι, βήτω . . .

έστάλην, -ης . . . σταλώ, -ήις . . . σταλείην, -είης . . . στάληθι, σταλήτω . . .

βήναι βάς, βάν, βάσα

σταλήναι σταλείς, -έν, -εϊσα

Die Identität der Bildung des (aktiven) Wurzelaorists und des Aorist Passiv ist augenfällig. Freilich - das -η- in έβην, βήθι, βήναι ist Teil der Wurzel; es ist ursprünglich ά und daher seine Kurzform -ά- (βαίην, βάντων). Bei έστάλην, στάληθι, σταλήναι dagegen ist das -η- Erweiterung der Wurzel und seine Kurzform -ε- (σταλείην, σταλέντων) gleichermaßen. Erweiterung von Wurzeln mit -η ist uns längst bekannt, auch aus anderen Tempora. Wir 70.7 kennen z.B. Perfekta wie μεμένηκα und νενέμηκα (Wurzeln V μεν und Vvep.jL. 61.6), auch τέτμηκα (ντμ) und κέκμηκα ( ν κ μ ; L. 66.2) sowie βέβληκα, βέβλημαι (νβλ, L.60.12) und τετύχηκα (ντυχ, L.67.9). Ferner Futura wie μαθήσομαι (μανθάνω, ν μ α θ ) , mit Perfekt μεμάθηκα (L.67.4), und γεν-ήσομαι ( ν γ ε ν , L.63.3); auch δει -δεήσει und δέομαι - δεήσομαι (ebenso μέλλω - μελλήσω, μέλει - μελήσει),

2 Sonderbarerweise aber -η- im Perf. Pass

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206 APPENDIX GRAMMATICA L. 70

L.55.6; und endlich Präsentia: θ ν ή ι σ κ ω , τ έ θ ν η κ α , Vöv, L. 64.9) und έ χ ω - σ χ ή σ ω , έσχ-η-κα, (Vcrx, L.68.9). Und wir mögen hinzufügen δέω - φυ-ή-σομαι »fließen«3. Man beachte: diese Wurzeln enden - oder endeten doch ursprünglich - alle auf Konsonanten: an die ließen sich konsonantische Endungen nicht direkt anhängen: da war das vokalische Bindeglied erfordert.

70.8 Dasselbe -η- diente zur Bildung des passiven Aorists. Die Wurzeln der sog. Wurzelaoriste enden alle auf einen Vokal. Die starken Aor. Pass. sind, formal gesehen, Wurzelaoriste, deren (konsonantische) Wurzeln durch die η-Erweiterung befähigt wurden, die glei-

70.9 chen Endungen anzunehmen. Nachdem auf diese Weise das Formsystem des sog. Aorist Passiv - zunächst sollten wir vielleicht sagen: »eines aktiven η-Wurzelaorists« - sich gebildet hatte, wurden endlich auch vokalisch auslautende Stämme, durch Zufügung eines -θ, befähigt, sich diesen Satz von Formen zuzueignen (der »schwache Aor. Pass.«)4.

70.10 Das wäre denn der Ursprung und formale Charakter des schwachen und des starken, sog. Aorist Passiv - durchweg im Rahmen und in der Entwicklung aktiver Formstruktur. Wie konnte daraus ein selbständiges »Passiv« entstehen? Oder existiert das nur in den Köpfen System-konstruierender Logiker? Da erwäge man Form und Bedeutung, zunächst, der folgenden Formen (immer im Vergleich mit έβην, έστην, έφθην):

a) Stark νχαρ-νμαν-νφαν-ντρεπ/τραπ νπαγ/πηγ-νφαγ/φηγ-νρευ/ ρυ-

b) Schwach

νβουλ- έβουλήθην »wollte« (βούλομαι)

νγεν- έγενήθην »wurde« (γίγνομαι)

Vouv- έδυνήθην »konnte« (δύναμαι)

νεύφραν- ηύφράνθην »freute mich« (ευφραίνω) νήδ- ήσθην »freute mich« (ήδομαι)

νμνη- έμνήσθην »erinnerte mich« (μιμνήσκω)

ναίσχ- ήισχύνθην »schämte mich« (αίσχύνομαι)

Vcpoß- έφοβήθην »fürchtete mich« (φοβέω)

νάγα- ήγάσθην »bewunderte« (άγαμαι)

νλεγ- διελέχθην »unterredete mich« (διαλέγομαι)

Voi- ώιήθην »vermeinte« (οίομαι)

70.11 Hier handelt es sich durchweg um intransitiv-aktive Bedeutungen; »passiv« ist in solchen Fällen die Bedeutung so wenig wie die Form. Dagegen aber bedeutet έστάλην »ich wurde gesendet« und nichts anderes; ebenso έκόπην »ich wurde geschlagen«, έκωλύθην »wurde gehindert«, έγράφην »wurde geschrieben (angeklagt)« und so tausendfach: unzweideutiges Passiv. Dabei sind's die gleichen, starken und schwachen, aktiven Formen. Es hilft wenig, hier von »echtem Passiv« zu reden und andrerseits von »Deponentia Media«, »Deponentia Passiva« und »Media Passiva«. Solche Versuche um logische Gliederung

3 Das Nähere in L. 72.3-4. 4 Alle diese Formen finden sich bereits bei Homer, aber ganz überwiegend mit intransitiver- nicht

»passivischer« - Bedeutung.

έχάρην »freute mich« (χαίρω) εμανήν »raste« (μαίνομαι) έφάνην »erschien« (φαίνομαι) έτράπην »wandte mich« (τρέπω) έπάγην »wurde hart« (πήγνυμι) έρράγην »zerbrach« (ρήγνυμι) έρρύην »floß« (ρέω)

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APPENDIX GRAMMATICA L. 71 207

helfen wenig beim Lernen; sie erschöpfen die Vielfalt der Phänomene nicht und stellen die Tatsachen und ihre historische Entwicklung auf den Kopf. Besser macht man sich klar, daß das, was im System unter verschiedene Rubriken kommt, sich sachlich nahestehen kann; z.B.

Wer »sich wendet«, mag von einem andern gewendet worden sein. Wer »sich freut«, mag von einem andern erfreut worden sein. Wer »sich erinnert«, mag von einem andern erinnert worden sein. Wer »sich schämt«, mag von einem andern beschämt worden sein. Wer »sich fürchtet«, mag von einem andern erschreckt worden sein.

Manchmal ist es nur eine Sache unserer Sprachgewohnheit. Z.B. we^frrjftri übersetzt »er wurde besiegt«, dem ist das Griechische ein »Passiv«; wie aber, wenn wir sagen »er verlor« oder »er zog den Kürzeren« ? Im Griechischen selbst hat sich die Bedeutung dieser Formen oft, aber nicht durchweg fixiert: έπειράθη bedeutet bald »er versuchte«, bald »er wurde versucht«; εστράφη »er wendete sich«, aber auch »er wurde (herum-)gedreht«. Immerhin - mit der Zeit, und zumal nachdem ein kompletter Aorist Med. entwickelt war 70.12 (aus dem aktivischen: έλυσα > έλυσάμην), konnten die meisten der hier betrachteten Formen als »Passiv« fixiert werden; bei einer erheblichen Minderzahl aber blieb die ältere, intransitiv-aktive Bedeutung lebendig, welche dem formalen Charakter dieses Aorists entsprach. Έχάρην und έφάνην sind eben doch einer Art mit έβην und έφθην -und έλύθην.

L E K T I O N 71

I. Das Futurum

Es ist nicht - wie Aorist, Präsens, und Perfekt - ein ursprüngliches und eigenständiges 71.1 Formensystem. Die Endungen stammen durchweg vom »thematischen« Präsens; der charakteristische Konsonant -s- vor ihnen - wohl sicher - aus dem Aorist. Und zwar aus dessen Konjunktiv; λύσω ist ja (in der ersten Person Sing.) sowohl Ind. Fut. wie Konj. Aor.1

Daher gibt es keinen Konjunktiv des Futurums; er würde, bei den meisten Verben, unun-terscheidbar sein von dem Konj. Aor. Anders als bei allen andern Tempora haben alle Modi des Futurums zeitliche Begren- 71.2 zung, verlegen also das Gesagte in die (absolute oder relative) Zukunft. Infolgedessen sind die sog. Aspekte beim Futur formal nicht angezeigt, sondern aus dem Zusammenhang zu erschließen (z.B. βασιλεύσει »er wird König werden« oder »sein« oder »bleiben«). Im Formalen gibt es, nach dem Gesagten, beim Futur keine fundamentalen Probleme; 71.3 doch aber eine erhebliche Menge von Variationen im Gefolge der Variationen von

1 Μνήσομαι ουδέ λάθωμαι 'Απόλλωνος: so beginnt ein Homeride seinen Hymnus: »Ich werde (will) Apolls gedenken und (ihn) nicht vergessen.« Μνήσομαι ist Futur (L. 65.7) - und λάθωμαι . . . Aorist Konjunktiv? Der Form nach gewiß (L.67.1 und 4), dem Sinnenach gewiß nicht; denn dann wäre ja μηδέ gefordert statt ουδέ. Sogar dies Medium wird also als dem Futur gleichwertig empfunden. Vgl. dazu πίομαι, Fut. zu πίνω, von Hause aus ein Konj. Aor. (L. 66.5 und 68.5).

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208 APPENDIX GRAMMATICA L. 71

Stamm- und Tempusformen. Die meisten von diesen sind in früheren Zusammenhängen begegnet; das in L. 71 und 72 vorgelegte (z.T. altbekannte) Material gibt Gelegenheit zu einer systematisierenden Übersicht. Es gibt immerhin zwei (oder gar drei) verschiedene, wenn auch nahe verwandte, Typen des Futurums2. Die meisten Verben zeigen den charakteristischen Konsonanten -s- am Ende des Verbalstamms unerweitert (λύω, λ ύ σ ω ) ; bei einer Minderzahl aber ist er um den kurzen Vokal -έ- erweitert, oder war es doch ursprünglich. Und zwar stand der Kurzvokal entweder vor dem -s- (:;"άγγελέσ·ω > άγγελώ, »Fut. Atticum«) oder nach ihm (*πλευσέ·ομαι > πλευσοϋμαι, »Fut. Doricum«). Das -s- zwischen den zwei Vokalen fiel aus; Kontraktion folgte. Wir behandeln zunächst den ersten Typus:

71.4 Stammerweiterung durch bloßes -s. Dabei bedeutet die oberflächliche Verschiedenheit bei

λύσω, γράφω, λέξω

keine formale »Variation«, sondern nur verschiedene Schreibung des gleichen s-Lauts. In der Tat dankt das -s- in λύσω (d.h. generell bei Vokalstämmen, auch im s-Aorist) sein Überleben - zwischen Vokalen! - dem Vorbild eben der Konsonantstämme, λύσω nach λείψω (ψ = πσ).

71.5 Bei sehr vielen Verben aber präsentiert sich das Futur nicht einfach als Doppelgänger des Präsens, nur um das -s- erweitert. Das ist uns bekannt von Hunderten von Fällen; hier, zur Erinnerung, nur einige repräsentative Beispiele. Für den häufigsten Typ stehe

φιλήσω, θηράσω, δουλώσω,

mit langem Stammvokal im Futur, wie in allen Stammformen, gegenüber dem kurzen des Präsens. Bei Dentalstämmen wie

71.6 πείθω - πείσω, πείθομαι - πείσομαι, δικάζω - δικάσω,

ist der Dental vor -s lautgesetzlich geschwunden. Vor allem aber kennen wir aus dem vorangehenden Studium des Präsens und des Aorists viele Fälle, bei denen der Präsensstamm

71.7 sich vom Verbalstamm gründlich unterscheidet; sei's durch Erweiterung, sei's durch Ablaut oder noch andres; und das Futur hat, wie alle Tempora, normalerweise den Verbalstamm zur Basis. So ergeben sich dann gründliche Verschiedenheiten zwischen Präsens und Futur. Zur Erinnerung daran seien hier erwähnt die Futura λήσω (λανθάνω, L. 67), τεύξομαι (τυγχάνω, L. 67), πεύσομαι (πυνθάνομαι, L. 67), πείσομαι (πάσχω, L. 64), πίομαι (πίνω, L.66), τρώσω (τιτρώσκω, L.66), γνώσομαι (γιγνώσκω, L.66).

71.8 Der soeben, in Nr. 5, erwähnten Grundregel für Vokalstämme scheinen sich einige Verben zu entziehen: αίνέω (mit Komposita) - αίνέσω, άρκέω - αρκέσω, αίδέομαι - αίδέ-σομαι, γελάω - γελάσομαι. Dies sind aber in Wahrheit keine Vokalstämme, sondern alte s-Stämme, die ihr -s eingebüßt haben. Das wissen wir von αιδώς seit L. 42.3, von αίνέω seit L. 68.5 und 70.4; für γελάω erweisen es der Aor. Pass. έγελάσθην, das Verbaladjektiv γελαστός und der Aorist έγέλασσε bei Homer. Und s-Stämme haben andere Entwicklungstendenzen als die Vokalstämme.

71.9 Hier aber darf man sich verwundern, daß ein unzweifelhafter s-Stamm wie τελέω sich anders verhält: sein Futur lautet gleich dem Präsens, τελώ. Dasselbe gilt für καλώ - καλώ (Homer. Aor. έκάλεσσε) und γαμώ - γαμώ. Das Futur dieser Verben ist scheinbar behandelt worden wie das ähnlich klingender Liquida: καλώ und τελώ wie άγγελώ; γαμώ

2 Es handelt sich um die - formal gleichartigen - Futura des Aktiv und Medium. Auf das Passiv, sowie auf einige seltenere Formen, kommen wir am Ende der nächsten Lektion zurück.

Page 207: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 71 209

wiev8pd) (L.60.5; 61.2). Für diese Annahme spricht auch, daß sie weder als Vokal- noch als s-Stämme fixiert sind: auch der Aorist έγημα (< *έγαμσα vgl. ένειμα) entspricht einem m-Stamm, und καλέω hat neben der Wurzel ν κ α λ - deren Schwundstufe ν κ λ - , erweitert mit -η zu κλη- im Perfekt und Aor. Pass.

Damit sind wir auf den zweiten Grundtypus des Futurums geführt, eben das 'Futurum 71.10 contractum< (auch >Atticum< genannt), welches wir seit L.56.11, L.60.5 und 61.2 als normal bei Verba liquida sowie bei mehrsilbigen Stämmen auf -ίζω kennen. Danach genügt hier dieser Hinweis; einige Beispiele (wie οίκίζω - οίκιώ [gegen κτίζω - κτίσω], χαρίζομαι - χαριούμαι, κτείνω - κτενώ) stehen in der griech. Lektion. Daß aber μάχομαι sich verhält wie τελέω - mit Fut. contr. sowie kurzem Vokal im Aorist -, aber mit η im Perfekt und ganz ohne e-Laut im Präsens: dies mag einen wohl Wunder nehmen. Futurum Doricum (oben Nr. 3) s. L. 72.3.

Stammformen 71.11

αίνέω 3 αίνέσω ήινεσα sprechen, zustimmen

έπαινέω έπαινέσομαι έπήινεσα έπήινεκα έπήινημαι έπηινέθην billigen, preisen

παραινέω παραινέσω παρήινεσα παρήινεκα παρήινημαι παρηινέθην zureden άρκέω αρκέσω ήρκεσα genügen γαμέω γαμώ έγημ« γεγάμηκα heiraten (Mann)

γαμέομαι γαμοϋμαι έγημάμην γεγάμημαι heiraten (Frau) γελάω γελάσομαι iyiXaaa -έγελάσθην lachen

καλέω καλώ έκάλεσα κέκληκα κέκλημαι έκλήθην rufen

αποκρίνομαι -κρινοϋμαι -εκρινάμην -κεκριμαι antworten

(später: -κριττήσομαι -εκρίυην)

μάχομαι μαχούμαι έμαχεσάμην μεμάχημαι kämpfen τελέω τελώ έτέλεσα τετέλεκα τετέλεσμαι έτελέσθην vollenden

II. Syntactica

A. Partizip in Fragesätzen

Die Bedeutung der partizipialen Wortgruppen in dem Platozitat II Β der griech. Lektion 71.12 zu erfassen, ist an sich nicht schwer; sei's, daß sie sich in aufmerksamem Lesen direkt erschließt, sei's, daß man sie sich durch langsames Nachübersetzen, Wort für Wort (»Interlinearversion«) selbst klar macht: ώς . . . άφιξόμενος »als ein zu wem Kommender?«, καί τίς γενησόμενος »und wer zu werden erwartend?«, ώςτίνι όντι . . . »als Wer Seiendem?«, usw. Wer dann aber den recht erfaßten Sinn in annehmbarem Deutsch wiederzugeben wünschte, müßte gewiß die Gewichtsverteilung in diesen Sätzen umkehren. Im Original sind ja diesmal die Partizipia zusammen mit den Fragepronomina Hauptsinnesträger. Das ist deutschem Sprachgebrauch nicht gemäß; der Deutsche würde etwa sagen: »Zu wem erwartest du zu kommen? Und was (für einer) erwartest du zu werden5 Wer, vermeinst du, sei Protagoras, daß du ihm Geld zahlen willst?«

Satzbau

In dem Zitat aus Xenophon (Ι E4) spiegelt und verdeutlicht die Struktur des Satzes in völ- 71.13 liger Balance die Struktur des Gedankens. Die einleitende Frage stellt das Thema: Könnten die Athener ihre frühere Tüchtigkeit wiedergewinnen ? Was müßten sie dazu tun? Das

3 Das Simplex nicht oft in Prosa. Vgl. ό αίνος »Erzählung, Fabel«

Page 208: Griechischer Lehrgang III

210 APPENDIX GRAMMATICA L. 72

Partizip (mit Fragepronomen) τί ποιούντες ist das Reizwort, durch welches die folgende Diskussion ausgelöst wird. Ihr Inhalt ist, kurz gesagt: Dafür wäre dreierlei erforderlich, nämlich 1. αίδώς, 2. körperliche Ertüchtigung und 3. Gehorsam gegenüber dem Staat. Drei parallele rhetorische Fragen erweisen - jeweils mit Hinweis auf den tatsächlichen Zustand der athenischen Bevölkerung - ein jedes dieser drei Erfordernisse als unerfüllbar.

LEKTION 72

Futur (Forts.)

A. Stämme auf -F

72.1 Sowenig wie αίνέω und τελέω sind πλέω und πνέω echte Verba vocalia der Art von φιλέω und ποιέω. War bei jenen ein (später geschwundenes) -s Ursache von scheinbar irregulären Eigenheiten,so endeten diese auf -u; ihre Wurzeln sind Vpleu und Vpneu. Zwischen Vokalen wurde das u, wie immer, zu w, F und fiel aus; daher z.B. πλέω(<πλέ/ : ω), aber έπλευσα1. Beide Verben haben Fut. Med. 2: πλεύσομαι, πνεύσομαι.

72.2 Gleicher Art sind καίω (κάω)3 und κλαίω (κλαω)3. Ihre Wurzeln sind Vkau und Vklau; so erhalten vor Konsonanten, z.B. in Fut. καύσω und Aor. έκλαυσα. Das Präsens ist, wie meist, mit -jö gebildet, und kawjö ('"naFxw), '''kUwjo (^κλάί-ιω) wurden, wie normal, zu '^καί^ω und "'κλαίγω. Zwischen den Vokalen fiel das F, wie immer, aus. Daher καίω und κλαίω, Formen, die bis ins späte Altertum gültig blieben. Normal sind danach auch die Futura; κλαίω, als »emotionales« Verb, hat Fut. Med. Also καύσω, aber κλαύσομαι. Zu beiden Verben gibt es VerbaUdjektive mit »wucherndem Sigma« (L. 70.5): καυστός (vgl. »kaustisch«) (unser Text E3) und κλαυστός; aber καυτός und κλαυτός finden sich auch, zumal in älteren Texten.

B. Dorisches Futurum

72.3 In dorischen Dialekten wird, wie gesagt (L. 71.3), das Futur durch Zufügung von -σε-zum Verbalstamm gebildet, mit folgender Kontraktion4. Im Attischen begegnen einige wenige Futura dieser Art; alle im Medium. Es heißt immer πεσούμαι (πίπτω, L.63.5); nächstdem am häufigsten sind πλευσούμαι (πλέω) undφευξoϋμαι (φεύγω, L. 57.10,6); aber πλεύσομαι und φεύξομαι sind mindestens ebenso häufig. Gelegentlich liest man auch πνευσοϋμαι (πνέω) und κλαυσοϋμαι (κλαίω).

1 Für das Präsens dieser beiden Verben gilt, was für alle einsilbigen -έω-Verbalstämme gilt: sie kontrahieren, wenn überhaupt, nur wo sich ει ergibt. Also πλεΐ, πνεϊ, aber πλέομεν, πνέομεν. So auch δεϊ, aber δεόμεθα.

2 Aktives Futur findet sich spät und selten; desgleichen auch Aor. und Perf. Pass. 3 Antike Grammatiker lehren, spezifisch attisch sei καω und κλαω (d.h. das Iota wurde dort zu Jot

und fiel dann aus). Die erhaltenen Handschriften bestätigen das für die Komödie, viel weniger für andere Autoren; gegenteilig für die Tragödie.

4 Z.B. έξώ(< *έξέω < *έχσέω), att. έξω, von έχω; δοξεϊτε (< *δοξέετε < *δοκσέ·ετε), att. δό-ξετε, von δοκέω.

Page 209: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 72 211

C. Stammerweiterung mit -η

Solche kennen wir längst, bes. von der Besprechung des Aorist (L. 70.7). Zumal der sog. 72.4 Aorist Passiv ist ja gebildet durch Einfügung von -η- zwischen Verbstamm und aktiver Endung: έ χ ά ρ η ν , έγράφ-ην, έ τ ρ ά π η ν (und danach dann έλύθην). Die Erscheinung ist keineswegs auf einzelne Tempora beschränkt; vielmehr ist die Einfügung eines -η- ein durchgängig häufiges Mittel zur Verbindung von (bes. konsonantischem) Stammauslaut mit konsonantisch anlautenden Formelementen. Wenn wir denn hier an einige Futura erinnern, welche auf diese Weise gebildet sind, ist damit angedeutet, daß auch andere Stammformen so gebildet sind:

μέλει - μελήσει; μέλλω - μελλήσω; δεϊ - δεήσει; δέομαι - δεήσομαι; βούλομαι -βουλήσομαι; έθέλω - έθελήσω; οίμαι - οίήσομαι; γίγνομαι - γενήσομαι (νγεν); μανθάνω - μαθήσομαι (νμαθ).

Kombination der hier und oben, Nr. 1 besprochenen Züge begegnen in der Stammbildung des Verbs δέω. Seine Wurzel ist νφευ, mit kürzerem Ablaut V£u (genau wie bei den Adjektiven vom Typ ηδύς, ήδέος, oben, L. 35.4); vgl. τό ρεύμα (»Fluß« - »Rheumatismus«!). Vor Vokalen wird der Diphthong ευ zu εΡ und verliert sein Digamma; daher Präs. φέΑυ > φέω wie πλέΑυ > πλέω. Die übrigen Tempora sind von der Schwundstufe φυ- gebildet, welche durch das Bindeglied -η- mit den Endungen verbunden ist5.

D. Futurum Medium

Wir wissen seit L. 36.17, daß mediales Futur sich nicht nur bei Verben findet, die im Prä- 72 5 sens aufs Medium beschränkt sind (wie βούλομαι - βουλήσομαι; ήγέομαι - ήγήσομαι), sondern auch bei vielen aktiven Präsentia; und dies oft bei Verben, welche Gemütsbewegung oder gedankliche Anspannung ausdrücken, aber auch - un vorhersehbar- bei vielen andern; und zwar mit aktiver Bedeutung. Wir erinnern hier (wie in der Lektion) an

a) άκούσομαι, βοήσομαι, γελάσομαι, γνώσομαι, κλαύσομαι, μαθήσομαι, πείσομαι, und

b) άμαρτήσομαι, άποθανοΰμαι, άπαντήσομαι, βήσομαι, καμούμαι, λήψομαι, πε-σούμαι, πίομαι, πλεύσομαι, πνεύσομαι, φυήσομαι, σιγήσομαι, τεύξομαι, φεύξομαι (-οϋμαι), und besonders έσομαι (είμί, L.36.7).

Derselbe Formtyp hat aber auch gar nicht selten passive Bedeutung; z.B. bei άδικήσομαι, λέξομαι, μνημονεύσομαι, τιμήσομαι, ώφελήσομαι.

Ε. Futurum Passivum

Abgeleitet vom Passiv Aorist. Und von diesem wissen wir jetzt genug, um uns nicht zu 72.6 verwundern, daß z.B.

λυθήσομαι, παιδευθήσομαι, γραφήσομαι und sehr viele der Art eine eigentlich »passive« Bedeutung vermitteln; daß aber, wo dieser 72.7 Aorist »aktiv« ist, dies auch von der Bedeutung des abgeleiteten Futurums gilt; z.B. bei

εύφράνθήσομαι, ήσθήσομαι, έκπλαγήσομαι, φανήσομαι, φοβηθήσομαι (L.55, Anm. 16).

5 Die Wurzel lautete ursprünglich - wie das Indische zeigt - mit s- an, welches im Griechischen zu h- wurde (septem - επτά). Daher die Schreibung φ- und die Doppelung nach dem Augment, z.B. έρρεον. Das gleiche gilt für alle griechischen Wörter, die mit ρ- anfangen.

Page 210: Griechischer Lehrgang III

212 APPENDIX GRAMMATICA L. 73

Gelegentlich gibt's gar beide Formen (D und E) vom gleichen Verb mit der gleichen Bedeutung; so bei

ήττήσομαι und ήττηθήσομαι »werde zurückstehen, unterliegen« (L.55.8).

72.8 F. Perfektfutur (MedUle Formen)

Selten, aber ausdrucksvoll - entsprechend der Bedeutung des betr. Perfekts (Intensität oder Zustand); aktivisch oder passivisch; z.B.

Aktiv: κεκράξομαι »werde gewaltig schreien«, πεπαύσεται »wird durchaus nachgiebig sein«;

Passiv: πεπράξεται »wird erledigt sein«. Vgl. L.68 II K4 λελύσεται und L.57 II Jl πεπλήξεται.

72.9 G. Stammformen

πλέω πλεύσομαι7 έπλευσα πέπλευκα 6 zu Schiffe fahren

πνέω πνεύσομαι7 έπνευσα -πέπνευκα 8 blasen, atmen

καίω καύσω έκαυσα κέκαυμαι έκαύθην verbrennen κλαίω κλαύσομαι έκλαυσα κέκλαυμαι (be-)weinen

φέω φυήσομαι έρρύην έρρύηκα fließen φεύγω φεύξομαι7 εφυγον πέφευγα fliehen χαίρω χαιρήσω έχάρην κεχάρηκα sich freuen μέλει μελήσει έμέλησε (μεμέληκε selten) (mir) ist wichtig, (μοί τίνος) (μέμηλε poet.) ich sorg« , bemühe mich um μέλλω μελλήσω έμέλλησα ich bin im Begriff zu; zaudere βούλομαι βουλήσομαι έβουλήθην βεβούλημαι wollen

LEKTION 73

Das Perfekt

73.1 Perfekt Aktiv und Medio-Passiv sind, nach Form und Bedeutung, bekannt seit L. 17 bzw. L. 341. Im folgenden - wie auch in der griechischen Lektion - wird an das Bekannte kurz und systematisch erinnert und einige Details hinzugefügt. Das Perfekt ist charakterisiert durch seine Endungen und seinen Stamm. Die Endungen sind im Medio-Passiv die gleichen - primäre und sekundäre - wie bei den anderen Tempora. Für das Aktiv hatte das IE ein besonderes Perfekt-System, welches im Griechischen aber weithin an den Aorist und das Präsens angeglichen wurde. Erhalten blieben - mehr oder weniger generell - die

6 Selten Pass. πεπλευσμένος; ganz spät Fut. πλευσθήσομαι. 7 Auch Fut. doricum· -οϋμαι. 8 >-< vor einer Verbform bedeutet: »nur in Komposita«.

1 Zu beiden das Plusquamperfektum in L.40

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APPENDIX GRAMMATICA L. 73 213

Indik. 1. Sing, -ά (λέλυκα); 2. Sing, -θά (erhalten nur in οίσθα »du weißt« und ήσθα »du warst«); 3. Sing, -ε (λέλυκε: die Gleichartigkeit, hier und in der 1. Sing., mit dem

Aorist führte zur generellen Angleichung); Imper. 2. Sing, -θι (τέθναθι; vgl. Aor. Pass.); Inf. -έναι (vgl. είναι, βήναι und unten L. 81 τιθέναι); Partiz. -ώς,-ός, -υία (oben L.28.4ff.);

und, schließlich, problematische Ausgänge des Plqu. (L. 40.4). Wohl zur Differenzierung gegenüber Aorist und Imperfekt entstand die 3. Plur. -άσι(ν), aus *-anti. Das übrige ist bekannt. Der Stamm der Perfekta ist prinzipiell, und abgesehen von der Reduplikation, der reine 73.2 Verbstamm (über Ablaut und η-Erweiterung sogleich, Nr. 6f.), an den die Endungen ohne Zwischenglied angehängt sind (γέγραφ·α, λέλυμαι). Eine Neubildung, dem Griechischen eigentümlich, ist das

schwache Perfekt Aktiv 73.3

mit Zufügung von -κ zum Stamm (bei Homer fast nur bei Singularen). Ursprünglich ein Mittel, Vokalstämme mit vokalischen Endungen zu verbinden (λέλυκα), drang es auch in Konsonantstämme ein: durchweg bei Dentalen (πέπει[θ·]κα; L.56.13), auch bei mehrsilbigen Liquida (ήγγελκα; L.60.10), selten und spät bei Nasalen (άποπέφαγκα, L. 61.7), weniger selten mit -η-Erweiterung (Nr. 6), z.B. μεμένηκα. Dies bedeutet, daß

starkes Perfekt Aktiv 71A

sich hauptsächlich bei Verba muta findet - außer bei Dentalen; also bei Labialen (γέγραφα) und Gutturalen (πέφευγα) und auch bei den übrigen Konsonantstämmen; also Liquida (διέφθορα) und Nasalia (άπέκτονα); freilich findet sich bei vielen dieser Verben ein Perf. Akt. überhaupt nicht oder doch nur selten und spät. Über Wandlungen des Stamms s. Nr. 7. Intransitiva s. L.63.3, auch πέπραγα, πέποιθα, είωθα (mehr s. Nr. 11). -Beim

Perfekt Medio-Passiv 73.5

(immer stark) wird konsonantischer Stammauslaut oft affiziert beim Zusammenstoß mit konsonantischen Endungen. Dies wurde des Näheren besprochen oben, L. 56-61; für »wucherndes s<: L.70.5.

Stammerweiterung mit -η 73.6

dient, wie längst bekannt (L. 70.7; 72.4), oft zur Verbindung von konsonantischen Stämmen mit konsonantischen Endungen2. So auch im Perfekt; sei's nur bei diesem einen Tempus (wie bei κέκμηκα, μεμένηκα, τετύχηκα, μεμάχηται), sei's in Übereinstimmung mit anderen (κεχάρηκα, έρρύηκα, γεγένημαι). Also z.B. μεμάθ-ηκα wie ηϋτύχη·κα und βεβούλημαι wie λελύπη-μαι - wahrscheinlich doch eben nach dem Vorbild der έω-Verben.

2 Wie besprochen z.B. in L.63.3; 66.3; 67.2.5.9 und zumal, im Zusammenhang des Aor. Pass., in L. 70.7, und des Futurs in L. 72.4. Einige Beispiele auch in der gegenwärtigen L. 73.

Page 212: Griechischer Lehrgang III

214 APPENDIX GRAMMATICA L. 73

73.7 Stammänderung: 1. durch Aspiration

Aspiration des Auslauts findet sich bei vielen Guttural- und allen Labialstämmen (also bei -κ, -γ, -π, β) - soweit sie überhaupt ein Perfekt bilden; z.B. πεφύλαχα, πέπραχα (L. 57.6) und κέκοφα (κόπτω), τέτριφα (τρίβω), βέβλαφα (βλάπτω; L. 58.3); und natürlich bei Aspirata-Stämmen wie γέγραφα, κέκρυφα 3 .

73.8 2. durch AbUut

ε/ο: Labiale λείπω-λέλοιπα, τρέφω-τέτροφα-τέθραμμαι (L. 58.3 und 6), κλέπτω - κέκλοφα;

Dentale πείθω - πέποιθα; auch έοικα und είωθα, s. Nr. 10. Nasale und -ρ άποκτείνω - άπέκτονα (L.61.5),

διαφθείρω - διέφθορα (L.60.9). (Vergleichbar, mit langen Vokalen, φήγνυμαι - έρρωγα, L. 76.12)

ε/α: Liquida (einsilbige) στέλλω - έσταλκα, έσταλμαι, φθείρω - έφθαρκα, έφθαρμαι (auch Aor. Pass., L.60.8; L.70.2).

3. Aspiration und Ablaut

ε/ο: Labiale πέμπω - πέπομφα, (L. 58.3) τρέπω - τέτροφα,

κλέπτω - κέκλοφα.

4. Andere Ablaute

ά/η μαίνομαι - μέμηνα, φαίνομαι - πέφηνα; vgl. λαμβάνω - είληφα (L.67.6);

ähnlich, gleichfalls aktiv-intransitiv ι/ο-ω γίγνομαι - γέγονα (L.63.3); auch

πίπτω - πέπτωκα (L.63.5), πίνω - πέπωκα (L. 66.5), τίκτω - τέτοκα (L. 63.6).

Das allen Perfekta gemeinsame4 Kennzeichen ist die

73.9 Reduplikation

(Vgl. lat. dedi, cecini, pepuli: also ein IE Formelement.) Wem klar ist, welche Varianten der Perfekt-Reduplikation jedes der Beispiele im ersten Abschnitt der griechischen Lektion exemplifiziert (einschl. έγνωκα, κέκτημαι, πέπτωκα), der braucht oben L. 17.3-7 nicht nachzuschlagen. Einige Varianten bedürfen der Besprechung:

/ . Reduplikation εί-

Wir wissen, warum einige Verba εί-, nicht έ- oder ή-, als Augment haben (oben, L. 68.8). Aus dem gleichen Grund - weil nämlich vor ihrem Anlaut ein Konsonant, σ oder F, ausgefallen ist - findet sich εί- auch ein paarmal als Reduplikation; teils bei den gleichen Verba (z.B. έάω: είασα, είακα; εργάζομαι, είργασάμην, είργασμαι), teils nur als Re-

3 Aber z.B. τετάραχα (ταράσσω) und τέταφα (θάπτω) gibt es m.W. nur bei Grammatikern und ήρχα erst im 2. Jh. n.Chr.

4 Außer οίδα, L.74.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 73 215

duplikation (z.B. λαμβάνω - είληφα, εϊλημμαι (L. 67.6, Anm.); διαλέγομαι - διείλεγ-μαι 5 .

2. Andere Nachwirkungen von F

Von άλίσκομαι kennen wir (L.64.8) Aor. έάλων, Perf. έάλωκα, gleichfalls verursacht durch anlautendes F-. Das gleiche gilt βίτόράω »sehen«: Imperf. έώρων, Perf. έόρακα (später έώρακα), aus ""/Κόρακα. Auch είρηκα, είρημαι (unten, L. 85.10). Ferner:

εϊωθα und έοικα· 73.10

1. Τό έθος »Gewohnheit«, d.h. ^έθος,ν^εθ-,ursprünglich Vswedh(lat. suesco,sue-vi). Mit Ablaut ε/ο, Reduplikation und Dehnung des ο sowohl als des ε wird *se-swodh-a zu εϊοοθα »bin gewohnt«; 2. ν ε ί κ »gleich« (z.B. in ή είκών »Bild«) aus ''Ρενκ. Mit Ablaut e/o und Reduplikation wird *FiFowa zu έοικα »bin gleich«. Neben dessen regulärem Partizip έοικώς steht είκώς, είκός, είκυία (d.h. nicht redupliziert?), Gen. εικότος; häufig gebraucht bes. im Neutrum εικός »was (dem Erwarteten, Richtigen) gleicht«, also »wahrscheinlich«, »einleuchtend« ist. Dazu Adverb είκότως »wie zu erwarten«, »einleuchtendermaßen«, und davon abgeleitet εικάζω, d.i. a) »vergleichen«, b) »vermuten« (»als wahrscheinlich erachten«), und επιεικής (»wie anzunehmen«) »passend«, »anständig«, »ziemlich«.

3. Attische Reduplikation 73.11

Άκήκοα, Perf. zu ακούω, von άκήκο^α, ist längst bekannt: die erste Silbe - nicht nur der erste Laut - ist redupliziert und der Vokal der (nun) zweiten gelängt. Diese sog. attische Reduplikation - ähnlich der Aorist-Reduplikation in ήγαγον - άγαγείν - findet sich auch bei

έλήλυθα »bin gekommen, bin hier« (ήλθον - alt ήλυθον - έλθείν); δλωλα »bin verloren« (δλλυμαι), 1 όλώλεκα »habe verloren« (δλλυμι), > L. 76 όμώμοκα »habe geschworen« (δμνυμι, ομνύω), ) έλήλεγμαι »bin widerlegt« (ελέγχω) und, mit »wucherndem« ρ, έγρήγορα »bin wach« (εγείρω).

Plqu. von diesen Verben ist selten: είληλούθει (Homer), όλώλειν, auch ώλώλειν, όμω-μόκειν (? ώμ-), έξελήλεγκτο, έγρηγόρειν.

Perfekt mit Wurzelabstufung 73.12 Z.B. τέθνηκα - τέθνάμεν.

Wir kennen vergleichbare Abstufungen zwischen - zunächst - Singular und Plural beim Optativ von είμί (είην- είμεν, L. 25.7), von Verba vocalia (ποιοίην-ποιοίμεν, L. 49.11) und beim Aor. Pass. (λυθείην-λυθεϊμεν, L. 43.4); die engste Parallele ist freilich der Aorist einiger athematischer Verben (έθηκα - έθεμεν, L. 80ff.). Denn bei den hier zu besprechenden Perfekten handelt es sich nicht nur um den »quantitativen Ablaut« des »Stammcharakters« zur Unterscheidung von Singular und Plural. Darüber hinaus steht bei den drei hier betrachteten Verben dem charakteristischen -κ- des schwachen Perfekts im Singular dessen Fehlen im Plural gegenüber: es sieht aus, als wären bei diesen Perfekten die Möglichkeiten schwacher und starker Bildung kombiniert. Auch ist diese Differenzierung nicht auf den Indikativ beschränkt. Vom Optativ ist sogar nur die starke Form τεθναίην bezeugt, ebenso τέθναθι für den Imperativ. Und im Infinitiv und Partizip

5 Auch συλλέγω »sammeln« hat συνείλεγμαι; aber das Simplex λέγω hat λέλεγμαι!

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216 APPENDIX GRAMMATICA L. 73

wetteifern die beiden Möglichkeiten: neben τεθνάναι steht τεθνηκέναι, neben τεθνεώς, τεθνεώτος (aus τεθνηώς, -ηώτος) gleich häufig τεθνηκώς, τεθνηκότος. Auch in den Plural des Indikativs drängt die längere Form, τεθνήκασιν, sich früh ein. Bei diesen Perfekten kommen offenbar ältere Bildungsprinzipien mit jüngeren zusammen, und es ist nicht leicht, die Tatsachen in einer eindeutigen historischen Theorie zu kombinieren. Man wird sich an die im folgenden aufgeführten verschiedenartigen Formen gewöhnen; das Verständnis für ihre Struktur dürfte dies erleichtern6. Neben den schwachen Formen von

73.13 έστηκα τέθνηκα βέβηκα 7 (wie πεποίηκα) finden sich8 im Ind. έσταμεν έστατε έστάσιν

τέθναμε\ τεθνάσιν βεβάσιν

Konj. έστω έστώμεν έστώσιν βεβώσιν

Opt. έσταίην τεθναίην τεθναϊεν

Imper. έσταθι έστάτω έστατε τέθναθι τεθνάτω

Inf. έστάναι Partiz. έστώς, -ός, -ώσα τεθνάναι τεθνεώς, -ός, τεθνεώσα βεβάναι βεβώς, βεβώσα

73.15 δέδια, neben δέδοικα, unterscheidet sich von den vorangehenden insofern, als die starken Formen auch im Singular des Indikativs begegnen:

Ind. δέδια (δέδιας) δέδιε δέδιμεν δέδιτε δεδίασιν Konj. δεδίω δεδίηι δεδίωσιν Imper. δέδιθι Inf. δεδιέναι Part, δεδιώς, δεδιυία.

Zu δέδια war ein komplettes starkes Plusquamperfekt in Gebrauch (έδεδίειν - έδέδιμεν . . .) und einige starke Plqu.-Formen begegnen auch von den drei anderen Verben, z.B. έστάσαν, βέβάσαν, έτέθνάσαν. Daneben gab es die normalen Plqu. zu den schwachen Perfekta, also z.B. είστήκει, έτεθνήκει, έβεβήκει, έδεδοίκει, und zu den beiden ersten auch Futura (Perfektfutur, L. 72.8): έστήξει, τεθνήξει (»wird stehen«, »wird tot sein«).

73.16 Einige Stammformen

ακούω άκούσομαι ήκουσα άκήκοα ήκουσμαι ήκούσϋην hören βαίνω βήσομαι έβην βέβηκα gehen διαλέγομαι ιδιαλέξομαι

(διαλεχθήσομαι διελέχθην διείλεγμαι sich unterreden ιδιαλέξομαι

(διαλεχθήσομαι εγείρω έγερώ ήγειρα

έγρήγορα έγήγερμαι bin wach

ήγέρθην wecken

έλαύνω9 έλώ ήλασα -έλήλακα έλήλαμαι ήλάθην treiben ελέγχω ελέγξω ήλεγξα — έλήλεγμαι ήλέγχθην kritisieren,

widerlegen καλώ καλώ έκάλεσα κέκληκα κέκλημαι έκλήθην rufen

κεκράξομαι άνέκραγον κέκράγα schreien (κράζω)10 (κράξω) (έκραξα)

Page 215: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 74 217

LEKTION 74

Ι. οίδα und είδον

Aus der IE Wurzel Vvid- (Ind. veda, lat. video, dt. wissen, engl, to wit) sind im Griechi- 74.1 sehen zwei, trotz der Verwandtschaft, völlig getrennte Verben entstanden - getrennt sowohl formal wie in ihrer Bedeutung; nämlich

1. dex Aorist είδον, ί'δω (< έΑδον, Αδω) - ein normaler starker Aorist, von der unveränderlichen VA6, Bedeutung »sehen« wie lat. video.

2. Das Perfekt (ohne Reduplikation) οίδα (Αηδα) »ich weiß«1, bei welchem die gleiche 74.2 Wurzel in verschiedenen Graden auftritt; nämlich

in ihrer kürzesten Form (Schwundstufe) V A ö , und gedehnt (Grundstufe) V A i ö ;

(genau wie im heutigen Deutsch: »wissen - weiß«, und mit der gleichen Bedeutung) die letztere Form zudem mit dem üblichen Ablaut ο/ε, also als VAnö und V A i ö . Die Verteilung dieser drei Formen ist wohl verständlich: Die Kurzform Α δ - steht im Indikativ-Plural, der Dehnform des Singulars gegenüber: οίδα: ϊσμεν (aus *Αδμεν). Das ist also genau wie bei den in der vorigen Lektion besprochenen Perfekta, Typ έστηκα -έσταμεν. Und wie bei diesen findet sich auch im Imperativ nur die kurze Form; wie bei έσταθι und τέθναθι, so bei ίσθι (aus ": Αδθι).

Alle übrigen Formen des Perfekts sind von der ε-Form der Wurzel (\/ειδ-) gebildet: Konj. είδώ, Opt. είδείην, Inf. είδέναι, Partiz. είδώς; dazu auch ein normales Futur Medium: είσομαι (< ::"είδ·σομαι). Schließlich gibt es dazu auch ein Plqu.; mit Augment und mit Abstufung zwischen Singular und Plural, in alten Texten auch mit variablen Endungen, die im Lauf der Zeit vereinheitlicht werden (zu -ει- im Singular gegenüber -ε- im Plural).

Das Ergebnis: 74.3

(in der Mitte die klassischen Formen; ältere darüber, jüngere2 darunter)

1 Perfektum Präsens wie lat. növi; ähnlich gr. έγνωκα. Formal entspricht gr. οίδα dem lat. vidi. Aber der Grieche »weiß« was er »gesehen hat«; sein »ich weiß«, οίδα, ist nicht nur formal ein Perfekt 73.14 zu dem Aorist είδον.

2 Diese allerdings im Ionischen schon früh (z.T. bei Homer).

6 Manche der alten starken Formen halten sich bis ins N.T. 7 Die bekannte spezifische Bedeutung des gr. Perfekts zeigt sich besonders deutlich an diesen Ver

ben: έστηκεν »er steht«, δέδοικα »ich bin voll Furcht«, τέθνηκεν »er ist tot«. Und βέβηκεν heißt nicht nur »er ist fort, dahin«, sondern auch »er (es) steht sicher, festgegründet«.

8 Einige äußerst seltene alte Formen bleiben unerwähnt. 9 Alle Tempora wie von έλάω (das in der Poesie gebräuchlich bleibt). Das Futur, gleich dem (kon

trahierten) Präsens auf-άω, findet sich so noch bei βιβάζω »gehen machen«, βιβώ, -άις, und bei σκεδάννυμι (σκεδώ, σκεδάις, L. 77). Es ist ein »Futurum atticum« (L. 71) wie καλώ, -εις und τελώ, -εις, aber auf -άω, nicht -έω. Das Präsens έλαύνω ist eine Art n-Erweiterung der Wurzel νέλα-, etwa wie φθάνω zu έφθασα, Vtpöa.

10 Die Formen in Klammern sind selten oder spät. In der griechischen Bibel (Psalm 27,1; Act. 24,21) gibt es schließlich sogar einen Perfekt-Aorist έκέκραξα.

Page 216: Griechischer Lehrgang III

218 APPENDIX GRAMMATICA L. 74

ίδ-μεν Ind. ο ί δ α , οίσ-θα3 οίδ-ε(ν) ί,σ-μεν ίστε ίσάσι(ν)

οϊδας οίδαμεν οίδατε οίδασι(ν)

ϊδ·μεναι

Konj. ε ίδώ, -ήις, etc. Opt. είδείην, -είης, etc. Infin. είδέναι

ίδ·υϊα Imper. ίσ-θι, ίστω, ίστε, ίστων Part, είδώς, -ός, είδ-υία; είδότος, είδυίας

ιστωσαν

ήιδ·εα

Plqu. ή ι δ η 4 ή ιδησθα ήιδει ήιδεμεν ήιδετε ήιδεσαν

ήιδειν ήιδεις

Fut. είσομαι, etc.

74.4 Demnach können bei den zwei Derivaten der gleichen Wurzel V vid nie zweideutige Formen entstehen. Beim Aorist είδον ist das έ- Augment, findet sich also nur im Indikativ: der ist aber bei οίδα - ίσμεν unverwechselbar anders. Alle übrigen mit είδ- beginnenden Formen gehören demnach zu οίδα (Ablaut). Alle übrigen Formen von είδον beginnen dagegen mit ίδ-: das gibt es so nicht bei οίδα, denn da haben die wenigen alten ίδ-Formen sich in to- verwandelt. Und schließlich kann es natürlich kein Plqu. geben und kein Futur von dem Aorist είδον; είσομαι und ήιδη (ήιδειν) müssen also zu οίδα gehören.

