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3. Jahrgang, Juni/Juli 2009, 132-144 Grundlagen der parenteralen Ernährung und Möglichkeiten der Optimierung durch pharmazeutische Intervention - - - Rubrik Fortbildung - - - Grundlagen der künstlichen Ernährung Parenterale Ernährung erwachsener Patienten Zusammenstellung einer parenteralen Ernährung Praktische Durchführung der parenteralen Ernährung Optimierung der parenteralen Ernährung durch pharmazeutische Intervention Fallbeispiele

Grundlagen der parenteralen Ernährung und … · • Kalium (als Kaliumchlorid) • Calcium (als Calciumchlorid oder - gluconat) • Magnesium (z. B. als Magnesiumsul-fat oder –aspartat)

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3. Jahrgang, Juni/Juli 2009, 132-144

Grundlagen der parenteralen Ernährung und Möglichkeiten

der Optimierung durch pharmazeutische

Intervention

- - - Rubrik Fortbildung - - -

Grundlagen der künstlichen Ernährung

Parenterale Ernährung erwachsener Patienten

Zusammenstellung einer parenteralen Ernährung

Praktische Durchführung der parenteralen Ernährung

Optimierung der parenteralen Ernährung durch pharmazeutische Intervention

Fallbeispiele

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Parenterale Ernährung - 133 -

Fortbildungstelegramm Pharmazie 2009;3:132-144

Grundlagen der parenteralen Ernährung und Möglichkeiten der Optimierung durch

pharmazeutische Intervention

Dirk Büttgen1 Fachapotheker für Klinische Pharmazie

Gewidmet meiner Frau Simone

1Korrespondenzadresse: Dörer Weg 9

41542 Dormagen [email protected]

Lektorat: Prof. Dr. Georg Kojda, Fachpharmakologe, Fachapotheker für Arzneimittelinformation,

Institut für Pharmakologie und klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Dr. rer. nat. Arwed Schwarzer Mülheim an der Ruhr

Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum

Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier:

http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html

Titelbild : Universitätsbibliothek New York , Urheber: Photoprof, Lizenz: Fotolia

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Parenterale Ernährung - 134 -

Fortbildungstelegramm Pharmazie 2009;3:132-144

Abstract

Many patients in hospital or home-care rely on artificial nutrition due to their malnutri-tion. Artificial nutrition can be conducted by liquid food which the patient uses to sup-plement his regular diet or via feeding by stomach tube. If this is not possible, the nutrition must be applied intravenously. Although pharmaceutical healthcare profes-sionals often have a profound knowledge of enteral nutrition and intensive advice, par-enteral nutrition remains difficult due to its complex structures. Therefore physicians and special trained nurses are involved in the care of patients in parenteral nutrition. The aim of this article is to describe some basics of parenteral nutrition for adults and to help pharmacists how to adjust a nutri-tion regimen to the needs of the patients and their pharmacotherapy. It is important to understand the conception of these rela-tions in order to avoid endangering the pa-tient, detect problems and to sustain the quality of life for the often chronically ill patients.

Abstrakt

Viele Patienten in stationärer oder ambu-lanter Versorgung sind aufgrund einer Mangelernährung auf künstliche Ernährung angewiesen. Diese kann enteral in Form von Trinknahrung, mit welcher der Patient seine normale Kost ergänzt, oder als Son-denkost über Ernährungssonden erfolgen. Ist dies nicht möglich, bleibt die Zufuhr von Nährstoffen über venöse Zugänge (paren-terale Ernährung). Während im Bereich der enteralen Ernährung beim pharmazeuti-schen Personal oftmals weit reichende Kenntnisse vorliegen und sich in einer in-tensiven Beratungstätigkeit widerspiegeln, ist die parenterale Ernährung aufgrund ih-rer Komplexität und der Durchführung durch Ärzte und geschultes Pflegepersonal meist nicht Objekt pharmazeutischer Inter-ventionen. Der folgende Artikel soll Grund-lagen der parenteralen Ernährung Erwach-sener vermitteln und den versorgenden Apothekern in Klinik und Offizin aufzeigen, wie ein Ernährungsregime als therapeuti-sches Konzept an die Bedürfnisse des Pati-enten angepasst und in die Pharmakothe-rapie eingebunden wird. Die Kenntnis die-ser Zusammenhänge ist wichtig, um Ge-fährdungen des Patienten zu vermeiden,

Probleme zu erkennen und die Lebensquali-tät der oft chronisch Kranken zu erhalten.

Einleitung

Eine Mangelernährung (Malnutrition, Abb. 1) älterer oder chronisch kranker Menschen ist in den Industriestaaten der Welt ein in seiner Häufigkeit und prognostischen Rele-vanz häufig unterschätztes Problem. Mc Whirter und Pennington wiesen bereits 1994 in Ihrer Arbeit (1) einen Anteil von 40% unterernährten Patienten bei der Auf-nahme in einem britischen Krankenhaus nach. Pirlich et al beobachteten 2003 in einer deutschen Klinik einen Gesamtanteil von 24% mangelernährter Patienten, wo-bei dieser sich bei Vorliegen maligner Er-krankungen auf über 50% erhöhte (2).

Mangelernährung ist assoziiert mit er-höhter Morbidität und Mortalität!

