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INFORMATIONEN AUS DEM LANDTAG NRW AUSGABE MÄRZ 2015 Editorial ––––––––––––––––––––– 2 Vor Ort ––––––––––––––––––––––– 3 Internationale Klassen––––––––– 3 Flüchtlinge ––––––––––––––––––– 4 Abschiebungshaft ––––––––––––– 6 Gesundheitskarte ––––––––––––– 6 Interview ––––––––––––––––––––– 7 Impressum ––––––––––––––––––– 8

Grün.kommt März 2015

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Die März-Ausgabe der Grün.kommt mit dem Schwerpunkt Flüchtlingspolitik

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INFORMATIONEN AUS DEM LANDTAG NRW AUSGABE MÄRZ 2015

Editorial ––––––––––––––––––––– 2Vor Ort ––––––––––––––––––––––– 3Internationale Klassen ––––––––– 3Flüchtlinge ––––––––––––––––––– 4

Abschiebungshaft ––––––––––––– 6Gesundheitskarte ––––––––––––– 6Interview ––––––––––––––––––––– 7Impressum ––––––––––––––––––– 8

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Liebe Freundinnen und Freunde,

kein Mensch verlässt seine Heimat und setzt sich den Risiken der Flucht aus, wenn er nicht zwingende Gründe hat. Die Solidari-tät mit Menschen, die Krieg, Verfolgung, Hun-ger und Elend erleiden, ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit. Sie ist ein Verfassungsge-bot und gehört zu den Fundamenten unseres Gemeinwesens.

Es hat uns geschmerzt und beschämt, als wir davon erfuhren, dass Hilfesuchende in einer Landesaufnahmeein-richtung in NRW misshandelt worden sind. Was dort geschehen ist, ist grausam und unmenschlich. Uns GRÜNEN war von Anfang an wichtig, hier Transparenz zu schaffen und Fehler aufzuarbeiten, damit so etwas nie wieder passiert.

Neben Soforthilfen haben wir auf dem NRW-Flüchtlingsgipfel Ende Oktober 2014 viele grundsätzliche Maßnahmen beraten und beschlossen, die nun umgesetzt werden. Flüchtlingspolitik darf keine Frage der Kassenlage sein. Deshalb haben wir 91 Millionen Euro zusätzlich in den Landeshaushalt eingestellt, die die Situation von Flüchtlingen verbessern und die Kommunen in NRW bei der Flüchtlingsaufnahme unterstützen werden.

Jetzt ist der Bund in der Pflicht. Die Zweiteilung in »willkommene« und »nicht willkommene« Flüchtlinge, die sich durch viele Vor-schläge und Äußerungen der Bundesregierung zieht, schürt Ressen-timents. Eine verantwortliche Flüchtlingspolitik sieht anders aus.Wir setzen uns für hohe menschenrechtliche Standards bei Asyl-verfahren und bei der Aufnahme von Flüchtlingen ein. Wir wollen sowohl die Abschiebungshaft, als auch das diskriminierende Asyl-bewerberleistungsgesetz in der Bundesgesetzgebung abschaffen. Das Thema Flüchtlingspolitik ist umfassender, als in diesem Heft abgebildet werden kann. Wir haben deshalb weitere Informationen auf unserer Homepage bereitgestellt: http://gruene.fr/flucht. Dort gibt es auch das vollständige Interview mit Ahmad Mirzaee, einem Jugendlichen, der vor dreieinhalb Jahren aus Afghanistan geflüchtet ist (siehe Seite 7) als Video.

