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Grundlagen und Spitzfindigkeiten der Investitionsrechnung Skript geschrieben von Dr.-Ing. Olaf Kintzel, http://www.kintzel.net, Juli 2014 Im Folgenden soll ein spezielles Teilgebiet der Ökonomik vorgestellt werden, die Investitionsrechnung. In der Investitionsrechnung geht es im Prinzip um Vorteil- haftigkeitsentscheidungen. Der Erfolg einer Entscheidung soll ex ante oder ex post beurteilt werden. Dazu müssen die einzelnen Erfolgstreiber separiert werden. Wie die Auflösung gewählt wird, bleibt damit dem einzelnen Auswerter überlassen. Diese Auflösung wird in der Zahl der unabhängigen Alternativen deutlich. Als Beispiel sei ein Mietshaus genannt. Wird dies als eine Alternative gesehen oder jede Wohnung für sich als eigene Alternative? Angenommen eine Wohnung wä- re unrentabel. Lohnt sich dann eine Quersubventionierung? Solche und ähnliche Fragen sollte sich ein Ökonom stellen. Neben den rein monetären Faktoren sind natürlich auch qualitative Aspekte von Bedeutung. In der Regel kommt es auch immer auf den guten Willen des Auswerters oder Entscheiders an. Er muss die Regeln kennen, aber nicht stur anwenden. Wer die Regeln der Investitionsrech- nung beherrscht, kann seine Planungen auf eine solide Basis stellen. Ein Vergleichsmaßstab wird durch den Zins eingeführt, der einen wichtigen Be- standteil der Investitionsrechnung ausmacht. Wozu eigentlich eine Diskontierung? Ist das nicht nur akademisch? Nun, angenommen, jemand legt Geld auf der Bank an und steht vor der Frage eine Investition durchzuführen, die vollkommen isoliert ausführbar ist und keinerlei vertikale oder horizontale Komplementäreffekte habe. Dann wäre er schlecht beraten sein, die Investition durchzuführen, wenn er weni- ger Rendite machen würde als der ihm gebotene Habenzins. Dann sollte er lieber das Geld sparen und zur Bank tragen. Oder er finanziert das alles mit einem Kredit. Macht er weniger Rendite als die Sollzinsen, wäre er ebenso schlecht beraten, die Investition in Angriff zu nehmen. Die entsprechenden endogenen Grenzzinssätze ergeben sich dabei immer individuell aus der vorhandenen Finanzierungsstruktur des Investors. Ist damit überhaupt ein moralischer Aspekt verbunden? Im Islam ist der Zins als solcher ein wenig verpönt. Doch Zinsen sind nichts anderes als Oppor- tunitätskosten. Wirklich nur im Scherz: Muss ein Scheich, um einen bestimmten Kredit zu bekommen, mit seiner Karawane 200 km in die nächstgrößere Stadt zie- hen, um dort den hiesigen Finanzberater zu treffen und muss er diesen auch noch bestechen, um einen bestimmten Kredit zu bekommen (was ihm vielleicht keinen Platz im Paradies garantiert), dann sind dies seine individuellen Transaktionskos- ten, also praktisch gesehen seine individuellen Zinsen, unabhängig davon, ob sich seine Bank entscheidet offiziell Zinsen zu verlangen oder nicht. Der endogene

Grundlagen und Spitzfindigkeiten der … · ung hn estitionsrec v In 1-3 Juli 2014, Dr. Olaf tzel Kin Bitz (2011), Hering (2011) Gemäß den Gepflogenheiten ordentlicher wissenschaftliche

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Investitionsre hnung 1 - 1 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Grundlagen und Spitzfindigkeiten der InvestitionsrechnungSkript geschrieben von Dr.-Ing. Olaf Kintzel, http://www.kintzel.net, Juli 2014

1 Einführung

Im Folgenden soll ein spezielles Teilgebiet der Ökonomik vorgestellt werden, dieInvestitionsrechnung. In der Investitionsrechnung geht es im Prinzip um Vorteil-haftigkeitsentscheidungen. Der Erfolg einer Entscheidung soll ex ante oder ex postbeurteilt werden. Dazu müssen die einzelnen Erfolgstreiber separiert werden. Wiedie Auflösung gewählt wird, bleibt damit dem einzelnen Auswerter überlassen.Diese Auflösung wird in der Zahl der unabhängigen Alternativen deutlich. AlsBeispiel sei ein Mietshaus genannt. Wird dies als eine Alternative gesehen oderjede Wohnung für sich als eigene Alternative? Angenommen eine Wohnung wä-re unrentabel. Lohnt sich dann eine Quersubventionierung?Solche und ähnlicheFragen sollte sich ein Ökonom stellen. Neben den rein monetären Faktoren sindnatürlich auch qualitative Aspekte von Bedeutung. In der Regel kommt es auchimmer auf den guten Willen des Auswerters oder Entscheidersan. Er muss dieRegeln kennen, aber nicht stur anwenden. Wer die Regeln der Investitionsrech-nung beherrscht, kann seine Planungen auf eine solide Basisstellen.

Ein Vergleichsmaßstab wird durch den Zins eingeführt, der einen wichtigen Be-standteil der Investitionsrechnung ausmacht. Wozu eigentlich eine Diskontierung?Ist das nicht nur akademisch? Nun, angenommen, jemand legt Geld auf der Bankan und steht vor der Frage eine Investition durchzuführen, die vollkommen isoliertausführbar ist und keinerlei vertikale oder horizontale Komplementäreffekte habe.Dann wäre er schlecht beraten sein, die Investition durchzuführen, wenn er weni-ger Rendite machen würde als der ihm gebotene Habenzins. Dann sollte er lieberdas Geld sparen und zur Bank tragen. Oder er finanziert das alles mit einem Kredit.Macht er weniger Rendite als die Sollzinsen, wäre er ebenso schlecht beraten, dieInvestition in Angriff zu nehmen. Die entsprechenden endogenen Grenzzinssätzeergeben sich dabei immer individuell aus der vorhandenen Finanzierungsstrukturdes Investors. Ist damit überhaupt ein moralischer Aspekt verbunden? Im Islam istder Zins als solcher ein wenig verpönt. Doch Zinsen sind nichts anderes als Oppor-tunitätskosten. Wirklich nur im Scherz: Muss ein Scheich, um einen bestimmtenKredit zu bekommen, mit seiner Karawane 200 km in die nächstgrößere Stadt zie-hen, um dort den hiesigen Finanzberater zu treffen und muss er diesen auch nochbestechen, um einen bestimmten Kredit zu bekommen (was ihm vielleicht keinenPlatz im Paradies garantiert), dann sind dies seine individuellen Transaktionskos-ten, also praktisch gesehen seine individuellen Zinsen, unabhängig davon, ob sichseine Bank entscheidet offiziell Zinsen zu verlangen oder nicht. Der endogene

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Investitionsre hnung 1 - 2 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Grenzzinsfuß ergibt sich für den Scheich dann aus seinen eigenen proportionalenTransaktionskosten. Damit wird klar, Zinsen, die so wichtig für unsere heutigeGesellschaft sind, implizieren keine moralische Wertung.Im Gegenteil, keiner istallwissend und kann wissen, welche Geschäftsidee erfolgversprechend ist odernicht. Die Bank finanziert aber in der Regel auch solche Unternehmen, die in 2Jahren insolvent sind. Das ist ihr Risiko und will es vergütet wissen. Also musses diese Transaktionskosten an ihre Kunden weitergeben, umexistieren zu kön-nen. Das sind die Zinsen. Ohne auf der Makroebene Schulden zumachen, könntejedoch keiner auf der Mikroebene eine riskante Geschäftsidee verfolgen. Also ge-hört der Zins zu unserem Leben. Allein der marktwirtschaftliche Rahmen könntezu Kritik Anlass geben und die Frage, ob unablässiges Wachstum, um Zinsen zubedienen, ethisch vertretbar oder überhaupt technisch machbar ist.

Die Theorie der Investitionsrechnung ist fester Bestandteil der Curricalae von öko-nomischen Bildungsreinrichtungen wie Universitäten oderFachhochschulen. Lei-der liegen die Informationen meist in einer Form vor, die nicht immer dem Denk-prozess des Lesers entsprechen müssen wie z.B. auch des gegenwärtigen Autorsdieses Skriptes (Es sei hervorgehoben, dass es sich um ein Skript bzw. in wei-ten Teilen um eine originäre Arbeit handelt, d.h. viele Inhalte sind in dieser Formnoch nicht veröffentlicht worden). Will man daher sich die Dinge zu Eigen ma-chen, kommt man nicht umhin neben dem üblichen klausurrelevanten Lernstoffsich das Gebiet alternativ über geeignete Sekundärliteratur zu erschließen. Dabeistellt man fest, dass Autoren individuelle Schwerpunkte legen und bestimmte Tei-le ohne Details nur übergehen, die aber in der Praxis von großer Bedeutung sind,dafür aber andere Anteile, besonders diejenigen ihrer spezifischen Forschungs-vorlieben breit erörtern. Einige pflegen einen verständlichen Erzählstil, andereverstecken sich hinter ihren kryptischen Formeln. Auch derAutor dieses Skripteshat bestimmte Vorlieben und auch Ergebnisse eigener Forschung oder Lernbemü-hungen, die für Andere von Interesse sein könnten. Teilweise soll gerade dort, woeinige Autoren nicht weiter gehen, in die Tiefe und Breite gegangen werden, umfür die Praxis Möglichkeiten und Mittel zur Verfügung zu stellen, den Stoff nichtnur zu verstehen, sondern auch anwenden zu können. Wie gesagt, war es notwen-dig auf einer Reihe von Lehrbüchern aufzubauen. Es seien genannt:

Kruschwitz (2007b), Kruschwitz (2011)Hering (2008)Hax (1985)Kruschwitz (2007a), Kruschwitz u. Husmann (2012)Franke u. Hax (2009)Perridon u. a. (2012)Ross u. a. (2013), Brealey u. a. (2013)

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Investitionsre hnung 1 - 3 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Bitz (2011), Hering (2011)

Gemäß den Gepflogenheiten ordentlicher wissenschaftlicher Literaturarbeit wur-den die entsprechenden Stellen deutlich gekennzeichnet sowie Zitate eingefügt,sollten Anleihen diesen Werken entstammen.

Die Theorie wurde entsprechend des Erkenntnisfortschritts des gegenwärtigenAutors zusammengeschrieben, wobei manche Themen umfassender als anderebehandelt werden, je nach Laune, Zeitrahmen und Interesse des Autors. Zur Artund Weise der Darstellung sei vorausgeschickt, dass die mathematischen Metho-den intuitiv angewendet werden und teils eine Komponentenschreibweise frei miteiner kompakteren Matrizendarstellung verquickt wurden.Spezielle Kenntnisseder grundlegenden Mathematik werden also vorausgesetzt. So wird zum Beispieldie Beziehungpn entweder einmal als Vektor- oder Matrizenprodukt oder auchin Komponentenschreibweisepj nj geschrieben, wobei die sogenannte Einstein-Summationskonvention angewendet wird, die besagt, dass die Indizesj über dieAnzahl an Komponenten laufen und die einzelnen Werte aufaddiert werden. ImPrinzip gilt alsopn = pj nj = p1 n1 + p2 n2 + p3 n3, so weit die Vektoren oderMatrizenp undn jeweils drei Komponenten besitzen. Auf diese Weise gelingtes, die schwerfällige Summenbildung in den Ausdrücken zu vermeiden und manerkennt mit etwas Übung sehr schnell den Aussagegehalt einer Formel (Ich hoffe,der Leser ist erfreut über diesen bescheidenen Fortschrittin der Darstellung). Bisauf bestimmte Ausnahmen wurden die Beispiele komplett eigenständig mit Zah-len unterlegt. Was die Notationen angeht, hat der Autor sichan die Kurseinheitender Fernuniversität Hagen gehalten, da dieses Skript speziell für diese Zielgruppeerarbeitet und geschrieben wurde (siehe Bitz (2011), Hering (2011)). Für eine ver-tiefte Einarbeitung wäre ein Blick in die aktuellen Lehrbücher von Prof. Hering(Hering (2008), Hering (2014)) oder Prof. Bitz sicher enormförderlich. Manch-mal wechseln die Notationen, so dass auch deutlich wird, vonwelcher Schuleder Autor am dominantesten geprägt wurde (Manche sagen überspitzt, dass einGroßteil der Innovationen z.B. in der Mathematik einfach inder Wahl neuer No-tationen begründet liegt, die es erlauben Dinge einfacher oder klarer zu sehen). Daviele Teile originär oder alternativ hergeleitet worden, scheut der Autor sich nicht,Wissen in neuer Verpackung kund zu tun, da der Autor der Ansicht ist, dass Wis-sen universell ist und nicht verheimlicht oder vereinnahmtwerden sollte, solangewissenschaftlich gesehen alles korrekt läuft. Ein “Copyright” auf einen Geistes-blitz wird ganz ordentlich durch Zitate deutlich. Der Autorhat sich die „Rosinen“herausgepickt, die für ihn am vorteilhaftesten zum Verständnis beigetragen habenund will seine Erkenntnisse weitergeben.

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Investitionsre hnung 1 - 4 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Inhaltsverzei hnis

1 Einführung 1

2 Statische Methoden 12.1 Die Kostenvergleichsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12.2 Gewinnvergleichsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42.3 Rentabilitätsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52.4 Amortisationsrechnung (“Payoff method”) . . . . . . . . . . .. . 6

3 Grundlagen der Finanzmathematik 93.1 Die Aufzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93.2 Die Abzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .103.3 Der Rentenbarwert (nachschüssig) . . . . . . . . . . . . . . . . .10

3.4 Die Annuität (nachschüssig) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .113.5 Einige Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .133.6 Unterjährliche Verzinsungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .203.7 Eine verallgemeinerte Annuitätenformel . . . . . . . . . . . .. . 25

4 Übergreifende Methoden 264.1 Die konvexe Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26

4.1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .264.1.2 Die nichtlineare Optimierung . . . . . . . . . . . . . . .274.1.3 Das Dualitätstheorem in der konvexen Optimierung . . .. 30

4.1.4 Anwendung auf den Spezialfall der linearen Optimierung . 30

4.2 Nutzenfunktionen und Konsumentscheidungen . . . . . . . . .. 32

5 Investitionstheorie (dynamische Methoden) unter Sicherheit 345.1 1-periodisch, x Investitionsprojekte . . . . . . . . . . . . . .. . . 35

5.2 1-per., x Finanzierungs- und Investitionsprojekte . . .. . . . . . . 42

5.3 Der allgemeine mehrperiodische Fall . . . . . . . . . . . . . . . .495.4 Wahlentscheidungen zwischen Investitionsprojekten .. . . . . . . 54

5.4.1 Der vollständige Finanzplan (VOFI) . . . . . . . . . . . .665.5 DasPreinreich-Lücke-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . .705.6 Die Arbitragetheorie (Theorie der Arbitragefreiheit). . . . . . . . 72

5.7 Berücksichtigung von Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . .955.7.1 Die Einkommenssteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .955.7.2 Die Körperschaftssteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . .985.7.3 Die Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .985.7.4 Die allgemeine Veranlagungssimulation . . . . . . . . . .100

5.7.5 Einige grundlegende Betrachtungen . . . . . . . . . . . .102

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Investitionsre hnung 1 - 5 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

5.7.6 Das klassische Standardmodell . . . . . . . . . . . . . . .105

5.7.7 Erweiterungen des Standardmodells . . . . . . . . . . . .107

5.7.8 Anwendung des Standardmodells im Fall Kauf oder Leasing1095.7.9 Das Standardmodell mit Unternehmens- und Privatsphäre 111

5.8 Auswirkungen von Inflation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1205.9 Die Investitionsdauerentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . .. 123

5.9.1 Das Nutzungsdauerproblem . . . . . . . . . . . . . . . .125

5.9.2 Das Problem der Entscheidung über eine Ersatzinvestition 127

5.9.3 Entscheidungen unter Kostenerwägungen . . . . . . . . .129

5.10 Investitionsprogrammentscheidungen . . . . . . . . . . . . .. . 134

5.10.1 Vermögensmaximierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .135

5.10.2 Einkommensmaximierung . . . . . . . . . . . . . . . . .140

5.10.3 Das Simplex-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .143

5.10.4 Konvexe Optimierung bei Vermögensmaximierung . . . .150

5.10.5 Konvexe Optimierung bei Endwertmaximierung . . . . .166

5.10.6 Konvexe Optimierung bei Einkommensmaximierung . . .171

5.10.7 Die primale und die duale Entartung . . . . . . . . . . . .174

5.10.8 Berücksichtigung zusätzlicher Nebenbedingungen .. . . 1785.10.9 Die Nebenbedingung der Ganzzahligkeit . . . . . . . . .187

5.10.10 Nichtlineare Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . .190

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Investitionsre hnung 2 - 1 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

2 Statis he Methoden

Statische Methoden zeichnen sich dadurch aus, dass man sichschnell einen Über-blick über die Kosten- und Gewinnstruktur verschaffen kann, ohne zu viele Infor-mationen im Vorfeld generieren zu müssen. Dabei wird eine repräsentative Peri-ode zu Grunde gelegt und sämtliche Daten als Durchnschittskosten bzw. -erlösebezogen auf diese repräsentative Periode ermittelt. Dazu werden die erwartetenGröße entweder direkt geschätzt (was der einfachste Weg wäre) oder die erwarte-ten Periodengrößen in Durchschnittsgrößen umgewandelt (was am Aufwand gese-hen den dynamischen Methoden schon gefährlich nahe kommt).Zu den statischenMethoden gehören die:

1. Kostenvergleichsrechnung

2. Gewinnvergleichsrechnung

3. Renditevergleichsrechnung

4. Amortisationsrechnung

2.1 Die Kostenverglei hsre hnung

Zu den Kosten können zählen:

• PersonalkostenLöhne und Gehälter sowie Lohnnebenkosten (Sozialbeiträge)

• Materialkosten

• Energiekosten

• Werkzeugkosten

• Raumkosten

• Instandhaltungs- und Reparaturkosten

• Betriebsstoffkosten

Diese können in fixe und variable Kosten unterteilt werden.

Hinzu kommen kalkulatorische Kosten wie kalkulatorische Abschreibungen undkalkulatorische Zinsen. Die Kapitalkosten (Zinsen auf dasdurchschnittlich ge-bundene Kapital) werden vereinfachend auf die durchschnittliche Kapitalbindungbezogen. Bei kontinuierlicher Kapitalbindung wird zu Beginn I0 verausgabt, das

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Investitionsre hnung 2 - 2 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

bis zu null kontinuierlich abnimmt. D.h. die kontinuierliche Kapitalbindung ergibtsich zu:

I02

bzw. unter Einrechnung des Resterlöswertes(I0 − LT )

2+ LT .

Unter Einbeziehung eines Resterlöswertes bleibtLT über die Perioden konstantund mindert die gesamten AusgabenI0 zu Beginn der Periode, so dass nurI0−LT

effektiv übrig bleibt. Der konstante WertLT wird dann en bloc addiert.

Folglich ergeben sich die Kapitalkosten bei kontinuierlicher Amortisation bei ei-nem Kapitalkostensatz voni zu:

iI02

bzw. unter Einrechnung des ResterlöswertesiI0 + LT

2.

Wäre eine periodenweise Tilgung berücksichtigt, so ist insgesamt mehr Kapitalgebunden, da nur ein Anteil je Periode getilgt wird (Perridon u. a. (2012), S. 36).ÜberT Perioden bleibt der Anteil

I0 +T − 1

TI0 + · · ·+

1

TI0 =

T (T + 1)

2 TI0

gebunden, der durchschnittlich zu einer Kapitalbindung von:

(T + 1)

T 2I0 bzw. bei einem Resterlöswert zu

(T + 1)

T 2(I0 − LT ) + LT führt.

Auch dieser Betrag wird mit dem Kapitalkostensatzi multipliziert. Im Limit T →∞ ergibt sich wieder der kontinuierliche Fall.

Für die Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen werden die tatsächli-chen Wertverläufe und erwarteten Nutzungsdauern, Resterlöswerte und Wieder-beschaffungswerte berücksichtigt unabhängig von den Größen der pagatorischenBuchhaltung. Im einfachsten Fall wird die Anfangsausgabe durch die Nutzungs-dauer geteilt, d.h.I0

T. Wesentlich sind alle Kosten, die sich ergeben, falls die In-

vestition durchgeführt wird. Eine Schlüsselung von Gemeinkosten ist aber ebensowenig nötig wie eine Berücksichtigung von “sunk costs”, also von Kosten, die oh-nehin anfallen, unabhängig davon, ob die Investition durchgeführt wird oder nicht.Es wird immer der Datenkranz bei Durchführung der Investition im Vergleich zurSituation ohne die Durchführung der Investition betrachtet.

Man unterscheidet Kosten pro Zeiteinheit und Kosten pro Leistungseinheit. Sinddie entsprechenden Investitionen funktionsgleich (wie die Anlagen A und B im

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Investitionsre hnung 2 - 3 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

folgenden Beispiel), d.h. haben sie den selben Absatz und die selbe Nutzungsdau-er, so führen beide Maße zu einer vergleichbaren Vorteilhaftigkeitsaussage. Sonstwären nur Stückkosten entscheidungsrelevant. Es werden die folgenden Projekteangenommen:

Anlage A B C

Maximale Kapazität/a 15 000 St k. 16 000 St k. 11 500 St k.

Absatz pro Jahr 10 500 St k. 10 500 St k. 9 000 St k.

Ans ha�ungswert 100 000.00 GE 120 000.00 GE 35 000.00 GE

Nutzungsdauer T 4.00 a 4.00 a 2.00 a

Direkte lmn-Kosten/a 1 000.00 GE 1 000.0 GE 1 500.00 GE

Personalkosten/a 20 000.00 GE 15 000.00 GE 21 000.00 GE

Materialkosten/a 6 000.00 GE 7 000.00 GE 6 000.00 GE

Energiekosten/a 800.00 GE 1 200.00 GE 1 000.00 GE

Sonstige lmi-Kosten/a 1 200.00 GE 1 000.00 GE 800.00 GE

Verkaufspreis/St k. 7.00 GE 6.50 GE 7.00 GE

Tabelle 1: Beispieldaten Investitionen A, B und C (lmi= leistungsmengen-

induziert (∼-abhängig), lmn= leistungsmengenneutral (∼-unabhängig)

Es wird die einfache Abschreibung (I0 geteilt durchT ) und eine kontinuierlicheAmortisation bei einem Kapitalkostensatz voni = 10% gewählt. Zunächst werdenalle leistungsmengenabhängigen Kosten addiert (variableKosten) und die fixenKosten ermittelt (also die Summe aller leistungsmengenunabhängigen Kosten).Daraus ergeben sich die Ergebnisse in Tabelle 2. Im Vergleich der funktionsglei-

Anlage A B C

Maximale Kapazität/a 15 000 St k. 16 000 St k. 11 500 St k.

Absatz pro Jahr 10 500 St k. 10 500 St k. 9 000 St k.

Abs hreibung 25 000.00 GE 30 000.00 GE 17 500.00 GE

Kapitalkosten 5 000.00 GE 6 000.00 GE 1 750.00 GE

Direkte lmn-Kosten/a 1 000.00 GE 1 000.0 GE 1 500.00 GE

lmi-Kosten/a 28 000.00 GE 24 200.00 GE 28 800.00 GE

Kosten/a 59 000.00 GE 61 200.00 GE 49 550.00 GE

Kosten/St k, 5.62 GE 5.83 GE 5.51 GE

Tabelle 2: Kostenstrukturen der Investitionen A, B und C

chen Anlagen A und B führen sowohl die Kosten/a und Kosten/Stck. zur selbenEntscheidung (A ist besser!), während bei unterschiedlicher Lebensdauer und va-riierendem Absatz natürlich nur die Kosten/Stck. entscheidungsrelevant sind (C

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ist besser als A und B)!. Um die kritische Menge als sogenannten “Break-Even-Point” zu ermitteln, bei der die Gesamtkosten aus der Summe der variablen (lmi-Kosten geteilt durch Absatz malx) und fixen Kosten (Summe aus lmn-Kosten,der Kapitalbindung und der Abschreibung) gleich sind, wirdeinfach ein einfacherDreisatz angewendet. Im Vergleich der Anlagen A und B ergibtsich z.B.:

31 000GE+28 000GE10 500

x = 37 000GE+24 200GE10 500

x ⇒ x = 16 579Stck.

Die Anlage B hat die geringeren variablen Kosten und wäre ab einer Ausbringungvonx > 16579Stck. günstiger als Anlage A.

Die 31 000 GE als fixe Kosten der Anlage A ergeben sich z.B. aus:25 000.0(Abschreibung)+5 000.0(Kapitalbindung)+1 000.0(direkte lmn-Kosten).

2.2 Gewinnverglei hsre hnung

Sind verschiedene Erlössituationen gegeben (verschiedene Verkaufspreise oderAbsatzmengen), so werden den ermittelten Kosten die zu erreichenden Erlöse ge-genüber gestellt.

Anlage A B C

Maximale Kapazität/a 15 000 St k. 16 000 St k. 11 500 St k.

Absatz pro Jahr 10 500 St k. 10 500 St k. 9 000 St k.

Verkaufspreis/St k. 7.00 GE 6.50 GE 7.00 GE

Kosten/a 59 000.00 GE 61 200.00 GE 49 550.00 GE

Erlöse/a 73 500.00 GE 68 250.00 GE 63 000.00 GE

Gewinn/a 14 500.00 GE 7 050.00 GE 13 450.00 GE

Tabelle 3: Gewinnstrukturen der Investitionen A, B und C

Eine Gewinnvergleichsrechnung ist aber nur dann unproblematisch, wenn es sichum Investitionen mit gleicher Nutzungsdauer und gleichem Kapitaleinsatz han-delt. Sonst sind Fehlentscheidungen möglich. So generiertAnlage A gegenüberAnlage C den höheren Gewinn/a. Der Gesamtgewinn als Summe über die Nut-zungsdauer ist ebenso größer:

14 500 GE*4=58 000 GE> 13 450 GE*2=26 900 GE

Darin ist aber noch nicht eingerechnet, dass für das ProjektC knapp nur ein Drittelvon Projekt A investiert werden müsste. Wird der Kapitaleinsatz mitberücksich-

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Investitionsre hnung 2 - 5 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

tigt, so folgt vielmehr:

58 000 GE< 26 900 GE*100

35= 76 857 GE !

Dies ist natürlich nur unter der Annahme sinnvoll, dass der Gesamtabsatz imknapp dreifach durchgeführten Projekt C überhaupt erreichbar ist (Solche Bedin-gungen können als Restriktionen in Simultanansätzen, die bei den dynamischenVerfahren Anwendung finden, Berücksichtigung finden!). Diese Fragen und auchdie Frage, wie mit Kapitaleinsatzdifferenzen umgegangen werden soll (in die Kas-se legen?) sind relevant und führen dazu, statische Verfahren wegen dieser Ver-einfachungen gegenüber den dynamischen Verfahren als nachteilig zu beurteilen.Solche zeitbezogenen Finanzierungsentscheidungen werden bei der Berücksichti-gung von Durchschnittswerten nämlich komplett vernachlässigt.

2.3 Rentabilitätsre hnung

Um das oben angesprochene Problem der Nichtberücksichtigung der Höhe derKapitalbindung zu lösen, gibt es die Rentabilitätsrechnung, bei der der Gewinn aufdas eingesetzte Kapital bezogen wird. Als Divisor (Nenner)in der Formel könnenentweder die anfänglich eingesetzten Mittel oder das durchschnittlich gebundeneKapital, siehe vor, verwendet werden. Für ersteren Fall resultiert die Formel:

ROI =Periodengewinn (GE/ZE)

anfänglich eingesetztes Kapital (GE)

Anlage A B C

Ans ha�ungswert 100 000.00 GE 120 000.00 GE 35 000.00 GE

Kapitalkosten 5 000.00 GE 6 000.00 GE 1 750.00 GE

Gewinn/a nZ 14 500.00 GE 7 050.00 GE 13 450.00 GE

Gewinn/a vZ 19 500.00 GE 13 050.00 GE 15 200.00 GE

ROI nZ 14.5% 5.88% 38.43%

ROI vZ 19.5% 10.88% 43.43%

Tabelle 4: Rentabilitätskennzi�ern der Investitionen A, B und C

Bei der Verwendung des durchschnittlich gebundenen Kapitals im Nenner stelltsich hingegen immer die Frage, ob zwischenzeitlich durch Amortisation freige-setztes Kapital sofort zinsbringend reinvestiert werden kann (Perridon u. a. (2012),S. 41).

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Investitionsre hnung 2 - 6 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Man kann die Netto- und Bruttorendite unterscheiden. Bei der Bruttorendite wer-den die Kapitalkosten (Zinsen auf das durchschnittlich gebundene Kapital) nichtvom Umsatz abgezogen, so dass es sich um eine Gewinngröße vorkalkulatori-schen Zinsen handelt. Die Bruttorendite hat den Vorteil, dass sie sich direkt mitdem kalkulatorischen Zinssatz vergleichen lässt als die von Investoren geforder-te Mindestverzinsung, die allen Anspruchsgruppen, auch den Kreditoren, zusteht.Folglich ist ein Projekt nur dann wertbringend, wenn die Bruttorendite den kal-kulatorischen Zinssatz übersteigt, während die Nettorendite die Eigenrendite an-gibt (Perridon u. a. (2012), S. 42). Die verschiedenen Rentabilitätskennziffern sindin der Tabelle aufgeführt. Problematisch sind jedoch auch hier unterschiedlicheNutzungsdauern, die einen korrekten Vergleich nicht ermöglichen. Implizit wirdnämlich bei verschiedenen Lebensdauern angenommen, dass sich Kapitaleinsatz-differenzen zur entsprechenden ROI verzinsen lassen würden im Vergleich zumlängerlebigen Investitionsobjekt (Perridon u. a. (2012),S. 43). Diese Methode istdaher nur dann vollkommen unproblematisch, wenn die Nutzungsdauern der mit-einander zu vergleichenden Investitionen übereinstimmen. Bei gleichem Kapital-einsatz im Nenner, kann statt der Rentabilität gleich der erwirtschaftete Gewinnbetrachtet werden.

2.4 Amortisationsre hnung (�Payo� method�)

Die Amortisationsrechnung oder auch Kapitalrückfluss-, “Payoff”- oder “Payback”-Methode fragt, wie lange es dauert, bis die eingesetzten liquiden Mittel an dieInvestoren zurückgeflossen sind. Dabei werden anstatt von buchhalterischen Grö-ßen, wie zuvor, nun Zahlungsströme berücksichtigt und Quasi-Sicherheit ange-nommen, d.h. ein mögliches (Vorhersage-)Risiko wird ausgeblendet. Am vorteil-haftesten ist das Projekt mit der kürzesten Amortisationsdauer. Die Rückflüssekönnen wie bei der Rentabilitätsrechnung vor oder nach Kapitalkosten angesetztwerden. Die Größe nach Kapitalkosten ist aussagefähiger, da sie die Finanzie-rungsmaßnahmen mit berücksichtigt (Perridon u. a. (2012),S. 43). Um aus denGewinngrößen Zahlungsströme zu generieren wird vereinfachend die indirekteMethode angewendet, indem zahlungsunwirksame Kosten wie Abschreibungsbe-träge auf den Gewinn aufgeschlagen werden. Soll der Fall -vor Kapitalkosten-betrachtet werden, so wird vom Gewinn -vor Zinsen- ausgegangen (siehe Tabelle4), so dass sich allgemein das Schema

Gewinn (entweder vor oder nach Zinsen)+ Abschreibung= Rückfluss (Cashflow)

ergibt. Man kann die Durchschnittsmethode und die Totalrechnung (oder auch Ku-mulationsrechnung) unterscheiden. Bei der Durchschnittsrechnung wird einfach

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Investitionsre hnung 2 - 7 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

der Quotient aus der Investitionsauszahlung und dem durchschnittlichen Rück-fluss gebildet. Es sei angemerkt, dass die Methode -nach Kapitalkosten- insofernproblematisch ist, als dass nach der Durchschnittsmethodedie Rückflüsse als ein-heitlich je Periode angenommen werden, die Kapitalkosten jedoch einen fallendenVerlauf haben (Perridon u. a. (2012), S. 44).

Anlage A B C

Ans ha�ungswert 100 000.00 GE 120 000.00 GE 35 000.00 GE

Cash�ow nZ 39 500.00 GE 37 050.00 GE 30 950.00 GE

Cash�ow vZ 44 500.00 GE 43 050.00 GE 32 700.00 GE

Amort. nZ 2.53a 3.24a 1.13a

Amort. vZ 2.25a 2.79a 1.07a

Tabelle 5: Amortisationsdauern der Investitionen A, B und C

Jahr 1 2 3 4

Absatzzahlen 6 500 St k. 10 500 St k. 12 500 St k. 12 500 St k.

Umsatzerlöse 45 500 GE 73 500 GE 87 500 GE 87 500 GE

- Auszahlungen lmi 17 333 GE 28 000 GE 33 333 GE 33 333 GE

- Ausz. (lmn) 3 000 GE 600 GE 400 GE 0 GE

Rü k�uss vZ 25 167 GE 44 900 GE 53 767 GE 54 167 GE

kumuliert vZ 25 167 GE 70 067 GE 123 834 GE 178 001 GE

Zinsen 10 000 GE 8 483 GE 4 842 GE 0 GE

Rü k�uss nZ 15 167 GE 36 417 GE 48 925 GE 54 167 GE

kumuliert nZ 15 167 GE 51 584 GE 100 509 GE 154 676 GE

Tabelle 6: Zeitli her Verlauf der Ein- und Auszahlungen für Projekt A

Bei der Totalrechnung oder der Kumulationsrechnung werdendie Rückflüsse proPeriode getrennt berücksichtigt, indem die zeitlichen Verläufe der Ein- und Aus-zahlungen genauer ermittelt werden, z.B. unter Annahme unterschiedlicher Ab-satzmengen oder Verkaufspreise bei der Ermittlung der Umsatzeinzahlungen oderaber auch mit Schätzung unterschiedlicher Auszahlungen jePeriode (siehe Ta-belle 6), deren Durchschnitt ja bekannt ist (siehe Tabelle 1). Dies sei anhand desProjektes A vorgeführt (Die leistungsabhängigen (lmi-) Kosten wurden einfachim Verhältnis der Stck.-Zahlen (nach dem Durchschnitt 10 500 Stck.) umgerech-net. Sonstige Kosten (lmn), die hinzu kommen, wurden geschätzt). Die Zinsen er-mitteln sich entsprechend auf den Restwert startend von derAnfangsauszahlung

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Investitionsre hnung 2 - 8 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

minus den kumulierten Rückflüssen mit einem Kalkulationszinssatz von 10%.Es wird hier angenommen, dass die Einnahmen vorrangig zur Rückzahlung deseingesetzten Kapitals verwendet werden. „Überschüsse entstehen also erst dann,wenn das eingesetzte Kapital voll zurückgezahlt ist“ (Perridon u. a. (2012), S. 45).

Die Amortisationsdauer vZ ergibt sich dann zu 2.56a, wobei die Dezimalzahl nachdem Komma über eine Interpolation gewonnen wurde:

(gebundenes Kapital [Anfangsauszahlung minus kumulierteRückflüsse vZ] imzweiten Jahr/Rückfluss vZ im dritten Jahr)) = 29 933/53 767≃ 0.56a.

Die Amortisationsdauer nZ lautet entsprechend 2.99a.

Die Amortisationsdauer führt dann nicht zur besten Alternative, wenn nach derAmortisationsdauer eines eigentlichen unvorteilhaften Projektes größere Rück-flüsse zu erwarten sind, die die Rückflüsse der anderen Projekte übersteigen.

Ganz allgemein problematisch bei der Verwendung von Durchschnittsgrößen istdie unberücksichtigte zeitliche Struktur der “cash flows”.So könnte es zwei Pro-jekte geben (Kruschwitz (2007b), S. 42):

Jahr 1 2 3 4

Investition A 60 70 80 90

Investition B 90 80 70 60

Tabelle 7: Vers hiedene Investitionsprojekte im Dur hs hnitt glei h.