II. Syntactica

74.5 Die griechische Lektion enthält u.a. Beispiele von Konstruktionen, deren Prinzipien bekannt sind, deren Anwendung aber den Lernenden vielleicht doch noch überrascht; nämlich

A. Attractio reUtivi

In Bl: άξιοι τής ελευθερίας ής κέκτησθε: das Relativpronomen steht nicht im Akkusativ, den sein regierendes Verb eigentlich verlangt: es ist angezogen, »attrahiert« worden an das Substantiv, auf das es sich bezieht (nicht nur in Genus und Numerus, wie immer, sondern auch im Kasus)5; C3: ουδέν ών λέγουσιν: wieder steht das Pronomen im Genetiv und nicht in dem logisch »richtigen« Akkusativ. Es bezieht sich auf einen imaginären Genetiv τούτων (»nichts von dem, was«) und ist von diesem attrahiert worden; jenes attrahierende Pronomen (das »Beziehungswort«) aber ist fortgefallen; und das ist bei solchen Strukturen die Regel. So mag man sich das von unserm Standpunkt aus rational erklären. Gewiß aber hat kein Grieche, der so sprach, dabei so kompliziert empfunden. Ουδέν ών λέγουσιν (Genetiv von »ά λέγουσιν«): »nichtsvon was sie sagen«: das können wir doch wohl fast so unmittelbar nachempfinden, wie es gesprochen wurde?

3 Aus *οίδ·θα - und so all die σ statt δ vor anderen Konsonanten, z.B. *ίδθι, *ίδτε, *tönti > ίσασι. 4 Wieder eine e-Erweiterung der Wurzel! 5 Vergleichbar sind Attraktionen wie in G5, wo das Prädikatsnomen σώφροσιν an den Dativ ήμϊν

attrahiert ist; ansonst- beim Infinitiv - der Akkusativ stehen würde (L. 17.18); s. auch L. 71.12 und die Exeratia zu L. 13.

Page 217: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 75 219

B. Das Objekt von Verben des Wissens 74.6

Das Thema dieser Lektion - οίδα, σύνοιδα - bedingte die Vorführung einer Vielfalt möglicher Konstruktionen. Es lohnt sich, sie zu überblicken und sich nachdenkend klar zu machen, welcherlei Nuancen sie ausdrücken. Hier nur eine Andeutung: Das Objekt ist oft - eben ein Objekt; will sagen: ein Nomen im Akkusativ. So in C5 οίδε τον θάνατον; D5 είδείη6 τέχνην - und an vielen anderen Stellen; oder es wird ausgedrückt durch einen relativischen oder fragenden Nebensatz, eingeleitet durch ά (G4; C5 etc.), δτι (B2, G4 etc.), τί (D4), εί (A4; C5 etc.); oder schließlich durch Partizipien in verschiedenen Kasus (B2; C2; Fl etc.); vgl. dazu oben L. 38.13-16; auch L.65.9, L. 66.10, L. 67.16-17. Wer die Lektion daraufhin durchgeht und sich klar macht, was jede Konstruktion an ihrer Stelle leistet und warum jeweils diese (oder jene) gewählt wurde und keine andere: der darf für sein Verständnis des Griechischen Gewinn erwarten.

LEKTION 75

Das athematische Präsens

A. Präsens

Das Präsens aller bisher behandelten Verben war - ungeachtet ihrer vielfältigen Verschie- 75.1 denheiten - thematisch gebildet1; d.h. zwischen ihrem Präsens-Stamm und den Endungen steht der Themavokal ο/ε (λύομεν, μανθάνετε, έγίγνωσκ·ο·ν; τρεπ-όμεθα, πυν-θαν·ό·μεθα, έρχεσθε, έπελάθοντο). In den folgenden zehn Lektionen (L. 75-84) aber werden wir uns auf die Verben konzentrieren, in deren Präsens (samt Imperfekt) die Endungen direkt an den (Präsens-)Stamm treten, ohne Zwischenfügung des Themavokals ο/ε, was offenbar nur bei Stämmen, die auf einem Vokal enden, möglich war. Es handelt sich also um eine Vervollständigung unserer Übersicht über die verschiedenen Bildungen des Präsensstamms in L. 63-67: dort studierten wir die verschiedenen thematischen Formen; die athematischen wurden aus praktischen Gründen auf hier verspart2. Außerhalb des Präsens bieten die betr. Verben nichts Neues: soweit sie überhaupt andere Tempora bilden, fügen diese sich - wenn auch in verschiedenen Formen - in den aus dem Vorangehenden wohlbekannten Rahmen3.

6 Der Optativ (statt Indikativ): angeglichen an έρδοι. Auch eine »atiractio«!

1 Unvermeidliche und längst bekannte Ausnahmen (welche uns bald zustatten kommen werden) sind είμί und φημί (L. 10.11).

2 Vgl. aber Anm. * am Anfang der griech. Lekt. 68. 3 Beachte also, daß es bei den vielberufenen Verba auf -mi sich nur um deren Präsens handelt; und 75.2

von dem sind drei Viertel, oder eher neun Zehntel, längst bekannt - wie sich sogleich zeigen wird. Nur die »drei großen Verba auf -mi« haben auch im Aorist Besonderheiten. Wer aber aus L.69 den Wurzelaorist kennt, wird selbst dort längst Bekanntes finden.

Page 218: Griechischer Lehrgang III

220 APPENDIX GRAMMATICA L. 75

75.3 Die Endungen dieser Präsentia sind im Medio-Passiv die gleichen wie bei den thematischen Verben; nicht so im Aktiv. Daher beginnen wir mit solchen athematischen Verben, die nur im Medium existieren; sog. »media tantum< wie κείμαι »ich liege« und δύναμαι »ich kann« (Stamm - hier gleich Wurzel - κει- und δυνα-).

Die bekannten Endungen - primäre im Präsens, sekundäre im Imperfekt - treten also unmittelbar an diese Stämme (Wurzeln): δύναμαι, έκείμην. Dies ist offenbar genau wie beim Perfekt Passiv der thematischen Verben: δύνα·μαι, -σαι, -ται wie λέλυμαι, -σαι, -ται. Diesem Perfekt gleicht das athematische Präsens auch darin, daß das -s- der Endungen -σαι und -σο (obschon zwischen Vokalen) erhalten bleibt: δύνασαι, κεϊσο, έκεισο4

wie λέλυσαι, λέλυσο, έλέλυσο.

75.5 Nicht dagegen teilen diese athematischen Präsentia die Besonderheiten des Perfekt-.A£-zents. Es heißt (Infin.) δύνασθαι (aber λελύσθαι) und (Partiz.) δυνάμενος (aber λελυμέ-νος) 5. Demnach ist die Konjugation dieser Media so vertraut, daß ausführliche Paradigmen sich erübrigen. Zur Illustration hier der

75.6 Indik. άγα- . / -μαι

δύνα- -σαι έπίστα- Ι \ -ται

6Q°<- \ -μέθα

κρέμα- \ Ι -σθε

κει- Ι 1 -νται (κάθ-) ή-

(Ν.Β. Akzentverschiebung in 1. Plur.)

Konjunktiv und Optativ

Von κείμαι und κάθημαι finden sich Optative (κεοίμην und καθοίμην) überaus selten und Konjunktive (κέωμαι und καθώμαι) nicht viel öfter6. Bei den übrigen Verben scheinen sie in ihrer Akzentuation von der parallelen thematischen Konjugation beeinflußt zu sein, zumal von deren (sehr ähnlich lautendem) Aorist7.

Konj.

Opt.

δύνωμαι, δύνη ι, δύνηται . . . έπίστωμαι, έπίστηι, έπίστηται

δυναίμην, δύναιο, δύναιτο . . . έπισταίμην, έπίσταιο, έπισταιτο vgl. λυσαίμην, λύσαιο usw.

75.4 4 Ausnahmen: έδύνω (< -ασο) und ήπίστω (Imperfekt), auch Imperativ έπίστω (aber έπίστασο findet sich oft in Dichtung). In nachklassischer Zeit wird auch der Imperativ κάθου »setze dich« gebräuchlich; klassisch hieß es κάθησο.

5 κάθημαι und κείμαι haben auch der Bedeutung nach Perfekt-Charakter; daher denn κείμαι auch von z.B. Gesetzen und Bräuchen gebraucht wird, die einmal »gesetzt worden« sind und daher jetzt »liegen«, d.h. »gültig sind«. Und nur Kleinigkeiten wie der Akzent des Partizipiums hindern uns, diese beiden Verben formal als »Perfekta ohne Reduplikation« zu bezeichnen, wie das Aktiv οίδα; was freilich auch durch Sprachvergleichung nicht empfohlen wird.

6 Modi von καθέζομαι (auch καθίζομαι) »setze mich, sitze« treten oft an die Stelle solcher von κάθημαι.

7 Mindestens im Konj. dürfte man ja eine Nachwirkung der Kontraktion des Stammendes mit der Endung erwarten, wie bei καθώμαι so auch bei "'δυνάωμαι etc.; tatsächlich aber finden wir δύνωμαι, δύνηι usw. wie λύσωμαι, λύσηι usw.

Page 219: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 75

Weiterhin: Imper.

Infii

Partiz.

(έπίστασο >) έπίστω, έπιστάσθω, έπίστασθε, έπιστάσθων κείσο, κείσθω, κείσθε, κείσθων κάθησο, καθήσθω, κάθησθε, καθήσθων

δυνάμενος, δυνάμενον, δυναμένη καθήμενος, καΐτήμενον, καθήμενη usw.

Imperfekt 75.7

OasAugment: έπίσταμαι ist ursprünglich ein Kompositum (Vsta, lat. stare; wörtlich »auf erw. stehen« - geistig; vgl. dt. 'verstehen', eng. 'ünderstand'); aber das ist längst vergessen. Daher das Augment am Anfang der Präposition (und nicht nach ihr): ήπιστάμην. Es ist ähnlich mit κάθημαι, aber weniger extrem. Das Simplex ήμαι bleibt in der Poesie lebendig; in der Prosa wird nur κάθημαι gebraucht. Daher findet sich das Augment je länger je mehrvor der Präposition: έκαθήμην; aber das (eigentlich korrekte) καθήμην ist häufig genug. Also (s. aber Anm. 4):

(mit regulärem Akzentwechsel).

Die übrigen Tempora

Für die übrigen Tempora siehe die folgenden Stammformen. Sie sind rar. Ein annähernd 75.8 komplettes Paradigma bildet nur δύναμαι; und selbst da erscheint das Perfekt erst im 4. Jh. Ähnlich der Aor. von έπίσταμαι. Beachte, daß, wo überhaupt in der Prosa ein Aorist erscheint, dieser die sog. »passive« Form (nicht aber passive Bedeutung) hat8.

έδυνα- ] Ι -μην

ήπιστα- / \ -σο έκει- Ι 1 -το usw. (έ)καθη-] Ι

Stammformen" 75.9

Präsens Imperfekt Futur Aorist Perfekt

άγαμαι ήγάμην ήγάσθην bewundern δύναμαι έδυνάμην 1 0 δυνήσομαι έδυνήθην 1 0 (δεδύνημαι) können έπίσταμαι ήπιστάμην έπιστήσομαι (ήπιστήθην) wissen

εραμαι ήράμην έρασθήσομαι ήράσθην lieben" κάθημαι (έ)καθήμην (καθήσομαι Sp.) sitzen1 2

κείμαι έκείμην κείσομαι liegen κρεμαμαι έκρεμάμην κρεμήσομαι hangen1 3

8 Vgl. oben L. 70.10. - Bei Homer und ihm folgenden Dichtern sind aber die medialen Aoriste ήγασάμην, έδυνησάμην, ήρασάμην nicht ungewöhnlich.

9 Eingeklammerte Formen sind selten; höchst Seltenes wird nicht erwähnt. Sp. = spät (nicht klassisch). Für die Aoriste vgl. L. 70.10.

10 Augment auch ή- (nach θέλω, έθέλω - ηθέλησα).

Page 220: Griechischer Lehrgang III

222 APPENDIX GRAMMATICA L. 75

75.10 B. Das Medio-Passiv von Verben auf -ννμι

Δείκνυμαι, μείγνυται, άπόλλυ-σαι, έπήγνυτο - die Medio-Passiva, die im zweiten Teil der griechischen Lektion begegnen, sind von völlig gleicher Art wie δύναμαι, κάθη-ται, έπίστασαι, έκειτο im ersten Teil, nämlich athematische Präsentia. Man stelle sie nur gegenüber:

δείκνυμαι gegen λ ύ ο μ α ι , aber mit κάθημαι und λέλυμαι, μείγνυται gegen λ ύ ε τ α ι , aber mit έπίσταται und λέλυται, έπήγνυτο gegen έλύετο, aber mit έκει·το und έλέλυ·το:

da sieht man, was athematisches Präsens bedeutet. Und daran ändert natürlich auch der Umstand nichts, daß die neu zitierten Präsentia auch ein aktives Formsystem haben (welches wir in der nächsten Lektion studieren werden), während δύναμαι etc. Media tantum sind: beide Typen sind eben athematische Präsentia mit den gleichen Merkmalen: kein ε/ο Bindevokal, Bewahrung des -s- in δείκνυσαι, δείκνυσο (Imper.) und έδείκνυσο (wie in δύνασαι etc. und λέλυσαι etc.), und der Akzent ist δείκνυσθαι, δεικνύμενος wie bei δύνασθαι, δυνάμενος (und nicht wie beim Perf. Passiv).

75.11 Im einzelnen der Formbildung besteht aber ein erheblicher Unterschied; denn

Konjunktiv und Optativ sind »thematisch« gebildet, d.h. dem Modell λύωμαι, λυοίμην angeglichen; also

Konj. δεικνύωμαι, δεικνύηι . . . (gegen δύνωμαι . . .) Opt. δεικνυοίμην, δεικνύοιο . . . (gegen δυναίμην . . .).

Dies ist Teil eines größeren historischen Prozesses: das athematische Präsens beginnt auszusterben. Vor unseren Augen verliert es allmählich seine Eigenart: es wird »überfremdet« vom thematischen (o-)Präsens. Das läßt sich beim Aktiv im einzelnen verfolgen; beim Medio-Passiv ist es im Konj. und Opt. vom Beginn unserer Überlieferung an eine vollzogene Tatsache: es gibt für diese beiden keine athematischen Formen, während solche in den anderen Modi des Passivs sich behaupten.

75.12 »Im Konj. und Opt. wie λύομαι; im übrigen wie δύναμαι und λέλυμαι«: danach bedarf es gewiß keines einschläfernden, detaillierten Paradigmas für das Präsens δείκνυμαι und Konsorten?

75.13 Die andern Tempora

δείκνυμαι, μείγνυται, πήγνυται; dazu δείξαι, δείξασθαι, δείγμα, άπόδειξις, παράδειγμα, also νδε ικ (lat. dico); μέμεικται, μειχθέν, μ(ε)ίξις, also νμ(ε)ιγ; πεπηγός, έπάγη (Ablaut, L. 70.10), also ν π η γ .

Offensichtlich sind diese drei Wurzeln zur Bildung des Präsensstamms mit der Silbe -νυ erweitert worden; in derselben Weise wie die Präsentia άμαρτάνω, αισθάνομαι u.a. durch Zufügung von -αν zur Wurzel der betr. Verba entstanden. Aber die Präsentia auf -άνω, -άνομαι sind thematisch gebildet, die auf -νυμι, -νυμαι dagegen athematisch. Das υ der Stammerweiterung -νυ- ist im Medio-Passiv durchweg kurz.

11 Wenn die hier zitierten Tempora, wie billig, zum Präs. έραμαι gestellt werden, ist έράω auf das Präsens (mit Imperf. ήρων) beschränkt. Dessen Passiv ist selten - ausgenommen das Part, ό ερωμένος, ή ερωμένη.

12 S. Anm 6. 13 (auf-)hängen, transitiv, κρεμάννυμι, L. 77.4-9.

Page 221: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 76 223

Diese drei Verben sind also einfach Mutastämme, und zwar Gutturale, wie διώκω, άγω, 75.14 λήγω, εκπλήττω (L.67). Dieser ihr Normalcharakter ist im Präsens verdeckt durch die Erweiterung der Wurzel; er tritt klar hervor in den übrigen Tempora (s.u. die Stammformen). Also z.B.

δείκνυμι, δείξω wie διώκω, διώξω, und μέμειγμαι, μέμειξαι, μέμεικται wie δεδίωγμαι, δεδίωξαι, δεδίωκται, etc.

Beachte die intransitiven, aktiven Perfekta πέπηγα »bin fest« und δλωλα »bin verloren« -zu diesen gibt es keine Passiv-Perfekta- sowie den Aor. »Pass.« έπάγην »wurde hart«, mit Ablaut (L. 70).

Όλλυμαι schließlich hat Eigenheiten, denen wir früher begegnet sind, und die wir hierunter zusammenstellen:

Stammformen (Medium-Passiv) 75.15

Präs. Imperf. Futur Aorist Perfekt

δείκνυται έδείκνυτο δειχθήσεται έδείχθη δέδεικται gezeigt werden έπιδείκνυμαι έπεδεικνύμην έπιδείξομαι έπεδειξάμην έπιδέδειγμαι vorführen μ(ε)ίγνυται14 έμείγνυτο (μείξεται)

(μίγήσεται) έμείχθη έμίγη

μέμεικται sich mischen

πηγνυται έπήγνυτο παγήσεται επαγη (L.70.10)

πεπηγε (L.73.4)

fest werden

όλλυμαι: das Simplex nur poet. άπόλλυται όπώλλυτο άπολεϊται άπώλετο (άπ)όλωλε

(L. 73.11) zu Grunde gehen

LEKTION 76

Athematisches Präsens (Forts.) Aktiv der Verba auf -νυμι

Α. Das Präsens 76.1

Auch das Aktiv dieses Typus von Verben - es handelt sich immer nur um das Präsens! -treffen wir im Prozeß der »Überfremdung« durch die thematische Formbildung; aber ein Teil seiner Eigenart hält sich doch lange über die klassische Periode hinaus. Diese Eigenart zeigt sich

1. in der athematischen Bildung selbst: δείκνυμεν (gegenüber λύομεν), έδείκνυμεν (gegenüber έλύομεν);

2. in der Bewahrung einiger besonderer Endungen. Wir betrachten diese zuerst. Es han- 76.2 delt sich nur um

14 μειγ- und μιγ- finden sich nebeneinander; Futur nicht oft

Page 222: Griechischer Lehrgang III

224 APPENDIX GRAMMATICA L. 76

a) den SinguUr des Indikativs: δείκνϋ-μι, δείκνϋ-ς, δείκνϋσι(ν). Diese Endungen:

waren einstmals -μι, -ς, -σι(ν) :-mi, '"-si, -"-ti

- was sich im weiteren erweisen wird. Ein Blick auf die altbekannten -μαι, -σαι, -ται und -μην, -σο, -το zeigt die fundamentale Gleichartigkeit;

76.3 b) den Infinitiv: δεικνύ-ναι. Infinitive auf -ναι sind immer auf der vorletzten Silbe betont. Die Endung ι 1

b |-ναι |

kennen wir von είναι, βήναι, λυθήναι; ähnlich λελυκέναι. Diese Endungen sind charakteristisch für alle athematischen Präsentia.

Die athematische Bildung anlangend:

76.4 Wie im Medio-Passiv ist die »Überfremdung« durch die thematische Bildung, Typ λύω, komplett im Konjunktiv und Optativ; da gibt es nur

Konj. δεικνύω, δεικνύηις . . . wie λύω, λύηις . . ., und

Opt. δεικνύοιμι, δεικνύοις . . . wie λύοιμι, λύοις . . .,

also keine athematischen Formen.

76.5 Bei den übrigen vom Präsensstamm gebildeten Formen hält athematische Bildung sich länger. Dabei sind die Endungen die gleichen wie bei der thematischen Konjugation; wenn trotzdem die Wortenden einiger athematischen Formen mit thematischen nicht reimen, liegt das eben daran, daß jene den Themavokal ο/ε nicht haben.

Es handelt sich um:

76.6 Plural des Indikativs

δείκνϋμεν, δείκνΰτε, δεικνΰάσι(ν). Das ά vor der normalen 3. Plur. -σι(ν) findet sich bei allen athematischen Prasentien. Seine Herkunft wird sich bald zeigen (L.78.9); vgl. Perf. λελύκάσιν. Das -υ der Stammerweiterung -νυ ist lang im Singular des Indik. Akt.1, kurz im Plural; das gleiche gilt für das Imperfekt. Also eine ähnliche Differenzierung der Numeri durch »quantitativen Ablaut« (»Abstufung«, »Gradation«) wie bei den Optativen είην - είμεν, φι-λοίην - φιλοϊμεν, λυθείην - λυθείμεν. In allen übrigen Formen des Präsens ist dieser Stammvokal kurz (L. 75.13). Auch diese Eigenheit werden wir bei allen athematischen Prasentien wiederfinden.

76.7 Imperfekt

Endungen (wie gesagt) wie bei o-Verba - außer

3. Plur. -σαν

- gewiß vom s-Aorist (έλυσαν): Also:

έδείκνύ-ν, έδείκνυς, έδείκνϋ-, έδείκνύμεν, έδείκνύτε, έδείκνύ-ΣΑΝ

Vgl. έλυον, έλυες , κτλ. 76.8 Imperativ

[δείκνϋ 2, δεικνύ-τω, δείκνΰτε, δεικνύ-ντων | Vgl. λύε, λ υ έ τ ω , κτλ.

1 Auch (nur) in der 2. Sing, des Imperativs Akt. (δείκνϋ). Dies kehrt analog bei fast allen athematischen Prasentien wieder. Es gibt dafür vielfache Erklärungen - die eben durch ihre Vielheit an Glaubwürdigkeit einbüßen.

2 S. Anm. 1.

Page 223: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 76 225

Partizip 76.9

Wie gewöhnlich, ein -nt-Stamm. Nom. Sing. Mask. hat Endung -s wie Aorist Akt. (λύσάς) und Pass. (λυθείς); wie letzterer mit Akzent auf der letzten Silbe des Nominativs. Wie immer fällt -nt- vor -s aus, mit Ersatzdehnung. Also δεικνϋς (< *δεικνύντς). Femin. -jä wie immer: *beix\VYtja > ':"δεικνύντσα > δεικνΰσα. Das Resultat reimt (nicht zufällig) mit φύς, φύντος, dem Partizip des Wurzelaorists έφϋν (φύω, L. 69.12):

δεικνύς, δεικνύν, δεικνΰσα, Gen. δεικνύ-ντος, δεικνϋ-σης vgl. φύς, φύν, φύσα, φύντος, φύσης.

Man präge sich diese Formen gut ein: Sie kehren bei allen athematischen Prasentien wieder.

Fortgang der Angleichung an das thematische Präsens 76.10

Thematische Formen wie δεικνύω (st. -νυμι), δείκνυε (Imper.), έδείκνυε finden sich schon bei Hesiod. Die klassische attische Dichtung (Tragödie und Aristophanes) meidet sie, so auch (meist) Plato; aber in der sonstigen Prosa des 4. Jh. (z.B. Xenophon und Rednern) und der Komödie werden sie häufig. Andererseits begegnen aber athematische Formen noch im N.T.

B. Die übrigen Tempora dieser Verben 76.11

Wie gesagt (L. 75.14), sind δείκνυμι, μείγνυμι, ζεύγνυμι, πήγνυμι, (Πήγνυμι Gutturalstämme wie διώκω und λήγω, deren Stämme im Präsens mit -νυ erweitert sind; in den anderen Tempora haben sie nicht mehr und nicht weniger Eigenheiten, als andere Verba muta. Όμνυμι und δλλυμι (< "δλνυμι) sind Liquida und haben das für diese normale Futurum contractum (L.60.5); für den Aorist s. L.68.5, für das Perfekt L. 73.11.

Stammformen (vgl. L. 75.15) 76.12

δείκνυμι (L.75), δείξω, έδειξα, (δέδειχα nachklass.) . . . »zeigen« (άπ-)όλλυμι (L.75), άπολώ, απώλεσα, άπολώλεκα . . . »ruinieren« πήγνυμι (L.75), πήξω, έπηξα . . . »festmachen« όήγνυμι, ρήξω, έρρηξα »zerbrechen« (trans.): έρρωγε, έρράγη (intr.: L. 70.10; 73.8) όμνυμι, όμούμαι, ώμοσα, όμώμοκα »schwören« μ(ε)ίγνυμι, μ(ε)ίξω, έμ(ε)ιξα, μέμ(ε)ιγμαι έμ(ε)ίχθην »mischen« (μίσγω)3 έμϊγην

ζεύγνυμι, ζεύξω, έζευξα, έζευγμαι, έζεύχθην »verbinden«

3 μίσγω (< "υάγ-σκω) ist von νμιγ gebildet wie διδάσκω von (δι)δαχ. Im Epos wird ausschließlich dies Präsens gebraucht (oft auch bei Thukydides). Die klassische attische Dichtung meidet es sowie das thematische μιγνύω; beide werden in der Prosa des 4. Jh. immer häufiger. Im N.T. begegnet keine der drei Präsensformen dieses Verbs.

Page 224: Griechischer Lehrgang III

226 APPENDIX GRAMMATICA L. 77

LEKTION 77

I. Athematisches Präsens (Forts.)

A. Präsens auf -ννυμι

77.1 An sich sind Präsentia auf -ννυμι kaum verschieden von solchen auf -νυμι. Es handelt sich in der Tat um die gleiche Erweiterung der Wurzel, im Präsens, durch -νυ. Das zweite -v- entstand durch Assimilation: die (unerweiterten) Wurzeln der betr. Verben endeten auf -s, und -sn- wurde zu -nn1. Daraus erklärt sich dann auch, daß κεράννυμι und σβέννυμι sich im Präsens zwar ebenso verhalten wie δείκνυμι und όμνυμι, aber in den übrigen Tempora anders: Sie sind eben nicht, wie diese, Mutastämme, sondern s-Stämme wie τελέω und γελάω (oben, L. 68.2; 70.5; 71.8) - oder verhalten sich doch wie solche.

77.2 Bei έννυμι, σβέννυμι, σκεδάννυμι ist das ganz deutlich. Bei έννυμι ist das anlautende h-(Spiritus asper) der Nachfahre eines w- (F); die Wurzel ist, oder war, Vves- wie in Lat. vestis2; daher das Futur έσσω (< *f έσ·σω), das wir bei Homer fanden (auch Aor. έσσα und έσσάμην) und das dauernd gültige Perf. Med. ήμφίεσμαι: Mit der Präposition άμφι-; denn das Simplex findet sich fast nur bei Homer und nie in Prosa: dort wurde das Kompositum so ausschließlich gebraucht, daß - wie im Fall von έπίσταμαι und κάθημαι -die Präposition als Teil des Stammes empfunden und dementsprechend augmentiert (ήμφίεσα) und redupliziert wurde.

77.3 Bei σβέννυμι erkennt man das ursprüngliche -s am Ende der Wurzel aus dem homerischen Aorist σβέσσαι, dem häufigen Aor. Pass. έσβέσθην und dem Verbaladjektiv άσβεστος (»Asbest«!); ebenso bei σκεδάννυμι am Perfekt Pass. έσκέδασμαι, Aor. Pass. έσκεδάσθην und Verbal Adj. σκεδαστός.

77.4 Anders steht es offenbar mit κεράννυμι; denn κέκραμαι, έκράθην und das abgeleitete Substantiv ό κρατήρ deuten keineswegs auf ein -s am Ende der Wurzel. Da ist offenbar, für das Präsens, -ννυμι (mit -w-) als gegebenes Suffix verwendet worden. Im Falle von κρεμάννυμι haben wir dafür den einfachsten Beweis; denn neben diesem (erweiterten) Aktiv steht ja das gleichfalls athematische (und unerweiterte) Medium κρέμομαι (L. 75), ohne -s. Und doch heißt der Aor. Pass. έκρεμάσθη, mit -s- (gegenüber έκράθην, ohne -s-): man sieht, wie Analogien, scheinbare und wirkliche, hin- und herwirken3.

77.5 Auch bei dem (seltenen) Präsens φώννυμι dürfte Analogiebildung vorliegen; denn die Ableitungen έρρωμαι und ή φώμη zeigen, daß die Wurzel vokalisch endete. Trotzdem, der Aor. Pass. wiederum mit -s-: έρρώσθην: »falsche« Analogie4.

1 Wie in Πελοπόννησος aus Πέλοπος νήσος. 2 Griech. είμα (< '^έσμα) entspricht genau. 3 Wucherndes oder parasitisches Sigma: L.70.5; L.72.2. 4 Betr. ζώννυμι darf man schwanken: die Ableitung ή ζώνη (nicht *ζώσνη > ζώννη) spricht gegen

ein wurzelhaftes -s; andererseits haben Perf. und Aor. Passiv (freilich schlecht bezeugt) Sigma: έζωσμαι, έζώσθην, und neben ή ζώνη steht ό ζωστήρ (»Leibgurt«, >Wehrgehänge«), gleichfalls mit Sigma.

Page 225: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 77 227

Über

B. Die außer-präsentischen Tempora

ist damit das meiste bereits gesagt. Erwähnt sei noch: 77.6

1. die -ννυμι-Verben bilden kein Perfekt Aktiv5; mehrere auch kein Futur;

2. soweit sie ein Futur bilden, erhält sich bei einsilbigen Stämmen das -σ-; entstehendes 77.7 -σσ- wird im Lauf der Zeit vereinfacht (auch im Aorist); also έσσω (Homer), von VFea υηώσβέσσω (> σβέσω), von νσβεσ, wie αίνέσω und αρκέσω (L. 7l.8);beimehrsilbigen dagegen fiel das -s- (-ss-?) aus und es ergab sich ein Futurum contractum wie bei καλώ und τελώ (L. 71.9), und hierzu stellte sich auch das alte Kompositum άμφιέννυμι (Nr. 2), entgegen seinem alten Simplex, mit dem Fut. άμφιώ (< άμφιέσω). Die Vokalisierung dieser Futura hing naturgemäß vom Endvokal der Wurzel ab: άμφιώ, άμφιεϊς . . . (von -έννυμι) wie καλώ, καλείς . . . (mithin wie Präs. ποιώ, ποιείς . . .); dagegen κρεμώ, κρεμάις . . . und σκεδώ, σκεδάις . . . (von -άννυμι) wie Präs. τιμώ, τιμάις . . .

3. Aorist: von allen Verben auf -ννυμι bildet nur σβέννυμι einen (intransitiven) Wurzel- 77.8 aorist: έσβην »erlosch« (wie έβην, L.69); ansonst normale schwache s-Aoriste, z.B. ήμφίεσα, auch έσβεσα (»löschte«).

Stammformen 77.9

(klassische Formen in der Mitte; ältere darüber, jüngere darunter) (-σβέσω bedeutet: diese Form ist nicht im Simplex bezeugt, wohl aber für Komposita)

κεράω κεράννυμι κεραννυω

κερασσα

έκερασα κέκραμαι κεκέρασμαι

έκράθην έκεράσθην

mischen

κρεμάννυμι κρεμαννύω, κρεμάω

κρεμώ έκρέμασα έκρεμάσθην hängen (tr.)6

σκεδάννυμι σκεδώ laiitbaoa έσκέδασμαι έσκεδάσθην zerstreuen

έννυμαι άμφιέννυμι

έσ(σ)ω -έσσομαι άμφιώ

εσ(σ)α έσ(σ)άμην ήμφίεσα

έσμαι είμαι ήμφίεσμαι

έσθην (Homer)

kleiden

σβέννυμι σβεννϋω

-σβέσω σβέσσα έσβεσα έσβην εσβηκα έσβεσμαι

έσβέσθην löschen

ζώννυμι ζώσω

έζωσα έζωκα

έζωσμαι έζώσθην

gürten

(ρώννυμι)7

φώσω έρρωσα έρρωμαι έρρώσθην stärken

II. Zur Syntax

Beachtenswert in Teil I der griechischen Lektion:

1. in CIO, εξόν: das Partizip, (Akk.?) Neutr., von έξεστιν: absolut gebraucht: »da (während, obwohl) es freisteht«;

77.10

5 κατεσβήκασιν bei Aischylos (Text I Gl) ist eine hochpoetische Ausnahme, eben darum von mächtiger Ausdruckskraft; έζωκα (von ζώννυμι) erscheint nicht vor dem Beginn unserer Zeitrechnung.

6 κρέμομαι »hangen« (intrans.), L. 75.8. 7 Das Präsens ionisch, attisch nicht bezeugt.

Page 226: Griechischer Lehrgang III

228 APPENDIX GRAMMATICA L. 78

2. der charmante Potentialis, ausgedrückt durch den Optativ mit άν, in dem Xenophon-Zitat H ; gleicher Art - »bescheidene Behauptung« - bei Plato, D3, φαϊμεν άν;

3. in E l : der Präsensstamm - hier das Imperfektum - eine fortlaufende, unvollendete Handlung ausdrückend (de conatu): »wir bemühten uns, es zusammenzurühren, und es wollte sich nicht verbinden«.

LEKTION 78

I. Verba mit athematischem Präsens (Forts.)

78.1 Das Verb ιστημι

Die sogenannten »drei großen Verba auf -mi«, τίθημι, δίδωμι, ίημι, stehen traditionell im Geruch besonderer Schwierigkeit. Das Verb ιστημι bietet sich zur Vorbereitung auf »die drei« an; denn sein Formsystem ist dem ihren nächstverwandt. Sieht man sich nun aber ιστημι des Näheren an, so zeigt sich, daß sein Formsystem nichts grundsätzlich Unbekanntes bietet; das Neue reduziert sich darauf, daß ein -υ am Ende des Stammes (wie bei δείκνυμι) selbstverständlich zu anderen Lautbildern führt als ein -α (Vora-). Andererseits wird sich zeigen, daß »die drei« über 'ιστημι hinaus nichts Neues bieten, außer einem Grüppchen von drei oder vier Formen im Aorist Aktiv. Das wird sich dann ohne Schmerzen bewältigen lassen.

A. Das Präsens

78.2 / . Der Präsensstamm dieser vier Verben ist anders gebildet als bei denen, die in den letzten drei Lektionen behandelt wurden: athematische Bildung auch hier;d.h. die Personalendungen treten (ohne Bindevokal) direkt an den Stamm. Dieser aber ist dem Verbalstamm (der Wurzel) gegenüber anders differenziert; nämlich durch eine Erweiterung am Anfang, und nicht am Ende der Wurzel: kein -νυ wie bei δε ίκνυμι , sondern Reduplikation des Anfangskonsonanten; mit zwischengeschaltetem -i- wie bei γίγνομαι (L.63.2) und διδάσκω (L.65.1). Das sieht man am deutlichsten bei δίδωμι und τίθημι.

78.3 Bei dem Präsens ιστημι der Wurzel Vcrtä/a (L. 69.3 und 5; ά > η) ist das anlautende s-der Reduplikation, wie immer, in h- übergegangen: wie sex > έξ und Septem > επτά, so ::'sistämi > ιστημι.

78.4 Der Wurzelvokal (-a) ist - im Präsens! - durchweg kurz (z.B. ϊστάμαι) -außer, beim Aktiv, im Singular des Indik. (ιστημι) und des Imperfekts (ϊστην) sowie beim Imperativ, 2. Sing. ϊστη. Das ist also genau wie beim -υ der Verben auf -νυμι1 und gilt überhaupt für alle Verben auf -μι.

78.5 2. Das Medio-Passiv

Da die Endungen beim Medio-Passiv bekanntlich durchweg die gleichen sind wie bei den thematischen Prasentien, ist bei diesem besonders wenig zu bemerken. Die bekannten

1 L. 75.13; L.76.6 und Anm. 1

Page 227: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 78 229

Endungen treten also direkt an das -ά des Stammes wie bei δύναμαι, άγαμαι, έπίσταμαι (L. 75). Also z.B. Infin. ίστασθαι wie δύνασθαι undPartizip ιστάμενος wie δυνάμενος; und zumal der ganze Indikativ (ΐσταμαι, ϊστασαι. . . wie δύναμαι, δύνασαι . . .) und das Imperfekt (ϊστάμην - das Iota als Augment gelängt - ΐστασο . . . 2 wie έκείμην, έκεισο . . . oder έδεικνύμην, έδείκνυσο . . .). Auch bei dem Imperativ ΐστασο (ίστάσθω . . .) bleibt das intervokalische -σ- erhalten3.

All dies gilt analog auch für die »drei Großen«. Ebenso - im Unterschied zu den bisher betrachteten Verben auf -μι - die folgende geringfügige Verschiedenheit in der Bildung von

Konjunktiv und Optativ 78.6 υ (und ι) - das wissen wir längst - werden nie mit einem folgenden Vokal kontrahiert (darum heißt es κωλύομεν, während φιλέομεν zu φιλοϋμεν wurde). Demgemäß konnte der Konjunktiv zu δείκνυμαι nur δεικνύωμαι lauten - denn er wird ja durchweg vom Präsens Konj. der ω-Konjugation übernommen (L. 75.11). Wir sahen aber (L. 75.6 mit Anm. 7), daß auch die MedU tantum δύναμαι und έπίσταμαι - obgleich sie Vokalstämme sind - Konjunktive bilden wie durchschnittliche ω-Präsentia mit konsonantischem Stamm: δύνωμαι wie πέμπομαι, nicht wie τιμώμαι. Hier verhalten sich ΐσταμαι - und die anderen drei - anders: der vokalische Stammauslaut (im Konj. anscheinend selbst gelängt) wurde offenbar in den Modus-Vokal absorbiert; jedenfalls spricht die Akzentuation dafür; denn im Gegensatz zu δύνωμαι und έπίστω-μαι steht bei ihnen der Akzent durchweg auf diesem4. Vom Akzent abgesehen, sind aber die Formen identisch. Also:

Konj,

Opt.

ιστώμαι, ιστήι, ιστήται . . . (gegenüber δύνωμαι, δύνηι, δύνηται . . .)

ισταιμην, ισταίο, ισταίτο . . . (gegenüber δυναίμην, δύναιο, δύναιτο . . .)

3. Das Aktiv 7S.7

bietet prinzipiell nichts Neues; man versteht und meistert seine Formen, wenn man das bereits Bekannte sinngemäß auf die Vara anwendet:

Endungen: verschieden vom ω-Präsens nur -μι, -ς, -σι im Indik. Sing.; )

[ vgl. L.76.2. -ναι im Infinitiv '

Vokalabstufung (quantitativer Ablaut, Gradation): ä: ά > η : ά; vgl. L. 76.6: η im Singular des Imperfekts und des Indik. Präs.; dagegen ά im Plural, und sonst durchweg im Präsens, Akt. und Pass.

Also z.B. das Imperfekt: 78.8 V ei Ί

Sing, ϊστην, ιστης, ϊστη, Plur. ίστάμεν, ίστάτε, ϊστάοαν5.

2 Also nicht kontrahiert wie έδύνω und ήπίστω (< -ασο), L. 75.4. 3 Also wie bei δείκνυσο, κείσο usw., und nicht kontrahiert wie bei έπίστω, L. 75.4. 4 Es ist nicht sicher, ob diese Regel auch für Komposita gilt. Bekümmere dich also nicht zu sehr,

wenn du etwa in einer Textausgabe άφισταίτο findest, in einer anderen άφίσταιτο. 5 Vgl. L.76.7.

Page 228: Griechischer Lehrgang III

230 APPENDIX GRAMMATICA L. 78

Modi des Präsens

78.9 Indikativ: Aufgrund von Nr. 7 ergibt sich: Sing, ιστημι, ϊστης, ΐστησι(ν), Plur. ϊστάμεν, ϊστάτε, ίστάσι(ν).

Die 3. Plural, -άσιν offenbar kontrahiert aus *ίστάασιν. Hier dürfte der Ursprung dieser für alle athematischen Prasentien charakteristischen Endung liegen6. Beachte, daß bei diesem Verb mehrere Formen des Präs. Ind. und des Imperfekts sich nur in der Quantität des anlautenden ι- unterscheiden.

78.10 Konjunktiv: wie beim Medio-Passiv: die Normalendungen des thematischen Konjunktivs sind übernommen. Sie alle tragen den Akzent; doch wohl infolge von Kontraktion mit dem Stammauslaut. Also:

Konj. ίστώ, ίστήις, ίστήι . . . usw.

78.11 Optativ: ist verschieden von λύοιμι, λύοις . . ., mithin auch von δεικνύοιμι, -οις (L. 76.4), und gleicher Art mit φιλοίην, φιλοίης . . ., λυθείην, λυθείης . . ., είην, είης . . ., mit der charakteristischen Gradation von -ιη- im Sing, zu -ι- im Plural. Das ergibt - nach dem -ά des Stamms und vor den sekundären Endungen -

Sing, ίσταίην, ίσταίης, ίσταίη, Plur. ίσταϊμεν, ίσταϊτε, ίσταϊεν.

Läßt man bei diesen Formen das anlautende l- fort, so ergibt sich der Konj. und Opt. des Aorists έστην (L.69.9). Woran liegt das?

78.12 Imperativ 2. Sing.: ΐστη. Woher der lange Auslaut? Ist es die lange Form des Stammvokals? Oder Kontraktion von ΐσταε, d.h. einer thematischen Form wie λύε7? Die übrigen Formen haben, nach kurzem -ά, die üblichen Endungen:

ίστάτω, ΐστατε, ίστάντων.

Infinitiv: ίστάναι8.

Partizip: -nt, wie immer9: Nom. : :ίστάντς > ίστάς, ίστάν; Fem. ίστάσα (< Ήστάντσά < ^Icrrantjä), Gen. ίστάντος, ίστάσης, Dat. PI. ίστάσι(ν), ίστάσαις.

78.13 Β. Die übrigen Tempora

leiten sich völlig normal von der Vora- her. Wie bei allen Vokalstämmen erscheint der Stammvokal außerhalb des Präsens in gedehnter Form: στήσω (wie τιμήσω von τιμάω). Eine Ausnahme macht nur der Aor. Pass. έστάθην mit kurzem Vokal10 (und natürlich das davon abgeleitete Fut. σταθήσομαι). Dies Verb hat nicht weniger als vier Aoriste hervorgebracht. Sie müssen nach Form und Bedeutung sorgfältig unterschieden werden:

6 L.76.6. 7 Vgl. L.76, Anm. 1. 8 L.76.3. 9 L.76.9.

10 Parallelen dazu: L.70.2 und 4.

Page 229: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 78 231

Aktiv schwach : έστησα: ich stellte (hin) Med. schwach : έστησάμην: ich stellte »von mir aus« (hin); Pass. schwach : έστάθην: ich wurde gestellt11; Akt. stark : έστην: intr. ich trat hin, stellte mich (L.69.13).

Merke also: Χριστός ανέστη, aber ό θεός άνέστησε Χριστόν. Intransitiv ist auch das 78.14 Perfekt Aktiv: έστηκα 1 2 »ich« (»habe mich gestellt« und daher) »stehe« (L. 73.13). Daher gibt es, bis in sehr späte Zeit, von dieser- sonst so produktiven - Wurzeltet« Perfekt Pas-

So ergibt sich ein höchst einfacher Satz von Stammformen

ιστημι und z.B. καθίσταμαι

στήσω

καταστήσομαι

έστησα

κατεστησάμην κατέστην

έστηκα (ich stehe!)

καθέστηκα

έστάθην

κατεστάθην

78.15

II. Präpositionen

Α. Vorbemerkung

"Ιστημι und die anderen drei »großen Verben auf -μι« haben sich in ihrer archaischen 78.16 Struktur deshalb behauptet, weil sie fundamentale und weitgreifende Bedeutungsinhalte vermitteln (»setzen«, »stellen«, »geben«) und daher ständig gebraucht wurden. Aus demselben Grunde gibt es von diesen Verben viele Komposita, welche diese weiten Bedeutungsbereiche spezifizieren und so verdeutlichen. Komposita entstehen bekanntlich (allermeist) dadurch, daß dem Verbum simplex eine Präposition vorgefügt wird, welche mit ihm zur Einheit des Verbum compositum zusammenwächst13. Um die so erzeugte Bedeutungsnuance zu erfassen, muß man mit den betreffenden Präpositionen vertraut sein. Präpositionen sind uns von Anfang an oft begegnet; jetzt bedürfen wir einer umfassenden Übersicht. Eine solche suchen wir in dieser und den folgenden Lektionen zu gewinnen14.

Die meisten Präpositionen sind alte Ortsadverbien; sie verdeutlichen also etwa, wo (wo- 78.17 her, wodurch) das Gesagte situiert war. Notwendigerweise wurden sie dabei oft mit einem besonderen Teil der Aussage verbunden; sei es mit einem Nomen (»aus dem Haus«), sei es mit einem Verb (»aushalten«). Dabei war ihre Stellung innerhalb der Aussage zunächst frei, und diese Freiheit zeigt und erhält sich besonders in der Dichtung. Da spricht dann der normierende Grammatiker von »Postposition«, wenn eine »Präposition« hinter (statt vor) einem Nomen steht (θεών άπο), und dabei soll »Anastrophe«, Zurückziehung des Akzents, stattfinden (άπο, nicht άπό) 1 5 . Oder, wenn eine Präposition ein Verbum

11 Nach dem, was wir über den Ursprung des Aor. Pass. wissen (L. 70.6), wird es nicht wundernehmen, wenn auch έστάθην oft mit intransitiver Bedeutung begegnet, also fast gleichbedeutend mit έστην.

12 Aus *se-stäka, wie ϊστημι aus *si-stämi; vgl. L. 73.13-15. 13 Das gibt es, wie im Griechischen so im Deutschen, nicht aber im Englischen. 14 Die im folgenden angestrebte Übersicht wurde angebahnt oben, L.3.24; 7.3; 41.11. 15 Bekannt seit gr. L. 33 IID3, vgl. L. 58II Gl. - In Wahrheit dürfte der Akzent auf der ersten Silbe

der ursprüngliche sein (es handelt sich nur um zweisilbige Präpositionen, mit Ausnahme von άμφί und αντί); der Akzent ging verloren - das bedeutet der normale Gravis auf der Endsilbe -, als die selbständigen »Adverbia« zu bloßen »Präpositionen« wurden.

Page 230: Griechischer Lehrgang III

232 APPENDIX GRAMMATICA L. 78

qualifiziert, ohne doch mit ihm zum Kompositum verwachsen zu sein (κατά βούς ήσθιον, nicht β. κατήσθιον), so heißt das »Tmesis«, als wäre sie vom Verb »abgeschnitten« (τέμνω). Tatsächlich haben sich diese alten, verdeutlichenden Adverbien auf die von den Grammatikern anerkannte Norm hinentwickelt: in der Prosa gibt es »Postposition« nur bei περί 1 6

und überhaupt keine »Tmesis«, sondern eben »Präpositionen« vor Substantiven und »Komposita«, deren erstes Element eine Präposition17 ist.