Herzlichst,

Reiner PriggenFraktionsvorsitzender

EDITORIAL

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VOR ORT

ES BRAUCHT EINE GANZE STADT

Wenn Geflüchtete in eine Stadt kommen, treffen sie meist auf Solidarität und Hilfsbereitschaft von privaten und öffentli-chen Stellen. Beispiele für Integration gibt es viele, auch aus der Erkenntnis heraus: Zur Integration gibt es keine Alterna-tive. Denn es kommen Menschen, die dauerhaft bleiben wol-len und sollen. In Remscheid besuchen die Kinder von Flüchtlingen des-halb die Offenen Ganztagsschulen. Im Kontakt mit den ande-ren Kindern gibt es ein Stück Normalität und Geborgenheit im schwierigen Alltag. In Gelsenkirchen bieten mehrsprachige ErzieherInnen und HelferInnen in Wohnwagen als mobile Kitas Kindern und Eltern einen flexiblen Übergang zu Regel-einrichtungen. Überall im Land melden sich PatInnen, die den zum Teil unbegleitet eingereisten minderjährigen Flüchtlingen helfen wollen.Unter anderem in Mülheim werden Flüchtlinge dezentral in Wohnungen untergebracht und es wird dabei darauf geach-tet, dass nicht unterschiedliche Kulturen oder Religionen zu Konflikten führen. EinE AnsprechpartnerIn ist vor Ort, Ver-eine und andere Organisationen machen niedrigschwellige Mitmach-Angebote. Die AnwohnerInnen werden frühzeitig und umfassend informiert. Vielerorts führen die Kommunen Kompetenztests durch, um möglichst schnell Qualifikationen, Kenntnisse und Förderungsbedarfe der Flüchtlinge zu klären.Das Land hat die Voraussetzungen für bessere Integration geschaffen und zusätzliche Mittel für Kitas und Kinderbetreu-ung, Offene Ganztagschulen, neue Lehrerstellen, ehrenamtli-che Arbeit und Deutschkurse bereitgestellt. Dennoch bleiben die Herausforderungen für die Kommunen groß. Sie müs-sen Unterbringung, Bildung, Gesundheitsversorgung und den Zugang zum Arbeitsmarkt konkret gestalten. Um die vielen Aufgaben zu koordinieren, haben sich Runde Tische bewährt, an denen möglichst viele AkteurInnen der Stadtgesellschaft sitzen sollten. Durch den direkten Kontakt entsteht eine per-sönliche Verbindlichkeit. Der Gewinn für die alten und die neuen BewohnerInnen wird umso größer sein, je früher und intensiver sich alle Beteiligten verständigen und individuelle Regelungen finden. Es gibt also viel zu tun. –––––––––––––––––[email protected] Sprecherin für Integrationspolitik

„Ich möchte gerne Koch werden“, „Ich möchte als Friseurin arbeiten“, rufen SchülerInnen auf die Frage, was sie einmal werden wollen, durcheinander. Es geht lebhaft zu in einer der Klassen des Berufskollegs Käthe-Kollwitz-Schule in Aachen, die Reiner Priggen, unser Fraktionsvorsitzender, und Ali Baş, Sprecher für berufliche Bildung, Anfang des Jahres besucht haben. Auf den ersten Blick eine Klasse wie viele andere in NRW. Bei dieser Klasse handelt es sich jedoch um eine von drei Inter-nationalen Klassen mit Sprachförderung. Viele der SchülerIn-nen, die dort unterrichtet werden, sind als unbegleitete Min-derjährige aus den Krisenregionen der Welt nach Deutschland geflohen und haben in ihrem jungen Alter schon traumatische Dinge erlebt.Eine Herausforderung auch für das Kollegium, von dem viel interkulturelles Fingerspitzengefühl gefragt ist und dessen Arbeit oft über das Wochenstundensoll hinausgeht. Schulleite-rin Monika Büth-Niehr beschreibt, dass zum Beispiel von Seiten der Lehrkräfte ein intensiver Kontakt mit den Behörden notwendig sei. Außerdem verweist sie auf die not-wendige Unterstützung durch die Schulsozialarbeit, die Rot-Grün erst kürzlich für drei Jahre gesichert hat, nachdem der Bund die Finanzierung gestoppt hatte.In den Internationalen Klassen lernen die jungen Leute zum einen die deutsche Sprache, zum anderen besteht in zwei wei-teren Klassen die Möglichkeit, einen Schulabschluss nachzu-holen, was Voraussetzung für eine Ausbildung ist. Eine große Chance für die Jugendlichen, die zumeist in ihren Herkunfts-ländern nur unregelmäßig zur Schule gehen konnten. Im Gespräch erfahren Reiner Priggen und Ali Baş, dass die jungen Leute trotz ihrer schwierigen Lage gerne in die Schule gehen und am liebsten auch in den Ferien kommen würden. Das ist beeindruckend und ein Beleg für die gute Arbeit des Kollegi-ums.Die IHK hat kürzlich den Abschiebestopp für junge Flücht-linge in der Ausbildung gefordert, um auch auf den Fachkräfte-mangel reagieren zu können. Eine wichtige und richtige Forde-rung.––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––[email protected] Sprecher für berufliche Bildung