Offenbar haben beide Investitionsprojekte die gleichen Durchschnittswerte. Aller-dings darf erwartet werden, dass Investition B vorgezogen wird, da die höherenEinnahmen eher erfolgen als bei Investition A. Diese Geldzeitpräferenz wird abernur konsistent bei den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung berück-sichtigt. „Amortisationsrechnungen nehmen insofern eineSonderstellung ein, alsdass sie zu den Sensitivitätsanalysen gehören und versuchen der Unsicherheit desInvestors auf ihre Weise Rechnung zu tragen. Amortisationsrechnungen solltenim Rahmen von Investitionsentscheidungen nur als Hilfs- und Ergänzungsrech-nungen angesehen werden“ (Kruschwitz (2007b), S. 43). Es lässt sich damit zumBeispiel überschlagsweise ermitteln, wann die aufgenommenen Kredite aus denjeweiligen Überschüssen termingerecht getilgt werden können, und welche Mitteldarüber hinaus für andere Verwendungszwecke verbleiben.

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Investitionsre hnung 3 - 9 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Vorteile der statischen Methoden sind deren einfache Handhabung und der geringeAufwand bei der Beschaffung „von zukunftsbezogenen Daten (z.B. Absatzerwar-tungen, Preiserwartungen, Erwartungen über zukünftige Betriebsauszahlungen)“(Kruschwitz (2007b), S. 43). Meist wird aber nur das erste Jahr nach der Anschaf-fung detailliert betrachtet und angenommen, dass für die restliche Nutzungsdauerdie gleichen Verhältnisse herrschen. „So bleiben Instandhaltungsaufwendungenoder steigende Personal- oder Stoffkosten meist unberücksichtigt. Gerade ersterekönnen mit Alter und Beanspruchung der Aggregate von Jahr zuJahr ungleich-mäßig zunehmen. Korrekter wäre es daher, zunächst die Jahreswerte gesondertzu analysieren“ (Perridon u. a. (2012), S. 48) und erst dann den Durchschnitt zubilden.

3 Grundlagen der Finanzmathematik

Die Zinsrechnung bildet einen wichtigen Stützpfeiler der Finanzmathematik. Oh-ne die grundlegenden Formeln zur Berechnung von Barwerten,Renten oder An-nuitäten kommt die Investitionsrechnung nicht aus.

Im Folgenden werden verschiedene Fragestellungen betrachtet und gelöst.

3.1 Die Aufzinsung

0 1 T

C0 CT

Um einen Betrag vont = 0 zu t = T zu transferieren, erfolgt eine Aufzinsung.Den Betrag zut = 0 nennt man Barwert und denjenigen zum Ende der Periodent = T Endwert. Die Frage, die sich stellt, lautet also:

Wie groß ist der EndwertCT in T Jahren, wenn der Barwert zu Beginn der Peri-odeC0 ausmacht?

Lösung:Um von t = 0 zu t = 1 zu kommen, wirdC0 mit dem Zinsfaktorq = (1 + r)multipliziert. r ist der Zinssatz. Dies wirdT -mal wiederholt. Somit folgt:

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Investitionsre hnung 3 - 10 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

C1 = C0 qC2 = C1 q = C0 q

2

...CT = CT−1 q = C0 q

T

3.2 Die Abzinsung

0 1 T

C0 CT

Hier wird die umgekehrte Frage gestellt. Wie groß ist der BarwertC0, wenn derEndwert zum Ende der PeriodeT CT ausmacht?

Lösung:Wie man sich leicht klar macht, handelt es sich hierbei um dieUmkehrung derFragestellung. Dabei wird mit dem Zinsfaktorq = (1 + r) abgezinst. Der Zins-faktor steht nun also im Nenner.

CT = CT−1 q ⇔ CT−1 = CT q−1

CT−2 = CT−1 q−1 = CT q−2

...C0 = C1 q

−1 = CT q−T

3.3 Der Rentenbarwert (na hs hüssig)

0 1 T

C0

T-1

C C C C

2

Wie groß ist der Barwert, wenn in jeder Periode nachschüssigein einheitlicherBetrag ausgezahlt wird ?

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Investitionsre hnung 3 - 11 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Lösung:Hier handelt es sich um die Summe der einzelnen Barwerte einzelner BeträgeCzu bestimmten äquidistanten Zeitpunktent.

C0 =T∑

t=1

C q−t

Wird diese Summe ausgeschrieben, so erkennt man, dass es sich um eine geome-trische Reihe handelt, für die es einen definierten Ausdruckgibt.

(q−1 + q−2 + · · ·+ q−T ) = q−T (1 + q + · · ·+ qT−1)

= q−T (1− qT )

(1− q)=

(q−T − 1)

(1− q)=

(1− q−T )

r= RBF

Dieser Ausdruck wird auch als RentenbarwertfaktorRBFbezeichnet. Für den FallT → ∞ wird RBF= 1

r. Der Rentenbarwertfaktor wird umso mehr1

rgleichen, je

größerT und je höher der Zinssatz ist, da dann der Wertq−T gegen null läuft.

Um den Rentenbarwert zu bestimmen, reicht es meist aus, den Rentenbarwert füreine unendliche Reihe zu kennen. Dieser istRBF = 1

r. Will man nämlich den

Barwert für eine Rente von 1 bisT bestimmen, reicht es aus, die Barwerte zweierunendlicher Reihen voneinander abzuziehen (vgl. Brealey u. a. (2013), S. 27). Dieerste Reihe läuft von1 bis unendlich und die zweite vonT+1 bis unendlich. DerenDifferenz ergibt genau die gesuchte Reihe. Wie bekannt kannman eine Reihe abt > 0 auf den Zeitpunktt = 0 vorziehen, indem man mit dem Zinsfaktor abzinst.Da die Rente nachschüssig gezahlt wird, ist der Startpunkt immer eine Periodevor der ersten Zahlung. Wird also eine unendliche Rente abT + 1 betrachtet, sostartet diese int = T und ist mitqT abzuzinsen. Also folgt für deren Differenz:

RBF=1

r(1−

1

qT)

Diese Formel ist intuitiver und lässt sich schneller herleiten als jene über die geo-metrische Reihe.

3.4 Die Annuität (na hs hüssig)

Wie groß ist die gleichbleibende Annuität (engl.: “annuity”) C in den Zeitpunktent, wenn der Barwert zu Beginn der PeriodeC0 lautet?

Lösung:Hier handelt es sich um die Umkehraufgabe der Rentenrechnung. Folglich gilt:

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Investitionsre hnung 3 - 12 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

0 1 T

C0

T-1

C C C C

2

C =(1− q)

(q−T − 1)C0

Diese Formel lässt sich auch formal bestätigen, wenn wir wiederum die geometri-sche Reihe ausschreiben. Hier ist es von Vorteil, den Endwert zu bestimmen, alsoes wird die folgende Frage gestellt:

CT =T∑

t=1

C qT−t

= C (qT−1 + qT−2 + · · ·+ q0)= C (1 + q + · · ·+ qT−1)

= C(1− qT )

(1− q)⇒ C =

(1− q)

(1− qT )CT =

(1− q)

(1− qT )qT C0

Die intuitive Anwendung ist hier nicht ganz klar. Hier empfiehlt sich die Herlei-tung ANF = 1

RBF über den Kehrwert des Rentenbarwertes.ANF wird als An-nuitätenfaktor bezeichnet. FürRBF = 1

roderANF = r handelt es sich um eine

unendliche Rente (engl.: “perpetuity’), die sich nie verbraucht, da gerade so vielentnommen wird wie jährlich an Zinsen anfällt.

Die einfachen Zinsen (engl: “simple interest”) je Periode ergeben sich einfachüberZ = C0 (q−1) = C0 r mal Anzahl der PeriodenT . Entscheidenden Einflussan allen ZinsenZΣ = qT − 1 haben aber die Zinseszinsen (engl.: “compound in-terest”). Wie man anhand der Abbildung 1 (zweiter Plot) sehen kann, nimmt derAnteil der Zinseszinsen logarithmisch zu. Fürq = 1.15 sind bereits nach nur 5Jahren knapp ein Drittel aller Zinsen nur Zinseszinsen. DerZuwachs des Kapi-tals ist rasant (exponentiell). So ist das Anfangskapital bei nur q = 1.15 bereitsschon nach 5 Jahren auf knapp das Doppelte angewachsen. Werden die Zinsenunterjährlich verzinst (siehe Kapitel 3.6), so wird die geometrische Verzinsungangewendet, d.h.r ist der Jahreszins und z.B. für eine quartalsweise Verzinsungwird ein Kapital im ersten Quartal bis zum Ende des Jahres mitdem Zinsfaktor(1+ r

4)4 verzinst (mit dem (engl.) “quarterly compounded interest rater” (n = 4),

analog bei dem (engl.) “semi-annually compounded interestrater” (n = 2) oderdie einfache jährliche Verzinsung mit dem (engl.) “annually compounded interest

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Investitionsre hnung 3 - 13 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

rater” (n = 1)) (vgl. Ross u. a. (2013), S. 165-171). Für eine stetige Verzinsungwird der Grenzwert fürn → ∞ Perioden je Jahr betrachtet: Es ergibt sich dieEuler-Funktionert (mit dem (engl.) “continuously compounded interest rater”).

In[44]:= ClearAll @Zuwachs, relAnteil, q D;

Zuwachs @q_, T_ D : = q^T;

Plot @82, Zuwachs @q, t D �. q ® 1.05, Zuwachs @q, t D �. q ® 1.10, Zuwachs @q, t D �. q ® 1.15 <,

8t, 0, 20 <, PlotRange ® 80, 4 <D

relAnteil @q_, T_ D : = Hq^T - 1 - Hq - 1L * TL � Hq^T - 1L;

Plot @81, relAnteil @q, t D �. q ® 1.05, relAnteil @q, t D �. q ® 1.10,

relAnteil @q, t D �. q ® 1.15 <, 8t, 0, 20 <, PlotRange ® 80, 1 <D

Out[46]=

0 5 10 15 20

1

2

3

4

Out[48]=

0 5 10 15 20

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Abbildung 1: 3 Zinssätze (r = 5% (rot), r = 10% (gelb), r = 15% (grün)) im

Verglei h. Erster Plot: Verzinsung mit Zinseszinsen, zweiter Plot: relativer

Anteil der Zinseszinsen an allen Zinsen (Mathemati a)

3.5 Einige Anwendungen

Der Barwertfaktorρt, um eine Zahlung vont auf t = 0 vorzuziehen, lässt sichsehr einfach über den Zinsfaktor bestimmen:

ρt = q−t

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Investitionsre hnung 3 - 14 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Wird also eine Zahlungsreihe (100.0, 210.0, 320.0, 400.0) auf t = 0 abgezinst(engl.: “present value”), so ergibt sich:

C0 = 100.0 + 210.0 q−1 + 320.0 q−2 + 400.0 q−3

= 100.0 ρ0 + 210.0 ρ1 + 320.0 ρ2 + 400.0 ρ3

Dabei istρ0 klarer Weise immer 1.0. Sind die einzelnen Zinssätze verschieden, soergibt sich der Barwertfaktor über das Produkt sämtlicher Zinsfaktoren:

ρt =t∏

i=1

q−1i

Angenommen, der Zinssatz laute 10% für zwei Perioden, 15% für die folgenden4 Perioden und 12% für die letzten 4 Perioden, so ermitteln sich beispielsweiseρ4undρ7 als:

ρ4 = 1.1−2 ·1.15−2 = 0.62491212 undρ7 = 1.1−2 ·1.15−4 ·1.12−1 = 0.421895842

Die einzelnenri = qi−1 zu den verschiedenenqi werden auch als Terminzinssät-ze (engl.: “forward rate”) bezeichnet. Um einen äquivalenten Kassazinssatz (engl.:“spot rate”) zu bestimmen, kann man nun mit Hilfe des Barwertes die Gleichung

ρt = (1 + r0,t)−t

aufmachen, d.h. es wirdt-mal mit einem einheitlichen Zinssatz vont bis t = 0abgezinst. So lautet der äquivalente Kassazinssatz zuρ7 gleich:

r0,7 =7

√1

ρ7− 1 = 0.131207062

Man sollte unterscheiden: Wird der Bezugspunkt geändert, z.B. von t = 0 (Ka-pitalwert) zut = T (Endwert), so erfolgt eine komplette Aufzinsung des gesam-ten Betrags umqT , bzw. um das Produkt der einzelnen Terminzinsfaktoren, z.B.CT = qT C0. Es kann aber auch sein, dass der Cashflow um einen bestimmtenZeitabschnitt vor- oder nachverlagert wird. Hier wird der Bezugspunkt beibehal-ten, z.B.t = 0 odert = T . Aber bei Annäherung an den Nullpunktt = 0 fällt dergesamte Betrag frühzeitiger an und ist mehr wert. Dies wird analog unter Anwen-dung des Zinsfaktorsq rechnerisch berücksichtigt, z.B. indem bei einem Wechselvon t = T zu t = 0 der gesamte Zahlungsstrom mitqT aufgebläht wird. Beiwechselnden Terminzinsfaktoren ist ein einheitlicher Faktor nicht sinnvoll. Hiersollte periodenindividuell vorgegangen werden.

Frage 1: Wieviel muss ein Sparer int = 0 anlegen, damit er bist = 10 einen Betrag

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Investitionsre hnung 3 - 15 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

von 10 000e ansammeln kann?

Sei ein einheitlicher Zinssatz vonr = 10% gegeben, so ermittelt sich derZinsfaktor zuq = (1 + r) = 1.1. Um einen Betrag vont = 0 auf t = 10 zubringen, wird mit dem Faktorq10 aufgezinst. Also folgt:

C10 = 10 000 = C0 q10

woraus sich offenbarC0 = 10 000 · 1.1−10 = 3 855.43 ergibt. Sind die Zins-sätze entsprechend wie oben im Beispiel angegeben, so folgt:

C10 = 10 000 = C0 1.12 · 1.154 · 1.124 ⇒ C0 = 3 002.97

Frage 2: Eine Lotterie lobt einen Gewinn von1 000 000e aus, der zu gleichen Ratenvon 100 000 in den folgenden 10 Jahren jeweils zum Ende des Jahres aus-gezahlt wird. Wie groß ist der Barwert?

Es handelt sich hier um eine Rente von100 000e für 10 Jahre. Sei der Zins-satz zur = 10% gegeben. Dann lässt sich der Barwert ermitteln zu

C0 = 100 0001

0.1(1− 1.1−10) = 614 456.71

Dieser Wert lässt sich auch nachprüfen, wenn man die jeweiligen Barwert-faktoren ermittelt:

ρ0 = 1.0ρ1 = 1.1−1 = 0.9090909090ρ2 = 1.1−2 = 0.826446281ρ3 = 1.1−3 = 0.7513148ρ4 = 1.1−4 = 0.683013455ρ5 = 1.1−5 = 0.620921323ρ6 = 1.1−6 = 0.56447393ρ7 = 1.1−7 = 0.513158118ρ8 = 1.1−8 = 0.46650738ρ9 = 1.1−9 = 0.424097618ρ10 = 1.1−10 = 0.385543289

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Investitionsre hnung 3 - 16 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Die Summe10∑

i=1

ρi ergibt sich zu 6.144567106 und entspricht damit exakt

dem Rentenbarwert.

Frage 3: Die umgekehrte Fragestellung könnte lauten: Der Betrag 10 000e soll in10 gleichbleibenden Raten abgestottert werden. Wie groß ist eine Rate?

Hier ergibt sich der Rentenbarwertfaktor wie zuvor zu6.144567106. Damitlautet die Beziehung:

10 000 = C RBF⇒ C =10 000

6.144567106= 1 627.4539

Angenommen, die Summe werde über ein Bankkonto abgerechnet. Mankann nun den Zins- und den Tilgungsanteil in jeder Periode bestimmen.Dazu wird zunächst das Endkapital int = n berechnet. Es beträgt:

C1 = C0 q − CC2 = C0 q

2 − C · q − C...

Cn = C0 qn − C (1 + q + · · ·+ qn−1) = C0 q

n − C(1− qn)

(1− q)

Cn ist also gleich dem aufgezinsten Grundkapital minus den aufgezinsten

Annuitäten. Mit Hilfe des Annuitätenfaktors kann manC zu(1− q)

(q−T − 1)C0

ermitteln, so dass folgt:

Cn = C0 qn − C0

(1− qn)

(q−T − 1)= C0

(qn q−T − 1)

(q−T − 1)

als Kapital zum Ende der Periodet = n. Wird zum Beispieln = T einge-setzt, so folgtCT = 0 wie gefordert. Fürn = 0 ergibt sichC0 wie gefordert.Allgemein lassen sich die Zinsen in der folgenden Periode berechnen zu:

Zn+1 = Cn (q − 1)

In der folgenden Periode enthält die Annuität die ZinsenZn+1 auf das Ka-pital, die beglichen werden müssen, um die Bank zu befriedigen, und den

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Investitionsre hnung 3 - 17 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Tilgungsanteil, der danach noch übrig bleibt. Somit lautetder Tilgungsan-teil in der darauf folgenden Periode:

Tn+1 = C − Zn+1 =(1− q)

(q−T − 1)C0 − C0

(qn q−T − 1)

(q−T − 1)(q − 1)

= C0(q − 1)

(q−T − 1)(−qn q−T ) = C0

(q − 1)

(qT − 1)qn

Man erkennt, dass die Tilgung bei einer Ratenzahlung mit gleichen Ratenund einem einheitlichen Zinssatz rekursiv ermittelt werden kann, da:

Tn+1 = C0(q − 1)

(qT − 1)qn−1 q = Tn q = T1 q

n

Der Tilgungsanteil nimmt somit exponentiell von Periode zuPeriode mitdem Zinsfaktorq zu. In der ersten Periode sind die Zinsen klarer WeiseZ1 = C0 (q − 1) und damit die Tilgung gleich

T1 = C − C0 (q − 1) = C0 ((1− q)

(q−T − 1)− (q − 1)) = C0

(q − 1)

(qT − 1)

Will man nun die Summe aller Zinsen errechnen, so ergibt sich:

ZΣ =T∑

t=1

Zt =T∑

t=1

Ct−1 (q − 1)

=T∑

t=1

C0(qt−1q−T − 1)

(q−T − 1)(q − 1)

= C0(q−T (q0 + q + · · ·+ qT−1)− T )

(q−T − 1)(q − 1)

=C0

(q−T − 1)(q−T (1− qT )

(1− q)(q − 1)− T (q − 1))

= −C0 −T (q − 1)

(q−T − 1)C0

= T ANFC0 − C0 = T C − C0

Demzufolge ermitteln sich die gesamten Zinsen als Differenz zwischen denNominalbeträgen der Annuitäten und dem Grundkapital wie gefordert. Folg-lich sollte sich die Summe der Tilgungen auch exakt zuC0 ergeben, was imFolgenden kurz nachgewiesen werden soll:

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Investitionsre hnung 3 - 18 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

TΣ =T∑

t=1

C0 (q − 1)

(qT − 1)qt−1

=C0 (q − 1)

(qT − 1)(q0 + q + · · ·+ qT−1)

=C0 (q − 1) (qT − 1)

(qT − 1)(q − 1)= C0

Frage 4: In welchem Jahr ist ein GeldbetragC0, der gleichmäßig inT Jahren mitq = 1.1 abgezahlt wird, zur Hälfte getilgt?

TΣ=xC0=

n∑

t=1

C0 (q − 1)

(qT − 1)qt−1 = C0 x

⇔(q − 1) (q0 + q + · · ·+ qn−1)

(qT − 1)= x

⇔(qn − 1)

(qT − 1)= x ⇔ qn = x (qT − 1) + 1

⇔ n =ln(x (qT − 1) + 1)

ln(q)=

ln(x qT + (1− x))

ln(q)

n(T = 10; x = 0.5) = 6.1488

Frage 5: Eine Variante von Frage 4: In welchem Jahr ist der Kreditstand aus Frage 4gleich der Hälfte des AusgangsbetragsC0?

Cn = (. . . ((C0 q − C) q − C) q · · · − C= C0 q

n − C (1 + q + · · ·+ qn−1)

= C0 qn − C

(1− qn)

(1− q)= C0 q

n − C0qT (1− qn)

(1− qT )= xC0

Daraus ergibt sich schließlich:

qn −qT (1− qn)

(1− qT )= x

⇔ qn (1− qT )− qT (1− qn) = x (1− qT )⇔ qn − qT = x (1− qT )⇔ qn = x (1− qT ) + qT

⇔ n =ln(x+ (1− x) qT )

ln(q)

Wie man sieht, steht im Zähler ein Wert, der sich mit Hilfe vonWichtungs-faktoren aus den GrößenqT und1 ergibt. Für den betrachteten Fallx = 0.5sind beide Wichtungsfaktoren gleich0.5, so dass beide Fragestellungen zum

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Investitionsre hnung 3 - 19 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

gleichen Ergebnis führen. Beide Fragestellungen führen mithin auf:

n =ln(1

2(1 + qT ))

ln(q)

Es handelt sich in der Klammer im Zähler praktisch gesehen umden Durch-schnittswert der Werte zum Beginn und zum Ende der Perioden.Im Einzel-nen sei dies fürC = 1 627.454 ausführlich numerisch verifiziert.

C0 = 10 000 C1 = C0 1.1− 1 627.454 = 9 372.546C2 = C1 1.1− 1 627.454 = 8 682.346 C3 = C2 1.1− 1 627.454 = 7 923.127C4 = C3 1.1− 1 627.454 = 7 087.985 C5 = C4 1.1− 1 627.454 = 6 169.33C6 = C5 1.1− 1 627.454 = 5 158.809 C7 = C6 1.1− 1 627.454 = 4 047.23

Durch eine lineare Interpolation kannn = 6.142867 ermittelt werden.

Man kann die Zinsen auch intuitiver berechnen, indem man jeweils die Zinsen aufdas Grundkapital und die Zinsen auf die einzelnen Annuitäten addiert. Die Zinsenaus dem Grundkapital lauten:

ZC0 n = C0 (qn − 1)

Die Zinsen aus dem Annuitätenanteil ergibt sich aus der aufgezinsten Summe derAnnuitäten abzüglich der blanken Summe der Annuitätenbeträge:

ZC n =C (qn − 1)

(q − 1)− C n

Die Summe der Zinsen zum Zeitpunktt = n lassen sich demnach alternativ er-mitteln gemäß der Berechnungsvorschrift als Differenz derZinsen auf das Grund-kapital und auf die Annuitäten:

ZΣn = ZC0 n − ZC n = C n+ C0 (qn − 1)−

C (qn − 1)

(q − 1)= C n− C0

(qn − 1)

(qT − 1)

Daraus folgt für die Summe der Tilgungen bis zum Zeitpunktt = n gerade:

TΣn = C0(qn − 1)

(qT − 1)

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Investitionsre hnung 3 - 20 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

3.6 Unterjährli he Verzinsungen

Werden innerhalb eines Jahres Ein- oder Auszahlungen getätigt, so verzinsen sichdie Beträge nicht mehr voll. Es können drei verschiedene Verzinsungsmodelle un-terschieden werden. Die Periode werde dabei inn äquidistante Teilabschnitte zer-legt. Die einfachste Variante ist die arithmetische Aufzinsung, bei der der Zinssatzals Bruchteil des Anteils der verbleibenden Teilperioden zu allen Teilperiodennermittelt wird. Da diese Variante arithmetisch und nicht exponentiell ist, ist dieseVariante eine sehr grobe Näherung und beinhaltet natürlichauch keine Zinses-zinsen. In der diskreten Variante wird bis zum Endzeitpunktmit dem Zinsfußrverzinst, wobei als Exponent der verbleibende Zeitbruchteil zu verwenden ist, derkleiner als eins ist. Demgegenüber steht die geometrische unterjährliche Zinsab-rechnung, die exponentiell mit dem Zinssatzr

nüber die Anzahl an Teilperioden

bis zum Ende des Jahres wiederaufzinst. Diese Möglichkeit rechnet sämtliche Zin-seszinsen mit. Wird die Anzahl an Teilperioden immer weitererhöht, ergibt sichim Grenzwert die stetigeEuler-Funktion.

Es existieren damit also die folgenden Möglichkeiten:(n ist die Anzahl an Perioden innerhalb des Jahres undt

nist der entsprechende

Bruchteil des Jahres von Beginn an gerechnet).

a) arithmetisch(1 + (1− tn) r)

b) diskret(1 + r)1−tn

c) geometrisch, (Euler-Funktion bei Stetigkeit)(1 + rn)n−t

Es ist klar, dass die geometrische unterjährliche Aufzinsung gegenüber der arith-metischen Lösung die Zinsen etwas überschätzt auf Grund desgeometrischen Ef-fekts der Wiederverzinsung, so dass der äquivalente arithmetische Zinssatz, dereine formale Gleichheit zwischen beiden Varianten liefernwürde, desto größer zuwählen ist, je größer die Anzahl an Teilperioden bis zum Jahresende sind. Ledig-lich im letzten Teilabschnitt stimmen beide Größen überein, da:

(1 + (1− n−1n) rarithm.) = (1 + rgeom.

n)1 = (1 + r

n).

Es gilt also immer:rarithm. ≥ rgeom.. Anders ist es bei der diskreten Aufzinsung.Hier gilt formale Gleichheit nur am Periodenanfang, also für eine volle Periode,während sonst für den äquivalenten Zinssatzrarithm. ≤ rdiskr. gilt, also die bruch-teilhafte Aufzinsung ist gegenüber der diskreten Aufzinsung etwas im Vorteil (be-tragsmäßig gesehen).

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Investitionsre hnung 3 - 21 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Beispiel: Zum Zinssatz vonr = 10% wird zur Hälfte des Jahres ein Betrag von1 000e angelegt. Dieser verzinst sich bis zum Ende des Jahres zu:

a) C1 = 1 000e (1 + 0.05) = 1 050.0e

b) C1 = 1 000e (1 + 0.1)0.5 = 1 048.80e

c) C1 = 1 000e (1 + 0.12)1 = 1 050.0e

Die Ergebnisse unterscheiden sich nur marginal. Man erkennt aber, dass die dis-krete Aufzinsung schwächer ist als die arithmetische und indiesem Fall die arith-metische und geometrische Aufzinsung gleich sind, da nur jeweils ein Teilab-schnitt bis zum Periodenende betrachtet wurde und in diesemFall der oben be-schriebene Sonderfall eintritt. Annahme b) wird in der Literatur häufig bevorzugt.Die Variante c) ist die Lösung einer exakten (stetigen) Integration, wennn → ∞.

Um zu verstehen, wie sich die einzelnen Annahmen auf den Endwert zut = 1 aus-wirken und sich für verschiedenen entwickeln, sei im Folgenden eine geschlos-sene Lösung gesucht fürn unterjährliche Zahlungen in der Höhe vonA. (Dabeiwird angenommen, dass auch zum Ende des Jahres ein Betrag hinzukommt, derfolglich nicht verzinst wird).

Annahme a)

n∑

t=0

A (1 + (1− tn)r) = A (1 + r) + A (1 + (1− 1

n)r) + · · ·+ A (1 + 0))

= A (n + 1) + A (r + r − rn+ · · ·+ r − r n

n)

= A (n + 1) + A (r (n + 1)− (0+1+2+···+n) rn

)

= A (n + 1) + A (r (n + 1)−r(n (n+ 1))

2n)

= A (n + 1) + Ar (n + 1)n

2n= A (n+ 1) (1 +

r

2)

Annahme b)

n∑

t=0

A (1 + r)1−tn = A (1 + r)1 + A (1 + r)1−

1

n + · · ·+ A (1 + r)1−nn

= A (1 + r) ((1 + r)−0

n + (1 + r)−1

n + · · ·+ (1 + r)−nn )

= Aq (q−0

n + q−1

n + · · ·+ q−nn ) = Aq

(q−1− 1

n − 1)

(q−1

n − 1)

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Investitionsre hnung 3 - 22 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Annahme c)

n∑

t=0

A (1 + rn)n−t = A (1 + r

n)n + A (1 + r

n)n−1 + · · ·+ A (1 + r

n)0

= A (qn + qn−1 + · · ·+ q0)

= A(1− qn+1)

(1− q)= A

(1− (1 + rn)n+1)

(1− (1 + rn))

= A(1− (1 + r

n)n+1)

− rn

Um den Grenzfall fürn → ∞ bei gleichbleibenden Zahlungen zu untersuchen,wird A = 1

ngesetzt.

Annahme a)

limn→∞

1

n(n+ 1) (1 +

r

2) = (1 +

r

2)

Annahme b)

limn→∞

q1

n

(q−1− 1

n − 1)

(q−1

n − 1)= lim

x→0q x

(q−(1+x) − 1)

(q−x − 1)= q lim

x→0

−x

(q−x − 1)limx→0

(1−q−(1+x))

= q limx→0

1

ln(q) q−x(1− q−1) =

q (q − 1)

q ln(q)=

(q − 1)

ln(q)

Annahme c)

limn→∞

1

n

(1− (1 + rn)n+1)

− rn

= limn→∞

−(1− (1 + rn)n+1)

r= lim

n→∞

((1 + rn)n+1 − 1)

r

=er − 1

r

Die Lösung zu Annahme c) lässt sich sehr leicht aus Annahme b)herleiten, in-dem einfachq = er gesetzt wird. Das heißt, dass zwar geometrisch aufgezinstwird, aber nicht stetig, sondern in Bezug auf diskrete Zeitpunkte (gemäß den ver-schiedenen Zahlungszeitpunkten). Im Limit führen beide Methoden auf das selbeErgebnis, wenn die Zahlungszeitpunkte immer enger liegen.

Wenn nun für verschiedene n diese Funktionen ausgewertet werden, so folgt fürr = 0.1 (ohne die letzte unverzinste Zahlung ist entsprechend1

nabzuziehen):

Annahme n = 1 n = 2 n = 4 n = 5 n = 10 n → ∞a) 2.1 1.575 1.3125 1.26 1.155 1.05b) 2.1 1.5744 1.31175 1.25923 1.154214 1.04920587c) 2.1 1.57625 1.31408 1.2616 1.1566 1.051709181

Hier erkennt man wieder sehr schön den oben angesprochenen Effekt, dass die

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Investitionsre hnung 3 - 23 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

geometrische Aufzinsung am stärksten ist und die arithmetische in der Mitte liegt.Wird die Anfangszahlung zu Beginn der Periode weggelassen,so folgt:

a)n∑

t=1

A (1 + (1− tn)r) = A(n+ 1)(1 + r

2)−A(1 + r) = A(n + n−1

2r)

b)n∑

t=1

A (1 + r)1−tn = Aq

(q−1− 1

n − 1)

(q−1

n − 1)−Aq = Aq

n−1

n(q−1 − 1)

(q−1

n − 1)

c)n∑

t=1

A (1 +r

n)n−t = A

((1 + rn)n+1 − 1)rn

−A(1 +r

n)n = A

((1 + rn)n − 1)rn

Wird die Restzahlung zum Ende der Periode abgezogen, dann gilt entsprechend:

a)n−1∑

t=0

A (1 + (1− tn)r) = A(n+ 1)(1 + r

2)− A = A(n + n+1

2r)

b)n−1∑

t=0

A (1 + r)1−tn = Aq

(q−1− 1

n − 1)

(q−1

n − 1)−A = Aq

(q−1 − 1)

(q−1

n − 1)

c)n−1∑

t=0

A (1 +r

n)n−t = A

((1 + rn)n+1 − 1)rn

−A = A(1 +r

n)((1 + r

n)n − 1)rn

Die Exponentialfunktion wird im Rahmen des Abzinsungsfaktors verwendet, wenneine stetige Betrachtung erfolgt, also:

T∑

t=0

Ct q−t ⇒

T∫

t=0

C(t) e−r t dt, wobei (1 + i)t = er t ⇔ r = ln(1 + i).

dt

C

..... ....

e-rt

t t

Abbildung 2: Stetige Verzinsung bei konstanter Intensität C

Wie in Abbildung 2 sichtbar, ist der einzelne Beitrag eines infinitesimal großenKästchen der HöheC entlang der Zeitachse gleichC dt e−rt für einen bestimmtenZeitpunktt. Erfolgt eine Integration fürt in den Grenzent ∈ [0, T ], so lässt sichdas folgende Integral finden:

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Investitionsre hnung 3 - 24 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

C0 =

T∫

0

C e−r t dt =C

−re−r t

∣∣∣

T

0=

C

r(1− e−r T )

Zum Vergleich mit dem analytisch gefundenen Ergebnis von vorhin, sei der End-wertC1 berechnet:

C1 = C0 er =

C

r(er − 1)

Das Ergebnis fürC0 lässt sich auch mit Hilfe des intuitiven Vorgehens aus Kapitel3.3 gewinnen, wobei nun der stetige Zinssatz im Nenner zu stehen hat und anstatteiner Abzinsung mitqT eine stetige Abzinsung miter T erfolgt:

C0 = C1

r(1−

1

er T)

Auf dem Finanzmarkt existieren alle oben betrachteten Methoden nebeneinan-der. Je nach Finanzprodukt oder Aufgabe werden diese spezifisch angewendet(Deutsch (2008), S. 13-16). Zusammenfassend unterscheidet man:

• geometrische Aufzinsung: Bei der geometrischen Aufzinsung (1 + rn)n−t

wird innerhalb eines Jahres mit dem Zinsrn

in n − t Perioden aufgezinst(fiktive Entnahme des Geldes nach einer Periode und Wiederverzinsung füreine weitere Periode usw., bis zum Schluss des Jahres). Für eine monatlicheVerzinsung ist z.B.n = 12. r ist der äquivalente Jahreszins.

• stetige Aufzinsunger (T−t): Bei der stetigen Verzinsung wird nun so gerech-net, als würde nach einerinfinitesimalkleinen Zeitperiode der aufgelaufeneZins ausgezahlt und mitsamt dem Kapital erneut angelegt.

• diskrete Aufzinsung(1 + r)T−t: Ist die ZinsperiodeT − t länger als dieEinheit, in der der Zinssatz quotiert ist, also z.B.T − t = 3 Jahre und derZinssatzr pro Jahr, dann giltCT = Ct (1 + r)T−t (vorher auch für unter-jährliche Verzinsung angewendet, wennT − t ein Bruchteil von eins ist).

• einfache Aufzinsung(1 + r (T − t)): Wenn pro Zeiteinheit (z.B. pro Tag,pro Monat) der Zinssatzr vereinbart wurde, und die Zinsperiode überT − tZeiteinheiten geht, dann sind am Ende(T − t) malr Zinsen zu zahlen, alsoCT = Ct (1+r (T−t)). Die einfache Verzinsung wird für ZinsperiodenT−tvon einem Jahr oder weniger verwendet (vorher arithmetische Verzinsunggenannt).

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Investitionsre hnung 3 - 25 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

• und sogar die lineare Abzinsung(1− r (T − t)): Die lineare Abzinsung hatihre Berechtigung für sehr kurze ZeitenT − t. Für diese wird das Produktr (T − t) sehr klein. Ist z.B.r = 3% pro Jahr und eine Laufzeit von einemMonat gegeben (T − t = 0.083), so wird nur der lineare Anteil von Bedeu-tung sein und höhere Anteile können vernachlässigt werden.Die lineare Ab-zinsung ergibt sich aus der stetigen Abzinsung, indem die Taylor-Reihe derExponentialfunktione−r (T−t) nach dem linearen Term abgebrochen wird(Diese Beziehung entspricht auch genau dem linearen Anteildes einfachenZinsfaktors:(1 + r (T − t))−1 = 1− r (T − t) +O(r2)).(Für sehr kleinet müssen übrigens alle Methoden konvergieren).

„Die numerischen Werte der Diskontfaktoren müssen unabhängig von der Zins-methode sein. Alle Einflüsse der Konventionen werden somit in den Zinssätzen„absorbiert“ durch Gleichsetzen der Diskontfaktoren“ (Deutsch (2008), S. 15).

3.7 Eine verallgemeinerte Annuitätenformel

Werden für jeden Zeitabschnitt spezielle Wichtungsfaktorenwt vorgegeben, so er-mittelt sich die allgemeine Annuitätenformel wie folgt (vgl. Hering (2008), S. 43)

C0 =

n∑

t=1

C wt q−t = C RBF=

1

ANFC ⇒ ANF =

C

C0

mit

ANF =1

n∑

t=1

wt q−t

Dabei ist der Normalfallwt = 1.0 ∀ t mit enthalten. Ist aber z.B. eine exponenti-ell steigende Folge angenommen mitwt = (1.0, β, · · · , βn−1) mit β ≥ 1.0, dannergibt sich eine spezielle Lösung in der Form:

ANF =1

n∑

t=1

wt q−t

=1

n∑

t=1

βt

βq−t

=1

n∑

t=1

β−1 (q

β)−t

(q

β)−n (1 + · · ·+ (

q

β)n−1)

=

β (1−q

β)

((q

β)−n − 1)

=β − q

((q

β)−n − 1)

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Investitionsre hnung 4 - 26 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Für den Sonderfallβ = q ergibt sichANF = β limx→1(1−x)

(x−n−1)= β

n.