78.18 Da die Kasusendungen selbst ursprünglich lokale (oder ähnliche) Beziehungen ausdrückten, war in älterer Zeit ein viel geringerer Bedarf an Präpositionen als später; denn wie die Zahl der Kasus schrumpfte und mithin die verbleibenden immer vielfältigere Beziehungen anzeigen mußten, wurde es mehr und mehr nötig, spezielle Beziehungen durch spezielle Präpositionen zu verdeutlichen. Ein Beispiel: »nach Athen« wurde bei Homer und ihm folgender Dichtung durch den bloßen Akkusativ ausgedrückt; in der Prosa nie ohne die Präposition είς. Umgekehrt finden sich alle die späteren »Präpositionen« bei Homer als selbständige Adverbien (z.B. σύν δύο έρχομένω »wenn zwei zusammen gehen«): das gibt es später nur in wenigen, gewissermaßen »versteinerten« Ausdrücken, wie προς δέ »und dazu noch« und άνα »auf!«

78.19 Von örtlicher zu zeitlicher Beziehung ist der Fortschritt früh und natürlich (»im« Haus, »im« Frühling); mit dem Fortschritt rationalen Denkens wird auch die durch Präpositionen verdeutlichte Beziehung abstrakter. Ein Beispiel: »Hektor starb unter (υπό) Achill« verblaßt zu »Hektor wurde von Achill getötet«; endlich, und früh, ergibt sich so die Regel: »für von beim Passiv (d.h. zur Bezeichnung des Urhebers) braucht der Grieche υπό c. Gen.« (Vok. 41 IIB). In vielen Fällen ist freilich der sinnliche Ursprung einer übertragenen Bedeutung nicht so offenbar.

78.20 Seit dem allerersten Beginn dieser Studien wissen wir vom »Wohin-« und »Wo-« und »Wo-her-Kasus«; damit wird selbstverständlich, daß viele Präpositionen mit präziser Eigenbedeutung nur einzelne bestimmte Kasus verdeutlichen konnten; etwa είς den (Richtungs-) Akkusativ, έν den lokativen Dativ, έξ und άπό den (Woher-)Genetiv. Andere unter diesen ehemaligen Adverbien hatten weniger präzise Bedeutungen und konnten sich demnach mit verschiedenen Kasus assoziieren. Manches bleibt rätselhaft: warum fordert der Begriff »mit« einen Dativ - doch wohl den »Sociativus« der beteiligten Person - , wenn der Grieche σύν sagt, aber den Genetiv bei μετά?

78.21 Wir beginnen unsere

B. Übersicht

(von allermeist längst Bekanntem) mit den Präpositionen, die sich mit nur einem Kasus assoziieren (von »regieren« ist die Rede nicht), und zwar zunächst

1. Präpositionen beim Genetiv έξ (έκ), άπό, αντί, πρό

έξ (έκ vor Konsonant; denn »-s- zwischen Konsonanten fällt aus«18; lat. ex) έξ 'Αθηνών

έκ τής οικίας

έκ πολλού χρόνου »seit langer Zeit«

16 Auch diese nicht bei den Rednern. Wohl aber findet sich oft ein Attribut zwischen einer Präposition und »ihrem« Nomen, z.B. διά μέσου τοϋ παραδείσου.

17 Es gibt auch Verba composita mit zwei, sogar drei Präpositionen. 18 L.22.3.

Page 231: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 78 233

έκβάλλω »hinauswerfen« εξίσταμαι »heraustreten« έξεργάζομαι »(völlig) ausarbeiten«

ή έξοδος- ή έκστασις

άπό (lat. und deutsch ab) 78.22

άπ' 'Αθηνών (z.B. »entfernt sein von' . . .) άφ' ίππου »vom Pferd herab« άφ' ού »seitdem«

αποκρίνομαι »antworten« αποβάλλω »wegwerfen«, »verlieren« άφίσταμαι »abfallen« απεργάζομαι (wie έξ-, oben)

ή άπόκρισις Antwort

άντί (lat. ante; aber die Grundbedeutung »vor«, »entgegen« ist im Griechischen nur bei 78.23

Verben erhalten; mit Nomina ist sie eng spezialisiert)

εν άνθ' ενός »eins für (»vor«) das andre« οδόντα άντί οδόντος »Zahn um Zahn«

άντιδίδωμι »eines anstelle (für, »vor«) e. andres geben« ανθίσταμαι »sich entgegenstellen«

ή άντίθεσις (»Antithese«)

πρό (lat. pro, welches sich anders entwickelt hat; IE Grundbedeutung »vorn«, »vor« 78.24 [> »für«])

πρό τών πυλών, τά προ ποδών πρό ημέρας »vor Tag«(-esanbruch) πρό πατρίδος »für das Vaterland« δούλος πρό δούλου »ein Sklave für den anderen«

προβαίνω >vor(wärts)gehen< προδίδωμι (prodere) »verraten«19

προίσταμαι »vorstehen«19

προλέγω »vorhersagen«

ό πρόλογος (»Prolog«)

2. Präpositionen beim Dativ έν, σύν (ξύν)

έν (lat. und deutsch in) 78.25

έν οϊκωι, έν νυκτί 2 0

έν τούτωι »zur gleichen Zeit« έν ώι »während«

19 Der προδότης (proditor) gibt das Eigne vor, fort, weg für das Feindliche; der προστάτης, Vorsteher, steht (schützend) vor dem (den) Eignen; der προφήτης spricht »hervor«, »heraus«, als Sprecher und Mittler eines Gottes.

20 Über έν νυκτί, νυκτός, τήν νύκτα als Zeitbestimmungen L.22.4.

Page 232: Griechischer Lehrgang III

234 APPENDIX GRAMMATICA L. 78

έννοέω »bedenken«, »einsehen«

εμβάλλω »hineinwerfen«; »einfallen«

ένεστιν »es ist drin, ist möglich« ένέστηκεν »es steht drin, bevor«

ή έννοια »Einsicht«, »Gedanke«

78.26 ξύν (σύν)2 1

ξύν γυναιξί καί παισίν

οί σύν αύτώι »sein Gefolge«

σύν θεώι, σύν τώι δικαίωι

συμβάλλω »zusammenwerfen«; »vergleichen«, »vermischen«

συλλέγω »sammeln«

συνίστημι »zusammenstellen«

συνέχω »zusammenhalten«

τό σύμβολον (»Symbol«)

3. Präpositionen beim Akkusativ

είς, άνά

78.27 είς (älter auch ές, d.h. έ oder έ, aus ένς)

είς τήν πόλιν 2 2

είς άεί »für immer«

είς τό δέον »fürs Nötige« είς δώδεκα »bis zu (ungefähr) 12«

εισβάλλω (wie εμβάλλω) είσοράω »anblicken«

εισπράττω »eintreiben« (Geschuldetes)

ή είσοδος »Eingang«

78.28 ά ν ά 2 3 (deutsch an, engl, on; vgl. άνω oben); Grundbedeutung: (an-) hinauf

άνά τον ποταμόν »flußaufwärts«24

άν' 'Ελλάδα »über Gr. hin« άνά πέντε »je 5«

άνά λόγον »entsprechend«

αναβαίνω »hinaufgehen«

αναβάλλω »aufschieben«

άνίστημι »aufstellen«

αναπνέω »aufatmen«

ή άνάβασις- ή αναπνοή

Also merke: έξ, άπό, άντί, πρό; έν und σύν; είς, άνά, je mit nur einem Kasus.

21 ξύν ist die ältere Form (lat. cum); beide finden sich bis zum Ende des 5. Jh.s. Thukydides z.B. bevorzugt ξύν; nach 400 v.Chr. fast nur σύν, das aber seinerseits durch μετά zurückgedrängt wird. Isokratesz.B. braucht nur μετά, nie συν; ebenso im N.T. der Hebräerbrief, im Gegensatz zu Paulus.

22 Daher »Istambul«. 23 In alter Dichtung findet sich άνά auch bei Dativen, z.B. άνά σκήπτρωι »oben am Stabe«, άνά

ναυσίν »auf Schiffen«. 24 Vgl. κατά mit Akk., L. 79.7.

Page 233: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 79 235

LEKTION 79

I. Wesentlich zur Befestigung der bisher behandelten athematischen Präsentia

Speziell: Α. έπίσταμαι und έφίσταμαι 79.1

Zwei Verben, Komposita der gleichen Wurzel mit der gleichen Präposition; daher viele ähnliche Formen; Identität aber nur im Futur. Man wird Verwechslungen vermeiden, wenn man sich ihre ganz verschiedene Struktur und Bedeutung klar macht - und durch Übung.

έπίσταμαι (L. 75.7) Vsta; die Präposition dieser vorgefugt; das ganze längst als eine Stammeinheit empfunden, mit dem Augment (ή-) an deren Anfang; im übrigen bleibt die Präposition unverändert.

Bedeutung: »wissen«, »verstehen« (etw. zu tun). Viel gebraucht werden nur Präsens mit Imperfekt; nicht selten, und seit Homer, das Futur; Aor. seit Plato; ein Perfekt gibt es nicht (»Wissen« ist »Perfekt«); also (nochmals):

έπίσταμαι, έπιστήσομαι, ήπιστήθην; Imperf. ήπιστάμην.

Dagegen: έφίσταμαι (L. 78.3ff.) 79.2 Das Medium zu έφίστημι »draufstellen«; auch »daran-«, »darüber-« (als »Vorgesetzten«). Vsta- im Präsens redupliziert; *sista- wird > hista-. Das Iota ist also im Präsens nicht Teil der Präposition. Vor ihm führt das anlautende h- zur Aspiration der apostrophierten Präposition: έπι- > έφ--ίπι Präsens; sie wird wiederhergestellt im Futur: έπιστήσομαι. Also:

έφίσταμαι, έπιστήσομαι, έπέστην1, έφέστηκα; Imperf. έφίστάμην.

Bedeutung: »sich an, neben, vor (an die Spitze von) etw. stellen«.

B. Zwei PräsentU wie ιστημι

πίμπλημι und πίμπρημι; ν π λ η und ν π ρ η 79.3

ν π λ η : πλήρης, πληρόω, πλήθος; lat. plenus »voll« πλήθειν, πληθύειν »voll sein«

ν π ρ η : ό πρηστήρ »feuriger (brennender) Blitzstrahl«

Zu beiden gibt es komplette und regelmäßige Serien von Stammformen, die auf Präs. πλήθω und πρήθω zu deuten scheinen.

. . . πλήσω, έπλησα, πέπληκα, πέπλησμαι, έπλήσθην füllen

1 Soweit ein medialer Aorist von ιστημι gebildet wird (wie έστησάμην, κατεστησάμην, L. 78.13), hat er wohl immer transitive, »aktive« Bedeutung (»stelle, errichte etc. etwas von mir aus«). Für einen solchen Aorist des Kompositums έφίστημι habe ich keinen Beleg. Für das Perf. Med.-Pass. s. L.78.14.

Page 234: Griechischer Lehrgang III

236 APPENDIX GRAMMATICA L. 79

Es gibt ein Präs. πλήθω, fast nur bei Dichtern2 - aber es ist intransitiv; es bedeutet »voll sein«. Für die transitive Alternative »füllen« gibt es, neben πληρόω, das athematische πίμπλημι.

79.4 . . . πρήσω 3, έπρησα, - πέπρη(σ)μαι, έπρήσθην (ver)brennen (trans.)

Das Präs. πρήθω »verbrennen« begegnet immerhin einmal in der Ilias4; aber es hat sich nicht durchgesetzt; attisch (und später) sagt man πίμπρημι. Es leuchtet nicht unmittelbar ein, daß diese zwei Prasentien gleichen Typs sind wie ιστημι. Bei diesem hat sich der reduplizierte Konsonant auf bloßes h- reduziert; bei jenen ist er erhalten. Darüber hinaus haben die zwei ihre Reduplikation noch mit einem Nasal verstärkt; etwa wie λαμβάνω zu ν λ α β - und λανθάνω zu ν λ α θ - : so πιμπ- statt πιπ- 5 . Im übrigen aber sind sie völlig gleicher Art: πίμπλησι wie ίστησι; πιμπράναι wie ίστάναι; έπίμπλην wie ϊστην, έπίμπρασαν wie ίστασαν.

II. Präpositionen (Forts.)

79.5 Α. Vier Präpositionen bei Genetiv und Akkusativ: διά, κατά, υπέρ, μετά

Durch ihre definitiven Bedeutungen waren diese vier Präpositionen geeignet, die gleichermaßen definitiven Bedeutungen des Woher- und Wohin-Kasus zu spezialisieren.

79.6 1. διά >durch' (gewiß verwandt mit dem lat. Präfix dis-; vgl. διακρίνω - discerno, διαφέρω - differo [< disfero]; also wohl Grundbedeutung »entzwei«, »auseinander«; vielleicht auch mit griech. δίς »zweimal« verwandt):

a) beim Genetiv: durch - hindurch διά πυλών »durchs Tor«

διά μέσης τής πόλεως »mitten durch die Stadt« διά νυκτός »die Nacht hindurch«, »bei Nacht«6

διά παντός »durchweg« διά βίου »lebenslang«

διά χρόνου (»durch«, daher:) »nach (langer) Zeit«

δι' αγγέλου »durch« Boten

διά ταχέων »schnell«

διαβαίνω »durchschreiten«, »(hin) überschreiten«; so

διέρχομαι »(hin)durchgehen« διαβάλλω »verleumden« (»hindurchwerfen«)

διίστημι »auseinandertreten lassen«7, »trennen« διαφέρω »verschieden sein«

2 In attischer Prosa geläufig ist nur die Phrase άμφί πλήθουσαν άγοράν als Zeitangabe: »um die Zeit, wenn der Markt voll ist«.

3 In Prosa fast immer Kompositum: έμ- und γ,ατα-. 4 II. 9,589 (Imperfekt). Auch andere Tempora desselben Verbs begegnen bei Homer. 5 Es scheint, daß dieses zusätzliche μ- oft wieder verschwand, wenn - im Kompositum - ein glei

ches ihm unmittelbar voranging; also: Dissimilation, z.B. έμπίπλησι, aber ένεπίμπλη. 6 Also wie νυκτός oder auch νύκτα (L.22.4). 7 Unser Text L. 84 F3.

Page 235: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 79 237

διαμάχομαι »bis zur Entscheidung (»durch«) kämpfen« διαφθείρω (»durch und durch«) »verderben«

ή διαφορά- ή διαφθορά

b) beim Akkusativ: durch = wegen (räumlich: διά δώματα, διά νύκτα: nur in der Dichtung)8

übertragen: einen Grund angebend9:

διά τί; διά τούτο δι' ημάς »unsertwegen« διά Δημοσθένην »durch Schuld des D.<

2. κατά >hinab< Gegenteil von άνά; dazu κάτω »unten, nach unten«: Gegensatz άνω 79.7 (L. 78.28)

a) beim Genetiv: (her)unter (von)

κατ' 'Ολύμπου »vom Olymp herab« κατά γής »unter der« (auch: »unter die') »Erde« (als Gegensatz zu έπί γής) λέγειν κατά τίνος »gegen jd. reden« (»von oben herab«)10

b) beim Akkusativ: abwärts (> über-hin, enüang, gemäß) κατά τόν ποταμόν »flußabwärts«11

κατά γήν καί κατά θάλασσαν »zu Wasser und zu Lande« κατ' εκείνον τον χρόνον »um jene Zeit« κατά τους νόμους »den Gesetzen entsprechend« (»entlang«) κατά Πλάτωνα »nach, entsprechend [den Worten, der Meinung des] Plato« κατά πάντα τρόπον »auf jede Art« κατά βραχύ »allmählich« κατά πέντε »je 5« κατ' άνδρα »Mann für Mann« κατά σφάς αυτούς »unter sich« κατά μήνα »monatlich« καθ' έκάστην ήμέραν »täglich«

καταβαίνω »heruntergehn« (κατάβασις: άνάβασις) καταβάλλω »niederwerfen« καταπίμπρημι (»nieder-«) »verbrennen« καταγελάω »verlachen« (»von oben herab«); vgl. κατηγορέω κατάγω (»herab-«) »zurückführen« (ή κάθοδος »Rückkehr«) καθίστημι (»nieder-«) »hinstellen«, »einsetzen«

3. υπέρ über (lat. super, deutsch über) 79.8

a) beim Genetiv: über, über - hinaus, für υπέρ τής κώμης »über dem Dorf« (»oberhalb«); τά υπέρ γής; υπέρ κεφαλής

8 Im späteren Sprachgebrauch hat sich aber die Phrase διά στόμα έχειν »im Munde führen, bereden« erhalten, neben διά στόματος έχειν (wie auch διά χειρός, οργής, αίτιας, έχειν, »in der Hand halten«, »zürnen«, »beschuldigen«).

9 Unser Text IC4 διά τήν άναγκαίαν τρσφήν »weil der Körper notwendigerweise ernährt werden muß«.

10 Aber auch καθ' υμών έγκώμιον u.a. (Demosth. u.a.), also κατά »herab auf« = »in bezug auf«; so έν κατά πάντων (PI.) »eines das für alle gilt« (vgl. m. Akk.).

11 Vgl. άνά (L. 78.28).

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238 APPENDIX GRAMMATICA L. 79

υπέρ Αιγύπτου »jenseits Ägyptens« (wo?: über - hinaus) υπέρ τής πατρίδος »für das Vaterland« υπέρ σοϋ »für dich« (auch = »statt deiner«, »in deinem Interesse«)

b) beim Akkusativ: über - hinweg, hinaus (wohin?, auch wo?) υπέρ Ηράκλειας στήλας »jenseits der Säulen des H.< υπέρ τά πεντήκοντα έτη γεγονώς »über 50 J. alt« υπέρ δύναμιν »über Vermögen«

υπερβαίνω »überschreiten« υπερβάλλω »übertreffen« (ή υπερβολή »Übermaß« - »Hyperbel«) υπερέχω »übertreffen« ύπερήδομαι »sich übermäßig freuen«

79.9 4. μετά 1 2 inmitten von (deutsch mit)

a) mit Genetiv: (zusammen) mit μετά σού, μετ' ώιδής, μεθ' ηδονής, οί μετά Κύρου, μάχεσθαι μετά τών συμμάχων (»im Bunde mit . . .<)13

b) mit Akkusativ: nach, zu (hin in die Mitte von . . .) [räumlich: nur poet., bes. Homer: hin — zu: ΐκοντο μετά Τρώας, ϊωμεν μετά παίδ' έμόν, έβη μετά Νέστορα (»ihn zu holen«), πλείν μετά χαλκόν (ebenso)]

nach Rang: μετά τούτον (mit > neben > nächst > ) »nach ihm«

κάλλιστος μετ' 'Αχιλλέα

Zeif.· μετά ταύτα (mit > nächst > ) »nach diesem«, »danach« μετά τόν θάνατον »nach dem Tode« μεθ' ήμέραν (nach Tagesanbruch > ) »bei Tage«

ί μεταλαμβάνω \ »m.t«-»haben< J μ έ τ ε σ τ ί μ ο ί

(»teilhaben«) j μ ε τ έ χ ω > τίνος

/ μεταμέλει μοί / \ μεθίστημι »umstellen«, »ändern«

(Änderung) < μ ε τ α ( Μ λ λ ω > s i c h ä n d e r n <

Ι μετανοέω »seine Meinung ändern«

μεταπεμπομαί) τίνα (»nach«) μετέρχομαι »

μεταίτιος; μεταβολή, μεταμέλεια, μετάνοια, μετάστασις, μεταμόρφωσις.

12 Beispiele: L. 78 Ι Cl und II Μ. In der epischen Dichtung findet sich μετά häufig auch beim Dativ (und selten beim Genetiv!): μετ'άθανάτοισι θεοϊσι »inmitten von, unter, den u. Göttern«; μετά χερσίν έχων >in der Hand haltend« (auch mit Akkusativ, μετά χείρας). Dagegen kommt μετά mit Genetiv erst allmählich in Gebrauch, verdrängt aber seit ca. 400 v.Chr. ξύν/σύν.

13 Aber »gegen (= mit) jd. kämpfen« ist μάχομαι τινί!

Page 237: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 79 239

B. Eine Präposition bei drei Kasus: έπί bei Gen., Dat., Akk. 79.10

Grundbedeutung: auf

Für diese Präposition begegnen in dieser Lektion (I A2 und 3; II A2 und 6) und sonst (z.B. L. 751 LI) instruktive Beispiele. Gerade bei ihr werden Möglichkeiten und Grenzen rationaler Erklärung des Sprachgebrauchs deutlich. Wir kennen längst die Sprichwörter άφ' ίππου έπ' övov und άπ ' ονου έφ' ΐππον und verstehen, warum έπί hier beim Wohin-Kasus steht. Ebenso verständlich ist der Dativ - als Lokativ auf die Frage wo? - bei έπί τήι τραπέζηι »auf dem Tisch« (oder »der Bank«) und der Akk. έπί τήν Κατάνην in L. 79 Ι A2 - offenbar wieder der »Richtungskasus«. Andererseits ist uns έπί τής τραπέζης für »auf dem Tisch« längst bekannt; ebenso έπί γής »auf der Erde« (auch in L. 79IIA6). Wie erklärt sich dieser Genetiv? Gewiß nicht als >Wo-her«-Kasus; schwerlich auch als »eigentlicher« Genetiv (»des Bereichs«); da doch z.B. έπλευσαν έπί Μεγάρων »sie segelten auf M. zu« (L. 79 I A3) offenbar eine Wohin-Bewe-gung anzeigt. Dieser überaus häufige Genetiv bei έπί ist vielleicht gleicher Art mit dem Genetiv bei Verben des Treffens, Erlangens, Begehrens und Verfehlens (L. 67.10-15) -und ebenso schwer zu erklären. Oft können wir nur feststellen, daß bestimmte Verbindungen sich zum Ausdruck bestimmter Nuancen verfestigt haben14. Um das Empfinden für diese Nuancen zu stärken, empfiehlt es sich, beim Lesen dauernd aufzumerken15 -und viele charakteristische Beispiele im Kopf zu haben. Hier folgt eine Auswahl.

im. beim Genetiv 79.11 έπί τής τραπέζης 1 5 »auf dem Tisch« έπί γής »auf der Erde« έπί θαλάσσης »auf dem Meer« (aber έπί θαλάσσηι »am Meer«) έπί νεώς »zu Schiff« έφ' ίππου »zu Pferde« έπί μιας άγκυρας »an (nur) einem Anker«

πλείν έπί Μεγάρων, έπ' 'Ασίας »in Richtung auf . . .< έπ' οίκου »heimwärts«, »nach Hause«

έπί Κύρου βασιλεύοντος »zur Zeit . . .< έπ' εμού »zu meiner Zeit« έπί τών τριάκοντα »zur Zeit der (unter den) 30 Tyrannen«

έπί τριών μαρτύρων »vor (in Gegenwart von) drei Zeugen« έφ' εαυτού »auf eigene Faust« (»bei sich selbst«) ό έπί τών οπλιτών »der Kommandant der H.<

έπί beim Dativ

έπί τήι τραπέζηι 1 5

έπί τήι κεφαλήι »auf dem Kopf« (auch Gen.) έπί τήι θαλάσσηι »am Meer« έπί τήι θύράι »an (vor) der Tür«

14 Dies übrigens in verschiedenen Dialekten in überraschend verschiedener Weise. 15 Z.B. dürfte der Dativ bei έπί τήι τραπέζηι in der Diogeneslegende (L. 84 Dl), gegenüber dem

normalen Genetiv, damit zusammenhängen, daß es bei ersterem sich nicht um einen gewöhnlichen Eßtisch handelt, sondern um die »Bank·, »auf der« man Geld »liegen hat«.

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240 APPENDIX GRAMMATICA L. 79

έπ' άσφαλείάι »zur Sicherheit« φόνος έπί φόνωι »Mord auf (nach) Mord« έφ' ήμϊν έστιν »es steht bei uns«, »ist in unserer Macht« έπί στρατεύματί έστιν »er steht an der Spitze . . .< (auch Gen.) έπ' άρετήι θαυμάζεται »für . . ., wegen . . .« (L.56 II E3) χαίρω έπί . . . . . . . über . . .< έπί τούτωι »unter dieser Bedingung« έπί τριάκοντα μναϊς »unter (der Bedingung einer Zahlung von) 30 Minen« so L. 33 I D2 έπί φητοίς γέρασιν

έπί beim Akkusativ έφ' ΐππον »auf das Pferd«, έπί τό όρος »auf den Berg« έπί Κατάνην »nach, gegen K.<16

έπί πολύν χρόνον »auf lange Zeit«

έπί πάσαν τήν Άσίαν »über ganz Α. hin« έπί τό πολύ »weithin«, »meistens«

έπί τούτο »zu diesem Zweck« έλθείν έφ' ύδωρ »nach, um Wasser« (zu holen); vgl. μετά

Komposita

επαγγέλλομαι »ankündigen« τό επάγγελμα »Ankündigung« επιβαίνω »besteigen« ό επιβάτης »Schiffsoldat« έπιβουλεύω »Böses planen« ή επιβουλή »Intrige« έπιδείκνυμαι »demonstrieren« ή έπίδειξις »Demonstration« έπιδημέω »besuchen« ή επιδημία »Besuch« έπιθυμέω »begehren« ή επιθυμία »Begierde« έπιμέλομαι »sorgen« (für) ή επιμέλεια »Fürsorge« έπιορκέω »falsch schwören« επίορκος, -ον »meineidig« έπιστέλλω »auftragen« ή επιστολή »Auftrag«, »Brief« έφίστημι »an die Spitze stellen« ό επιστάτης »Vorsteher« έφίσταμαι »an die Spitze treten« έπίσταμαι »wissen« ή επιστήμη »Wissen«

Adjektiva, z.B. επιδεικτικός, επιστήμων, έπαφρόδιτος, επίπονος, έπιχώριος, έπιχθόνιος.

III. Bemerkungen zur Syntax

79.12 Α. Zum Genetiv

1. bei »voll« und »leer«, »füllen« und »leeren« (L. 79IB und C l ; auch, in I ID, »beraubt«): s.o. L.67.15.

79.13 2. L.79 Ι A2: έτεμον τής γής: der partitive Genetiv als Objekt, weil eben die Vorstellung des »Teils« überwiegt (sie verwüsteten nicht das ganze Land); also Genetiv anstelle eines Akkusativs. Man setze diese Phrase ins Passiv: so kommt der gleiche Genetiv an die Stelle

16 Text Ι A2: in A3 segeln die Athener ές Κ., denn die Stadt ist mit ihnen verbündet: sie kommen »hinein«; nicht so, in A2, die Syrakusaner: die gelangen bestenfalls bis an die Mauern von K.; darum έπί.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 80 241

des Subjekt-Nominativs; m.a.W. dieser Gen. part. kann die Stelle aller Kasus einnehmen. An der realen Struktur der Sätze ändert sich damit so wenig wie an der wesentlichen Leistung der verschiedenen Kasus; es ist eine komprimierende Art der Rede und Auffassung; vgl. gr. L. 57 II A.

B. Participium absolutum, Neutrum (Weiterführung von L. 77.10)

Im Nom. - oder ist es der Akk.? - Sing, von unpersönlichen Ausdrücken:

L. 79 II A3 δόξαν »da (obwohl, weil, wenn) es scheint (schien)« von δοκεϊ »es scheint«. So

δέον »da (. εξόν »da (. προσήκον »da (.

79.14

von δεϊ

von έξεστιν

von προσήκει

So auch

δυνατόν öv δήλον όν

αίσχρόν öv

.) es nötig ist (war)«,

.) es gestattet ist«,

.) es sich ziemt)«.

»da (. . .) es möglich ist«, »da (. . .) es offenbar ist«, »da (. . .) es schändlich ist« u.a.

LEKTION 80

I. Verba mit athematischem Präsens (Forts.) 80.1

δίδωμι

Wir stellen δίδωμι an die Spitze der »drei großen Verba auf -μι«, weil es deren formale Charakteristika am deutlichsten zeigt.

Stammbildung

Die Wurzel ist Vdo, lat. do, »geben«, uns von einigen Ableitungen (δώσω, δέδωκα, ή δό-σις) längst bekannt. Wie bei allen Vokalstämmen tritt der Vokal teils in seiner Kurzform auf (o; z.B. Aor. Pass. έδόθην, daher Fut. Pass. δοθήσομαι), teils als Länge (ω 1 ; z.B. Fut. Akt. δώσω, daher Fut. Med. δώσομαι).

Der Präsensstamm 80.2

Athematisch; die Endungen treten also, ohne verbindenden Themavokal, direkt an den Stamm. Dieser aber ist nicht einfach gleich der Wurzel (wie bei είμί und δύναμαι): der Präsensstamm präsentiert sich als eine erweiterte Form der Wurzel. Und dies nicht (wie bei δείκνυμι, L. 75.13) durch eine Zufügung am Ende, sondern (wie bei ιστημι, L. 78.2) durch Verdoppelung (Reduplikation) des Anfangskonsonanten mit zwischengeschaltetem Iota: δίδωμι (wie bei γι·γνώσκω und γίγνομαι). Wie bei allen athematischen Verben ist der Stammvokal im Präsens prinzipiell kurz, z.B.

1 Ausnahmsweise auch ου, s. Nr. 12 und 13.

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242 APPENDIX GRAMMATICA L. 80

in δίδομεν, διδόμεθα; durchweg so im Präs. Pass. (δίδομαι)1 und auch im Perf. Pass. (δέδομαι). Da es unproblematisch ist, beginnen wir auch hier mit dem

Α Medio-Passiv (Präsens und Aorist)

Da die üblichen Personalendungen, wie beim Perfekt, direkt an den Stamm treten, unterscheidet sich der

80.3 / . Indikativ Präsens

vom Indikativ Perfekt nur im Vokal der Reduplikationssilbe (δι-: δε-) und vom Präs. δείκνυμαι wie vom Perf. λέλυμαι nur durch die Verschiedenheit des Stamms. Die Andeutung wird genügen: hier gibt es kein neues Paradigma3:

Indikativ Präsens δίδομαι, δίδοσαι, δίδοται . . ., wie Perfekt δέδομαι, δέδοσαι, δέδοται . . ., wie Perfekt λέλυμαι, λέλυσαι, λέλυται . . ., wie Präsens δείκνυμαι, δείκνυσαι, δείκνυται . . . (und nicht wie λύομαι . . .).

80.4 2. Gleichartig im Imperativ

Präsens δίδοσο, διδόσθω . . ., vgl. Perfekt δέδοσο, δεδόσθω . . .,vgl. Perfekt λέλυσο, λελύσθω . . ., vgl. Präsens δείκνυσο, δεικνύσθω . . . (und nicht wie λύου, λυέσθω . . .).

Ebenso auch - abgesehen von der Eigenart des Akzents im Perfekt - im

Infinitiv und beim Partizip

Präsens δίδοσθαι διδόμενος: Perfekt δεδόσθαι δεδομένος: Perfekt λελύσθαι λελυμένος: Präsens δείκνυσθαι δεικνύμενος (nicht wie λύεσθαι). (nicht wie λυόμενος).

Die verbleibenden Modi betrachten wir praktisch zugleich mit dem

80.5 3. Aorist;

denn die »drei großen Verba auf -μι« haben starke Aoriste, und solche - das wissen wir längst - reimen in ihren Endsilben mit den Modi des Präsens und, im Indikativ, mit dem Imperfekt. Sie bestehen einfach aus dem unerweiterten Stamm und den Endungen, sind also medUle »Wurzelaoriste«, wie έστην, έγνων etc. (L.69) aktive Wurzelaoriste sind; und da der Präsensstamm dieser Verben sich von ihrem Verbstamm nur durch die Reduplikation unterscheidet, würde folgen, daß die Formen des Aorists von δίδοσθαι dem

2 Über einige Abweichungen im Aktiv durch Gradation (δίδωμι/δίδομεν) oder lautgesetzliche Entwicklung (διδούς < *διδόντς) s. Nr. 11 und 15 - auch dies in Übereinstimmung mit den übrigen athematischen Präsentia.

3 Vgl. durchweg ΐσταμαι, L. 78.5-6. - Tatsächlich begegnen speziell mediale Formen desSimplex δίδωμι sehr selten, häufig aber Komposita, zumal αποδίδομαι, und natürlich auch mediale Präsens-Formen mit passiver Bedeutung.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 80 243

Präsens (bzw. dem Imperfekt) gleich wären - nur eben ohne die Vorsilbe δι-. Dies Axiom bewährt sich in der Tat; es hat aber eine

4. Ausnahme, 80.6

die wir uns vorweg einprägen wollen (sie ist auch für die anderen beiden »Großen« gültig):

die 2. Person Endung -σο bleibt erhalten beim Präsens, d.h. beim

Imperativ δίδοσο und Imperfekt έδίδοσο4;

im^lorisi aber fällt das -s- aus und das -o kontrahiert mit dem Stamm zu ö, geschrieben ου, also

Aorist Imperativ δού 5 (< *δόσο) und Indikativ έδου 5 (< *έδοσο).

5. Neben den bereits erwähnten Modi des Präsens stünden demnach gleichartig vom 80.7 Aorist Med.

das Partizip -δομένος, -δόμενον, -δομένη (z.B. άποδόμενος), Präs. διδόμενος; der Infinitiv -δόσθαι (z.B. άποδόσθαι), Präs. δίδοσθαι; der Imperativ -δού, -δόσθω . . . (z.B. άπόδου), Präs. δίδοσο, διδόσθω . . .

Von den Modi bleiben zu erwähnen, für Präsens und Aorist, noch

6. Konjunktiv und Optativ6 80.8

Hier zeigen sich - wie bei ΐσταμαι (und den beiden anderen »Großen«) - die Normal-En

dungen kontrahiert mit dem Stammauslaut. Das resultierende ω (durchweg im Konj.)7

und oi (durchweg im Optativ) tragen durchweg den Akzent. Also, schematisch:

Konjunktiv Präs. διδώμαι, διδώι, διδώται . . . (ω durchweg; akzentuiert) Aor. δώμαι, δώι, δώται . . . (ω durchweg; akzentuiert)

Optativ Präs. διδοίμην, διδοίο, διδοίτο . . . (οι durchweg; akzentuiert) Aor. δοίμην, δοΐο, δοίτο . . . (οι durchweg; akzentuiert)

7. Schließlich stellen wir Imperfekt und Aorist Indikativ vollständig untereinander: 80.9

Imperf. έδιδόμην, έδίδοσο, έδίδοτο, έδιδόμεθα, έδίδοσθε, έδίδοντο Aor. Ind. έδόμην, έΔΟΥ, έδοτο, έδόμεθα, έδοσθε, έδοντο

Β. Aktiv (Präsens und Aorist) 80.10

Das soeben beim Medium beobachtete Verhältnis zwischen Präsens und Aorist- in grober Formel:

»Präsens = Aorist + δι-« oder »Aor. = Präs. - δι-« besteht im großen und ganzen auch im Aktiv. Dabei nehmen aber die Indikarive des Präsens und des Aorist Sonderstellungen ein, und deshalb betrachten wir diese zuerst. Der

4 Ebenso (wie immer) beim Plusquamp. έδέδοσο. 5 Ich wüßte keine Belegstelle für dies Simplex; s. aber oben Anm. 3. 6 Vgl. L. 78.6 für ΐσταμαι. 7 Warum durchweg ω, also anders als bei δουλόω (oben L. 53)? Das ist keineswegs aufgeklärt; vgl.

L. 78.6 und 10; es könnte Angleichung an den Aorist Aktiv mit seinem langen Stammvokal sein (s. Nr. 15).

Page 242: Griechischer Lehrgang III

244 APPENDIX GRAMMATICA L. 80

80.11 Indikativ des Präsens

hat nicht mehr und nicht weniger als die Kennzeichen, die allen athematischen Prasentien gemeinsam sind; nur erscheinen sie bei einem o-Stamm etwas anders als bei δείκνυμι (-υ) oder ιστημι (-α). Es handelt sich, wie sattsam bekannt8, um

a) spezielle Endungen und b) »Abstufung« oder »qualitativen Ablaut« zwischen Singular und Plural (letzteres gilt auch für das Imperfekt, das wir deshalb sogleich anschließen).

So begreift sich der Präsens Indikativ: Ablaut ω/ο

δίδωμι δ ί δ ω ς δίδω·σι δίδομεν δίδοτε διδόάσι(ν)

80.12 Beim Imperfekt überrascht -erscheint und nicht als ω 9 : Imperfekt: Ablaut ου/ο

und ist nicht leicht erklärt - , daß der gelängte o-Laut als ου

έδίδουν έδίδους έ δ ί δ ο υ [ ] έδίδομεν έδίδοτε έδίδο-ΣΑΝ

80.13 Der Aorist

Von allen Verben auf -μι haben nur δίδωμι, τίθημι und ϊημι auch im Aorist Aktiv einige eigenartige Formen. Die meisten allerdings sind - wie im Medium - identisch mit den entsprechenden Formen des Präsensstamms (nur ohne Reduplikation); die Abweichungen begegnen

a) im Indikativ:

Denn dieser zeigt im Aorist

1. »Abstufung« (wie im Präs. Ind., auch Imperfekt) mit langem Vokal (ω) im Singular und kurzem (o) im Plural und

2. im Singular zwischen Stamm und Endung ein überraschendes

Ξ Der Indikativ Aorist lautet also

έδωκα, έδωκας, έδωκε, έδομεν, έδοτε, έδοσαν

Mithin ist der Singular - nur dieser - gleich dem Perfekt δέδωκα (nur mit Augment statt der Reduplikation), aber ganz ungleich sowohl dem Präsens wie dem Imperfekt (mit dem der Plural aber in gewohnter Weise übereinstimmt)10.

8 L.76.2 und 6; L.78.7. 9 Vgl. Anm. 7.

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APPENDIX GRAMMATICA L. 80 245

b) Zwei weitere Formen enden verschieden im aktiven Präsens und Aorist, nämlich

1. die Infinitive:

Präsens διδόναι Aorist δούναι 1 1

2. die 2. Sing, des Imperativs - eigenartig in beiden Modi: 80.14

Präsens δίδου Aorist δός 1

Die soeben (Nr. 12-14) aufgeführten Eigentümlichkeiten kehren, wie gesagt, analog wieder bei τίθημι und ϊημι. In den übrigen Formen stimmen Präsens und Aorist überein (± δι-), und auch dies gilt für die beiden anderen Verben.

Somit lassen sich die übrigen Modi für beide Tempora in einem Schema darstellen. Der Stammvokal ist kurz im Optativ und Partizip, wie auch in der 3. Plural des Imperativs: δόντων. Dies ist wie beim Wurzelaorist; überhaupt erweisen alle diese Formen des Aorists sich, bei Vergleich, als identisch mit den entsprechenden des Wurzelaorists13.. Kein Wunder, dies ist ja ein »Wurzelaorist«: seine Modi bestehen aus nichts als »Wurzel plus Endung< (und das Präsens - abgesehen vom Indikativ - ist offenbar aus ihm entwik-kelt). Und wie dort wird auch hier im Konjunktiv der lange Stammvokal mit der Endung kontrahiert:

δώ, δώις, δώ wie γνώ, γνώις, γνώ . . .

Also:

Konjunktiv Optativ Imperativ Partizip (δι)δώ (δι)δοίη-ν δίδου: δός (δι)δούς (δι)δώ-ις (δι)δοίης (δι)δότω (δι)δόν (δι)δώι[ ] (δι)δοίη[ ] (δι)δούσα (δι)δώμεν (δι)δοίμεν (δί)δότε (δι)δώτε (δι)δοϊτε (δι)δόντων (δι)δόντος (δι)δώσι(ν) (δι)δοϊεν (δι)δούσης

80.15

Infinitiv: διδόναι: δούναι

C. Die übrigen Tempora 80.16

Die übrigen Tempora sind normale Ableitungen von der Wurzel Vbo/ω. Oer Vokal ist lang im Futur (Aktiv und Medium) und im Perfekt Aktiv; sonst kurz. Stammformen:

10 Mitseinem -κ- erinnert dieser Aorist durchaus an das schwache Perfektum(L. 73.3); zumal auch, mit seiner »Gradation« (»Abstufung«) an Perfekta wie έστηκα - έσταμεν und τέθνηκα - τέθναμεν (L. 73.13). Trotzdem ist keineswegs gegeben, daß diese überraschenden Aorist-Formen aus dem Perfekt stammen; die umgekehrte Beziehung hat eher größere Wahrscheinlichkeit. Wieder ein nicht sicher gelöstes Problem.

11 Sowohl -ναι (z.B. είναι) wie -έναι (? < Fέναι; z.B. ίέναι »gehen«) sind legitime athematische Infinitivendungen, und δούναι läßt sich verstehen als < *δοέναι oder < *6of έναι. Aber warum die verschiedene Bildung in Präsens und Aorist?

12 Das Präsens deutet auf Zufügung des Themavokals (*δίδοε wie *δούλοε?); das -ς im Aorist kehrt wieder bei Imper. σχές »halte!« (L.68.9) - und ist hier wie dort ein Rätsel.

13 L.69.8 und 9.

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246 APPENDIX GRAMMATICA L. 80

δίδωμι, δώσω, έδωκα, δέδωκα, δέδομαι, έδόθην geben

speziell fürs Medium z.B.

άποδίδοται, άποδώσεται, άπέδοτο, (άποδέδοται), (άπεδόθη) verkaufen

Π. Präpositionen (Forts.)

80.17 Zwei weitere Präpositionen bei drei Kasus: παρά und προς

Bei diesen beiden Präpositionen erweist sich die Möglichkeit rationaler Erklärung der Bedeutungsvarianten als weniger prekär als bei έπί (L. 79.10). In ihren Grundbedeutungen sind παρά und προς einander ähnlich. Beide vermitteln die Vorstellung von Nähe, die dann durch die Eigenbedeutung der Kasus qualifiziert wird. Dabei deutet παρά eher auf die nächste Umgebung, oder Sphäre, des betr. Nomens, während προς dessen Inhalt, oder Realität, selbst ins Spiel zu bringen scheint. Sonach erweisen sich diese beiden als auswechselbar in einigen elementaren Gebrauchsweisen, vermitteln aber doch weithin verschiedene eigene Nuancen. Das zeigt sich schon beim Vergleich der allereinfachsten Beispiele:

παρά:

1. άγγελος παρά βασιλέως (»von . . . her«) 2. μένω παρά βασιλεί (»bei«) 3. ήλθε παρά βασιλέα (>zu<).

προς:

Nur beim Akkusativ könnte hier allenfalls προς anstelle von πάρα begegnen; und selbst da dürfte z.B. πορεύεσθαι προς βασιλέα eher einfeindliches Vorgehen anzeigen ('gegen den Κ. marschieren«) - eine Nuance, die bei παρά nicht in Betracht käme. Ein lokaler Dativ προς τήι θαλάσσηι »(nahe) beim Meer« findet sich gewiß, aber kaum je mit einem personalen Nomen, und überhaupt ist der Gebrauch von προς beim Dativ viel beschränkter als der von παρά. Und ein lokaler Genetiv προς βασιλέως, synonym mit παρά β , dürfte sich kaum je finden; dieser Ausdruck würde etwas anderes bedeuten, nämlich etwa »im Interesse« oder »in der Manier des Königs«.

So bliebe denn für den, der sich in den Bedeutungsbereich der Präpositionen eingewöhnen will, auch hier kein besserer Weg, als Aufmerksamkeit bei der Lektüre und Aneignung von - nicht zu wenigen - Beispielen:

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APPENDIX GRAMMATICA L. 80 247

πάρα προς 80.18

! Genetiv

άγγελος ήλθε παρά βασιλέως1 4

παρά βασιλέως μυριάδες ηύτομόλουν »vom Κ. her liefen Ζ. über«

δώρα παρ' ημών >G. von uns«

προς βασιλέως είμί »ich stehe auf Seiten des K.<

προς τοΰ ποταμού »auf der Seite zum Fluß hin«

προς εσπέρας »im Westen«

προς πατρός

προς Κύρου

προς τών εχόντων

1. »vom Vater (etc.) her« (überkommen)

2. »nach Vaters (etc.) Art«

3. »im Interesse des Vaters« (etc.)

ή παρά τών θεών βοήθεια »Hilfe von den Göttern«

αίτείν παρά θεών »von den Göttern erbitten«

προς θεών όμνυμι »bei den Göttern schwören«

προς τού σού τέκνου »bei deinem Kind« (flehe . . . ich)

έμαθον \ παρά Πρωταγόρου »ich ήκουσα r habe gelernt (erfahren), έδιδάχθην l gehört, wurde belehrt, έλαβον / bekam von P.<

έμαθον \ προς Πρωταγόρου (ebenso; ήκουσα f wohl eine Nuance mehr έδιδάχθην l persönlich-direkte Einwir-έλαβον / kung als bei παρά; daher

bes. bei Passiv: Gr. I..64 II K)

Dativ

παρά βασιλεί μένω »ich (ver-)bleibe beim König«

Πρωτ. π α ρ ' έμοί καταλύει »Ρ. wohnt in meinem Haus«

παρά τήι θαλάσσηι »am Meer« παρ' Άθηναίοις »bei den Athenern« τά παρ' ήμϊν »die Zustände bei uns«,

»unsere Lage«

παρά διδασκάλωι παιδεύεται »er wird bei (durch - im Flause) einem L. erzogen«

προς τήι θαλάσσηι »dicht am Meer« προς αύτήι τήι πόλει »dicht an der

Stadt selbst«

προς τούτοις (zu diesem) »dazu noch« »obendrein«

14 Παρά mit Gen. »von her«: nur von Personen (nicht z.B. von Orten).

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248 A P P E N D I X G R A M M A T I C A L. 80

παρά προς

Akkusativ

a) »zw« (hin, bis, nahe bei) ήξω παρά σε »ich werde zu dir

kommen« δεϋρο, παρ ' έμέ κατάκεισο »komm,

leg dich neben mich« άφικόμενοι παρά Πρωταγόραν »bei

Ρ. angekommen« (klassisch nur bei Personen; nicht so

Koine: προς)

a) >ZU' (in Richtung auf . . .), >gegen< μυριάδες ηύτομόλουν προς Κϋρον

»liefen zu Κ. über« έπορευόμεθα προς βασιλέα »mar

schierten gegen den Κ.« είπε προς με »zu mir« (hin) μάχεσθαι προς Πέρσας, όσιοι

προς αδίκους »gegen« εΰσεβεϊν προς θεούς »fromm gegen

die Götter« προς Βορράν 1 5 »in Richtung Nord«;

so προς έσπέραν προς θάλασσαν (in Richtung) »aufs

Meer zu« ήν προς έσπέραν ήδη »gegen Abend«

b) >an< - >entUng< παρά τήν θάλασσαν »am Meer

entlang« παρ' άλληλα »an einander entlang«

(»parallel«!) παρά τά άλλα ζώια-(entlang, neben)

»im Vergleich mit den anderen Tieren«

παρά πολύ (»an vielem entlang«)

»bei weitem« παρά μικρόν απέθανε »fast wäre er

gestorben«; (aber auch:) παρ' ολίγον απέφυγε »fast wäre er

nicht entkommen« παρά τοσούτο »um so viel«, »in

solchem Abstand« παρ' δλον τόν βίον »das ganze Leben

lang«

b) »in bezug, Richtung auf. . . 1 6

τά προς τόν πόλεμον »was für den Krieg benötigt wird«

προς τί; »wozu?« προς ταύτα »mit Bezug auf dies«,

»daraufhin« σκόπει προς σεαυτόν »betrachte mit

Bezug auf dich (bei dir) selbst« μή προς χάριν λέγε »rede nicht auf

Gunst hin, um Gunst« εν προς έν »eins zu einem« (gestellt,

zum Vergleich) νέμειν έκαστον προς έκάστην »je

einen je einer zuordnen« άνθρωπος προς θεόν πίθηκος »im

Vergleich zu (zum Gott hin) einem Gott ein Affe«

c) >entlang< - und »vorbei' παρά ταύτα »darüber hinaus«,

»außerdem noch« παρ' ελπίδα »über Erwarten« (hinaus),

»entgegen der Erwartung«

παιδεύειν προς άρετήν »zur Tugend« πίνειν προς ήδονήν »zum Vergnü

gen«, »nach Belieben« προς φιλίαν άφίημι »in Freundschaft

(freundschaftlich) entlassen«

15 Der Genetiv, προς Βορρά, wird mit der gleichen Bedeutung gebraucht - wie überhaupt der Grieche vielfach (s.o. Genetiv) ein Woher empfindet, wo uns das Wohin natürlich ist.