INTERNATIONALE KLASSEN

HOFFNUNG FÜR JUNGE FLÜCHTLINGE

NRW NEWS

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FLÜCHTLINGE IN DIE MITTE DER GESELLSCHAFT HOLEN

Sie flüchten vor Krieg, Not oder weil sie wegen ihrer Religion, Her-kunft oder politischen Überzeugung verfolgt werden. Weltweit sind mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht – so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. 200.000 Flüchtlinge haben im letzten Jahr ihren Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt, 40.000 davon in NRW. Die steigenden Zahlen stellen Land und Kommunen vor große Herausforderungen, die wir meistern wollen.

WILLKOMMEN

NIE WIEDER ÜBERGRIFFE AUF HILFESUCHENDE

Unser Entsetzen war groß, als im September 2014 bekannt wurde, dass Asylsuchende unter anderem in der Landesauf-nahmestelle in Burbach durch Sicherheitskräfte misshan-delt worden waren. Wir hätten so etwas in NRW nicht für mög-lich gehalten. Aufgrund des Drucks, die vielen Hilfesuchenden schnell unterzubringen, wurde versäumt, die notwendigen Standards einer humanitären Unterbringung sicherzustellen und deren Einhaltung auch zu kontrollieren. Wir haben Sofortmaßnahmen eingeleitet, die uns dies jetzt ermöglichen. Außerdem haben wir im Oktober den Flücht-lingsgipfel in NRW einberufen, um mit allen Beteiligten Lösungen zu finden, wie wir die anstehenden Herausforde-rungen meistern können. Wir haben dort viele gute Maßnah-men beschlossen, die die Situation von Flüchtlingen in NRW verbessern. Dafür haben wir zusätzliche 91 Millionen Euro im Landeshaushalt bereitgestellt. So führen wir unter ande-rem ein Beschwerdemanagement ein und erhöhen die Kont-rolle der Einrichtungen. Für uns GRÜNE sind aber auch wei-tere Aspekte im Hinblick auf die Integration und Betreuung von Flüchtlingen wichtig. Einen genauen Überblick der Maß-nahmen aus diesen Bereichen gibt es auf unserer Themenseite: http://gruene.fr/flucht.

WIR BAUEN UNTERKÜNFTE AUS

Derzeit bauen wir zusätzliche Aufnahmeeinrichtungen für die Erstaufnahme aus. Angesichts der Flüchtlingszahlen wird es

jedoch noch etwas Zeit brauchen, bis sich die Situation vor Ort entspannt und es für die Geflüchteten wieder zu geregelten Aufnahmeverfahren kommen kann.Gleichzeitig arbeiten wir an einem neuen Konzept für die Flüchtlingsaufnahme. Wir brauchen verbindliche, vom Bedarf der Geflüchteten ausgehende Standards in den Landeseinrich-tungen. Darüber hinaus müssen wir prüfen, wie wir die Ver-fahren zur Registrierung und Antragstellung im Sinne der Geflüchteten optimieren können.

WIR LASSEN DEN BUND NICHT AUS DER VERANTWORTUNG

Die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten ist politisch eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kom-munen. Bislang zeigt die Bundesregierung aber keine Bereit-schaft, ihren Teil der Verantwortung zu tragen. Außerdem kop-pelt die Bundesregierung neue humanitäre Regelungen häufig mit repressiven Elementen. Auch bei ihrem aktuellen Gesetz-entwurf zum Bleiberecht und zur Aufenthaltsbeendigung hält sie an diesem Prinzip fest. Die strategische Zweiteilung der Flüchtlinge in „willkommene“ und „nicht willkommene“ ist nicht nur schäbig, sondern im Hinblick auf das gesellschaftli-che Klima eine gefährliche Stimmungsmache.Der Gesetzentwurf enthält zwar eine von uns lange gefor-derte Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete, verbin-det diese jedoch mit Verschärfungen vor allem bei Ausweisung und Abschiebungshaft. Im Bundesrat haben die grün-mitre-gierten Länder mit etlichen Änderungsanträgen versucht, das

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WILLKOMMEN

Schlimmste zu verhindern. Doch leider hat die Bundesregie-rung das Gesetz als nicht zustimmungspflichtig eingestuft. Am Ende wird Schwarz-Rot entscheiden, ob sie Verschärfun-gen gegen die Länder durchsetzen wollen.