Für den Sonderfallq > β undn → ∞ ergibt sich die einfache Lösung:ANF = q − β.

Gilt β > q, fällt ANF stetig und geht fürn → ∞ gegen null. Spiegelbildlichfür den Rentenbarwertfaktor, der bis ins Unendliche wächst, da die Rente stärkerwächst, als dies über die Abzinsung aufgefangen werden kannund damit auch derentsprechende Barwert unendlich wird.

Um in diesem allgemeineren Fall (Wachstum mit einem Faktorβ), das intuitiveVerfahren (vgl. Brealey u. a. (2013), S. 27) für die Berechnung vonRBF anzu-wenden, lässt sich wie folgt vorgehen:

Für die unendliche Reihe giltRBF=1

(q − β)=

1

(r − w), soweitw = β−1 < r.

Für eine Rente vont = 0 bis t = T ergibt sich:

RBF=1

(q − β)(1−

βT

qT) =

1

(r − w)(1−

(1 + w)T

(1 + r)T),

da für eine Rente abt = T der Wert der Zahlungsreihe im Zeitpunktt = T + 1ausschlaggebend ist, der ja geradeC βT ist und dieser überC βT 1

(q−β)in eine

unendliche Reihe fortgesetzt wird. Anschließend ist der Barwert für t = 0 zuermitteln, was über eine Abzinsung erfolgt, also insgesamtC βT

qT1

(q−β).

4 Übergreifende Methoden

4.1 Die konvexe Optimierung

4.1.1 Einführung

In der Ökonomie stellt sich vielfach die Frage einer Allokation knapper Ressour-cen auf ihre profitabelsten Verwendungsmöglichkeiten. Methoden und Verfahrenzur Lösung derartiger Optimierungsprobleme werden im Fachgebiet des Operati-ons Research (OR) erforscht und entwickelt. Die Wurzeln desOperations Rese-arch liegen im militärischen Bereich. Prominentestes Beispiel war die Dimensio-nierung von Geleitzügen im Atlantik zur Abwehr feindlicherdeutscher U-Booteim zweiten Weltkrieg. Der Beginn der Forschungsanstrengungen fällt ungefährzeitgleich in das Aufkommen erster einfacher digitaler Rechenmaschinen, die zurnumerischen Berechnung eingesetzt werden konnten. Ein Meilenstein war 1947

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Investitionsre hnung 4 - 27 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

die Entwicklung des sogenannten Simplex-Verfahrens von George Dantzig zurLösung von linearen Optimierungsproblemen (Dantzig (1969)), welche in Fol-ge eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten in ökonomischenForschungsge-bieten erschloss und heute zum Standard in vielen Bereichender Ökonomie ge-hört. Als Beispiel seien die gewinnmaximale oder kostenminimale Wahl einesoptimalen Produktionsprogramms oder die Bestimmung einesoptimalen simul-tanen Investitions- und Finanzierungsprogramms genannt.Auf Grund der einfa-chen algorithmischen Struktur der Lösungsmethode des Simplex-Verfahrens, istdie erfolgreiche Lösung von Problemen mit einer Dimension von mehreren hun-dert oder tausend Unbekannten keine Seltenheit, wie z.B. bei bestimmten Pro-blemstellungen in der Produktionsplanung. In der Praxis können sich allerdingsvereinzelt Problemstellungen ergeben, die nicht durch lineare Gleichungen formu-lierbar sind. Genannt seien z.B. Gewinnfunktionen auf Basis nichtlinearer Preis-absatzfunktionen oder nichtlineare Kostenfunktionen in der Produktionstheorie.Um auch für solche Optimierungsprobleme Lösungen zu finden,können unterbestimmten Voraussetzungen numerische Lösungsverfahrenwie z.B. Gradienten-verfahren angewendet werden, die auf dem Kalkül der nichtlinearen konvexenOptimierung basieren (vgl. Bronstein u. Semandjajew (1991)).

Zur Darstellung der konvexen Optimierung sei im Folgenden auf die Vektordar-stellung zurückgegriffen. Ein Vektorv ∈ R

n repräsentiere einen Tupel(v1, ..., vn)von n einzelnen reelwertigen Variablen. Das Skalarproduktzweiter dimensions-gleicher Vektorenv,u ∈ R

n sei durchv · u beschrieben, was einer komponen-tenweisen Summe

∑ni=1 vi ui entspricht. Die Dimension der einzelnen Vektoren

kann problembezogen variieren. Im Folgenden soll die Methode der konvexenOptimierung kurz skizziert werden (siehe auch Kintzel (2012)).

4.1.2 Die ni htlineare Optimierung

Eine konvexe ZielfunktionF (v) vonn Variablen unterm konvexen Nebenbedin-gungenfff(v) ≤ 0 lässt sich als eineLagrange-Funktion

φ(v,u) = F (v) + u · f(v) v ∈ R+n0 , u ∈ R

+m0

formulieren, wobeiv bzw.u die primären bzw. dualen Variablen darstellen (sie-he z.B. Bronstein u. a. (2012). Übereinstimmend mit der früheren Ausgabe vonBronstein u. Semandjajew (1991)). Wird zum einen das Minimum bezüglichv(primales Optimierungsproblem) und zum anderen das Maximum bezüglichu(duales Optimierungsproblem) ermittelt, so lässt sich aufGrund des gegebenenSattelpunktproblems eine Bandbreite angeben, für die gilt:

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Investitionsre hnung 4 - 28 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

φ(v,u) = minv φ(v,u) ≤ maxu φ(v,u) = φ(v, u)

Im Optimum fallen beide Grenzen zusammen, so dass sich

φ(v, u) = minv(maxu φ(v,u)) = maxu(minv φ(v,u))

ergibt. Diese Darstellung macht deutlich, dass ein duales Optimierungsproblemexistiert, bei dem die Reihenfolge der Minimierung und Maximierung der ent-sprechenden Variablen derLagrange-Funktion gerade vertauscht ist.

Abbildung 3: Konvexes Gebiet und ni ht konvexes Gebiet

Eine eindeutige Lösung des Optimierungsproblems ist garantiert, wenn der durchdie Restriktionen begrenzte BereichK ∈ R

n konvex ist. Konvexität bedeutet, dassdie Verbindungsstrecke zweier beliebiger Punktev1,v2 ∈ K in K liegt.

Notwendige und hinreichende Bedingung für die Existenz einer Lösung dieserOptimierungsaufgabe sind die Erfüllung derKarush-Kuhn-Tucker-oder Kuhn-Tucker-Bedingungen (Luenberger (2005) oder Strang (1986), S. 724), die für eineallgemeine vorzeichenunbeschränkte Minimierung bezüglich v ∈ R

n wie folgtlauten:

a) f(v) ≤ 0 b) u · f(v) = 0 für u ∈ R+m0 c) ∂vφ(v, u) = 0

Darin bezeichne∂vφ(v,u) den Gradienten vonφ bezüglichv und laute ausge-schrieben( ∂φ

∂v1, ..., ∂φ

∂vn). ∂(·) bedeutet, dass zunächst nach der entsprechenden Va-

riablen abgeleitet wird und danach der Wert an der entsprechenden Stelle einge-setzt wird.

∂vφ(v, u) = ∂vF (v) + u · ∂vf(v) = 0 bedeutet, dass der Gradient vonF (v) in-nerhalb des Kegels liegt, der durch die negativen Gradienten der aktiven Restrik-tionenf(v) = 0 im Punktv aufgespannt wird, wobei dieui, i ∈ [1, m] spezielleWichtungsfaktoren darstellen. Der Gradient beschreibt den steilsten Anstieg vonF (v) bezüglichv. Die FunktionF (v) nimmt im Punktv ihren minimalen Wert

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Investitionsre hnung 4 - 29 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

an und das Fortschreiten in Richtung kleinerer Werte vonF (v) wird durch denRand des zulässigen Bereichs (durch die aktiven Restriktionen) verhindert.

Abbildung 4: Gradient begrenzt dur h den aktiven Kegel (−∂v F ≤ u · ∂v f)(Bronstein u. Semandjajew (1991), S. 136)

Die Maximierung bezüglichu kann wie folgt veranschaulicht werden:

Abbildung 5: Maximierung bei einer weder konvexen no h konkaven Funktion

(vgl. Ellinger u. a. (2003), S. 204)

was zeigt, dass für ein nicht konvexes Gebiet je nach Startposition A eines Lö-sungsverfahrens (z.B. Gradientenverfahren) die Ermittlung eines globalen Maxi-mums nicht garantiert ist (anstatt des globalen Maximums wird hier lediglich daslokale MaximumB erreicht).

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Investitionsre hnung 4 - 30 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Für den Fall der Vorzeichenbeschränkungv ≥ 0 können dieKuhn-Tucker-Beding-ungen für das Primalproblem wie folgt spezifiziert werden:

a1) f(v) = ∂uφ(v,u) ≤ 0 (konvex inv) b1) u · ∂uφ(v,u) = 0 c1) u ≥ 0

Für das duale Optimierungsproblem lauten dann dieKuhn-Tucker-Bedingungenwie folgt:

a2) ∂vφ(v, u) ≥ 0 b2) v · ∂vφ(v, u) = 0 c2) v ≥ 0

Da ∂uφ(v,u) = f(v) ist, lässt sich eine formale Übereinstimmung mit der vor-zeichenunbeschränkten Minimierung zeigen. Die Gradienten werden jeweils mitderen entsprechenden Dualvariablen multipliziert, die beide nur positive Werte an-nehmen dürfen. Die Bedingungen in b) können als Verallgemeinerung des Satzesdes komplementären Schlupfes gedeutet werden, welcher ausder linearen Opti-mierung bekannt ist. Er besagt, dass entweder eine Restriktion bindend ist (d.h.identisch ohne Schlupf erfüllt wird) und die zugehörige Dualvariable einen positi-ven Wert annimmt oder aber die duale Variable verschwindet und die Restriktionnicht bindend ist. Anders ausgedrückt: Entweder die Schlupfvariable oder die zu-gehörige Dualvariable ist null.

4.1.3 Das Dualitätstheorem in der konvexen Optimierung

Wie beschrieben ist das duale Optimierungsproblem bezüglichu ∈ R+m0 im Falle

eines vorzeichenunbeschränkten Ausgangssystems wie folgt definiert:

maxu φ(v,u) = maxu(F (v) + u · f(v)) für u ∈ R+m0

unter den Nebenbedingungen:

∂vφ(v,u) = 0 für v ∈ Rn

Dies führt mithin auf einm-dimensionales Optimierungsproblem mitn Nebenbe-dingungen.

4.1.4 Anwendung auf den Spezialfall der linearen Optimierung

Das lineare Optimierungsproblem, welches durch das Simplex-Verfahren oder dielineare Programmierung gelöst werden kann, wird im Folgenden genauer unter-sucht. Die Zielfunktion lautet im Grundmodell wie folgt:

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Investitionsre hnung 4 - 31 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

maxv c · v oderminv −c · v, c ∈ Rn, v ∈ R

+n0

unter den Restriktionen:

AAA · v ≤ b, AAA ∈ Rm×n,b ∈ R

m.

Folglich gilt für das Primalproblem

F (v) = −c · v undfi(v) =n∑

j=1

Aij vj − bi ≤ 0, i ∈ [1, m].

v sind die unabhängigen Variablen des Primalproblems. Die zweidimensionaleMatrixAAA repräsentiert das Koeffizientenschema innerhalb der Restriktionen.b seiein beliebiger Vektor. Die Nebenbedingungen begrenzen denRaum des Lösungs-gebiets bezüglichv und bilden im Sonderfall der Linearität einen Polygonzug, sodass das Gebiet a priori konvex ist. Das Dualproblem existiert und hat die Form:

minu b · u oder maxu −b · u , b ∈ Rm,u ∈ R

+m0

unter den Restriktionen

AAAT · u ≥ c , AAA

T ∈ Rn×m, c ∈ R

n .

Die Matrix AAAT ist gleich der Transponierten zuAAA, d.h. deren Zeilen und Spalten

sind gerade vertauscht. Die Lösung für das Dualproblem sei im Folgenden kurzhergeleitet. Dazu wird die Langrangefunktionφ(v,u) = F (v)+u · f(v) lediglichkurz umgeformt:

φ(v,u) = −c · v + u · (AAA · v − b)= −b · u+ v · (−c +AAA

T · u) .

Der Gradient nachv ist gegeben durch die Ungleichung

∂vφ(v,u) = −c+AAAT · u ≥ 0 .

Aufgrund derKuhn-Tucker-Bedingung folgt für dieLagrange-Funktion somit dieeinfache Form:

φ(v,u) = −b · u

Gelten dieKuhn-Tucker-Bedingungen, können Schlupfvariablen integriert wer-

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Investitionsre hnung 4 - 32 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

den, ohne die Struktur des Systems zu gefährden. Im Fall des Primalproblems seiin die Nebenbedingungf(v) der Vektors ∈ R

+m0 mit m Schlupfvariablen hinzu-

gefügt, so dass

AAA · v − b+ s = 0 , s ∈ R+m0

identisch null erfüllt ist. Analog gilt für das Dualproblemmit den Schlupfvaria-bleny:

AAAT · u− c− y = 0 , y ∈ R

+n0 .

Aufgrund der Struktur des Gleichungssystems müssen dann die folgenden Bedin-gungen gelten:

u · s = 0 sowie v · y = 0 .

Dies entspricht gerade dem Satz des komplementären Schlupfes. Auf diese Weisekann die lineare Programmierung vollkommen in die nichtlineare Programmie-rung eingebettet werden auf Basis der nichtlinearen konvexen Optimierung.

4.2 Nutzenfunktionen und Konsuments heidungen

Um Konsumentscheidungen analytisch fällen zu können (je nach Konsumpräfe-renz: Kapitalgeber, Kreditnehmer, Neutrale), bedarf es der Einführung von Nut-zenfunktionen. Eine Nutzenfunktion gibt einen zahlenmäßigen Wert für die Prä-ferenz innerhalb einer Menge von Konsumausgaben verschiedener Zeitpunkte an.Im einfachen zweidimensionalen Fall kann man von einer Darstellung in der FormU(C0, C1) ausgehen. Da der Nutzen steigt, je mehr konsumiert wird, gilt wohlU(C0 + ∆, C1) ≥ U(C0, C1) undU(C0, C1 + ∆) ≥ U(C0, C1). Des Weiterenwird vorausgesetzt, dass die Nutzenfunktion keine absolute (kardinal messbare)Rangfolge angibt, sondern dass es genügt, anzunehmen, dasslediglich eine relati-ve Wertung der Konsumausgaben gegeben ist und dass somit eine Lineartransfor-mation der Nutzenfunktion keine Auswirkung auf die Rangfolge hat (So bedeu-tet der Wechsel von derCelsius-Gradskala auf dieFahrenheit-Skala eine Linear-transformation, die hingegen die Rangfolge nicht ändert).Wird also die AnnahmeU(C0, C1) getroffen, so folgt aus der Ableitung für eine marginale Änderung, dass

U + dU = U +∂U

∂C0

dC0 +∂U

∂C1

dC1

die gleiche Rangfolge ergibt wie bei einer linear transformierten Nutzenfunktion

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Investitionsre hnung 4 - 33 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

U = β U + α, da

U + dU = U + β∂U

∂C0dC0 + β

∂U

∂C1dC1

Insbesondere folgt für einβ > 0 alsodU > 0 ⇔ dU > 0. Auch die Vorteilhaftig-keit einer Entscheidung bleibt formal bestehen (man denke an die Äquivalenz dermarginalen Konsumpräferenz mit der Zeitpräferenzrate).

AusdU = 0 unddU = 0 folgt gemeinsam:

∂U

∂C0

∂U

∂C1

=dC1

dC0= −

∂U

∂C0

∂U

∂C1

=β dC1

β dC0=

dC1

dC0

so dass sich für die marginale Konsumpräferenz bei einer Lineartransformationkeinen Einfluss auf die Konsumentscheidung ergibt. Es müssen für die Existenzvon Nutzenfunktionen bestimmte Axiome erfüllt sein. Dazu wird zur symboli-schen Vereinfachung ein Bündelxi betrachtet, der mehrere Variablen vereint. Sokönntexi die verschiedenen Konsumausgaben zu den verschiedenen Zeitpunktenbedeuten. Zu den angesprochenen Axiomen gehören (siehe Kruschwitz (2007a),S. 25-33):

• Reflexivitätsaxiom:Gleiche Bündel sind untereinander immer indifferent, d.h.xk ∼ xk, eigent-lich trivial!

• VergleichbarkeitsaxiomMan kann sich generell zwischen verschiedenen Bündeln entscheiden, alsogilt entwederx1 ≻ x2, x1 ∼ x2 oderx1 ≺ x2.

• TransitivitätsaxiomAusx1 � x2 undx2 � x3 folgt auchx1 � x3.

• StetigkeitsaxiomWenn ein festes Intervall von Nutzenwerten zwischen den Bündelnx1 undx3 gegeben ist, dann kann jeder Wert innerhalb des Intervalls angenommenwerden, d.h. es existieren keine Sprünge. Insbesondere fürdie Rangfolgex1 ≻ x2 ≻ x3 lässt sich ein neues Bündel finden, dassα Anteile vonx1 und(1−α) Anteile vonx3 enthält, so dass diese Mischung zux2 indifferent ist,d.h. [x1,x3‖α, (1 − α)] ∼ x2. Wird eine stetige Mischung angenommen,so kann man auf jeden Fall annehmen, dass ein größerer Anteildes prä-

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Investitionsre hnung 5 - 34 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

ferierten Gutes zu einem höher präferierten Gesamtbündel führt, d.h. dass[x1,x3‖α, (1− α)] ≻ [x1,x3‖β, (1− β)], wennα ≥ β.

• BeschränkungsaxiomAuch wenn dies der Annahme der Nichtsättigung widerspricht(d.h. dassmehr immer mehr ist, wenn auch mit abnehmender Grenzrate (konkave Nut-zenfunktion)), so soll doch angenommen werden, dass es ein schlechtestesund ein bestes Gut gibt, die jeweils mitx undx bezeichnet werden, so dassgilt x � xk � x ∀ xk. Für den Fall der Konsumentnahmen ist der Null-punkt identisch mitx undx ist im Prinzip wegen der Annahme der Nichtsät-tigung nicht eindeutig definiert, wird aber festgelegt, indem willkürlich einIntervall ausgewählt wird. Ist ein solches Intervall gegeben, kann wegen derIndifferenz einer ordinalen Nutzenfunktion bezüglich einer Lineartransfor-mation auchU(x) = 0 undU(x) = 1.0 definiert werden, so dassU(x) = αfür einx � x � x mit 0 ≤ α ≤ 1.

Um Indifferenzkurven als Entscheidungskriterium verwenden zu können, bedarfes neben den gerade eingeführten Axiomen dreier zusätzlicher Axiome

• MonotonieDies entspricht gerade dem Axiom der Nichtsättigung, d.h. jede Steigerungvon∆ ≥ 0 in einer Komponente eines Bündels bewirkt eine Steigerung vonU . AlsoU(C0 +∆, C1) ≥ U(C0, C1) undU(C0, C1 +∆) ≥ U(C0, C1).

• KonvexitätBefinden sich zwei Bündel auf einer Indifferenzkurve (alsox1 ∼ x2), dannwird eine Lineartransformation beider Bündel als neues Bündel präferiert,d.h.αU(x1) + (1 − α)U(x2) ≥ U(α x1 + (1 − α)x2). Grafisch darge-stellt bedeutet das gerade die Konvexität der Indifferenzlinien. Eine konve-xe Indifferenzkurve kann auch nur einen einzigen Tangentialpunkt mit einerTransaktionsgeraden haben.

• RegularitätUm eine Nutzenfunktion sinnvoll anwenden zu können, muss diese mindes-tens zweimal differenzierbar sein, um z.B. das Nutzenmaximum ermittelnzu können.

5 Investitionstheorie (dynamis he Methoden)

unter Si herheit

Im Folgenden wird aufgezeigt, wie eine Entscheidung über die Realisierung vonInvestitionsprojekten gefällt werden kann, wenn verschiedene Bedingungen für

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Investitionsre hnung 5 - 35 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

C1

C0

x1

x2

α αU(x )+(1- ) U(x )1 2

U

Abbildung 6: Konvexität der Indi�erenzkurven bei einer Nutzenfunktion

die Gestaltung des Kapitalmarkts oder die Art des Zeithorizonts gegeben sind. Dereinfachste Fall ist sicherlich der einperiodische Zeithorizont. Als Finanzmarktprä-misse wird zunächst angenommen, dass entweder ein vollkommener oder unvoll-kommener Kapitalmarkt herrscht. Betrachten wir zunächst den einperiodischenFall unter der Annahme, dass mehrere Investitionsprojektewählbar sind (sieheFranke u. Hax (2009), S. 151-165; Hering (2008), S. 22-29).

5.1 1-periodis h, x Investitionsprojekte

Es ist sinnvoll, die Investitionsprojekte nach ihren Renditen zu ordnen.

C1

IImax

Abbildung 7: x einperiodis he Investitionsprojekte mit abnehmender Rendite

Es ist selbstverständlich, dass zunächst die Investitionsprojekte realisiert werden,

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Investitionsre hnung 5 - 36 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

die die höchste Rendite versprechen. Die Investitionskurve ist somit konkav undkann grafisch dargestellt werden.I sei die Investition, die maximal bis zu einemWert vonImax realisiert wird (Auszahlung zut = 0). C1 sei die dabei erzielteEinzahlung int = 1.

Die Funktion lässt sich imC0−C1-Diagramm darstellen, indem die Realinvestiti-onskurve einfach vertikal gespiegelt wird, wobei die Investitionsprojekte mit grö-ßeren Renditen dann rechts unten zu liegen kommen. Welche Investitionsprojekterealisiert werden, ist allerdings nicht klar, ohne eine bestimmte Konsumpräferenzeines Investors zu Grunde zu legen. Eine KonsumfunktionU(·) setzt verschiede-ne Konsumausgaben zu bestimmten Zeitpunkten miteinander in Beziehung undordnet diesen einen bestimmten Nutzenwert zu.

UC1

C0

C1

C0 Imax

C =1

U

C0

I

*

*

**

*

Abbildung 8: Nutzenfunktion tangiert die Investitionskurve im Optimum

Eine sehr einfache Nutzenfunktion sei gegeben durch (Hering (2008), S. 25):

U(C0, C1) = C0C1

Die Lösung wird dort gefunden, wo die FunktionC1 = U(C0,C1)C0

die Investiti-onskurve tangiert, d.h.U(C0, C1) wird solange schrittweise erhöht, bis im Grenz-fall die Nutzenkurve die Investitionskurve gerade noch tangiert. Folglich stimmenin diesem Berührungspunkt die marginale Konsumpräferenz und die Rendite deszuletzt realisierten Investitionsprojektes überein. Dies sei anhand einer grafischenAnalyse gezeigt.Imax sei die Grundausstattung an Kapital zut = 0, d.h. entwederwird C0 = Imax konsumiert und gar nichts investiert oder es wird nichts konsu-miert (C0 = 0) und alle Investitionsprojekte (Imax) realisiert.

Die präferierte Optimallösung wird im PunktC∗0 gefunden. Es wird mithinI∗ in-

vestiert undC∗0 stände zum Konsum int = 0 zur Verfügung. Dabei kannC∗

1 int = 1 entnommen werden. Für den Fall, dass es einen vollkommenen Kapital-

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Investitionsre hnung 5 - 37 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

U

C1

C0

C1

C0 Imax

C =1

U

C0

I

*

*

**

*

K0*

C1

C0ImaxI

K0

Abbildung 9: Optimum für Realinvestition und Konsum und Ni ht-Optimum

(letzteres siehe Brealey u. Myers (1996), S. 22)

markt gibt, kann gezeigt werden, dass die Wahl der Realinvestition unabhängigvon der individuellen Konsumpräferenz ist und die Konsum- und Realinvestiti-onsentscheidungen entkoppelt sind.

Ein vollkommener Kapitalmarkt existiert, wenn (Franke u. Hax (2009), S. 155):

1. es keine Transaktionskosten oder Steuern gibt (d.h. z.B.die Ausgabe vonKrediten für die Finanzinstitute nicht mit zusätzlichen Risiken verbundenist).

2. jeder Kapitalgeber oder jedes Unternehmen am Kapitalmarkt zum Markt-zinsi Geld anlegen oder Kredit aufnehmen kann

3. Kapitalgeber oder Unternehmen von den gleichen Informationen ausgehen(also homogene Erwartungen hegen und keine unterschiedlichen Risikoein-schätzungen haben)

Wie in Abbildung 9 sichtbar, erweitert die Zinsgerade des vollkommenen Kapi-talmarktes die Konsummöglichkeitsmenge, da es immer möglich ist, Kredite undGeldanlagen zum Kapitalmarktzins zu tätigen. Es stellt sich nun die Frage, wiein diesem Fall das Optimum für die Realinvestition und die Konsumnachfragegewählt werden sollten. Wird die ZinskurveC1 = −(1 + i) (C0 − C0) + C1 andie Realinvestitionskurve angelegt, so dass sie diese gerade tangiert, so findet mandas optimale Investitionsprogramm. Denn es ist ersichtlich, dass alle Investitionenmit einer Rendite überi realisiert werden (sie liegen rechts vonI∗). Sie sind un-bedingt vorteilhaft. Dagegen sind alle Projekte mit einer Rendite unteri unvorteil-haft. Sie werden daher nicht realisiert. Folglich ist es in jedem Fall sinnvoll, genauI∗ zu investieren. Da die Zinskurve die ursprüngliche Konsummöglichkeitsmen-ge erweitert, ist es möglich zusätzlich Kredite aufzunehmen oder Geldanlagen zu

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Investitionsre hnung 5 - 38 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

tätigen, ohne den Idealpunkt der Realinvestitionen zu beeinflussen. Man sprichtvon derFisher-Separation: Im Rahmen eines vollkommenen Kapitalmarktesistdas optimale Realinvestitionsprogramm durch die Zinsgerade festgelegt. Läuftman entlang der Zinsgeraden zurC0-Achse, so erkennt man, dass der Schnitt-punkt mit der Abszisse rechts vonImax liegt. Maximal kann man also den BetragC∗

0+I∗+K∗0 entnehmen, indem man einen Kredit vonK∗

0+I∗ in t = 0 aufnimmt,der komplett int = 1 zurückgezahlt wird, d.h. int = 1 kann nichts konsumiertwerden, da in diesem PunktC1 = 0 ist. Da die AusgabenI∗ für die Investitio-nen zwingend sind, verbleibt also der WertK∗

0 als zusätzliche Konsumausgabein t = 0 durch den vollkommenen Kapitalmarkt. Der optimale (präferierte) Kon-sumpunkt kann ermittelt werden als Tangentialpunkt der Nutzenfunktion mit dererweiterten Konsummöglichkeitsmenge. In diesem Fall hat der optimale Konsumden NutzenwertU∗. Die Nutzenkurve tangiert die Zinsgerade rechts vonC∗

0 , d.h.es ist notwendig einen zusätzlichen Kredit aufzunehmen, umU∗ zu realisieren.Wird das Realinvestitionsprogramm nicht optimal gewählt,indem zum Beispielauf eine Reihe vorteilhafter Investitionen verzichtet wird, so schneidet die Zins-gerade die Investitionskurve schon unterhalb des Optimumsin Abbildung 9. Auchhier lässt sich der KapitalwertK0 ablesen, aber in diesem Fall handelt es sich umeine sub-optimale Wahl. Dies erkennt man auch daran, dass der WertK0 geringerist alsK∗

0 . Schauen wir uns das Ergebnis noch einmal detaillierter an:

C1

C0C0

I

K0

C1

A

C

B

U

Zinsgerade desvollkommenen Kapitalmarktes

1+i

**

*

*

*

Abbildung 10: Wahl der optimalen Realinvestitionen und des Konsums

A sei der optimale Konsumpunkt. Werden von Punkt A aus horizontale und ver-tikale Linien gezogen, die in den Punkten C und B enden, so geben die Abstän-de AC bzw. AB gerade den Vorteil bezüglich der KonsummöglichkeitenC1C

bzw. C0B, der dadurch entsteht, dass gegenüber C bzw. B mehr int = 1 bzw.t = 0 konsumiert werden kann, als wenn es keinen vollkommenen Kapitalmarkt

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Investitionsre hnung 5 - 39 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

gäbe. Analog gibtK∗0 die komplette Vorteilhaftigkeit zum Zeitpunktt = 0 an.

K∗0 wird auch als Kapitalwert bezeichnet (K∗

1 = (1 + i)K∗0 ist der entsprechen-

de Endwert int = 1). Damit kann gezeigt werden, dass die Entscheidung überdie Realinvestition und die Konsumentscheidung entkoppelt werden können (Fis-her-Separation). Es wird genauI∗ investiert. Schauen wir uns die Konsument-scheidung noch einmal genauer an: Die Steigung der Nutzenfunktion lässt sichbestimmen über (Wandern entlang der KurveU):

dU =∂U

∂C0

dC0 +∂U

∂C1

dC1 = 0 ⇒dC1

dC0

= −∂U∂C0

∂U∂C1

Die Steigung muss dem Zinsfaktor−(1 + i) entsprechen, alsodC1dC0

= −(1 + i).Damit ist die Konsumentscheidung in einem zweiten Schritt gefällt. Für die gege-bene NutzenfunktionU = C0C1 folgt z.B.:

dU∗

C0

dC0= −

U∗

C20

= −(1 + i) ⇔ C0 =

U∗

(1 + i).

Nun sei das Problem etwas verändert, indem von einem unvollkommenen Kapital-markt ausgegangen wird. Auf Grund von Transaktionskosten seien der HabenzinsiH und der SollzinsiS unterschiedlich. In diesem Fall hegen Kapitalgeber und Un-ternehmer unterschiedliche Konsumvorstellungen (Frankeu. Hax (2009), S. 160-163). Grafisch lässt sich das so darstellen, dass die Haben- und Sollzinsgerade soan die Realinvestitionskurve angelegt werden, dass sie diese gerade tangieren.

A

B

C

D

I1

I2

C0

C1

Sollzinsgerade

Habenzinsgerade

*

*

Abbildung 11: Optimale Programme im unvollkommenen Kapitalmarkt

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Investitionsre hnung 5 - 40 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Nach dem gleichen Prinzip wie zuvor ist ersichtlich, dass esnicht sinnvoll ist,weniger alsI∗1 zu investieren, da die Renditen der entsprechenden Investitions-projekte in jedem Fall den Sollzins übersteigen. Auch ist esnicht sinnvoll, mehralsI∗2 zu investieren, da die Renditen der entsprechenden Investitionsprojekte überI∗2 geringer sind als der Habenzins. Es würde sich also eher lohnen Geld am Ka-pitalmarkt anzulegen, als zu investieren. Somit ist unmittelbar ersichtlich, dassI∗1 ≤ I∗ ≤ I∗2 gelten muss. Für die Konsumentscheidung hingegen ist die gesamteKurve ABCD maßgebend, da die Zinsgeraden den Raum an Konsummöglich-keiten erweitern. In diesem Fall ist nicht klar, welche Entscheidung getroffen wird(Hirshleifer-Fall) (Hirshleifer (1958)). Hier sind die Realinvestitionsentscheidungund die Konsumentscheidung gekoppelt (soweit der BereichBC fraglich ist, sonstwerden entwederI∗1 oderI∗2 realisiert). „Je nach Präferenz (Kapitalgeber (präfe-rieren eher Geldanlagen) oder Unternehmer (präferieren eher Kreditaufnahmen)oder Neutrale (eher im BereichBC)) und damit auch je nach der Art der Konsum-nutzenfunktion kann das Ergebnis unterschiedlich sein“ (Franke u. Hax (2009),S. 163).

Die sei an einem Beispiel erläutert. Es existieren die folgenden Investitionspro-jekte (die entsprechenden Renditen der Projekte sind mit angegeben):

e0 e1 r = −e1e0

− 1

I1 - 400 500 25 %I2 -200 320 60 %I3 -200 230 15%I4 -250 350 40%I5 -500 525 5%

Der Habenzins sei20% und der Sollzins30%. Folglich werdenI2 und I4 unbe-dingt realisiert, da deren Renditen den Sollzinssatz übersteigen. Die Renditen vonI3 und I5 sind kleiner als der Habenzins, so dass diese nicht realisiert werden.Für I1 gilt: iH ≤ r1 ≤ iS undI1 wird möglicherweise realisiert. Die Menge dermöglichen Realinvestitionen liegt also zwischenI2 + I4 ≤ I∗ ≤ I1 + I2 + I4.

Welche Investitionen tatsächlich getätigt werden, hängt jedoch von der Nutzen-funktion ab, die wie zuvor gewählt sei alsU = C0C1. Die einzelnen Bereiche mitdiskreten Randpunkten können durch lineare Funktionen abgebildet werden. DieAbbildungsvorschrift lautet allgemein:

C1 =( ¯C1 − C1)

( ¯C0 − C0)(C0 − C0) + C1

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Investitionsre hnung 5 - 41 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

C1

C0

a

b

c

I2

I3

I4

500

320

670

1170

1400

1925

700 1100 13501550

1615,38

2010

I5

I1

Abbildung 12: Investitionskurve und Zinsgeraden im Beispiel

Es existieren 3 Bereiche:

Bereich a)Habenzinsgerade:C1 = −1.2 (C0 − 700) + 1170

Bereich b)

InvestitionI1: C1 =(1170− 670)

(700− 1100)(C0−1100)+670 = −1.25 (C0−1100)+670

Bereich c)Sollzinsgerade:C1 = −1.3 (C0 − 1100) + 670

Die Optimallösung erhält man nun, indem diese Beziehungen für C1(C0) in dieNutzenfunktionU(C0, C1) eingesetzt wird und diese Funktion anschließend inAbhängigkeit vonC0 maximiert wird. Es gilt:

Bereich a)U = (1170− 1.2 (C0 − 700))C0 = 2010C0 − 1.2C2

0

maxC0

U ⇒ 2010− 2.4C0 = 0 ⇒ C0 = 837.5

Bereich b)U = (670− 1.25 (C0 − 1100)C0)C0 = 2045C0 − 1.25C2

0

maxC0

U ⇒ 2045− 2.5C0 = 0 ⇒ C0 = 818

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Investitionsre hnung 5 - 42 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Bereich c)U = (670− 1.3 (C0 − 1100))C0 = 2100C0 − 1.3C2

0

maxC0

U ⇒ 2100− 2.6C0 = 0 ⇒ C0 = 807.69

Anhand der gegebenen Konsumentscheidung lässt sich feststellen, dass nur dieLösung für Bereich b) möglich ist, da die Optimallösungen für Bereiche a) undc) sich jeweils außerhalb des Definitionsbereiches befinden. Also gilt C0 = 818.Da die Möglichkeit besteht Kredit aufzunehmen, werden die RealinvestitionenI∗ = I1+ I2+ I4 gewählt und ein Kredit von118 aufgenommen, um818 in t = 0konsumieren zu können, da nurC∗

0 = 700 bei I∗ = 850 konsumiert werden dürf-te, es sei dennI1 ist teilbar. Dann wird exaktI∗ = 1550− 818 = 732 gewählt.