Eine Malnutrition ist assoziiert mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität; sie ver-zögert die Entlassung aus der Klinik und die Rekonvaleszenzzeit (3). Die Erkennung und Behandlung der Mangelernährung erfordert Sensibilität und profunde Kenntnisse der Ernährungsmedizin bei allen Behandelnden. Sowohl öffentliche als auch Krankenhaus-apotheken stellen hier wichtige Schnittstel-len zwischen stationärer und ambulanter Versorgung der Patienten dar. Allgemein deuten folgende Beobachtungen auf das Vorliegen einer Mangelernährung hin (4):

• Gewichtsverlust von über 10% in-nerhalb der letzten 6 Monate

• Body Mass Index (BMI) < 18.5 kg / m²

• Serum-Albuminspiegel unter 35 g / Liter als Ausdruck eines Eiweißman-gels

Grundlagen der künstlichen Ernährung

Es werden drei Ernährungsformen unter-schieden:

• Die normale, natürliche Ernährung

• Die künstliche enterale Ernährung

• Die künstliche parenterale Ernäh-rung

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Abb. 1: Patient mit Mangelernährung. Bild: Penta Klinikum

Die Therapie der Malnutrition erfolgt nach einem festen Algorithmus (Abb. 2). Ist eine ausreichende enterale Ernährung nicht möglich, so ist die Indikation zur parentera-len Ernährung gegeben. Hierbei werden Infusionslösungen über eine zentrale Vene appliziert. Eine ergänzende enterale Ernäh-rung, beispielsweise in Form von Trinknah-rung, ist zur Aufrechterhaltung der Funkti-on des Gastro-Intestinal Traktes immer anzustreben. Enterale und parenterale Er-nährung schließen sich nicht gegenseitig aus, vielmehr stellen sie in der Kombination ein sehr sinnvolles Ernährungskonzept dar. Eine totale, das heißt ausschließliche, pa-renterale Ernährung ist den Fällen vorbe-halten, in denen der Verdauungstrakt nicht zur Nahrungsaufnahme zur Verfügung steht.

Eine enterale Nahrungszufuhr ist im-mer anzustreben!

Eine natürliche Ernährung ist gekennzeich-net durch die perorale Zufuhr und die Steu-erung der Nahrungsaufnahme durch Gefüh-le wie Hunger, Durst und Sättigung. Dem gegenüber steht die künstliche Ernährung, bei der der Patient keine Kontrolle mehr über seine Nahrungsaufnahme hat. Daher setzt die künstliche Ernährung eine ange-messene Einschätzung des Kalorienbedarfs, eine intensive Überwachung des Patienten, angemessene Reaktionen auf Veränderun-

gen und Kenntnisse der Ernährungsmedizin voraus. Dies gilt in besonderem Maße für die parenterale Ernährung.

Eine vollständige Ernährung besteht aus sieben verschiedenen Komponenten:

1. Eiweiße

2. Kohlenhydrate

3. Fette

4. Elektrolyte

5. Vitamine

6. Spurenelemente

7. Wasser

Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette werden als Makronährstoffe bezeichnet. Elektro-lyte, Vitamine und Spurenelemente gehö-ren zur Gruppe der Mikronährstoffe. Nachfolgend werden die einzelnen Bestand-teile unter den Bedingungen einer parente-ralen Ernährung kurz vorgestellt.

Eine vollständige Ernährung besteht aus Makronährstoffen, Mikronährstof-

fen und Wasser!

Einweiße. Aminosäuren sind als Stickstoff-donatoren Bausteine für Proteine und Pep-tide sowie als Kalorienträger unverzichtba-rer Bestandteil jeder Ernährung. Protein-mangel führt u.a. zu Funktionsverlusten der Organe, zu Abnahme der Muskelmasse, Wundheilungsstörungen und Immunsup-pression.

Ernährungsphysiologisch werden Amino-säuren eingeteilt in

• essentielle Aminosäuren

• nicht-essentielle Aminosäuren und

• bedingt essentielle Aminosäuren (bei bestimmten Krankheitsbildern).

Zufuhr. Im Rahmen einer parenteralen Er-nährung werden Eiweiße in Form von Ami-nosäuren zugeführt. Handelsüblich sind Standard-Aminosäurelösungen, welche es-sentielle und weitere Aminosäuren enthal-ten und sich für ein breites Patientenkollek-tiv eignen. Bei Vorliegen einer Niereninsuf-fizienz, angeborenen Stoffwechselstörungen oder einer schweren Leberinsuffizienz muss die Aminosäurezufuhr angepasst werden durch Dosisreduktion oder Verwendung speziell adaptierter Lösungen.

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Fortbildungstelegramm Pharmazie 2009;3:132-144

Grundsätzlicher Algorithmus künstliche Ernährung

Indikation zur künstlichen Ernährung ist gegeben

Gastrointestinaltrakt funktionsfähig ?ja nein

Enterale Ernährung EE Parenterale Ernährung PE

Perorale Nahrungs-aufnahme

Patient kann essen ?

ja nein

Normalkost, Trinknahrung

Nasale oder Gastrale

Sonde (PEG)

Sonden-nahrung

Portsystem, Broviak-Katheter

Zentralvenöser Zugang?

ja nein

Totale PE mit Mischbeuteln

Periphere Verweilkanüle

PE nur eingeschränkt

möglich

Kombinationen aus enteraler

und parenteraler Ernährung

PE mit Mischbeuteln und perorale Trinknahrung

bzw. Wunschkost

Abb. 2: Algorithmus künstliche Ernährung

Monitoring. Die Steuerung der Aminosäure-zufuhr erfolgt durch laborchemische Kon-trollen von Serum-Kreatinin, Harnstoff und Gesamteiweiß. Während ein Anstieg von Kreatinin und Harnstoff im Serum auf eine Nierenfunktionsstörung hinweist, zeigt ein isolierter Harnstoff-Anstieg eine Überver-sorgung mit Aminosäuren an. Ein ernied-rigter Gesamteiweißspiegel weist ebenso wie eine Abnahme der Muskelmasse auf einen Proteinmangel hin.