16 Vgl. gr. L.78 II Gl .2 .

Page 247: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 81

παρά γνώμην 1 7 ι »entgegen verständiger παρά δόξαν ) Meinung, Erwartung«

(»paradox«!)

παρά τους νόμους »gesetzwidrig«

παρά τήν άξίαν »nicht nach Verdienst«

Komposita

παρά: παρακαλώ »herbeirufen« (Sp. »bitten«) 80.19 πάρειμι »zugegensein« παρίστημι »danebenstellen« παραβάλλω »nebeneinanderstellen«, »vergleichen« παραβαίνω (»über-hinweggehen«) »übertreten« (z.B. νόμον) παρατρέπω »etwas umkehren«

παραδίδωμι »übergeben«, »überliefern« (tradere) ή παράδοσις »Übergabe«, »Tradition«; τό παράδοξον

προς: προσάγω »heranführen« 80.20 προσέρχομαι »herangehen« προσδίδωμι (noch) »dazugeben« προσεύχομαι »anbeten« προσαγορεύειν »anreden« προστάττω »anordnen«, »befehlen« προσέχω (τόν νουν) »aufmerken« προσήκει »es kommt zu«, »gebührt sich« τό πρόσωπον »Angesicht« (»was dich ansieht«)

LEKTION 81

I. Verba mit athematischem Präsens (Forts.)

τίθημι

Wer δίδωμι beherrscht, für den bietet τίθημι kein Problem: die Formbildung ist die glei- 81.1 che; lautliche Verschiedenheiten sind bedingt durch die Verschiedenheit der Wurzel.

A. Die Wurzel ν θ ε / η - :

a) redupliziert: τι·θε/η- (Präs.)) / Γ Λ · · ·, · , „. ,« . ' r „ ' * , / 1 (Dissimilation; vgl. θυω: τεθυκα)

τ ε θ η - (Perf.) » gleichartige Dissimilation im Aor. Pass.: έ-τέθην (< *έ·θέθην).

b) Lange und kurze Formen des Wurzelvokals:

1. Wo δίδωμι ω hat, hat τίθημι η : z.B. έδωκα - έθηκα,

17 παρά γνώμην kann, je nach Zusammenhang, auch bedeuten »gegen die eigene Meinung«, »wider besseres Wissen«.

Page 248: Griechischer Lehrgang III

250 APPENDIX GRAMMATICA L. 81

2. Wo δίδωμι ο hat, hat τίθημι ε: z.B. έδομεν - έθεμεν,

3. Wo δίδωμι ö (geschr. ου) hat, hat τίθημι έ: (geschr. ει): z.B. δούναι - θείναι 1 .

81.2 Β. Die Stammformen

Der Stammvokalisxkurz: im Aor.Pass. (daher auch Fut.Pass.) u n d - prinzipiell- im Präsens und Aor. Akt. und Med.

Der Stammvokal ist lang: im Fut. Akt. (daher auch Fut. Med.) und Perf. Akt. 81.3 N.B. Ein Perfekt Passiv von dieser Wurzel kam nicht (oder fast nicht) in Gebrauch. Ge

wöhnlich diente statt dessen das athematische Präsens κείμαι »liegen«, »gelegen (placiert) sein« (oben, L. 75, bes. Anm. 5); denn was an einen Ort »gestellt worden« ist, das »liegt« (usw.) dort. Also:

τίθημι, θήσω, έθηκα, τέθηκα, (κείμαι), έτέθην setzen, stellen

speziell fürs Medium z.B.

υποτίθεται, ΰποθήσεται, ΰπέθετο zugrundelegen, ansetzen (υπόκειται es ist vorausgesetzt, angenommen)

C. Präsens und Aorist

81.4 a) Medium

Präsens und Aorist

Indik. τίθεμαι, -σαι, -ται, etc. wie λέλυμαι, -σαι, -ται, etc. (Indikativ)

Imperfekt έτιθέμην, έτίθεσο, ετίθετο . . . —» wie Plqu. έλελύμην, έλέλυσο, έλέλυτο . . .

<— έθέμην, έθου, έθετο . . .

Konj. τιθώμαι, τιθήι, τιθήται . . . —> ' <— θώμαι, θήι, θήται . . .

Opt. τιθείμην, τιθείο, τιθεϊτο . . . —* 4- θείμην, θείο, θεϊτο . . .

Imper. τίθεσο, τιθέσθω . . . —* <— θού, θέσθω . . .

Infin. τίθεσθαι —* «— θέσθαι

Partizip τιθέμενος, -ον, -η —* *- θέμενος, -ον, -η

81.5 b) Aktiv

Präsens und Aorist

Indik. τίθημι, τίθης, τίθησι τίθεμεν, τίθετε, τιθέασι(ν) (Indikativ)

Imperfekt έτίθην, έτίθεις, έτίθει2

έτίθεμεν, έτίθετε, έτίθεσαν —» έθηκα, έθηκας, έθηκε(ν) «- έθεμεν, έθετε, έθεσαν

Konj. τιθώ, τιθήις, τιθήι . . . —* <— θώ, θήις, θήι . . .

Opt. τιθείην, τιθείης, τιθείη . . . -» *— θείην, θείης, θείη . . .

Imper. τίθει, τιθέτω, τίθετε . . . -» <— θές, θέτω, θέτε . . .

Infin. τιθέναι —» <— θείναι

Partizip τιθείς, τιθέν, τιθείσα —> «- θείς, θέν, θείσα

Gen. τιθέντος, τιθείσης —» «— θέντος, θείσης

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APPENDIX GRAMMATICA L. 81 251

II. Präpositionen bei drei Kasus (Fortsetzung) 81.6 άμφί, περί

Ά μ φ ί und περί zeigen, als Grundbedeutung, beide die Lage »um etw. herum« an: diese Gleichartigkeit hat bewirkt, daß eines der beiden, nämlich περί, im Gebrauch das andere verdrängte; so kommt άμφί z.B. bei Aristoteles und im N.T. überhaupt nicht mehr vor. Von Ursprung her bestand gewiß ein Unterschied der Bedeutung. Άμφί ist etymologisch verwandt mit άμφω, lat. ambo »beide«, und bedeutet dementsprechend, zunächst als Adverb, »auf beiden Seiten«; περί dagegen ist »rings um«. Aber dieser Unterschied verwischte sich früh; schon Homer gebraucht die beiden als Synonyme.

Α. Ά μ φ ί >um< 81.7

Mit Genetiv und Dativ: nicht in att. und späterer Prosa; in Dichtung: mit Gen. z.B. λέγειν, μάχεσθαι άμφί τίνος »um« etwas; mit Dat. z.B. άμφί σοί »in deiner Nähe«; φοβεϊσθαι άμφί γυναικί; άμφί σώματι (L.76 Ι F2).

Mit Akkusativ: ist άμφί, mit der Bedeutung »um - herum«, »in der Gegend von« in Dichtung ziemlich häufig; z.B. άμφί πύλας »an, bei den Toren«; in Prosa aber hat nur Xenophon es oft; z.B. άμφί τά δρια »an den Grenzen«, άμφί δείλην »gegen Abend«, άμφί άγοράν πλήθουσαν 3, άμφί τους δισχιλίους; also bei ungefähren Zahl- und Zeitangaben, wo andere περί gebrauchen.

PUto sagt einmal άμφί Σικελίαν »überall in Sizilien«, und oft οί άμφίΆνυτον, Πρωτα-γόραν u.a., >A. und sein Anhang« (wie seit Homer gebräuchlich). Sonst aber meidet att. Prosa - im Gegensatz zu att. Dichtung - diese Präposition auch beim Akkusativ.

Komposita 81.8

άμφιβαίνω »umschreiten«, »beschützen« αμφιβάλλω »umwerfen« (z.B. Kleid), »umarmen« άμφιέννυμι (oben, L. 77.2.7.9) άμφικαλύπτω »umhüllen« άμφίσταμαι >um-herumstehen< αμφίβολος, -ov »ringsum angegriffen«, »ungewiß«, »zweideutig« άμφιδέξιος »sehr geschickt« (»doppelt-rechtshändig«) άμφίλογος, -ov »umstritten«

Β. περί >um< 81.9

Mit Genetiv: kaum je in ursprünglich-räumlicher Bedeutung; unendlich oft übertragen zur Bezeichnung des Gegenstandes, »um« welchen es sich bei einer Tätigkeit oder Fähigkeit handelt (bei manchen Nuancen begegnen auch andere Kasus; s.u.); z.B.

1 Die letzte Regel gilt nicht für den Konjunktiv, der (wie überall) seine ω und η vom thematischen Präsens (λύω, λύηις) übernimmt (also τιθήω > τιθώ usw.); noch auch für das Kontraktionsprodukt ου < εο; also Aor. Med. έθου (< *έθεο < *έθεσο) wie έδου (< *έδοο < *έδοσο).

2 Die Endungen des Sing. Imperf. sind anders als bei ιστημι (L. 79.8) und noch problematischer als bei δίδωμι (L. 80.12). Schrittweise Angleichung an Verba auf -έω?

3 L.79, Anm. 2.

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252 APPENDIX GRAMMATICA L. 81

λέγειν περί τίνος (um) »über etwas sprechen« φοβείσθαι περί τίνος (um) »für etwas fürchten« (auch Dat.) βουλεύεσθαι περί τής ειρήνης (um) »über den F. ratschlagen« μάχεσθαι περί τής πατρίδος (um) »für das V. kämpfen« (auch Dat.)

(μάχη περί ελευθερίας L. 34 D2) Θεοφράστου Περί φυτών ιστορία »Ths. Forschung (um) über Pflanzen« σοφός περί τούτων »kompetent hierfür« ) . », , περί τών θείων »in religiösen Fragen« ι

speziell:

περί πολλού (πλείονος, παντός) ποιούμαι »hoch (höher, über alles) schätzen«4

Mit Dativ: viel weniger gebräuchlich. Nie z.B. bei den klassischen attischen Rednern; nicht selten dagegen z.B. bei Plato und Thukydides, zumal zur Bezeichnung des Gegenstandes, »um« den es sich bei einer Bemühung, Kampf, Sorge handelt; wie z.B.

κινδυνεύω περί τήι πόλει »um die Stadt kämpfen« δεδιότες περί τώι χωρίωι (um) »für die Festung fürchtend«

Mit Akkusativ: räumlich: z.B.

ναύς απέστειλαν περί τήν Πελοπόννησον »um die Ρ. herum«

dies häufiger von Situation als von Bewegung; z.B.

ώικουν περί πάσαν τήν Σικελίαν Φοίνικες »um ganz S. herum wohnten Ph.« (an den Küsten)

und hiernach sehr oft zur Bezeichnung eines Bereichs; z.B.

τά περί τον Ήρακλέα »was sich im Bereich des H. zutrug«

dies vermittelt eine andere Nuance als der gleiche Ausdruck im Gen.:

τά περί τού Ηρακλέους »die (Geschichten . . .) von H.<

Ähnlich

τά περί τήν Μυτιλήνην »Angelegenheiten im Bereich von M.< οί περί φιλοσοφίαν άνθρωποι »Leute (interessiert) an Philosophie« ήν τι περί ημάς άμαρτάνωσιν »wenn sie sich in bezug auf uns verfehlen«

Ferner, ganz wie mit άμφί:

περί τον αυτόν χρόνον »um dieselbe Zeit« περί μέσας νύκτας »um Mitternacht« περί έβδομήκοντα »um (circa!) 70«

also bei ungefähren Zahl- und Zeitbestimmungen; und

οί περί Κύρον >K. und sein Gefolge«.

81.10 Komposita

Wenn ich »um jd. herumkomme«, dürfte ich ihm überlegen sein: so erklären sich wohl die verschiedenen Nuancen, die περί- bei Komposita zum Ausdruck bringt; z.B.

4 Auch der bloße Genetiv, ohne Präposition, findet sich bei dieser Phrase (dann also einfacher »Genetiv des Preises«).

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APPENDIX GRAMMATICA L. 82 253

περιίστημι »etwas herumstellen« περιτίθημι »etwas herumlegen« περιέρχομαι »um etwas herumgehen«

περιγίγνομαί τίνος »komme um etwas herum«; »gewinne die Oberhand über jd.<; »überlebe«

περίειμι »bin übrig«; »übertreffe«

ή περίοδος »Umlauf« ό περίπατος »das Umhergehen« ή περιπέτεια »Umschwung«, »Umschlagen« περιχαρής, ες »hocherfreut«

III. Eine syntaktische Anmerkung zu τίθημι 81.11

In der griech. Lekt. steht:

I A5 . . . τιθέασιν ές σήμα; vgl. E3 είς άλλην μοίραν τιθέντες; III Β1 . . . είς τήν πήραν άποτιθέναι; aber: Ι Α6 . . . τεθήναι έν Άττικήι; vgl. D2 έν αρετής μέρει τίθης; Ι D3 . . . ούπερ έτίθεις (aber ποϊ D2) und D4 τίθεσο δπηι βούλει.

Im Deutschen stellt man eine Vase »auf den Tisch«, d.h. man hat die aufs Ziel gerichtete Handlung vor Augen (»wohin?«). Der Römer empfindet anders; er hat den Erfolg der vollzogenen Handlung bereits im Auge: dann wird die Vase »auf dem Tisch« stehen (>wo?<); er setzt demnach nicht den Zielkasus (Akk.), sondern den Situations-Lokativ (»Ablativ«)5. Unsere Beispiele zeigen, daß im Griechischen beides begegnet. Manchmal glaubt man zu empfinden, warum der Akk. bevorzugt wurde, aber der lokativische Dativ (also wie lat.) ist häufiger und immer legitim.

LEKTION 82

I. Verba mit athematischem Präsens (Forts.)

ϊημι 82.i

Dies Verb verdient eine eigene Lektion wegen seiner Häufigkeit und des weiten Bedeutungsfeldes, welches es, und viel mehr noch seine Komposita, decken. Formal ist es prinzipiell gleich δίδωμι und τίθημι; dem letzteren weithin bis zu reimender Klanggleichheit. Was an Unterschieden besteht, gründet in der Verschiedenheit der Wurzel.

5 Wer Latein gelernt hat, kennt den Vers: »Bei pono, loco, colloco / fragt der Lateiner immer: Wo?«

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254 APPENDIX GRAMMATICA L. 82

82.2 A. Wurzel

Die Wurzel von τίθημι ist νθη/ε; die Wurzel von ϊημι ist ν*)η/ε. Da anlautendes Jot (j) im Griechischen zu h (geschr.') wurde, ist die Wurzel von ϊημι in historischer Zeit Vf\lk: Das sieht man sehr deutlich z.B. an einem Fut. Akt. wie άφήσειν gegenüber dem Aor. Pass. άφεθήναι.

82.3 Das ursprüngliche Jot (j > h) wirkt nach bei

1. dem Augment; z.B. Aor. Pass. -εϊθην (< *έέθην < : :'έίέθην);

2. der Reduplikation: a) Präsens: ϊημι (< *}ίίημι), ϊεμεν (< ' ^ ε μ ε ν ) ; b) Perfekt: είκα (< *έεκα < " ^ ε κ α ) , wie είμαι (< : :έεμαι < )έ)εμαι).

Β. Präsens und Aorist

1. Aktiv

82.4 Präsens, Indikativ

ϊημι, ϊης, ΐησι usw. reimt mit τίθημι, τίθης, τίθησι usw.

nur 3. Plur. kontrahiert: ίάσιν wie ίστάσιν - also verschieden von τιθέασιν, διδόασιν. 82.5 In den Modi völlige Gleichartigkeit:

Konj.: wie τιθώ, τιθήις . . . so ίώ, ίήις . . . Opt.: wie τιθείην . . . τιθεϊμεν so ίείην . . . ίείμεν Imper.: wie τίθει, τιθέτω . . . so ϊει, ίέτω . . . Infin.: wie τιθέναι so ίέναι Partiz.: wie τιθείς, τιθέν, τιθείσα . . . so ίείς, ίέν, ίεϊσα . . .

82.6 Im Imperfekt ist der Vokal bei der 1. Sing, der gleiche wie bei der 2. und 3. Sing, (so auch bei δίδωμι, aber abweichend bei τίθημι), nämlich -ει-:

1. Sing, έτίθην, aber ίειν; dann aber wie έτίθεις, έτίθει so ίεις, ίει und wie έτίθεμεν . . . έτίθεσαν so ϊεμεν . . . ίεσαν.

82.7 Aorist, Indikativ

wie έθηκα . . . έθηκε so ήκα . . . ήκε1, und wie έθεμεν . . . έθεσαν so είμεν . . . είσαν (< *έ1ιεμεν usw.).

82.8 Die Modi des Aorist

sind wiederum gleich dem Präsens, minus Reduplikation (i-); z.B.

Konj.: ω, ήις . . .2, Opt.: είην . . . είμεν2, Infin.: είναι2, etc.

Merke Imper.: ές, έτω . . . wie θές, θέτω . . .; verschieden von Präs.: ϊει, ίέτω . . ., welches wie τίθει, τιθέτω . . . (s.o. 5).

1 Nicht zu verwechseln mit ήκε »er kam« (Imperfekt von ήκω). 2 Nicht zu verwechseln mit ώ . . ., είην . . ., είναι von είμί »ich bin«

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APPENDIX GRAMMATICA L. 82 255

2. Medio-Passiv

Das Medium reimt mit τίθεμαι; z.B. 82.9

Ind. ΐεμαι, ΐεσαι . . . wie τίθεμαι, τίθεσαι, Konj. ίώμαι, ίήι . . . und (Aor.) ώμαι, ήι wie τιθώμαι . . . und θώμαι Opt. ίείμην, ίείο . . . und (Aor.) εϊμην, είο wie τιθείμην . . . und θείμην3

Imper. ΐεσο, ίέσθω . . . und ού, έσθω . . . wie τίθεσο . . . und θού

Partiz. ίέμενος . . . und έμενος, wie τιθέμενος und θέμενος Imperfekt, ίέμην, Ϊεσο . . . wie έτιθέμην, έτίθεσο . . .

Eine Ausnahme: 82.10

Aor. Indik. εϊμην, εϊσο: nicht wie έθέμην, έθου (< *έθεσο).

C. Die übrigen Tempora

sind normale Ableitungen von der Wurzel ντ|/ε, und zwar begegnet η- nur im Fut. Akt.

und Med.; sonst ε-.

Stammformen 82.11

N.B.: Komposita von ϊημι sind viel häufiger als das Verbum simplex; die Formen mit > - < finden sich nur in Komposita:

/ . Aktiv und Passiv

ϊημι, ήσω, ήκα, -εϊκα, -είμαι, -εϊθην in (schnelle) Bewegung setzen; werfen; senden; loslassen

2. Medium

Ϊεμαι, -ήσομαι, -εϊμην, -είμαι sich schnell bewegen

II. Präpositionen bei drei Kasus (Schluß)

ύπό >unter< 82.12

Das Gegenteil von έπί: Τά ύπό γής: Τά έπί γής.

Beispiele werden die Bedeutungsbreite am besten zeigen:

1. Schematisch

a) οί ύπό χθονός θεοί ύπό δένδρωι κείται ύπό τά δένδρα ήλθε die G. unter der Erde er liegt unter einem er ging unter die B. oder

Baum unter den B. entlang b) ήττάσθαι ύπό βασιλέως είναι ύπό βασιλεί γίγνεσθαι ύπό βασιλέα

vom Κ. besiegt werden unter der Herrschaft unter die H. des K. des K. stehen (leben) geraten

3 Angleichungen der 3. Pers. Opt. an die ω-Konjugation wie z.B. προοϊτο (statt προείτο) finden sich schon in den Handschriften klassischer Autoren und werden später häufiger.

Page 254: Griechischer Lehrgang III

256 APPENDIX GRAMMATICA L. 82

2. Weitere Beispiele (s. auch griech. Lekt. II L)

a) bei Genetiv Έ κ τ ω ρ ύπ' Άχιλλέως απέθανε (s. L.61.10) Τά ύπό τού ποιητού λεγόμενα »die Worte des Dichters« ύπό γέλωτος »vor Lachen« (griech. Lekt. 66 H2) Άπώλοντο ύπό λιμού »sie starben Hungers« Έπορεύοντο ύπό σάλπιγγος >. . . unter Trompetenschall«

b) bei Dativ (vgl. aber griech. Lekt. 25 I G samt Anm. 5) ύπό παντί λίθωι σκορπιός ύπό τήι Άκροπόλει »unter (am Fuß) der Α.« ύπό παιδοτρίβηι παιδεύεται »er lernt unter einem Trainer«

c) bei Akkusativ υπό νύκτα 1. »gegen Abend«, 2. »bei Nacht« ύπό τούτον τον χρόνον »etwa um diese Zeit«

82.13 3. Komposita

a) >unter<

ΰπεστι > ,. , , , , , , > »es ist, liegt, drunter« (»zugrunde«) υπόκειται > ° ύποτίθημι »darunter-«, »unterstellen« ύπολαμβάνω »unterstellen«, »annehmen« ύφίημι »herunterlassen«, »nachlassen« (vgl. b) υπομένω »aushalten« ύπομιμνήσκω »jd. erinnern« b) 'heimlich, unbemerkt' ύπάγειν »langsam vorrücken« ύποκλέπτειν »listig stehlen« ύποπέμπειν »unbemerkt senden« ύφίημι »heimlich senden«, »anstiften« (vgl. a)

82.14 III. »Uneigentliche« Präpositionen

So nennt man Wörter, die wie die »eigentlichen« Präpositionen bei Substantiven stehen, sich aber nicht, wie diese, mit Verben zu Komposita verbinden. Wir kennen längst viele solche Wörter, wissen z.B., daß die Konjunktion ώς »wie«- falls es dasselbe Wort ist - oft mit der Bedeutung »zu« beim Akk. sich findet (ώς βασιλέα »zum König«; nur bei Personen) und daß der Akk. χάριν (wie lat. gratiä) zur »/Osfposition«, manchmal auch »Präposition«, beim Genetiv erstarrt ist: σού χ ά ρ ι ν 3 »dir zuliebe, deinetwegen«; τίνος χάριν »weswegen?«

Gleicher Konstruktion, ähnlicher Bedeutung ist ένεκα4; z.B. τοΰ (τίνος) ένεκα »weswegen, zu welchem Zweck«, εμού γε ένεκα »was mich anlangt, meinethalben«; ένεκα πείρας »was Erfahrung anlangt«. Die meisten dieser Wörter sind alte Adverbia (Ort, Zeit, Art und Weise); viele von ihnen werden auch weiterhin so gebraucht (also auch ohne ein zugehöriges Nomen); fast alle stehen bei Genetiven.

3 Oft auch οήν χάριν. Ebenso wird Akk. δίκην gebraucht, z.B. κυνος δίκην »wie ein Hund«. 4 Auch ένεκεν, εϊνεκα (-κεν), οΰνεκα (-κεν).

Page 255: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 82 257

Eine Liste der häufigsten, in Bedeutungsgruppen

a) bei Genetiv

εντός »drinnen«

82.15

εΐσω »hinein«

εκτός »außerhalb«

έξω »hinaus«, (dann auch:) »draußen«

εγγύς6 »nahe«

πόρρω 6 »fern« (»vorwärts«)

μεταξύ »zwischen«

περά 8 »weiter«

περάν 8 »jenseits«

εναντίον9 »gegenüber«, »entgegengesetzt«

πρόσθε(ν), έμπροσθε(ν) (»vorn«) »vor«

οπισθε(ν) »hinter«, »nach«

πού έστιν; :: εντός έστιν εντός τής οικίας εστίν5

ποί ήλθεν; :: ήλθεν εΐσω εΐσω δόμων ήλθεν; dann auch: εΐσω δόμων εστίν

έκτος έστιν. έκτος τής οικίας έκτος αιτίας »schuldlos« έκτος τούτων »außerdem«

έξω ήλθεν, εστίν, έξω πυλών έξω τής δίκης »nicht zum Prozeß gehörig« έξω αιτίας »frei von Schuld«

εγγύς έστιν. έγγΰς τής πόλεως έγγΰς τού τελευτήσαι »nah am Sterben«

τά πόρρω »das Fernliegende« πόρρω τής αληθείας »fern von der Wahrheit«7

πολύ τό μεταξύ »da ist ein großer Abstand« μεταξύ λέγων »während des Sprechens« έστι τι μεταξύ σοφίας καί άμαθίας

μή λέξηις πέρα »sprich nicht weiter!« πέρα δίκης »übers Recht hinaus« πέρα τοΰ δέοντος »mehr als nötig«

είς τό πέραν »auf die andere Seite« πέραν τοΰ Ελλησπόντου »auf der anderen Seite des H.<

έστώς πολεμίοις ενάντιος εναντίον απάντων λέγειν »vor allen« (coram) τουναντίον »im Gegenteil«, »andererseits«

τους όπισθεν ές τό πρόσθεν άγειν οί πρόσθεν άνδρες »die Männer damals« έμπροσθε θυρών, πρόσθε πυλάων πρόσθεν εμού »früher als ich«

έμπροσθε τε Θερμοπυλών καί όπισθεν όπισθεν εμού »hinter mir« δπισθε τής θύρας

5 Analog der Genetiv in ποϋ γης έστιν; »wo in aller Welt?« und όψέ τής ημέρας »spät am Tage«. 6 PI. Prot. 356e είτε εγγύς είτε πόρρω είη; Apol. 38 πόρρω τού βίου, θανάτου δέ έγγΰς. 7 πλησίον und πόρσω werden gebraucht wie εγγύς und πόρρω. 8 Natürlich sind πέρα und πέραν nahverwandt; wohl Kasus eines sonst verschollenen Nomens.

Trotzdem decken sich die Bedeutungen nur teilweise; bei den hier zitierten Beispielen wären die beiden Formen keineswegs austauschbar, und πέρα kommt bei Homer und sonstiger alter Dichtung nicht vor (wohl aber πέραν). Ableitungen sind περάω »überschreiten«, περαίνω »vollenden«; verwandt τό πέρας »Begrenzung, Ende«.

9 Neutrum von ενάντιος, -ov, -α; eigentlich »entgegengewandt«.

Page 256: Griechischer Lehrgang III

258 APPENDIX GRAMMATICA L. 82

κρύφα, λ ά θ ρ α 1 0 »im Verbor-πίνειν λάθρα genen, »unbemerkt« κρύφα Αθηναίων »ohne daß die A. es merkten«

λάθρα πατρός

άχρι(ς), (häufiger) μέχρι θαλάσσης »bis ans Meer« μέχρι(ς) »bis« μέχρι θανάτου,

άχρι τής τελευτής

μέχρις άν ήκω »bis ich komme«

άνευ 1 1 »ohne« ισχύς άνευ τάχους »Stärke ohne Schnelligkeit« άνευ αποδείξεως »ohne Beweis« άνευ θεού »ohne göttlichen Beistand« άνευ έμοΰ »ohne mich«, d.h. »ohne mein Wissen

und Willen«

χωρίς »abgesondert«, »ohne« χωρίς οίκοΰσιν »sie wohnen separat«

ή ψυχή χωρίς τοΰ σώματος, ηδονή λύπης χωρίς χωρίς τίνων ολίγων »abgesehen von ein paar Kleinigkeiten« Τίς άν επιστήμη είη χωρίς τοΰ λόγου; (Plato)

82.16 b) bei Dativ: nur άμα und δμοΰ

άμα »zugleich« (zeitlich) πάντες άμα »alle auf einmal« άμ' έπος άμ' έργον »gesagt, getan« άμ' ήμέράι »mit Tagesanbruch« ήλθεν άμ' έμοί »zugleich«, »zusammen mit mir« άμα τήι δεήσει είπε λόγον »zugleich mit seiner Bitte«

δμοΰ »zusammen« (räumlich) ήν πάντα δμοΰ (im Chaos) δμοΰ έμοί »zusammen mit mir«

82.17 III· Syntax

Eine besondere Art von doppeltem Akkusativ (L. 58.12)

Text I I D μέθες με . . . χείρα »laß mich los . . . die Hand«: Das Ganze (»mich«) wird zuerst empfunden und gesagt, dann der betroffene Teil; sog. Konstruktion καθ' δλον καί κατά μέρος. Diese (psychologisch leicht begreifliche) Form findet sich fast nur in der Dichtung (dort manchmal auch im Dativ). Das bekannteste Beispiel ist der oft zitierte Homervers: »Welches Wort entfloh dir dem Gehege der Zähne« ποιόν σε έπος φύγεν έρκος οδόντων.

10 κρύφα, κρυφά, κρυφή und λάθρα, λάθρα, λάθρή: alle diese Varianten existieren - bei verschiedenen Autoren und Dialekten.

11 Homer auch άνευθε.

Page 257: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 83 259

LEKTION 83

Verben mit athematischem Präsens (Schluß)

είμί, είμι, φημί

Systematisch-logisch gehörten diese drei Verben an den Anfang der athematischen Prä- 83.1 senden und nicht ans Ende dieses langen Kapitels (L. 75- 83); denn sie stellen das athematische Aktiv in Reinkultur dar wie κείμαι und δύναμαι (L. 75) das Medium und wie έγνων, έβην, έστην den starken Aorist. Man kann sie auch als »Wurzelpräsentien« bezeichnen wie έγνων als »Wurzelaorist«; denn wie dieser bestehen sie aus nichts als Wurzel und Endung; während bei τίθημι, δίδωμι usw. die Wurzel durch Reduplikation erweitert ist und bei δείκνυμι und Genossen durch Zufügung von -νυ. Welche Begriffe könnten auch elementarer sein, mithin häufiger gebraucht, als »sein«, »gehen« und »sagen«? Eben darum konnten diese Verben uralte Züge bewahren, die bei allen oder doch fast allen anderen geschwunden sind oder wenigstens sich gründlich verändert haben1. Sie stehen also von allen der IE Urform am nächsten. Keineswegs aber bewahren sie diese Urform unverändert, und vor unseren Augen - von Homer bis zur attischen Klassik und weiterhin bis etwa zum Neuen Testament und volkssprachlichen Papyri - entfernen sie sich weiter von ihr. Was die Einzelbetrachtung sogleich zeigen wird.

Α. είμί - είναι - »sein« 83.2

Alle Formen dieses allerhäufigsten Verbs sind uns stufenweise begegnet, mit Andeutung auch ihrer Geschichte2; so kann ihr System in raschen Zügen umrissen werden. Die Wurzel - wie bei all diesen Verben mit »quantitativem Ablaut« (»Gradation«), d.h. in längerer und kürzerer Form auftretend - ist

Ves/s, d.h. Grundstufe Ves, Schwundstufe Vs. Der nachdenkende Betrachter der folgenden Übersicht wird nur weniger Bemerkungen bedürfen.

Präsens

Indikativ 83.3

vgl. lat. Urform Zwischenstufen klassisch und später

sum "es-mi έμμι aeol. είμί (έμί) es *essi έσσι Hom. u.a. (*έσι > ) εί est *es-ti έστι3 εστί sumus ::'smen εσμεν εσμεν estis *s-te εστε έστέ sunt ;:'snti έντί dor. (dt. sind < "senti) είσί

1 Es schien daher praktisch, den Lernenden nicht am Eingang mit Untypischem zu beschweren. Andererseits sind viele Formen dieser so häufigen Verben uns längst begegnet; das wird ihre endliche Systematisierung erleichtern.

2 Indikativ: L. 10.11-12; Konj. L. 23.5; Opt. L. 25.8; Partiz. L. 30.12; Imperf. L. 31.10; L. 32.7; Futur L.36.7.

3 So akzentuiert, wenn es nicht »Kopula«, »Hilfszeitwort«, ist (für die Betonung der Enklitika είμί und φημί s. L. 11.9-11). Daß man das unakzentuierte Enklitikon εστί schreibt, wenn es allein steht (L. 10.11), ist eigentlich widersinnig.

Page 258: Griechischer Lehrgang III

260 APPENDIX GRAMMATICA L. 83

Offensichtlich ist im Griechischen das anlautende έ- im Plural zugefügt worden nach dem Vorbild des Singulars.

Die klass. 3. PI. είσί ist = έσί < '·ένσί < *έντί < ! :henti.

83.4 Die 2. und 3. Sing, bewahren die ursprünglichen Endungen -σι und -τι (L. 76.2; vgl. lat. laudas, laudat etc.). Bei allen anderen -μι-Verben wurde die Endung-τι der 3. Sing, zu -σι erweicht, wie gewöhnlich; vgl. 3. Plur. είσί aus έντί und z.B. λύουσι aus λύοντι. Damit wurde die 3. Sing, τίθησι gleich der 2. Sing. (Endung -σι). Zur Unterscheidung erhielt nun letztere die so weitverbreitete Endung -ς der 2. Sing, der -ω-Verben (λύεις, έλυες usw.). Daher also der Unterschied zwischen τίθημι, τίθης, τίθησι und έμμι, έσσι, έστι.

83.5 Konjunktiv

Wie bei allen μι-Verben ist der Konjunktiv der ω-Verba übernommen und, wie bei τίθημι etc., mit der Wurzel kontrahiert. Die vertrauten Formen ώ, ήις, ήι usw. stammen also von "έσω, *έσηις usw. Das Zwischenglied έω, έηις ist bei Homer reichlich erhalten4. - Die Formation des

Optativs,

mit der Abstufung ιη/ι der Bildesilbe (welche freilich recht früh aufgegeben wird: είμεν > είημεν) ist seit L. 25.7-8 wohlbekannt.

Infinitiv

είναι aus *έσ·ναι wie είμί aus ::'έσμί (Ersatzdehnung έ für ausgefallenes -s-). Gleichartig auch das

Partizip ών, öv, ούσα (L. 30.12), bei Homer έών, έόν, έουσα, aus *esön, ;;'eson, *esontja.

83.6 Imperativ 2. Sing, ϊσθι ist problematisch. Die Endung -θι ist uns wohl bekannt (φάνηθι L.43.4; γνώθι L. 69.10; ϊσθι »wisse« (!) L. 74.2) und kehrt bei den beiden anderen Gliedern dieser Gruppe wieder (im Unterschied von allen anderen Präsentia auf -μι); aber das anlautende Iota - in dieser einzigen Form! - bleibt ein Rätsel. Die übrigen Formen regulär von ν ε ς :

έστω, έστε, έστων (auch έστωσαν)5.

83.7 Imperfekt (wie L. 31.10; L.32.7) Das e- der Wurzel gelängt zu η- als Augment:

ή (ήν), ήσθα, ήν, ήμεν, ήτε, ήσαν

1. Sing, aus ::"esn > *esa > Hom. ήα. Dies wirkte wie ein Perfekt (z.B. άκήκοα); daher erhielt die 2. Sing, die alte Perfekt-Endung -θα (L.73.1)6 - Die vertraute 3. Sing, ήν ist in der Tat so problematisch (wo sonst gibt es eine 3. Sing, auf -n?), daß wir sie besser unbesehen hinnehmen. 3. Plur. Die Endung -σαν gewiß von έλυσαν (wie auch bei έδίδοσαν usw.).

4 Das lat. Futur ero, eris usw. steht der Urform eher näher, denn bekanntlich wird im Lat. -s- zwischen Vokalen zu -r- (honos, honosis > honoris). Ero ist der alte Konjunktiv Präsens; sim, sis . . . ist ja ursprünglich Optativ (oben, L.25.7).

5 Diese Form schon bei Homer; das volkstümliche όντων dagegen findet sich sehr selten in der Literatur.

6 In nachklassischer Zeit (z.B. im N.T.) trat das gewöhnliche -s an ihre Stelle: ής statt ήσθα.

Page 259: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 83 261

Futur 83.8

έσομαι regelmäßig wie λύσομαι - außer 3. Sing. Ind. έσται (wohl nach dem Vorbild von Präs. έστιν). Dies ist also einthematisches Medium. Die Vorstufeέσσομαι. . . έσ-σεται ist häufig bei Homer.

Akzente der Komposita 83.9 Wie beim Verbum simplex, z.B. άπώ, συνεϊεν, παρόντος, μετήν. Aber: im Indik. und in der 2. Pers. Imper. steht der Akzent auf der Präposition: άπειμι, έξεστιν, σύνεισιν; συνισθι, σύνεστε.

Β. είμι - ίέναι >gehen< 83.10

(lat. ire)

Vorweg: Nur είμι (Akzent!) und εί sind buchstabengleich mit είμί (!) und tl von είναι!

Wurzel: Grundstufe: νε ί- , Schwundstufe Vi-; kurz: Vtl/l Die längere Form nur im Sing, des Indikativs und im Imperfekt; sonst i-. Also:

Präsens

Indikativ 83.11 είμι, εί, είσι(ν)/ίμεν, ΐτε, ΐασι(ν)

2. Sing, εί < *εΙ·σι. 3. Sing, είσι < *εϊ·τι (vgl. oben Nr. 4). 3. Plur. -άσι(ν), wie alle Verba auf -μι (außer είμί), nach ίστάσι(ν) (L. 78.5); vgl. auch Perf. τεθνάσιν, έστάσιν (L. 73.13).

Modi 83.12 Alle beginnen mit -i (Schwundstufe)!

Konjunktiv

ΐω, ΐηις . . . wie λύω, λύηις . . . Beachte den Unterschied gegenüber ίώ, ίήις (von ίημι)Βεί der Wurzel Vi- gab es nichts zu kontrahieren: daher die verschiedene Akzentuation.

Optativ 83.13 ίοιμι, ίοις . . . wie λύοιμι, λύοις . . . Also Einbruch der thematischen Formbildung; im Unterschied gegen είην, θείην, τιθείην usw.7

Imperativ im, ιτω, ιτε, ιόντων

2. Sing.: oben Nr. 6.- 3. Plur.: die Einfügung des Themavokals (wie in λεγόντων) ist unter μι-Verben singulär; vgl. dagegen ίστάντων, τεθέντων.

Infinitiv: ίέναι.

Partizip: ιών, ιόν, ίούσα, Gen. ιόντος, ίούσης.

Imperfekt 83.14

Erklärung der Formen ist z.T. schwierig; zunächst lerne man sie! Wurzel νε ί - , mit Augment ήι-

älter: ήια ήιεισθα) ήιει ήιμεν ήιτε ιήισαν jünger: ήιειν ήιεις » ήιειμεν ήιειτε (ήιεσαν

7 Über die gleiche Entwicklung bei den Verba auf -νυμι s. L. 76.4.

Page 260: Griechischer Lehrgang III

262 APPENDIX GRAMMATICA L. 83

Es ist deutlich, daß die standardisierten Formen dazu dienen, die überkommene Un-gleichmäßigkeit der älteren Formen zu reduzieren8; weithin bestanden aber beide nebeneinander. Wer sich die Vergangenheit von οίδα »ich weiß« ins Gedächtnis ruft (L. 74.3):

ήιδεα, ήιδησθα, ήιδει . . . wird nicht zweifeln, daß eine Verbindung besteht zwischen diesem Plusquamperfekt und dem Imperfekt ήια »ich ging«, wie auch zu ήα »ich war«. Einzelnes bleibt problematisch; wir bemerken nur noch, daß die 1. Sing, ήια sich erklärt aus :!'eim > Ä"ein > ή'ία (so Homer).

83.15 Bedeutung von ίέναι

Das Präsens von Verben des Gehens und Kommens wird - wie sich leicht begreift - oft mit futurischer Bedeutung gebraucht (»Morgen reise ich nach Rom«). Das gilt im Griechischen besonders für είμι. Homer gebraucht es mit Beziehung auf die Gegenwart sowohl wie auf die Zukunft9. Für die Modi gilt das auch weiterhin (und das Imperfekt weist ausschließlich auf Vergangenes); der Indik. Präs. aber hat im klassischen Attisch, und später, durchweg futurische Bedeutung; in unseren Texten besonders deutlich in II D3 διέξιμεν »wir werden reden«. Der Übergang zeigt sich in C3 είμι »ich gehe« und Cl άπιμεν »wir gehen fort«, beides futurisch.

83.16 C. φημί - φάναι (und φάσκω - φήσω) »sagen'

(lat. fama; fari »sagen«)

Von der Wurzel ν φ η / ά

werden reguläres Futur und Aor. Akt. gebildet: φήσω, έφησα (wie φιλήσω, έφίλησα)1 0, sowie zwei Prasentien: φάσκω und φημί - etwa wie ήβάσκω und ήβάω zur νήβη/ά (vgl. L.64.3).

83.17 Von diesen zweien wird φάσκω weniger häufig gebraucht und dann meist mit mehr emphatischer Bedeutung: »ich behaupte, bestätige«, welche auch den anderen beiden Tempora meist eignet (L.64.4). Man sollte demnach als Stammformen zitieren

φάσκω, φήσω, έφησα (ja) sagen, behaupten

Allerdings zeigt unser Text III E, daß φάσκω, φημί und λέγω doch auch als Synonyme gebraucht wurden, und der Unterschied zwischen

φημί und φάσκω ich sage ja, bestätige, stimme zu, wie auch zwischen

οΰ φημι und ού φάσκω ich sage nein, bestreite ist nicht immer augenfällig. Das Partizip φάσκων schließlich dient für beide Prasentien11.

83.18 Trotzdem gilt, daß mit der einfachen (nicht »emphatischen«) Bedeutung »sagen« das Präsens φημί unendlich häufig ist; ebenso sein Imperfekt als dessen Vergangenheitstempus (wie ein

8 Bei Homer finden sich noch andere, die wir hier übergehen. 9 Präsentisch ist ίασιν in dem von Plato zitierten Sprichwort (unser Text IID6): es ist ein Hexame

ter, in der Nachfolge Homers. 10 Bei Homer, sonst aber höchst selten, gibt es auch einige Formen des Mediums; z.B. φάσθε,

φάσθαι, φάμενος, έφάμην, φάτο. 11 Das Part, φάς, φάντος (zu φημί) findet sich bei Homer, aber nicht im Att. und auch sonst höchst

selten.

Page 261: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 84/85 263

Aorist, aber ohne Modi). SeineFormen sind meist längst bekannt und bedürfen nach dem Vorangehenden kaum noch der Erklärung.

Präsens 83.19

Indikativ: φημί, φής 1 2 . . . oben, L. 10.11.

Konjunktiv: φώ, φήις . . . (kontrahiert aus φάω, φάηις . . .).

Optativ: φαίην, φ α ί η ς . . . wie είην, ε ϊ η ς . . . oder βαίην, βαίης . . . , (also nicht wie

ΐοιμι, oben Nr. 13).

Imperativ: φ ά θ ι 1 3 , φάτω, φάτε, φόντων.

Infinitiv: φάναι.

Partizip: oben, Anm. 11.

Imperfekt 83.20

έφην, έφησθα, έφη, έφαμεν, έφατε, έφασαν

Also wie ϊστην (warum ?) - abgesehen von der Perfekt-Endung der 2. Sing, wie bei ήσθα, oben Nr. 7, und ήιεισθα, Nr. 14. Den Indikativ ausgenommen, könnten alle Formen von φημί als Aorist registriert werden; sie werden in der Tat als solcher gebraucht (z.B.: έφη ~ lat. dixit).

LEKTION 84

Gelegenheit zur Befestigung der Verba mit athematischem Präsens (L. 75-83)

LEKTION 85

I. Kombinierte Stammformen1 85.1

Wir haben uns kürzlich mit Verben befaßt, die nur - oder ganz vorwiegend - im Präsens existieren: είμι, φημί, είμί, κείμαι. Beim Studium des Aorists erwiesen sich »Wurzel-

12 Ich sehe keinen Grund, mit gewissen antiken Grammatikern φήις zu schreiben. Wer wollte τίθης oder ΐστης mit einem Iota verzieren?

13 So, entgegen der überwiegenden Tendenz zur Hauchdissimiiation, vgl. L. 58.6-7. Als Aor. Imperativ (s.o.) soll es φαθί akzentuiert werden, wie είπε, εΰρέ etc.; vgl. L.29.7.

1 In vielen deutschen Grammatiken werden die im folgenden zusammengestellten Verben (und oft noch andere) als »Mischklasse« registriert. Wie bereits oben, L. 29.5, bemerkt, wird diese Gruppierung dem ordnenden Grammatiker verdankt. Seinem System ging eine lange, vielfältige und nie abgeschlossene Entwicklung vorauf, auf die wir im folgenden einige Blicke werfen werden; vgl. auch L. 54.2 und L. 69.15 (ζην) und im Vokabular L. 59 a.E. (τύπτω) und L. 80 I D (ώνέο-μαι).

Page 262: Griechischer Lehrgang III

264 APPENDIX GRAMMATICA L. 85

aoriste« wie έγνων, έστην, έβην als ursprüngliche und vollgültige Systeme, denen erst allmählich Präsentia - komplizierterer Form - zuwuchsen: γιγνώσκω, ιστημι, βαίνω, βαδίζω (L. 69). Ähnlich im Perfekt (L. 73;74): zu οίδα gibt es kein Präsens noch Aorist; kaum auch zu κέκραγα; und wer έστηκα oder πέποιθα sagte, hatte dabei schwerlich ιστημι oder πείθω auch nur im Unterbewußtsein. Wir kennen auch längst Aoriste, denen nie ein Präsens zugewachsen ist: aus den Wurzeln von είδον, είλον, είπον, ήλθον sind Aoriste gebildet, aber kein Präsens. Das hängt offenbar zusammen mit der Ausdrucksqualität der drei sog. »Tempora« (Präs., Aor., Perf.), dem, was man mit dem Terminus »Aktionsart« andeutet. Z.B. bei ίδείν gegenüber δράν: was die VFib beinhaltet, verlangte offenbar die Form des Aorists, während für VFOQ das Präsens angemessen war. Es handelt sich also keineswegs um Anzeigung verschiedener Zeitstufen (ίδείν ist ja nicht »früher« oder »später« als όράν), sondern um verschiedene Aspekte des weiten Begriffs »sehen«.

85.2 Als »kombinierte Stammformen« faßt also die Grammatik die verschiedenen Wurzeln und Formen zusammen (oder doch die häufigsten), mit denen die griechische Sprache Nuancen höchst elementarer Begriffe (wie Sehen, Gehen, Essen) spezifizierte. Die meisten dieser Formen sind längst bekannt. Daß man sie als »Stammformen« beherrscht, ist unerläßlich; die angeschlossenen Bemerkungen sind - wie durchweg - für den, der das Gelernte auch zu verstehen und auszuwerten wünscht.

85.3 Stammformen

(Klassische Formen - die aber auch früher und später in Gebrauch gewesen sein mögen -unterstrichen; Älteres darüber, Späteres darunter)

1.