Der jeweils geltende Grenzzinsfuß definiert den Kapitalmarktzins. Hier ist es der25%-Zins der InvestitionI1. I1 wird auch als Grenzobjekt bezeichnet und besitzteinen Kapitalwert von0, d.h. es ist im Prinzip egal, wie stark die InvestitionI1ausgelastet wird. Einen finanziellen Vorteil erreicht man dadurch nicht. Wäre derKonsumpunkt auf der Sollzinsgeraden, so wäre 30% der Grenzzins. Wie man an-hand der Abbildung ablesen kann, wäre dann genauI∗ = I2 + I4 die optimaleInvestition und der Kapitalwert1615.38 − 1550 = 65.38, da es gelänge bis zuC0 = 1615.38 zu konsumieren. Der entsprechende Kredit könnte durch die rendi-temäßig höherwertige InvestitionI∗ leicht abgetragen werden. Beim Grenzzins-fuß von 25% ergeben die InvestitionenI2+ I4 sogar einen noch höheren geldwer-ten Vorteil (K0 = 86). Der Kapitalwert ergibt sich allgemein, indem die mit derGrenzrendite diskontierten jährlichen Ein- und Auszahlungen addiert werden. Esgilt demnach:K0 I1 = −400 + 500/1.25 = 0 für I1. Der Kapitalwert vonI3 istnegativ, da:K0 I3 = −200 + 230/1.25 = −16. Allgemein gilt: Unvorteilhafte In-vestitionen besitzen einen negativen Kapitalwert und vorteilhafte einen positivenKapitalwert. Grenzobjekte haben einen Kapitalwert von null (dies gilt aber nurfür lineare Objekte, siehe Kapitel 5.10.10). Die Kapitalwerte der Objekte sind da-bei immer mit dem gültigen Grenzzinsfuß zu berechnen. Im Einzelnen ergibt sich:

K0 I5 = −500 + 5251.25

= −80

K0 I3 = −200 + 2301.25

= −16

K0 I1 = −400 + 5001.25

= 0

K0 I4 = −250 + 3501.25

= 30

K0 I2 = −200 + 3201.25

= 56

}

K0 = 86

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Investitionsre hnung 5 - 43 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

5.2 1-per., x Finanzierungs- und Investitionsprojekte

Das sogenannteDean-Modell (Dean (1969)) ist anwendbar im einperiodischenFall, wenn mehrere Investitions- und Finanzierungsprojekte gegeben sind. Hierist der Kapitalmarkt unvollkommen, da die Finanzierungsprojekte verschiedeneVerzinsungen besitzen können. Die Möglichkeit einer Geldentnahme kann übereine Barentnahme int = 0 (Barwert) odert = 1 (Endwert) modelliert werden.Die Lösung erfolgt vorteilhafter Weise grafisch, indem die Aus- und Einzahlun-gen der Investitions- bzw. Finanzierungsprojekte int = 0 nach ihren Renditenabsteigend bzw. aufsteigend auf der Ordinate eines Koordinatensystems parallelzur Abszisse abgetragen werden. Ein Projekt ist nur dann in der Lösungsmenge,wenn die Rendite des zuletzt realisierten Investitionsprojekts größer ist als dieVerzinsung des zuletzt in Anspruch genommenen Finanzierungsobjekts. Dabeifungiert das zuletzt realisierte Investitions- oder Finanzierungsprojekt, was nichtvollständig aufgezehrt wird, als Grenzobjekt, d.h. die entsprechenden Kapitalwer-teK0 sind mit dessen Grenzrendite zu bestimmen. Im einperiodischen Fall kannman gemäß den Zeitpunktent = 0 und t = 1 ein Barwert- und ein Endwert-maximierungsmodell unterscheiden. Eine Finanzierung mitEigenkapital hat einr = 0. Dieser Betrag kann direkt vom Nullpunkt nach rechts abgetragen werden(Finanzierung mit Eigenkapital ist am vorteilhaftesten).Bei einer Barentnahme int = 0 verschiebt sich der Nullpunkt der Finanzierungsobjekte entsprechend nachlinks. Der errechnete Kapitalwert aller realisierten Objekte entspricht der maxi-mal möglichen Barentnahme int = 0. Die Vorgehensweise soll an einem Beispielerläutert werden:

Objekt j g0j zu t0 g1j zu t1 rj RangfolgeA −60 69 15% 2B −80 84 5% 4C −50 60 20% 1D −30 33.6 12% 3E 70 −77 10% 2F 70 −79.1 13% 3G 50 −53.5 7% 1

Die einzelnen Investitions- und Finanzierungsobjekte werden nach deren Rang-folge in eine Grafik eingetragen, wobei eine Nullpunktverschiebung der Finan-zierungsobjekte je nach Fragestellung zusätzlich in Fragekäme (Eigenkapital,Barentnahme). Aus der Grafik ist ersichtlich, dass das Investitionsobjekt B nichtrealisiert wird, da dessen Rendite geringer ist als jene deszuletzt realisierten Fi-nanzierungsobjekts E. Das Objekt D kann nicht voll realisiert werden, da maximalein Betrag von nur 120 benötigt wird. D wird also nur zu 10 (xD = 1/3) in An-spruch genommen und ist das Grenzobjekt. Die Grenzrendite lautet also 12%.Daraus ergeben sich die Kapitalwerte der einzelnen Objekteals:

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Investitionsre hnung 5 - 44 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

C

B

D

A

E

F

20%

15%13%12%

7%

5%

110

50 120

50 140

10%

220

190

G

Abbildung 13: Gra�s hes Dean-Modell im Ausgangsfall ohne Barentnahme

A B C D E F G

1.607143 −5 3.57143 0.0 1.25 −0.625 2.232143

Tabelle 8: Kapitalwerte bei einer Grenzrendite von 12%

Als Kapitalwert des gegebenen Systems ergibt sich also:

K0A +K0C +K0E +K0G = 1.607143+ 3.57143+ 1.25+ 2.232143 = 8.660712

Nun soll gezeigt werden, dass die maximal mögliche Barentnahme der Summealler positiven Kapitalwerte (K0 = K0A +K0C + K0E + K0G) entspricht. Dazuwird die Lagrange-Funktion gebildet, indem für die eindeutigen Objekte C, A,Eund G direkt Zahlenwerte eingesetzt werden und nur das Objekt D als fraglichgilt. Mit Hilfe der Lagrange-Faktorend0 undd1 lautet die zu minimierendeLa-grange-Funktion:

L(BW, xD, d0, d1) = −BW+ d0 (BW− 10 + 30 · xD) + d1 (1.5− 33.6 · xD)

Die entsprechenden Extremalbedingungen lauten:

(BW): −1.0 + d0 = 0.0(xD): 30 · d0 − 33.6 · d1 = 0.0(d0): BW− 10 + 30 · xD = 0.0(d1): 1.5− 33.6 · xD = 0.0

Als Lösung ergibt sich:

d0 = 1.0, d1 = 0.892857143, xD = 0.04464285714, BW!= 8.660714286

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Investitionsre hnung 5 - 45 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Die BarentnahmeBW = 8.660714 wäre theoretisch maximal möglich. Wird die-ser Betrag also int = 0 entnommen, so ist der Nullpunkt der Finanzierungsobjekteentsprechend nach links zu verschieben. D bleibt weiterhinGrenzobjekt, aber Dwird nun zu111.34− 110 = 1.34 (xD = 0.0446) in Anspruch genommen. Da dasGrenzobjekt weiterhin D bleibt, ist der Kapitalwert der selbe. Im Umkehrschlussfolgt, dass der Endert maximal wird, wenn der Nullpunkt der Finanzierungsobjek-te so weit wie möglich rechts liegt (also im Nullpunkt). Für die Maximierung desEndwerts muss alsoxD = 1/3 gelten. Rein mathematisch errechnet er sich überEW= 1.12 ·K0 = 9.7. Es sei weiterhin angemerkt, dass sich der Grenzzinsfaktorüber dieLagrange-Faktoren alsq = d0/d1 = 1.12 ergibt.

C

B

D

A

E

F

20%

15%13%12%

7%

5%

110

41.34 111.34

50 140

10%

220

181.84

G

-8.66

Abbildung 14: Gra�s hes Dean-Modell im Ausgangsfall mit Barentnahme

In[4]:= ClearAll @BW, EW, xA, xB, xC, xD, xE, xF, xG D;

Print @

FindMinimum @8-BW, BW+ 60 * xA + 80 * xB + 50 * xC + 30 * xD - 70 * xE - 70 * xF - 50 * xG £ 0.0,

-69 * xA - 84 * xB - 60 * xC - 33.6 * xD + 77 * xE + 79.1 * xF + 53.5 * xG £ 0.0,

xA £ 1.0, xB £ 1.0, xC £ 1.0, xD £ 1.0, xE £ 1.0, xF £ 1.0, xG £ 1.0, xA ³ 0.0,

xB ³ 0.0, xC ³ 0.0, xD ³ 0.0, xE ³ 0.0, xF ³ 0.0, xG ³ 0.0, BW ³ 0.0 <,

8xA<, 8xB<, 8xC<, 8xD<, 8xE<, 8xF<, 8xG<, 8BW<DD;

Print @FindMinimum @8-EW, 60 * xA + 80 * xB + 50 * xC + 30 * xD - 70 * xE - 70 * xF - 50 * xG £ 0.0,

-69 * xA - 84 * xB - 60 * xC - 33.6 * xD + 77 * xE + 79.1 * xF + 53.5 * xG+ EW£ 0.0,

xA £ 1.0, xB £ 1.0, xC £ 1.0, xD £ 1.0, xE £ 1.0, xF £ 1.0, xG £ 1.0, xA ³ 0.0,

xB ³ 0.0, xC ³ 0.0, xD ³ 0.0, xE ³ 0.0, xF ³ 0.0, xG ³ 0.0, EW ³ 0.0 <,

8xA<, 8xB<, 8xC<, 8xD<, 8xE<, 8xF<, 8xG<, 8EW<DD;

8-8.66071,8xA ® 1., xB ® 0., xC ® 1., xD ® 0.0446429, xE ® 1., xF ® 0., xG ® 1., BW ® 8.66071<<

8-9.7, 8xA ® 1., xB ® 0., xC ® 1., xD ® 0.333333, xE ® 1., xF ® 0., xG ® 1., EW ® 9.7<<

Abbildung 15: Barwert-/Endwertmaximierung für xmaxD = 1 (Mathemati a)

Die numerischen Rechnungen wurden mit dem mathematischen Berechnungswerk-zeug Mathematica ausgeführt, welches von dem Autor meist und vorteilhafter

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Investitionsre hnung 5 - 46 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Weise im Rahmen dieses Skriptes angewendet wird. Vermutlich ist die Darstel-lung selbsterklärend. Wer die Ausdrucke noch nicht voll versteht, sollte bis späterwarten, wenn ein komplexeres mehrperiodisches Beispiel imRahmen von Mathe-matica gelöst wird.

Im Folgenden werden einige Änderungen betrachtet. Was wäre, wenn das ObjektD anstattxmax

D = 1.0 nur eine Obergrenze vonxmaxD = 0.2 hätte? Da wir die Lö-

sungen für die Barwertmaximierung und Endwertmaximierungkennen, könnenwir folgern, dass sich für die Barwertmaximierung nichts ändern würde, da dortxD = 0.044643 war, wohl aber für die Endwertmaximierung, da nunxD = 1/3nicht mehr erreichbar wäre. Da nun D begrenzt wird, ist auch der Optimalpunktnicht mehr gültig, d.h. auchE muss entsprechend reduziert werden und zwar umden Betrag∆xE = ∆xD · 30 · 1

70= 0.057142857 aufxE = 0.942857143.

In[1]:= ClearAll @BW, EW, xA, xB, xC, xD, xE, xF, xG D;

Print @

FindMinimum @8-BW, BW+ 60 * xA + 80 * xB + 50 * xC + 30 * xD - 70 * xE - 70 * xF - 50 * xG £ 0.0,

-69 * xA - 84 * xB - 60 * xC - 33.6 * xD + 77 * xE + 79.1 * xF + 53.5 * xG £ 0.0,

xA £ 1.0, xB £ 1.0, xC £ 1.0, xD £ 0.2, xE £ 1.0, xF £ 1.0, xG £ 1.0, xA ³ 0.0,

xB ³ 0.0, xC ³ 0.0, xD ³ 0.0, xE ³ 0.0, xF ³ 0.0, xG ³ 0.0, BW ³ 0.0 <,

8xA<, 8xB<, 8xC<, 8xD<, 8xE<, 8xF<, 8xG<, 8BW<DD;

Print @FindMinimum @8-EW, 60 * xA + 80 * xB + 50 * xC + 30 * xD - 70 * xE - 70 * xF - 50 * xG £ 0.0,

-69 * xA - 84 * xB - 60 * xC - 33.6 * xD + 77 * xE + 79.1 * xF + 53.5 * xG+ EW£ 0.0,

xA £ 1.0, xB £ 1.0, xC £ 1.0, xD £ 0.2, xE £ 1.0, xF £ 1.0, xG £ 1.0, xA ³ 0.0,

xB ³ 0.0, xC ³ 0.0, xD ³ 0.0, xE ³ 0.0, xF ³ 0.0, xG ³ 0.0, EW ³ 0.0 <,

8xA<, 8xB<, 8xC<, 8xD<, 8xE<, 8xF<, 8xG<, 8EW<DD;

8-8.66071,8xA ® 1., xB ® 0., xC ® 1., xD ® 0.0446429, xE ® 1., xF ® 0., xG ® 1., BW ® 8.66071<<

8-9.62, 8xA ® 1., xB ® 0., xC ® 1., xD ® 0.2, xE ® 0.942857, xF ® 0., xG ® 1., EW ® 9.62<<

Abbildung 16: Barwert-/Endwertmaximierung für xmaxD = 0.2 (Mathemati a)

Man kann den neuen Endwert ermitteln, indem die Beziehung

EW= xC · 60 + xA · 69 + xD · 33.6− xG · 53.5− xE · 77

ausgewertet wird. Es ergibt sichEW = 9.62. Es wäre auch möglich nur die Än-derungen bezüglich der veränderten Objekte zu berücksichtigen, d.h.∆EW =−(1/3 − 0.2) · 33.6 + ∆xE · 77 = −0.08, alsoEW = 9.7 − 0.08 = 9.62. Of-fenbar ist nun das Objekt E das Grenzobjekt und der Grenzzinsfuß lautet daher10% (d.h. der zugehörige KapitalwertK0 wäre mitq = 1.1 zu berechnen). Dieslässt sich analytisch nachweisen, indem dieLagrange-Funktion des reduziertenSystems ausgewertet wird:

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Investitionsre hnung 5 - 47 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

L(EW, xE , d0, d1) = −EW+ d0 (66− 70 · xE) + d1 (EW− 82.22 + 77 · xE)

Die entsprechenden Extremalbedingungen lauten:

(EW): −1.0 + d1 = 0.0(xE): −70 · d0 + 77 · d1 = 0.0(d0): 66− 70 · xE = 0.0(d1): EW− 82.22 + 77 · xE = 0.0

Als Lösung ergibt sich:d0 = 1.1, d1 = 1, xE = 0.942857143, EW= 9.62

Man erkennt, dassq = d0/d1 = 1.1 ist. Die Grenzrenditen im Barwert- und End-wertmaximierungsmodell sind somit unterschiedlich. Es gibt auch eine weitereanschauliche Berechnungsmöglichkeit für den Endwert, derüber den Kapitalwertgeht. Wie bekannt gibt der Kapitalwert die maximal möglicheBarentnahme an.Da xD = 0.2 oder∆D = (1/3 − 0.2) · g0D = 4, können zunächst 4 Einheitenentnommen werden, ohne das Grenzobjekt zu ändern. Es bleibtD. Weitere Barent-nahmen sind nur möglich, wenn E verringert wird. Damit wird EGrenzobjekt. DerRest8.66072− 4 = 4.660712 ist also mit den Grenzzinsfaktoren (alter und neuerGrenzzinsfaktor) umzurechnen, d.h. es verbleiben4.660712 · 1.12

1.1= 4.745452218,

die noch entnommen werden können. Zusammen genommen lautetdie maximalmögliche Barentnahme also8.745452218, deren Betrag nun auch dem gültigenKapitalwert entspricht, d.h. der Endwert muss damit8.745452218 · 1.1 ≈ 9.62lauten. Last but not least soll die Summe aller positiven Kapitalwerte bei einerGrenzrendite von1.1 ermittelt werden. Damit erhält man die maximal möglicheBarentnahme sofort. Dies ist aber auch die intellektuell amwenigsten anspruchs-volle Aufgabe. Sie soll aber noch einmal durchexerziert werden:

A B C D E F G

2.72 −3.63 4.54 0.54 0.0 −1.90 1.36

Tabelle 9: Kapitalwerte bei einer Grenzrendite von 10%

Es ergibt sich nun ein Kapitalwert von:

K0 = K0C +K0A +K0D +K0G +K0E = 4.54 + 2.72 + 0.54 + 1.36 = 9.18

Hah! Was war das? So einfach ist es dann auch nicht. Wir müssennatürlich be-achten, dassxD = 0.2 (zusätzliche Restriktion), alsoK0D = 0.1090 und daher

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Investitionsre hnung 5 - 48 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

K0 = K0C +K0A +K0D +K0G +K0E = 4.54 + 2.72 + 0.1090 + 1.36!= 8.745

Kennt man für ein System bereits dessen Kapitalwert, ist es schneller den neuenKapitalwert inkrementell zu ermitteln. Hätten wir zum Beispiel beixmax

D = 1.0einen zusätzlichen Kredit bis zu einer Obergrenze von50 und einer Verzinsungvon 11% zur weiteren Finanzierung, könnte man nun D vollständig realisieren.Der Kredit wäre nun das neue Grenzobjekt. Wie bekannt, gibt es zwei Grundfälle:Die Barwert- und Endwertmaximierung. Gelten keine Begrenzungen, d.h. ist füralle Objekte eine Auslastung bis zux = 1.0 möglich, so sind beide Grundfällezueinander komplementär. Der einzige Unterschied ist, dass das Grenzobjekt ver-schieden beansprucht wird, da im Barwertmaximierungsmodell der Nullpunkt derFinanzierungsobjekte am weitesten links liegt. Als Ausgangssystem für die inkre-mentelle Ermittlung des Kapitalwertes (als zum Endwert komplementäre Größe)eignet sich allerdings nur jenes System, in dem der Nullpunkt der Finanzierungs-objekte im Nullpunkt des Koordinatenkreuzes liegt. Ändertsich nun die Grenz-rendite von 12% auf 11%, ist wie folgt zu verfahren: BeiK0 = 8.66071429 war Dnur zuxD = 1/3 beansprucht. Es fehlen mithin noch∆xD = 2/3. Der alte Kapi-talwert ist zunächst mit den Grenzzinsfaktoren umzurechnen: 8.66071429 · 1.12

1.11=

8.738. Hinzu kommt der Restanteil∆xD · (−30 + 33.6/1.11) = 0.180 für dasvoll ausgelastete Objekt D. Insgesamt ergibt sich also ein neuer Kapitalwert vonK0 = 8.738 + 0.180 = 8.918. Dies sei abschließend noch einmal nachgewiesen,

A B C D E F G Kredit

2.162 −4.324 4.054 0.270 0.630 −1.261 1.801 0.0

Tabelle 10: Kapitalwerte bei einer Grenzrendite von 11% mit Kredit

.

woraus sich tatsächlich ergibt:

K0A+K0C+K0D+K0E+K0G = 2.162+4.054+0.270+0.630+1.801 = 8.918.

Hat man also zunächst einen Startpunkt der Berechnung (entweder grafisch (mitdemDean-Modell), analytisch (z.B. über dieLagrange-Funktion) oder numerisch(z.B. mit Mathematica)), kann man sich so inkrementell zu jedem weiteren Sys-tem durchhangeln. Wie man sieht, gibt es aber kein Patentrezept. Man muss immergenau überlegen, wie im Einzelnen vorzugehen ist.

Für einperiodische Berechnungen ist dasDean-Modell einigermaßen einfach an-wendbar. Bei mehrperiodischen Betrachtungen hingegen ergibt sich ein anderes

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Investitionsre hnung 5 - 49 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

In[7]:= ClearAll @BW, EW, xA, xB, xC, xD, xE, xF, xG, KR D;

Print @FindMinimum @

8-BW, BW+ 60 * xA + 80 * xB + 50 * xC + 30 * xD - 70 * xE - 70 * xF - 50 * xG- 50 * KR£ 0.0,

-69 * xA - 84 * xB - 60 * xC - 33.6 * xD + 77 * xE + 79.1 * xF + 53.5 * xG+ 55.5 * KR£ 0.0,

xA £ 1.0, xB £ 1.0, xC £ 1.0, xD £ 1.0, xE £ 1.0, xF £ 1.0, xG £ 1.0, KR £ 1.0, xA ³ 0.0,

xB ³ 0.0, xC ³ 0.0, xD ³ 0.0, xE ³ 0.0, xF ³ 0.0, xG ³ 0.0, KR ³ 0.0, BW ³ 0.0 <,

8xA<, 8xB<, 8xC<, 8xD<, 8xE<, 8xF<, 8xG<, 8KR<, 8BW<DD;

Print @FindMinimum @8-EW, 60 * xA + 80 * xB + 50 * xC + 30 * xD - 70 * xE - 70 * xF - 50 * xG- 50 * KR£

0.0, -69 * xA - 84 * xB - 60 * xC - 33.6 * xD + 77 * xE + 79.1 * xF + 53.5 * xG+ 55.5 * KR+ EW£

0.0, xA £ 1.0, xB £ 1.0, xC £ 1.0, xD £ 1.0, xE £ 1.0, xF £ 1.0, xG £ 1.0, KR £ 1.0,

xA ³ 0.0, xB ³ 0.0, xC ³ 0.0, xD ³ 0.0, xE ³ 0.0, xF ³ 0.0, xG ³ 0.0, KR ³ 0.0, EW ³ 0.0 <,

8xA<, 8xB<, 8xC<, 8xD<, 8xE<, 8xF<, 8xG<, 8KR<, 8EW<DD;

8-8.91892,8xA ® 1., xB ® 0., xC ® 1., xD ® 1., xE ® 1., xF ® 0., xG ® 1., KR ® 0.578378, BW ® 8.91892<<

8-9.9, 8xA ® 1., xB ® 0., xC ® 1., xD ® 1., xE ® 1., xF ® 0., xG ® 1., KR ® 0.4, EW ® 9.9<<

Abbildung 17: Barwert-/Endwertmaximierung mit Kredit (Mathemati a)

Bild, obwohl von Dean (1969) vorgeschlagen wurde, sein Modell auch im mehr-periodischen Fall anzuwenden, d.h. allein nach den Renditen in der ersten Periodeoder den internen Zinssätzen zu entscheiden. Dieser Vorschlag erwies sich aberals falsch, da die Dynamik bzw. die Art der Zahlungsumschichtungen in mehr-periodischen Problemen so vielfältig ist, dass das Bild nicht so einfach ist. Sokann es nämlich sein, dass ein nach seiner Rendite her gesehener Kredit eigent-lich unvorteilhaft wäre, aber auf Grund der Tatsache, dass er mit den Einzahlungs-überschüssen aus den getätigten Investitionsprojekten bereits so frühzeitig getilgtwerden kann, dennoch global vorteilhaft bleibt, da damit später möglicherweisegrößere Einzahlungsüberschüsse möglich sind, als wenn derKredit nicht in An-spruch genommen worden wäre. Da also die Möglichkeiten der Umschichtungeninnerhalb des Systems so groß sind, lässt sich die Lösung nurüber ein gekoppel-tes Simultanprogramm gewinnen, wie es z.B. nachHax und Weingartner(Hax(1964), Weingartner (1963)) im Rahmen der LP (linearen Programmierung) vor-geschlagen wurde, worauf später eingegangen wird.

5.3 Der allgemeine mehrperiodis he Fall

Da das einperiodischeDean- oder Realinvestitionsmodell für den mehrperiodi-schen Fall nicht mehr anwendbar ist, da es eine Vielzahl an Möglichkeiten derRealisierung von Finanzierungs- und Investitionsprojekten über die Zeit gibt, sollzunächst die so genannteFisher-Separation für den Fall des vollkommenen Ka-pitalmarktes bewiesen werden, die das Problem beträchtlich vereinfacht. Dabeiversteht man unter derFisher-Separation, dass die Konsumentscheidung und dieInvestitionsentscheidung entkoppelt sind. Neben dem Grundsatz der Optimalitäteines Investitionsprogramms sind zudem bestimmte Zwangsbedingungen einzu-

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Investitionsre hnung 5 - 50 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

halten, wie zum Beispiel bestimmte Mindestliquiditätsquoten, etc.. Eine Unter-nehmung ist liquide, wenn Auszahlungen und Einzahlungen imGleichgewichtsind und nicht an die Substanz des Unternehmens gehen. Im Fall eines vollkom-menen Kapitalmarks kann aber davon ausgegangen werden, dass sich das Un-ternehmen stets frisches Kapital zum gegebenen Kapitalzinssatz besorgen oderGeldanlagen tätigen kann und das unbegrenzt. Es wird hier daher von bestimm-ten Restriktionen wie z.B. Kreditlimits abgesehen. Zur vereinfachten Darstellungsollen bestimmte Symbole eingeführt werden.Ct bezeichne eine Konsumausgabe(Entnahme) im Zeitpunktt, bt definiere eine fest vorgegebene fixe Zahlung (Ba-siszahlung) im Zeitpunktt, die beliebiges Vorzeichen haben kann.CFt bezeichnedie Projektzahlungen, wobei in der Regel eine Investitionsauszahlung am Anfangsteht und später realisierte Zahlungen (engl.: “cash flows”) definiert sind, so dassCFt = (−I0,CF1, . . . ,CFT ) (CFt als symbolische Größe wird als Einzahlungpositiv gewertet. Die einzelnen Zahlungen können aber auchnegativ sein). DieAuszahlung zum Ende einer Periode kann alsCt − CFt ≤ bt ermittelt werden,wobei hierbt einen festen Zahlungsüberschuss (z.B. Kassenbestandb0 in t = 0,fest eingeplante Entnahmen (z.B. Dividendenausschüttungen bt < 0) oder auchbestimmte Einlagen (z.B. Beteiligungsfinanzierung, Kapitalerhöhung,bt > 0))bezeichnet (siehe Hering (2008), S. 143).bt begrenzt somit die mögliche Kon-sumentnahme. Istbt > 0, so kann offenbar mehr entnommen werden, als wennbt < 0. Im Falle bt < 0 sind z.B. fixe Entnahmen bereits inbt berücksichtigt,so dass die residuale Konsumentnahme entsprechend kleinerausfällt. Da es sichhier um eine Ungleichung handelt, kann es sein, dass in einerPeriode ein Saldoverbleibt.

Auf einem vollkommenen Kapitalmarkt kann der Saldo im Zeitpunkt t = 0:F0 = b0+CF0−C0 am Kapitalmarkt zum Zinssatzi untergebracht werden. Folg-lich wird F0 zu t = 1 mit q = (1+ i) verzinst, so dassF1 = b1+CF1−C1+F0 q,usw.. Zum Ende der Perioden sei die Bilanz ausgeglichen, so dass kein wei-terer Überschuss oder keine weitere Unterfinanzierung anfallen. Folglich gilt:bT + CFT − CT + FT−1 q = 0 (Kruschwitz (2011), S. 77-78).

Wird nun sukzessiveFt rekursiv eingesetzt, so folgt das Gleichungssystem:

0 = bT + CFT − CT + (bT−1 + CFT−1 − CT−1 + FT−2 q) qT∑

t=0

(Ct − bt) qT−t =

T∑

t=0

CFt qT−t

DieFisher-Separation bedeutet, dass die Investitionsentscheidungunabhängig vonder Konsumentscheidung getroffen werden kann. Es ist ersichtlich, dass Entnah-men möglich sind, die mindestens die Basiszahlungen übersteigen, wenn die not-

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Investitionsre hnung 5 - 51 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

wendige Bedingung∑T

t=0 CFt qT−t ≥ 0 bzw. mit einer Diskontierung mit dem

festen Faktorq−T auch∑T

t=0 CFt q−t ≥ 0 erfüllt ist, wenn die Gleichung unab-

hängig von dem Ausmaß der einzelnenCt’s gelten soll. Letztere Summe ist abergerade der KapitalwertK0 eines Projekts, da alle Cashflows (unter Einschlussder negativen Anfangszahlung (im Englischen “net present value” oder Nettobar-wert)) auf den Zeitpunktt = 0 diskontiert werden. Das heißt, es ist sinnvoll,alle Investitionen durchzuführen, deren KapitalwertK0 ≥ 0 ist. Im Falle einesvollkommenen Kapitalmarkts sind die jährlichen Diskontfaktorenq−1

t = q−1 ein-heitlich. Im Falle eines unvollkommenen Kapitalmarkts sind Kredit- und Haben-zins jedoch nicht unbedingt identisch. Dann gilt zwar immernoch die BedingungK0 ≥ 0 für ein vorteilhaftes Projekt, aber die endogenen Grenzzinsfüße könnennun variabel sein. Man weiß im Prinzip nur, dass diese sich irgendwo im Intervallzwischen dem Haben- und Sollzinsfuß befinden müssen (späterwird sich her-ausstellen, dass der Grenzzinsfuß auch über dem Sollzinssatz liegen kann, wennKreditlimits vorhanden sind und der Kredit maximal ausgeschöpft wird). Wirddavon ausgegangen, dass es nur einperiodische Ergänzungsfinanzierungen zumHaben- oder Sollzinssatz gibt, so kann man natürlich anhanddes Vorzeichensvon Ft entscheiden, ob es sich um einen Kredit oder eine Geldanlagehandeltund dann die jeweilige Größeqt jeweils als Kredit- oder Habenzinsfaktor wäh-len. Bei mehreren Objekten, insbesondere bei vielfachen Finanzierungsobjekten,innerhalb dieser Bandbreite ist dies jedoch nicht klar. Hier wäre nur ein gekoppel-tes Gleichungssystem zu lösen, in dem die Optimallösung fürdie verschiedenenFinanzierungs- und Investitionsobjekte simultan gefunden wird unter Einschlussder speziellen Konsumpräferenz eines Investors. Die Lösung des gekoppelten Sys-tems liefert die endogenen Grenzzinsfüße für jede Periode,mit deren Hilfeqt undauch der Kapitalwert

K0 = −I0 +

T∑

t=1

CFt

t∏

τ=1

q−1τ

ausgewertet werden können. Es sei hier vereinfacht angenommen, die entspre-chenden endogenen Zinssätze seien bekannt. Das OptimalitätskriteriumK0 ≥ 0besitzt generelle Gültigkeit. Wie kann man eine bestimmte Konsumpräferenz be-rücksichtigen? Da die Konsumpräferenz das realisierte Programm definiert, wirddiese in die Zielfunktion gebracht, wobei die Liquiditätsbedingungen als Zwangs-bedingungen eingeführt werden. Die Konsumpräferenz kann in einer allgemeinenForm als NutzenfunktionU(C0, . . . , CT ) gegeben sein in Abhängigkeit der Kon-sumentnahmen. Folglich lautet das Extremalproblem:

maxU(C0, . . . , CT ) unter den Nebenbedingungen:

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Investitionsre hnung 5 - 52 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

C0 − CF0 + F0 ≤ b0 t = 0Ct − CFt + Ft − Ft−1 qt ≤ bt t ∈ [1, . . . , T − 1]CT − CFT − FT−1 qT ≤ bT t = T

Dabei kann wie oben angenommenFt ein beliebiges Vorzeichen annehmen undqt ist bei dieser recht einfachen Struktur der Finanzierungsobjekte entweder derHaben- oder Kreditzinsfaktor. Oftmals werden Vereinfachungen getroffen, da dieNutzenfunktion teilweise hochgradig nichtlinear sein kann. Es wird dabei ange-nommen, die Nutzenfunktion sei additiv separabel, d.h. dieeinzelnen Konsum-ausgaben zu Zeitpunktent werden mit Wichtungsfaktoren zu einer Zielfunktionkumuliert. Eine solche Zielfunktion könnte lauten (Hering(2008), S. 142-165):

max

T∑

t=0

wtCt mit w = (w0, ..., wT ) odermax

T∑

t=0

wt U(Ct) (Hax (1985), S. 135)

unter den oben angegebenen Nebenbedingungen. Es gibt dabei3 vielfach betrach-tete Sonderfälle:

• Einkommensmaximierung (siehe Hering (2008), S. 160 ff.)Es wird verlangt, dass die Breite eines Stroms an Konsumausgaben zu denZeitpunktent maximiert wird, d.h.wt = (1.0, 1.0, . . . , 1.0), also:

maxC unter den Nebenbedingungen:

w0C − CF0 + F0 ≤ b0 t = 0wtC − CFt + Ft − Ft−1 qt ≤ bt t ∈ [1, . . . , T − 1]wT C − CFT − FT−1 qT ≤ bT t = T

Dieses Kriterium der fixen Rente ist dann problematisch, wenn es einenFlaschenhals gibt, d.h. wenn auf Grund bestimmter Liquiditätsnebenbedin-gungen zu starke Restriktionen vorhanden sind, dieC stark begrenzen (vgl.Hering (2008), S. 160). In der Regel sind auch die Projekte variabel, d.h. dieInvestitionen und Finanzierungen werden simultan mit den Konsumentnah-men bestimmt. Die Simultanlösung wirft dann ein Ergebnis heraus, das alleNebenbedingungen erfüllt. Anstatt eines Vektorsw aus lauter Einsen, wäreauch ein von Periode zu Periode steigender Wachstumsfaktormöglich, alsoz.B.wt = (1.0, β, β2, · · · , βT ) mit β > 1.0.

• Endwertmaximierung (siehe Hering (2008), S. 158 ff.)Äquivalent mit dem Kriterium der Gewinnmaximierung ist es,den EndwertCT zu maximieren. Auf Grund der Thesaurierung der Zahlungsüberschüsse

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Investitionsre hnung 5 - 53 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

ist es oft sinnvoll, die Einnahmen im Unternehmen zu belassen und für sicharbeiten zu lassen. Folglich gilt mitwt = (0.0, . . . , 0.0, 1.0):

maxCT unter den Nebenbedingungen:

−CF0 + F0 ≤ b0 t = 0−CFt + Ft − Ft−1 qt ≤ bt t ∈ [1, . . . , T − 1]CT − CFT − FT−1 qT ≤ bT t = T

• Barwertmaximierung (siehe Hering (2008), S. 156 ff.)Wird danach gestrebt eine möglichst hohe Anfangsauszahlung zu generie-ren, bedient man sich der Maximierung vonC0. Dieser Fall führt in derRegel nicht unbedingt zu einer global optimalen Lösung, da die entnomme-nen Beträge dem Unternehmen schon int = 0 (meist kreditfinanziert) ent-zogen werden. Das Kriterium der Barwertmaximierung bedeutet also mitwt = (1.0, 0.0, . . . , 0.0):

maxC0 unter den Nebenbedingungen

C0 − CF0 + F0 ≤ b0 t = 0−CFt + Ft − Ft−1 qt ≤ bt t ∈ [1, . . . , T − 1]−CFT − FT−1 qT ≤ bT t = T

Im unvollkommenen Kapitalmarkt sind daher Barwertmaximierung und End-wertmaximierung nicht unbedingt gleichwertig wegen einermöglicherwei-se kreditfinanzierten Barentnahme. Lediglich im vollkommenen Kapital-markt, in dem ein einheitlicher Zinssatz existiert, führenbeide Modelle zurselben Vorteilhaftigkeitsaussage.

Vielfach wird anstattCT oderC0 einfach die Nebenbedingung selbst in die Ziel-funktion gebracht, also z.B. bei Endwertmaximierung wird angenommen:

maxCFT + FT−1 qT + bT

Da bei einer bindenden Restriktion ohnehin das Gleichheitszeichen gilt und so-mit CT = CFT + FT−1 qT + bT ist, ist dies aber gleichbedeutend damit gleichCT ≥ 0 zu maximieren unter den gegebenen Nebenbedingungen. Auch werdenmeist kombinierte Fälle berücksichtigt, wie z.B. die Annahme eines bestimmtenEndvermögens (bT mit = −CT + bT ohne) oder die Annahme bereits fix anfallen-der Entnahmen zu den Zeitpunktent (btmit = −C + btohne). Dies kann dann

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Investitionsre hnung 5 - 54 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

einfach über eine Modifikation der autonomen Zahlungenbt berücksichtigt wer-den. Die hier angegebenen Zielfunktionen sind deshalb geeignet, da durch diegegebene lineare Struktur des Gleichungssystems eine Lösung mit Hilfe der li-nearen Programmierung gefunden werden kann, soweit alle Nebenbedingungenauch in linearer Form formuliert sind. Bevor jedoch genauerauf derartige Lö-sungsverfahren eingegangen wird, sollen zuvor einige Grundlagen gelegt werden.Dazu bedarf es einer Klassifizierung der Investitionsrechenverfahren, bei denenman es typischerweise mit drei klassischen Problemstellungen zu tun hat:

a) Entscheidung über ein einzelnes Projekt (Wahlentscheidungen)

b) Entscheidung über eine Ersatzinvestition (Investitionsdauerentscheidungen)

c) Entscheidung über ein Investitions- und Finanzierungsprogramm

Diese Fragestellungen sollen im Folgenden genauer beleuchtet werden.