Wichtig ist das Verhältnis von Eiweiß zu Nicht-Eiweißkalorien!

Kohlenhydrate. Kohlenhydrate sind Ener-gieträger. Eine parenterale Ernährung ohne Kohlenhydrate ist nicht vorstellbar, aller-dings ist die alleinige Zufuhr von Kohlen-hydraten z.B. in Form niedrig dosierter Glu-coselösungen noch keine Ernährung!

Im Rahmen der PE werden Monosaccharide verwendet, diese werden unterteilt in

• Glucose und

• Glucoseersatzstoffe wie Xylit, wel-ches nur noch selten verwendet wird.

Die parenterale Gabe von Fructose oder Sorbit verbietet sich aufgrund lebensge-fährlicher Komplikationen bei Vorliegen einer hereditären Fructoseintoleranz.

Zufuhr. Verwendet werden fast ausschließ-lich Glucoselösungen in Konzentrationen zwischen 5 und 50%. Die maximale hepati-sche Glucoseoxidation liegt bei 4 – 5 g Glu-cose / kg KG / Tag und sollte nicht über-schritten werden (4;5). Bei diabetischer Stoffwechsellage erfolgt eine Begrenzung der Glucosezufuhr bei gleichzeitiger Insu-lingabe und vermehrtem Einsatz von Fett als Energieträger.

Monitoring. Die Steuerung der Glucosezu-fuhr erfolgt durch Aufrechterhaltung einer Normoglykämie mit Blutzuckerspiegeln zwi-schen 80 und 145 mg/dl (Weblink 1), ggf. mit Hilfe von Insulin. Eine engmaschige Bestimmung der Blutzucker-Spiegel, er-gänzt durch HbA1c Kontrollen, ist hierzu unerlässlich.

Fette. Fette (hier: Fettsäuren) werden im Körper unter anderem benötigt als Energie-träger und in Form von Strukturlipiden zum Aufbau biologischer Membranen. Abhängig vom Ernährungszustand und der klinischen

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Situation des Patienten können kurzfristige Regime zur parenteralen Ernährung auch ohne Fettzufuhr durchgeführt werden. Bei langfristiger, totaler parenteraler Ernährung sind Fette unverzichtbar.

Die bei der parenteralen Ernährung ver-wendeten Fette sind vorwiegend Triglyceri-de aus verschiedenen Fettsäuren und Gly-cerol und werden unterteilt

• nach ihrer Kettenlänge in lang-, mit-tel- und kurzkettige Fettsäuren, die gesättigt oder ungesättigt sein kön-nen

• nach ihren biologischen Eigenschaf-ten in essentielle (mehrfach unge-sättigte) und nicht essentielle Fett-säuren.

Zufuhr. Im Rahmen einer parenteralen Er-nährung werden Fette in Form von Lipide-mulsionen zugeführt. Diese haben eine ho-he Energiedichte bei niedriger Osmolarität. Empfohlen wird eine Ergänzung mit Fetten ab dem 7. Tag (Weblink 1). Die Dosierung richtet sich nach dem Kalorienbedarf, wobei Fette und Glucose als Nicht-Eiweißkalorien je nach Stoffwechsellage des Patienten in ihren Anteilen variiert werden können.

Monitoring. Eine Zu- oder Abnahme des Körpergewichtes (Cave: Ödeme) und der Triglyceridspiegel dienen als Maßgabe der Fettzufuhr. Neben der Deckung des Ener-giebedarfs ist die Aufrechterhaltung der Struktur und Funktion lebenswichtiger Or-gane und Funktionsmoleküle (Enzyme) das wichtigste Ziel einer parenteralen Ernäh-rung. Hierzu ist es erforderlich, dass zuge-führte Aminosäuren funktionell, d.h. zum Aufbau körpereigener Proteine verwendet werden können. Dies ist nur möglich bei paralleler Zufuhr ausreichender Mengen von Nicht-Eiweißkalorien, also Kohlenhyd-raten und Fett. Bei normalem Stoffwechsel wird ein Verhältnis von ca. 1:25 (g Amino-säuren/kcal) empfohlen (Weblink 1).

Elektrolyte. Eine komplette parenterale Ernährung enthält folgende Elektrolyte:

• Natrium, (als Natriumchlorid)

• Kalium (als Kaliumchlorid)

• Calcium (als Calciumchlorid oder -gluconat)

• Magnesium (z. B. als Magnesiumsul-fat oder –aspartat)

• Phosphat (vorzugsweise als Natri-umglycerophosphat)

Zufuhr/Monitoring. Die genannten Elektro-lyte werden in Form von Infusionskonzent-raten der wässrigen Phase der parenteralen Ernährung bzw. dem all-in-one Beutel unter aseptischen Bedingungen zugespritzt. Die Dosierung erfolgt initial nach Laborwerten und bei metabolisch stabilen Patienten im weiteren Verlauf nach Regeldosen, Ände-rungen in der Arzneimitteltherapie des Pa-tienten (Beispiel Diuretika) und relevante Ereignisse wie Durchfälle, Erbrechen sowie eine sich entwickelnde Niereninsuffizienz müssen zu engmaschigen Laborkontrollen und ggf. zur Anpassung der Elektrolytdosie-rungen führen. Zu beachten ist, dass the-rapeutisch erforderliche Infusionen (Antibi-otika, Analgetika u.a.) meist in isotonischer Kochsalzlösung zubereitet werden und so-mit größere Mengen NaCl enthalten.