ABSCHAFFUNG ASYLBEWERBERLEISTUNGSGESETZ BLEIBT WEITER ZIEL

In den letzten Verhandlungen im Bundesrat haben die grün-mitregierten Länder immerhin die Einmalzahlung von einer Milliarde Euro aus Bundesmitteln für Länder und Kommu-nen durchgesetzt, die allerdings zur Hälfte zurückgezahlt wer-den muss. Eine dauerhafte finanzielle Beteiligung ist weiter-hin nicht in Sicht. Wir GRÜNE setzen uns deshalb nach wie vor dafür ein, dass das Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft wird. Wir wollen die Geflüchteten in die sozialen Sicherungs-systeme aufnehmen, um von Anfang an ihre Integration zu fördern und ihre Gesundheitsversorgung über die gesetzliche Krankenversicherung sicherzustellen (siehe Seite 6). Ein sol-cher Schritt wäre ein Gewinn für die Geflüchteten und würde die Kommunen in NRW um 50 Prozent bei den Kosten entlas-ten. Außerdem haben die grün-mitregierten Länder bei den Ver-handlungen im Bundesrat weitere Verbesserungen erreicht, die Geflüchteten ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen. Wir haben den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert: Das absolute Arbeitsverbot wurde von neun auf drei Monate ver-kürzt und die so genannte Vorrangprüfung wurde von vier Jahren auf 15 Monate verkürzt. Auch wurden die Residenz-

pflicht weitestgehend aufgehoben und das Sachleistungsprin-zip durch den Geldleistungsvorrang abgelöst.

GEFLÜCHTETEN EIN NEUES ZUHAUSE GEBEN

In NRW haben viele Kommunen gelungene Handlungskon-zepte zur Aufnahme und Integration von Geflüchteten auf den Weg gebracht: Dezentrale Unterbringung in Wohnungen oder in stadtteilbezogenen kleinen Gemeinschaftsunterkünften, Betreuungs- und Integrationsangebote, Unterstützung in den Schulen oder das Fördern ehrenamtlichen Engagements gehö-ren zu einer kommunalen Willkommenskultur, die vielerorts in NRW gelebt wird. Leider gibt es auch Orte, die diesen Leitli-nien noch nicht folgen. Deshalb brauchen wir dringend einen Austausch zwischen den Kommunen über Unterbringungs- und Integrationsstandards. Mit den kommunalen Spitzenver-bänden wollen wir Handlungsempfehlungen erarbeiten, um den Verantwortlichen in den Kommunen Hinweise und Unter-stützung anzubieten. Eine Unterbringung möglichst in Woh-nungen und eine schnelle Integration ist nicht nur für die Lebenssituation der Geflüchteten gut, sondern entlastet auch die kommunalen Haushalte. Wie es funktionieren kann, erzählt der Bornheimer Jugend- und Sozialdezernent Markus Schnapka im Interview auf unse-rer Seite: http://gruene.fr/flucht. ––––––––––––––––––––––––––