5.4 Wahlents heidungen zwis hen Investitionsprojekten

Um über ein einzelnes Projekt zu entscheiden, ist dessen Kapitalwert entschei-dungsrelevant, unabhängig ob der Kapitalmarkt vollkommenoder unvollkommenist. Neben dem Kapitalwertkriterium bedient man sich weiteren Kriterien, die un-ter bestimmten Bedingungen eine äquivalente Vorteilhaftigkeitsaussage erlauben,wie die Annuitätenmethode, oder aber eine nur eingeschränkte Gültigkeit besitzenwie die interne Zinsfußmethode.

Das Wahlproblem ist so definiert, dass es eine Menge sich gegenseitig ausschlie-ßender Alternativen gibt. Jedoch ist das Problem allgemeiner, als man zunächstdenkt, denn die Alternativen können aus einer Vielzahl von Kombinationen beste-hen. Angenommen, es wären 3 Investitionsprojekte A, B und C gegeben. Es seiangenommen, dass die Projekte A und B sich gegenseitig ausschließen und dasProjekt C nur in Verbindung mit Projekt B realisiert werden kann. Somit gibt esdie folgenden 4 Alternativen:

1. Realisiere nur Projekt A

2. Realisiere nur Projekt B

3. Realisiere Projekte B und C

4. Mache gar nichts (Unterlassensalternative)

Es ist dabei von Bedeutung, die Unterlassensalternative zuberücksichtigen, diedie sogenannte Basis definiert, gegenüber der eine relativeEntscheidung getroffenwerden kann. So kann man in der Regel zwei Fälle unterscheiden:

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Investitionsre hnung 5 - 55 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

a) Die Alternative wird aus liquiden (überschüssigen) Mitteln finanziert. Hierbesteht die Unterlassensalternative aus der Opportunität, also einer alterna-tiv möglichen Anlage des Geldbetrages am Kapitalmarkt.

b) Die entsprechenden Alternativen werden mit Hilfe eines Kredits finanziert.Hier bildet offenbar der Kreditzins den Vergleichsmaßstab.

In einem vollkommenen Kapitalmarkt ist diese Unterscheidung nicht von Bedeu-tung, da es egal ist, ob der Betrag einer Geldanlage zum Zinssatzi entzogen wirdoder ein Kredit zum Zinssatzi aufgenommen werden soll. Eine negative Anfangs-auszahlung wird daher mit dem gleichen Zins belastet und daher dem Projektmeist voll zugerechnet, so dass die Basis der Unterlassensalternative im einfachs-ten Fall aus lauter Nullen besteht. Die Basis liefert einen Vergleichsmaßstab undes ist nicht zwingend eine Null-Basis zu wählen, sondern es können auch relati-ve Vergleiche von Projekten untereinander erfolgen, wobeidann eine bestimmteAlternative die Basis bilden würde (z.B. im Rahmen der Betrachtung einer Diffe-renzzahlungsreihe). Je nach Wahl einer Basis lässt sich derRechengang deutlichvereinfachen.

rIi

-I0

K0

-1.0

Σ CFIt

Σ CFFt

F0

rF**

Abbildung 18: Prototyp einer Normalinvestition/Normal�nanzierung

Eine Investition besteht üblicherweise aus einer Anfangsauszahlung mit darauffolgenden diskontierten Ein- oder Auszahlungsüberschüssen. Bei einer Finanzie-rung steht meist eine Einzahlung am Beginn und darauf folgenmeist Zins- undAmortisationszahlungen. Ganz allgemein gilt für den Kapitalwert beiq = 1 oderentsprechendi = 0: K0 =

∑Tt=0 CFt, also es wird einfach die undiskontier-

te Summe der einzelnen Zahlungen kumuliert. Desweiteren gilt wegen der Be-ziehungK0 =

∑Tt=0 CFt q

−t, dass bei wachsendemq → ∞ die Anfangszah-lung überwiegt, da die Folgezahlungen gegen null tendieren, so dass im Limitnur K0 = −I0 (Investition) oderK0 = F0 (Finanzierung) übrig bleibt. Im Be-

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Investitionsre hnung 5 - 56 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

reichq → 0 strebt der Kapitalwert hingegen gegen unendlich. Allerdings ist die-ser Bereich ökonomisch nicht relevant, da negative Zinssätze bedeuten würden,dass man Geld praktisch geschenkt bekäme. Die Form einer sogenannten Nor-malinvestition ist derart, dass auf eine Reihe von Auszahlungsüberschüssen nurnoch Einzahlungsüberschüsse folgen (spiegelbildlich beieiner Normalfinanzie-rung, bei der auf eine Reihe von Einzahlungsüberschüssen nur noch Auszahlungs-überschüsse (für Zinsen und Tilgung) folgen). In diesem Fall nimmt die Kapital-wertfunktion einer Investitionsreihe eine stetige, monoton fallende Form an, diekonvex ist, da sich die Kurve von anfangs positiv unendlich durch steigende Ein-zahlungsüberschüsse allmählich der Asymptoten−I0 anschmiegt (Spiegelbildlichbei einer Normalfinanzierung, die eine konkave Funktion darstellt und sich derAnfangseinzahlungF0 nähert). Dabei existiert ein Schnittpunkt mit deri-Achsein r∗ mit K0 = 0. Nach der Descartschen Zeichenregel gibt es maximal so vielepositive reelle oder komplexe Wurzeln einer algebraischenGleichung wie es Vor-zeichenwechsel in der Reihe ihrer Koeffizienten gibt. Bei einer Normalinvestitionoder Normalfinanzierung ist der interne Zinsfuß daher eindeutig, da nur ein Vor-zeichenwechsel vorhanden ist.

Eine sogenannte reguläre Investition oder Finanzierung liegt vor, wenn die ku-mulierten Zahlungen

∑tt=0 CFt (undiskontiert) einen einzigen Vorzeichenwech-

sel besitzen, gleichgültig wie viele Vorzeichensprünge esvon Komponente zuKomponente innerhalb der Zahlungsfolge gibt (Franke u. Hax(2009), S. 178-179). Eine reguläre Zahlungsreihe besitzt genau einen internen Zinsfuß. Eine Nor-malinvestition oder Normalfinanzierung ist folglich strenger formuliert und be-zieht sich nicht auf die kumulierten Zahlungen, sondern aufdie Zahlungen selbst,und fordert, dass auf eine Reihe von Auszahlungsüberschüssen nur noch Einzah-lungsüberschüsse folgen (spiegelbildlich bei Finanzierungen), d.h. es darf keine„wilden“ Vorzeichenwechsel innerhalb der Zahlungsfolge geben. Folglich ist ei-ne Normalinvestition ein Spezialfall einer regulären Investition und eine Normal-finanzierung ein Spezialfall einer regulären Finanzierung. Vorzeichenwechsel in-nerhalb einer Zahlungsreihe, die keinen Nulldurchgang bewirken, führen meistzu lokalen Minima oder Maxima und damit zu komplexen Wurzeln(Würde mandie Funktion einfach in Ordinatenrichtung verschieben, hätte man dann wiederumNulldurchgänge und die Wurzeln würden reell werden). Da komplexe Wurzelnimmer paarweise auftreten, kann man nach Descartes auch feststellen, dass dieZahl der internen Zinsfüße oder auch positiven reellen Wurzeln einer Zahlungs-reihe gleich der Zahl der Vorzeichenwechsel innerhalb ihrer Komponenten ist odereben um eine gerade Anzahl kleiner (auf Grund der Anzahl an komplexen Wur-zeln).

Um den sogenannten internen Zinsfußr∗ zu bestimmen, wird die Rendite ermit-

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Investitionsre hnung 5 - 57 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

telt, bei dem der Kapitalwert null wird:

K0(r∗) =

T∑

t=0

CFt q∗−t = 0.

Dieser interne Zinsfußr∗ = (q∗ − 1) wird oft als Rentabilitätsmaßstab heran-gezogen und argumentiert, dass, wennr∗ größer als der geltende Kapitalzinsfußist, die Investition vorteilhaft ist. In der Tat ist bei einer regulären Investition derKapitalwert links vom Nulldurchgangr∗I positiv (siehe Abbildung 18). Bei ei-ner regulären Finanzierung ist es umgekehrt und der Kapitalwert ist positiv, wennder Kapitalzinsfuß größer alsr∗F ist. Bei einer Finanzierung bedeutet dass, dassdie Finanzierung eine geringere Verzinsung besitzt als einalternativer Kreditzins,was klar vorteilhaft ist. Bei einer Investition ist die Investition rentabler, wenn dieRendite größer ist als der Vergleichsmaßstab, was natürlich ebenso vorteilhaft ist.(Der Begriff Rendite wird üblicherweise eher auf Investitionen angewendet).

i

K0

rB

rA

rV

Projekt A

Projekt B *

*

Projekt A: Ordinatenschnittpunkt ( CF ) hoch

Einzahlungsschwerpunkt spät

Projekt B: Ordinatenschnittpunkt tief

Einzahlungsschwerpunkt früh

S t

( CF )S t

Abbildung 19: Vers hiedene Kapitalwertkurven führen zu vers hiedenen r∗

Bei Vergleichen zwischen verschiedenen Investitionen bedeutet eine höhere inter-ne Rendite einer Investition aber nicht zwingend die Vorteilhaftigkeit über den ge-samteni-Bereich, da es je nach Ordinatenschnittpunkt der Kapitalwertkurve undLage des Einzahlungsschwerpunkts zu partiell unterschiedlichen Aussagen kom-men kann. Liegt der Einzahlungsschwerpunkt spät, so ist dieAbnahme des Ka-pitalwerts deutlicher, da durch die mächtigere Diskontierung der positive Anteildes Zahlungsstroms stärker sinkt. Obwohl das Projekt B in Abbildung 19 einenhöheren internen Zinsfuß besitzt, ist das Projekt A füri ≤ rV vorteilhafter. Indiesem Fall wäre eine Entscheidung allein anhand der internen Zinsfüßer∗B > r∗Anicht zielführend, d.h. ein größerer interner Zinsfuß erlaubt keine Aussage überdie absolute Vorteilhaftigkeit beim geltenden Kapitalzinsfuß. In diesem Fall wärees ratsam, ein Projekt als Basis zu bestimmen und mit Hilfe einer Differenzzah-lungsreihe zunächstrV zu ermitteln. Anhand vonrV kann man wieder wie üblichentscheiden, d.h. istrV größer als der Kapitalzinsfuß, dann ist das Projekt besser

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Investitionsre hnung 5 - 58 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

als die gewählte Basis.

Kompliziert wird es allerdings für Zahlungsreihen mit mehreren Vorzeichenwech-seln, da praktisch mehrere interne Zinsfüße existieren können. Obwohl die Asym-ptoten füri → 0 undi → ∞ weiterhin ihre Gültigkeit besitzen, muss dann keinestetige, monoton fallende Kurve bzw. eine monoton wachsende Kurve mehr vor-handen sein.

K0

i

Abbildung 20: Eine verdammt ni ht reguläre Investitionsreihe

Um den internen Zinsfuß einer Investitionsreihe bestimmenzu können, gibt eseine Reihe von Verfahren. Eine Möglichkeit ist die Intervallschachtelung. Dazuseien zwei Randpunkte gegeben mitqA(K0A ≥ 0) undqB(K0B ≤ 0) Dann kanndurch eine lineare Interpolationq∗ näherungsweise bestimmt werden, da nach demStrahlensatz

(qA − qB)

(K0A −K0B)

(K0A − 0)

(qA − q∗)= 1.0 ⇔ q∗ =

qB K0A − qA K0B

K0A −K0B

gilt. Je nachdem, ob das Ergebnis noch nicht der gewünschtenGenauigkeit ent-spricht, kann die Lösung einen Randpunkt ersetzen, so dass dann eine weitere In-terpolation angeschlossen werden kann, bis die gewünschteGenauigkeit erreichtist. Ein anderes Verfahren ist dasNewton-Verfahren. Mit der Rekursionsformel

qn+1 = qn −K0(qn)

K0′(qn)

wird der Nullpunkt einer Reihe gefunden, d.h.K0(qn)+ (qn+1− qn)K0′(qn) = 0.

q ist hier die unabhängige Variable. Ist z.B. eine Investitionsreihe in der Form:

K0(q) = −1000 + 200 q−1 + 300 q−2 + 400 q−3 + 500 q−4

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Investitionsre hnung 5 - 59 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

gegeben, so ermittelt sich die Ableitung wie folgt:

K0′(q) = −200 q−2 − 600 q−3 − 1200 q−4 − 2000 q−5

Mit einem beliebigen (sinnvoll gewählten) Startwertq0 = 1.2 folgt bereits schonnach wenigen Iterationen:

K0(1.2) = −152.39K0

′(1.2) = −1868.57

}

q1 = 1.11844

K0(1.1184) = 24.087K0

′(1.1184) = −2498.417

}

q2 = 1.12808

K0(1.12808) = 0.42724K0

′(1.12808) = −2410.915

}

q3 = 1.12826

der interne Zinsfußr∗ = 0.12826 (daK0(q∗) = 10−3 nahezu null). Um mehre-

re Zinsfüße zu bestimmen kann man mit demHorner-Schema den Linearfaktor(q − q∗) ausdividieren, um den Grad der Kapitalwertfunktion um 1 zu erniedri-gen, um dann analog weiter zu verfahren. Im Folgenden seien einfache Sonderfäl-le betrachtet, für die sich der interne Zinsfuß durch eine direkte Umformung derKoeffizienten direkt ermitteln lässt.

• Für eine Nullkuponanleihe mit einer Anfangsauszahlung−I0 und einer End-zahlungCFT nachT Jahren ermittelt sich der interne Zinssatz nach

r∗ = T

CFT

−I0− 1

• Bei einer Kuponanleihe mit festen ZinseinzahlungenCFt = z I0 und einerAbschlusseinzahlungCFT = (1 + z) I0 mit vollständiger Endtilgung, gilt

r∗ = z, da −I0 + z I0 RBF(T − 1; r∗) + (1 + z) I0 (1 + r∗)−T = 0

⇔ I0 (1− q∗−T ) = z I0 RBF(T ; r∗)

⇔ z =(1− q∗−T )

RBF(T ; r∗)=

(1− q∗−T )

(1− q∗−T )r∗ = r∗

• Bei nur 3 Zahlungszeitpunkten lässt sich eine quadratischeGleichung lösen(mit derp-q-Formel):

−I0 + CF1 q∗−1 + CF2 q

∗−2 = 0 ⇔ q∗ = ±

CF2

I0+

(CF1

2 I0

)2

+CF1

2 I0

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Investitionsre hnung 5 - 60 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

• Bei einer AnfangsauszahlungI0 und festen identischen EinzahlungenCFüberT Perioden, lässt sich mit Hilfe einer Iteration näherungsweiser∗ be-stimmen, indem man den Rentenbarwertfaktor iterativ berechnet:

−I0 + CF RBF(T ; r∗) = 0

Für den einfachsten FallRBF(T → ∞; r∗) =1

r∗folgt sofortr∗ =

CFI0

.

Die Kapitalbindung einer Investitionsreihe ist gegeben durch den augenblickli-chen Stand eines fiktiven Kontos, auf dem die AnfangsauszahlungI0 (oder−F0)als Anfangsguthaben (oder Anfangsschuld)KB0 und die Zinsen sowie die Til-gungen (über die Ein- oder AuszahlungsüberschüsseCFt) verrechnet werden:KBt = KBt−1 q − CFt. Für i = r∗, d.h.q = q∗, ist die Kapitalbindung zum Endeder Periode natürlichKBT = 0, d.h. der Endwert, und damit auch der Kapitalwert,ist null. Zahlungsreihen mit KapitalbindungenKBt nur eines Vorzeichens werdenals regulär bezeichnet. Zahlungsreihen mit wechselnden Vorzeichen innerhalb derKapitalbindungen, d.h. z.B. wenn eine Auszahlung größer ist als eigentlich imRahmen des Projektes erlaubt, egal ob das Vorzeichen nachher wieder wechselt,bedeuten praktisch eine Schuld des Investors bezüglich seiner Investition oderFinanzierung und implizieren eine Refinanzierung (Wiederanlagenotwendigkeit),da der Investor die Schuld begleichen muss und angenommen wird, dass dies zuminternen Zinsfuß als Grenzzinssatz erfolgen muss. Bei einer Normalfinanzierungsind die Kapitalbindungen rundweg negativ.Verallgemeinernd kann man daher beinegativen jährlichen Kapitalbindungen von einer jährlichen Finanzierung und beipositiven jährlichen Kapitalbindungen von einer jährlichen Investition sprechen.

Sind bei einer Investition die Kapitalbindungen immer positiv (KBt ≥ 0), ist im-mer ein Guthaben der Investition gegeben und daher der Zwangzu einer Refinan-zierung nicht gegeben (spiegelbildlich bei einer Finanzierung). Vielfach wird jabehauptet, dass beim Vergleich zweier Alternativen mit unterschiedlichem Zeit-horizont sich die Zahlungsdifferenzen bei einer Investition mit dem kürzeren Zeit-horizont zu seiner Effektivrendite (interner Zinsfuß) fürdie restliche Zeitdifferenzrefinanzieren lassen müsste, um die beiden Investitionen sinnvoll vergleichen zukönnen. Da aber jede Investition (oder Finanzierung) für sich betrachtet immervorteilhaft ist, solange ein Guthaben der Investition (oder Finanzierung) vorhan-den ist, d.h. lediglich positive Kapitalbindungen (oder lediglich negative Kapital-bindungen) vorhanden sind, sieht sich der Investor nur Überschüssen gegenüber,mit denen er nach Belieben verfahren kann. Für gänzlich positive KBt (bei Inves-titionen) ist also allein eine Wahlentscheidung zwischen verschiedenen Investiti-onsprojekten relevant und die Wiederanlageprämisse nichtvon Bedeutung. Es gibt

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Investitionsre hnung 5 - 61 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

es auch ein weiteres Manko bei der Verwendung von Renditemaßen zur Charak-terisierung von Zahlungsreihen, da die Rendite nur relativzur anfänglichen Ka-pitalbindungKB0 definiert ist und eine große Rendite bei kleiner KapitalbindungKB0 nicht unbedingt global vorteilhaft sein muss. Die Verwendung des absolutenKapitalwertes als Vorteilhaftigkeitsmaßstab umgeht dieses Problem.

Werden die Kapitalbindungen addiert, so lässt sich die durchschnittliche Kapi-talbindung ermitteln (Summe allerKBt durch die Anzahl an ZeitpunktenT ge-teilt). Wird ähnlich mit den ZinsenZt verfahren, so entspricht deren Quotient(also durchschnittliche Zinsen geteilt durch die durchschnittliche Kapitalbindungoder, wenn durchT gekürzt wird, einfach Summe der Zinsen geteilt durch dieSumme der Kapitalbindungen)

T∑

t=1

Zt

T−1∑

t=0

KBt

= r∗

dem internen Zinsfuß (vgl. Bitz (2011)). Für die oben behandelte Zahlungsreihemit den Koeffizienten (−1000, 200, 300, 400, 500) ergibt sich bei einem internenZinsfuß von0.12826 gerade:

t KBt−1 Zinsen Tilgung KBt

0 1000.01 1000.0 128.26 71.74 928.262 928.26 119.06 180.94 747.323 747.32 95.851 304.15 443.174 443.17 56.841 443.16 0.011

⇒T−1∑

t=0

KBt = 3118.761,

T∑

t=1

Zt = 400.012

⇒ r∗ =400.012

3118.761= 0.12826

Da sich die Kapitalbindung mit dem internen Zinsfuß verzinst, gilt

KBt = KBt−1 q∗ − CFt , KB0 = I0 oderKBt−1 = (KBt + CFt) q

∗−1 , KBT = 0.

DaKB−1 nicht definiert ist, ermittelt sich der KapitalwertK0 =T∑

t=0

CFt q−t als

K0 =T−1∑

t=0

(1 + r∗)

qKBt q

−t −T∑

t=0

KBt q−t =

(r∗ − i)

q

T∑

t=0

KBt q−t

= (r∗ − i)T∑

t=1

KBt−1 q−t,

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Investitionsre hnung 5 - 62 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

wobei bei der letzten UmformungKBT = 0 beachtet wurde (Hering (2008),S. 109-110). Diese Gleichung vermittelt mehr Informationen als die eigentlicheKapitalwertformel, eignet sie sich doch für eine Aussage darüber, ob die inter-ne Zinsfußmethode Relevanz besitzt. Wie bekannt, besagt die interne Zinsfuß-methode, dass der Kapitalwert positiv ist, wennr∗ > i für Investitionen undr∗ < i für Finanzierungen gilt. Auf Grund des gemeinsamen Vorfaktors kannman nun schließen, dass diese Bedingung erfüllt ist, wenn für das entsprechendeq bzw.i die Summe der diskontierten Kapitalbindungen positiv (negativ) ist. Manspricht dann von einer „technischen Äquivalenz der Kapitalwert- und internenZinsfußmethode“ (Hering (2008), S. 113). Noch strenger istdie folgende Prämis-se: Sämtliche Kapitalbindungen sind positiv (negativ). Man spricht nun von einer„uneingeschränkten ökonomischen Relevanz der internen Zinsfußmethode“ (He-ring (2008), S. 112). Ist die Summe der diskontierten Kapitalbindungen hingegennegativ (positiv), dann folgt offenbar genau das Gegenteil, d.h. der Kapitalwert istpositiv (negativ), wenn der Zinssatzi größer (kleiner) ist als der interne Zinsfuß.In diesem Fall versagt die interne Zinsfußmethode offenbarvollständig (Hering(2008), S. 113), da es sich um eine „wilde“ Mischung aus einerInvestition undFinanzierung handelt, auf die eine einzige Beziehung nichtanwendbar ist. Den-noch ist diese Formel auch hier bedeutungsschwerer als die Kapitalwertformel,denn anders als bei den reinen Zahlungsströmen, weiß man vonBeginn an, inwelchem Jahr eine Unter- bzw. Überdeckung vorhanden ist. Umdiese Beziehungfür den Fall periodenabschnittsweiser Kapitalzinsfüße zuöffnen, wird sie in leichtmodifizierter Form geschrieben (siehe Hering (2008), S. 220-222):

K0 =T∑

t=1

(r∗ − it)KBt−1 ρt

wobeiρt die Abzinsungsfaktoren nacht = 0 bezeichnen. Hier kann nun zwischendenit pro Jahr differenziert werden z.B. in Abhängigkeit der jeweiligen Kapital-bindungen. Ist die Kapitalbindung in einem Jahr negativ, dann kann man den Soll-zinssatziS t für eine Finanzierung wählen. Ähnlich für positive Kapitalbindungen,bei denen der HabenzinssatziH t relevant ist. Neben den einzelnenit müssen dannnatürlich auch die Abzinsungsfaktoren nach der Formelρt = ρt−1/(1 + it) mitρ0 = 1.0 angepasst werden. Diese Gleichung eignet sich auch vortrefflich fürgrobe Abschätzungen, wenn entweder der günstigste oder ungünstigste Fall be-trachtet wird.

Schlussendlich spricht man von einer „faktischen Äquivalenz“ (Hering (2008),S. 113), wenn es trotz einer Mehrdeutigkeit im ökonomisch relevanten Bereich(r∗ > −1) im relevanten Bereich (r∗ > 0) nur eine einzige Nullsteller∗ > 0 gibt.Da die Asymptote füri → ∞ klar ist, ist wenigstens in diesem Bereich eine klare

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Investitionsre hnung 5 - 63 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Aussage möglich, da negative interne Zinsfüße a priori ausscheiden.

Der Endwert und der Kapitelwert sind vollkommen gleichwertig, da sie über ei-ne Diskontierung auseinander hervorgehen. Die Berücksichtigung des Eigenkapi-tals innerhalb des Endwerts ist nicht nötig, so weit dieFisher-Separation gilt. Inder Regel braucht nur das jeweilige Projekt betrachtet werden, ohne auf dessenFinanzierung einzugehen (z.B. durch Kredit oder Eigenkapital). Problematischwäre zudem eine notwendige Zuschlüsselung des Eigenkapitals auf verschiede-ne Projekte, wenn die Investitionen zahlreich sind. Der Kapitalwert kann auchmit Anwendung des Annuitätenfaktors auf eine bestimmte Zeitdauer verschmiertwerden. Diese sogenannte Annuität, so weit bei mehreren Alternativen jeweils diegleiche Zeitspanne zu Grunde gelegt wird, führt zur selben Vorteilhaftigkeitsent-scheidung. Der Vergleich von Annuitäten bei verschiedenenLebensdauern vonProjekten ist hingegen nicht immer zielführend, es sei dennman geht explizit aufdie unterschiedlichen Zeiträume ein, z.B. indem man bestimmte Komplementär-maßnahmen berücksichtigt. Die Annuität ist oftmals anschaulicher, da man diesedirekt mit den periodenabschnittsweisen ZahlungenCFt vergleichen kann.

Die Amortisationsdauer ist ein weiteres Kriterium. Sie bedeutet, dass

t−1∑

t=0

CFt q−t < 0, aber

t∑

t=0

CFt q−t ≥ 0 ⇒ τ ∈ [t− 1, t] = Amortisationsdauer.

Es wird also danach gefragt, wann die Einzahlungsüberschüsse die Auszahlungs-überschüsse gerade amortisiert haben, d.h. wann der Kapitalwert ohne Betrach-tung der Folgezahlungen gerade positiv wird. Häufig schätzen Ökonomen diesesVorteilhaftigkeitskriterium, weil sie gerne so schnell wie möglich Profit machenmöchten (im Englischen “Discounted Payback”-Methode genannt. In einer einfa-chen Form würden lediglich die undiskontierten Zahlungen aufakkumuliert (klas-sische (engl.) “Payback”-Methode)). Es werden jedoch sämtliche Einzahlungs-überschüsse, die nach diesem Zeitpunkt anfallen, ignoriert, was global gesehennicht optimal sein kann. So kann eine lange Amortisationsdauer auch mit beson-ders großen Einzahlungsüberschüssen zum Ende der Laufzeitverbunden sein, wasjedoch dann unberücksichtigt bleibt. Bei einer Entscheidung anhand von Kapital-werten muss besonders viel Sorgfalt auf die Genauigkeit derDatenbasis gelegtwerden, insbesondere auf die genaue Kenntnis des Kapitalzinsfußes. KritischeWerte haben demgegenüber den Vorteil, dass es genügt, ungefähr zu wissen, obder Kapitalwert positiv oder negativ ist oder nahe bei 0 liegt. Kritische Werte inder Bedeutung eines sogenannten (engl.) “break-even points” können z.B. kri-tische Verkaufspreise, kritische Verkaufsmengen, kritische Tariflöhne, etc. sein,bei denen der Kapitalwert null wird (vgl. Franke u. Hax (2009), S. 192-193). Im

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Investitionsre hnung 5 - 64 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Fall eines mittelbaren Parametervergleichs (Vergleich zwischen mehr als 2 Ob-jekten) versagen solche Parameter (Franke u. Hax (2009), S.194-197). Bei einemVergleich zwischen zwei Alternativen (unmittelbarer Parametervergleich), besit-zen diese an der Break-Even-Analyse angelehnten Vorteilhaftigkeitsmaße jedocheinen Effizienzvorteil. So genügt es nur einen groben Richtwert vorzugeben, beider internen Zinsfußmethode z.B. einen ungefähren Wert fürden Kapitalzinsfuß.Bei einen unmittelbaren Vergleich wird zunächst eine Investitionsreihe zur Basisgemacht, wobei die Differenzzahlungsreihe so gewählt werden sollte, dass einereguläre Investition entsteht, d.h. auf Anfangsauszahlungen (negative Vorzeichen)später nur Einzahlungsüberschüsse (positive Vorzeichen)folgen (bzw. in kumu-lierter Form eine reguläre Struktur erhalten), was auch beieinem Vergleich zweierFinanzierungen möglich ist. Dann kann eine Alternative verworfen werden, wennderen kritischer Wert (wie z.B. der interne Zinsfuß) unvorteilhaft ist (siehe Fran-ke u. Hax (2009), S. 194-199). So verfährt man paarweise immer weiter (indemman nach jedem Ausschluss eines Objekts möglicherweise eine neue Basis wäh-len muss), bis die Rangfolge fest steht. Der interne Zinsfußbestimmt bei einerDifferenzzahlungsreihe den Kalkulationszinsfuß, bei demdie entsprechende In-vestitionsreihe den gleichen Kapitalwert wie die Basis besitzt. Ist der in Fragekommende Kalkulationszinsfuß größer, so ist die entsprechende Investitionsreihenicht so vorteilhaft wie die Basis. Jedoch erlaubt dies keine absolute Entschei-dung, da nicht klar ist, ob in diesem Fall die Basis bei dem gegebenen Kalkulati-onszinsfuß überhaupt einen positiven Kapitalwert besitzt. Somit ist zum Ende hinimmer eine absolute Bestimmung eines Kapitalwertes notwendig.

i

K0

rB-A*

Vergleichsreihe besser

Basis besser

Abbildung 21: Ents heidungskriterium bei einem unmittelbaren Verglei h

Es gibt eine Reihe weiterer Renditemaße (vgl. Hering (2008), S. 122-126), wie

• die KapitalrenditeKR. Die Kapitalrendite ergibt sich einfach aus dem relativ

zur Anfangsauszahlung gesetzten Kapitalwert, d.h.KR=K0

I0und ist somit

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Investitionsre hnung 5 - 65 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

vollständig äquivalent zum Kapitalwertkriterium.

• die InitialverzinsinungV . Wird ab der ersten Periode der Rest der Inves-titionsreihe auf den Zeitpunkt der ersten Periode abgezinst (mit einem Ex-ponenten um eins erniedrigt!) und mit der Anfangsauszahlung in Relationgesetzt, so ergibt sich die Initialverzinsung. Deren Definition lautet:

V =

T∑

t=1

CFt q−(t−1) − I0

I0

Während der interne Zinsfuß die Verzinsung des jeweils gebundenen Ka-pitals während der gesamten Lebensdauer der Zahlungsreiheangibt, kannV so gedeutet werden, dass sie die Verzinsung des in der erstenPeriodeeingesetzten Kapitals unter der Voraussetzung angibt, dass das in späterenPerioden noch gebundene Kapital eine Verzinsung in Höhe desKalkulati-onszinsfußesi = q − 1 erbringt. Der Kapitalwert ist genau dann positiv,wenn im vollkommenen KapitalmarktV größer ist als der Kapitalzinssatzi, d.h.V > i ⇒ K0 > 0, also führt die Entscheidung auf Basis der Initial-verzinsung immer zum gleichen Ergebnis wie die Kapitalwertmethode.

• dieBaldwin-Verzinsung. Werden sämtliche AuszahlungenAt (negatives Vor-zeichen vonCFt) auf t = 0 diskontiert und sämtliche EinzahlungenEt

(positives Vorzeichen vonCFt) nach t = T aufgezinst, d.h. giltGE =T∑

t=1

Et qT−t > 0 und GA =

T∑

t=0

At q−t < 0, so kann man dieBaldwin-

Verzinsung ermitteln über

VB = T

√GE

−GA− 1

VB ist genau dann größer als der Kalkulationszinsfuß, wenn derKapitalwertpositiv ist. Wird nämlich der Term in der Wurzelfunktion erweitert, so folgt:

VB =T

√√√√√√√

qT

T∑

t=1

Et q−t +GA

−GA+ 1

− 1 = q T

√K0

−GA+ 1− 1

Ist nunVB ≥ i, also(VB + 1) ≥ q, dann muss auchK0 ≥ 0 gelten.

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Investitionsre hnung 5 - 66 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

• die endwertbezogene EigenkapitalrentabilitätrEK. Der Endwert ergibt sichüber Einbeziehung des Eigenkapitals z.B. im einfachsten Fall (bei nur ei-nem Projekt) alsEW= (K0 + EK) qT , so dass sich

rEK =T

EWEK

− 1 = qT

K0

EK+ 1− 1

ergibt. Auch hier lässt sich offenbar eine ähnliche Form wiebei VB erken-nen, so dass beirEK ≥ i natürlich auchK0 ≥ 0 erfüllt ist.

Für den FallK0 = 0 gilt einheitlichVB = i = r∗ = rEK = V . Da diese Rendi-temaße meist zur Charakterisierung von Investitionen angewendet werden, wurdein den Beziehungen für die KapitalrenditeKR und die InitialverzinsungV aus-drücklich das SymbolI0 für eine Anfangsauszahlung verwendet.

5.4.1 Der vollständige Finanzplan (VOFI)

Der vollständige Finanzplan, auch VOFI genannt, ist eine tabellenartige Übersichtüber die Finanzierung eines Investitionsprojekts. Dabei können realistische Rand-bedingungen angenommen werden wie z.B. verschiedene periodenabschnittswei-se Zinssätze als auch mehr-periodische Finanzierungsformen und natürlich aucheine Kassenhaltung. Als Zielwert kann eine Einkommensmaximierung (also dieEntnahme eines möglichst hohen gleichmäßigen Entnahmestroms) als auch z.B.eine Endwertmaximierung gewählt werden. Es gibt eine Reiheweiterer Möglich-keiten, auf die später im Rahmen der Optimierung eines Investitionsprogrammsnäher eingegangen wird. Diese Methode auf einem Blatt Papier auszuführen istallerdings zeitraubend und fehleranfällig. Auch gerade bei einer Einkommensma-ximierung handelt es sich eher um „learning by doing“ oder intelligentes Probie-ren, da der exakte Wert nicht a priori bekannt ist und man mehrmals das Systemdurchrechnen muss. Da ist es von Vorteil das Investitions- und Finanzierungspro-gramm in Form von Gleichungen auszudrücken und die Lösung unter Berück-sichtigung einer bestimmten Zielfunktion numerisch findenzu lassen. Die opti-male Lösung wird direkt ausgeworfen und der Auswerter braucht im Vorfeld nurdie Formeln aufzustellen und einzugeben und kann anschließend die Ergebnisseauswerten. In der Finanzwelt hat es sich in der Tat bewährt Tabellenkalkulati-onsprogramme zu verwenden (sogenannte (engl.) “spreadsheets”). Diese eignensich auch sehr gut zur Erfassung von Zahlenkolonnen, aber sind weniger geeignetfür symbolische Formeln, die sehr schwerfällig zu definieren sind. Aus diesemGrund favorisiert der Autor ein mathematisches Hilfsprogramm wie Mathemati-ca, Mathcad oder Mathlab. Dort lassen sich die Gleichungen sofort symbolischinterpretieren und zahlreiche Optimierungsverfahren stehen zur Verfügung, deren

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Investitionsre hnung 5 - 67 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

interne Wirkungsweise nicht bekannt sein muss. Das Besondere ist zudem, dassdamit nicht nur lineare Zusammenhänge berücksichtigt werden können, wie z.B.für eine lineare Programmierung auf Basis des Simplex-Verfahrens, sondern dassman sogar nichtlineare funktionale Beziehungen anwenden kann. Gehen die Va-riablen in die Hunderte, ist die symbolische Eingabe auch recht mühsam. Hierwürde sich empfehlen, ein Programm in Mathematica oder Mathlab zu schrei-ben, dass beliebige Datenbasen einlesen und interpretieren kann, also den Prozesszu automatisieren, wie es teilweise in Kapitel 5.10 versucht wird für die Aus-wertung eines einfachen Investitions- und Finanzierungsprogramms. Alternativkönnen auch Programmiersprachen wie z.B.Python angewendet werden, die mitErweiterungspaketen wienumpy undscify (für Python) auch die Anwendung an-spruchsvoller mathematischer Optimierungsverfahren erlauben.

Das Problem sei wie folgt definiert:

Betrachtet werden 5 Perioden vont = 0 bis t = 5. Die Investitionsreihe sei

It = [−I0,CF1,CF2,CF3,CF4,CF5]= [−1 000.0, 300.0, 450.0, 600.0, 750.0, 900.0].

Der Basiszahlungsstrom laute

bt = [b0, b1, b2, b3, b4, b5] = [500.0, 100.0, 200.0, 150.0, 100.0, 300.0].