Vitamine und Spurenelemente werden als fertige Konzentrate von der Industrie angeboten und sind obligate Bestandteile jeder längerfristigen, totalen parenteralen Ernährung. Wasserlösliche Vitamine liegen in gelöster oder lyophylisierter Form vor, fettlösliche Vitamine als Fettemulsion.

Zufuhr. Fett- und wasserlösliche Vitamine sowie Spurenelemente können gemeinsam dem all-in-one Beutel oder getrennt der jeweiligen Phase zugeführt werden. Wird die Fettphase getrennt verabreicht, so ist sie aufgrund der lichtbrechenden Eigen-schaften der Fetttröpfchen gut zur Applika-tion der lichtempfindlichen Vitamine geeig-net.

Wasser. In der künstlichen Ernährung wer-den alle Nahrungsbestandteile in Form wässriger Lösungen zugeführt. Wichtig ist deshalb die fortlaufende Bilanzierung der Flüssigkeitszufuhr (und Ausfuhr). Periphere Ödeme an den Extremitäten sind leicht zu erkennende Zeichen einer Volumenüberla-dung, ein erniedrigter Hautturgor („stehen-de Hautfalten“) und stark konzentrierter Urin weist auf einen Flüssigkeitsmangel hin.

Parenterale Ernährung erwachsener Patienten

Was ist das Ziel der parenteralen Er-nährung? Zur Erhaltung der Körpermasse und –funktionen ist eine normokalorische Ernährung (25 – 30 kcal pro kg Sollge-wicht) anzustreben, zur Korrektur einer Mangelernährung erfolgt ein schrittweiser Aufbau von Kalorien und Aminosäuren,

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welcher bei guter Verträglichkeit zu einem hyperkalorischen Ernährungsregime bis zum Erreichen des angestrebten Gewichtes führt.

Ergänzende oder totale parenterale Ernährung? Wenn möglich, soll der Patient zur Pflege der Darmzotten und damit zur Erhaltung seiner Darmfunktion parallel zur parenteralen Ernährung trinken und essen, auch wenn dies nur in sehr begrenztem Umfang möglich sein sollte.

Wichtige Patientendaten:

Sollgewicht als Berechnungsgrundlage. Der einfachste Weg ist die Verwendung des Sollgewichtes nach Broca (Körpergröße in cm – 100). Das Broca-Gewicht ist eine be-währte Zielgröße zum Aufbau von Körper-substanz, evtl. vorliegende Ödeme bleiben unberücksichtigt, ein Untergewicht kann korrigiert werden. Setzt man den Energie-bedarf bei bettlägerigen, älteren Patienten etwas niedriger als normal an, kann folgen-de Korrekturformel verwendet werden:

Männer: Broca minus 6% Frauen: Broca minus 11%

Andere Formeln wie z. B. die Schätzung des Energieumsatzes in Ruhe nach Harris und Benedict (Weblink 1) lassen zwar eine genauere Berechnung zu, sind aber weniger praktikabel.

Grunderkrankung bzw. Anlass für die pa-renterale Ernährung, Alter und Allgemein-zustand des Patienten. Auf der Grundlage dieser Daten sollte es gelingen, sich ein Bild vom Patienten zu machen und ein Ernäh-rungsregime zu entwickeln, das seiner indi-viduellen Situation Rechnung trägt

Bisherige Ernährung, zusätzliche Infusio-nen. Eine Ernährungsumstellung sollte stets schrittweise erfolgen um metabolische Im-balancen und Entgleisungen wichtiger La-borwerte zu vermeiden. Zusätzlich erfor-derliche Infusionen (Antibiotika, Analgetika etc.) sind mit ihrem Volumen und ihrer E-lektrolytzusammensetzung zu beachten

Eingeschränkte Organfunktionen wie

• Niereninsuffizienz.

• Diabetes mellitus

• Leberinsuffizienz

erfordern je nach Schwere eine Anpassung der parenteralen Ernährung. Zur Verfügung stehen speziell adaptierte Aminosäurelö-

sungen bei Leber- oder Niereninsuffizienz. Eine diabetische Stoffwechsellage erfordert eine initial niedrig dosierte Glucosezufuhr (ca. 200 g absolut / 24 Stunden), welche unter engmaschigen Kontrollen des Blutzu-ckerspiegels und ggf. Insulinsubstitution vorsichtig gesteigert werden kann.

Serumwerte. Die Zufuhr der Makronähr-stoffe und Elektrolyte erfolgt nach dem kli-nischen Bild und den gemessenen Werten. Insbesondere muss die Elektrolytzufuhr engmaschig an die aktuellen Serumwerte angepasst werden. Wichtige Laborwerte in diesem Zusammenhang sind:

• Elektrolyte (mindestens Na, K, Ca, weiterhin sinnvoll: Cl, Mg, PO4)

• Glucose

• Gesamteiweiß, Albumin

• Nierenwerte (Harnstoff, Serum-Kreatinin)

• Triglyceride

• Leberwerte (Transaminasen)

Zusammenstellung einer parenteralen Ernährung

Regeldosen. Grundlage für die individuelle Bedarfberechnung sind die folgenden Wer-te, die an den normalen Bedarf eines Er-wachsenen in Ruhe ohne Berücksichtigung von Organinsuffizienzen und notwendigen Korrekturen angelehnt sind (4)(Weblink 1):