ιρισω ) ι ήνεγκον > , , , , , , „ 5 » Ιοΐσρ-μαι! i ( f e ö i - ^ - ^ ένήνενρι,ήνέχθην tragen

Drei Wurzeln

a) nur Präsens: ν φ ε ρ ; vgl. lat. fero, engl, to bear, dt. »gebären«;

b) nur Futur und Verbaladjektiv: Voio2; Wurzel sonst unbekannt;

c) Aorist; seit 4. Jh. auch Perfekt: νένεγκ: problematisch, wie auch die Varianten νένεκ

und νένοκ 3 .

Der starke Aorist ήνεγκον (nicht bei Homer) hat schon im 5. Jh. Formen neben sich, die wie »s-Aorist ohne s< aussehen (unser Text ϋ2):ήνεγκα, wohl immer 2. Sing, -ας, 2. Plural -ατε, 3. Plural ήνεγκαν; etc.

Perfekt: mit attischer Reduplikation; im Aktiv auch Wurzelablaut ε/ο und Aspiration: έν-ήν-οχα. Der Unterschied zwischen dem »linearen« oder »durativen« Präsens φέρειν (»beladen sein«) und dem »punktuellen« oder »effektiven« Aorist ένεγκείν (»an einen Ort bringen«) kann vielleicht durch eine deutsche Parallele illustriert werden: »der Rhein trägt Schiffe« (φέρει), gegenüber »der Bote brachte den Brief« (ήνεγκε).

2 -σ wegen des Verbaladjektivs οίστός. Dagegen wird die traditionelle Ableitung von ό οίστός »Pfeil« von dieser Wurzel (»der Getragene«) jetzt abgelehnt.

3 Anscheinend Reduplikation einer einsilbigen Wurzel, die mit lat. nanc iscor verwandt sein könnte.

Page 263: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 85 265

Ableitungen (nur von a)): ή φορά »das Tragen, Bewegung, Schwung« (»Getragen-wer-den<); ό φόρος (Tribut, den die attischen Bündner »beitrugen«; L.59 B2); τό φορτίον »Last«, ή διαφορά, ή μεταφορά; ή συμφορά »Geschehen, Unglück«.

85.4

, , , , . ι οπωπα > ωμμαι οραω, οφομαι, ειδον, I j — ^ y έόρακα, > έώραμαι, ώφθην sehen

έώρακα έωράθην

Man bedenke die Fülle von Nuancierungen des Begriffs »sehen« in der Muttersprache: sehen, blicken, erblicken, schauen, betrachten . . ., deren jedes (wie fast alle unsere Verben) in allen »Tempora« begegnet. Ebenso hat das Griechische hier »Synonyme« - der Ausdruck ist irreführend - , die ein mehr oder weniger komplettes Formensystem entwickelt haben, wie βλέπω »blicken, sehfähig sein«4, θεάομαι »anschauen«5, σκοπείν -σκέψασθαι »ausschauen« (mehr und mehr auf geistiges »Betrachten«, »Erwägen« zentriert). Wenn wir unsere Aufmerksamkeit hier auf diejenigen sinnverwandten Verben richten, deren spezifische Bedeutung sie auf einen Tempusstamm, oder doch wenige, einschränkte - daher der Grammatiker dann sie zu einem Paradigma zusammenstellen konnte - , sollten wir doch jene kompletteren Verwandten nicht vergessen. Hier also handelt es sich um

Drei Wurzeln 85.6

a) VFOQ: zunächst (z.B. bei Homer) aufs Präsens beschränkt; dringt seit dem 5. Jh. ins Perfekt Aktiv (L. 73.9), seit dem 4. Jh. ins Perfekt Passiv, nachklass. sogar in den Aorist Passiv (z.B. bei Aristoteles) ein;

b) VFib: nur Aorist Aktiv (Homer auch Med., daher Imperativ ιδού); s. L. 74.1 und 4;

c) ν ό π : Futur, Perfekt. Aorist Passiv; durchweg auf dem Rückzug vor FOQ.

Ίδείν ist »erblicken«, »erkennen«, ein im Moment geschehender Akt des Wahrnehmens; daher dem Aorist einzig angemessen (das Perfekt είδέναι - οίδα ist der von solchen Akten herrühende Zustand des »Wissens«). Die ν ό π bedeutet Aktivierung der Sehfähigkeit - »sehen, beschauen«; VFOQ steht dem nahe (daher die Überschneidungen): etwa »ansehen«, »anschauen« (»durativ«, daher zunächst im Präsens).

An Ableitungen kennen wir: zu ίδείν: είδος, εΐδωλον; ιδέα; zu Von: οψις »Sehkraft«, »Anblick«; όμμα (< *δπμα) und οφθαλμός »Auge«; dagegen gibt es von όράω nur wenige, und späte: ή δρασις »das Sehen«, »Vision«; τό δράμα (»was man sieht«, »ansieht«) »Schauspiel« (Panorama!).

4 Nicht bei Homer; im Att. noch ohne Perfekt und ohne Passiv; es verdrängt allmählich όράω und ist heute das Verb für »sehen«.

5 Die Gruppe θεωρός »Abgesandter zu Orakeln oder Festspielen« und »Zuschauer«, mit abgeleite- 85.5 ten θεωρέω, θεωρία(!) etc., stellt mit ihren undeutlichen Beziehungen zu θεός »Gott«, θεά »Schau« und όράω ein kniffliges Problem.

Page 264: Griechischer Lehrgang III

266 APPENDIX GRAMMATICA L. 85

3.

85.7 λέγω, λέξω, έλεξα, (συνείλοχα), λέλεγμαιΛ έλέχθην) »sammeln« ί έλέγην Ι

λέγω, έρώ, είπον, εΐρηκα, εΐρημαι, έρρήθην sagen (αγορεύω) (λέξω) (έλεξα) (λέλεγμαι) (έλέχθην)

λέγω

Gleich lat. lego, bedeutet zunächst >(ein-)sammeln«, »(zusammen-)lesen«. Von dort bis zu der generellen Bedeutung »sagen« ist ein langer Weg, der bei Homer nur erst anfängt; andererseits wird die ursprüngliche Bedeutung im klassischen Attisch und später durch das Kompositum συλλέγω ausgedrückt. Was man sammelt, ordnet man wohl; so wird λόγος zum Ordnungsprinzip und endlich zu (etwa) »Vernunft«. Man zählt es auch (λέγω > λογίζομαι); und man gibt Rechenschaft davon, »zählt esaufl, »erzählt«. Die allmähliche Verbreiterung dieses Bedeutungsbereichs kann andeutungsweise von unseren Texten abgelesen werden; auch ersieht sich wohl leicht, warum für »sagen«, »sprechen« außerhalb des Präsens andere Wortwurzeln so sehr viel häufiger gebraucht wurden als λέγω. In gewisser Hinsicht gilt dies sogar auch für das Präsens. Φημί und φάσκω wurden soeben behandelt (L.83); außerdem gibt es das Präsens

85.8 αγορεύω 6

Άγείρω heißt »zusammenbringen«, »versammeln«; eine αγορά ist zunächst eine >A.n-sammlung«, »Versammlung« von Menschen (also auch, was attisch εκκλησία heißt), bald auch der Ort für eine solche, der »Versammlungs-« oder »Marktplatz«. Was geschieht dort? 1. Man treibt Handel: αγοράζω, »auf dem Markt sein«, spezifiziert sich im 4. Jh. zu »kaufen'. Und 2. Man redet zur versammelten Menge: άγοράομαι und αγορεύω bei Homer; letzteres wird später bevorzugt; ganz überwiegend nur im Präsens: eine Volksrede ist eben das Gegenteil von einer »punktförmigen Handlung«. Viele Komposita; merke bes. απαγορεύω etwas »wegreden«, »versagen« mit der zwiefachen Bedeutung von »verbieten« (m. Infinitiv) und »ermüden« (m. Partizip)7.

85.9 είπον Nur Aorist: das Verb zu dem Nomen τό έπος, welches etwas »Gesagtes« bedeutet; und zwar mehr das »Gelautete«, »zu Hörende« als dessen Gehalt: der ist μύθος. Das Verb έειπε bei Homer, von < έλειπε, zeigt, daß die Wurzel ν ^ ε ι π / ̂ επ war8. Also etwa: »zu hören geben«, »eine Äußerung tun« - lang oder kurz, »unbestimmt«: Aorist. Die schwachen Formen auf -α überwiegen im Ionischen; auch im Att. sind είπας, είπατε, είπαν normal; andererseits ist 1. Sing, immer είπον, Opt. είποιμι, Inf. ειπείν, Part, ειπών.

85.10 έρώ - εΐρηκα - εΐρηται - έρρήθη - φηθήσεται

Wurzel VFQT), genauer VFor\ / ^ερε 9; davon ή φήσις (feierliche) »Ansprache«, »Rede«; το φήμα »Gesprochenes«; Ausspruch, Wort; ό φήτωρ »Redner«; Verbaladj. φητόν »was ausgesprochen werden darf«; άρρητον »unsag-

6 Die anderen Tempora begegnen recht selten im klassischen Att.; früher und später sind sie häufiger.

7 Die Tempora wie bei λέγω: άπερώ, άπεϊπον usw. 8 Daher bleibt das εί- in den Modi (oben, L.29.7-8), anders als bei είλον, έλω. 9 Die Sprachwissenschaft nimmt nicht an, daß das klangähnliche έρομαι, έρέω, έρεείνω, ερωτάω,

ερευνάω »befragen«, »erforschen« (VBQF) mit dieser Wurzel zusammenhängt.

Page 265: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 85 267

bar«, »geheim«, »schauerlich«. Die Wurzel scheint demnach eine formell-feierliche Äußerung (religiös, politisch, juristisch) anzuzeigen; daraus läßt sich das Vorwiegen des Perfekts bei ihr sowie das Fehlen von Präsens10 und aktivem Aorist begreifen. Die zitierten Formen sind regelrecht von ihr abgeleitet: ""^ερέσω - '"^έ^ρηκα - ^ έ ^ ρ η μ α ι -"έ^ρήθη.

4. έρχομαι, είμι, ήλθον, έλήλυθα kommen 85.11

έρχομαι gibt es klassisch fast nur im Präsens Indikativ, weil der Ind. είμι sich zum Futur entwik-kelt hatte (L. 83.15); für die übrigen Modi, auch das Imperfekt, blieb aber ίέναι im Gebrauch. Das ändert sich, insofern nachklassisch ίέναι außer Gebrauch kam und έρχεσθαι an seine Stelle trat; mit dem kuriosen Nebeneffekt, daß sein Präsens, wie früher είμι, auch futurische Bedeutung annahm (denn was »kommt«, ist noch nicht hier, wird aber, bald oder später, hier sein). So heißt im N.T. der Messias ό ερχόμενος (Lk. 7,19): nicht (präsentisch) als »der, der im Kommen begriffen ist«, sondern (futurisch) als »der, der kommen soll und wird'. Jedenfalls indiziert έρχεσθαι (die Wurzel steht allein) ein kontinuierliches »sich herbewegen« ; daher notwendig als Präsens; seine Richtung wird aber durch Präpositionen modifiziert (δι-, είσ-, συνέρχομαι) oder sogar umgekehrt (άπ-, εξέρχομαι). Über είμι - ίέναι 85.12 (lat. ire) wurde hinlänglich zu L. 83 gehandelt. An Bedeutung höchst ähnlich, deutet es, wenn nicht durch Präpositionen modifiziert, eher die Bewegung von hier, als hierher an. Neben beiden steht, bedeutungsähnlich und mit einem ziemlich vollständigen, regelmäßigen Satz von Formen,

πορεύομαι, πορεύσομαι, έπορεύθην1 1 »gehen«, »reisen«, »marschieren«; 85.13

und schließlich

έλεύσομαι, ήλθον, έλήλυθα 85.14

erklärlich aus der längeren und kürzeren Form der νέλευθ / έλυθ:

Futur έλεύ[θ]σομαι: dies wird im klassischen An. nicht gebraucht (είμι!), wohl aber früher (z.B. Homer und, ihm folgend, Tragödie) und später (z.B. N.T.);

Aorist ήλθον: gewiß durch »Synkope« (Zusammendrängung unter dem Einfluß des Akzents, speziell wohl im Imper. έλθέ < έλυθέ; vgl. etwa μήτηρ/μητρός) aus ήλυθον (so, neben ήλθον, Homer u.a.); Modi έλθω, έλθοιμι (so auch Homer);

Perfekt έλήλυθα: normales starkes Perfekt mit sog. attischer Reduplikation (L. 73.11): έλ·ήλυθ·α.

Diese Wurzel, im Unterschied zu έρχομαι, zeigt eine Bewegung an, die ein Ziel erreicht: 85.15 daher bildet sie kein (»lineares«) Fräsens. Gleichbedeutend mit ihrem Perfekt (»ich bin gekommen und bin nun da') ist das »perfektive« Präsens ήκω. Auch diese Wurzel wird durch Präpositionen modifiziert. Wo dies eine Umkehrung der Richtung involviert (άπ-, έξ-, κατήλθε), bleibt dann ein Bewußtsein eines festen Aus-

10 Bei Homer und Hesiod gibt es einige wenige Prasentien (είρω). In der attischen Prosa halten sich zwei Futura Pass., abgeleitet vom passiven Aorist und Perfekt: είρήσεται und φηθήσεται.

11 Perfekt sehr selten.

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268 APPENDIX GRAMMATICA L. 86

gangspunktes: »fort von uns«, »aus dem Haus«, »von der Berghöhe hinab« oder »aus der Fremde zurück«.

85.16 IL Zum Text III D

Ein Beispiel Thukydideischen Stils, dessen gedankenschwere Konzentration aus der folgenden Paraphrase erhellen wird. Die Vertreter der total erschöpften Verteidiger von Platää sprechen zu ihren übermächtigen spartanischen Gegnern - mit geringer Hoffnung auf Erfolg, aber: »die nicht gehaltene Rede« (also: »wenn wir unter den gegebenen Umständen nicht redeten«) »könnte (uns) den Vorwurf eintragen, daß es (unsere) Rettung hätte sein können, wenn sie gehalten worden wäre. Also wird sie nun gesprochen sein zu (Hörern), die alles (was wir sagen können) schon wissen (also schwerlich davon beeindruckt werden dürften)«.

LEKTION 86

Kombinierte Stammformen (Abschluß)

86.1 αίρέω, αίρήσω, είλον, ήιρηκα, ήιρημαι, ήιρέθην 1 nehmen

Weder für αίρείν noch für έλείν gibt es überzeugende IE Parallelen. Der griechische Gebrauch zeigt aber, daß ersteres die Vorstellung des »nach etwas Greifens« vermittelt, letzteres aber die des erfolgreichen, effektiven »Ergreifens«, also »Nehmens«; weshalb ihm der Aorist gebührt.

86.2 Wir wissen längst, daß das Medium αίρέομαι »ich nehme etwas für mich (an)« den Begriff des Wählens ausdrückt. Dabei wiederholt sich die Differenzierung der Wurzeln und Tempora; was unsere Beispiele I E4 und E5 illustrieren: »Greife immer nach (dem Ideal) der Gleichheit« (»verfolge sie«): Präsens, αίρού; aber- in einer konkreten, momentanen Situation -: »Nimm dir (von vielem Gebotenem), was du magst!«: Aorist, έλού. Analog die Differenzierung in dem Aristophanes-Zitat G: »als ihr dabei wäret (euch bemühtet), einen Strategen zu wählen . . .< (ήιρείσθε, Imperfekt); >. . . trotzdem entschiedet ihr euch für Kleon« (εϊλεσθε, Aorist).

86.3 Seit L. 64.8 wissen wir ferner, daß άλίσκομαι, mit seinem aktiven Aorist und Perfekt, oft als Passiv zu αίρέω dient - nicht zum Medium αίρέομαι »ich wähle«, wohl aber für verschiedene Nuancen des Aktivs: von einer eroberten Stadt heißt es, daß sie έάλωκεν, und auch von einem ertappten Übeltäter (Text A3) und von einem verurteilten Angeklagten; z.B. προδοσίας (oder προδότης) έάλω, »er wurde wegen Verrats (als Verräter) verurteilt«; denn der Grieche spricht von gerichtlicher Verhandlung als von einem Kampf zwischen »Verfolger« (διώκων, Kläger) und »Fliehendem« (φεύγων, Angeklagter, L.50.7).

1 Beachte den kurzen Stammvokal, nur im Aor. Pass., wie bei ηύρέθην (L. 70.4), und ebenso schwer zu erklären.

Page 267: Griechischer Lehrgang III

APPENDIX GRAMMATICA L. 86 269

Komposita von αίρέω sind vielgebraucht; zumal άν-, άφ-, δι-, έξ-, καθαιρέω, je mit 86.4 selbstverständlicher Grundbedeutung, sowie προαιρέομαι »vorzüglich wählen«, »sich entscheiden-; wichtige

Ableitung von ν α ί ρ ist αϊρεσις »das Nehmen«, »die Einnahme«, vor allem aber »Wahl« be- 86.5 deutend; zumal auch die Wahl zwischen philosophischen Grundanschauungen (δόγματα), z.B. ή Στωική αΐρεσις (»Schule«) und ή αϊρεσις τών Χριστιανών (danach dann »Häresie«). Ebenso vom Medium abgeleitet ist ή προαίρεσις, was besonders eine persönliche Lebenswahl und Überzeugung bezeichnet.

τρέχω, δραμοΰμαι, έδραμον, δεδράμηκα rennen 86.6

Also zwei Wurzeln: 1. ν δ ρ α μ , 2. ν θ ρ ε χ 2 , die erste sicher IE 3 - sie hat indische Entsprechungen -, die zweite ungewiß. Unsere Texte (II 1-3) zeigen den Bedeutungsunterschied zwischen den beiden. Τρέχειν ist »in rennender Bewegung sein«; es ist »linear« oder »durativ«, bezeichnet eine »fortlaufende Handlung« und ist demgemäß prinzipiell aufs Präsens beschränkt. Δραμείν breitet sich vom Aorist (schon bei Homer) allmählich aufs Futur und Perfekt aus; diese Wurzel deutete offenbar auf eine zielstrebige Bewegung (war »perfektiv«). Viele und häufige Komposita; bes. άπο-, περί- und συντρέχειν. 86.7 Ableitungen: a) ό τροχός »Rad«; τροχαίος, τροχαϊκός (πους) »Trochaeus« (»laufendes«, schnelles Versmaß); b) ό δρόμος »Lauf« (> »Rennbahn«); τό δράμημα »das Laufen«.

3. 86.8 έδω, έσθω n n . έσθίω, έδομαι, έφαγον, l i g g g & l | Bggf f la» j ffiM τ^ώγΊυ", φάγο^αι ' ε δ η δ ο κ α , ί <έδηδεσμαι,> (ηδεσθην) essen

Warum gibt es zu φαγεϊν und zu βέβρωκα kein Präsens4? Und warum zu έσθίω keinen Aorist?

έδω 86.9 (Homer) = lat. edo, engl, eat, dt. essen; also IE. Die Erweiterung von έ δ ω zu "'έδ-θω (> έσθω) und *έδθίω (> έσθίω) ist evident, wenngleich nicht leicht erklärt. Das alte Futur έδομαι - ursprünglich ein Kurzvokal-Konjunktiv nach dem Vorbild von πίνω - πίομαι (L. 66.5)- bewahrt die unerweiterte Wurzel; die übrigen nicht-präsentischen Formen begegnen, recht selten, zuerst im späten 5. und 4. Jh.5 Also ein ganz wesentlich präsentisches Wort, das die kontinuierliche Tätigkeit der Speiseaufnahme anzeigt. - Ganz anders

βέβρωκα 86.10 Von Homer bis zum N.T. begegnet nur der Perfektstamm6. Nächstverwandt ist ή βορά

2 Das an'autende θ- - wegen des folgenden χ meist zu t- dissimiliert - wird erwiesen durch das vulgär-attische Futur θρέξομαι (vgl. τρέφω - θρέψω) sowie den höchst seltenen Aorist θρέξαι.

3 Der Wurzelaorist άπέδραν (άποδιδράσκω, L.65.6 und L. 69.3-16) ist zweifellos ein früher Sproß derselben.

4 Ein Präsens βιβρώσκω steht in Grammatiken, aber nicht in antiken Texten, wenigstens nicht bis ins erste nachchristliche Jh.

5 Die Perfekta offensichtlich mit »attischer Reduplikation«. In den Einzelheiten ist der Ursprung dieser sonderbaren Formen zu kompliziert für eine Beschreibung an dieser Stelle.

6 Der Aor. Pass. έβρώθη begegnet allerdings bei Ioniern (Herodot, Hippokrates) und daher dann in der nachklassischen Koine.

Page 268: Griechischer Lehrgang III

270 APPENDIX GRAMMATICA L. 86

»Fraß« und lat. vorare »verschlingen«; demgemäß behält dies Verb, von Homer bis Plato, die Bedeutung des »Fressens«, »Verschlingens« und gerade in widerwärtiger Art; gesagt von z.B. Löwen, Schlangen, Aasgeiern. Dem entspricht die Konzentration aufs Perfekt; sei's »intensiv« wie bei κέκραγα, sei's »resultativ« (»vollgefressen«).

86.11 Schon Homer gebraucht aber von derselben Wurzel ή βρώσις für (menschliche) »Speise« (neben ή πόσις »Trank«); ebenso wird seit dem 5. Jh. το βρώμα gebraucht (neben τό πώμα) und das Verbaladjektiv βρωτός »eßbar« (neben ποτός »trinkbar«). Diese Bedeutungsverschiebung macht begreiflich, daß bei Aristoteles οί βεβρωκότες (καί πεπωκό-τες) einfach Leute sind, die »gegessen (und getrunken)« haben; und so steht dies Partizip auch im N.T. (Jh. 6,13). Die Beschränkung aufs Perfekt bleibt aber ganz überwiegend bestehen: dort konnte βέβρωκα erfolgreich mit den nicht eben volkstümlichen Derivaten der ν έ δ konkurrieren.

Eine ähnliche, aber viel erfolgreichere Karriere machte

86.12 τρώγω, τρώξομαι, έτραγον, τέτρωκται >knappem<, »nagen'

In der Odyssee (6,90) »knappern« die Maultiere der Nausikaa »honigsüße Quecken« am Fluß; im Athen des Aristophanes »knapperte« man geröstete Mandeln und dgl. zum Wein; in hellenistischer Zeit (z.B. bei Polybius) war dasselbe Verb zum Synonym für έσθίω avanciert. So konnte dann der johanneische Jesus (6,54-58) den τρώγων μου τήν σάρκα des ewigen Lebens versichern (Homer hätte sich verwundert), und heute ist τρώγω das griechische Präsens für »essen«.

86.13 έφαγον endlich ist der (starke) Aorist. Es ist unter so vielen bedeutungsverwandten Wurzeln der (praktisch) einzige7 Aorist, und es ist bis in die hellenistische Zeit nichts als Aorist; erst dann kommt, nach dem Vorbild von πίομαι und έδομαι, ein Futurum φάγομαι auf, das auch im N.T. begegnet, sich aber nicht hielt. Aber der Aorist zu τρώγω heißt bis heute

86.14 έφαγα. Die Bedeutung dieser, von Homer bis heute lebendigen Wurzel ist nicht einfach »essen«, sondern, wie jeder Text zeigt, »aufessen«, »verzehren«, »hinunterschlucken«; also »effektiv«, »resultativ«: kein Wunder, daß sie weder ein Präsens hervorgebracht hat noch ein Perfekt, sich im Aorist aber als unangreifbar stark erwies.

7 Abgesehen von dem - verhältnismäßig kurzlebigen - έτραγον.

Page 269: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA (Laut- und Formenlehre)

INHALT

LAUTLEHRE

1-5 Die Laute 1. Aspiration, Spiritus 2.-3. i, u, η, τ 4. Vokale und Diphthonge 5. Konsonanten

6-11 Phonetische Fakten 6.-8. Assimilation und Dissimilation von Konsonanten 9. Hiatscheu 10. Ersatzdehnung 11. Ablaut

12-19 Einige Lautgesetze 12. Griechischer Auslaut 13. Betr. m und η 14.-19. Betr. s (16. Dreikonsonantenregel)

20 Wortanalyse (Wurzel, Stamm, Endung)

21-26 Akzentuation

21.-22. Die Akzente; ihre Setzung 23. bei Nomina 24. bei Verben 25. Atona 26. Enklitika

F O R M E N L E H R E

27-29 Flektierte und unflektierte Wortarten

30-47 Deklination

30-35 Substantiva 30. Thematische Deklination 31. a-Deklination (m. Dual) 32. Contraeta und »2. attische Deklination« 33. Athematische Deklination 34. Vokalstämme (Dual) 35. Andere Typen

36-47 Andere deklinierbare Wortarten 36-37. Adjektiva und Partizipien 38. Steigerung 39. Zugehörige Adverbien

40-47 Pronomina 40. Personalpronomina 41. αυτός 42. Possessiva 43. IE Endungen 44.-46. Demonstrativa 47. Indefinita und Interrogativa

48-52 Nichtflektierbare Wörter 48. Adverbia 49. Numeralia 50. Partikeln (Konjunktionen, Negationen u.a.) 51. Präpositionen (alphabetisch) 52. »Unechte« Präpositionen

53-140 Konjugation: das Verbum

53 Personalendungen, Aktiv und Medium, Primär und Sekundär; kein Passiv

Page 270: Griechischer Lehrgang III

272 SUMMA GRAMMATICA

54-56 Modelltyp der Verba mit thematischem Präsens (λύω, z.T. auch γράφω), Aktiv (54, mit Aor. Passiv) und Medium (55); Dual (56)

57-61 Zusätze betr. Verbformen 57. »Starke« und »schwache« Tempora 58. Futura Pass. 59. Augment 60. Reduplikation 61. Verbaladjektiva

62-85 Stämme der Verba auf -ω und -jio

63-68 Vokalstämme 63. Deren Eigenheiten i.A. 64f. Verba auf -έω 66. auf -άω 67. auf -όω 68. Langvokalstämme (ζήν, χρήσθαι u.a.)

69-85 Konsonantstämme (70.-78. Muta, 79.-85. Liquida und Nasalia) 70.-72. Dentalstämme (71. Stammformen); 73.-75. Gutturalstämme (74. Stammformen); 76.-78. Labialstämme (77. Stammformen 78. Perfekt Passiv); 79.-83. Tempora der Liquida und Nasalia (80. »Futurum atticum« 82. »s-Aorist ohne s<) 84. Stammformen 85. Perfekt Passiv

86-112 Bildung der Tempora Verbi (mit Stammformen zu jeder Gruppe)

86 (»Unregelmäßige Verben«)

87-94 Das Präsens (auch 113-139) 88. mit Reduplikation des Anlauts 89. Stamm + -σκ (φάσκω, ευρίσκω) 90. Reduplikation und -σκ (γιγνώσκω) 92.-94. Stämme mit verschiedenen n-Erwei-terungen (κάμ • νω, άμαρτ • άνω, λα · ν · θ ά ν · ω)

95-102 Der Aorist 95. Typen des Aorist 96. s-Aorist 97. Starker thematischer Aorist 98.-100. Wurzelaorist 101. Aorist Passiv 102. Formale Einzelheiten

103-106 Das Futur 103. Vorgeschichte 104. Formen des Futur Aktiv 105. Futur Medium, auch Futur Perfekt und Futur Passiv 106. Sonderformen

107-112 Das Perfekt 107. Eigenheiten 108. Formen der Reduplikation 109. Stamm und Endungen 110. Aspiration, Erweiterungen, Ablaut beim Perfektstamm 111. οίδα

113-139 Verba mit athematischem Präsens

114-115 Athematisches Präsens Medium (κείμαι, δείκνυμαι, τίθεμαι; auch 130)

116-139 Athematisches Präsens Aktiv

117-121 Aktive Wurzelpräsentien: 117.-119. είμί und φημί 120f. είμι

122-136 Athematische Präsentia mit Reduplikation des Präsensstamms

122.-126. ϊοτημι, τίθημι, ϊημι, δίδωμι: gemeinsame Eigenheiten 127.-129. Formen ihres Präsens und Aorist 130.-132. ihr Medium 133. die übrigen Tempora 134. Akzentuation 135f. Stammformen

137-139 Athematische Präsensstämme mit Nasalerweiterung (-νυμι) 137. Charakterisierung 138f. Stammformen

140 Kombinierte Stammformen: φέρω, όράω, λέγω, έρχομαι, αίρέω, τρέχω, έσθίω

141-144 Tabellen: Präsens und Aorist der wichtigsten Verba auf -μι.

Page 271: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 273

VORBEMERKUNG

Diese Summa bietet einen systematischen Überblick des in diesem Lehrgang Gelernten, bei dem das Einzelne seinen Platz im Rahmen des Ganzen findet, mit reichlichen Beispielen, Listen der Typen von Substantiven und Stammformen von Verben. Einzelheiten, welche dabei nicht erwähnt werden konnten, findet man an den jeweils angezeigten Stellen oder - wie auch alles Syntaktische - im nachstehenden INDEX. Für alles Wesentliche aber dient die Summa gleichzeitig als Inhaltsnachweis zur vorstehenden Appendix Grammatica. Dabei verweisen fette Ziffern (wie 94) auf die Randziffern in dieser Summa selbst (u.U. mit einer folgenden normalen Ziffer, wie 94.30, auf eine dort zitierte Einzelheit). Gewöhnliche Ziffern dagegen verweisen auf Lektionen und deren Randziffern in der App. Gramm.; z.B. 23.8 auf Lektion 23, Randziffer 8.

Grundlagen Geschichte der griechischen Sprache und Dialekte in Übersicht: s. App.Gramm. 0 .1-4. Schrift und Interpunktion: 0.5-10.

Lautlehre

A. Die Laute

1. Das Zeichen für Aspiration (>H<) ist im griechischen Normalalphabet als solches nicht erhal- 1 ten (1.2); statt seiner steht der »rauhe Hauch«, Spiritus asper, z.B. Ά , ά, für Ha, ha-aber nur im »Anlaut« (Wortanfang); so auch bei r: Τ , φ (2.2). Der »sanfte Hauch«, Spiritus lenis, zeigt an, daß der betr. anlautende Vokal ohne Aspiration gesprochen wurde; also Ά , ά bedeutet A, a (2.6).

2.a) |und u bedeutet »konsonantisches« i und u - unser j und w (englische Aussprache). Letzteres 2 wurde, wo erhalten, F (»digamma«, auch »wau«) geschrieben (1.12).

b) η und r bedeutet »vokalisches« η und r. Im Griechischen hat ersteres sich zu ά entwickelt 3 (22.7), letzteres zu αρ bzw. ρα (26.4).

3. Gruppierung der Laute (1.3-12) 4 La) Vokale: lang sind η und ω; kurz ε und ο; α, ι, υ stehen sowohl für die lange wie für die kurze Form dieser Vokale.

b) Diphthonge: alle Diphthonge- Einheiten aus je zwei Vokalen- sind lang. Man unterscheidet:

1. Sog. »Kurzdiphthonge' (1.4), bestehend aus einem kurzen Vokal mit ι oder υ; also άι, ει, οι, ϋι und άυ, ευ, ου. ει steht auch für gelängtes ε, und ου für gelängtes ο (6.14, 24.11, 33.3). In dieser Verwendung nennt man sie »unechte Diphthonge«.

2. Sog. »Langdiphthongc (1.6), bestehend aus einem langen Vokal mit ι oder υ; also άι, ηι, ωι und (nur) ηυ. Für ihre Entwicklung und Schreibung (einschl. »iota adscriptum« und »subscriptum«) s. 1.6-7.

IL Konsonanten (1.8-11): 5 Mutae (Labiales, Dentales, Gutturales); Liquidae und Nasales; Sibilantes.

Page 272: Griechischer Lehrgang III

274 SUMMA GRAMMATICA

Β. Phonetische Fakten

6 1. Assimilation und Dissimilation von Konsonanten (21.3-6; auch 3.25; 17.5; 57.8)

Es besteht eine starke Tendenz bei

a) Konsonanten in unmittelbarem Kontakt, zu Assimilation, d.h. Ausgleich der Artikulation; also Media mit Media, Aspirata mit Aspirata; usw.; z.B. έπ' övov aber έφ' ϊππον, έκτος aber εχθρός, επτά aber έβδομος;

7 η vor Guttural wird selbst guttural, gesprochen wie dt. lang, und wird dann γ geschrieben; z.B. συγκρίνω < συνκρίνω, άγγελος - Engel, Σφίγξ - Sphinx (1.8; 21,2);

8 b) Konsonanten in benachbarten Silben, aber nicht in Kontakt, zu Dissimilation; z.B. in θ ρ ί ξ -τριχός, τέθυκα (aber λέλυκα) bei Reduplikation; die Endung -θι (z.B. γνώθι) wird -τι nach dem θ des schwachen Aorists (z.B. λύθητι).

Dissimilation ist besonders häufig bei Aspiraten (»Hauchdissimilation«), aber nicht ohne Ausnahmen.

9 2. 'Hiatscheu' d.h. eine wachsende Tendenz, »Hiatus« (den Zusammenstoß von Vokalen) zu reduzieren. Ihr dient

a) Zufügung des 'beweglichen n< (νϋ έφελκυστικόν) zu den Endungen -ε und -σι (20.7);

b) Elision (2.13; 41.11), angezeigt durch Apostroph ('): ein kurzer Endvokal- selten ι, η ΐ ε υ -fällt oft aus vor vokalischem Anlaut; z.B. άπ ' έμοϋ, ά φ ' ίππου (άπό);

c) Krasis (12.12), angezeigt durch Koronis ('): das Verschmelzen eines Endvokals mit dem folgenden anlautenden Vokal; z.B. ώγαθέ < ώ αγαθέ, ταϋτό < τό αυτό;

d) Kontraktion von Vokalen innerhalb von Wörtern; z.B. όστοϋν < όστέον (15.2-4); φιλοϋ-μεν < φιλέομεν (49.8-10); Details s. Index s.v. Kontraktion;

10 3. >Ersatzdehnung< (6.15; 60.6)

Ausfall von Konsonanten wird oft (nicht immer) »ersetzt« (ausgeglichen) durch Längung eines vorangehenden Vokals; z.B. έμεινα < έμενσα, τους θεούς < τόνς θεόνς.

11 4. Ablaut (Vokalabstufung, Gradation)

nennt man gesetzmäßige Varianten des Lautbestandes, durch welche verschiedene Ableitungen von einer gleichen Wurzel (z.B. λέγω - λόγος) oder auch verschiedene Formen eines gleichen Wortes (φιλοίην - φιλοϊμεν) gebildet werden.

a) Qualitativer AbUut: die häufigste Form ist der Wechsel zwischen ο und ε (λέγω - λόγος, λέγ-ομεν - λέγετε: 6.11); andere begegnen z.B. in κλέπτω - έκλάπην (70.2, 73.8) und φεΰγειν -φυγείν (29.4), andere in φημί - φαμέν (10.12) und δίδωμι - δίδομεν (80.11).

b) Quantitativer Ablaut, d.h. längere und kürzere Formen von Wurzeln und Stämmen, ist gleichfalls sehr häufig; z.B. ίηήδύς-ήδέΑυς (35.3-4), ε ίην- είμεν (25.8). Die möglichen drei Stufen sind illustriert in 26.2.

Für Details s. Index s.v. Ablaut und s.v. Wurzelabstufung.

Page 273: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 275

C. Einige Lautgesetze

1. Auslautgesetz 12 Griechische Wörter enden entweder auf einen Vokal, oder auf -ν, -ρ, -ς; andere Endkonsonanten fallen ab; z.B. πράγμα[τ], τί[δ] (lat. quid), γάλα[κτ] (6.9; 27.4).

2. m und η 13 a) IE auslautendes -m nach Vokal wird griech. -v (5.2); z.B. φιλόσοφον-lat. philosophuw, δώρον-donum.

b) Nach Konsonant wird auslautendes -m (-v) griech. zu -ä , z.B. δέκα ~ decem und φήτορα ~ oratorew (22.6). Ebenso wird anlautendes n- vor Konsonant griech. zu -ά (άπιστος ~ un gläubig, 19.3); ebenso schließlich auch, innerhalb eines Wortes, -n- zwischen Konsonanten; z.B. in εκατόν ~ lat. ce« tum (kntum); vgl. oben 3 und 22.6. Ähnlich können auch 1 und r silbenbildend werden, als -αλ-, -λα- und -αρ-, -ρα-, z.B. in πατράσιν (26.4); der Ablaut ε/α (oben 11) läßt sich bei vielen Verben als Vokalisierung der Schwundstufe -J- bzw. -x- auffassen, z.B. in στέλλω - έσταλκα und φθείρω - έφθαρκα (60.8; 70.2).

3. IE anlautendes s- 14 wird griech. h- (13.10), z.B. έξ (sex) und επτά (septem).

4.a) Auslautendes -ns: n fällt aus mit Ersatzdehnung: τόνς θεόνς > τους θεούς (6.14; 7.6). 15

b) Inlautendes -ns-: s fällt aus mit Ersatzdehnung: έφηνα < έφανα < έφάνσα (60.7, 61.3).

Abgesehen hiervon:

5. Der mittlere von drei Konsonanten 16 wird oft - nicht immer - ausgestoßen, z.B. in νύξ (= νύκ[τ]ς), Gen. νυκτός (22.3). Speziell

6. -s- zwischen Konsonanten 17 fällt aus, z.B. in πεφύλαχ[ο]θε und έκτος (έξ) (22.3, 48.9 Anm. 4, 57.9).

7. -s- zwischen Vokalen 18 fällt aus (8.10; 32.2), z.B. *γένεσος >γένεος > γένους. Oft ist aber ein solches-s- erhalten geblieben, oder wiederhergestellt worden, nach dem Vorbild analoger Formen, bei denen das -s-nicht zwischen Vokalen stand, z.B. λύσω, έλυσα nach πέμψω, έπεμψα.

8.a) Jeder Guttural (γ, κ, χ) mit s ergibt ξ (= ks), z.B. φλόξ (γ), φάλαγξ (γγ), όνυξ (χ); s. 20.2, 19 21.1.

b) Jeder Labial (β, π, φ) mit s ergibt ψ (= ps); z.B. Άραψ (β), θρέψω (φ); s. 22.5, 58.2.

c) Dental (δ, τ, θ) vor s und vor k fällt aus, z.B. έλπί[δ]ς, ελπίδος, ήλπι[δ]κα, s. 27.1.

Wortanalyse (3.4; 7.7) 20

\/νειφ/νιφ: Wurzel: Das kurze Grundelement, Träger der Bedeutung eines Wortes (meist einer Gruppe von Wörtern).

Stamm: Die Wurzel samt einer Erweiterung, welche Bedeutung und Wortart spezifiziert, z.B. νιφετ(ός): Substantiv (»Schnee«); νείφ- ε/ο: Verb (»schneien«).

Endung: Das variable Element, welches die Leistung des Stamms im Zusammenhang des Gesprochenen anzeigt, z.B. νιφετός (Subjekt), νιφετόν (Objekt); νείφει (»es schneit«).

Page 274: Griechischer Lehrgang III

276 SUMMA GRAMMATICA

21 Akzentuation

A. Die Akzente (2.1-12)

Sie bezeichnen Tonhöhe, nicht Tonstärke, von Vokalen:

Akut (ό, οί, ώι): Hoch ton,

Gravis (ό, οί, ώι): (tieferen) Grundton,

Zirkumflex (ώ, ώι): Tonverschleifung (auf-ab, daher seine ursprüngliche Form ") .

Akut und Gravis finden sich auf langen und auf kurzen Vokalen, Zirkumflex nur auf langen.

Akut findet sich auf einer der drei letzten Silben eines Wortes; auf der drittletzten aber nur, wenn die letzte kurz ist.

Zirkumflex findet sich auf einer der beiden letzten Silben eines Wortes; auf der vorletzten aber nur, wenn die letzte kurz ist. N.B. Hieraus folgt: eine betonte lange Paenultima muß den Zirkumflex haben, sofern die Ultima kurz ist (δούλος), andernfalls aber den Akut (δούλου).

Gravis tritt ein für Akut auf der Ultima, wo immer ein anderes Wort unmittelbar folgt (ohne Interpunktion = Pause). Meist dürfte er anzeigen, daß die betr. Schlußsilbe keinen eigenen Akzent hat.

22 Für die Akzentuierung haben die Endungen -oi und -αι (ausgenommen im Optativ) die Wirkung von kurzen Vokalen (4.3 u.a.). Für weitere Einzelheiten s. (abgesehen vom hier Folgenden) den Index.

B. Akzentregeln für verschiedene Wortklassen

23 1. Nomina (3.7) Der Akzent bleibt durchweg auf der gleichen Silbe wie im Nominativ - soweit die generellen Akzentregeln (21) es erlauben, z.B. άνθρωπος, άνθρωπον, άνθρωποι, aber άνθρωπου, ανθρώπων.

24 2. Bei Verben (3.18) geht der Akzent soweit zurück, wie die erwähnten Regeln es erlauben; z.B. κωλύω, κώλυε, έκώλυε; er geht aber nie über das Augment zurück, z.B. άφηκε.

Ausnahmen: Infinitive (14.5; 29.7; 34.4), auch Optative (22) und Partizipien (28.4; 32.5; 34.2; 43.5).

25 3. Atona (»Proklitika«, 2.12; 10.10; 11.10) sind zehn einsilbige Wörter- Artikel, Präpositionen u.a. - die nicht eigenständig sind, sondern sich auf das ihnen folgende Won »lehnen«. Dementsprechend werden sie nicht akzentuiert; es sei denn, daß ein Enklitikon (26) auf sie folgt. Auf ein solches - welches selbst des »Anlehnens« bedürftig - kann das Atonon sich nicht »lehnen«; vielmehr wird es dann selbst zum »Stützwort« und erhält den Akut, z.B. in ώς τις, οϋ φημι, οΰπω (gleichviel, ob wir das entstehende Lautgebilde als ein Wort schreiben oder es in zwei Wörter zerlegen). In allen übrigen Kombinationen aber bleiben die Atona ohne Akzent. Für betontes ού s. 10.10.

Page 275: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 277

4. Enklitika (10.11-14; 11.9-10) 26 sind eine Anzahl ein- und zweisilbiger Wörter, die nur unter besonderen Bedingungen Eigenton annehmen, vorwiegend aber an das nächst vorangehende Wort sich »anlehnen«, so daß sie gewissermaßen mit ihm ein Wort bilden; daher wandelt ein Akut auf der Schlußsilbe des »Stützwortes« sich nicht in Gravis. Am Ende dieses neuen (Doppel-)wortes dürfen - wie am Ende aller griechischen Wörter - nicht mehr als zwei unbetonte Silben auf den Akzent folgen. In der Durchführung dieses Prinzips entstehen einige Formen, die bei echten Einzelwörtern unzulässig wären. Die Regeln für die Akzentuierung dieser Wortverbindungen lassen sich zusammenfassen wie folgt:

Ein einsilbiges Enklitikon wird nie akzentuiert; um es aber zu stützen erhalten vorangehende Wörter vom Typ άνθρωπος und δούλος (»Proparoxytona« und »Properispomena«) einen Hilfsakzent auf ihrer Endsilbe: άνθρωπος τις, δούλος τις.

Letzteres gilt ebenso vor zweisilbigen Enklitika: άνθρωπος έστιν, δούλος έστιν; und endlich werden die zweisilbigen selbst akzentuiert (auf ihrer Schlußsilbe), wenn ihr Stützwort ein »Paroxytonon« ist: ανθρώπων εστίν, ανθρώπων τινών.

Formenlehre d.i. Übersicht über

A. Nomina und ihre Deklination. Nomina sind 1. Substantiva, 2. Adjektiva, 3. Pronomina, 27 4. ein Teil der Zahlwörter. Nomina erscheinen in verschiedenen Kasus, Numeri und Genera.

B. Nicht flektierbare Worttypen. 1. Adverbia, 2. viele Zahlwörter, 3. Partikeln, 4. Präpositio- 28 nen.

C. Verba und ihre Konjugation. Die verschiedenen Typen von Verba erscheinen in verschiede- 29 nen Personen, Numeri, Tempora, Modi und Genera verbi.

Page 276: Griechischer Lehrgang III

30

31

Deklinationen (30-47)

1. Substantiva Α. Thematische und verwandte Deklinationen

/. Thematische Deklination: - ο/ε vor der Endung (7.6)

Nr. Wurzel Erw. Nom. Vok. Akk. Gen. Dat. Nom. Akk. Gen. Dat. genus Bedtg.

1 δουλ-

ο/ε

δούλ-ος

-ε -ον -ου -ωι -οι -ους -ων -οις

l .m. Sklave

2 νησ- ο/ε νήσ-ος -ε -ον -ου -ωι -οι -ους -ων -οις 2.f. Insel

3 /^εργ-

ο/ε

έργ-ον Nom.

-ον -ου -ωι

-ων -οις

3.n. Werk

Dual: N.V.A. Τώ φίλω άδελφώ, G.D. τοίν φίλοιν άδελφοίν (47.10).

2. A-Deklination (8.8): ά (8.1) und ά (11.2) vor der Endung

4 άγορ-

άγορ-α

Ζ 0 3 5 »

-άν -ας -άι -αί 1

-ας

-ών

-αϊς 4. f. Markt

5 πολιτει-

πολιτεί-ά Ζ 0 3 5 »

-άν -άς -άι -αι -άς

-ών

-αις 5. f. Staat

6 νϊκ- -ά νίκ-η

Ζ 0 3 5 »

-ην -ης -ηι -αι -άς

-ών

-αις 6. f. Sieg

7 άρχ-

άρχ-ή

Ζ 0 3 5 » -ήν -ής -ήι -αί -ας -ών -αις 7. f. Beginn

8 άληθεσ- -)α άλήθει-ά

Ζ 0 3 5 »

-άν -άς -άι

-αι -ας

-ών

-αις

8. f. Wahrheit

9 δοκ--)α

δόξ-ά

Ζ 0 3 5 »

-άν -ης -ηι

-αι -ας

-ών

-αις 9. f. Schein

10 ναυ- -tä ναύτ-ης - ά 1 -ην -ου

-ηι -αι -ας

-ών

-αις

10. m. Schiffer

11 νεαν- -ίά νεανί-άς -ά -άν -ου

-άι

-αι -ας

-ών

-αις

l i m . Jüngling

Dual: N.V.A. τώ άγκυρα, τώ σοφιστά; G.D. τοίν άγκύραιν, τοίν σοφισταϊν (47.11).

1 Vok. ώ Ευριπίδη, στρατιώτη, Αναξαγόρα, Πέρση (10.5).

Page 277: Griechischer Lehrgang III

32 3. Zwei spezielle Typen

a) >Contracta<: ö νους (< νόος), το όστούν (< όστέον), 15.3; 'Αθηνά, μνά- Ερμής, ή γή, 15.8.

b) Sog. »zweite attische Deklination'.· ό νεώς (< ναός), Μενέλεως (< Μενέλαος), 18.1-5.

Β. Athematische (»Dritte«) Deklination (Stamm + Endung)

Konsonantische Stämme (20.1)

33

Nr. Nom. Stamm Vok. Akk. Gen. Dat. Nom. Akk. Gen. Dat. genus Bedtg.