Der Basiszahlungsstrom gibt einen bekannten Zahlungsstrom an, der bei positi-ven Größen einen vorhandenen Kassenbestand bedeuten kann.Zur Finanzierungder Investition stehen KreditaufnahmenKRt (Kredite, Ergänzungsfinanzierungen)mit den Sollzinssätzen

iS t = [iS 1, iS 2, iS 3, iS 4, iS 5] = [0.11, 0.12, 0.13, 0.13, 0.13]

sowie GeldanlagenFt (Finanzanlagen, Ergänzungsinvestitionen) mit den Haben-zinssätzen

iH t = [iH 1, iH 2, iH 3, iH 4, iH 5] = [0.07, 0.07, 0.08, 0.08, 0.09]

zur Verfügung. Es soll nun der maximal mögliche Entnahmestrom bei einem End-vermögen vonC5 = 2 000 bestimmt werden. Dazu werden die Zwangsbedingun-gen, die das System beherrschen, in diesem Fall also die Liqiuidätsnebenbedin-gungen, formuliert (dabei werden Einzahlungen (wieCFt oderKRt) mit negativenund Auszahlungen (wieC, C5 undFt) mit positiven Vorzeichen gewertet):

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Investitionsre hnung 5 - 68 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

t = 0 : C + 1 000.0 + F0 − KR0 ≤ 500.0t = 1 : C − 300.0 + F1 − KR1 − F0 1.07 + KR0 1.11 ≤ 100.0t = 2 : C − 450.0 + F2 − KR2 − F1 1.07 + KR1 1.12 ≤ 200.0t = 3 : C − 600.0 + F3 − KR3 − F2 1.08 + KR2 1.13 ≤ 150.0t = 4 : C − 750.0 + F4 − KR4 − F3 1.08 + KR3 1.13 ≤ 100.0t = 5 : C − 900.0− F4 1.09 + KR4 1.13 ≤ 300.0− 2 000.0

In[1]:= ClearAll @F0, F1, F2, F3, F4, KR0, KR1, KR2, KR3, KR4, CS D;

result = FindMinimum @8-CS,

CS+ 1000.0 + F0 - KR0 £ 500.0,

CS- 300.0 + F1 - KR1- F0 * 1.07 + KR0* 1.11 £ 100.0,

CS- 450.0 + F2 - KR2- F1 * 1.07 + KR1* 1.12 £ 200.0,

CS- 600.0 + F3 - KR3- F2 * 1.08 + KR2* 1.13 £ 150.0,

CS- 750.0 + F4 - KR4- F3 * 1.08 + KR3* 1.13 £ 100.0,

CS- 900.0 - F4 * 1.09 + KR4* 1.13 £ 300.0 - 2000.0,

F0 ³ 0.0, KR0 ³ 0.0, F1 ³ 0.0, KR1 ³ 0.0, F2 ³ 0.0,

KR2 ³ 0.0, F3 ³ 0.0, KR3 ³ 0.0, F4 ³ 0.0, KR4 ³ 0.0, CS ³ 0.0 <,

8F0, 0.0 <, 8F1, 0.0 <, 8F2, 0.0 <, 8F3, 0.0 <, 8F4, 0.0 <,

8KR0, 0.0 <, 8KR1, 0.0 <, 8KR2, 0.0 <, 8KR3, 0.0 <, 8KR4, 0.0 <, 8CS, 0.0 <D;

Print @result D;

8-212.261, 8F0 ® 0., F1 ® 0., F2 ® 0., F3 ® 269.39, F4 ® 928.68,

KR0 ® 712.261, KR1 ® 602.871, KR2 ® 237.477, KR3 ® 0., KR4 ® 0., CS ® 212.261<<

Abbildung 22: Ermittlung von C bei C5 = 2 000 (Mathemati a)

Es ist unmittelbar einsichtig, dass der EinkommenstromC so groß wie möglichwerden soll. Natürlich kann man nun die Lösung mit der Hand versuchen, aberdaC von Beginn geraten werden müsste, müssten mehrere Durchgänge erfolgen,was mühselig ist (vgl. Kruschwitz (2011), S. 46-78). Daher wird einfach Mathe-matica angeworfen und die Lösung numerisch gefunden (sieheAusdruck). Wieman sieht, ergibt sich ein Einkommensstrom vonC = 212.261.

Dabei müssen die Zwangsbedingungen nicht unbedingt einzeln in der MethodeFindMinimum[ ·] aufgezählt werden, sondern können vorab als Funktionen ge-neriert werden, wobei nur die oben beschriebenen Daten eingehen. Hier wurdenur der Übersichthalber eine ausgeschriebene Form gewählt. In der Praxis mussman daher so nicht vorgehen, da man sonst leicht durcheinander gerät und Fehl-eingaben die Folge sein können. In einem Nachfolgeschritt kann nun der VOFItabellarisch dargestellt werden (siehe Tabelle 11), was man sinnvollerweise auchirgendwie automatisiert, wie z.B., indem man die Ergebnisse in eine Datei schreibtund mit einem Programm verarbeitet und formatiert.

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Investitionsre hnung 5 - 69 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

In[4]:= ClearAll @F0, F1, F2, F3, F4, KR0, KR1, KR2, KR3, KR4, C5, CS D;

result = FindMinimum @8-CS,

CS+ 1000.0 + F0 - KR0 £ 500.0,

CS- 300.0 + F1 - KR1- F0 * 1.07 + KR0* 1.11 £ 100.0,

CS- 450.0 + F2 - KR2- F1 * 1.07 + KR1* 1.12 £ 200.0,

CS- 600.0 + F3 - KR3- F2 * 1.08 + KR2* 1.13 £ 150.0,

CS- 750.0 + F4 - KR4- F3 * 1.08 + KR3* 1.13 £ 100.0,

CS- 900.0 - F4 * 1.09 + KR4* 1.13 £ 300.0 - C5,

F0 ³ 0.0, KR0 ³ 0.0, F1 ³ 0.0, KR1 ³ 0.0, F2 ³ 0.0,

KR2 ³ 0.0, F3 ³ 0.0, KR3 ³ 0.0, F4 ³ 0.0, KR4 ³ 0.0, CS ³ 0.0 <,

8F0, 0.0 <, 8F1, 0.0 <, 8F2, 0.0 <, 8F3, 0.0 <, 8F4, 0.0 <,

8KR0, 0.0 <, 8KR1, 0.0 <, 8KR2, 0.0 <, 8KR3, 0.0 <, 8KR4, 0.0 <, 8CS, 0.0 <D;

Print @Evaluate @result �. C5 ® 2000.0 D@@1DDD;

Plot @Evaluate @- result �. C5 ® xD@@1DD, 8x, 0.0, 2000.0 <, PlotRange ® 80.0, 500.0 <D

-212.261

Out[7]=

0 500 1000 1500 2000

100

200

300

400

500

Abbildung 23: Einkommensstrom C bei Variation von C5 (Mathemati a)

Es ist interessant, wie der EinkommensstromC aussieht, wenn der zu entneh-mende EndwertC5 variiert. Dies sei im zweiten Plot in Abbildung 23 dargestellt.Auf Grund der linearen Zusammenhänge, ist die Ergebniskurve ebenso linear. Dadie Minimierung jedoch auch für nichtlineare Funktionen funktioniert, ist die-se Vorgehensweise wesentlich allgemeiner als hier gezeigt. Mathematica ist beiwww.wolfram.com als Heim- bzw. Studentenversion für ca. 300e erhältlich (das„Mathematica“ -Buch von Wolfram ist zur Einführung sehr gutgeeignet!).

Für etwas weitergehende Analysen müssten natürlich auch Steuern berücksichtigtwerden. Dazu müsste allerdings der Gewinn bekannt sein. Einanwendungsbe-zogener VOFI ist somit wesentlich umfangreicher. Hier wurde nur eine Grund-version dargestellt. Die Berücksichtigung von Steuern wird erst in Kapitel 5.7beschrieben, dort übrigens auch im Rahmen symbolischer Rechnungen.

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Investitionsre hnung 5 - 70 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Zeitpunkt t 0 1 2 3 4 5

Basiszahlungen 500.0 100.0 200.0 150.0 100.0 300.0

Projekt -1000.0 300.0 450.0 600.0 750.0 900.0

Erg.-Finanz. 1 712.26 - 790.61

Erg.-Finanz. 2 602.87 - 675.21

Erg.-Finanz. 3 237.48 - 268.35

Erg. Invest. 4 -269.39 290.94

Erg.-Invest. 5 -928.68 1012.26

Saldo 212.26 212.26 212.26 212.26 212.26 2212.26

Tabelle 11: VOFI für C5 = 2 000 und C = 212.261

5.5 Das Preinrei h-Lü ke-Theorem

Es ist fraglich, wie man im Rahmen des laufenden Betriebs dieWirksamkeit oderEffektivität eines Projekts beurteilen kann. Hier hilft einem dasLücke-Theorem.Das Lücke-Theorem besagt, dass die diskontierte Summe der buchhalterischenGröße Residualgewinn vergleichbar zum Kapitalwert der korrespondierenden Leis-tungssalden ist. Somit kann eine aus dem Rechnungswesen abgeleitete Größe ver-wendet werden, um den Zielerreichungsgrad eines Projekts oder aller Projekte zubeurteilen (siehe Kruschwitz (2011), S. 159-164, Franke u.Hax (2009), S. 91-97). Der Gewinn ermittelt sich im Rahmen eines Projekts wie bekannt aus demZahlungsstrom plus Investitionen in das Anlagevermögen (AV) und das Umlauf-vermögen (UV) (Bestandsveränderung). Die Investition ins Anlagevermögen wirdbuchhalterisch über Abschreibungen auf die historische Anfangsausgabe verrech-net. In einer Geschäftsperiode lautet daher der Gewinn:

GWt = CFt︸︷︷︸

Cashflow =Umsatz - Aufwendun-gen (zahlungswirksam)

− AfAt︸︷︷︸

Abschreibungen

+ (UVt − UVt−1)︸ ︷︷ ︸

Bestandsveränderung

Durch die Investitionen wird Kapital gebunden. Dem Unternehmer entgehen Al-ternativeinnahmen aus einer Anlage auf dem Kapitalmarkt. Demnach müssen kal-kulatorische Zinsen auf das gebundene Kapital (Anlage- undUmlaufvermögen)vom Gewinn abgezogen werden. Der Residualgewinn lautet somit:

RGWt = GWt − it Kbt−1︸ ︷︷ ︸

Zinsen auf Kapitalbetrag

wobei:

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Investitionsre hnung 5 - 71 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Kbt−1 = UVt−1 + AVt−1

mit

AVt = AVt−1 − AfAt.

Werden diese Beziehungen in den Gleichungen berücksichtigt, folgt für den Re-sidualgewinn:

RGWt = CFt + (AVt − AVt−1) + (UVt − UVt−1)− it (AVt−1 + UVt−1)= CFt + (AVt + UVt)− (1 + it) (AVt−1 + UVt−1)

Die diskontierte Summe über die Lebensdauer einer Investition führt zu:

T∑

t=1

RGWt

(1 + it)t=

T∑

t=1

CFt

(1 + it)t+

T∑

t=1

(AVt + UVt)

(1 + it)t−

T−1∑

t=0

(AVt + UVt)

(1 + it)t

=T∑

t=1

CFt

(1 + it)t+ (AVT + UVT − AV0 − UV0).

Für den FallAVT = 0 undAV0 = I0 lässt sich gerade die Äquivalenz zum Kapi-talwert nachweisen:

T∑

t=1

RGWt

(1 + it)t=

T∑

t=1

CFt

(1 + it)t− I0 + (UVT − UV0) = K0 + (UVT − UV0)

Voraussetzung ist offenbar, dass die Abschreibungen bilanzorientiert sind, d.h.nach historischen Kosten und nicht kalkulatorisch angesetzt werden, d.h.

AVT = AVT−1 − AfAT = AVT−2 − AfAT−1 − AfAT = I0 − AfA1 · · · − AfAT

bzw. mitAVT = 0 folglich auchI0 =∑T

t=1 AfAt erfüllt ist (Wird ein Liquidations-erlös berücksichtigt, d.h. istAVT nicht unbedingt null, soll gilt die Äquivalenz derExtremaleigenschaft weiterhin (Maximierung des Kapitalwerts≡ Maximierungder diskontierten Residualgewinne). Hier bleibt lediglich eine weitere Restgröße(plus oder minus einer konstanten Größe wegen eines Liquidationserlöses oder-verlustes), die additiv zur Investition oder Desinvestition ins Umlaufvermögen(UVT − UV0) (engl.: “change in working capital”) hinzu kommt).

Umgekehrt gilt, dass der Unterschied zwischen dem Gewinn und dem Zahlungs-strom (engl. “cash flow”) der jährlichen Abschreibung und Änderung des Um-laufvermögens entspricht. Wird demnach die Differenz überdie Gesamtperiode

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Investitionsre hnung 5 - 72 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

gebildet, so muss insgesamt die komplette Investition ins Anlage- und Umlauf-vermögen resultieren, d.h. es muss sich gerade der momentane Wert des Kapital-betrags ergeben, wie sich leicht nachweisen lässt:

Kbt =t∑

s=1

GWs −t∑

s=0

zs

=t∑

s=1

(CFs − AfAs + (UVs − UVs−1))− ((t∑

s=1

CFs)− I0 − UV0)

=t∑

s=1

((AVs − AVs−1) + (UVs − UVs−1)) + I0 + UV0 = AVt + UVt, q.e.d.

„Aus dem Lücke-Theorem folgt: Wenn die Dispositionen im Leistungsbereichsich am Ziel der Maximierung des Kapitalwerts der Leistungssalden orientieren,wird dadurch zugleich der Kapitalwert eines Erfolgsmaßes,nämlich des (diskon-tierten) Residualgewinns, maximiert; je höher also der Kapitalwert der Leistungs-salden, desto größer wird tendenziell der mit diesem Maßstab gemessene Erfolg.Man hat damit die Möglichkeit, dem Leistungsbereich als Ziel die Maximierungdes Kapitalwerts der Leistungssalden vorzugeben und zur Kontrolle des Zielerrei-chungsgrades eine aus dem Rechnungswesen des Unternehmensabgeleitete Peri-odenerfolgsgröße zu verwenden“ (Franke u. Hax (2009), S. 93).

5.6 Die Arbitragetheorie (Theorie der Arbitragefreiheit)

Einzelne Finanzierungsobjekte werden auf Märkten gehandelt. Dabei sorgen Händ-ler und Arbitrageure dafür, dass kleinste Unterschiede zwischen den einzelnenMarktwerten an verschiedenen Marktplätzen, als auch zwischen verschiedenenZeitpunkten, zu Arbitragezwecken genutzt werden, so dass ein Gleichgewicht nurdann möglich ist, wenn die Marktwerte sich so anpassen, dasssie das globaleSystem implizit abbilden. Dies vollzieht sich auf einem fiktiven Markt in Sekun-denschnelle und immer wieder von Neuem. Genauso wie in der Physik kein Per-petuum mobile existiert, das Energie aus nichts erzeugt, genauso wenig gibt esin der Wirtschaft Goldesel, die nur Gold ausspucken, ohne dass man etwas dafürtun muss. Mit anderen Worten: Im Marktgleichgewicht gibt eskeine Arbitragege-winne mehr. Daher spielt die Arbitragetheorie eine bedeutende Rolle für die Wirt-schaftswissenschaft, da sie postuliert, dass auf einem gleichgewichtigen Markt dieFinanzierungsobjekte implizit so miteinander verknüpft sind, dass keine Arbitra-gemöglichkeiten existieren. Nimmt man nun umgekehrt an, dass der Markt immerim Gleichgewicht ist, was per se eine gewagte These ist, so liefert die Arbitrage-theorie wichtige Aussagen zur Bewertung von Finanzierungsobjekten. Dies sei aneinem Beispiel kurz erläutert (nach Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 111-125).

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Investitionsre hnung 5 - 73 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Warenkorb j Preis pj Eier Xaj Käse Xbj

1 5.0 3 4

2 5.0 4 3

3 9.0 7 7

Tabelle 12: Beispiel für die Realisierung von Arbitragegewinnen

Angenommen auf einem Wochenmarkt gibt es Eier und Käse zu kaufen. Es wer-den verschiedene Warenkörbe gehandelt. Es ist auf den ersten Blick sichtbar, dassdurch Kauf von Warenkorb 3 und durch einzelnen Verkauf als Warenkorb 1 und2 ein Arbitragegewinn von 1 Geldeinheit möglich ist. Somit bieten sich für einengewieften Arbitrageur Gewinnmöglichkeiten. In diesem Fall ist Warenkorb 3 ge-messen an den Warenkörben 1 und 2 unterbewertet. Man sprichtin diesem Zusam-menhang auch von einem “free lunch”, da man Geld quasi für nichts bekommt.

Wird die Anzahl an Warenkörben mitnj und die Mengen an Eiern und Käseinnerhalb dieser Warenkörbe mitXj bezeichnet, so bedeutet dies, dass sich diekumulierte Menge bei einem Kauf von Warenkorb 3 und Verkauf als Warenkorb1 und 2 als zu null ergibt (n1 = n2 = −1, n3 = 1). In Bezug auf die Eier gilt alsoz.B.:

n1 Xa1 + n2Xa2 + n3Xa3 = −3 − 4 + 7 = 0.

Für die erzielten Preise gilt hingegen:

n1 p1(Xa, Xb) + n2 p2(Xa, Xb) + n3 p3(Xa, Xb) = −5 − 5 + 9 = −1 6= 0,

d.h. der Preis ist negativ. Man bekommt praktisch was geschenkt. Es ist aus der In-tuition unmittelbar einsichtig, dass auf einem arbitragefreien Markt ausnj Xaj =0 undnj Xbj = 0 auch die Beziehungnj pj(Xa, Xb) = 0 folgen sollte. Desweite-ren ist ebenso vollkommen einsichtig, dass der Preis eines Warenkorbes verschie-dener Güter gleich der Summe der Preise der einzelnen Güter sein sollte, d.h. füreinen Warenkorb ausna Eiern undnb Käse muss gelten

na pa1 + nb pb2 = p(naXa, nb Xb),

da man sonst den Warenkorb aufteilen könnte und man besser stände mit deneinzelnen Gütern getrennt zu handeln. Man bezeichnet dieseForderung auch alsWertadditivitätstheorem. Zusammenfassend und aus der Intuition unmittelbar ein-sichtig ist, dass ein positiver Überschuss in den Güternnj Xaj ≥ 0 undnj Xbj ≥ 0

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Investitionsre hnung 5 - 74 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

niemals mit einem negativen Preis verbunden sein darf, d.h.es muss dann immernj pj(Xa, Xb) > 0 gelten, egal in welchem Fall. Wäre diese Bedingung nämlichnicht erfüllt, so gäbe es auf jeden Fall Arbitragemöglichkeiten, da ein negativerPreis bedeutet, dass man etwas herausbekommt, also praktisch etwas umsonsterwirbt (im umgekehrten Fall darf auch nicht gelten, dass aus nj Xaj ≤ 0 undnj Xbj ≤ 0 ebennj pj(Xa, Xb) > 0 folgt oder kurz: Es muss immer eine adäquateGegenleistung geben, d.h. ein Kauf von Gütern kostet immer einen positiven Preisund spiegelbildlich bekommt man immer etwas, wenn man Güterverkauft) (EinSonderfall ist dann gegeben, wenn sich die Verkäufe und Käufe gerade zu nullergeben. Dann muss der resultierende Gesamtpreis auch nullsein!).

Zuvor wurde der Fall betrachtet, in dem in einem bestimmten Zeitpunkt verschie-dene Möglichkeiten der Arbitrage gegeben waren (der Fall verschiedener Waren-körbe). Man kann die Theorie des arbitragefreien Marktes jedoch auch auf denFall ausweiten, in dem Zahlungsreihen über längere Zeitperioden auf einem Marktgehandelt werden, die einen bestimmten Preis kosten, z.B. einen bestimmten Bar-wert bezüglicht = 0. Wird mit i die Anzahl der gegebenen Zahlungsreihen undmit t die Anzahl der betrachteten Zeitpunkte bezeichnet, so lässt sich diese Pro-blemstellung mathematisch wie folgt formulieren:

Xit ρt = pi oder X ρρρ = p

Da mit dem Vektorρρρ die Zahlungsreihen diskontiert werden, ergeben sich die ent-sprechenden Barwerte der insgesamti verschiedenen Zahlungsreihen. Es handeltsich damit um ein gekoppeltes Gleichungssystem, d.h. die Abzinsungsfaktorenwerden simultan ermittelt. Ein System ist arbitragefrei, wenn für diese Auswahlbestimmter Zahlungsreihen oder Basis, wie man auch zu sagenpflegt, die Kompo-nenten des Vektorsρρρ > 0 positiv sind. Tatsächlich lässt sich mathematisch zeigen,dass die Verletzung, alsoρt < 0 für ein bestimmtest, eine Arbitragegelegenheitbietet. Die Wahl der Basis ist beliebig, wenn das Gesamtsystem arbitragefrei ist.Die Matrix X muss regulär sein, d.h. insbesondere quadratisch, d.h.ρρρ gilt für ei-ne bestimmte Auswahl ani = t Zahlungsreihen (die Basis). Ist diese Beziehungfür irgendeinen weiteren Finanztiteli > t verletzt, so ist das Gesamtsystem nichtarbitragefrei, selbst dann, wenn für die betrachtete Basisalle Abzinsungsfaktorenpositiv waren. Der Preis eines Finanztitelspk entspricht nämlich auf einem arbi-tragefreien Markt gerade seinem Marktpreis, d.h. dem erwarteten Preis. Arbitra-gefreiheit bedeutet insbesondere bei Realinvestitionen,dass keine Synergieeffektevorhanden sind, die den Wert über den erwarteten Marktwert hinaus werthaltigermachen könnten. Zur Lösung des Gleichungssystems, muss dieMatrix X der zu-standsbedingten ZahlungsströmeXij regulär sein, d.h. sie muss quadratisch sein(i = t) und keine Zeile bzw. Spalte darf sich als Linearkombination anderer Zeilen

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Investitionsre hnung 5 - 75 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

bzw. Spalten herleiten lassen (was bedeutet, dass die Determinante dieser Matrixnicht null sein darf).

Die Vektorenρρρ undp sind dabei äquivalent, d.h. beziehen sich die Preise auf denZeitpunktt = T , so handelt es sich bei denρρρ konsistent um Aufzinsungsfaktorenauf t = T . Wie später dargestellt werden wird, kann man die Abzinsungsfaktorenaus den Aufzinsungsfaktoren unmittelbar herleiten, so dass die Bezugsbasis imPrinzip irrelevant ist.

Es gibt einen mathematischen Satz, das sogenannteMinkowski-Farkas-Lemma,das gerade eine Aussage über die Arbitragefreiheit eines gegebenen Satzes voni Finanztiteln beit Zeitpunkten erlaubt (siehe Kruschwitz u. Husmann (2012),S. 137-145). Demzufolge gibt es bei einer Lösung eines solchen Gleichungssys-tems genau zwei Möglichkeiten. Entweder gibt es eine Lösungdes des SystemsX ρρρ = ppp mit ρρρ ≥ 0 oder es existiert ein Vektorn, dass sowohlnX ≥ 0 alsauchpn < 0 erfüllt ist. Letzteres eröffnet gerade eine Arbitragegelegenheit, sie-he vor. Somit folgt im Umkehrschluss, dass, wennρρρ ≥ 0 gilt und eine Lösung desGleichungssystems existiert, bezüglich dieser gewähltenBasis Arbitragefreiheitgegeben ist. Gilt für irgendeinρj < 0, so ist eine Arbitragemöglichkeit gegeben.Dies soll an einem Beispiel kurz erläutert werden.

Titel i Xi1 Xi2 Xi3 Preis pi1 100.0 60.0 70.0 100.0

2 200.0 90.0 80.0 130.0

3 20.0 50.0 70.0 80.0

Tabelle 13: Beispiel für eine ni ht abitragefreie Menge an Finanztiteln

Wird das Gleichungssystem in Tabelle 13 ausgewertet, so folgt für den Vektor

ρρρ = {0.3166667, −0.5333333, 1.433333},

d.h. das System ist nicht arbitragefrei. Es wird nun versucht mit Hilfe dieser 3Finanztitel als Basis einen bestimmten anderen Titel nachzubilden, wie z.B. einenfiktiven Finanztitel mit den DatenX4t = {10.0., 100.0, 20.0}. Hier gilt also dieBeziehungni Xit = X4t ≥ 0 a priori, da die Komponenten vonX4t alle positivsind. Das resultierende Gleichungssystem lässt sich schreiben als:

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Investitionsre hnung 5 - 76 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

n1 100.0 + n2 200.0 + n3 20.0 = 10.0n1 60.0 + n2 90.0 + n3 50.0 = 100.0n1 70.0 + n2 80.0 + n3 70.0 = 20.0

und es folgt als Lösungn = {−17.55, 7.95, 8.75}, d.h. man sollte7.95 Einheitenvon Titel 2 sowie8.75 Einheiten von Titel 3 kaufen und17.55 Einheiten von Titel1 verkaufen. Dann ist jedoch der resultierende Preis diesesfiktiven Finanztitelsnegativ, denn es gilt:

pn = (100.0, 130.0, 80.0) ·

−17.557.958.75

= −21.5

Dieses Lemma besagt nur, dass ein bestimmter Vektorn existieren muss, so dasseine Arbitragegelegenheit gegeben ist. Dies ist aber natürlich nicht immer der Fall.So ist z.B. für den fiktiven Finanztitel mit den DatenX4t = {100.0, 100.0, 100.0}die BeziehungnX ≥ 0 mit n = {−3.16667, 1.83333, 2.5} ebenso erfüllt, aberdiesmal giltpn = 121.667 > 0. So leicht wird es daher einem Arbitrageur beider Entdeckung von Arbitragegelegenheiten also auch nichtgemacht!

Bezieht sich das Gleichungssystem auft = 0, d.h. sind die Preise gleich denBarwerten der Finanztitel, so entsprechen dieρj wie gesagt den Abzinsungsfak-toren. Im Folgenden sollen einige spezielle Fälle untersucht werden. Der ersteFall bezieht sich auf Nullkuponanleihen (engl.: “zero bonds” oder “pure discountbonds”). Hier ist das Gleichungssystem besonders einfach,da die MatrixX eineDiagonalbasis ist. Hier sei das Beispiel in Tabelle 14 betrachtet.

Titel i Xi1 Xi2 Xi3 Preis pi1 105.0 0.0 0.0 100.0

2 0.0 107.0 0.0 100.0

3 0.0 0.0 108.0 100.0

Tabelle 14: Beispiel für Nullkuponanleihen

Hier lassen sich die Abzinsungsfaktoren ohne Umwege ermitteln als:

ρ1 =100

105= 0.952380952, ρ2 =

100

107= 0.934579439, ρ3 =

100

108= 0.925925925

Nun soll gezeigt werden, wie sich aus diesen Abzinsungsfaktoren jährliche Kassa-zinssätze (engl.: “spot rate”) ermitteln lassen. Der Kassazinsfaktor ergibt sich kon-sistent nach den üblichen Regeln der Finanzmathematik. DieBeziehung zwischen

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Investitionsre hnung 5 - 77 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Abzinsungsfaktor und Kassazinsfaktor ist gegeben über (siehe Kruschwitz (2011),S. 82-92):

ρt =1

(1 + i0,t)t⇒ i0,t =

t

√1

ρt− 1

Die Kassazinssätze für diesen betrachteten Fall lauten:

i0,1 = 0.05, i0,2 = 0.034408043, i0,3 = 0.025985568.

Terminzinssätze (engl.: “forward rates”) sind nun Zinssätze, die sich auf die Zu-kunft beziehen, d.h. wird ein Termingeschäft getätigt, so liegen die Zeitpunkte,zu denen die Leistungen der einzelnen Vertragspartner erfolgen, in der Zukunft,während beim Kassageschäft zumindest einer der Vertragspartner immer zut = 0leisten muss. Sie lassen sich entweder direkt aus den Kassazinssätzen oder auchaus den Abzinsungsfaktoren herleiten. Dabei unterscheidet man einjährige, aberauch mehrjährige Terminzinssätze. Ist ein Markt arbitragefrei, so sind die Termin-zinssätze implizit festgelegt. So lassen sich die Terminzinssätzei1,2 undi2,3 durchdie Finanztitel nachbilden, indem wir den Titel 1 von Titel 2und den Titel 2 vonTitel 3 abziehen. Dann gilt bei dem betrachteten Beispiel nämlich das folgendeGleichungssystem:

Titel i Xi1 Xi2 Xi3 Preis pi2′ -105.0 107.0 0.0 0.0

3′ 0.0 -107.0 108.0 0.0

Tabelle 15: Beispiel für Nullkuponanleihen mit einjährigen Terminzinssätzen

Es folgt also z.B.:

−105.0 ρ1 + 107.0 ρ2 = 0 ⇒ −105.0 +107.0

(1 + i1,2)= 0,

woraus sich die folgenden einjährigen Terminzinssätze ergeben:

i1,2 =107.0

105.0− 1 ≡

ρ1ρ2

− 1 oder auchi2,3 =108.0

107.0≡

ρ2ρ3

− 1

Das Gleiche lässt sich nun auch für den Terminzinssatzi1,3 durchexerzieren, in-dem nun die Finanztitel3′ und2′ addiert werden, woraus Tabelle 16 folgt.

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Investitionsre hnung 5 - 78 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Titel i Xi1 Xi2 Xi3 Preis pi3′′ -105.0 0.0 108.0 0.0

Tabelle 16: Beispiel für Nullkuponanleihen mit zweijährigem Terminzinssatz

Daraus ergibt sich offenbar die folgende Beziehung:

108.0

(1 + i1,3)2= 105.0 und−105.0 ρ1 + 108.0 ρ3 = 0,

womit der zweijährige Terminzinssatz lautet:

i1,3 =2

108.0

105.0− 1 = 2

√ρ1ρ3

− 1

„Ist der Markt arbitragefrei, so sind die Terminzinssätze also praktisch durch dieheutige Zinsstruktur bereits festgelegt. Künftige Zeitpunkte spielen für den Ab-schluss von Finanzgeschäften praktisch keine Rolle mehr“ (Hering (2008), S. 62).

Eine einfache Beziehung der eingeführten Faktoren untereinander ist fürt = 3wie folgt gegeben:

(1 + i0,3)3 =

1

ρ3= (1 + i0,1)(1 + i1,2)(1 + i2,3) =

1

ρ1

ρ1ρ2

ρ2ρ3

bzw.

(1 + i0,3)3 =

1

ρ3= (1 + i0,1)(1 + i1,3)

2 =1

ρ1

ρ1ρ3

Zusammengefasst kann man das schreiben als:

1

(1 + it1,t2)t2−t1

=ρt2ρt1

.

Hier bezeichnet der Quotient aus den gegebenen Abzinsungsfaktoren einen re-lativen Abzinsungsfaktor, der sich auf eine bestimmte Periode bezieht (begrenztdurch die Zeitpunktet1 und t2). Ein relativer Aufzinsungsfaktor zwischen zweiZeitpunkten lässt sich analog bestimmen:

(1 + it1,t2)t2−t1 =

1

(1 + it1,t2)t1−t2

=ρt1ρt2

,

Als allgemeingültige Beziehung lässt sich also ersehen, dass bei einer Abzinsung

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Investitionsre hnung 5 - 79 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

(wie z.B. 1(1+i0,t1 )

t1oder(1 + i0,t1)

−t1) der Abzinsungsfaktorρt1 im Zähler steht,

während bei einer Aufzinsung (wie z.B.(1 + i0,t2)t2 oder 1

(1+i0,t2 )−t2

) der entspre-chende Abzinsungsfaktorρt2 im Nenner steht. Bei einer Kombination einer Auf-und Abzinsung ergeben sich damit die angegebenen Gleichungen. Da es hier le-diglich um ein relatives Verhältnis geht, gilt der Bruch auch dann, wenn es sichum andere Bezugspunkte handelt alst = 0. Werden z.B. Aufzinsungsfaktorennacht = 3 ermittelt, so folgt für die entsprechenden Aufzinsungsfaktoren:

ρ0,3 =ρ0ρ3

, ρ1,3 =ρ1ρ3

, ρ2,3 =ρ2ρ3, ρ3,3 =

ρ3ρ3

Nun ist für den Bezugspunktt = 3 konsistenter Weiseρ3,3 = 1.0. Ein Bruch in derForm ρ1

ρ2ergibt sich nun zuρ

1,3 ρ3ρ2,3 ρ3

, wobei sichρ3 herauskürzen lässt, d.h.ρ1,3

ρ2,3= ρ1

ρ2,

q.e.d.. D.h. bei einem Wechsel des Bezugszeitpunkts auftβ anstattt = 0 werdenaus denρt verallgemeinernd nun relative Verzinsungsfaktoren, so dass z.B. einBruch in der Formρ1

ρ2heißt: Verzinsung eines Betrags vont1 auf den Zeitpunkttβ

und Verzinsung des resultierenden Betrags vontβ auf den Zeitpunktt2.

In den nun folgenden Beziehungen wird häufig von der Summationsregelai bi =a1 b1 + a2 b2 + ... + aT bT für Größen mit der DimensionT Gebrauch gemacht(d.h. über gemeinsame Indizes wird summiert), um die unübersichtliche Verwen-dung von Summenzeichen zu vermeiden.

Ein weiteres Beispiel sind Effektivzinssätze (engl.: “yields”), die sich aus Kupon-anleihen oder auch endfälligen Darlehen herleiten lassen,je nachdem aus wessenSicht man das beurteilt (entweder aus der Sichtweise eines Kreditors oder Schuld-ners). Kuponanleihen haben einen bestimmten Zeithorizontund wenn man für je-dest gerade eine Nullkuponanleihei mit einem Fälligkeitsdatum vont wählt, sobesitzt die MatrixX gerade eine Dreiecksstruktur. Auch hier lässt sich das Glei-chungssystem leicht aufstellen. Eine Kuponanleihe hat dasfolgende typische Aus-sehen:(−pt, rt, rt, · · · , rt, 1+ rt) (siehe Hering (2008), S. 61). Das Papier besitzteinen Ausgabekurs vonpt und wird im Endzeitpunkt zu einem Kurs von1 + rtausgeglichen. Innerhalb dieses Zeitraums fallen Zinsen inder Höhe vonrt an.Wird für ein Beispiel ein vier-periodischer Zeitraum angenommen mit verschie-denen steigenden Zinssätzenrt, so lässt sich das Gleichungssystem exemplarischnach Tabelle 17 wie folgt schreiben.

Es ist offensichtlich, dass sich dieses System entweder wieoben beschriebendurch Inversion der MatrixX in der Form

X ρρρ = p bzw.Xit ρt = pi ⇒ ρρρ = X−1 p

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Investitionsre hnung 5 - 80 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

i ri Xi1 Xi2 Xi3 Xi4 Barwert

1 r1 1 + r1 0 0 0 p12 r2 r2 1 + r2 0 0 p23 r3 r3 r3 1 + r3 0 p34 r4 r4 r4 r4 1 + r4 p4

Tabelle 17: Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 1a)

oder aber auch durch eineGauß-Elimination lösen lässt unter Anwendung einerRückwärtssubstitution. Eine Inversion der Matrix kann damit vermieden werdenauf Grund der Dreiecksstruktur vonX. Es gelingt auch entweder geschlosse-ne oder auch rekursive Formeln herzuleiten, mit denen Abzinsungsfaktoren oderauch Terminzinssätze unmittelbar berechnet werden können. Zur Herleitung ei-niger dieser Formeln sei der Fall betrachtet, in dem die Papiere zur Fristigkeittjeweils zu 1 notiert sind. Dann gilt nämlich gerade System 2a. Dies ist erreichbar,indem die jeweiligen Zeilen der MatrizenX (linke Seite des Gleichungssystems)undp (rechte Seite des Gleichungssystems) durch einen gemeinsamen Faktor di-vidiert werden. Somit ist klar, dass sich die Lösung des Gleichungssystems imSchritt von System 1a zu System 2a nicht ändert.

i ri Xi1 Xi2 Xi3 Xi4 Barwert

1 r1 1 0 0 0

p11+r1

2 r2r2

1+r21 0 0

p21+r2

3 r3r3

1+r3

r31+r3

1 0

p31+r3

4 r4r4

1+r4r4

1+r4r4

1+r41

p41+r4

Tabelle 18: Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 2a)

i ri Xi1 Xi2 Xi3 Xi4 Barwert

1 r1 − r4(1+r2)(1+r3)(1+r4)

0 0 0 − p1 r4(1+r1)(1+r2)(1+r3)(1+r4)

2 r2 − r2 r4(1+r2)(1+r3)(1+r4)

− r4(1+r3)(1+r4)

0 0 − p2 r4(1+r2)(1+r3)(1+r4)

3 r3 − r3 r4(1+r3)(1+r4)

− r3 r4(1+r3)(1+r4)

− r41+r4

0 − p3 r4(1+r3)(1+r4)

4 r4r4

1+r4r4

1+r4r4

1+r41

p41+r4

Tabelle 19: Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 3a)

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Nun lässt sich System 2a so umformulieren, dass das Papier mit der Fristigkeitt − 1 genau das Papier mit der Fristigkeitt finanziert, d.h. die entsprechendenSpaltensummen sind bis auf den Zeitpunktt = 4, wo eine 1 steht, gerade null.Auf diese Weise kann man sich rekursiv bis auf den Anfangszeitpunkt durchhan-geln und sämtliche Einträge der Matrix bestimmen. Auch hierwird jede Zeiledes Gleichungssystems mit einem bestimmten gemeinsamen Faktor durchmulti-pliziert, so dass sich die Lösung des globalen Systems 2a nicht ändert, was zuSystem 3a führt.