Makronährstoffe: (bezogen auf das Soll-gewicht nach Broca)

Aminosäuren: 0,8 – 1,0 g pro kg pro Tag

Glucose: 2,0 – 5,0 g pro kg pro Tag

Fett: 0.5 – 1,5 g pro kg pro Tag

Mikronährstoffe:

Elektrolyte: (Absolutwerte, unabhängig vom Sollgewicht. Der tatsächliche Bedarf richtet sich nach den gemessenen Serum - Elektrolytkonzentrationen)

Natrium: 60 – 150 mmol pro Tag

Kalium: 40 – 100 mmol pro Tag

Magnesium: 4 – 12 mmol pro Tag

Calcium: 2.5 – 7,5 mmol pro Tag

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Phosphat: 10 – 30 mmol pro Tag

Spurenelemente und Vitamine werden nach Standards des täglichen Bedarfs zugeführt.

Wasser: 30 – 40 ml pro kg pro Tag

Bilanz

Gesamtvolumen:30 – 40 ml pro kg pro Tag

Gesamtkalorien: 25 – 30 kcal pro kg pro Tag (incl. Eiweiß)

Zum Überschlagen der Kalorienzufuhr ist folgende Faustformel hilfreich:

1 Gramm Glucose entspricht ca. 4 kcal

1 Gramm Aminosäuren entspricht ca. 4 kcal

1 Gramm Fett entspricht ca. 9 kcal

Der Beginn einer parenteralen Ernährung sollte grundsätzlich einschleichend mit ei-nem hypokalorischen Regime erfolgen.

Praktische Durchführung der parente-ralen Ernährung

Zugangsweg. Eine parenterale Ernährung bedarf aufgrund ihrer hohen Osmolarität grundsätzlich eines zentralvenösen Zu-gangs. Ein periphervenöser Zugang ist nur für kurzfristige, hypokalorische Regime mit einer maximalen Osmolarität von 600 - 800 mOsmol/l geeignet. Die in der parenteralen Ernährung verwendeten, konzentrierten Nährstofflösungen (z.B. 40% Glucose) zei-gen Osmolaritäten von über 2000 mOsmol/l und müssen zentralvenös verabreicht wer-den.

Abb. 3: Portsystem, Größenvergleich zu einer 1 € Münze (Bild D. Büttgen)

Als Zugangsweg ist ein Broviac-Katheter oder ein Portsystem (Abb. 3) von Vorteil, da ein herkömmlicher zentralvenöser Ve-nenkatheter (ZVK) aufgrund des Infektions-risikos nur kurzzeitig im Patienten verblei-ben darf. Der Umgang mit den Ernährungs-beuteln und die Konnektion an den zentral-venösen Zugangsweg setzen Kenntnisse des aseptischen Arbeitens voraus und sollte nur von geschultem Personal vorgenommen werden.

Infusionsbeutel. In der ambulanten Ver-sorgung werden heute fast ausschließlich so genannte all-in-one Beutel verwendet, bei denen alle Makro- und Mikronährstoffe in einem Beutel gemischt werden. Zwei Herstellungsweisen sind üblich:

1. Verwendung von handelsüblichen Zwei- oder Dreikammerbeuteln (je eine Kammer mit Aminosäuren, Glu-cose und Fett) welche direkt vor Verabreichung durchmischt und mit Vitaminen, Spurenelementen und Elektrolyten versetzt werden (Abb. 4)

2. Individuelle Zubereitung unter La-minar-Flow (Abb. 5, 6). Die Kom-ponenten der parenteralen Ernäh-rung werden unter Reinraumbedin-gungen in einen Leerbeutel über-führt. Viele Apotheken haben sich auf die aseptische Herstellung sol-cher Ernährungsbeutel spezialisiert.

Die individuelle Zubereitung von Beuteln zur parenteralen Ernährung (Abb. 7) hat den Vorteil, dass die Ernährung auf die in-dividuellen Bedürfnisse des Patienten abge-stimmt wird. Berücksichtigt man den Grundsatz der Individualität der Ernährung eines Menschen und berechnet man die Einzelkomponenten, so kann diese auch mit fertigen Zwei- oder Dreikammerbeuteln dargestellt werden. Voraussetzung ist, dass ein entsprechend großes Angebot verschie-dener Beutel zur Verfügung steht und feh-lende Mikronährstoffe ergänzt werden.

Verabreichung. Folgende Grundregeln sind zu beachten:

1. Der Beginn einer parenteralen Er-nährung hat stets einschleichend zu erfolgen! Im weiteren Verlauf wird die Ernährung kalorisch ausgebaut und an Laborwerte angepasst.

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2. Die Verabreichung von parenteraler Ernährung erfolgt nicht bolusartig wie die normale Nahrungsaufnah-me, sondern kontinuierlich über ei-nen Zeitraum von 16 – 24 Stunden täglich. Die Nachtstunden sind be-vorzugte Infusionszeiten, da hier die Patienten am wenigsten von den In-fusionsschläuchen beeinträchtigt werden. Jede Verkürzung der Appli-kationszeiten birgt das Risiko meta-bolischer Imbalancen, die sich in Blutzuckerspitzen, Elektrolytentglei-sungen, Überwässerungen und Un-verträglichkeitsreaktionen wie Übel-keit durch zu schnelle Aminosäure-zufuhr äußern.