[email protected] für Flüchtlingspolitik

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Wir GRÜNE lehnen Abschiebungshaft grundsätzlich ab. Eine Inhaftierung von unschuldigen Menschen, die bis zu 18 Monate andauern kann und die ausschließlich sicherstel-len soll, dass die Abschiebung erfolgt, widerspricht unserem Rechtsstaatsverständnis. Solange Abschiebungshaft jedoch bundesgesetzlich vorgese-hen ist, sind die Länder verpflichtet, für ihren Vollzug zu sor-gen. Die Grüne Forderung lautet daher ganz klar: Abschie-bungshaft ist soweit wie möglich zu vermeiden. Sie darf nur Ultima Ratio sein und muss, wenn sie gesetzlich anzuwenden ist, so human wie möglich gestaltet werden. EuGH und BGH haben im letzten Jahr entschieden, dass Abschiebehäftlinge nicht mehr in derselben Anstalt wie Straf-gefangene untergebracht werden dürfen. Da NRW noch über keine reine Abschiebehafteinrichtung verfügt, sondern Abschiebehäftlinge in der Haftanstalt Büren gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht hatte, hat dies zu einer grotes-ken Situation geführt: Abzuschiebende aus NRW müssen seit-dem in einer der der EU-Gesetzgebung entsprechenden Ein-richtungen in Berlin oder Brandenburg untergebracht werden. Dieser Zustand ist unerträglich für die Menschen, die sich ohnehin in einer belastenden Situation befinden. Deshalb hat sich Rot-Grün dazu entschlossen, die ehemalige JVA in Büren in eine reine Abschiebungshafteinrichtung des Landes umzu-wandeln. Das Justizministerium hat die Anstalt dafür bereits freigemacht. Das Innenministerium wird zukünftig in eigener Trägerschaft die Abschiebehafteinrichtung unterhalten.Wir GRÜNE begleiten diesen Prozess eng und fordern, in Büren eine humane Form der Abschiebungshaft umzuset-zen. Das bedeutet zum Beispiel: Unterbringung in Einzel- bzw. Paarzimmern, die Einrichtung von Gebets-, Aufenthalts- und Sozialräumen, das Anbieten von Aktivitäten und auch einfa-cher Zugang zu rechtlicher Beratung. Abschiebungshaft ist keine Strafhaft und die Flucht aus Not und vor Verfolgung wollen wir nicht bestrafen, auch wenn Menschen bei uns keine neue Heimat finden können. –––––––

[email protected] für Rechtspolitik

ABSCHIEBUNGSHAFT

UNSCHULDIG HINTER GITTERN

GESUNDHEITSVERSORGUNG

MÜNSTER SETZT MODELLPROJEKT UM

Flüchtlingspolitik wird im Wesentlichen auf Bundesebene geregelt. Für die Umsetzung sind aber die Kommunen verant-wortlich, die hier ihre Gestaltungsspielräume nutzen können. Bei der gesundheitlichen Versorgung Geflüchteter hat dies jetzt die Stadt Münster vorbildhaft getan.Gemäß Asylbewerberleistungsgesetz haben Asylsuchende Anspruch auf eine gesundheitliche Standardversorgung. Dazu gehören die Versorgung akuter Erkrankungen und Schmerzzu-stände, die Gesundheitsvorsorge für werdende Mütter und die zur Vorsorge „unerlässlichen“ Leistungen. Die Behandlungen müssen jeweils von der zuständigen Behörde, in der Regel dem Sozialamt, genehmigt werden. Dadurch werden die Regelun-gen zum Teil recht uneinheitlich umgesetzt.Münster will nun auf Grüne Initiative hin die Gesundheitsver-sorgung von Geflüchteten nach dem Bremer Modell gestalten. Dort hat die Stadt bereits vor Jahren mit der örtlichen AOK ver-einbart, dass Geflüchtete eine Chip-Karte erhalten, mit der sie ärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen können, wenn sie es für notwendig halten. Mit diesem Schritt hat Bremen nicht nur die Selbstbestimmung der Geflüchteten gestärkt, es wurde auch der eingeschränkte Leistungskatalog erweitert auf nahezu alle ärztlichen Behandlungen. Lediglich Zahnersatz und psychotherapeutische Behandlungen stehen noch unter einem Prüf- und Genehmigungsvorbehalt. Die AOK rechnet die erbrachten Leistungen mit der Kommune ab und erhält noch eine Verwaltungspauschale pro Geflüchtetem.Wir GRÜNE setzen uns seit Langem dafür ein, Asylsuchende in die gesetzliche Krankenkasse aufzunehmen. Mit einer Chip-Karte könnten sie dann wie jedeR andere bei Bedarf eine Ärz-tin oder einen Arzt aufsuchen. Auf diese Weise wird einerseits die Integration gestärkt, andererseits werden Verwaltungskos-ten eingespart. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass die Umstellung zu keinen Mehrkosten bei den Kommunen führt. Vielleicht lassen sich durch Münster nun weitere Kommunen ermutigen.Weitere Informationen, etwa auch den Münsteraner Ratsbe-schluss gibt es hier: www.gruene.fr/flucht –––––––––––––––––