12 κόλαξ κολακ- Ζ 0 3 s Η r»

<

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

κόλαξι 12. m. Schmeichler

13 φλόξ 1 φλογ-Ζ 0 3 s Η r»

<

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

φλοξί 13.f. Flamme

14 φάλαγξ φαλαγγ-

Ζ 0 3 s Η r»

<

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

φάλαγξ ι 14.f. Phalanx

15 νύξ 1 νυκτ-

Ζ 0 3 s Η r»

<

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε νυξί 15. f. Nacht

16 Άραψ Ά ρ α β -

Ζ 0 3 s Η r»

<

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε Άραψι 16. mf. Araber

17 φρήν 1 φρεν-

Ζ 0 3 s Η r»

<

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

φρεσί 17. f. Verstand

18 δαίμων δαιμον- Stamm

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

δαίμοσι 18. mf. Gottheit

19 θ ή ρ 1 θηρ- Nom.

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

θηρσί 19.m. Tier

20 φήτωρ φητορ- Stamm

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

φήτορσι 20m. Redner

21 π α ϊ ς 1 παιδ- παί

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

παισί 21. mf. Kind

22 φιλότης φιλοτητ- Nom.

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

φιλότησι 22. f. Freundschaft

23 έλπίς έλπιδ- Nom.

cn ß 3 3 -ιη«

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

έλπίσι 23. f. Hoffnung

24 Χάρις χαριτ- Nom. χάριν

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

(Λ ι-»

3 3 +

«η

ί/2

3 3 + R«

ιη

<s» Β>

3 3 +

ε

χάρισι 24. f. Gunst

25 χρήμα χρηματ- Nom. Nom.

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

Stamm + - ά

<s» Β>

3 3 +

ε

χρήμασι 25.n. Sache

26 γίγας γιγαντ- } Stamm -ία

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

Stamm + ες

Stamm +

ας

<s» Β>

3 3 +

ε

γιγασι 26. m. Riese

27 γέρων γεροντ- γέρον

Stamm -ία

ΙΛ t-t

b 3 3 -ΤΟ m

Η 3 3 +

Stamm + ες

Stamm +

ας

<s» Β>

3 3 +

ε

γέρουσι 27.m. Greis

28 γένος γενο/εσ- Nom. Nom. γένους γένει γένη Nom. γενών γένεσι 28. n. Geschlecht

29 πατήρ patf- πάτερ πατέρα πατρός πατρί πατέρες πατέρας πατέρων πατράσι 29.m. Vater

30 άνήρ anr- άνερ άνδρα ανδρός άνδρί άνδρες άνδρας ανδρών άνδράσι 30. m. Mann

Page 278: Griechischer Lehrgang III

34 2. Vokalische Stämme (35.1)

Nr. Nom. Stamm Vok. Akk. Gen. Dat. Nom. Akk. Gen. Dat. genus Bedtg.

31 πόλις πολ ι/η(ε)- πόλι πόλιν πόλεως πόλει πόλεις πόλεις πόλεων πόλεσι 31.f. Stadt

32 ισχύς ίσχΰ- (ίσχυ) ισχυν ισχύος ίσχύϊ ίσχυες ισχύς (ισχύων) (ίσχύσι) 32.f. Kraft

33 πήχυς πηχ υ/ε-' ? πήχυν πήχεως πήχει πήχεις πήχεις πήχεων πήχεσι 33. m. Elle

34 άστυ άστ υ/ε- Nom. Nom. άστεως άστει άστη Nom. άστεων άστεσι 34. n. Stadt

35 γόνϋ γόν υ/ατ- Nom. Nom. γόνατος γόνατι γόνατα Nom. γονάτων γόνασι 35.n. Knie

36 ίππεύς ίππ ευ/ε- ίππεϋ ίππέά ίππέως ίππεί ίππής ιππέας ιππέων ίππεϋσι 36. m. Reiter

37 ναύς 1 νά(η)υ- (ναϋ) ναϋν νεώς νηί νήες ναϋς νεών ναυσί 37. f. Schiff

Dual: N.V.A. τώ άνδρε, τώ χείρε; G.D. τοίν άνδροίν, τοίν χειροίν (47.12)

1 Einsilbige Stämme dieser Deklination betonen im Gen. und Dat. die Endung (20.6; Ausnahmen wie παίδων, πασι s. ebd.).

35 3. Einige weniger zahlreiche Typen

1. Stämme auf -ας, Gen. -ως (γήρας, κέρας), s. 33.9.

2. Stämme auf -ω (ήχώ, αιδώς, ήρως), s. 42.1-4.

C

> Ο

>

> ο >

Page 279: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 281

II. Adjectiva und Partizipia 36

Adjectiva - s. die Übersicht 45.1-3 - werden dekliniert wie die entsprechenden Substantiva. Zwei mindere Ausnahmen von dieser Regel s. 10.8 (Akzent im Gen. Plur. bei o/ä-Stämmen) und 41.1 (Eigenheiten der Substantiva auf υ/ε).

Partizipien sind Adjectiva verbalia (28.7); für ihre Deklination s. 30.9 und 13 (λύων, ών), 32.5 37 (λιπών), 31.5 (λύσας), 43.5 (λυθείς), 28.4 (λελυκώς), 34.2 (λελυμένος).

Steigerung (Komparation) der Adjektiva (»Positiv«, »Komparativ« und »Superlativ«): 45.4: ent- 38

weder durch μάλλον, μάλιστα oder durch Endungen; und zwar entweder

a) -τερος, ov, ά und -τατος, ov, η, z.B. σοφώτερος, σοφώτατος, σωφρονέστερος, απλούστα

τος: so die meisten, 45.4-5; oder

b) -ίων, ιον und -ιστός, ov, η ; so z.B. ήδίων - ήδιστος, βελτίων - βέλτιστος, άμείνων (!) -άριστος; s. 45.6-7.

Adverbia, abgeleitet von Adjektiven (ausgenommen εύ), z.B. καλός - καλώς, ηδύς - ήδέως, 39 π ά ς - πάντως: 45.8.

Steigerung (Komparation) dieser AdverbU, z.B. σοφώς - σοφώτερον - σοφώτατα, καλώς -κάλλιον - κάλλιστα, ταχέως - θάττον - τάχιστα, εΰ - άμεινον - άριστα; 45.9.

III. Pronomina (summiert L.46)

(άντωνυμίαι) stehen »für Nomina« (etwa: »ich« für »der Sprecher«, »mein« für »des Sprechers«, 40 »dieser« für »der Mann dort«).

1. Personalpronomen έγώ . . . , σύ . . ., Plur. ημείς . . . (13.8; 14.1). Ein altes Pronomen der 3. Person, έ(ΑΙί^), Plur. σφάς, wird in klassischer Zeit nur »indirekt reflexiv« verwendet; daher tritt, wo erfordert, δδε, εκείνος, ούτος (auch αυτού . . .) für die 3. Person ein: 46.3 und 8. »Reflexiv« (»direkt« und »indirekt«) bedeutet Beziehungen wie »ich - mich« oder »er - sich«; solche werden angezeigt durch εαυτού (αυτού), έαυτοίς (αΰτοίς) u.a., also Verbindungen von Personalpronomina mit αυτός, αυτό, αυτή »selbst« (13.6-7; 46.6-8); merke ό αυτός (αυτός) »derselbe«, τόαύτό δώρον 41 »das gleiche Geschenk«, aber αυτό το δώρον oder τό δώρον αυτό »das Geschenk selbst«.

2. Possessivpronomen (46.12-16) 42 Persönliche Beziehung ausdrückend (und keineswegs nur »Besitz«). Έμός, -όν, -ή, und so σός, ημέτερος, υμέτερος (13.8; 14.2; auch hier nur 1. und 2. Person) sind nach Form und Bedeutung eigentlich Adjektiva (ό έμός πατήρ wie ό αγαθός πατήρ). »Mein Vater« ist also (ό) έμός πατήρ oder auch ό πατήρ μου oder einfach ό πατήρ; außerdem kann reflexive Beziehung ('ich liebe meinen Vater«) ausgedrückt werden durch den Genetiv des Reflexivpronomens (στέργω τον έμαυτού πατέρα). Die folgenden Pronomina bewahren im Nom. und Akk. Neutr. einen Zug der IE speziellen 43 Deklination dieser Wortklasse. Diese Kasus endeten IE auf -d (lat. id, illud, aliud). Dies -d mußte griech. lautgesetzlich ausfallen (6.9); daher Wortenden wie αυτό, τό, άλλο, τί: 13.5-6; 46.1-2.

Page 280: Griechischer Lehrgang III

282 SUMMA GRAMMATICA

44 3. Demonstrativpronomina (46.17-20)

Der Artikel (9.3; 13.12) ist ein altes »hinweisendes« Pronomen (»der dort«, »jener«) und blieb als solches in der Sprache der Dichtung in Gebrauch. Seine charakteristische Deklination

Masc. Neut. Fem. Masc. Neut. Fem.

N.

A.

ό

τόν τό ή

τήν

οί

τους τά

αί

τάς

Ν.

Α.

G. τοΰ τής τών G.

D. τώι τήι τοις ταίς D.

ist das Modell für δδε (9.3) und - abgesehen nur von der Endung -s im Nom. Sing. Masc. - für das Relativum ος (13.4), für αυτός (s. 41) und άλλος, für εκείνος (13.5), und zumal für ούτος, welches seinerseits Nachbilder bekam (18.7):

N. ούτος τούτο

αύτη ούτοι ταύτα

αύται Ν.

Α. A. τούτον τούτο

ταύτην τούτους ταύτα

ταύτας

Ν.

Α.

G. τούτου ταύτης τούτων G.

D. τούτω ι ταύτηι τούτοις ταύταις D.

46 So: τοιούτος, τοιούτο, τοιαύτη (21.10) »solch«, »ein solcher«, »derartig«; τοσούτος, τοσούτο, τοσαύτη »so groß« (Plur. meist »so viele«); τηλικοϋτος, τηλικούτο, τηλικαύτη »so alt«, »so groß«. Neut. Nom. oft τοιούτον, τοσούτον, τηλικοΰτον.

Gleicher Bedeutung: τοιόσδε und τοσόσδε, dekliniert wie o/a-Adjektive. Unerweitertes τοϊος und τόσος begegnet vorwiegend in Dichtung (21.7).

47 4. Indefinit- und Fragepronomen (46.23-8)

Τίς, τί »wer?«, »was?« (keine separaten Feminin-Formen), Dekl. (24.6):

N. τίς τί

τίνες τίνα A. τίνα

τί τίνας

τίνα

G. τίνος τίνων

D. τίνι τ ίσι

Alternativformen s. 46.26.

Akzentuiert wie vorstehend (unveränderlich Akut auf der ersten Silbe) fragt τίς, τί »wer?«, »was?« in direkter und auch indirekter Frage. Das gleiche Wort unakzentuiert, enklitisch, ist »indefinit«, unbestimmt: »irgendwer«, »ein (gewisser)« (24.6-8). Dies Enklitikon, angehängt an das Relativ ός, also όστις (24.8; Nebenformen 46.28), leitet indirekte Fragen ein (24.10; 46.8). Eben dies όστις, ότι (δ τι, auch δ, τι) dient auch als verallgemeinerndes Relativpronomen (»wer immer«, 24.9; 46.28-29).

Die Beziehung (»Korrelation«) zwischen diesen Pronomina, z.B. bei »wer? - irgendwer - jener« oder »wie viele? - unbestimmt viele - so viele« ist illustriert 46.31.

Page 281: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 283

Unveränderliche (nicht flektierte) Wörter (3.19-24)

A. Adverbia

Sie gehören »zum Verb« (daher griech. επιρρήματα), denn sie zeigen an oder fragen, wie, wann, wo usw. eine berichtete Handlung (Geschehnis usw.) stattfand. Es gibt 1. Adverbia abgeleitet von Adjektiven (καλός- καλώς); über diese s.o. 39; 2. selbständige Adverbia verschiedener An; z.B. εύ »gut«; πρωί »früh«, όψέ »spät«; έσω »innen«, έξω »außen«; εκεί »dort«, εκείθεν »von dort«, u.a. Besonders häufig ist die Gruppe der »Korrelativa, wie z.B. »wo? - irgendwo - dort«, oder »woher? - irgendwoher - von dort«, oder »wie? - irgendwie- so«; ganz analog den soeben (47) erwähnten »korrelativen« Pronomina, und wohl deshalb »Pronominaladverbia« genannt; s. 47.1-5.

B. Numeralia (47.6 und 48)

Gewisse Gruppen der Zahlwörter werden dekliniert.

C. Partikeln (3.21-23)

Manche können (3.22; 10.14) gesondert als Konjunktionen registriert werden, z.B. καί, τέ, δέ, άλλα, οτε, andere als Negationen: ov, μή, ούτε, ουδέ . . . (67.18); wieder andere leihen dem Gesprochenen Farbe und Nachdruck, z.B. άρα, γέ, δή, τοί, πέρ; άρα endlich und ή leiten Fragen ein. Ausrufe (Interjektionen) wie ώ, ίώ, φεΰ, ώμοι (10.5) bedürfen keiner Besprechung.

D. Präpositionen

ein- oder zweisilbige Kurzwörter, welche die Funktion der Kasus von Nomina spezifizieren und auch mit Verben sich zu Verba composita verbinden. Sie sind des näheren besprochen in 78-82; hier eine gedrängte Übersicht (alphabetisch): (In ( ): Grundbedeutungen; auch: Kasus in Prosa ungebräuchlich)

Präposition Bedeutung Kasus Beispiele

1 άμφί (um - herum) um, bei A.

(G.) (D.)

άμφί πύλας, άμφί πλήθουσαν άγοράν, οί άμφί Ανυτον

(poet. μάχεσθαι άμφί Τροίης) (poet. φοβείσθαι άμφί γυναικί)

2 άνά hinauf, über - hin

A.

(D.)

άνά τόν ποταμόν, άν' 'Ελλάδα, άνά λόγον, άνά πέντε

(poet. άνά ναυσίν, άνά σκήπτρωι)

3 άντί anstatt G. οδόντα άντί οδόντος

4 άπό von - her G. άπό τής πόλεως, ολίγοι άπό πολλών, ά φ ' ού

Page 282: Griechischer Lehrgang III

284 SUMMA GRAMMATICA

5 διά (durch) wegen durch

A. G.

διά τον πόλεμον, δι' ημάς, διά τούτο διά μέσης τής πόλεως, δι' αγγέλου, διά βίου

6 είς (ές) in - hinein A. είς τήν οίκίαν, είς άεί, είς Πλάτωνα έγκώμιον

7 έν in D. έν τήι οίκίάι, έν νυκτί, έν πολέμωι, έν ώι

8 έξ (έκ) aus G. έκ τής οικίας, έκ πολλών είς, έξ αρχής, έξ ού 9 έπί auf A.

G. D.

έφ' 'ίππον, έπί Κατάνην πλείν, έπί πάσαν Άσίαν έφ' ίππου, έπί γής, έπί τής τραπέζης, έπί Κατάνης έπί τήι τραπέζηι, έφ' ήμϊν, έπ' άσφαλείάι

10 κατά (»hinab«) A.

G.

κατά τον ποταμόν πλείν, κατά τους νόμους, κατά Πλάτωνα

κατά γής, κατά Πλάτωνος

11 μετά (inmitten von) (zu) nach mit

A. G.

(poet. μετά Τρώας) μετά ταύτα, μετά θάνατον μετά σού, μετ' ώιδής, μεθ' ηδονής

12 παρά (»nahe«) zu; entlang

von bei

A.

G. D.

παρά βασιλέα, παρά τον ποταμόν, παρ ' άλληλα, παρά δόξαν

παρά βασιλέως, αίτεϊν τι παρά θεών παρά βασιλεϊ, παρά τήι θαλάσσηι

13 περί (um - herum) um - herum

über um, für

A.

G. D.

πλείν περί Πελοπόννησον, οί περί Κϋρον, περί μέσας νύκτας

λέγειν περί τής ειρήνης, περί Πλάτωνος δέδοικα περί τήι πόλει

14 πρό vor (für) G. προ ημέρας, τά πρό ποδών, πρό τής πατρίδος

15 προς (»nahe«) zu, gegen von - her

bei

A. G.

D.

προς βασιλέα, προς σε λέγω, τά προς τον πόλεμον προς βασιλέως είμί, ήκουσα προς Σωκράτους, προς

θεών προς τήι θαλάσσηι, προς τούτοις

16. ξύν-σύν mit (samt) ξύν γυναιξί καί παισί, σύν θεώι, σύν τώι δικαίωι

17. υπέρ (»über;) über - hinaus über; für

A. G.

υπέρ Ηράκλειας στήλας, υπέρ δύναμιν υπέρ γης, υπέρ τής πατρίδος, υπέρ σού

18. ύπό (»unter«) unter - hin unter, durch unter

A. G. D.

ύπό γήν ήλθεν, ύπό νύκτα, ύπό τόν αυτόν χρόνον τά ύπό γής, νικηθείς ύπό Ελλήνων, ύπό σαλπίγγων ύπό γήι, ύπό τήι άκροπόλει, παιδευθείς ύπό πατρί

Sog. 'Unechte< Präpositionen, wie ένεκα, χάριν, ώς (?), εγγύς, έξω, πέρα, λάθρα, άνευ, άμα:

82.14-16.

Page 283: Griechischer Lehrgang III

SUMMA G R A M M A T I C A 285

Konjugation: Das Verbum

I. System der Personalendungen 53

Aktiv Typ S.l 2 3 Ρ1.1 2 3

thematisch -ω -εις -ει

-μεν -τε -σι1

I. Akt. primär (6.17; 76.2) athematisch -μι -σι2 -τι2 -μεν -τε -σι1

IL Akt. sekundär (6.10) -ν -ς -Μ -μεν -τε

-v[t] Medium

I. Med. primär (34.7) -μαι -σαι 2 -ται -μέθα -σθε

-νται

IL Med. sekundär (38.5) -μην -σο2 -το -μέθα -σθε

-ντο

1 -σι < -νσι < -ντι; daher ist der vorangehende Vokal immer lang (Ersatzdehnung). 2 Diese Formen haben sich im Lauf der Zeit mehr oder weniger geändert (55; 117; 36.3; 38.3).

>Primäre< Endungen hat nur der Indikativ des Präsens (samt den von diesem abgeleiteten Konjunktiv und Futur) sowie der Ind. Perf. Med . ;

»sekundäre' haben alle sonst in Frage kommenden Modi (also nicht Infinitive und Partizipien). Es gibt keine besonderen Endungen für das »Passiv«, welches selbst eine Bedeutungsvariante des »Mediums« ist (36.9). Der »Aorist Passiv« hat aktive Endungen (101; 43 .1 ; 70.6).

II. Modelltyp des >thematischen< Verbs: λύω (u. z.T. γράφω) 54 (d.h. Verb mit »thematischem« Präsens (ο/ε zwischen Stamm und Endung)

A. Aktiv (samt Aor. Pass.)

1. Indikative

Tempus AG Tempusstamm Sg-1 2 3 Ρ1.1 2 3 Endung

Präs. 6.12 λύ- ο/ε) -ω -εις -ει»

-ομεν -ε·τε

-ουσι2 I.Akt.

Fut. 5.7 λύ-σ- ο/ε)

-ω -εις -ει»

-ομεν -ε·τε

-ουσι2 I.Akt.

Imp. 6.7 έ·λύ- ο/ε) -ον -ες -ε

-ομεν -ε·τε

-ον IL Akt.

Aor. Pass.3 43.4 έλϋ-θ-η- -ν -ς — -μεν -τε

-σαν IL Akt.

Aor. Pass.3 43.4

έγραφ-η-

-ν -ς — -μεν -τε

-σαν IL Akt.

Aor. Akt. 14.4 έ-λύ-σ-(α)

- α 4 - α ς -ε -αμεν -α·τε

-σαν IL Akt.

Perf.3 17.2 λε-λΰ-κ-(α) - α 4 - α ς -ε -αμεν -α·τε -άσι2

I.Akt.

Perf.3 17.2

γε-γραφ-(α)

- α 4 - α ς -ε -αμεν -α·τε -άσι2

I.Akt.

Plusq. 40.3 έλε-λύ-κ- -η -ης -ει -εμεν -ε-τε -εσαν IL Akt.

Akzente konnten in dieser Tabelle nie

verschieben. Grundregel: oben 24.

n gesetzt werden, weil sie sich in verschiedenen Formen

1 Im Sing, ist der (gelängte) Themavokal mit den Endungen verschmolzen. 2 -ουσι < -ονσι < -οντι (6.14); -άσι < -αντί (17.2; 73.1). 3 Aor. Pass. und Perfekt »schwach« und »stark« (14.3; 17.1; 43.2; 73.3). 4 Aor. -α < -n; Perf. -α ist originale Perfektendung; daher die Angleichung dieser Tempora (68.2; 73.1).

Page 284: Griechischer Lehrgang III

286 SUMMA GRAMMATICA

2. Konjunktive (auch von είμί)

(Endungen in allen Tempora wie im Präs.Ind., aber mit gelängtem Vokal)

Präs.

Aor. Akt.

22.8

22.8

λύ- ω/η)

λύσ- ω/η)

-ω -ηις -ηι -ωμεν -ητε -ωσι I.Akt.

Aor. Pass. 43.4 λ υ θ - -ώ -ήις -ήι -ώμεν -ήτε -ώσι I.Akt. Aor. Pass. 43.4 γραφ-

-ώ -ήις -ήι -ώμεν -ήτε -ώσι I.Akt.

(είμί) 23.5 ω ήις ήι ώμεν ήτε ώσι I.Akt.

Perf. 28.9 λελυκ- λελύκω usw. kommt vor, aber »Periphrasis« wie λελυκώς ώ ist gebräuchlicher

Perf. 28.9 γεγραφ-

λελύκω usw. kommt vor, aber »Periphrasis« wie λελυκώς ώ ist gebräuchlicher

Akzente hier einheitlich gültig wie angegeben.

3. Optative (auch von είμί)

(Zum Tempusstamm wird -ι bzw. -ιη zugefügt; so ergeben sich Diphthonge: Ol, αι, ει)

Tempus AG Modusstamm Sg. 1 2 3 PI. 1 2 3 Endg.

Präs. 26.5 λύοι-

-μι1

-ς - -μεν -τε -εν I.Akt. Fut. 26.9 λύσοι- -μι1

-ς - -μεν -τε -εν I.Akt.

Aor. Akt. 26.12 λύ·σαι-

-μι1

-ς - -μεν -τε -εν I.Akt.

Aor. Pass. 43.4 λ υ θ ε ί - η/ε) -ην -ης -η -(εί)μεν2 -(εί)τε -(εϊ)εν

IL Akt.

Aor. Pass. 43.4 γραφεί- η/ε)

-ην -ης -η -(εί)μεν2 -(εί)τε -(εϊ)εν

IL Akt. (είμί) 25.7 είην είης είη είμεν2 είτε είεν

IL Akt.

Perf. 28.9 λ ε λ ύ κ ο ι - λελύκοιμι usw. kommt vor, aber »Periphrasis« wie λελυκώς είην ist gebräuchlicher

Perf. 28.9 γεγράφοι-

λελύκοιμι usw. kommt vor, aber »Periphrasis« wie λελυκώς είην ist gebräuchlicher

1 Eine athematische Endung in thematischer Konjugation! 2 Später auch -είημεν und είημεν usw.

4. Imperative

2 3 2 3 Präs. 3.17 λυ- ε/ο) -ε -ετω -ε·τε -ο-ντων2

Aor. Akt. 68.3 λυσ-(α) -ον 1 -ατω -ατε -α·ντων2

Aor. Pass. 43.4 λ υ θ - η/ε) -ητι3 -ητω -ητε -εντων Aor. Pass. 43.4 φαν- η/ε)4 -ηθι

-ητω -ητε -εντων

1 Ursprung dieser Endung ist dunkel. 3 Dissimüation der Endung -θι, s. 98. 2 Nachklass. λυέτωσαν und λυσάτωσαν. 4 έφάνη »erschien«: 61.8.

5. Infinitive

Präs. 5.5 λύ--ειν

Fut. 5.7 λύσ--ειν

Aor. Akt. 14.5 λύσ- -αι

Aor. Pass. 43.4 λ υ θ ή - -ναι Aor. Pass.

γ ρ α φ ή --ναι

Perf. 17.2 λελυκ- -έναι Perf. γεγραφ-

-έναι

Page 285: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 287

6. Partizipien

Präs. 30.7 λύ·ο-

-nt

λύων, λΰον1, λύουσα2; λύοντος . . .

Fut. 30.10 λ ύ σ ο -

-nt

λύσων, λύσον, usw.

Aor. Akt. 31.5 λ ύ σ α - -nt λύσάς, λϋσαν3, λύσάσα2; λύσαντος . . .

Aor. Pass. 43.5 λύθ-ε-γ ρ α φ ε -

-nt

λυθείς, λυθέν, λυθεϊσα; λυθέντος . . . γραφείς, γραφέν, γραφείσα; γραφέντος . . .

Perf. 28.4 λελύκ-γεγραφ-

-os -ot

λελυκ-ώς, -ός, -υϊα; λελυκότος . . . γεγραφ-ώς, -ός, -υΐα; γεγραφότος . . .

1 Deklination wie γέρων, Nr. 27. 2 Deklination wie δόξα, Nr. 9. 3 Deklination wie γίγας, Nr. 26.

Β. Medium (36.9) 55

1. Indikative: Endungen (Ι. Med. und IL Med.) s.o.

Tempus AG Tempusstamm Sg. 1 2 3 PI. 1 2 3 Endung

Präs. 36.1 λύ- ε/ο) -ομαι V -εται

-ομεθα -εσθε

-ο·νται Ι. Med.

Fut. 36.7 λΰσ- ε/ο) -ομαι V -εται

-ομεθα -εσθε

-ο·νται Ι. Med.

Imp. 38.2 έ·λϋ- ε/ο) -ομην -ου -ετο

-ομεθα -εσθε

-ο-ντο IL Med.

Aor. 40.6 έλύσ-(α) -α-μην -ω - α τ ο -αμεθα -ασθε -αντο

IL Med.

Perf. 34.6 λελϋ- -μαι -σαι -ται -μέθα -σθε

-νται Ι. Med.

Plusq. 40.2 έλελυ- -μην -σο -το -μέθα -σθε

-ντο Π. Med.

1 ηι > ει ist spezifisch attisch im 4. Jh. : 36.4.

2. Konjunktive: Gleich dem Indikativ, aber mit gelängtem Themavokal

Präs. 36.5 λυ- -ωμαι -ηι -ηται -ωμεθα -η σθε -ωνται Ι. Med.

Aor. 40.8 λυσ-

-ωμαι -ηι -ηται -ωμεθα -η σθε -ωνται Ι. Med.

Perf. 34.4 λε-λυ- »Periphrasis«: λελυμένος ώ, ήις usw.

3. Optative: ι zugefügt zum Tempusstamm ergibt Modusstamm auf -oi und -αι.

Präs. 38.6 λυοι-

-μην -0 -το -μέθα -σθε -ντο IL Med. Fut. 38.7 λυσ·οι- -μην -0 -το -μέθα -σθε -ντο IL Med.

Aor. 40.7 λ υ σ α ι -

-μην -0 -το -μέθα -σθε -ντο IL Med.

Perf. 34.4 λελυ- »Periphrasis«: λελυμένος είην, είης usw.

4. Imperative (34.5) und 5. Infinitive (36.1)

Tempus AG 2.Sg. Τ.-Stamm 3-Sg. 2. PI. 3. PI. flnfin.

Präs. 36.3 λ ύ ο υ λυε-

-σθω -σθε -σθων

(σθωσαν)

-σθα ι Aor. 40.8 λύσ-αι λυσα- -σθω -σθε -σθων

(σθωσαν)

-σθα ι

Perf. 34.5 λέλυ-σο λελυ-

-σθω -σθε -σθων

(σθωσαν)

-σθα ι

Page 286: Griechischer Lehrgang III

288 SUMMA GRAMMATICA

6. Partizipien (36.1)

Präs. 36.6 λυ·ο-

-μενος, -ον, -η

Fut. 36.7 λ υ σ ο - -μενος, -ον, -η Aor. 40.9 λ υ σ α --μενος, -ον, -η

Perf. 34.2 λελυ-

-μενος, -ον, -η

7. Stammformen (43.9)

λύω, λύσω, έλυσα, λέλυκα, λέλυμαι, έλύθην

56 C. Dual (47.14)

Endungen: meist-τον (Aktiv) und -σθον (Med.), z.B. λύετον, λύεσθον (»ihr beide«, »sie beide«); aber -την, -σθην für sekundäre Endungen, 3. Person, z.B. έλυσάτην, έλυσάσθην (»sie beide«), und -των nur für 3. Pers. Akt. Imperativ, z.B. λυσάτων (»sie beide sollen«).

57 D. Vier Zusätze über Verbformen

a) 'Starke und »schwache' Tempora

»Schwache« Tempora sind gebildet mit Zusätzen zum Stamm (λελύκαμεν), »starke« ohne solche (γεγράφαμεν) und meist mit Änderungen des Stamms (bes. Ablaut, z.B. λείπομεν- έλίπομεν). Die vorstehenden Tabellen enthalten Beispiele des starken wie auch des schwachen Perfekt Aktiv und Aorist Passiv. Das »thematische« Präsens ist eben als solches »schwach«; das starke, mithin athematische, s.u. 75ff. Das Perfekt Medium (Passiv) ist immer stark. So bleiben noch die starken Aoriste Aktiv und Medium; denn έλύσαμεν und έλυσάμεθα sind »schwach« i.A. der eingeschobenen Silbe -σα-.

Starke Aoriste wie έλιπον sind gebildet ohne diese charakteristische Silbe; sie haben aber zwischen Stamm und Endung den Themavokal ο/ε. Daher gleichen ihre Indikative dem Imperfekt von λύω, und ihre übrigen Modi denen des Präsens; sie unterscheiden sich von diesen in der Form des Stamms. Also z.B. έλιπον- λιπών gegenüber έλειπον-λείπων, und έλιπομην - λι-ποίμην gegenüber έλειπομην - λειποίμην. Das Nähere s.29.4;32.5;38.8.- Absolut »stark« sind die sog.

Wurzelaoriste (98), gebildet - abgesehen vom Augment - nur aus Stamm und Endung (also auch ohne Themavokal); z.B. έστην- στώ, έ φ υ ν - φ ϋ ν α ι ; so auch z.B. έδόμην- δοίμην- δομένος (131).

58 b) Drei (recht seltene) Formen des Futurs Passiv

1. λελυμένος έσομαι (34.3); 2. λελύσομαι (72.8); 3. λυθήσομαι (43.6; 72.6) - alle mit den Endungen des Präs. Medium.

59 c) Augment und Reduplikation Nur Indikative (Imperfekt, Aorist und Plusq.) werden durch das Augment als Vergangenheit charakterisiert; bei Homer und ihm folgender Dichtung wird es oft nicht gesetzt. Näheres über seine Formen s. 6.4; ferner 97 (εί-).

60 Reduplikation charakterisiert das griech. Perfekt. Näheres über seine Form s. 17.3, auch 73.9 und 11. Reduplikation findet sich auch bei bestimmten Typen des Präsens (63.2; 65.1; 78.2) und bei einem Aorist (ήγαγον, 68.7).

Page 287: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 289

d) Verbaladjektiva (19.1-6) 61 1. λυτός, -όν, -ή a) »gelöst« (solutus), b) »lösbar«; 2. λυτέος, -έον, -έά »zu lösen«, »muß gelöst (befreit) werden«.

III. Die Stämme der Verben mit thematischem Präsens 62

Das thematische Präsens endete - ursprünglich - entweder auf bloßes -ö, -eis usw. oder - viel häufiger- auf-jö, also mit - j - zwischen dem Ende des Stamms und dem Themavokal; z.B. λύ·ω, aber : : 'βασιλεύίω > βασιλεύω, : : 'τιμά)·ω > τιμάω, "αγγέλ^ω > άγγέλλω (56.3).

Α. Vokalische Stämme (49.2) 63

Stamme auf-υ: s. 54ff; gleicher Art sind die (seltenen) auf-ι. Es bleiben die auf-a, -e, -o. Sie zeigen generell folgende Eigenheiten:

a) Wenn der Stammvokal im Präsens kurz ist, erscheint er in den übrigen Tempora gelängt; und zwar ά > η (ά nach ρ), ε > η , ο > ω.

b) Die meisten dieser Stämme endeten ursprünglich auf -jö; das - j - zwischen Vokalen verschwand aber schon vorgriechisch.

c) Der Optativ Präs. Aktiv endet nicht, wie bei λύω, auf -μι, -ς . . ., sondern - wie bei είην und λ υ θ ε ί η ν - auf -ιην, -ιης, -ιη, Plur. -ιμεν, -ιτε, -ιεν (49.11). N.B. Gilt nur für das Präsens!

d) Der Hiat, im Präsens, zwischen den Vokalen am Stammende und dem folgenden Themavokal wird beseitigt durch Kontraktion, durchweg in attischer Prosa und der ihr folgenden Koine, nicht durchweg bei Homer und ihm folgender Dichtung (49.8).

1. Stämme auf-εω (49-50) 64

Zunächst Ableitungen (-jö) von Nomina auf ε/ο (»Denominativa«) wie φίλος > φιλέίω > φιλέω > φιλώ; nach diesem Modell Tausende von anderen (z.B. εύδαιμονέω), außerdem einige nicht-abgeleitete, wie ποιέω (49.7). Stammformen:

| ποιέω, ποιήσω, έποίησα, πεποίηκα, πεποίημαι, έποιήθην (49.5; 50.2; 55.4). Kontraktion im Präsens (mit Imp.) nach der Regel (49.10):

| εε > ει, εο > ου, von langem Vokal oder Diphthong wird das ε absorbiert. Daher Formen wie:

Aktiv, Präs. Ind. ποιώ . . . ποιούμεν (49.12), Konj. ποιώ . . . ποιώμεν, Opt. ποιοίην . . . ποιοϊμεν (-οίημεν) (ib.), Imper. ποίει . . . ποιούντων, Inf. ποιείν, Part, ποιών, ποιούν, ποιούσα (ib.); Imperf. έποίουν, έποίεις . . . (49.13).

Medium, Präs. (50.1). Ind. ποιούμαι . . . ποιείται, Konj. ποιώμαι . . . ποιήται, Opt. ποι-οίμην . . . ποιοϊτο, Imper. ποιου . . . ποιείσθω, Inf. ποιείσθαι, Part, ποιούμενος, ποιούμενη; Imperf. έφιλούμην . . . έφιλείτο.

Besonderes: 65 a) Einsilbige Stämme kontrahieren nur, insoweit -ει- resultiert (50.3; 55.1); z.B. δεϊ βοεεδέοι. b) Einige wenige Verba auf -έω dehnen ihren Stammvokal außerhalb des Präsens nicht. Sie sind in Wahrheit alte s-Stämme; z.B. παραινέω, Fut. παραινέσω (71.8).

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290 SUMMA GRAMMATICA

66 2. Stämme auf-άω (51/2)

Zunächst Denominativa abgeleitet von Nomina auf -ä (bzw. att. -η), z.B. νικάω < *vixa-j-u) < νίκα (att. νίκη); danach auch von anderen Stämmen, z.B. έράω < έρως; auch »primitive« (nicht abgeleitete) wie όράω und δράω (51/2.1). Das originale -ä ist nur im Präsens gekürzt. Stammformen (51/2.5) z.B. νικάω, νικήσω, ένίκησα, νενίκηκα, νενίκημαι, ένικήθην »(be-)siegen« πειράομαι, πειράσομαι, έπειράθην, πεπείράμαι »versuchen«

Kontraktion im Präsens nach der Regel (51/2.2): II α mit jedem E-Laut > ά (nicht η!), Ι! α mit jedem O-Laut > ω;

jedes echte Iota erzeugt langen Diphthong (άι bzw. ωι). Also nicht das Iota des »unechten« Diphthongs ει (für gelängtes ε), daher Infin. -άν < -άειν = αέν. Daher Formen wie (51/2.3):

Aktiv, Präs. Ind. τιμώ, τιμάις . . . τιμώσιν; Konj. = Ind., Opt. τιμωιην . . . τιμώιεν, Imper. τίμα . . . τιμώντων, Inf. τιμάν, Part, τιμών (m.n.), τιμώσα, τιμώντος, τιμώοης; Imperf.

έτίμων, έτίμας . . .;

Passiv, Präs. Ind. = Konj. τιμώμαι, τιμάι. . ., Opt. τιμωιμην, τιμώιο . . ., Imper. τιμώ . . . τιμάσθων, Inf. τιμάσθαι, Part, τιμώμενος; Imperf. έτιμώμην, έτιμώ, έτιμάτο . . .

67 3. Stämme auf -όω (53)

Auch diese sind zunächst Denominativa, abgeleitet von Nomina auf ο/ε wie diejenigen auf -έω; charakteristisch sind »Faktitiva« (53.1).

Stammformen (53.4) z.B.

|| άξιόω, αξιώσω, ήξίωσα, ήξίωκα, ήξίωμαι, ήξιώθην »fordern«

Kontraktion im Präsens nach der Regel (53.2): Langer Vokal (η und ω) mit dem ο wird zu ω.

Kurzer Vokal (ε und o) mit dem ο wird zu ου; auch ο -Ι- ου > ου.

Mit jedem (echten) ι-Diphthong entsteht oi.

Es ergeben sich Formen wie folgt (53.3):

Aktiv, Präs., Ind. δουλώ . . . δουλούσιν, Konj. δουλώ . . . δουλώσιν, Opt. δουλοίην . . .

δουλοϊεν, Imper. δούλου . . . δουλούντων Inf. δουλούν, Part, δουλών, δουλούν, δουλούσα

. . . δουλούντας, δουλουντα, δουλούσας;

Imperf. έδούλουν, έδούλους . . .;

Medium, Präs. Ind. δουλούμαι, δουλοί. . ., Konj. δουλώμαι, δουλοί. . ., Opt. δουλοίμην, δουλοίο . . ., Imper. δουλού, δουλούσθω . . ., Inf. δουλούσθαι, Part, δουλούμενος . . .; Imperf. έδουλούμην, έδουλού . . .

68 4. Langvokalische Stämme (54)

Stämme auf -ω sind selten und unproblematisch (durchweg -ω, s. 54 Anm. 1); so bleiben die wenigen, aber wichtigen auf -η.

Präsenskontraktion resultiert bei diesen in -ω, sofern ein o-Laut involviert ist; sonst (also mit II e-Laut) in -η; jedes -ι- bewirkt Langdiphthong (ηι oder ωι).

Ζώ »leben« wird hauptsächlich nur im Präsensstamm gebraucht (Hom. ζώω), vgl. 69.15; χρώμαι, χρήσομαι »gebrauchen« (u.a.) sowie die Stammzeiten von πεινήν »hungern« und διψήν »dürsten« s. 54.6.

Page 289: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 291

Attische Präsensformen: διψήι Präs. Ind., διψώιη Opt.; so πεινήι und Part, πεινώσα, Imperf. έπείνων; vgl. 54.4. Die Formen von ζήν und χρήσθαι s. 54.5 und 55.5; Stammformen von anderen Vokalstämmen s. 51/2.5 (-άω), 53.4 (-όω), 55.4-8 (alle Typen).

B. Konsonantische Stämme 69

I. Stämme endend auf Muta (56.1)

Auch diese PräsentU enden teils auf -ö, teils - ursprünglich - auf -jö (vgl. 62). Das früh geschwundene - j - hat die vorangehenden Konsonanten affiziert (56.3). Auch außerhalb des Präsens stößt der Endkonsonant des Stamms mehrfach auf Endungen, die mit Konsonanten beginnen. Die phonetischen Konsequenzen lassen sich in kurzen Regeln summieren.

1. Stämme auf Dental (56) 70

- also auf δ, τ, θ und auch - Folge von [j] - auf -ζω sowie eine Minderzahl auf -σσω (att. -ττω).

Phonetische Regeln (56.3-8) | a) δ + j > ζ; θ und τ + j > σσ (att. ττ).

b) Dental vor σ und κ fällt aus. | c) Dental vor anderen Konsonanten > σ.

Viele Verba dieser Klasse entstanden dadurch, daß die bequemen Endungen -ίζω und -άζω an andere Stämme angehängt wurden; z.B. οίκίζω, auch χαρίζομαι ( χάριτ-ί).

Beispiele von Stammformen (mehr 56.17-19) 71

1 ψεύδω ψεύ[δ]σω έψευ[δ]σα 2 έψευσμαι έψεύσθην täuschen

2 πείθω πείσω έπεισα πέπεικα πέπεισμαι έπείσθην überreden

3 πλάττω (πλάσω) έπλασα 2 πέπλασμαι έπλάσθην formen

4 γυμνάζω γυμνάσω έγύμνασα γεγύμνακα γεγύμνασμαι έγυμνάσθην üben

5 νομίζω νομιώ1 ένόμισα νενόμικα νενόμισμαι ένομίσθην meinen

6 κτίζω κτίσω έκτισα 2 έκτισμαι έκτίσθην gründen

7 χαρίζομαι χαριοΰμαι1 έχαρισάμην κεχάρισμαι e. Gefallen tun

8 φείδομαι φείσομαι έφεισάμην 2 schonen

1 Mehrsilbige Stämme auf -ίζω haben »Futurum contractum« (56.10). 2 Wo keine Form eingetragen ist, da ist keine überliefert - jedenfalls nicht bis zum Ende der klassischen Zeit. In ( ): selten, spät, zweifelhaft.

Im Perfekt (mit Plusq.) Medio/Passiv steht bei diesen Verben - den Dentalstämmen - entspre- 72 chend den erwähnten phonetischen Regeln (70) durchweg ein s am Ende des Stamms bzw. am Anfang der Endung; z.B. γεγύμνασμαι, γεγύμνασαι, γενύμνασται . . ., γεγυμνάσθαι, έγε-γυμνάσμην, έγεγύμνασο usw., s. 56.15.

2. Stämme auf Guttural (57) 73

|| PräsentU: wieder auf -ö und -jö. κ und χ + j > σσ (ττ); γ + j > ζ analog zu 70; auch hier aber viele Bildungen durch einfaches Anhängen einer bequemen Endung an andere Stämme (z.B. πράσσω, τάσσω, s. 57.4a). Die Formen der übrigen Tempora sind bedingt durch 17 (-s-), 19.a (ξ) und 57.8 (Assimilation). Danach können hier nur die Doppelkonsonanten κτ, χθ, γμ und ξ entstehen.

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292 SUMMA GRAMMATICA

74 Beispiele von Stammformen (mehr 57.10)

1 διώκω διώξω έδιωξα δεδίωχα 1 δεδίωγμαι 1 έδιώχθην verfolgen

2 άρχω άρξω ήρξα ήρχα 1 ήργμαι ήρχθην vorangehen

3 στίζω στίξω έστιξα έστιγμαι stechen

4 φυλάσσω φυλάξω έφύλαξα πεφύλαχα πεφύλαγμαι έφυλάχθην bewachen

5 πράσσω πράξω έπραξα πέπραχα πέπραγα

πέπραγμαι έπράχθη tun

6 εύχομαι εύξομαι ηύξάμην ηύγμαι laut sagen

1 Nachklassische Formen.

75 Perfekt (mit Plusq.) Aktiv ist bei den meisten Verben dieser Klasse ungebräuchlich; wo vorhanden, meist mit Aspiration des Stammendes. Die Formen des Perfekts Passiv ergeben sich aus den generellen phonetischen Regeln; also z.B. ήργμαι, ήρξαι . . . ήργμένοι είσίν, Imper. ήρχθων, Inf. ήρχθαι, Plusq. ήργμην . . . ήρκτο, usw.; im Einzelnen 57.9.

76 3. Stämme auf Labial (58)

PräsentU auf -βω, -πω, -φω und, sonst gleichartig, auf -πτω; letzteres also offenbar aus -jö.

Für die übrigen Tempora gilt (aufgrund von 6, 17, 19, wie in 73):

|| β, π, φ + σ > ψ; + τ > πτ; + θ > φ θ ; + μ > μμ.

Außerdem ist ihr Aorist Akt. und Med. meist schwach (-σα); stark nur bei λείπω und τρέπω.

Perfekt Akt. immer stark; mit Ablaut e/o, wenn der Stamm einen e-Laut enthält (58.3).

Aorist Pass. meist stark; dann mit Ablaut 7a, wenn der Stamm einen e-Laut enthält (58.4).

Es ergeben sich Stammformen wie die folgenden (mehr: 58.8):

1 πέμπω πέμψω έπεμψα πέπομφα πέπεμμαι έπέμφθην schicken

2 τρίβω τρίψω έτριψα τέτριφα τέτριμμαι έτρίβην2 reiben

3 βλάπτω βλάψω έβλαψα βέβλαφα βέβλαμμαι έβλάβην2 schädigen

4 κλέπτω κλέψω έκλεψα κέκλοφα κέκλεμμαι εκλάπην2 stehlen

5 τρέφω 1 θρέψω έθρεψα τέτροφα τέθραμμαι έτράφην έθρέφθην

nähren

6 τρέπομαι τρέψομαι έτρεψάμην έτραπόμην

τέτραμμαι έτράπην2 (von sich) wenden

1 Beachte die Dissimilationen der V θρεφ (58.6). 2 Neben den starken Aor. Pass. existieren vielfach alte, schwache Formen; so έτρίφΰην, έβλάφθην, έκλέφίτην, έτρέφθην.

78 Ein Beispiel für das Perfekt Passiv:

Ind. τέτριμμαι Plusq. έτετρίμμην Imper. τέτριψο, τετρίφθω

τέτριψαι έτέτριψο τέτριφθε, τετρίφθων

τετρυιται ετετριπτο τετρίμμεθα έτετρίμμεθα Inf. τετρίφθαι τέτριφθε έτέτριφθε Part. τετριμμένος

τετριμμένοι εισιν τετριμμένοι ήσαν -μένον -μένη

Page 291: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 293

IL Stämme endend auf Liquida und Nasal (60 und 61) 79

Die >Verba liquida< (auf-1 und-r) und »Verba nasalU' (auf-m und-n) verhalten sich fast durchweg gleichartig. Ihre Formbildung:

Präsens: Bei 1-Stämmen durchweg, und bei den übrigen ganz überwiegend, Nachwirkung des ursprünglichen -jö: a) lj > 11; z.B. *άγγέλ}ω > άγγέλλω (60.2); b) bei nj und rj: Längung eines vorangehenden ι und υ, z.B. *κρϊν)'ω > κρίνω und *άμΰν}ω > άμΰνω; vorangehendes α oder ε dagegen wurden durch das schwindende j in i-Diphthonge (ai und ei) verwandelt; z.B. *μιάνίω > μιαίνω und *έγερίω > εγείρω; so βαίνω »gehe« <*ßavjou(61.1).

Futurum: Alle Verben dieser Gruppe haben »Futurum atticum« oder »contracmm« (56.10); z.B. 80 zu στέλλω, Fut. στελώ < στελέω < -στελέσω; also ein >s-Futur ohne s«, konjugiert wie die Präsentia auf -έω (ποιώ), auch im Medium, z.B. zu ευφραίνομαι, Fut. εύφρανούμαι (auch εύφράνθήσομαι (60.5; 61.2).

Aorist Akt. und Med. »s nach Liquida oder Nasal fällt aus mit Ersatzdehnung« (vgl. 15); dem- 81 nach haben alle Verba dieser Klasse »s-Aorist ohne s«, mit Dehnung des vorangehenden Vokals, z.B. zu σφάλλω, Aor. έσφηλα < ': έσφαλσα; zu δέρω, έδειρα < ":"έδερσα (ει = e); zu αμύνομαι, ήμύνάμην < "ήμΰνσάμην (60.6; 61.3).