3. Alle Manipulationen am Katheter und am Ernährungsbeutel wie das An-schließen, Abstöpseln und Zusprit-zen müssen unter strengsten asep-tischen Bedingungen erfolgen. Ka-theterinfektionen führen aufgrund der zentralvenösen Lage schnell zur lebensbedrohlichen Sepsis mit der Konsequenz, den Zugangsweg zu entfernen.

4. Ernährungsbeutel sind vor direktem Sonnenlicht, Hitzeeinwirkung und Schmutz zu schützen

Abb. 4: Zweikammerbeutel. Bild: Amino Mix Beutel Fa. Fresenius

Haltbarkeit. Prinzipiell ist ein Ernährungs-beutel mit Aminosäuren, Glucose, Fett, E-lektrolyten, Vitaminen und Spurenelemen-ten in wässriger Lösung ein hochkomplexes und reaktionsfreudiges System. Abhängig von Temperatur, Licht, Lufteinschlüssen,

der Lagerungsdauer und der Konzentration der Einzelbestandteile ist mit Verlusten bei allen Komponenten zu rechnen. Die Kühl-schranklagerung fertiger all-in-one Beutel über einen Zeitraum von 7 Tagen plus 24 Stunden Infusionszeit bei Raumtemperatur ist ein tragfähiger Kompromiss in der am-bulanten Versorgung schwerkranker Patien-ten. Siehe hierzu die Arbeit von Müller und Frank (6).

Abb. 5: Individuelle Zubereitung von Er-nährungsbeuteln (Bild: Dirk Büttgen)

Abb. 6: Individuelle Zubereitung von Er-nährungsbeuteln (Bild: Dirk Büttgen)

Abb. 7: Individuell hergestellter Ernäh-rungsbeuteln (Bild: Dirk Büttgen)

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Optimierung der parenteralen Ernäh-rung durch pharmazeutische Interven-tion

Parenterale Ernährung ist aufgrund ihrer Bestimmung Ernährung, von ihrem Wesen her ist sie Arzneimitteltherapie, von außen gesteuert und der Kontrolle durch den Pati-enten weitgehend entzogen. Somit ist jede parenterale Ernährung in die Medikation des Patienten einzubeziehen, zu bilanzieren und nach pharmazeutischen Grundsätzen zu prüfen auf

• Plausibilität

• Interaktionen

• Inkompatibilitäten

• Kontraindikationen

• Möglichkeiten der Optimierung

Plausibilität. Eine Verordnung zur paren-teralen Ernährung sollte wie jede andere ärztliche Verordnung auf Plausibilität ge-prüft werden. Hierzu werden die Kalorien und Einzeldosen der Makronährstoffe in Beziehung zum Sollgewicht gesetzt. Eine deutliche Abweichung von den oben ge-nannten Regeldosen sollte beim Arzt hinter-fragt werden. Empfehlenswert ist die Erfas-sung der gesamten enteral und parenteral verabreichten Kalorien und Flüssigkeits-menge. Erhöhter Flüssigkeitsbedarf besteht bei Fieber, starkem Schwitzen, Durchfällen sowie Volumenverlusten aus Sonden und Fisteln. Eine Volumenrestriktion ist bei Herzinsuffizienz und Ödemen sowie bei dia-lysepflichtigen Patienten erforderlich. Einfa-che Zusammenhänge, wie ein Flüssigkeits-mangel bei heißer Witterung im Sommer bei einem Patienten, der nicht trinken kann und auf ausreichende parenterale Flüssig-keitszufuhr angewiesen ist, müssen allen Beteiligten klar sein und zügig beantwortet werden.

Interaktionen mit Arzneimitteln. Paren-terale Ernährung und die weitere Arzneimit-teltherapie des Patienten interagieren in vielerlei Hinsicht. So ist eine antidiabetische Therapie auf die tatsächlich zugeführte Glu-cosemenge abzustimmen, Cholesterinsen-ker können ggf. reduziert werden, da tieri-sche Fette parenteral nicht verwendet wer-den. Der Einsatz von Diuretika, insbesonde-re Schleifendiuretika, erfordert engmaschi-ge Kontrollen der Serum-Elektrolyte, vor allem des Serum-Kaliumspiegels (Refe-renzbereich 3,5 – 5,0 mmol/l, siehe Tab 1).

Hypokaliämien sind umgehend durch Erhö-hung der Kaliumzufuhr auszugleichen. Kali-umretinierende Diuretika wie Spironolacton und Eplerenon hingegen können mit einer Latenzzeit von mehreren Tagen dosisab-hängig zu schweren Hyperkaliämien führen. Dies gilt in besonderem Maße für die Kom-bination mit ACE-Hemmern, AT 1-Blockern oder Reninhemmern wie Aliskiren. Hier soll-ten im ambulanten Bereich klare Abspra-chen zwischen behandelndem Arzt, zube-reitender Apotheke und versorgendem Pflegedienst getroffen werden, welche die Kontrolle der Serum-Elektrolyte und die Reaktion auf Entgleisungen regeln. Ziel muss die unverzügliche Reaktion auf poten-tiell lebensbedrohliche Hypo- oder Hyperka-liämien sein.

Bei parenteraler Ernährung auf den Serum-Kaliumspiegel achten!