Da sich die Spaltensummen der ersten 3 Spalten zu null ergeben, resultiert übereine Addition aller Papiere (wie wir es auch vorher bei den sehr einfachen Beispie-len in Tabellen 14, 15 und 16 gemacht haben) die ZahlungsreiheX = (0, 0, 0, 1) =X1 +X2 +X3 +X4. Es stellt sich nun die Frage, zu welchem Wertp das Papiermit der ZahlungsreiheX = (0, 0, 0, 1) gehandelt wird, wenn der Markt arbitrage-frei ist? Dies ist aber ablesbar in der Spalte der Barwertepi, für die ebenso wiefür die einzelnen Papiere eine Summe zu bilden lässt. Darausergibt sich demnach:

p = p4(1+r4)

− p3 r4(1+r3)(1+r4)

− p2 r4(1+r2)(1+r3)(1+r4)

− p1 r4(1+r1)(1+r2)(1+r3)(1+r4)

Wenn wir die Summe aller Titel betrachten, muss das Gleichungssystem aber auchdie folgende Bedingung erfüllen:

0 ρ1 + 0 ρ2 + 0 ρ3 + 1 ρ4 = p

so dass sofort klar wird, dassρ4 = p gelten muss, d.h. wir haben auf diese Weiseeine geschlossene Lösung zur Bestimmung vonρ4 gefunden.

Wird dieser Lösungsweg für beliebigest nachvollzogen, so kommt man zu dergeschlossenen Formel (Hering (2008), S. 69):

ρt =

pt − rtt−1∑

τ=1

pτ ·t−1∏

k=τ

(1 + rk)−1

1 + rt,

wie sich für den soeben betrachteten Fall fürt = 4 tatsächlich nachweisen lässt:

ρ4 =

p4 − r4

(p3

(1 + r3)+

p2(1 + r2)(1 + r3)

+p1

(1 + r1)(1 + r2)(1 + r3)

)

(1 + r4)

Da pi gleich dem Barwert desi-ten Finanzierungstitels ist, gilt offenbar für deni-ten Finanztitel (siehe System 1a) (Hering (2008), S. 74-75) auch:

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Investitionsre hnung 5 - 82 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

pi =t−1∑

j=1

ri ρj + (1 + ri) ρt für t = i.

Daraus lässt sich eine rekursive Bestimmungsgleichung fürρt gewinnen:

ρt =

pi − rit−1∑

j=1

ρj

1 + rifür t = i.

Durch Vergleich der geschlossenen und rekursiven Bestimmungsgleichungen kannman unmittelbar auch eine Beziehung für die Summe der Abzinsungsfaktoren ge-winnen, denn man findet (durch Vergleich der beiden Terme innerhalb des Zählersdieser beiden Gleichungen) (Hering (2008), S. 73) gerade:

t∑

j=1

ρj =t∑

j=1

pjt∏

k=j

(1 + rk)

Es lassen sich ohne Weiteres aus dem Vektorρρρ die Terminzinssätzeit−1,t ableiten.Am Einfachsten ist die Anwendung der Beziehungit−1,t =

ρt−1

ρt−1 und Einsetzen

der geschlossenen Formel für dieρρρ, was auf (Hering (2008), S. 71)

it−1,t =

pt−1 − rt−1

t−2∑

τ=1

pτt−2∏

k=τ

(1 + rk)−1

pt − rtt−1∑

τ=1

pτt−1∏

k=τ

(1 + rk)−1

1 + rt1 + rt−1

− 1

führt. Jedoch gibt es auch hier eine rekursive Formel. Auf Grund der Beziehungρt =

∏tk=1(1 + ik−1,k)

−1 und der Rekursionsformel fürρt lässt sich wegen

1

ρt= (1 + it−1,t)

t−1∏

k=1

(1 + ik−1,k) =1 + ri

pi − rit−1∑

τ=1

ρτ

für i = t auch

it−1,t =1 + rt

ptt−1∏

k=1

(1 + ik−1,k)− rtt−1∑

τ=1

t−1∏

k=τ+1

(1 + ik−1,k)

− 1

gewinnen (Hering (2008), S. 77).

Anwendung findet die Theorie der Arbitragefreiheit z.B. beider Bewertung vonRealobjekten. Ein Realobjekt kann ein bestimmtes Investitionsobjekt sein, dasszu einem bestimmten KapitalwertK0 führt. Es wird gefragt, welche TranchenTi

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Investitionsre hnung 5 - 83 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

der einzelnen Finanztitel notwendig sind, um genau die gegebene Zahlungsreihenachzubilden (System b), während dieit−1,t aus System a den marginalen Grenz-zinsfüßen entsprechen. Auf diese Weise kann man das Realobjekt auf äquivalenteFinanzobjekte zurückführen. Bezeichnet der Vektorg = gt = {g1, g2, g3, g4} dieZahlungsreihe des Investitionsprojektes abt = 1, muss bezüglich der gegebenenTranchen die BeziehungTiXit = gt erfüllt sein, was sich auch alsTX = g

schreiben lässt, wobei der Vektor

T = {TR01,TR02,TR03,TR04}

die Tranchen bezeichnet (Hering (2008), S. 66-67). Die Lösung des Gleichungs-systems ergibt sich überT = gX−1. Um eine angenehmere Darstellung in Ta-bellenform zu erhalten, die sich ähnlich einfach als Tabelle schreiben lässt wie imzuvor betrachteten Fall, wird die MatrixX einfach transponiert, so dassXT T =g bzw. Xti Ti = gt gilt. Auch hier ergibt sich natürlich die Lösung analog zuT = X−T g. Sie entspricht übrigens einfach der Transponierten der Matrix X−1.

t Xt1 Xt2 Xt3 Xt4 Zahlung gt1 1 + r1 r2 r3 r4 g12 0 1 + r2 r3 r4 g23 0 0 1 + r3 r4 g34 0 0 0 1 + r4 g4

Tabelle 20: Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 1b) (mit XT)

Sind die einzelnen Tranchen bekannt, so ergibt sich der Kapitalwert der Zahlungs-reihe{g1, g2, g3, g4} alsK0 = g0 + TR0i pi mit der Anfangsauszahlungg0 ≤ 0 int = 0, wobeipi wie vorher die Preise deri Finanzierungstitel in Form deren Bar-werte zut = 0 darstellen. Es ist damit auch klar, dass gelten muss:

K0 = g0 + g ρρρ = g0 +TX ρρρ = g0 +Tp,

was geradeX ρρρ = p impliziert. Damit sind duale Beziehungen bezüglich einesabitragefreien Marktes gefunden worden. Entweder zinsen wir die Zahlungsreiheauf t = 0 ab oder wir berechnen den Barwert der Tranchen der einzelnenFinanz-titel. Beide Betrachtungsweisen sind dual zueinander.

Will man den KapitalwertK0 mit in das Gleichungssystem System 1b integrieren,so wird eine nullte Zeile und Spalte eingefügt, was zu System2b führt.

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Investitionsre hnung 5 - 84 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

t K0 Xt1 Xt2 Xt3 Xt4 Zahlung gt0 1 −p1 −p2 −p3 −p4 g01 0 1 + r1 r2 r3 r4 g12 0 0 1 + r2 r3 r4 g23 0 0 0 1 + r3 r4 g34 0 0 0 0 1 + r4 g4

Tabelle 21: Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 2b) (mit XT)

Nun ist der VektorT alsTi = {K0,TR01,TR02,TR03,TR04} definiert.

Da ein Abzinsungsfaktor einen Einheitswert in der Periodet bis auft = 0 abzinst,kann man mit Hilfe des Gleichungssystems System 2bρt auch als KapitalwertK0

interpretieren, wenngt = 1 gesetzt wird und für alle anderengj = 0 für j 6= tgilt. Für den Fallg4 = 1 ist die 4-te Spalte der InversenX−T gerade (beachteT = X−T g mit g4 = 1) (Hering (2008), S. 70):

T =

ρ4TR4

1 = − r4(1+r1)(1+r2)(1+r3)(1+r4)

TR42 = − r4

(1+r2)(1+r3)(1+r4)

TR43 = − r4

(1+r3)(1+r4)

TR44 =

1(1+r4)

,

wie man leicht aus System 2b mit einer Rückwärtssubstitution undg4 = 1, gt =0 ∀ t ∈ [1, 3] herleiten kann. Da die Lösung explizit fürg4 = 1 gilt, „werden dieTranchen speziell alsTRt

τ bezeichnet als die zuρt gehörenden Tranchen der Fris-tigkeit τ “ (Hering (2008), S. 71). Die hier angegebenen TranchenTR4

τ für t = 4entsprechen den Barwerten in System 3a fürp = {p1, p2, p3, p4} = {1, 1, 1, 1},da auch in System 3a nur der Anteil fürt = 4 betrachtet wurde, während alleanderen Spaltensummen null waren. Damit wird die Dualität gut deutlich.

Werden nacheinanderg1 = 1 (t = 1), g2 = 1 (t = 2), g3 = 1 (t = 3) unterNullsetzen der übrigengk ∀ k 6= t betrachtet, so folgt im Einzelnen:

T =

ρ1TR1

1 =1

(1+r1)

TR12 = 0

TR13 = 0

TR14 = 0

,

ρ2TR2

1 = − r2(1+r1)(1+r2)

TR22 =

1(1+r2)

TR23 = 0

TR24 = 0

,

ρ3TR3

1 = − r3(1+r1)(r+r2)(1+r3)

TR32 = − r3

(1+r2)(1+r3)

TR33 =

1(1+r3)

TR34 = 0

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Investitionsre hnung 5 - 85 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Zusammenfassend, wird das gegebene Gleichungssystem gelöst (T = X−T g), soresultiert das folgende allgemeine System 3b, in dem dieTRt

τ wie zuvor definiertsind:

i Ti X−10t X−1

1t X−12t X−1

3t X−14t gt

0 K0 1 ρ1 ρ2 ρ3 ρ4 g01 TR01 0 TR

11 TR

21 TR

31 TR

41 g1

2 TR02 0 0 TR

22 TR

32 TR

42 g2

3 TR03 0 0 0 TR

33 TR

43 g3

4 TR04 0 0 0 0 TR

44 g4

Tabelle 22: Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 3b) (mit X−T)

Aus Tabelle 22 ist die folgende Beziehung ablesbar (t ist die Dimension vong):

TR0i = gt TRti mit TRt

i = 0 ∀ t < i , z.B. TR04 = g4 TR44

Bezüglich beider Herangehensweisen nach System a oder System b lässt sich ei-ne Verallgemeinerung erreichen, indem die Preisepi sich nicht als Barwerte auft = 0 beziehen, sondern bezüglich eines beliebigen anderen Zeitpunktest defi-niert sind. Dann beziehen sich die entsprechenden Faktorenρt ebenso auft undanstattT0 = K0 müssteT0 = Kt eingesetzt werden.

Auf einem arbitragefreien Markt sind wie gesagtTR0i Einheiten vom Finanzie-rungstiteli zu wählen, um die gegebene Zahlungsreihe mit einem KapitalwertvonK0 nachzubilden. Es muss also gelten:

K0 = g0 + TR0i pi = g0 + gt ρt,

wobei hier eine Summation über diei bzw. diet durchzuführen ist.

Diese Beziehung gilt wie besprochen auch unter Nebenbedingungen, die es z.B.erlauben, den Abzinsungsfaktorρt gesondert zu ermitteln:

ρt = ρt gt

∣∣∣gt=1, gj=0∀j 6=t

= TR0i pi

∣∣∣gt=1, gj=0∀j 6=t

= TRti pi

∣∣∣i≤t

,

wie aus System 3b hervorgeht.

Nun könnte sich die Frage stellen, wie groß die TranchenTt in t = 0 sein müssten,

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Investitionsre hnung 5 - 86 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

um einen KapitalwertKt in t entnehmen zu können, d.h. wie kann die Entnah-me des Überschusses int = 0 auf einen beliebigen anderen Zeitpunkt verlagertwerden? Dazu betrachten wir drei verschiedene Zahlungsströme.g ist der realgegebene Zahlungsstrom, der über die BeziehungT = X−T g mit dem Vektorder Tranchen verbunden ist. Desweiteren haben wir die gültige NebenbedingungK0 = g0+ρρρg. Der gesuchte Vektor der Tranchen, der z.B. geradeK3 ermöglicht,soll über die BeziehungT = X−T g = X−T (g − ¯g) bestimmt werden.g ist ver-knüpft mit dem gesuchten VektorT und ¯g liefert den notwendigen Freiheitsgrad.Je nachdem, wieg gewählt wird, ist offensichtlich, dass gilt:

g1 = g1 − ¯g1, g2 = g2 − ¯g2, g3 = g3 − ¯g3, g4 = g4 − ¯g4

Wir verlangen, dass bis aufg3 alle anderen Zahlungsströme exakt unverändertbleiben. Folglich gilt¯g = {0, 0, ¯g3, 0}. Der Wert von¯g3 wird über die Nebenbe-dingung0! = g0 + ρρρ g = g0 + ρρρ (g − ¯g) definiert, daK0 gerade null sein soll!Wird die BeziehungK0 = g0 + ρρρg eingesetzt, so folgtK0 − ρρρ ¯g = 0 (Da wireinen neuen zunächst unbekannten Vektor¯g eingeführt haben, bleibt hier genauein Freiheitsgrad übrig, d.h. wir haben nur eine Nebenbedingung zur Bestimmungder Unbekannten). Dann muss aber geltenK0 = ρ3 ¯g3 oder¯g = {0, 0, K0

ρ3, 0}. Die

Lösung fürT lässt sich dann über die Lösung des GleichungssystemsT = X−T g

gewinnen. In diesem Fall kann man mit Hilfe von System 3b die Bestimmungs-gleichung auch direkt finden, denn es folgt ausT = X−T g = X−T (g − ¯g):

TR3i = TR0i −K0

ρ3TR3

i

(Hering (2008), S. 72, Hering (1996)). Da wir offenbar den Überschuss vont = 0komplett nacht = 3 verschoben haben, giltK3 =

K0

ρ3, d.h. wir erhalten den Kapi-

talwert bezüglich des Zeitpunktst = 3. Das Konzept ist aber allgemeiner, als eszunächst erscheinen mag. Soll z.B. eine annuitätische Zahlungsreihe resultieren,so muss der Kapitalwert über alle Zeitpunkte verschmiert werden und es mussgelten:¯g = {C, C, C, C}, denn gerade dann ergibt sich in jedem Zeitpunktt ge-rade ein Überschuss (Differenz) vonC, der „ausgeschüttet“ werden kann. Also:

g1 = g1 − C, g2 = g2 − C, g3 = g3 − C, g4 = g4 − C

Die C werden schließlich mitK0 = g0 + ρρρg über die Nebenbedingungx =g0 + ρρρ g = g0 + ρρρ (g − ¯g) = K0 − C

∑4t=1 ρt bestimmt, wobeix verallgemei-

nernd eine zunächst beliebige Größe sein kann, die einen zusätzlichen Überschussin t = 0 angibt. Damit ergibt sichC schließlich zu:

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Investitionsre hnung 5 - 87 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

C =K0 − x

4∑

t=1

ρt

,

Für x = 0 wird der gesamte Kapitalwert verschmiert und int = 0 bleibt keinÜberschuss übrig. Der VektorT = X−T (g− ¯g) lautet letztlich:

TRCi = TR0i −4∑

t=1

C TRti.

wie aus System 3b hervorgeht (Hering (2008), S. 73-74, Hering (1996)). Wie mananhand der beiden Beispiele sehen kann, gibt der Vektor¯g offenbar genau denangestrebten Zahlungstrom an. Durch die einzige Nebenbedingung resultiert einFreiheitsgrad im System. Entweder kann also genau eine unbekannte Größe be-stimmt werden, wie im ersten BeispielK3 oder im zweiten Beispiel bei der Annui-tätenzahlungsreihe der einzige FreiheitsgradC. Jedoch ließen sich auch weitereAnwendungsbeispiele denken.

i ri Xi1 Xi2 Xi3 Xi4 Barwert

1 2% 1.02 0 0 0 0.99

2 3% 0.03 1.03 0 0 0.99

3 4% 0.04 0.04 1.04 0 1.00

4 5% 0.05 0.05 0.05 1.05 1.01

Tabelle 23: Beispiel für Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 1a)

t K0 Xt1 Xt2 Xt3 Xt4 Zahlung gt0 1 -0.99 -0.99 -1 -1.01 g01 0 1.02 0.03 0.04 0.05 g12 0 0 1.03 0.04 0.05 g23 0 0 0 1.04 0.05 g34 0 0 0 0 1.05 g4

Tabelle 24: Beispiel für Finanzierung über E�ektivzinssätze (System 2b)

Die Anwendung der Gleichungen sei anhand eines Beispiels verdeutlicht. Dazuwerden 4 Finanztitel mitri = {2%, 3%, 4%, 5%} undpi = {0.99, 0.99, 1.00, 1.01}mit Ausgabequoten von(99%, 99%, 100%, 101%) betrachtet. Werden nacheinan-derg0, g1, g2, g3 undg4 zu eins gesetzt, so ergeben sich die Abzinsungsfaktoren

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Investitionsre hnung 5 - 88 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

als KapitalwerteK0 in System 3b zu

ρ0 = 1.000000000ρ1 = 0.970588235ρ2 = 0.932895488ρ3 = 0.888327549ρ4 = 0.828961367

Das selbe ergibt sich über eine Lösung des Systems 1a über eineGauß-Eliminationbzw. über die dazu äquivalente rekursive Gleichung:

ρ1 =0.991.02

= 0.970588235

ρ2 =0.99−0.03 ρ1

1.03= 0.932895488

ρ3 =1.00−0.04 (ρ1+ρ2)

1.04= 0.888327549

ρ4 =1.01−0.05 (ρ1+ρ2+ρ3)

1.05= 0.828961367

Über die geschlossene Formel für die Abzinsungsfaktoren ergibt sich:

ρ1 =0.991.02

ρ2 =0.991.03

− 0.031.03

(0.991.02

)

ρ3 =1.01.04

− 0.041.04

(0.991.03

+ 0.99(1.03)(1.02)

)

ρ4 =1.011.05

− 0.051.05

(1.001.04

+ 0.99(1.04)(1.03)

+ 0.99(1.04)(1.03)(1.02)

)

Die Summe der Abzinsungsfaktoren lautet:

ρ1 + ρ2 + ρ3 + ρ4 =0.99

(1.02)(1.03)(1.04)(1.05)+ 0.99

(1.03)(1.04)(1.05)+ 1.00

(1.04)(1.05)+ 1.01

(1.05)

Wird z.B. g4 = 1 gesetzt, so folgt für den VektorT bzw. für die 4. Spalte derMatrix X−T aus System 3b:

T =

0.8289613679677−0.043582282303 = − 0.05

(1.02) (1.03) (1.04) (1.05)

−0.044453927949 = − 0.05(1.03) (1.04) (1.05)

−0.045787545787 = − 0.05(1.04) (1.05)

0.9523809523810 = 1(1.05)

,

Ist die MatrixX nicht in Dreiecksgestalt gegeben und hat nicht die gleiche Struk-tur wie unter Betrachtung von Kuponanleihen, so sind die geschlossenen und re-kursiven Berechnungsformeln fürρt natürlich nicht mehr gültig. Die folgenden

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Investitionsre hnung 5 - 89 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Ausführungen gelten hingegen auch für den Allgemeinfall.

Die impliziten Kassazinssätze ergeben sich über:

i0,1 =1ρ1

− 1 = 0.03030303030

i0,2 = 2

√1ρ2

− 1 = 0.0353412169

i0,3 = 3

√1ρ3

− 1 = 0.0402609350

i0,4 = 4

√1ρ4

− 1 = 0.0480124142

Die einjährigen Terminzinsätze ergeben sich dann zu:

i1,2 =ρ1ρ2

− 1 =(1+i0,2)2

(1+i0,1)− 1 = 0.040404040

i2,3 =ρ2ρ3

− 1 = (1+i0,3)3

(1+i0,2)2− 1 = 0.050170615

i3,4 =ρ3ρ4

− 1 =(1+i0,4)4

(1+i0,3)3− 1 = 0.071615136

Analog für die zweijährigen Terminzinssätze:

i1,3 =ρ1ρ3

− 1 = (1+i0,3)3

(1+i0,1)− 1 = (1 + i1,2)(1 + i2,3)− 1 = 0.09260175065

i2,4 =ρ2ρ4

− 1 =(1+i0,4)4

(1+i0,2)2− 1 = (1 + i2,3)(1 + i3,4)− 1 = 0.12537872613

Schließlich folgt für den dreijährigen Terminzinssatz:

i1,4 =ρ1ρ4

− 1 = (1+i0,4)4

(1+i0,1)− 1 = (1 + i1,2)(1 + i2,3)(1 + i3,4)− 1 = 0.170848573

Anschließend sei eine Zahlungsreihe vongt = {−1000.0, 220.0, 350.0, 450.0, 250.0}gegeben. Wird System 2b bzw. System 3b ausgewertet, so folgt

K0 = 147.0305717507TR01 = 178.32231224578TR02 = 311.888758491TR03 = 421.24542124542TR04 = 238.095238095

was genau die Tranchen angibt, die es benötigt, um das Realobjekt mit Hilfe derFinanzierungsobjekte nachzubilden.K0 kann als Kapitalwert des Realobjekts zut = 0 entnommen werden. Es stellt sich nun die Frage, wie groß die Tranchen seinmüssen, um den ÜberschussK3 =

K0

ρ3= 165.5139164612 in t = 3 entnehmen zu

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Investitionsre hnung 5 - 90 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

können? Der VektorT lautet:

TR31 = TR01 − K3−0.04

(1.02)(1.03)(1.04)= 184.381630601

TR32 = TR02 − K3−0.04

(1.03)(1.04)= 318.0692632129

TR33 = TR03 − K31

(1.04)= 262.097424648

TR34 = TR04 − K3 0 = 238.095238095

denn es folgt zunächst (siehe analog Hering (1996)):

TR3i pi = 1000.0, was genau die Investitionssummeg0 = −1000.0 ausgleicht.

Die weiteren Größen resultieren aus der Beziehungg = TX (Verwendung vonSystem 1b mit der Transponierten vonX (Xti (∼ XT )) gemäß Tabelle 24):

g1 = TR3i X1i = 0.05TR34 + 0.04TR33 + 0.03TR32 + 1.02TR31 = 220.0g2 = TR3i X2i = 0.05TR34 + 0.04TR33 + 1.03TR32 = 350.0g3 = TR3i X3i = 0.05TR34 + 1.04TR33 = 284.486035388g4 = TR3i X4i = 1.05TR34 = 250.0

Durch den Vergleich vong3 undg3 ergibt sich geradeK3:

K3 = ¯g3 = g3 − g3 = 450.0− 284.486035388 = 165.5139164612

Handelt es sich bei deni Finanztiteln um auf Finanzmärkten gehandelte Papie-re, so kann man daraus (über eine Basis) den Vektorρρρ bzw. die entsprechendenKassa- und Terminzinssätze herleiten. Mit diesen Größen kann man eine gegebe-ne Zahlungsreihe eines Investitionsobjekts diskontieren, d.h. der Barwert der Ein-oder Auszahlungen fürT > 0 ergibt sich entweder über

BW= g ρρρ mit ρρρ = {ρ1, · · · , ρT}

oder z.B. alternativ:

BW=

T∑

t=1

gt(1 + i0,t)t

Es ist als Vorteilhaftigkeitskriterium dann nur noch zu schauen, ob der Kapitalwertals Differenz des Barwertes zuzüglich der AnfangsauszahlungK0 = g0+BWpo-sitiv ist. Auf diese Weise gelingt eine Erweiterung des Kapitalwertkalküls von ei-nem Fall des vollkommenen Kapitalmarkts mit flacher Zinskurve (i0,t = i ∀ t) auf

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Investitionsre hnung 5 - 91 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

einen Fall mit variablen Zinssätzen über die Zeit im Rahmen der Arbitragetheorie.

Da für bestimmte Modelle wie z.B. das CAPM (engl.: “Capital Asset Pricing Mo-del”) die periodenabschnittsweisen Zinssätze risikofreier Kapitalanlagen bekanntsein müssen, wird die Berechnung dieser Zinssätze derartiger Anlagen routine-mäßig von der Bundesbank durchgeführt. Es gibt dafür verschiedene alternativeMöglichkeiten wie z.B. (Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 165-168):

• Anwendung der Arbitragetheorie zur Bestimmung der KassazinssätzeSind Kuponanleihen gegeben, so lässt sich der Vektor der Abzinsungsfak-toren durch eine Inversion des GleichungssystemsX ρρρ = p gewinnen bzw.mit Hilfe der oben angegebenen Formeln. Daraus resultierendie Kassazins-sätze.

• Approximation der Zinskurve durch EffektivzinssätzeDer so genannte Effektivzinssatz (engl.: “yield to maturity”) einer Kupon-anleihe entspricht der effektiven Verzinsung, die den momentanen Markt-wert liefert. Eine Kuponanleihe besteht aus Kuponzahlungen und dem Nenn-wert. Der interne Zinssatz einer Kuponanleihe entspricht der Kuponrate,wie wir in Kapitel 5.4 herausfinden konnten. Er erzeugt gerade den Nenn-wert. In der Regel weicht der Marktwert einer Kuponanleihe aber von derenNennwert ab und das antiproportional, d.h. ist der Effektivzinssatz kleinerals die Kuponrate, dann ist der Marktwert (als Barwert der Kuponzahlungenund dem Nennwert am Ende des Zeithorizonts beim Effektivzinssatz) grö-ßer als der Nennwert, und umgekehrt. Sind Kuponanleihen fürverschiedeneFristigkeiten gegeben mitsamt ihren momentanen Marktwerten, kann für je-de Fristigkeit der Effektivzinssatz ermittelt werden. Dieser Effektivzinssatzwird als Kassazinssatz für die entsprechende Periode gewählt. Hier ist alsokein gekoppeltes System zu lösen, sondern jede Anleihe der Fristigkeit twird für sich betrachtet. Die Approximation der Zinskurve mit Hilfe der Ef-fektivzinssätze ist jedoch ungenau. „Die Approximation der Zinskurve mitHilfe von Effektivzinssätzen ist umso genauer,

1. je niedriger die Kuponzahlungen von Anleihen ausfallen.

2. je kürzer die Laufzeiten der Anleihen sind.

3. je weniger die Zinskurve von einem flachen Verlauf abweicht“.

(Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 166). In der Regel ist die Annahme„Effektivzinssatz gleich Kassazinssatz“ umso besser, je eher die Anleiheeiner Nullkuponanleihe ähnelt. Sind keine Kuponanleihen gegeben, sondernbeliebige Finanztitel, scheidet diese Möglichkeit ohnehin aus und es mussein gekoppeltes System gelöst werden anhand von Arbitrageüberlegungen.

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Investitionsre hnung 5 - 92 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

• Anwendung bestimmter Formeln (wie dem NSS-Modell)„Seit 1997 schätzt die Bundesbank die aktuelle Zinsstruktur börsentäglichmit einem Modell von Nelson, Siegel und Svensson in Abhängigkeit ver-schiedener Parameterβ0, β1, β2, β3, τ1 undτ2. Der stetige Kassazinssatzi0,tergibt sich über die Gleichung:

i0,t = β0+β1

(1−e−t/τ1

t/τ1

)

+β2

(1−e−t/τ1

t/τ1− e−t/τ1

)

+β3

(1−e−t/τ2

t/τ2− e−t/τ2

)

(Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 168). Das Modell beschreibt die Zins-kurve, die aus Arbitrageüberlegungen gewonnen werden kann, recht genau.

Die Zinskurve ist meist monoton steigend oder eher flach. In bestimmten Fällen,in denen die Zinsen der Bundesbank sinken, kann es sein, dasssich eine inver-se Kurve einstellt, da durch die gestiegene Nachfrage nach langfristigen Papierenmit dem Ziel der Investoren sich die alten höheren Zinsen zu sichern, diese durchKursanstieg am stärksten einbrechen, bis sich allmählich der Effekt auch auf diekurzfristigen Papiere überträgt und sich wieder eine normale Zinsstruktur ausbil-det (Hering (2008), S. 78-79).

Die Effektivzinssätze stimmen dann mit den Kuponraten überein, wenn die Ku-ponpapiere zu pari notieren, d.h.pi = 1 ∀ i, wie wir bei der Ermittlung desinternen Zinsfußes in Kapitel 5.4 feststellen konnten. DieZinsstruktur lässt sichdann über die Kuponraten schätzen. Bei bestimmten Konstellationen können sichaber Zinsstrukturen ergeben, die von den Resultaten auf Basis der Kassazinssät-ze abweichen. „Gilt z.B.rt = {3%, 4%, 4.0005%} bei pi = {1, 1, 1}, so ergibtsich eine steigende Zinskurve auf Basis der Effektivzinssätze. Die Zinsstrukturnach den äquivalenten Kassazinssätzen ist hingegen leichtfallend, denn es gilti0,t = {3%, 4.02%, 4.014%}“ (Hering (2008), S. 80). Notieren die Papiere nichtzu pari, dann bietet es sich eher an, die Zinsstruktur direktüber Kassazinssätzevon z.B. Nullkuponanleihen zu bestimmen. Will man daraus nun die gültigen Ter-minzinssätze berechnen, so stellt man überraschend fest, dass je nach Definitionder rt der gegebenen Nullkuponanleihen ein oszillierender Verlauf der resultie-renden Terminzinskurve oder im Extremfall unendlich großeoder sogar negativeTerminzinssätze resultieren können. Betrachtet man die geschlossene Formel fürdie Terminzinssätze, so passiert letzteres, wenn ein Pol existiert und sich der Nen-ner als nahe bei null ergibt. In der Regel zeigen negative Terminzinssätze Arbi-tragegelegenheiten auf (man bekommt praktisch Geld geschenkt!) und unendlichgroße Terminzinssätze sind ökonomisch gesehen sinnlos (Hering (2008), S. 81-82). „Derartige Fälle treten nicht auf, wenn die Zinsstruktur arbitragefrei ist. Diesist dann der Fall, wenn die Abzinsungsfaktorenρt positiv sindund im Zeitablauf

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Investitionsre hnung 5 - 93 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

nicht zunehmen, da sonst auf Grund der Formelit−1,t =ρt−1

ρt− 1 der Terminzins-

satz negativ werden würde“ (Hering (2008), S. 83, Satz 14).

Bedeutung besitzt die Arbitragetheorie auch auf dem Wertpapiermarkt unter Un-sicherheit. Viele theoretische Modelle basieren auf der Annahme eines fiktivenGleichgewichts unsicherer Zahlungsströme, um die unangenehme Eigenschaft derUnsicherheit in ihren theoretischen Modellen wegzudiversifizieren. Dazu wirdeine Menge an Umweltzuständen angenommen. Ein Umweltzustand ist einfacheine mögliche Zukunftsmöglichkeit. Jeder Investor ordnetdann jedem Umwelt-zustand eine bestimmte Wahrscheinlichkeit zu, wobei die Investoren bezüglichdieser Wahrscheinlichkeiten nicht unbedingt gleicher Meinung sein müssen, d.h.diese Einschätzungen dürfen individuell verschieden sein. Aber alle Marktteil-nehmer sind sich darüber einig, welche Zahlung jeder Titel garantiert, wenn einbestimmter Umweltzustand eintritt. Wenn der gesamte Marktin einem Gleichge-wicht ist und damit arbitragefrei ist, spricht man von einemvollständigen Markt.Ein vollständiger Markt hat die angenehme Eigenschaft, dass sich aus den gegebe-nen Titeln eine bestimmte Basis wählen lässt, so dass sich alle anderen Titel fiktivnachbilden lassen. Man spricht dabei von der sogenannten (engl.) “Spanning”-Eigenschaft, d.h. die gewählte Basis spannt den restlichenRaum an Wertpapierti-teln auf. Es ist einsichtlich, dass das Problem lösbar ist, wenn in einem Fall vonz∗ Umweltzuständen mindestens eine Menge voni ≥ z∗ verschiedener Titel vor-handen ist. Die gewählte Basis sollte definitionsgemäß linear unabhängig sein unddie Marktpreise alle anderen Titel füri > z∗ lassen sich dann über diese Basis be-stimmen. Die Wahl dieser Basis ist aber beliebig und die Basis muss sich nur auseiner bestimmten Teilmenge anz∗ Finanztiteln bilden lassen. Was einschränkendwirkt, ist die Annahme, dass mindestens so viele Finanztitel betrachtet werdenmüssen, wie es Umweltzustände gibt. Da die Zukunft aber nicht bekannt ist, gehtdie Menge aller möglichen Umweltzustände gegen unendlich,was die Sache kon-zeptionell, trotz der guten Idee an sich, nicht gerade vereinfacht!

Mit Hilfe von zustandsabhängigen Preisen (sogenanntenArrow-Debreu-Preisen)ergibt sich der Marktwert wie zuvor als Ertragswert. Dabei werden reine Finanz-titel betrachtet, die nur in einem Zustandz zu einer ZahlungXiz von 1 und inallen anderen Zuständen zu keinen Zahlungen führenXij = 0 ∀j 6= z.

Es sind zunächst einige Annahmen notwendig, die den Markt charakterisieren(siehe Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 129-131):

(1) Alle Investoren hegen homogene Erwartungen und wissen welche Zahlungin einem bestimmten Zustand erwartet werden kann.

(2) Auch sind sich alle Marktteilnehmer über die Anzahl der Zustände einig,

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Investitionsre hnung 5 - 94 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

können diesen aber unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeiten zuord-nen. Ein Beispiel biete Tabelle 25.

Titel i Xi1 Xi2 Xi3

1 101.0 100.0 105.0

2 107.0 100.0 108.0

Investor j p1 p2 p31 0.40 0.25 0.35

2 0.10 0.80 0.10

Tabelle 25: Mögli he ZahlungenXiz eines Titels i im Zustand z und Eintritts-wahrs heinli hkeiten pz je na h Investor j für vers hiedene Umweltzustände(z∗ = 3)

(3) Der Markt sei zudem reibungslos, d.h. es gibt keine Transaktionskosten oderSteuern und auch keine Marktzutrittsbeschränkungen. Diese Bedingung istnotwendig, um zu gewährleisten, dass jeder Marktteilnehmer zu gleichenKonditionen am Marktgeschehen teilnehmen kann und sich derMarktpreisunmittelbar aus den gegebenen Zahlungen der Finanztitel ohne weitere Zu-oder Abschläge ermitteln lässt.

(4) Der Markt sei so groß, dass keiner der Teilnehmer besonderen Einfluss aufdie Preise ausüben kann (lediglich Mengenanpasser).

(5) Arbitragefreiheit heißt dann genau, dass kein einzigerMarktteilnehmer durchbloße Umschichtung seines in Finanztiteln gehaltenen Vermögens beliebigreich werden kann.