Perfekt Akt.: bei Liquida recht selten; wenn überhaupt, meist schwach (-κα), s. 60.9. Bei Nasa- 82 lia verschiedene Bildungen (61.6); z.B. stark (μέμηνα) oder mit Erweiterung des Stamms (μεμένηκα).

Perfekt Pass.: normal wie λέλυμαι; aber a) Regel 17 kommt ins Spiel wie bei allen Konsonant-Stämmen (ζ.Β.ήγγελΐσ]θε); b) -v (nur dieses) wird vor μ zu σ (z.B. πέφασμαι, πεφάσμεθα, zu φαίνω) nach dem Vorbild der Dentalstämme (72); c) die Endungen -σαι und -σο (2.Sing.), heißt es, lassen das Vorangehende unverändert (etwa in πέφανσαι, ήγγελσο, 61.7), aber solche Formen sind überaus selten überliefert.

Einsilbige Liquida-SUmme mit e-Vokal (wie δέρω, στέλλω) haben in Perf. Akt. und Pass. so- 83 wie im Aor. Pass. Ablaut -ά (z.B. έσταλκα, δέδαρται) und meist auch starken Aor. Pass. (z.B. έδάρη, εστάλη), 60.8. Im übrigen, für Aorist Pass., stark und schwach, s. 60.11 und 61.8.

Stammformen (mehr: 60.12 und 61.9) 84

Präs. Stamm Futur Aor. Akt. Perf. Akt. Perf. Pass. Aor. Pass. deutsch

1 δέρω δερ- όερώ έδειρα όέόαρμαι έδάρην schinden 2 σπείρω σπερ- σπερώ έσπειρα έσπαρκα1 εσπαρμαι έσπάρην säen 3 καθαιρώ καθαρ- καθαρώ έκάθηρα κεκάθαρμαι έκαθάρθην reinigen

senden 4 στέλλω στελ- στελώ έστειλα -icrxakua -έσταλμαι έστάλην reinigen senden

5 νέμω νεμ- νεμώ ένειμα -νενέμηκα' νενέμημαι ένεμήθην zuteilen

6 κτείνω κτεν- κτενώ έκτεινα -έκτονα töten 7 επαγγέλλομαι άγγελ- έπαγγελοϋμαι έπηγγειλάμην έπήγγελμαι έπηγγέλθην ankündigen 8 αποφαίνομαι φαν- άποφανούμαι

άποφανήσομαι άπεφηνάμην άπέφάνθην darlegen

1 Nachklassische Formen.

Page 292: Griechischer Lehrgang III

294 SUMMA GRAMMATICA

85 Perfekt Pass. mit Plusq. (60.10; 61.7) a) für Liquida (sonst wie λέλυμαι) merke nur: z.B. δέδαρμαι: δέδαρ[σ]θε, δεδάρ[σ]θω und -ων, δεδάρ[σ]θαι, έδέδαρ[σ]θε; b) für NasalU z.B.

Ind. πέφασμαι πέφανσαι(?) πέφανται

Plusq. έπεφάσμην έπέφανσο(?) έπέφαντο

Ind.

πεφάσμεθα πέφανθε πεφασμένοι

είσίν

έπεφάσμεθα έπέφανθε πεφασμένοι

ήσαν

Imper. πέφανσο(?), πεφάνθω πέφανθε, πεφάνθων

Ιηί.πεφάνθαι Part.πεφασμένος, -ον, -η

Zu κλίνω -κέκλιμαιβ. 92.22, zu κρίνω -κέκριμαι 92.23, zu α ί ρ ω - ή ρ α - ά ρ ω 60.7 u. 12(10); zu βαίνω < *ßanj(jt> 100. N.B. Bei diesen n-Stämmen sind daher -νται und -ντο im Perfekt Endungen der 3. Sing, (nicht Plural)!

86 III . Bildung der Tempora verbi

Im III. Kapitel wurden die verschiedenen Formen der Tempora gemustert, insoweit sie durch verschiedenen Auslaut des Stamms bedingt wurden: έφίλησα gegenüber φιλέω, έγραψα: γράφω, έσταλκα: στέλλω, ένειμα: νέμω. Bei vielen anderen Verben sind die Tempora durch andere Variationen differenziert; z.B. durch Ablaut (63.1). Diese Varianten werden im folgenden der Reihe nach registriert; für die detaillierte Erklärung der Formen und ihre Bedeutung wird auf AG verwiesen.

87 A. Präsens

Das Präsens gibt keineswegs immer (wie im Falle λύω - έλυσα) die elementarste Form des Verbstamms; man denke nur an έμαθον gegenüber μανθάνω oder ηύρον: ευρίσκω. Hier folgt eine gedrängte Übersicht von Verben mit verschiedenen Änderungen - durchweg Erweiterungen -des Verbstamms im Präsens.

88 1. Reduplikation (63)

Reduplikation des Anlauts - mit e - ist normal beim Perfekt (λέλυκα, 17.3); einige Verba haben Reduplikation - mit ϊ - im Präsens; vgl. lat. gigno, sisto:

Nr. V Präsens Futur Aorist Perfekt deutsch

1 p(e)t π ί π τ ω πεσούμαι έπεσον πέπτωκα fallen

2 t(e)k τ ίκτω τέξω έτεκον τέτοκα zeugen, gebären

3 g(e)n γίγνομαι γενήσομαι έγενομην έγενήθην 1

γέγονα

γεγένημαι 1

werden

1 Nachklassische Formen.

Page 293: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 295

2. -σα-Erweiterung (64) (-σκω und -ίσκω) 89

Vgl. lat. cre-sco, senesco etc. - Abgesehen von πάσχω und άποθνήισκω flektieren die hier folgenden Verben außerhalb des Präsens als normale Vokalstämme.

4 γηρα γηράσκω γηράσω (-σομαι)

έγήρασα γεγήρακα altern

5 ήβα ήβάσκω ήβάω

ήβήσω ήβησα ήβηκα heranwachsen, jung sein

6 Ρ θ θ πάσχω πείσομαι έπαθον πέπονθα erleiden, erfahren

7 φα φ ά σ κ ω φήσω έφησα (ja) sagen

8 εύρ (η/ε) ευρίσκω εύρήσω ηύρον ηύρέθην

ηΰρηκα ηύρημαι

finden

9 θπ (άπο)θνήισκω -θανούμαι -έθανον τέθνηκα sterben

10 στερ(η/ε) στερίσκω (άπο)στερέω

στερήσω έστέρησα έστερήθην

έστέρηκα έστέρημαι

berauben

11 Αιλ(ω) άνάλ-ίσκω -όω

αναλώσω άνήλωσα άνηλώθην

άνήλωκα άνήλωμαι

aufwenden 11 Αιλ(ω)

άλίσκομαι άλώσομαι έαλων έάλωκα genommen werden

3. Reduplikation plus OK-Erweiterung (65) 91

also Kombination der Charakteristika von 88 und 89. Διδάσκω behält diese Präsenserweiterun-gen in allen Stammformen und wird dadurch ein Gutturalstamm wie 74.

Nr. V Präsens Futur Aor. Akt. Pass.

Perf. Akt. Pass.

deutsch

12 τρω τ ι τ ρ ώ σ κ ω τρώσω έτρωσα έτρώθην τέτρωμαι

verwunden

13 γνω γιγνώσκω γνώσομαι εγνων έγνώσθην

έγνωκα έγνωσμαι

erkennen

14 δρα άποδιδράσκω -δράσομαι -έδράν -δέδράκα entlaufen

15 δά διδάσκω διδάξω έδίδαξα έδιδάχθην

δεδίδαχα δεδίδαγμαι

lehren

16 μνη μιμνήσκω

μιμνήσκομαι

μνήσω

μνησθήσομαι

έμνησα

έμνήσθην μέμνημαι

erinnern

s'ch erinnern

Für die »Würze aoriste« έγνων und άπέδραν s. 69.

4. Präsens-Stamm mit n-Erweiterung (66) 92

Die folgenden Verben zeigen ihre Wurzeln - teils vokalisch, teils konsonantisch endende - mit (bloßem) -v erweitert. Am Ende stehen zwei, welche diese Erweiterung auf das Futur und den Aorist Akt. übertragen haben.

Page 294: Griechischer Lehrgang III

296 SUMMA GRAMMATICA

Nr. V Präsens Futur Aor. Akt. Pass.

Perf. Akt. Pass.

deutsch

17 δακ δάκνω δήξομαι έδακον έδήχθην δέδηγμαι

beißen

18 τιρ τέμνω τ εμώ έτεμον έτμήθην

τέτμηκα τέτμημαι

schneiden

19 κιρ κάμνω καμοϋμαι έκαμον κέκμηκα schwach werden

20 φ θ ά/η φθάνω φθήσομαι έφθην έφθασα

έφθακα schnell(er) sein

21 πι/ο πίνω πίομαι έπιον έπόθη

πέπωκα πέποται

trinken

22 κλί κλίνω κλινώ έκλινα έκλίθην

κέκλικα 1

κέκλιμαι beugen, biegen

23 κρί κρίνω κρινώ έκρινα έκρίθην

κέκρικα κέκριμαι

sondern

1 Nachklassische Form.

93 4a. Stammerweiterung mit -νε und -αν

Durchweg starker Aorist und Futurum Medium

24 sik (άφ)ίκνέομαι -ϊξομαι -ίκόμην άφίγμαι ankommen

25 βεχ(η) ύπισχνέομαι ϋποσχήσομαι ύπεσχόμην ύπέσχημαι versprechen

26 άμαρτ(η) άμαρτάνω άμαρτήσομαι ήμαρτον ήμαρτήθη

ήμάρτηκα ήμάρτηται

verfehlen

27 αΐσθ(η) αισθάνομαι αίσθήσομαι ήισθόμην ήισθημαι wahrnehmen

94 4b. Präsensstamm erweitert mit -v und einem zweiten Nasal (67)

Die Verben dieser Gruppe haben starken Aorist und - außer λανθάνω - Futurum Medium. Die Stämme von allen - mit Ausnahme von μανθάνω - erscheinen in verschiedenen Tempora auf verschiedenen Ablautstufen.

28 μαθ μανθάνω μαθήσομαι έμαθον μεμάθηκα lernen

29 λ α / η β λαμβάνω λήψομαι έλαβον έλήφθην

είληφα είλημμαι

nehmen

30 λ α / η θ λανθάνω λήσω έλαθον λέληθα verborgen sein

31 τ ευ/υχ τυγχάνω τεύξομαι έτυχον τετύχηκα treffen

32 π ευ/υθ πυνθάνομαι πεύσομαι έπυθόμην πέπυσμαι erfragen

95 B. Aorist (68-70)

Sekundäre Personalendungen - außer im Konjunktiv 1. Drei Arten von Aorist (Aktiv und Medium) a) Schwach (Zusatz von -s vor der Endung) und athematisch (kein ο/ε zwischen Stamm und Endung); z.B. λύω - έλυσα - έλυσάμην; γράφω - έγραψα - έγραψάμην.

Page 295: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 297

b) Stark (kein zusätzlicher Konsonant) und thematisch (ο/ε zwischen Stamm und Endung); z.B. μανθάνω (94.28) - έ μ α θ ο ν ; πυνθάνομαι (94.32) - έ π υ θ ό μ η ν .

c) Stark (keine Erweiterung des Stamms) und athematisch (kein Zusatz zwischen Stamm und Endung); z.B. γ ι γ ν ώ σ κ ω - έ γ ν ω ν (91.13); βαίνω-έ ·βην (79): der sog. »WurzelaorisU (Aktiv; fürs Medium s. 69.2 und 80.5).

Im Konjunktiv übernehmen alle die Endungen des thematischen Präsens.

Zu a) Ursprung dieser Bildung: oben 13, mehr: 68.2. Modi: oben 54 und 55; 68.3. 'S-Aoriste ohne -s-<: V. liquida, 81; 68.4 (auch έγημα: vgl. 71.9). >Kurzvokal-Aoriste' wie έτέλεσα, έμαχεσάμην s. oben 65, unten 106; 68.5; 71.12.

Z u b ) Oben 57; 68.6. Beispiele hier 88 und 90-94.

Einige Formen haben eigenartige Akzentuation (λιπεϊν, λιπών, λιπού, λιπέσθαι und εύρε, ϊδέ

usw.), s. 68.6.

Ein Sonderfall ist Aor. ήγαγον, mit Reduplikation (60), von άγω; Stammformen 57.10(1).

Augment εί-, meist aus έ^ε-, z.B. είργασάμην (< "έ^εργασάμην, vgl. τό Γέργον »Werk«); so

είθιζον von εθίζω, auch είασα, schwacher Aorist, von έάω: 68.8. Auch είχον < '^έβεχον.

Stammformen von έχω: 68.9; sie machen diejenigen von ύπισχνέομαι (93.25) begreiflich.

Z u c )

Wurzelaorist: 69. Einsilbige Langvokalstämme verbunden - ohne Zwischenglied - mit den sekundären Endungen. Der lange Vokal ist gekürzt im Optativ und vor -nt; z.B. γνοίην, γνόντες.

Modi:

Ind. έβην, έβης . . . έβησαν- έγνων, έγνως . . . έγνωσαν έφύν, έφύς . . . έφυσαν: 69.6;

Konj. Der Langvokal kontrahiert mit den Endungen des thematischen Präsens Konj. (λύω, λύ-η ι ς . . .), nicht kontrahiert bei υ-Stämmen; z.B. στώ, στήις, στήι. . . (von έστην), γνώ, γνώις, γνώι . . ., aber φύω, φύηις . . . (gleich dem Präsens): 69.8;

Opt. gebildet wie είην, λυθείην, φιλοίην (63c; 25.7); z.B. γνοίην. . . γνοϊμεν, βαίην . . . βαί-μεν: 69.9;

Imper. 1.Sing, -θι, wie im Aor. Pass. e.g. φάνηθι, also z.B. γνώθι . . . γνόντων, βήθι . . . βάντων: 69.10;

Infin. -ναι, z.B. γνώναι, στήναι, φΰναι: 69.11;

Partizip (-nt zum Stamm, wie gewöhnlich); z.B. βάς, βάν, β ά σ α - βάντος, odervvoug, γνόν, γ ν ο ύ σ α - γνόντος: 69.12.

Bedeutungsunterschied von schwachem und Wurzelaorist, wo beide zum gleichen Wort existieren: transitiv/intransitiv, z.B. έστησα/έστην, έφυσα/έφυν: 69.13.

Stammformen: γιγνώσκω und άποδιδράσκω s. 91.13/14; φθάνω 92.20. βαίνω: V ß a + njö wie 92.21-23, vgl. φαίνω 84.8; daher:

33 βαίνω βήσομαι έβην βέβηκα

34 φύομαι φύσομαι έφύν πέφύκα

Mehr: 69.15.

Page 296: Griechischer Lehrgang III

298 SUMMA GRAMMATICA

101 2. Aorist Passiv (53, 54; 43, 70) Gleicher Art, in Form und Bedeutung, wie (98) έβην- βήναι sind z.B. έμάνην- μανήναι »rasen« (μαίνομαι, 61.9[8]), έρρύην - ρυήναι »fließen« (φέω, 72.4), έφάνην - φανήναι »erscheinen« (φαίνομαι, 61 ·9[6]): Konsonantstämme, die durch Zufügung von -η- befähigt wurden, Stamm und Endung zu verbinden (70.7). Das so entstandene Aoristsystem - sekundäre Endungen mit vorangehendem e-Laut (η/ε) - wurde dann für vokalisch anlautende Stämme brauchbar gemacht durch Einfügung eines -θ- vor jenem -η- (έφοβή·θ·ην, έβουλή·θ·ην, έλύθ·ην). Und schließlich wurde der so entstandene Satz von Formen (-θην, -θης . . . -θήναι) auch an konsonantisch endende Wurzeln gehängt (ηύφράνθην, έπέμφθην). Die so entstandenen Sätze werden traditionell als (»starke« bzw. »schwache«) Passivaoriste registriert, und in der Tat hat sich »passive« Bedeutung (36.6) bei der Mehrzahl der Verben allmählich durchgesetzt; viele aber bewahrten die ältere, aktiv-intransitive Bedeutung (έχάρην, ήσθην, διελέχθην). Das Nähere hierzu s. 70.6-12.

102 Formale Einzelheiten s. 70.2-3 (Ablaut wie in στέλλω - έστάλην und καλέω - έκλήθην); 70.4-5 (Kurzvokal- Aoriste wie ηύρέθην und έδέθην); 70.5 (»wucherndes Sigma< wie in ακούω - ήκούσθην, χρίω - έχρίσθην).

103 C. Futurum (71 und 72)

Das Futur ist Abkömmling von Aorist und Präsens. Vom Aorist stammt der entscheidende »Tempuscharakter«, das -s- zwischen Stamm und Endung, welches die actio verbi in die Zukunft versetzt; und zwar vom Konjunktiv des Aorist, dem Modus des Willens (was einer will, liegt in der Zukunft; vgl. engl. I will als Futurum); eben darum gibt's keinen Konjunktiv Futuri. Alles übrige stammt vom Präsens (71.1-2).

104 Beim normalen -s-Futurum gibt es Variationen je nach dem Verhältnis zwischen Präsensstamm und Verbstamm: λ ύ ω - λύσω, aber z.B. λ α ν θ ά ν ω - λήσω, π ά σ χ ω - πείσομαι, π ο ι έ ω - ποιήσω usw. Und außerdem gibt es das »attische« und das »dorische« Futur. Das »attische' oder »Futurum contractum' (80) ist die Regel bei Verba liquida (άγγέλλω - άγγελώ; μένω - μενώ, 80) und bei mehrsilbigen Stämmen auf -ίζω (νομίζω - νομιώ, 56.10); seine Formen gleichen dem Präsens der Verba auf -έω (71.3 und 10). >Dorisches< Futur wie in πίπτω - πεσούμαι und φ ε ύ γ ω - φευ-ξούμαι (72.3) ist im Attischen sehr selten.

105 Futurum Medium begegnet bei vielen Verben, die im übrigen aktive Formen haben (z.B. ακούω - άκούσομαι, 36.17; 72.5); andererseits haben solche Futura nicht selten passive Bedeutung (τιμήσομαι, άδικήσομαι, 72.5).

Futur Perfekt, z.B. κεκράξεται, πεπράξεται, 72.8.

Futur Passiv: Drei Formen: oben 58; 72.6.

106 Formale Besonderheiten einzelner Verben finden Erklärung in den angegebenen Kommentaren zu den hier folgenden

Page 297: Griechischer Lehrgang III

Stammformen

SUMMA GRAMMATICA 299

35 έπαινέω έπαινέσομαι έπήινεσα έπήινεκα έπήινημαι έπηινέθην loben

36 γαμέω γαμώ έγημα γεγάμηκα (der Mann) heiraten 36 γαμέομαι γαμοΰμαι έγημάμην γεγάμημαι (d. Frau)

heiraten

37 καλέω καλώ έκάλεσα κέκληκα κέκλημαι έκλήθην rufen

38 τελέω τελώ έτέλεσα τετέλεκα τετέλεσμαι έτελέσθην leisten

39 πλέω πλεύσομαι

πλευσούμαι έπλευσα πέπλευκα segeln

40 καίω καύσω έκαυσα κέκαυμαι έκαύθην verbrennen

41 φέω φυήσομαι έρρύην έρρύηκα fließen

42 χαίρω χαιρήσω έχάρην κεχάρηκα s. freuen

43 φεύγω φεύξομαι φευξοΰμαι

έφυγον πέφευγα fliehen

44 μάχομαι μαχοΰμαι έμαχεσάμην μεμάχημαι kämpfen

45 βούλομαι βουλήσομαι έβουλήθην βεβούλημαι wollen

Mehr 71.11; 72.10.

D. Perfekt (53; 54; 73; 74)

Zum Perfekt - einem Gegenwartstempus (17.9) - gehört als dessen Vergangenheit das Plusquamperfekt (40.1-4). Formal ist es charakterisiert durch 1. Reduplikation des Anlauts mit -ε (vgl. 88): so alle, außer οίδα; 2. eigene Personalendungen im Aktiv: so IE, aber griech. nur in Resten erhalten; 3. durch Ablaut und andere Änderungen des Stamms: so bei gewissen Gruppen.

Zu 1: Reduplikation (s. 17.3) Beispiele: λέλυκα und γέγραφα, aberτέ·θυκα; διαλέλυκα, aber δεδυστύχηκα; πέπνευκα, aber έσκεπται; έζήτηκα,Ι-ψευστο, έρρωσο, έοικα (^έ-Αηκα). Ausnahmen von den durch diese Beispiele illustrierten Regeln: έγνωκα, πέπτωκα, κέκτημαι, μέμνημαι, έόρακα (ΕεΡόραχα, 73.9; 85.6).

Reduplikation εί- (vgl. 97 und 73.9): είληφα (67.4), εΐρηκα, είωθα (73.10), είργασμαι, διεί-λεγμαι, συνείλεγμαι.

Attische Reduplikation der ersten Silbe, mit Längung des folgenden Vokals: wenige Verba, z.B. ακούω - άκήκοα - ήκηκόειν, ήλθον (ήλυθον) - έλήλυθα, εγείρω - έγήγερμαι - έγρήγορα (73.11).

Zu 2: a) Stamm und Endung (73.1-2) Das Perfekt Medio-Passiv ist immer stark (λέλυμαι); ebenso IE das Aktiv (γέγραφα). Das Griechische fügte hinzu das schwache Aktiv mit Einfügung von -κ-: λέλυκα, πέπει[θ]κα (73.3).

b) Reste eigener Aktiv-Endungen

1. Sing, -α (λέλυκα); 2. Sing, -θα (οίσ·θα); 3. Sing, -ε (λέλυκε); Imper. 2. Sing, (selten) -θι (τέθναθι); Infin. -έναι (λελυκ-έναι); Partiz. -ώς, -ός, -υΐα (28.4).

Page 298: Griechischer Lehrgang III

300 SUMMA GRAMMATICA

110 Zu 3: Wandlungen des Stamms im Perfekt (73.6-12)

a) Aspiration am Stammende (73.7): bei Guttural- und Labialstämmen: πεφύλαχα, βέβλαφα.

b) Erweiterung mit -η (73.6): μεμάθ·η·κα, βεβούλημαι.

c) Ablaut (73.8): λείπω - λέλοιπα, πείθω - πέποιθα, άποκτείνω - άπέκτονα, φαίνομαι -πέφηνα, πίνω - πέπωκα.

d) = a) + c): πέμπω - πέπομφα, κλέπτω - κέκλοφα.

e) Wurzelabstufung (73.12): z.B. βέβηκα- βεβάσιν, τέθνηκα- τεθνάναι, έστηκα - έστώτες, δ έ δ ο ι κ α - δέδια.

111 Ein Perfekt ohne Reduplikation: οίδα »ich weiß« (74.2)

(hier nur die klassisch-attischen Formen; Genaueres s. 74.3)

Ind. οίδα, οίσθα, οίδε, ίσμεν, ίστε, ϊσασιν.

Konj. είδώ, είδήις . . . Opt. είδείην, είδείης . . .

Imper. ϊσθι, ϊστω, ίστε, ίστων.

Inf. είδέναι. Part, είδώς, είδος, είδυία - είδότος, είδυίας . . .

Plusq. ήιδη, ήιδησθα, ήιδει, ήιδεμεν, ήιδετε, ήιδεσαν.

Fut. εϊ[δ]σομαι.

112 Stammformen

46 ακούω άκούσομαι ήκουσα άκήκοα ήκουσμαι ήκούσθην hören

47 έάω έάσω εϊασα εϊακα εϊαμαι είάθην lassen

48 κτάομαι κτήσομαι έκτησάμην κέκτημαι erwerben

49 εργάζομαι έργάσομαι είργασάμην είργασμαι arbeiten

Mehr 90.9 (άποθνήισκω); 73.16.

113 IV. Verba mit athematischem Präsens (75-84)

Es gibt thematische und athematische (starke) Aoriste (95), d.h. solche mit und andere ohne den verbindenden Themavokal ο/ε; z.B. έλιπο-ν und έβη-ν. Ebenso gibt es thematische und athematische Präsenria, z.B. λ ύ ο μ α ι (und alle bisher behandelten) einerseits und andererseits z.B. κείμαι, δύναμαι, τίθεμαι. Beide Klassen gibt's im Aktiv sowohl wie im Medium.

114 A. Das athematische Präsens Medium (75)

ist unproblematisch. Die gleichen Endungen wie beim thematischen Präsens (mit Imperfekt), -μαι, -σαι, -ται . . . bzw. -μην, -σο, -το . . ., folgen ohne Bindevokal direkt auf den Stamm -wie im Perfekt Passiv: wie λέλυμαι, -σαι . . . und έλελύμην, -σο, so κείμαι, κεϊσαι und έκείμην, έκειοο oder τίθεμαι, τίθεσαι und έτιθέμην, έτίθεσο; mit Beibehaltung des Sigma in der 2. Sing, (die Besonderheiten des Akzents im Perfekt kehren aber hier nicht wieder; der Inf. ist z.B. τίθεσθαι und das Partizip τιθέμενος). Die

115 MedU tantum (75.3-8)

κείμαι (liegen), δύναμαι (können), έπίσταμαι (wissen), usw. (s. die Stammformen 75.9) sind >Wurzelpräsentien< (Medium) in derselben Weise, wie έβην, έγνων usw. »Wurzelaoriste« sind: sie bestehen nur aus dem Stamm (z.B. κει-, δυνα-) und den bekannten Endungen; z.B. κεί-ται,

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SUMMA GRAMMATICA 301

δύνασθε, έπίστα-σθαι, καθήμενος, έκρέμα-το (75.6). Ihre Konjunktive und Optative sind den thematischen angeglichen: δύνωμαι, δύνηι. . . wie λύωμαι, λύηι. . . und δυναίμην, δύ-ναιο . . . wie λυσαίμην, λύσαιο . . . Außerhalb des Präsens findet sich bei den meisten dieser Verben ein Futur, bei mehreren ein Aorist- »passiv« in Form, »aktiv« in Bedeutung-, ein Perfekt - selten und spät - nur bei δύναμαι. Und ein Detail: Die Endung -σο, in der Dichtung oft beibehalten, wird bei δύναμαι und έπίσταμαι in klassischer Prosa kontrahiert: έδύνω, ήπίστω, έπίστω (poet. έπίστασο, Imperativ); vgl. 75.7; 79.1. Stammformen 75.9 und 15.

B. Das athematische Präsens Aktiv (76-84) 116

hatte im Indikativ und Infinitiv eigene Endungen, die allmählich denen des thematischen Präsens angeglichen wurden. Ihre ursprüngliche Form und deren Entwicklung zur klassischen Norm erkennt man beim Vergleich zweier

Aktiver Wurzelpräsentien

είμί »ich bin« und φημί »ich sage« (83.2-9) und 16-19). 117

Indikativ

Vorstufen έμμι

Klassisch είμί φημί

έσσι εί φης έστι εστί φησί

έσμέν έσμέν φάμέν

έστέ έστέ φάτε

έντί είσί φάσί ( < φάντί)

V es (lat. esse) V φ ά/ά (lat. färi, fäma)

1. Die ursprünglichen Endungen: -mi, -si, -ti (vgl. -μαι, -σαι, -ται); -men, -te, -nti haben sich entwickelt zu -μι, -ς, -σι; -μεν, -τε, -άσι (vgl. 83.3/4).

2. Längere Formen im Singular stehen kürzeren im Plural gegenüber (»Ablaut«). Beides gilt für den Indikativ aller athematischen Präsentia. Konjunktiv: wie bei allen athematischen Präsentia, übernommen von der o-Konjugation, mit 118 Kontraktion des vokalischen Stammendes mit der vokalischen Endung (außer bei ι und υ): ώ (< : :έσω), ήις, ήι . . . (23.5),

φώ (< *φάω), φήις, φήι - φώμεν, φήτε, φώσιν.

Optativ εϊην, είης, είη - είμεν, είτε, είεν (25.7); φαίην, φαίης, φαίη - φαϊμεν, φαίτε, φαίεν: Die charakteristische Form, wie bei Verba vocalia, Aor. Pass. und Wurzelaoristen, wiederum (117) mit der Differenzierung, zwischen Singular und Plural durch Ablaut, die freilich mehr und mehr vernachlässigt wird (είημεν . . ., φαίημεν . . .). So die meisten athematischen Präsentia.

Imperativ, 2. Sing, ϊσθι - φά-θι (φαθί?): wie Aor. Pass. und manche Perfekta (109), z.B. ϊσθι (! < ο ί δ α , 111); aber nicht so die anderen Gruppen von athematischen Präsentia.

Imperativ, das übrige: έστω, έστε, έστων (έστωσαν); φάτω, φάτε, φάντων: So ganz allgemein.

Page 300: Griechischer Lehrgang III

302 SUMMA GRAMMATICA

Infinitiv είναι - φάναί:

Endung -ναι: so alle athematischen Präsentia; vgl. 98 γνώ-ναι.

Partizip ών, öv, ούσα (30.12) - φάσκων . . . (83.18):

-nt-Stämme wie alle Partiz. Präs. Akt.

119 Imperfekt ή (ήν), ήσθα, ήν - ήμεν, ήτε, ήσαν (83.7), έφην, έφησθα, έφη - έφάμεν, έφάτε, έφάσαν (83.19).

Andere Tempora: είμί Fut. έσομαι . . . έσται (83.8); φημί s. 83.17.

Akzentuierung der enklitischen Indikative: s. 10.11 und 11.10 und 12. II Merke bes. die Differenzierung durch Ablaut von Singular und Plural im Indikativ, Imperfekt II und (meist) Optativ des Aktivs athematischer Prasentien.

120 Analog diesen beiden im Formprinzip, aber stärker von thematischer Bildung beeinflußt, ist das dritte »Wurzelpräsens«:

ε ί μ ι - ίέναι »gehen«, Vει/i, lat. ire (83.10-15).

Ind. είμι, εί, είσι - ϊμεν, ϊτε, ϊασι(ν).

Imperativ ϊθι, ϊτω, ϊτε, ιόντων.

Infin. ίέναι.

121 Imperfekt (83.14) ήια, ήεισθα, ήιει - ήιμεν, ήιτε, ήισαν.

Die übrigen Modi nach λύω:

Konj. ϊω, ϊηις . . . Opt. ϊοιμι, ϊοις . . . Part, ιών, ιόν, ίοϋσα - ιόντος, ίούσης . . .

Zum Imperfekt

Die 2. Sing, zeigt in 119 und 121 die alte Perfektendung-θα (73.1) angehängt an die normale Endung -ς: nicht so die übrigen athematischen Präsentia. Die 3. Plur. übernimmt die Endung -σαν des schwachen Aorists: so bei allen athematischen Prasentien.

122 C. μι-Verba mit Präsensreduplikation (78-82)

Wie γίγνομαι (88) und τιτρώσκω (91), so δίδωμι, τ ίθημι usw. - Die Wurzeln dieser Verba: ϊστημι ( < 8Ϊστημι): V στά/ά > στη/α (78.3); δίδωμι: V δω/ο (80.1); τίθημι: V θη/ε (81.1); ϊημι (< "^ίίημι): V ϊη/ε (82.2).

123 Sie zeigen alle soeben angeführten Eigenheiten des Aktivs der athematischen Präsentia:

1. Eigene Endungen im Indikativ (-μι, ς . . .) und Infinitiv (-ναι), 117f.;

2. Gradation (Ablaut) zwischen Singular und Plural im Indikativ (τ ίθημι- τίθεμεν), Optativ (τιθείην - τιθείμεν) und Imperfekt (έτίθην - έτίθεμεν) (117-9);

3. die Endung -σαν in der 3.Plur. des Imperfekts - und auch des Aorists;

4. Konjunktiv übernommen von der ö-Konjugation (118), und zwar mit Kontraktion von Stammende und Endung; also λύω, λύηις und so ϊω, ϊηις, aber τιθώ, τιθήις (118);

5. Optativ wie Verba vocalia und εϊην; z.B. τιθείην, τιθείης - τιθείμεν. 124 Darüber hinaus zeigen diese Verben, im Präsens: Imperativ, 2.Sing.: ϊστη, τίθει, ϊει, δίδου

(anscheinend aus *ϊσταε, :;"τίθεε usw., nach λύε, λέγε, ποίει < ποίεε); Partizip: normale -nt-Stämme, mit Endung -ς im Nom. Sing. Masc, z.B. ίστάς, ίστάντος; διδούς, δίδοντος;

Page 301: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 303

Aorist: es sind durchweg »Wurzelaoriste«. "Εστην (von ϊστημι) ist bekannt (98; 69). Die übrigen 125 sind gleicher Art, aber mit zwei unbegreiflichen

Eigenheiten: 1. -κ- zwischen Stamm und Endung im Singular des Indikativs (80.13): έθηκα -έθεμεν, έ δ ω κ α - έδομεν, ή κ α - είμεν (mit Gradation; äußerlich wie das Perfekt έστηκα- έστα-

μεν, 73.13); 2. Endung -ς der 2.Sing, des Imperativs: θές, ές, δός (80.14). Die Formen der einzelnen Verben sind aufgeführt und besprochen in AG: 126

ϊστημι 78.7-12 (Akt); 78.5-6 (Med.); τίθημι 81.5 (Akt.); 81.4 (Med.); ϊημι 82.4-8 (Akt.); 82.9-10 (Med.); δίδωμι 80.11-15 (Akt.); 80.3-9 (Med.).

Im folgenden wird ein deutender, konzentrierter Überblick über alle vier Verben geboten; als Repräsentant der letzten Gruppe (137-39) von athematischen Verben ist δείκνυμι (75; 76) hinzugefügt, soweit dessen Formen Altes bewahren. Eine vollständige Liste aller Präsens- und Aoristformen steht am Ende dieser Summa (141-44). Da sowohl Präsens wie Aorist stark und athematisch sind, unterscheiden diese beiden sich nur im Stamm - redupliziert oder einfach - , wo immer die Endungen identisch sind. In solchen Modi können daher die Formen von Präsens und Aorist kombiniert vorgeführt werden. Zunächst aber die, bei denen das nicht möglich ist:

Präsens 127

Indikativ Imperfekt Imperativ, 2. Sing.

τιθη/ε- \ / 'W -ίη/ε- J Ι "ζ διδω/ο- ( \ " σ ι

ίστη/α k f "H·6* δεικνυ/ϋ-1 ' "

-ασι"

έτίθει/ε- \

ίει/ε-έδίδου/ο-ϊστη/α-έδείκνυ/ϋ

-ς Μ -μεν -τε -ΣΑΝ

τίθει, ϊει, δίδου, ϊστη, δείκνύ

Infinitiv τιθέ-ίέ-διδό- > V( ο ίστά-δεικνϋ-

1 Aber kontrahiert: ίστασι, ίασι. 2 1. Sing, meist έτίθην, ϊην.

Aorist (έστησα und έδειξα sind normale s-Aoriste; für έστην [intians.] s. 125)

128

Indikativ έθη·κ ) l -α

Sing. ή·κ- [ -ας

έδωκ-' f -ε

έθε- ) Ι -μεν

Plur. εΐ- -τε έδο- ) ( -ΣΑΝ

Imperativ. 2. Sing, θές, ές, δός

Page 302: Griechischer Lehrgang III

304 SUMMA GRAMMATICA

129 Präsens und Aorist: gemeinsame Formen (Präsensreduplikation in Klammern)

Konjunktiv (τ,)θ- )

(Ο'"1

(ί)στ- }

(τ,)θ- )

(Ο'"1

(ί)στ- }

-ώ, -ήις . . . wie ώ, ήις . . . (118) oder βώ, βήις . .(98) (τ,)θ- )

(Ο'"1

(ί)στ- } (δι)δ- -ώ, -ώις, -ώι . . . wie γνώ, γνώις . . . (98; 69.8)

Optativ wie (τι)θε- \ εϊην, εϊης . . . (118)

(ί)έ-1 Ι -ίην, -ίης . . . λυθείην, -είης . . . (54)

(ί)στα- Ι βαίην, βαίης . . . (98) (δι)δο- ) γνοίην, γνοίης . . . (98)

Ι Lies (Aor.) ω, ήις . . . und εϊην, εϊης . . .

Imperativ (3. Sing., 2. u. 3.PI.

Partizip

(τι)θε- \ (ί)έ-

-τω (τι)θ- ι (ί)'1- Ι

-είς, -έν, -είσα; -έντος, -είσης

(ί)στα- ί Ι -τε (ί)στ- -άς, -άν, -άσα; -άντος, -άσης (δι)δο- ) ν -ντων (δι)δ- -ούς, -όν, -ούσα; -όντος, -ούσης

1 Lies εις, έν, είσα . . .

130 Das Medium auch der »Drei Großen Verba auf -μι« ist prinzipiell gleich dem Perfekt (mit Plusq.) von λύω (λέλυσαι ~ δύνασαι ~ τίθεσαι ~ δίδοσαι: 114; 115. Folgendes bleibt zu bemerken:

131 1. Da die Aoriste dieser drei Verben stark sind (Wurzelaoriste), unterscheiden sie sich vom Präsens bzw. Imperfekt nur durch die Abwesenheit der Reduplikation; z.B. έ(τι)θέμην, (τι)θώμαι, (τι)θέμενος (81.4). Ausnahme: (80.6): Das -α- der Endung -σο, sonst beibehalten, fällt aus im Aorist, mit folgender Kontraktion, wie beim Imperf. έλύου < *έλύεσο. Also Präs. τίθεσο (Imper.) und έτίθεσο (Imperf.), aber Aor. έθου und θοϋ; ebenso έδίδοσο: έδου (80.9) usw. Nur είσο, Ind. Aor. zu ϊημι, behielt sein -σο, weil es sonst mit dem Opt. είο zusammengefallen wäre. Merke also die Aor. Imperative θοϋ, ου, δού und die parallelen Indikative έθου und έδου.

132 2. Konjunktive und Optative kontrahieren ihre Stammenden mit den Endungen der thematischen Modi (daher andere Akzentuierung als z.B. bei δύνωμαι und δύναιο, 105); z.B. Konj. (τι)θώμαι, (τι)θήι. . . und (δι)δώμαι, (δι)δώι. . . (80.8); Opt. (ί)είμην, (ί)είο und (δι)δοίμην, (δι)δοίο . . . (80.8).

133 Die übrigen Tempora

Es gibt keine »athematische Konjugation«. Es gibt athematische Präsentia; unter diesen bilden die Verba mit Präsensreduplikation auch athematische starke Aoriste im Aktiv (128f.) und Medium (131). In den übrigen Tempora verhalten sie sich wie normale Vokalstämme. Dabei ist ihr Stammvokal lang im Singular Indikativ Aktiv von Präsens, Imperfekt und Aorist (123; 80.13) sowie im Futur und Perfekt Aktiv; sonst kurz (speziell auch im Präsens Med.); s. die folgenden Stammformen (135f.).

Page 303: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 305

Anmerkung betr. Akzentuation: Es gelten die allgemeinen Regeln (24). Für Konj. und Opt. s. 123.4f. und 132. Partizipien akzentuieren die Stammsilbe, z.B. (τι)θείς, (τι)θέντος, (τι)θεϊσα; Infinitive auf -ναι haben ihren Akzent unmittelbar vor dieser Endung. Komposita s. 24; also z.B. άφίημι, άφες, aber άφήκε; άπόδος (denn die erste Silbe einer zweisilbigen Präposition wird nicht betont). Die Imperative θοϋ, ού, δού behalten ihren Akzent nach einsilbiger Präposition (αφού), verlieren ihn nach zweisilbiger (άπόδου).

Stammformen

50 στη/α ϊστημι στήσω έστησα (Aktiv) stelle 50 στη/α

ΐσταμαι σταθήσομαι έστάθην (Passiv) werde gestellt

50 στη/α

ΐσταμαι

στήσομαι έστησα μην (Medium a) stelle (m. Interesse) 79.2

50 στη/α

ΐσταμαι

στήσομαι

έστην έστηκα (Medium b) stelle mich, trete

51 θη/ε τίθημι θήσω έθηκα τέθηκα (κείμαι) έτέθην setze

52 (ί)ή/έ ϊημι ήσω ήκα •-εϊκα •-είμαι •-εϊθην sende

53 δω/ο δίδωμι δώσω έδωκα δέδωκα δέδομαι έδόθην gebe

1 D.h. »nur in Komposita«.

Präsensreduplikation erweitert mit Nasal (79.3 und 4)

54 πλη/α πί(μ)πλημι ! πλήσωι έπλησα πέπληκα πέπλησμαι έπλήσθην füllen

55 πρη/α πί(μ)πρημι· πρήσω έπρησα πέπρη(σ)μαι έπρήσθην verbrennen

1 Häufiger έμπίπλημι und έμπίπρημι, aber Simplex πίμπλ- und πίμπρ-.

D. Athematischer Präsensstamm mit Nasalerweiterung am Ende (75-77)

(Verba auf -νυμι und -ννυμι)

Vgl. thematische Präsensstämme mit n-Erweiterung wie δ ά κ ν ω (92) und άμαρτάνω (93). Es sind verschiedenartige Konsonantstämme, erweitert - nur im Präsens - mit -νυ. Diese Gruppe ist am stärksten dem Einfluß der thematischen Konjugation erlegen. Formen wie δεικνύω (st. δείκνυμι), σβέννυε (st. σβέννύ), ώμνυον (st. ώμνύν), κεραννύων (st. κεραννύς) begegnen mit wachsender Häufigkeit seit Hesiod. Im Konjunktiv und Optativ war der Übergang früh und endgültig: es heißt nur δεικνύηι und δεικνύοι, δεικνύηται und δεικνύοιτο (wie λύηι, λύοι usw.). Die übrigen athematischen Formen bleiben aber weithin bewahrt, jedenfalls in der höheren attischen Literatur; teilweise auch noch im N.T. Klassisch also ist - abgesehen von Konj. und Opt. - das athematische Medium (δείκνυμαι wie λέλυμαι, auch im N.T.) und im Aktiv der Ind. (δείκνυμι wie τίθημι 127), Imperativ δείκνϋ (76.n.2), Infin. δεικνύναι, Part, δεικνύς, δεικνύν, δεικνΰσα, Gen. δεικνύντος, δεικνύσης (76.2-9), Imperfekt έδείκνύν . . . έδείκνυσαν (76.7). Die Bildung der Formen außerhalb des Präsens entspricht der Eigenart der betr. Verbstämme.

Page 304: Griechischer Lehrgang III

Stammformen

138 1. Gutturalstämme und Liquidastämme (Verba auf -νυμι) (75; 76)

Nr. V Präsens Futur Aorist Perf. Akt. Perf. Pass. Aor. Pass. deutsch

56 δεικ δείκνυμι δείξω έδειξα (δέδειχα) δέδειγμαι έδείχθην zeigen

57 ζευγ ζεύγνυμι ζεύξω έζευξα έζευγμαι έζεύχθην verbinden

58 μ(ε)ιγ μείγνυμι1 μείξω έμειξα μέμειγμαι έμείχθην mischen

59 πηγ/παγ πήγνυμι πήξω έπηξα fest, hart machen 59

πήγνυται παγήσεται έπάγη πεπηγε hart werden

60 φηγ/ραγ φήγνυμι ρήξω έρρηξα zerbrechen (tr.) 60 φηγ/ραγ

φήγνυται φαγήσεται έρράγη έρρωγε brechen (intr.)

61 όλ -όλλυμι2 -όλώ -ώλεσα -όλώλεκα ruinieren 61 όλ

-δλλυται -όλεϊται -ώλετο -όλωλε zugrunde gehen

62 όμ όμνυμι όμοΰμαι ώμοσα όμώμοκα schwören

1 Die Verteilung von μειγ- und μιγ- ist ungewiß, außer in Aor. Pass. έμίγην und wahrscheinlich Präs. μειγ-. 2 In Prosa immer άπολ-.

139 2. s-Stämme und Analoges (Verba auf -ννυμι) (77)

63 ^εσ άμφιέννυμι άμφιώ ήμφίεσα ήμφίεσμαι kleiden

64 σβεσ σβέννυμι -σβέσω έσβεσα1 έσβέσθην löschen

65 σκεδασ σκεδάννυμι σκεδώ έσκέδασα έσκέδασμαι έσκεδάσθην zerstreuen

66 ζω(σ) ζώννυμι (ζώσω) έζωσα έζωσμαι (έζώοθην) gürten

67 κ(ε)ρα κεράννυμι έκερασα κέκραμαι έκράθην mischen

68 κρέμα κρεμάννυμι κρεμώ έκρέμασα 2 έκρεμάσθην hängen

69 φω (φώννυμι) (φώσω) έρρωσα έρρωμαι έρρώσθην stärken

Klassische Perfekta Aktiv überaus selten. In ( ) seltene und späte Formen.

1 Auch Wurzelaorist (98) έσβην »erlosch«. 2 Kein Perf. Pass., aber Wurzelpräsens κρέμαμαι (75.9) »hange«.

Page 305: Griechischer Lehrgang III

140 Kombinierte Stammformen (85; 86) (hier nur die klassischen Formen)

70 1. φερ

2. οι(σ)

3. ενε(γ)κ

φέρω

οϊσω

οϊσομαι

ήνεγκον

ήνεγκα ένήνοχα ένήνεγμαι ήνέχθην tragen

71 1. FOQ

2. οπ

3. Α δ

όράω δψομαι είδον

(όπωπα)

έόρακα ωμμαι έώραμαι ώφθην sehen

72 1. λεγ

2. ^(ε)ρη

3. ^ει/επ

λέγω έρώ

(λέξω)

είπον

(έλεξα)

εΐρηκα εϊρημαι

(λέλεγμαι)

έρρήθην (έλέχθην) sagen

73 1. ερχ

2. ελ(υ)θ έρχομαι

(έλεύσομαι)

είμι ήλθον έλήλυθα

gehen,

kommen

74 1. αίρε/η 2. (5)ελ

αίρέω αίρήσω είλον ήιρηκα ήιρημαι ήιρέθην nehmen

75 1. θρεχ

2. δραμ

τρέχω δραμούμαι έδραμον δεδράμηκα rennen

76 1. εδ

2. φαγ

3. βρω

έσθίω έδομαι έφαγον

βέβρωκα

έδήδοκα

βέβρωμαι

έδήδεσμαι

(έβρώθην)

(ήδέσθην)

essen,

fressen

Page 306: Griechischer Lehrgang III

308 SUMMA GRAMMATICA

141 DIE WICHTIGSTEN VERBA AUF -μι-PRÄSENS UND IMPERFEKT AKTIV

Verbalstamm δεικ στη/ά δω/ο θη/ε ή/έ

Präsensstamm δεικνύ/ύ ίστη/ίσΓ,ά διδω/ο τιθη/ε ίη/ε

>

'S c

Sg.l.

2. 3.

PI. 1. 2. 3.

δείκ-νύμι

δείκ-νΰ-ς δείκ-νύσι(ν) δείκνϋμεν

δείκ·νύ·τε δείκνϋ άσι( ν)

ϊστη-μι ϊ σ τ η ς ϊ-στησι(ν) ϊ·στάμεν

ϊστά·τε ίστάσι(ν)

δ ί δ ω μ ι

δί-δως δίδωσι(ν) δ ί δ ο μ ε ν

δίδο·τε διδόάσι(ν)

τ ί θ η μ ι

τί-θης

τ ί θ η σ ι τί-θε-μεν τίθε-τε τ ιθέάσι(ν)

ϊ η μ ι ϊ-ης ϊη-σι(ν) ϊ·ε·μεν

ϊε-τε ί-άσι(ν)

> _2 3

'cT ο

i4

Sg.l.