Hyponatriämien sind häufig im Rahmen einer Herzinsuffizienz mit Wasserretention zu finden, aber auch Arzneimittel können Auslöser einer Hyponatriämie sein. Neben Diuretika an erster Stelle kommen hier un-ter anderem Antikonvulsiva wie Carbama-zepin und Oxcarbazepin und seltener Anti-depressiva aus der Gruppe der SSRI in Fra-ge. Die intravenöse Gabe potenter Amino-bisphosphonate, wie sie im Rahmen pallia-tiver Konzepte zur Therapie von Knochen-metastasen im 3 – 4 Wochen Intervall durchgeführt wird, führt aufgrund der Hemmung des Knochenabbaus zum Absin-ken des Serum-Calciumspiegels. Hier ist im Rahmen der parenteralen Ernährung auf eine ausreichende Calciumzufuhr zu ach-ten, welche getrennt vom Bisphosphonat zu erfolgen hat.

Inkompatibilitäten. Eine komplette Lö-sung zur parenteralen Ernährung ist eine hochkomplexe Mischung zahlreicher, che-misch völlig verschiedener Komponenten. Vitamine und Spurenelemente werden vor-zugsweise möglichst kurzzeitig vor der Ap-plikation zugefügt. Bei fetthaltigen Ernäh-rungsbeuteln ist ein Brechen der Emulsion durch Zugabe mehrwertiger Kationen mög-lich. Um die Stabilität der Emulsion bei Zu-satz üblicher Mengen von Calcium und Magnesium zu gewährleisten, ist ein Anteil von ca. 25 g Fett pro Liter fertiger Lösung ausreichend. Das bedeutet, wenn der all-in-one-Beutel Fett enthalten soll, dann in ga-lenisch ausreichender Menge! Heparine

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Fortbildungstelegramm Pharmazie 2009;3:132-144

dürfen aus Gründen der Kompatibilität grundsätzlich nicht zu Ernährungsbeuteln zugespritzt werden. Natriumglyce-rophosphat ist in calciumhaltigen Lösungen deutlich stabiler als Natriumphosphat. Normalinsulin kann aus galenischer Sicht dem Beutel unmittelbar vor Applikation zugespritzt werden. Ob dies therapeutisch sinnvoll ist, sollte im Einzelfall mit allen an der Versorgung Beteiligten besprochen werden. Mit Wirkungsverlusten aufgrund von Adsorption des Insulins an der Innen-wand der Beutel ist zu rechnen.

Laborpara-meter

Referenz-bereich

Einheit

Elektrolyte

Na 135 - 145 mmol/l

K 3,5 - 5,0 mmol/l

Ca 2,15 - 2,55 mmol/l

Mg 0,73 - 1,00 mmol/l

Fe (m) 59 - 158 µg/l

(w) 37 - 145 µg/l

Cl 98 - 110 mmol/l

PO4 0,87-1,45 mmol/l

Substrate

Kreatinin (m) < 1,1 mg/dl

(w) < 0,9 mg/dl

Kreatinin-Clearance (m) 80 - 160 ml/min

(w) 75 - 130 ml/min

Harnstoff 13 - 60 mg/dl

Glucose

Blutzucker 60 - 110 mg/dl

HbA1c 4,8 - 6,0 %

Tab. 1: Vereinfachte Übersicht wichtiger Normalwerte aus dem Serum Erwachsener (hauseigene Standards, Universitätsklini-kum Düsseldorf)

Kontraindikationen. Parenterale Ernäh-rung ist kontraindiziert bei akut lebensbe-drohlichen Erkrankungen, schweren Stoff-wechselentgleisungen, bei Volumenüberla-

dung und bei der Möglichkeit einer ausrei-chenden enteralen Ernährung.

Potential pharmazeutischer Interven-tion. Das größte Potential der Optimierung durch pharmazeutische Intervention be-steht nach Einschätzung des Autors in der konkreten Unterstützung des Arztes bei

• der Zusammenstellung eines paren-teralen Ernährungsregimes

• der laufenden Anpassung der Er-nährung an veränderte Bedingun-gen

• der Überleitung des parenteral er-nährten Patienten von stationärer in ambulante Versorgung.

Eigene Erfahrungen aus dem Krankenhaus zeigen, dass Ärzte verschiedener Diszipli-nen gerne auf den konsiliarischen Rat des Apothekers zur Durchführung oder Optimie-rung einer parenteralen Ernährung zurück-greifen, wenn dieser angeboten wird.

Fallbeispiele

Die bislang geschilderten Zusammenhänge sollen durch einige Beispiele aus der Praxis, welche hier allerdings nur auszugsweise wiedergegeben werden können, verdeut-licht werden.

Fallbeispiel 1: Patient: Chirurgie, weiblich, 70 Jahre, 75 kg, 163 cm, Zustand nach Dickdarmresektion, Serum-Elektrolyte im Normbereich. Ernährungsziel: eiweißreiche, leicht hyperkalorische Ernährung wegen postoperativer Nahrungskarenz.

Vorschlag des Apothekers:

Aminosäuren (g) 75

Glucose (g) 250

Fett (g) 50

Kalorien gesamt (gerundet) 1850

Natrium (mmol) 114

Kalium (mmol) 60

Calcium (mmol) 3

Magnesium (mmol) 5

Phosphat (mmol) 25

Vitamine, Spurenelemente

Gesamtvolumen (ml) 2050

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Die so beschriebene parenterale Ernährung wurde in der Krankenhausapotheke als in-dividueller all-in-one Ernährungsbeutel zu-sammengestellt.