[email protected] Sprecher für Gesundheitspolitik

NRW NEWS

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GRÜN.KOMMT 03.2015 7

In dem Düsseldorfer Projekt »No Border« haben jugendliche Flüchtlinge die Geschichte ihrer Flucht und ihres Ankommens in Deutschland aufgeschrieben und zu einem Buch zusam-mengefasst. Einer von ihnen ist Ahmad Mirzaee, 19 Jahre, der 2011 nach Deutschland geflohen ist und den wir für die GRÜN.KOMMT interviewt haben. G.K: Du bist 2011 aus Afghanistan geflohen, möchtest du erzäh-len, warum? Ahmad: Geflohen bin ich wegen der Gefahr, wegen Krieg.

G.K: Wie geht es dir jetzt - und wie ging es dir, als du in Deutsch-land angekommen bist? Ahmad: Ich wohne jetzt in einem Asylheim, da wo viele Men-schen aus verschiedenen Ländern auch leben. Die Situation ist schlecht, da wo ich wohne. In einem Zimmer mit zwölf Qua-dratmetern kann man nicht lernen. Es ist auch laut, da leben auch viele Familien, andere Flüchtlinge, Kinder. Die spielen im Flur, kann man auch nichts sagen, weil: Das sind Kinder und die haben nichts zu tun und keinen Spielplatz. Am Anfang hab ich überhaupt nicht gedacht, dass ich hier blei-ben kann oder bleiben darf. Und weil ich auch die Sprache nicht kannte, hatte ich auch Angst, was mit mir später passiert. Natürlich: Ich hab hier meine Ruhe irgendwie. Aber ich habe auch Angst, ob ich hierbleiben darf oder nicht.

AHMAD MIRZAEE:

„WAS GIBT ES ZU TUN IN DIESER WELT AUSSER, DASS MAN IN FRIEDEN LEBT?“

Das ist ja auch Angst, die man im Herz hat.

G.K: Was gibt dir Kraft, wenn du Angst hast? Ahmad: Leben, Atmen, Frieden. Ja, die geben mir Kraft… Und »No Border« natürlich: Das ist ja eine große Sache, die wir gemacht haben. Daran habe ich viel, viel Spaß gehabt, viel gelernt; eine Geschichte geschrieben, wo ich überhaupt nicht daran gedacht habe, dass ich das schaffen kann. Aber mit Hilfe unserer Schriftstellerin haben wir das geschafft und heute schreibe ich auch mehr.

G.K: Bekommst du eigentlich die Pegida Demonstrationen in Düsseldorf mit?Ahmad: Das kriege ich natürlich mit, diese Demonstrationen. Ich weiß nicht, was diese Leute denken überhaupt. Wir sind ja auch Menschen. Was gibt es zu tun in dieser Welt außer, dass man in Frieden lebt? Ich verstehe das nicht.

G.K: Was wünschst du dir - für dich und für andere Geflüchtete?Ahmad: Ich wünsche für alle Flüchtlinge, die in Länder geflüchtet sind, dass sie da einen Platz haben und leben kön-nen. Menschenrechte und Frieden einfach, keine Grenzen. Das wünsche ich mir. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Das vollständige Interview findet Ihr auf unserer Themenseite http://gruene.fr/flucht

INTERVIEW

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IMPRESSUM

Herausgeber (v.i.S.d.P): GRÜNE im Landtag NRW Platz des Landtags 140221 Düsseldorf Tel 0211 884-2180Fax 0211 884-2890 www.gruene-fraktion-nrw.de [email protected]

Redaktion: Nambowa Mugalu, Guido von Wiecken

Gestaltung: Bettina Tull

Bildnachweis: © fotolia.com: S.2: charrierimages

© Flickr CC: S.3l: Daniel Müller, S. 5: Thomas Rassloff, S. 6r: Tim Reckmann

© Achim Pohl: S.6l

© Grüne Landtagsfraktion:Titel, S.7, S.8: Guido von Wiecken, S.3r: Ali Baş

An dieser Ausgabe haben außerdem mitgewirkt: Sara Göttmann, Reinhard Olschanski, Müjgan Percin, Stefan Welter, Harald Wölter

März 2015NEWSLETTER

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@gruenefraknrw

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