2. 3.

P l . l .

2. 3.

δεικ-νύω δεικ-νϋ-ηις

δεικ-νϋ-ηι δεικ-νϋ-ωμεν δεικ-νϋ-η-τε δεικ·νΰω·σι(ν)

ίστώ ίστήις

ίστήι ίστώμεν

ίστήτε ίστώσι(ν)

δ ι δ ώ

διδώις δ ι δ ώ ι δ ι δ ώ μ ε ν δι-δώτε δι-δώσι(ν)

τι-θώ

τι-θηις τι-θήι τι-θώ-μεν τι-θή-τε

τι-θώσι(ν)

ί·ώ

ί-ηις

ί-ήι ί ώ μ ε ν ί-ήτε ίώσι(ν)

>

8

Sg.l. 2. 3.

Pl . l . 2. 3.

δεικ-νύ-οιμι δεικ-νϋ-οις δεικ-νΰοι δεικ-νϋοι-μεν δεικ-νύοι-τε δεικ-νϋοι-εν

ί-στα-ίη-ν

ί σ τ α ί η ς ί σ τ α ί η ί σ τ α ϊ μ ε ν ί-σταϊ-τε ίσταί·εν

διδοίη-ν

δ ι δ ο ί η ς

δ ι δ ο ί η

δι·δο·ϊ·μεν

δι-δο-ϊ-τε

δ ι δ ο ϊ ε ν

τ ιθείη-ν

τ ι-θείης

τι-θε-ίη τι-θεϊμεν τι-θε-ϊ-τε τ ι-θεϊεν

ί-ε-ίη-ν

ίε·ίη·ς ί ε ί η ί ·εϊμεν ί ε ί τ ε ίε · ϊεν

>

Li

Β

|

Sg-2. 3.

PI. 2.

3.

δείκ-νϋ δεικ-νϋτω δείκ-νϋτε δείκνϋ ντων

ϊστη ίστά-τω

ϊ-στά-τε

ίστάντων

δί·δου δι-δό-τω δί-δο-τε δι-δό-ντων

τί-θει τι-θέ-τω τί-θε-τε τι-θέντων

ϊ ε ι ί έ τ ω ϊ-ε-τε ίέ-ντων

Infinitiv δεικ-νϋ-ναι ιστά-ναι διδό-ναι τι-θέ-ναι ί-έ-ναι

Partizip δεικνυς, -νϋν -νϋ-ντ-ος

δεικ-νύσα -νύσης

ίστάς, -στάν -ά-ντ-ος

ί-στάσα -ασης

διδούς, -δόν - ό ν τ ο ς

δίδουσα -ούσης

τι-θείς, -θέν -έ-ντος

τι-θείσα -είσης

ίείς, -έν ίέ-ντ-ος

ί·εϊσα ί·είσης

ι»

fi. |

Sg.l.

2. 3.

Pl . l .

2. 3.

έδείκ-νύ ν

έδείκνύ-ς

έδείκ-νύ έδείκνϋ-μεν έδείκ-νϋ-τε έδείκ-νϋσαν

ϊστη-ν

ϊ ο τ η ς ϊστη

ϊστάμεν ϊοτά-τε ϊ ο τ ά σ α ν

έδί-δουν

έ δ ί δ ο υ ς

έδί-δου έδί-δο-μεν έ-δίδοτε έδί-δοσαν

έτί-θη-ν

έτί-θεις

έ-τί-θει έ-τί-θεμεν έ-τί-θε-τε έτί-θεσαν

ιεΐ 'ν

ί-εις ϊ·ει ϊ ε μ ε ν ϊ·ε·τε ϊ-ε-σαν

Page 307: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA 309

PRÄSENS UND IMPERFEKT MEDIUM 142

Präsensstamm δεικνϋ- ίστά- διδο- τιθε- ίε-

'-5 £ »—«

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

δείκ-νυμαι δείκ-νυσαι δείκ-νυ-ται δεικ-νύμεθα δείκ-νυσθε δείκ-νυνται

ϊ-στα-μαι ϊ-στα-σαι ϊ-σταται ίστάμεθα ϊ-στα-σθε ϊ-στα-νται

δίδομαι δίδοσαι δί-δο-ται διδόμεθα δίδοσθε δίδο-νται

τί-θε-μαι τί-θε-σαι τί-θε-ται τι-θέ-μεθα τί-θε-σθε τί-θε-νται

ϊεμαι ϊ-ε-σαι ϊ-ε-ται ί-έμεθα ϊ-εσθε ϊ-ε-νται

. 2 3

3

0

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

δεικ-νύ-ω-μαι δεικνύ-ηι δεικ-νύη-ται δεικ-νυ-ώ-μεθα δεικ-νύ-η-σθε δεικ-νύ-ω-νται

ί·στώ·μαι ί-στήι ί-στη-ται ίστώμεθα ίστήσθε ί-στώ-νται

διδώμαι διδώι διδώ-ται διδώμεθα δι-δώ-σθε διδώ-νται

τι-θώμαι τι-θήι τι-θη-ται τι-θώμεθα τι-θή-σθε τι-θώ-νται

ίώ-μαι ί-ήι ί-ή-ται ί-ώμεθα ίή·σθε ί-ώ-νται

2 0

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

δεικ·νυ·οί·μην δεικ-νύ-οι-ο δεικ-νύ-οι-το δεικ-νυοίμεθα δεικ-νύ-οι-σθε δεικ-νύ-οι-ντο

ίσταίμην ί-στα-ί-ο ίστα-ϊ-το ίσταίμεθα ίσταΐ-σθε ίστα-ϊ-ντο

δι·δο·ί-μην δ ι δ ο ί ο δ ι δ ο ϊ τ ο διδο'ίμεθα διδοίσθε δι-δο-ϊ-ντο

τι-θείμην τι-θε-ΐο τι-θε-ί-το τι-θε-ίμεθα τι-θε-ί-σθε τι-θε-ί-ντο

ί·ε·ίμην ί-εί-ο ίε-ϊ-το ί·ε·ίμεθα ίε ϊσθε ί·ε·ϊ·ντο

2

ε I-H

Sg.2. 3.

PI. 2. 3.

δείκ-νυ-σο δεικ-νύσθω δείκ-νυσθε δεικ-νύ-σθων

Ϊστασο ίστάσθω ίστασθε ίστάσθων

δίδοσο δι-δό·σθω δίδοσθε διδόσθων

τί-θε-σο τι-θέ·σθω τί-θε-σθε τι-θέ-σθων

ϊ-εσο ί-έ-σθω ίε-σθε ί·έ·σθων

Infinitiv δείκ-νυ-σθαι ίστασθαι δίδοσθαι τί-θε-σθαι ϊ-ε-σθαι

Partizip δεικ-νύμενος δεικ-νύμενον δεικ-νυ-μενη

ιστάμενος ί·στά·μενον ιστάμενη

διδόμενος διδόμενον δι-δομένη

τι-θέ-μενος τι-θέμενον τι-θεμενη

ίέμενος ίέ·μενον ίεμενη

.2 t l

1

Sg.l.

2. 3.

Pl.l. 2. 3.

έδεικ-νύμην

έδείκ-νυσο έδείκ-νυτο έδεικ-νύμεθα έδείκνυσθε έ-δείκ-νυ-ντο

ϊ-στάμην

ίστασο ι-στατο ϊστά-μεθα ϊ-στα-σθε ϊστα-ντο

έ·δι·δόμην

έδίδοσο έδί·δο·το έδιδόμεθα έδίδοσθε έ-δί-δο-ντο

έ-τι-θέμην

έ-τί-θεσο έ-τί-θε-το έ-τι-θέμεθα έ-τί-θεσθε έ-τί-θε-ντο

ίέμην

ϊεσο ϊε-το ϊέμεθα ίε-σθε ϊε-ντο

Page 308: Griechischer Lehrgang III

310 SUMMA GRAMMATICA

AORIST AKTIV

(έδειξα, έδειξάμην wie έλυσα, -σάμην = έποίησα, -σάμην. Ebenso έστησα, έστησάμην; für έστην, στώ . . . s. 98.)

Tempusstamm δω/ο θη/ε ή/έ

> *«-» J -α α

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

έ δ ω κ α έ·δω·κ·ας έ-δω-κ-ε(ν)

έ·δο·μεν έ-δοτε έ·δο·ΣΑΝ

έ-θηκα έ-θηκας έ·θη·κ·ε(ν)

έ-θε-μεν έθετε έ-θε-ΣΑΝ

ή κ α ή κ α ς ή-κε(ν)

είμεν είτε εί·ΣΑΝ

> *«-» Μ

c 3

'ET 0

u

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

δώ δώις δώι δώμεν δώ·τε δώ·σι(ν)

θώ θηις θήι θώ·μεν θήτε θώ-σι(ν)

ώ ήις ή 1

ώμεν ή-τε ώ·σι(ν)

_> 2 Qu

0

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

δο-ίη-ν δο·ίη·ς δοίη δοίμεν δο·ίη·μεν δο·ϊ·τε δοίη-τε δο-ϊ-εν δοίη-ΣΑΝ

θείη-ν θε·ίη·ς θε-ίη θεϊμεν θείημεν θείτε θε-ίητε θε·ϊ·εν θε·ίη·ΣΑΝ

ε-ϊη-ν ε ϊης είη ε·ϊ·μεν είημεν εϊ-τε ε·ϊητε ε·ί·εν εϊη-ΣΑΝ

> '*-»

f

Sg-2. 3.

PI. 2. 3.

δός δότω δό·τε δό-ντων

θές θέτω θέτε θέ-ντων

έ·ς έ-τω έτε έ-ντων

Infinitiv δού-ναι θεί-ναι εί-ναι Partizip δού ς, δον, δόντος

δούσα, δούσης θείς, θέν, θέντος θ είσα, θείσης

εις, έν, έντος είσα, εϊσης

Außerhalb des Indikativs finden sich viele dieser Formen nur in Komposita, zumal bei ϊημι; dies aber sehr häufig.

Page 309: Griechischer Lehrgang III

SUMMA GRAMMATICA

AORIST MEDIUM

Tempusstamm δο θε έ

>

'•V

s

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

έ-δόμην έ·δου έδο-το έ-δό-μεθα έ-δοσθε έ-δο-ντο

έ-θέ·μην έ-θου έ-θε-το έ-θέμεθα έ-θεσθε έ-θε-ντο

εϊ·μην είσο είτο είμεθα είσθε εί-ντο

c ,3_ 0

\4

Sg.l-2. 3.

Pl.l. 2. 3.

δώμαι δώι δώ-ται δώμεθα δώσθε δώ-νται

θώ-μαι θήι θήται θώ-μεθα θησθε θώ-νται

ώμαι

ή-ται ώμεθα ή-σθε ώ-νται

> 2 Cl«

0

Sg.l. 2. 3.

Pl.l. 2. 3.

δοίμην δο-ίο δο-ίτο δο·ί·μεθα δοϊσθε δο-ί-ντο

θείμην θ ε ί ο θεί-το θείμεθα θε-ϊ-σθε θε-ΐ-ντο

εϊμην ε-Ιο ε ίτο ε ί μ ε θ α είσθε εί-ντο

·*-> « u υ Ο. Ι

Sg-2. 3.

PI. 2. 3.

δού δόσθω δό·σθε δόσθων

θοϋ θέσθω θέσθε θέσθων

οί έσθω έ-σθε έ·σθων

Infinitiv δό-σθαι θέ·σθαι έσθαι

Partizip δομένος, -ον δομένη

θέμενος, -ον θεμένη

έμενος, -ον έμένη

Viele dieser Formen begegnen nur in Komposita, zumal von ϊημι, dies aber sehr häufig.

Page 310: Griechischer Lehrgang III

312

Sachregister

Laut- und Formenlehre - Syntax - Metr ik

Es wird, wie folgt, zitiert: Ap.Gr. nach Lektion und Randnummer, z.B.: 23.4; Summa Grammatica: SG und Randnumrner, z.B.: SG 43.

1. Laut- und Formenlehre

α: δ < η 22.7; SG 3 ά, ä und η : 1.3; 8.1; 19.9-11; SG 4 Ablaut: »qualitativ« und »quantitativ« 26.1—4;

SG 11; qualitativ: ε/ο (Themavokal) 6.11; 58.3 (Perfekt); 63.3; 73,8;; SG 110; ε/α 58.4 (Aor. Pass.); 60.8; 70.2; SG 83; η/ω 73.8; α/η 73.8; ι/ο(ω) 73.8; quantitativ. (Gradation; s. auch Wurzelabstufung) 25.8; 26.1-4; 35,4; 37.4 u. 7; 41,1; 63.3; 70.3; 76.6; 78.7; 80.11 u. 13; 83.2 u. 10

Adjektiv: 3.2(1); alle Typen (Übersicht) 45.1-3; SG 36; s.a. Steigerung

Adverb: von Adj. (-ως) 3.19; 8.9; 45.8; Neutrum als Adv. 45.9; Dat.: s. Vok. L.36 Anm. 1; Akk.: s. Vok. L.38 Anm. 1; SG 39; SG 48; s.a. Pronominaladverb, Steigerung

Aktiv: SG 53 Akzent: 2.1-12; SG 21; Bedeutung (Ausspra

che) 2.11; bei Diphthongen 2.6-7; bei Elision 2.13; bei Kontraktion 8.7; 49.11 (Ausnahmen 15.7; 16.3); -ών (Gen. Plur.) 8.5; vor -oi und -αι 4.3; 8,4; 14.5; 26.14; 40.9; SG 22; bei Atona 2.12; 10.10; 11.10; SG 25; der Enklitika 11.9-12; SG 26; Einfluß (IE) auf Wortform 26.4

Akzentregeln: für Nomina 3.7; SG 23; 18.3 (Att.Dekl.); 20.6 (3.Dekl.); 69.12 (Partizip); für Verben 3.18; 14.5 (Infin.); SG 24; für Verba composita 41.11; 83.9 (-ειμί); für starken Aorist 29.7; 68.6; für Präpositionen 78.17; zurückgezogen in einigen Vokativen 23.3 Anm.; 25.3; 33.1; Änderungen im Lauf der Zeit 18.3 (έρημος, μώρος); 20.3 (γλαϋξ - γλαύξ; κήρυξ); allgemeine, verletzt bei einigen Nomina 37.7 (πόλις); 18.3 (ίλεως); 11.9 (vor Enklitika)

Alpha Privativum (n): 13.2; 19.3; 22.7 Alphabet: Einl. 5-7; 9-10; 1.1-2; lat. 1.2 Aorist: 68-70; SG 95-102; sein Name 14.10;

schwach, Aktiv (-s-) 14.3-5; 68.1-5; SG 54; SG 57; SG 95-96; schwach, Med. (-S-) 40.5-10; SG 55; -s-Aorist ohne s SG 81; 60.6; 61.3; 68.4; Kurzvokal-Aoriste SG 65; 68.5; stark, themat., Aktiv 29.4-9; 32.5-6; 68.6; SG 95; stark, themat., Med. 38.8-11; stark, athemat. (Wurzelaorist)

SG 98; stark, athemat. Aktiv 69.1-15; 80.15; stark, athemat. Med. 69.2; 80.5; Passiv SG 54; SG 101-102; SG 70

Apostroph: 2.13; SG 9 (b); s.a. Elision Artikel: 2.12; 9.3; 46.17; SG 44 Artikulationsart: 57.8(3) Aspirata: 1.8 Aspiration: Einl. 6(8); 1.2; SG 1; s.a. Assimi

lation Assimilation und Dissimilation: 3.25;

21.3-6; 57.8; SG 6-8 (Ausnahmen: 58.4,6,8)

athematische Deklination: 7.4; SG 33; s.a. Deklination

athematische Konjugation: 7.4; s.a. Konjugation

Attisch: O. lf, O. 4 Attische Reduplikation 73.11 Attisches Futur: s. Futur Augment: 6.4-6; 7.3; 4.11-13 (bei Komposi

ta); 68.8-9 (εί-); SG 59 Auslaut: (Wortende) Griech. Regel 6.9; SG

12 Aussprache: O. 5-6; 2.11

Buchstaben: s. Alphabet; Aussprache; Laute; Groß- und Kleinbuchstaben Einl. 7-9

Dativ: PI. -οισι, -αισι (o-u.a.-Dekl.) 7.6; 10.6 s.a. Deklination

Dehnstufe: 26.2-3 Deklination: 3.2; 20.1; SG 27; Akzentregeln

3.7; SG 23; thematisch (-o-) 7.5-6; SG 30; a-Stämme SG 31 (L. 8-11); kontrahiert SG 32 (L. 15-16); »2. attische« SG 32 (L.18); »Dritte. SG 33-34; Definition 20.1; Kasuszeichen 20.5; deren Entwicklung 22.6-7; Akzentregel 20.6; Konsonant-Stämme SG 33 (L. 20-33); Vokal-Stämme SG 34 (L.35-42); s.a. Kasus

Demonstrativpronomen: s. Pronomen Dental: 1.8; SG 19c; SG 70; vor -s 27.1; 56.7;

vor -k 56.7(2); vor anderen Kons. 56.7(3); vor -j 56.3

Deponentia: 36.15; s. Media tantum Dialekt: Einl. 2 -4 Digamma: (= u) 1.2 u. 12

Page 311: Griechischer Lehrgang III

SACHREGISTER 313

Diphthong: 1.4-7; SG 4b; »unechte« 7.6(3); ηυ > ευ 1.6; 6.4; 17.8

Dissimilation: s. Assimilation Dreikonsonanten-Regel: 22.3; SG 16; SG 17 Dual: 4.2; 47.7-8; Deklination 47.8-13; SG

31; SG 32; Konjugation 47.14; SG 56

ε: e geschrieben ει (unechter Diphthong) 24.11; 33.3; SG 4

Elision: 2.13; SG 9(b); 41.11 (bei Komposita) Endungen: s. Kasus, Deklination; Persona

lendungen: -ω Konjugation SG 53; Akt. primär 6.13-17; sekundär 6.10; Med. (Pass.) primär 34.7; sekundär 38.5; dor. 4.13; -μι Konjugation SG 117; 76.2; s.a. Konjugation

Enklitika: 10.11-14 (Liste); 11.9-12 (Akzente); SG26

Ersatzdehnung: 6.15; SG 10; bei [n]s 6.14 (Ausnahme 23.4); 7.6(3); bei [nt]s 30.2; 31.1; bei [l]s, [r]s 60.6; bei [m]s, [n]s 61.3

Flexion: 3.1f.; s. Deklination, Konjugation Futur: SG 54(1) (Akt.); SG 55(1) (Med.); SG

58 (Pass.); SG 103-106; 5.7; 71.1-11; Fut. Med. bei Präs. Akt. 36.17; 72.5; Fut. Atticum (contractum) 56.10-11 (Dental); 60.5 (Liqu. SG 80); 61.2 (Nas.); 71.3; 73.16(9); Fut. Doricum 71.3; 72.3; SG 104

Genetiv: 4.6; dor. Gen. 10.3; homer. -οιο, -oo 19.7; homer. Gen. PI. -αων 19.8

Genus: (Geschlecht) der Substantive 12.3-10; 20.3 (Guttural-); 23.1; 25.1 (Nasal-); 28.2 (-της); 19.1 (-μα); 32.1 (-ος); 37.1 (-ις); 39.1 (-εϋς);42.1 (-ώ)

Geschlecht: (grammat. u. nat.) 12.3—1-0; s. Genus

Grammatik: Geschichte der Terminologie 3.3; 6; SG 40; SG 48

Griechisch: s. Sprache Grundstufe: 26.2 Guttural: 1.8-9; vgl. Assimilation

Hauchdissimilation: 21.4-6 Hauchzeichen: (Spiritus) 1.2; SG 1;

Gr. L. Einführung II Α Hiatus: 2.13; 1.5; 4.12; »Hiatscheu« SG 9

i-Stämme: Subst. 37; Adj. 45.3; Verb 49.4 U (= j) 1.12; SG 2; -jä femin. Endg. 30.8;

35.7; -ja> Präsens 56.3; j nach Dental 56.3 u. 5; nach Guttural 57.2-3; nach Liquida 60.2-3; nach Nasal 61.1

IE (= Indo-Europäisch, Indo-Germanisch): 3.8-11; 4.6-10

Imperativ: -ω SG 54(4) (Akt.); SG 55(4) (Med.); -μι SG 128-29 (Akt.); SG 131 (Med.)

Imperfekt: ein Modus des Präsens 6.3; thematisch SG 54(1); 55(1); athematisch SG 121; 76.7

Infinitiv: -ω SG 54(5) (Akt.); SG 55(5) (Med.); -μι SG 118 (Akt.); SG 115 (Med.)

Interpunktion: Einl. 8 Iota adscriptum, — subscriptum: 1.7

Kasus (allgemein): das IE System (mit Instrumentalis, Lokativ, Separativ = Ablativ) 3.2; 5-6; 4.6-7; Bezeichnungen 3.6; Endungen (o-Dekl.) 3.8 u. 10; 5.1-3; 7.6; Endungen (a-Dekl.) 8.8; Plural 9.2; Endungen (3. Dekl.) 20.5; 22.6-7; s.a. Deklination

Koine (Gemeinsprache; Hellenist.): Einl. 4 Komparation: s. Steigerung Komposita (Nomina und Verben): 41.11-14 Konjugation: 3.2(2); SG 29; thematisch SG

54-56 (Modell); athematisch SG 113-139; SG 141-144 (Modell); 7.4; 75.1-2 u. 10

Konjunktion: s. Partikeln Konjunktiv: (-ω) Akt. 22.8; SG 54; Konj.

Perf. auch 28.9 (Akt.); 34.3 (Pass.); Präs. Med. 36.5; 75.11; Aor. Med. (stark) 38.8; Aor. Med. (schwach) 40.8; Aor. Pass. (stark + schwach) 43.4; (-μι) SG 118

Konsonanten: 1.8-12;SG5; konsonantisches i und u (= j , w; w = F) 1.2; 1.12; SG 2

Kontraktion: -εε > ει 33.3; -εο > ου 15.2; oo > ου 7.6(3) (oo > ω 6.16); οε > ου 53.2; εα > η 32.3

Krasis - Koronis: 12.12; SG 9(c)

Labial: 1.8 Ländernamen: 12.5 Laute und Schrift: 1.1 Lautgesetze: SG 12-19 Liquida: 1.10; s.a. f Lokativ: 4.8

Media: 1.8 Media tantum: 36.15; 75.3-9 Medium: SG 53 Metathesis quantitatum: s. Vokal Mischklasse: (= kombinierte Stammformen)

85; 86; SG 140 Modus: 3.2(2); SG 29; s.a. Konjunktiv, Op

tativ Muta: 1.8-9

n (vokalisches n): 22.7; SG 3 n mobilis: (νϋ έφελκυστικόν) 4.12; 20.7;

49.13; SG 9(a)

Page 312: Griechischer Lehrgang III

314 SACHREGISTER

Nasal: ν, μ 1.10; SG 13; ν > μ 1.10; -ν < m 3.10; 5.1; SG 13(a); η vor s 6.14; 7.6; 23.4; SG 15(a); nt vor s 30.2

Nebentempora: 28.12 Negation: s. Partikeln Nomen: 3.2(1); SG 27; s.a. Deklination Nomina agentis: s. Wortbildung Nominativ: PI. -Ol Nomina < Pronomina

46.2

ö: geschr. ω SG 4; 6.16; geschr. ου 6.14; 7.6; 33.3; ώ und ώ 10.5

Optativ: Akt.: είην 25.6; λύοιμι, -σαιμι 26.6-13; Praes. bei Verba contracta 49.11(2); SG 63(c); Perf. auch 28.9; Med. u. Pass.: Perf. 34.3; Praes. 38.6; 75.11;Fut. 38.7; stark. Aor. Med. 38.11; schw. Aor. Med. 40.7; Aor. Pass. 43.4

Partikeln: fragend (άρα) 3.21; verbindend (Konjunktion) καί, τε 3.22; εί, ώς 2.12; verneinend οϋ, μή 3.23; 4.14; enklitisch 10.14

Partizip: allgem.: 28.7; 30.11; SG 37; Akt.: (Verba auf -ω) Perf. 28.4-6; Präs. 30.7-9; Fut. 30.10; schw. Aor. 31.5; st. Aor. 32.5-6; (-μι) SG 118; SG 124; Med. u. Pass.: (-ω) Perf. 34.2; Präs. 36.1; st. Aor. Med. 38.11; schw. Aor. Med. 40.9; Aor. Pass. 43.5

Passiv: 36.9ff.; SG 53 Perfekt: 73; SG 107-112; Reduplikation

17.3-8; 73.9; SG 108; attisch 73.11; SG 108; Wandlungen des Stamms 73.6-12; SG 110; Akt. (st. + schw.) 17.1; 73.2-4; SG 109; Med.-Pass. (st.) 34.1-6; 73.5; SG 109; Akt.-Endungen 73.1; SG 109; intrans. Akt. zu trans. Präs. 73.4; 75.14; V. muta: Dentalst.: Akt. 56.7; Med. 56.13-16; SG 72; Gutturalst.: Akt. 57.6; Med. 57.7-9; SG 75; Labialst.: Akt. 58.3; SG 76; Med. 58.5-7; SG 78; V. liquida: Akt. 60.8-9; Pass. 60.10; SG 82-83 ; V. nasalia: Akt. 61.5-6; Pass. 61.7; SG 85

Plusquamperfekt: Akt. 40 .3-4; Pass. 40.1-2; SG107

Postposition: 78.17 Präposition: allgem. 3.24; 78.16-20; SG 51;

»uneigentl.« Präp. 82.14-16 Präsens: thematisch (-ω) SG 54 (Aktiv); 55

(Med.); athematisch (-μι) 75-84; SG 113; SG 141 u. 143 (Modell, Akt. u. Pass.); SG 114-139; verschiedene Stämme, thematisch (-ω und -ιω SG 62); vokalisch SG 63-68; konsonantisch SG 69-85; erwei

terte Stämme SG 87-94; Wurzelprasentien 83.1-3; SG 117-119

Pronomen: 3.2(1); eigene Deklination 13.5 (-0); 46.1-2; Übersicht 46.1-35; SG 40-47; adjektivartig: άλλος 13.6; έμός, σός 46.2; αυτός 13 6-8; 46.6-8; SG 41; αλλήλους 46.34; demonstrativ: δδε 9.3; εκείνος 13.5; αυτός 13.6-7; SG 41; ούτος 18.7-9; SG 45; indefinit (unbestimmt): τις (enklit.) 10.13; 24.6-7; interrogativ (Fra-gepr.): τίς 3.16; 10.13; 24.6-7; 46.23-26; SG 47; δστις 24.8-9; 46.27-29; korrelativ: (ποίος - τοιούτος) 21.7-11; 46.2; 46.31-32; Personalpron.: έγώ, σύ 5.4; 11.11; + αυτός 13.8; Plur. 14.1; 46.3-5; SG40; possessiv: 4.5; 46.12-16; SG42; reflexiv: 13.9; 14.1-2; 46.9-11; SG 40; relativ: 13.4 + 11; 24.8; SG 44

Pronominaladverb: Übersicht 47.1-4; fragend (ποϋ;) 3.20; fragend/indefinit 10.14; ώδε, τήιδε 46.19

Γ ( > ρα, αρ): 26.4; SG 3 ρ: ρ- 2.2; 17.7; 72.4; -ρρ- 2.2; 72.4 Reduplikation: SG 60; Präs. 63.2; 65.1; 78.2;

Aor. 68.7; Perf. 17.3-7; 73.9; Attische 73.11

s - σ (Sigma): Schreibweisen und Aussprache: Einl. 5(6) u. 10; 1.11;-σο-(gemeingriech.) / -ττ- (att.) 1.11; 57.10; IE s- (Anlaut) > h (griech.) 13.10; SG 14; -s- zw. Konsonanten fällt aus SG 17; -s- zw. Vokalen fällt aus 8.10; 32.2; 38.3-4; SG 18; s nach n fällt aus 60.6; 61.3 (Inlaut); SG 15; Guttural/Labial + s 1.11; Dental vor s fällt aus 27.1; 56.7

Schrift: s. Alphabet schwache Tempusformen: s. stark/schwach Schwundstufe: 26.2-3 Spiritus (asper/lenis): s. Hauchzeichen Sprache, Griech.: Dialekte Einl. 2 -4 ; Ge

schichte Einl. 1-4; s. Attisch, Koine Städtenamen: 12.5 Stamm, Wurzel, Endung: 3.4; 7.7; Verb

stamm + Tempusstamm 14.6; Erweiterung mit -η 70.7-8; 67.2 + 5; 70.3; 73.6 (Perf. SG 110b); wucherndes Sigma 70.5

Stammformen: 43.9; kombinierte Stammf. 85; 86; SG 140

stark/seh wach: 14.3; s.a. Tempus Steigerung des Adjektivs: -τερος, -τατος

11.4-6; -ίων, -ιστός 24.3-5; Übersicht 45.4-7; SG 38; des Adverbs 11.6; 45.9; SG 39

Substantiv: 3.2(1); s.a. Deklination

Tempus: 3.2; 14.7; stark/schwach: 14.3; SG 57; st. Aor. 29.4-9; 68.6; 69.1-15; 38.8-11

Page 313: Griechischer Lehrgang III

SACHREGISTER 315

(Med.); 43.2 (Pass.); st. Perf. Akt. 17.1; 57.6; 58.3; 73.4; Pass. 34.1; Tempusstamm 7.7; 14.6

Tenuis: 1.8 thematische Deklination: 7.5; SG 30 thematische Konjugation: 7.5; SG 54 Themavokal: 3.10; 6.11; 29.4(2) Tmesis: 78.17 -ττ-/-σσ-: s. s - σ

unflektierte Wörter: 3.19-24; SG 29

Verbaladjektiv: -τός und -τέος 19.1-6; SG 61 Verbum: 3.2(2); SG 53-140; versch. Typen

s.a. unten S. 317; »unregelmäßige« V. 63.1; Verba composita 7.3; 17.4; 41.11-13; einzelne Verben s. Wortregister

Vokal: Quantität 1.3; SG 4; -oi und -αι in Deklination u. Konjugation 4.3; 14.5; 26.14; 40.9; Kürzung 18.2; 18.4; 35.1; 39.2; Metathesis quantitatum 18.2; 37.1; Zusammenstoß von Vok. 1.5, s.a. Kontraktion; s.a. Endungen, Konjugation, Stamm, Wurzelabstufung

Vokativ: kein Plural 3.5; keine Endung 3.11; kein Artikel 3.13

Wortanalyse: 3.4; 7.7; SG 20 Wortarten: 3.1ff.; SG 27-29

Ablativ (> Genetiv) 4.8 Adjektiv 3.2; 45.10; Adj. = Substant. 3.14;

6.1; 28.3; Adj. als Attribut 3.14; 10.9; Adj. als Präd. 3.14; 12.1 (Neutr.)

Adverb SG 48; s.a. Pronominaladverbia Akkusativ: direktes Obj. 3.5; 4.6; 58.13; in

neres Obj. 58.11 u. 13; Ziel einer Bewegung 3.20; Akk. der Beziehung (acc. Grae-cus) 58.13; als Subj. b. Inf. 17.15-18; Akk. quasi Adverb s. Vok. L.38 Anm. 1; Akk. griech./andere Konstruktionen im Dt. 58.9-10; 81.11; doppelter Akk. 58.12 u. 14; 65.10-11; accusativus cum infinitivo 17.15-18

Aktiv s. Verbum (b) Anrufung 16.7 Aorist s. Verbum (a) Artikel 3.12-13; 17.12-20; Art. als Demon

strativ 13.12; 46.17; nicht bei Vokativ 3.13; Art. bei Attribut 3.14-15; Art. (selten) bei Präd. 3.14-15; Art. bei Pronomina 9.4; 13.7; Art. bei Infinit. 17.12(b); Art. bei πάς 31.3-4; Art. substantiviert Wörter

Wortbildung: 3.4; Nomina: n. agentis 10.1 (-της); 25.1 (-ηρ, -ωρ); Subst. abgel. ν. Adj. 28.2 (-της); ν. Verben 29.1 (-μα); Feminina -jä 11.1; 30.8 (Part.); 35.7 (Adj.); Komposita 41.11; Adjektiva: abgel. v. Subst. 16.6 (Stamm + i); 24.1-2 (von n-Stämmen); 33.4 (von s-Stämmen); von Zahlwörtern 16.2; Verba: primär 49.7; 51/2.1; abgel. v. Nomina 7.7 (-εΰω); 49.7 (-έω); 51/2.1 (-άω); 53.1 (-όω); 56.4 (-ίζω, -άζω); -jö 56.3; 57.2-4 (-σσω); Komposita 4.1.11

Wortende: 6.9; s. Auslaut Wurzel ( V ) : 3.4; 7.7 Wurzelabstufung: s. auch Ablaut; Nomina:

35.4; 37.4; 41.1; 42.5-7; 24.4-5 (Komparative); Verba: Optativ Akt. 25.8 (είην); 43.4 (Aor. Pass.); 49.11(2) (V. v o c ) ; 69.9 (Aor.); 78.11; 80.15; Perf. Akt. 73.12; 74.2; athem. Präs., Imperf. (Aor.) 76.6; 80.11 u. 13

Wurzelaorist: 69; SG 98 Wurzelperfekt: 73.2; 74.2 Wurzelpräsens: 83.1-3

Zahlwörter (Numeralia): 48; Übersicht 48.16; Bruchzahlen 48.15

Zahlzeichen: 48.6

und Wortgruppen aller Art 6.1; 12.1; 46.18; 60.13; Art. zeigt Absicht (Zweck) an 60.13; kein unbestimmter Artikel 3.13 (s. aber Pronomen, indefinit)

Aspekt s. Verbum (a) Attraktion 17.18 (Kasus beim Infinit.); s.a.

Pronomen, relativ Attribut 3.14-15; Adjektiv 10.9 Ausruf 16.7; 18.7

Bedingungs-(Konditional-)Sätze: Irrealis 14.14-16; έάν (generalisierend, futurisch) 23.8; εί (mathematisch, objektiv) 23.8: Potentialis (Optativ) 26 15; alle Arten 26.15-18

Befürchtung 22.9; 23.6

Dativ: Grundbedeutungen 3.5; 4.7 (Lokativ, Instrumentalis); Dat. ethicus 65.11; Dat. als Adverb s. Vok. L.36 Anm. 1; Dat. bei »gleich, ungleich« u.a. 56.20; Dat. bei Verben 67.13(1)

Dual 47.7-14

2. Syntax

Page 314: Griechischer Lehrgang III

316 SACHREGISTER

Figura etymologica 58.11; 60.13 Finalsätze: Konjunktiv23.6(2); Optativ28.11 Frage 4.15; 24.10; 46.23-29; 47.1; SG 47

Genetiv: Hauptbedeutungen 3.5 u. 20; 4.6; 67.10-11; Gen. beim Komparativ 11.7; Gen. beim Adj. 61.11; Gen. bei Verben 7.1; 38.13; 57.11 u. 12; 67.10-15; Gen. partitivus 67.10; Gen. als Subj. 79.13; Ausruf 16.7(5)

gnomischer Aorist 68.15 Götteranrufung 16.7

Haupt- und Nebensätze 23.6

Indikativ s. Verbum (c) Indirekte Rede 17.17; 28.10 Infinitiv s. Verbum (c) Instrumentalis (> Dativ) 4.6-8 Irrealis 14.14; 26.16-18

Komposita: Konstruktion 41.12 Konditionalsätze s. Bedingungssätze Konjunktionen 3.22 Konjunktiv s. Verbum (c)

Lokativ (> Dativ) 4.8 u. 10

Medium s. Verbum (b) Mittel oder Werkzeug 4.6 Möglichkeit s. Potentialis

Nebensätze 23.6 Nebentempora 28.12 Negationen 67.18-19; ού, μή 4.14; 23.7;

beim Konjunkt. μή 22.9; beim Optativ 25.9 u. 11; beim Infin. 17.20; 67.19; im Vordersatz von Bedingungssätzen 26.17; bei (bedingendem) Partizip 67.18

Nomen 3.2-7; SG 27 Nominativ 3.5; 4.6

Objekt 3.5; 4.6; 58.11 (inneres Obj.); indirektes Obj. 4.7; Obj. im Genetiv 67.10; 79.13

Optativ s. Verbum (c) oratio obliqua 17.17; 28.10 Ortsbestimmung 3.20; 47.3

Partikeln 3.21-23; 10.14; SG 50; Partikeln beim Partizip 31.8; s.a. Negationen

Partizip, Partizipialkonstruktionen s. Verbum (c)

Passiv s. Verbum (b) Potentialis 25.11; 26.15-18; 77.10(2) Prädikat 3.5 u. 14; 5.3(3)

Präpositionen SG 51-52; 78.17-20 (Ursprung)

Präsens s. Verbum (a) Pronomen: Übersicht 46; SG 40-47; demon

strativ 46.18-20; 18.7; 21.11; dem. Pr. und Artikel 9.3; 13.12; dem. Pr. mit Artikel 9.4; 13.7; 18.10; (s.a. korrelativ); indefinit 10.12; 24.7; 46.25-26; interrogativ 10.12; 24.10 (indirekt); 46.23-24; korrelativ 21.11; 46.31; Personalpronomen 13.8; 46.3-5; possessiv 46.12-16; reflexiv 13.9; 14.2; 46.9-11; relativ: attractio relativi-relativische Verschränkung 13.11; 74.5; Relativsätze, verallgemeinernd 23.10; 24.9; 46.27-29

Pronominaladverbia 3.20; 10.14; 47.1-5; SG 48

Relativische Verschränkung 13.11; 74.5

Satz s. Haupt- und Nebensätze Satzanalyse (Beispiele) 69.16; 71.12-13 Separativ (> Genetiv) 4.8 Steigerung 11.7 Subjekt 3.5; Subj. im Akk. 17.15; Subj. im

Gen. 79.13 Superlativ 11.8

Tmesis 78.17

Unpersönliche Ausdrücke 17.13

Verbaladjektive -τός, -τέος 19.1-6

Verbum s.u. Vokativ 3.11 u. 13; 10.5

Wortarten 3.1-4; 3.12-24; SG 25-27 Wortstellung 3.26 Wunsch 25.6 u. 9(1)

Zeitangaben: Bedeutung von Gen., Dat., Akk. 22.4

Zusammengesetzter Satz (Periode) s. Haupt-und Nebensatz

Verbum

a) Tempora

Aspekt - Tempus - Zeit 14.7; Präsens (u. Aor.) 14.8-11; 22.10-12; 31.7; 65.8 u. 11; Präs. de conatu 24.12; Futur 14.8; 71.1-2; Fut.Med./Pass. 43.6-7; Fut. Indik. bei Verb, curandi 50.7; Fut. + δπως 50.7; Imperfekt 6.3; 14.7; Aorist 14.7; 68.11-15; Aor. Med./Pass. 40.10; Aor. Pass. 70.9-12;

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SACHREGISTER 317

gnomischer Aor. 68.15; Perfekt 17.9-11; 34.2; 40.1; Perf. Akt. intrans. zu trans. Präs. 63.3; Perfekt-Futur 34.3 (lat. 14.9); Plusquamperfekt 40.1

b) Genus Verbi

Aktiv - Medium - Passiv 36.9-16; 53.5-6; 55.4; 57.11-12; Akt. griech./Pass. deutsch 61.10; Medium u. Passiv (Entwicklung u. Bedeutung) 36.9-18; 38.10; 43.6-8; 53.5-6; 55.3-4; 72.5; Medium: viele Verba d. Gemütsbewegung 36.15 (u. 17); Passiv mit ύπό 61.10; 78.19; Pass. u. intrans. Verb. 50.4; Deponentia 36.15(2)

c) Modi

Indik./Konjunkt. 23.8; nach ώστε 21.12; Indik. griech./Konjunkt. deutsch 69.17; Indik. 26.18; Indik. bei Irrealis 14.14; 26.16; Konjunktiv: Bedeutung allg. 22.9; Konjunkt. in Hauptsätzen 22.10.12; in Nebensätzen: ohne άν (Wille, Zweck, Sorge, Befürchtung) 23.6; mit άν (verallgemeinernd, gefühlsbetont, »wann auch immer«) 23.8; Konjunkt. nach μή, μήού, ού μή 23.7; Optativ ohne άν 25.6; 25.9-10; mit άν 25.11; Opt. in indir. Rede 25.10; in Finalsätzen 28.11; Infinitiv 17.12; 60.13(1); Inf. als Subj. 17.13; 69.16; Inf. als Obj. 17.14; substantivierter Inf. 60.13; 69.16;

Grundsätzliches 5.8-11 Alkaeische Strophe 42.8 Anakreonteen 27.5; 42.8 Anapäste (und Klageanapäste) 33.11-12 anceps 5.9; 10.16 Caesuren 12.13 (Hexameter) Daktylus 9.6; Hexameter: 12.13; 26.19; Pen

tameter 26.20 Distichon 26.20 Elegie 36.19; s.a. Distichon Fuß u. Metron 10.16 Glykoneen 27.6; 63.9 Hexameter 12.13; 26.19

Inf. absolut: Vok. L.82 Anm. 1; Inf. nach ώστε 21.13; Subjekt z.Inf. 17.15-18; Präd. z. Inf. 17.15-18; Inf. bei Verben s. (d); Partizip 28.7; 30.15; 60.14; Zeitstufe 31.7; Part. Perf. 28.8; 34.2; Part, in Fragesätzen 71.12; Part, absolut. 77.10; 79.14; Part, als Subst. 30.15(4); 60.14(a) u. (b); Part, bei Verben s. (d); Partizipialkonstruktionen: Part, con-iunctum u. Genetivus absolutus 31.6-9; 58.14; 60.14-15; Part, mit Partikeln 31.8; Part, mit ώς 31.9

d) Verba verschiedener BedeutungskUssen: ihre Konstruktionen

V. d. Affekts 67.13; anfangen u. aufhören 38.13; 57.11; befehlen 17.14; verba curandi 50.5; 67.13; entlaufen 65.11; erfahren, hören 7.1 u. 2; 38.16; 67.11; erinnern 38.13; 65.12-13; erkennen 65.9; erlangen, erreichen 67.14; ermüden 66.8; fliehen 58.10; s. freuen 38.13; fürchten 22.9; 23.6; glauben 17.14; Gutes/Böses antun/reden 58.10; lehren 65.10; loben 67.13(1); nützen/schaden 58.9; sagen 17.14; s. schämen 66.10; setzen, stellen 81.11; tadeln 67.13(1); voll sein 67.15; wissen 74.6; wollen 17.14; zuvorkommen 66.9; Verba composita (Konstruktion) 41.12; V. mit Inf. 17.13-14; V. mit Part. 66.8-10; 67.16-17; V. mit Gen. etc. s. d.

Iambischer Trimeter 5.9; 7.8; 63.88 (»~ statt -in Komödien); 7.10; 9.5 (-•-- statt-)

Iambus und Trochäus 10.16 Kürze (breve) 5.8 Länge (longum) 5.8 Metron 5.9; 10.16 muta cum liquida 5.8; 10.16 Paroemiacus 16.8; 25.12 Quantität (metrische der Silben) 5.8 Trochäischer Tetrameter 10.16 Versfuß 10.16 Vokalkürzung (Hiatkürzung) 20.8 (vgl. 7.9;

18.4)

3. Metrik

Bayerisch· Staatsbibliothek

München

Page 316: Griechischer Lehrgang III
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Studienhefte zur Altertumswissenschaft Herausgegeben von Bruno Snell und Hartmut Erbse

1. B r u n o Snell · Griechische Metrik

4., neubearbeitete Auflage 1982. IV, 76 Seiten, kartoniert

2. Albin Lesky · Die tragische Dichtung der Hellenen

3. , völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage 1972. 544 Seiten, Leinen und kartonierte Studienausgabe

3 . O s k a r Becker · Das mathematische Denken der Antike

2., durchgesehene Auflage mit einem Nachtrag von Günther Patzig. 1966.131 Seiten mit 70 Abbildungen, kartoniert

5. Ulrich Knoche · Die römische Satire

4., bibliographisch erweiterte Auflage 1982. VI, 137 Seiten, kartoniert

6. G ü n t h e r Klaffenbach - Griechische Epigraphik

2., verbesserte Auflage 1966. 110 Seiten, kartoniert

7. Albrecht Dihle · Die Goldene Regel

Eine Einführung in die Geschichte der antiken und frühchristlichen Vulgärethik. 1962. 135 Seiten, kartoniert

8. James W . Halporn / Martin Ostwald · Lateinische Metrik

Aus dem Englischen von Herbert Ahrens. 3. Auflage 1983. 62 Seiten, kartoniert

9. T . B . L . Webster · Griechische B ü h n e n a l t e r t ü n i e r

1963. 83 Seiten und 8 Tafeln, kartoniert

10. Reinhold Merkelbach / He lmut van Thiel Griechisches Leseheft zur Einführung in Paläographie und Textkritik

1965. 11 Seiten und 111 Seiten Tafeln, kartoniert

11. Rüdiger Vischer · Das einfache Leben

Wort- und motivgeschichtliche Untersuchungen zu einem Wertbegriff der antiken Literatur. 1965. 185 Seiten, kartoniert

12. Alfred Heubeck · Aus der Welt der frühgriechischen Lineartafeln

Eine kurze Einführung in Grundlagen, Aufgaben und Ergebnisse der Mykeno-logie. 1966. 115 Seiten und 5 Abbildungen, kartoniert

13. Reinhold Merkelbach / Helmut van Thiel Lateinisches Leseheft zur Einführung in Paläographie und Textkritik

1969. 11 Seiten und 111 Seiten Tafeln, kartoniert

14. H e l m u t van Thiel · Mittellateinische Texte

Ein Handschriften-Lesebuch. 1972. 14 Seiten und 80 Kunstdrucktafeln, kartoniert

Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen / Zürich

Page 318: Griechischer Lehrgang III

ν

Sophokles • König ödipus Griechisch-deutsch. Übertragung und Einleitung von Karl A. Pfeiff. 1969. 132 Seiten, kartoniert. Kleine Vandenhoeck-Reihe 278-280

Sophokles · Antigone Griechisch-deutsch. Übersetzt und eingeleitet von Karl Reinhardt. Herausgegeben von Carl Becker. 6. Auflage 1982. 119 Seiten, kartoniert. Kleine Vandenhoeck-Reihe 1116

Bruno Snell Die Entdeckung des Geistes Studien zur Entstehung des europäischen Denkens bei den Griechen. 5., durchgesehene Auflage 1980. 334 Seiten, kartoniert

Albin Lesky Vom Eros der Hellenen 1976. 155 Seiten, kartoniert. Kleine Vandenhoeck-Reihe 1422

Friedrich Blass / Albert Debrunner Grammatik des neutestamentlichen Griechisch Bearbeitet von Friedrich Rehkopf. 15., durchgesehene Auflage 1979. XXI, 511 Seiten, Leinen

Robert Renehan Greek Lexicographical Notes Α Critical Supplement to the Greek-English Lexicon of Liddell-Scott-Jones. 1975. 208 Seiten, kartoniert. Hypomnemata 45

Second Series. 1982. 143 Seiten, kartoniert. Hypomnemata 74

Hans von Kamptz Homerische Personennamen Sprachwissenschaftliche und historische Klassifikation. 1982. XXVI, 388 Seiten, Leinen

Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen / Zürich