Fallbeispiel 2: Patient: Chirurgie, weiblich, 72 Jahre, 84 kg, 174 cm, Zustand nach Explantation einer infizierten Hüft-Endoprothese, Wundheilungsstörungen. Seit geraumer Zeit keine perorale Nah-rungsaufnahme aufgrund großer, schmerz-hafter Schleimhautläsionen im Mund. Er-nährungsziel: normokalorische, eiweißrei-che Ernährung zur Förderung der Wundhei-lung

Vorschlag des Apothekers:

Aminosäuren (g) 75

Glucose (g) 300

Fett (g) 50

Kalorien gesamt 1950

Natrium (mmol) 110

Kalium (mmol) 85

Calcium (mmol) 5

Magnesium (mmol) 5

Phosphat (mmol) 23

Vitamine, Spurenelemente

Gesamtvolumen (ml) 1850

Die so beschriebene parenterale Ernährung wurde aus handelsüblichem Zweikammer-beutel plus separate Fettlösung, Zusprit-zungen von Elektrolyten, Vitaminen und Spurenelementen zusammengestellt.

Die Ernährung wird bei metabolischer Sta-bilität der Patientin auf ein eiweißreiches, hyperkalorisches Regime mit 2500 kcal ausgebaut.

Fallbeispiel 3: Patient: Gastroenterologie, männlich, 81 Jahre, 67 kg, 163 cm, Diar-rhöe bei Colitis ulcerosa, Hypokaliämie, sonstige Serum-Elektrolyte im Normbe-reich, regelrechte Nierenfunktion, Antibiose mit Piperacillin/Tazobactam/Gentamicin i.v. Ernährungsziel: vorübergehende, normoka-lorische parenterale Ernährung bis Darm-entzündung ausgeheilt ist. Patient erhält zusätzlich Vollelektrolytlösungen nach Be-darf

Vorschlag des Apothekers:

Aminosäuren (g) 50

Glucose (g) 200

Fett (g) 50

Kalorien gesamt (gerundet) 1550

Natrium (mmol) 124

Kalium (mmol) 85

Calcium (mmol) 4

Magnesium (mmol) 10

Phosphat (mmol) 20

Vitamine, Spurenelemente

Gesamtvolumen (ml) 1550

Die so beschriebene parenterale Ernährung wurde in der Krankenhausapotheke als in-dividueller all-in-one Ernährungsbeutel zu-sammengestellt.

Der Patient entwickelt im Verlauf ein akutes Nierenversagen, ein Zusammenhang mit der Antibiotikatherapie wird vermutet. Die parenterale Ernährung wird entsprechend angepasst, Aminosäuren und Elektrolyte werden reduziert bei gleichzeitiger Erhö-hung des Gesamtvolumens:

Aminosäuren (g) 25

Glucose (g) 200

Fett 50

Kalorien gesamt 1450

Natrium (mmol) 94

Kalium (mmol) 40

Calcium (mmol) 2

Magnesium (mmol) 5

Phosphat (mmol) 4

Vitamine, Spurenelemente

Gesamtvolumen (ml) 2300

Im weiteren Verlauf zeigt sich eine Besse-rung der Nierenfunktion, so dass die Ernäh-rung wieder ausgewogener gestaltet wer-den kann.

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Der Autor

Weblinks 1. Leitlinie Parenterale Ernährung der Deutschen Gessellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM):

www.dgem.de

Literatur

1. Mc Whirter JP, Pennington CR. Incidence and recognition of Malnutrition in hospital. BMJ 1994; 308; 945-8

2. Pirlich et al. Prevalence of Malnutrition in Hospitalized Medicinal Patients: Impact of Un-derlying Disease. Digestive Diseases 2003;21;2445-51

3. Jaehde U et al. Ernährungstherapie. Deutsche Apotheker Zeitung 1998; 138;3303-7 4. Hartig W, Biesalski HK, et al. Ernährungs- und Infusionstherapie. 8. Auflage. Stuttgart:

Thieme Verlag, 2004 5. Hackl Johann M. Leitfaden Künstliche Ernährung. 3. Auflage. München: W.

Zuckschwerdt Verlag, 1999 6. Müller HJ, Frank C. Stabilität von TPN-Mischungen bei Einsatz eines MCT-Fettes. Kran-

kenhauspharmazie 2001;22;119-28

Weitere Literaturempfehlungen

1. Norman K et al. Prognostic impact of disease-related malnutrition. Clinical Nutrition 2008;27;5-15

2. Büttgen D, Schwarzer A, Zerback G. Das pharmazeutische Ernährungsteam. Kranken-hauspharmazie 2005;26;447-52

Impressum: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/impressum.html

Jahrgang 1967, Fachapotheker für klinische Pharmazie. Pharmaziestu-dium 1987–1992 in Düsseldorf. Nach der Approbation 1993 Tätigkeit bei der Bundeswehr, 1994 bis 1996 in einer öffentlichen Apotheke in Köln, anschließend für 1 Jahr an einer PTA-Lehranstalt. Von 1998 bis 2004 Mitarbeiter in der Apotheke des St. Marien-Hospitals in Mülheim an der Ruhr mit den Tätigkeitsschwerpunkten Parenterale Ernährung, Zytostatikazubereitung, Arzneimittelanamnese. Dort Weiterbildung im Fach Klinische Pharmazie unter Leitung von Dr. A. Schwarzer. Von 2004 bis 2009 tätig in der Zentralapotheke des Universitätsklinikums Düsseldorf (Leitung: Dr. J. Sagemüller). Seit 2009 Mitarbeiter in der Zentralapotheke im Verbund Kath. Kliniken Düsseldorf (Leitung: Dr. G. Schmitz) mit Schwerpunkt Unit-Dose-Versorgung. Seit 2006 Weiterbil-dung zum Fachapotheker für Arzneimittelinformation