Die Arbitragetheorie lässt sich unter diesen Annahmen direkt auch auf diesenFall unterschiedlicher Umweltzustände anwenden. Es seiendabei eine Zeitperi-odet = 1 undz∗ Umweltzustände betrachtet. WerdenArrow-Debreu-Finanztiteloder auch reine Finanztitel betrachtet, so lässt sich folgende Gleichung aufmachen(Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 141):

Xiz πz = pi mit Xiz = {Xij = 1 für j = z undXij = 0 ∀j 6= z}

wobei der Preis eines Finanztitelsi sich als Produkt aus den normierten Finanz-titeln mit dem Faktorπz ergibt, der sowohl die Höhe einer einzelnen Zahlung imZustandz, als auch die zugehörige Eintrittswahrscheinlichkeit beinhaltet. Wie essich für Wahrscheinlichkeiten gehört, muss für deren Summegelten (also den si-cheren Fall) (Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 144):

z∗∑

z=1

πz =1

1 + rf

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wobeirf der sichere Zinssatz bedeutet. Jedoch ist vorher nicht bekannt, welcherUmweltzustand eintritt und wie groß die Eintrittswahrscheinlichkeit tatsächlichist. Demzufolge variieren auch die erwarteten Rückflüsse eines Finanztitels. Le-diglich deren Summe ist definiert. Um den Vektorπππ für z∗ Umweltzustände be-rechnen zu können, braucht esi = z∗ reiner Finanztitel und die Lösung des Glei-chungssystemsXπππ = p. In der Verallgemeinerung vom Fall der reinen Finanz-titel auf den Fall beliebiger Finanztitel (d.h. wenn die Matrix X vollbesetzt ist)ist die Vorgehensweise vergleichbar. In beiden Fällen lässt sich dasMinkowski-Farkas-Lemma anwenden, das aussagt:

Existiert einπππ mit πz ≥ 0 ∀ z, ist das gegebene System arbitragefrei.

„Ein übervollständiger Kapitalmarkt ist gegeben, wenn mehr Titel gehandelt wer-den, als es relevante Umweltzustände zu unterscheiden gibt. Dann ist eine be-stimmte Untermenge davon als Basis zu wählen und nachher zu schauen, ob dieverbliebenen Finanztitel außerhalb der betrachteten Basis die Arbitragegleichungebenso erfüllen“ (Kruschwitz u. Husmann (2012), S. 144-145).

5.7 Berü ksi htigung von Steuern

Die Einbeziehung von Steuern kann die Vorteilhaftigkeit eines Projektes verän-dern. So bestehen eine Reihe von Steuervorschriften, Steuervergünstigungen undSteuersonderabschreibungsmöglichkeiten, die einen Einfluss auf den Cashflowhaben, soweit sie zu Aus- oder Einzahlungen führen. Das Steuersystem ist kom-plex. Auch wenn die Anzahl an verschiedenen Steuerarten recht übersichtlich ist,muss man sich für eine korrekte Anwendung der Steuernormen ins Dickicht derNormen begeben. In diesem Kapitel soll nur ein Überblick gegeben werden. Dazuwerden zunächst die einzelnen Steuerarten kurz vorgestellt und dann anhand einesgegebenen Beispiels exemplarisch durchgespielt. Die Steuervorschriften wurdenerst zuletzt durch die große Unternehmenssteuerreform 2008 geändert. BestimmteSteuersätze wurden verändert, als auch mögliche Anrechnungswege modifiziert.

5.7.1 Die Einkommenssteuer

Jeder Steuerpflichtige in Deutschland, der Gewinneinkünfte oder Überschussein-künfte erwirtschaftet, unterliegt der Einkommenssteuer.Zu den Gewinneinkünf-ten zählen nach §2 EStG:

1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb

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Investitionsre hnung 5 - 96 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

3. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

Zu den Überschusseinkunftarten zählen

4. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

5. Einkünfte aus Kapitalvermögen

6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

7. Sonstige Einkünfte im Sinne des §22 EStG

Man unterscheidet allgemein in gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus Land- undForstwirtschaft und Einkünfte aus freien Berufen. Freiberufliche Tätigkeiten sindnach §18 EStG solche, die eine selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künst-lerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit beinhal-ten. In §18 Nr.1 sind eine Anzahl an Berufen explizit aufgeführt, für die dieseDefinition zutrifft, wie z.B. Ingenieure, Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten oderz.B. Wirtschaftsprüfer. Gewerbliche Tätigkeiten sind solche, die nach §15 II EStGeine selbstständige nachhaltige Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr bedeuten,die mit einer Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt wird. Alle Kaufleute kraft Be-tätigung (§1 HGB), kraft Bestätigung (Eintrag ins Handelsregister, §2 HGB) undkraft Rechtsform (alle Handelsgesellschaften, §6 HGB) fallen darunter. Alle Ge-werbebetreibende unterliegen der steuerlichen Buchführungspflicht nach §5 EStGi.V.m. §4 I EStG. Sie werden nach dem Unterschiedsbetrag desBetriebsvermö-gens innerhalb eines Wirtschaftsjahres (Erträge minus Aufwendungen) bemessen.Land- und Forstwirte werden üblicherweise nach steuerlichen Durchschnittssät-zen besteuert. Für freie Berufe gilt eine Einnahmen- und Überschussrechnungnach §4 III EStG, die nur die in einem Kalenderjahr realisierten Zu- und Abflüs-se besteuert. Fallen land- und forstwirtschaftliche Betriebe und Freiberufler unterbestimmte Größenkriterien (§141 AO), so müssen sie ihren Gewinn auch nach §4I EStG ermitteln. Sie gelten aber nicht als Gewerbetreibende wie nach §5 I EStG.Für Gewerbetreibende ist die Handelsbilanz die Grundlage für die steuerliche Ge-winnermittlung, d.h. es gilt das sogenannnte Maßgeblichkeitsprinzip. Einkünfteaus Kapitalvermögen werden über die Abgeltungssteuer abgegolten. Vor der Un-ternehmenssteuerreform 2008 galt das Halbeinkünfteverfahren. Danach wurdenAusschüttungen aus Kapitalgesellschaften zur Hälfte in die Einkommenssteuer-schuld einbezogen, während diese zuvor mit einer Körperschaftssteuer von 25%für das Unternehmen belegt wurden. Nach der Unternehmenssteuerreform 2008gilt nun ein Körperschaftssteuersatz von 15% für das Unternehmen und eine pau-schale Abgeltungssteuer von 25% für die entsprechenden Ausschüttungen.

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Investitionsre hnung 5 - 97 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Die Einkommenssteuer betrifft Einzelunternehmer und Personengesellschaften.Es gelten nach den EStG eine Reihe an Hinzurechnungen und Abzügen, die dieErmittlung des zu versteuernden Einkommens nicht gerade vereinfachen. We-sentlich für die Einkommenssteuer ist ein progressiver Tarif mit einem Bauch,der untere Einkommen schwächer und höhere Einkommen stärker belastet (§32aI EStG). Für sehr hohe Einkommen gilt ein Spitzensteuersatz, der zur Zeit beirund 45% liegt. Nach der sogenannten Ehegattenbesteuerung(Ehegattensplitting)werden die Einkommen beider Partner zusammen addiert und dann gemeinsambesteuert und dann für die resultierende Steuerpflicht jedes Einzelnen wieder hal-biert. Verdient ein Partner weniger als der andere, resultiert daraus eine Gesamtein-kommenssteuerersparnis für beide zusammen.

Die Einkommenssteuerschuld werde mitSe bezeichnet. Der Einkommensteuer-satz mitse. Von Bedeutung sind zusätzlich die Kirchensteuer und der Solidari-tätszuschlag. Die Kirchensteuer bemisst sich nach der Einkommenssteuer, wobeianstelle des Kindergeldes Kinderfreibeträge gelten. Der Tarif ist uneinheitlich undvariiert von Bundesland zu Bundesland. Zudem kann es eine Kirchensteuerkap-pung geben (Kruschwitz (2011), S. 107-108). Die KirchensteuerSki gilt als ab-zugsfähige Steuerschuld, so dass gilt

Se = se (B − Ski) ⇒ Se =seB

1 + ski se,

wobeiB die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuerschuld vor Abzug derKirchensteuer ist. Der Solidaritätszuschlag, der übrigens auch auf die Körper-schaftssteuer erhoben wird, bemisst sich mit 5.5% der Bemessungsgrundlage, d.h.sz = 0.055. Für die Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag gilt die Einkom-menssteuerschuld als Basis, d.h.Ski = ski Se undSz = sz Se. Es ist sinnvoll beideGrößen symbolisch zu verdichten im Rahmen des effektiven Steuerfaktorss∗e, d.h.

S∗e = Se + Ski + Sz = Se (1 + ski + sz) =

se (1 + ski + sz)

1 + ski seB = s∗eB

„Für Privatanleger und private Kapitalgeber dürfen Zinsaufwendungen nicht steu-erlich geltend gemacht werden, so dass bei Aufnahme eines privaten Kredits dieKreditzinsen nicht als steuermindernder Anteil gelten. Wohl aber werden Zinsein-künfte aus Geldanlagen versteuert. Hier wird die Kapitalabgeltungssteuer fällig.Dabei ist ein Sparerpauschbetrag abzugsfähig, während einAnsatz von Werbungs-kosten, also z.B. von tatsächlichen Zinsaufwendungen, unzulässig ist. Der Kalku-lationszinsfuß im Privatbereich entspricht bei einem Kredit demnachi, währendbei einer Geldanlage zum Zinsfußi der Kalkulationszinsfußi (1 − s∗kv) gilt mits∗kv für die Kapitalabgeltungssteuer“ (Franke u. Hax (2009), S.209). „Eine priva-

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Investitionsre hnung 5 - 98 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

te Kreditaufnahme sollte daher tunlichst vermieden werden. Kredite sollten mög-lichst nur von Unternehmen aufgenommen werden“ (Franke u. Hax (2009), S.210).

5.7.2 Die Körpers haftssteuer

Steuersubjekt sind juristische Personen insbesondere Kapitalgesellschaften wiedie AG und die GmbH. Die Körperschaftssteuer bemisst sich nach dem zu ver-steuernden Einkommen. Es sind bestimmte Hinzurechnungen und Abzüge undnichtabzugsfähige Aufwendungen definiert. Der Körperschaftssteuersatz beträgtzur Zeit 15%, während er vor der Unternehmenssteuerreform 25% betrug. Aus-schüttungen werden zur Zeit mit der Abgeltungssteuer von 25% für Kapitaleig-ner belegt, während vorher das Halbeinkünfteverfahren galt. Der Solidaritätszu-schlag verwendet die Körperschaftssteuerschuld als Basis. Die Körperschaftssteu-er wird mit Sk bezeichnet und der Steuerfaktor mitsk bzw. entsprechend mits∗k = (1 + sz) sk.

Für die effektive Abgeltungssteuer eines Kapitalgebers ergibt sich eine ähnlicheGleichung wie fürs∗e, d.h. die Kirchensteuer ist bei der Bemessungsgrundlage ab-zugsfähig, so dass

S∗kv =

0.25 (1 + ski + sz)

1 + 0.25 skiB = s∗kvB

gilt. Kapitalgeber stellen Beteiligungskapital zur Verfügung und vermindern fürdessen Finanzierung ihre Anlage in festverzinsliche Wertpapiere. Die Kapitalge-ber verzichten folglich auf private Zinseinkünfte. Somit ist im Kalkulationszins-fuß der effektive Abgeltungssteuersatz (als Opportunitätszins) zu berücksichtigen.

Gemessen am Gewinn der Kapitalgesellschaft vor Steuer, würde sich der effektivepauschale Gesamtsteuersatz für Kapitalgeber daher wie folgt ermitteln lassen:

sp = (sg + s∗k) + s∗kv (1− (sg + s∗k))

(Franke u. Hax (2009), S. 217), d.h. die Kapitalgesellschaft wird besteuert unddanach fällt die Kapitalabgeltungssteuer auf den Restbetrag an. Wird der Betragnicht ausgeschüttet, entfällt der letzte Term (sg bezeichnet die Gewerbesteuer).

5.7.3 Die Gewerbesteuer

Gewerbetreibende müssen Gewerbesteuer zahlen. Darunter fallen demnach Ein-zelunternehmer, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften gleichermaßen.

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Was als Gewerbe gilt, insbesondere für Kleinstunternehmer, wurde bereits zu Be-ginn im Rahmen der Einkommensbesteuerung erläutert. Der Gewerbeertrag er-mittelt sich nach §7 GewStG nach dem Gewinn, der sich aus dem EStG oderdem KStG ergibt. Es gilt eine allgemeine Steuermesszahl von3.5%. Früher galtein gestaffelter Tarif mit einer Obergrenze von 5%. Kapitalgesellschaften muss-ten dabei immer eine Steuermesszahl von 5% anwenden. Diese Steuermesszahlwird mit einem HebesatzH multipliziert, der von Gemeinde zu Gemeinde un-terschiedlich sein kann. Früher war die Gewerbesteuer sowohl bei ihrer eigenenBemessungsgrundlage, als auch im Rahmen der Einkommens- und Körperschafts-steuer abzugsfähig. Nach §4 Vb EStG ist die Gewerbesteuer bei der Einkommens-steuer nicht mehr abzugsfähig sowie gilt dies ebenso nach §10 Nr.2 KStG für dieKörperschaftssteuer. Früher wie auch heute gilt für Einzelunternehmen und Perso-nengesellschaften ein Freibetrag von 24 500e. Früher musste also z.B. gerechnetwerden:

Sg = 0.05H (Gw− Sg) ⇒ Sg =0.05H

1 + 0.05HGw= s∗g Gw

wobeiGwden Gewerbeertrag bedeutet. Heute gilt entsprechend einfach:

Sg = 0.035H Gw= sg Gw

Einen Unterschied ergibt sich auch bei den abzugsfähigen Dauerschuldzinsen, so-weit eine bestimmte Obergrenze (zur Zeit 100 000e) überschritten wird nach§8 GewStG. Früher mussten 50% der Dauerschuldzinsen wiederhinzugerechnetwerden, heute sind es 25%. D.h. Zinsen (negative Zinsen, Schuldzinsen) mindernzur Zeit nur zu 75% die Bemessungsgrundlage für den Gewerbeertrag.

Für die Einkommenssteuer von Bedeutung ist, dass die Gewerbesteuer in einemgewissen Maße auf die Einkommenssteuerschuld anrechenbarist (siehe §35 EStG).Und zwar zur Zeit höchstens um das 3.8-fache des Gewerbesteuermessbetragesim Rahmen einer Gewerbesteuermesszahl von 3.5%. Früher das1.8-fache unterVerwendung einer Gewerbesteuermesszahl von 5% (Kruschwitz (2007b), S. 137).„Das Einkommensteuergesetz erlaubt es dem Unternehmer zudem für einbehal-tene Gewinne des Gewerbebetriebs eine ermäßigte Einkommenssteuer zu bean-tragen. Später entnommene, vorher einbehaltene Gewinne unterliegen wiederumdem effektiven Abgeltungssteuersatz“ (Franke u. Hax (2009), S. 210).

„Wird eine Investition in einem Gewerbebetrieb getätigt, dann werden durch derenFinanzierung die Zinseinkünfte (Zinsaufwendungen) des Gewerbebetriebs sinken(steigen), so dass im Kalkulationszinsfuß (als Opportunität) der normale Ein-

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Investitionsre hnung 5 - 100 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

kommenssteuersatz zu berücksichtigen ist (Kreditaufnahme im Unternehmen), dader Einzelunternehmer oder Gesellschafter diese Zinsen steuermindernd anset-zen kann. Bei privater Kreditaufnahme gilt hingegen der Kalkulationszinsfuß vorSteuer, da private Schuldzinsen nicht steuermindernd angesetzt werden können“(Franke u. Hax (2009), S. 211).

5.7.4 Die allgemeine Veranlagungssimulation

„Wird die Bemessungsgrundlage negativ, so wird ein steuerlicher Verlust erzielt.Dann gelten komplizierte Regeln des Verlustausgleichs. Ineinfachen Modellenwird in der Regel berücksichtigt, dass keine Steuererstattungen auf Grund vonVerlustausgleichsregelungen gelten und dass die Steuer sofort bezahlt wird, d.h.also die Zeitpunkte der Steuererhebung und -zahlung zusammenfallen“ (Krusch-witz (2011), S. 111-112). Im Folgenden werden alle Regelungen, die vor und nachder Umsatzsteuerreform 2008 gültig sind, noch einmal übersichtlich zusammen-gestellt. Die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer, wie sie vorher galt, verkompli-ziert die Gleichungen allerdings ein wenig.

Gewerbesteuer:alt: Sg,t = s∗g (EBITt − 0.5Zt)neu:Sg,t = sg (EBITt − 0.75Zt)

Zt sind die Schuldzinsen, die sich nachZt = iFKt−1 ermitteln lassen, wobeiFK das Fremdkapital bezeichnet.EBIT ist eine Gewinngröße, die englisch mit“Earnings before interest and taxes” bezeichnet wird, wobei “interest” die Zin-sen an die Kapitaleigner, die das Fremdkapital zur Verfügung stellen, bedeuten.Die Abschreibungen sind bereits in dieser Größe enthalten,d.h. es handelt sichum eine Gewinngröße, die sich sehr vereinfachend über den Zahlungsfluss mi-nus den Abschreibungen ergibt. In der Regel gibt es eine Reihe an weiteren Zu-und Abrechnungen, um aus dem Gewinn im Rahmen einer indirekten Rechnungeinen pagatorischen Zahlungsfluss zu ermitteln wie z.B. Bestandsveränderungenim Umlaufvermögen oder Änderungen der Rückstellungen, diealle gemeinsamhaben, dass es sich dabei nicht um pagatorische, also zahlungswirksame Größenhandelt. Wird hingegen ein bestimmtes Projekt betrachtet,so reicht es in der Re-gel lediglich die projektspezifischen Abschreibungen zu berücksichtigen, währendder Rest innerhalb der Basiszahlungen Berücksichtigung findet, so dass gilt

EBITt = GWt + CFt − AfAt

wobeiGWt der Gewinn im Unternehmen ohne dieses Projekt,CFt der Zahlungs-fluss (Cashflow) dieses Projektes undAfAt (Abnutzung für Absetzung) die Ab-

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schreibungen darstellen. Auch was die Steuern angeht, werden diese nur projekt-bezogen ermittelt, d.h. die gesamten Steuern werden bis aufdie Steuern für dieseseinzelne betrachtete Objekt nur im Rahmen der Basiszahlungenbt berücksichtigtund fallen aus der Betrachtung heraus (wie z.B. die Besteuerung vonGWt).

Einkommenssteuer:alt: Se,t = s∗e (EBITt − Zt − Sg,t) + s∗e i

∗Gt−1 − 1.8 · 0.05Gw∗ (1 + sz)neu: Se,t = s∗e (EBITt − Zt) + s∗e i

∗ Gt−1 −min(Sg,t; 3.8 · 0.035Gw∗) (1 + sz)

Auf Grund des Freibetrags für Einzelunternehmen und Personengesellschaftengilt (Kruschwitz (2007b), S. 126-128; Kruschwitz (2011), S. 118):

Gw∗ :=

0 für Gw≤ 24 500EBITt − 0.5Zt − Sg,t − 24 500 für alt (Staffelung, siehe Zitat)EBITt − 0.75Zt − 24 500 für neu

Dadurch, dass immer das Minimum aus der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuerund dem ermäßigten Abzugsbetrag gilt, kann dieser Anteil niemals größer als dietatsächlich gezahlte Gewerbesteuer werden. „Allerdings wird dies ein wenig ver-zerrt durch die Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags, so dass sich effektivfür Hebesätze bis zu 401% ein leicht negativer effektiver Gewerbesteuersatz erge-ben kann“ (Franke u. Hax (2009), S. 216), der sich im Prinzip nach

s∗gw = sg −min(sg, 3.8 · 0.035) (1 + sz)

ermitteln lassen würde (Franke u. Hax (2009), S. 215).

Zudem sind die Einkommensüberschüsse (Übertrag)Gt−1 aus der vorherigen Pe-riode zu verzinsen und zu versteuern.i∗ bedeutet den dabei gültigen Haben- oderSollzinssatz.

Körperschaftssteuer:alt: Sk,t = sk (EBITt − Zt − Sg,t) mit sk = 0.25 plus SolZneu: Sk,t = sk (EBITt − Zt) mit sk = 0.15 plus SolZ

Wird der SolZ integriert, so wird gesetzt:s∗k = sk (1 + sz). Was Ausschüttungenvon Kapitalgesellschaften betrifft, werden bei einer Investition die Ausschüttun-gen kleiner, wenn eine Investitionsauszahlung getätigt wird, so dass für den Null-zeitpunkt eine negative Ausschüttung in Veranschlagung gebracht werden muss(vereinfachend), d.h. es gilt im Rahmen der Einkommenssteuer des Ausschüt-tungsberechtigten (analog zu Kruschwitz (2007b), S. 159):

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Investitionsre hnung 5 - 102 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

alt: Se,0 = −0.5 s∗e (I0 − FK0)Se,t = 0.5 s∗e(CFt − (Zt + Tt)− Sg,t − Sk,t) + s∗e i

∗Gt−1

neu:Se,0 = −0.25 (1 + sz) (I0 − FK0)Se,t = 0.25 (1 + sz) (CFt − (Zt + Tt)− Sg,t − Sk,t) + s∗e i

∗ Gt−1

Hier wurde im alten System das Halbeinkünfteverfahren und im neuen System dieAbgeltungssteuer plus SolZ berücksichtigt.I0−FK0 ist der Anteil, der eigenfinan-ziert ist. Für die folgenden Perioden mindern die ZinszahlungenZt und TilgungenTt sowie die projektbezogenen Steuern der Körperschaft (Sk,t sowieSg,t) die Zah-lungsflüsse und damit die erzielbaren Ausschüttungen. Zudem sind die verzinstenEinkommenüberschüsseGt−1 aus der vorherigen Periode zu versteuern, wobeii∗

den dabei gültigen Haben- oder Sollzinssatz bedeutet.

Das Modell kann so vollständig wie nur möglich einer Berechnung zugeführt wer-den, z.B. durch Unterscheidung von Haben- und Sollzinssätzen, durch Berück-sichtigung des progressiven Einkommenssteuertarifs (sowie einer diskontinuier-lichen Kirchensteuerkappung) sowie der Freibeträge z.B. für die Gewerbesteuer.Zudem hat jede Steuer ihre eigene Bemessungsgrundlage. Dies ist schwierig, aberohne Weiteres möglich. Dies ist aber nur angebracht, wenn die Bemessungsgrund-lage, d.h. der finanzielle Zustand ohne das Investitionsobjekt genauestens bekanntist, denn sonst gelingt es nicht, die Höhe des Gesamteinkommens und der darausresultierenden Steuern zuverlässig zu ermitteln. Deswegen wird in der Praxis imRahmen mehrerer Vereinfachungen (z.B. vollkommener Kapitalmarkt mit Zinsatzi) ein sogenanntes Standardmodell angewendet, dass startend von seiner klassi-schen Form natürlich partiell wieder speziell aufgewertetwerden kann (indemz.B. wieder spezielle Regelungen für unterschiedliche Rechtsformen wie Kapi-talgesellschaften oder Personengesellschaften eingeführt werden). Dabei werdenmit Hilfe einer Totalbetrachtung, also unter Betrachtung gegebener Basiszahlun-gen als Rahmen, projektindividuell die Steuern erhoben, wobei vereinfachend einproportionaler Steuersatz gilt. Dies ist sinnvoll, da es sich bei einem zusätzlichenProjekt um eine inkrementelle Größe handelt und daher der marginale Steuer-satz gilt, also der Steuersatz für eine zusätzliche Gewinneinheit. Der marginaleSteuersatz entspricht dabei dem typisierten Steuersatz. Auf diese Weise könnenRechnungen erheblich vereinfacht werden, da der typisierte Steuersatz konstantist.

5.7.5 Einige grundlegende Betra htungen

Das sogenannte Standardmodell basiert auf einem proportionalen Steuersatz unddifferenziert nicht zwischen einer Eigentümer- und Unternehmenssphäre. Das klas-sische Standardmodell basiert auf der Prämisse eines vollständigen Kapitalmarkts,

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Investitionsre hnung 5 - 103 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

wobei die Berücksichtigung periodenverschiedener Zinssätze möglich wäre. Be-vor auf die grundlegende Form des klassischen Standardmodells im nächsten Ka-pitel eingegangen wird, sollen ein Paar allgemeine Betrachtungen vorausgeschicktwerden. Werden die Ein- und Auszahlungen auf einem fiktiven Bankkonto gesam-melt, so lassen sich für das Standardmodell die folgenden Gleichungen aufstellen

t = 0 : G0 = −I0t : Gt = Gt−1 (1 + i) + CFt − s (CFt − AfAt + i Gt−1)

= Gt−1 (1 + (1− s) i) + (1− s)CFt + sAfAt︸ ︷︷ ︸

zt→K0

Wird der Kalkulationszinsfußis = (1 − s) i angenommen, so verzinst sich of-fenbar die Zahlungsreihe(1− s)CFt + sAfAt zu diesem Zinsfuß: Das klassischeStandardmodell (Hering (2008). S. 85-88). Es ist aber auch möglich, die Zinsendirekt in die Zahlungsreihe einzubeziehen (Hering (2008),S. 89), so dass

t : Gt = Gt−1 (1 + i) + (1− s)CFt + sAfAt − s iGt−1︸ ︷︷ ︸

zZt →KZ0

Dies führt auf das sogenannte Zinsmodell. Der Kalkulationszinsfuß ist nuni. DasZinsmodell hat die angenehme Eigenschaft, dass der ursprüngliche Kalkulations-zinsfuß gilt. Der entscheidende Punkt ist nun, dass als Äquivalenzbeziehung an-genommen wird, dass die Endwerte beider Modelle identisch sind. Dies führt auf:

KT = K0 qTs

!= KZ

T = KZ0 qT ,

so dass die Kapitalwerte beider Modelle über die BeziehungKZ0 = K0

qTsqT

mitein-ander verknüpft sind. Offenbar führen beide Modelle zur gleichen Vorteilhaftig-keitsaussage, da die Vorzeichen gleich sind, aber die Betragswerte beider Kapital-werte sind unterschiedlich (Hering (2008), S. 89-93).

Eine Variation des Modells ergibt sich, wenn die Zahlungsreihe über EigenkapitalEK finanziert wird. Dann gilt nämlich im Rahmen des Standardmodells:

t = 0 : G0 = −I0 + EKt : Gt = Gt−1 (1 + is) + EK (1 + is)

t + zt .

Analog im Zinsfußmodell (Hering (2008), S. 89), so dass sichdie Endwerte:

KT = K0 qTs + EK qTs

!= KZ

T = KZ0 qT + EK qT

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Investitionsre hnung 5 - 104 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

ergeben, die zur folgenden Beziehung zwischen beiden Größen führen:

KZ0 = K0

qTsqT

+ EK (qTs − qT

qT).

Da der Klammerterm auf Grundqs ≤ q negativ ist, differieren nun die Kapital-werteK0 des Standardmodells undKZ

0 des Zinsmodells bei teilweiser Eigenfi-nanzierung deutlich, wobeiKZ

0 immer kleiner ist alsK0. Offenbar wird nun imRahmen des Zinsmodells der Kapitalwert relativ zur Opportunität gemessen, diesich daraus ergibt, das der Investor in der Lage wäre alternativ den BetragEK aufdem Finanzmarkt anzulegen. Das Zinsmodell eignet sich im Allgemeinen eher zuAnschauungszwecken, da es erst aufgestellt werden kann, wenn sämtliche Grö-ßen bekannt sind (insbesondere die einzelnen Zinsen) und das notwendige Zah-lenmaterial vorliegt. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass das Zinsmodelleigentlich entbehrlich ist, da die Vorteilhaftigkeitsaussage schon anhand des Stan-dardmodells getroffen werden kann.

Die Zusammenhänge im Standardmodell sollen anhand eines selbst gewähltenBeispiels veranschaulicht werden. Gegeben sei die Investitionsreihe

CFt = (−I0,CF1,CF2,CF3,CF4) = (−100, 20, 30, 40, 30)

Die Investition werde zum einen linear über 6 Jahre (Version1) und zum anderendegressiv mit einem Prozentsatz von 35% (Version 2) abgeschrieben. Die ersteAbschreibungsrate werde bereits zut = 0 berücksichtigt. Außerdem sei die An-lage nach der vierten Periode verkauft und ein Liquidationserlös vonLq4 = 25realisierbar. Demzufolge ermitteln sich die Zahlungsströme des Standardmodellswie folgt:

t = 0 : z0 = −I0 + sAfA0 ,0 ≤ t ≤ 3 : zt = (1− s)CFt + sAfAt ,

t = 4 : z4 = (1− s)CF4 + sAfA4 + Lq4 − s (Lq4 − (I0 −4∑

t=0

AfAt))

︸ ︷︷ ︸

Veräußerungsgewinn

.

Als Kalkulationszinsfuß sei 15% gewählt. Der Steuersatz sei s = 0.4 (siehe diePlots in Abbildung 24). Die fallende Kurve gibt die Kapitalwertkurve in Abhän-gigkeit voni bei s = 0.4 an. Die steigende und dann wieder fallende Kurve gibtdie Variation des Kapitalwerts in Abhängigkeit vom Steuersatz an füri = 0.15.Oben ist das Ergebnis für Version 1 und unten das Ergebnis fürVersion 2 an-gezeigt. Der interne Zinsfuß liegt fürs = 0.4 ungefähr beii∗ = 0.158 bzw.

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Investitionsre hnung 5 - 105 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

r∗ = i∗ (1− s) = 0.0948. Man kann erkennen, dass je nach Wahl der Steuersätzeund der Abschreibungsmethoden der Kapitalwert positiv oder negativ sein kann.„Man spricht von einem sogenannten Steuerparadoxon, wenn für steigende Steu-ersätze der Kapitalwert steigt, wie es hier der Fall ist. Dies ist dann der Fall, wenndie steuerbedingte Senkung der Einzahlungsüberschüsse durch Steuererstattun-gen auf Grund von absetzbaren Verlusten (hier Abschreibungen) überkompensiertwird. Abschreibungen wirken stets kapitalwerterhöhend“ (Hering (2008), S. 86).

ClearAll @I0, p, e, i, s, A, f, Le, a1, b1, a2, b2 D;

I0 = 100.0;

e@1D = 20.0;

e@2D = 30.0;

e@3D = 40.0;

e@4D = 30.0;

Le = 25.0;

i = 0.15;

s = 0.40;

Do@A@kD = I0 � 6.0, 8k, 0, 4 <D;

f @s_, i_ D : =

- I0 + s * A@0D + Sum@He@kD * H1.0 - sL + s * A@kDL � H1.0 + i * H1.0 - sLL^k, 8k, 1, 3 <D +

He@4D * H1.0 - sL + s * A@4D + Le - s * HLe - HI0 - Sum@A@kD, 8k, 0, 4 <DLLL �

H1.0 + i * H1.0 - sLL^4;

a1 = Plot @f @x, i D, 8x, 0.0, 0.9 <, PlotRange ® 8-5.0, 5.0 <D;

b1 = Plot @f @s, x D, 8x, 0.0, 0.9 <, PlotRange ® 8-5.0, 5.0 <D;

Show@a1, b1 D

p = 0.35;

A@0D = I0 * p;

Do@A@kD = A@k - 1D * H1.0 - pL, 8k, 1, 4 <D;

a2 = Plot @f @x, i D, 8x, 0.0, 0.9 <, PlotRange ® 8-5.0, 5.0 <D;

b2 = Plot @f @s, x D, 8x, 0.0, 0.9 <, PlotRange ® 8-5.0, 5.0 <D;

Show@a2, b2 D

Plot für lineare Abschreibung (Variation in s und i)

0.2 0.4 0.6 0.8

-4

-2

2

4

Plot für degressive Abschreibung (Variation in s und i)

0.2 0.4 0.6 0.8

-4

-2

2

4

Abbildung 24: Standardmodell (Version 1 und 2) (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 106 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

5.7.6 Das klassis he Standardmodell

Das klassische Standardmodell basiert auf der Prämisse eines vollkommenen Ka-pitalmarkts und betrachtet die Eigentümer- und Unternehmenssphäre als untrenn-bar, d.h. es wird diesbezüglich keine Differenzierung vorgenommen. Es gilt einproportionaler Steuersatzs∗e. Es kann angenommen werden, dass ein Teil der Fi-nanzierung mit Eigenkapital geleistet wird. Int = 0 erfolgt die Anfangsauszah-lung, die zuI0 − FK0 aus eigenen Mitteln getragen wird, also:

t = 0 : G0 = b0 − C0 − I0 + FK0

t : Gt = bt − Ct + CFt − (Zt + Tt) + (1 + i)Gt−1 − s∗e (EBITt − Zt + i Gi−1)

(Kruschwitz (2011), S. 125-126). Dabei werden die Steuern lediglich für das Pro-jekt gezahlt, während die weiteren Steuern in der Basiszahlungbt enthalten sind,d.h.EBITt = CFt − AfAt. Wird zudemi (1 − s∗e) = is als besteuerter Kalkulati-onszinssatz angesetzt, so kann man diese Gleichung umschreiben zu:

t : Gt = bt − Ct + CFt − (1− s∗e)Zt − Tt − s∗e EBITt + (1 + is)Gt−1

Werden nun sukzessive, vonG0 beginnend, die Zahlungsüberschüsse eingesetzt,so folgt schließlich für den Zahlungsüberschuss zum Ende der Perioden:

GT = (1 + is)T (

T∑

t=0

(bt − Ct)

(1 + is)t+ (−I0 +

T∑

t=1

CFt − s∗e EBITt

(1 + is)t)

+ (FK0 −T∑

t=1

(1− s∗e)Zt + Tt

(1 + is)t))

Es kann gezeigt werden, dass der letzte Term verschwindet, soweit die Laufzeitdes Kredites kürzer alsT ist (ist er kürzer, dann verschwinden sämtliche Zinszah-lungen und Tilgungen ab diesem Zeitpunkt!), denn daZt = iFKt−1 ist, handeltes sich im Zähler um die Annuität (Kruschwitz (2011), S. 128), d.h.

FK0 =T∑

t=1

is FKt−1 + Tt

(1 + is)t=

T∑

t=1

At

(1 + is)t

Der Barwert lautet demzufolge (vgl. Kruschwitz (2011), S. 129):

GT (1 + is)−T =

T∑

t=0

(bt − Ct)

(1 + is)t︸ ︷︷ ︸

projektunabhängige Zahlungen

+ (−I0 +T∑

t=1

CFt − s∗e EBITt

(1 + is)t)

︸ ︷︷ ︸

projektabhängige Zahlungen

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Investitionsre hnung 5 - 107 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

und setzt sich zusammen aus den projektunabhängigen Zahlungen und dem Ka-pitalwert des Investitionsobjekts. Es ist ohne Weiteres möglich im proportionalenSteuersatz die Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag mit zu berücksichtigen.Aus diesem Grund wurde bereits die Bezeichnungs∗e eingeführt. Allerdings ist dieAnnahme, dass die Unternehmung keinerlei Steuern zahlt, sehr restriktiv.

5.7.7 Erweiterungen des Standardmodells

Nun soll berücksichtigt werden, dass Steuern auf Unternehmensebene anfallen.Jedoch sollen die Zahlungen über das Privatkonto des Eigentümers abgerechnetwerden, so dass die ZahlungsüberträgeGt von Periode zu Periode mit dem Ein-kommenssteuersatz versteuert werden. Zunächst wird eine Personengesellschaftund danach eine Kapitalgesellschaft betrachtet.

Für eine Personengesellschaft ist zusätzlich Gewerbesteuer zu integrieren. Wer-den die oben angegebenen Gleichungen ohne Freibetrag verwendet, so gilt nachden neueren Regeln (analog zu Kruschwitz (2007b), S. 153-154):

Sg,t = sg (EBITt − 0.75Zt)Se,t = s∗e (EBITt − Zt)− 3.8 · 0.035 (EBITt − 0.75Zt) + s∗e i Gt−1

= EBITt (s∗e − 0.133) + Zt (−s∗e + 0.75 · 0.133) + s∗e i Gt−1

In t = 0 ergibt sich keine Änderung des Zahlungsüberschusses. Fürt gilt nunallerdings:

t : Gt = bt − Ct + CFt − (Zt + Tt) + (1 + i)Gt−1 − Se,t − Sg,t

= bt − Ct + CFt − Zt (1− s∗e)− Tt + (1 + is)Gt−1 − s1 EBITt + s2 Zt

wobeis1 = s∗e + sg − 0.133 unds2 = 0.75 · (sg − 0.133) gesetzt wurde. Fernergilt is = i (1 − s∗e). Da der Annuitätenterm bereits so umgeformt wurde, dass ersich heraushebt, ergibt sich nun (Kruschwitz (2007b), S. 155):

GT (1 + is)−T =

T∑

t=0

(bt − Ct)

(1 + is)t+ (−I0 +

T∑

t=1

CFt − s1 EBITt

(1 + is)t) +

T∑

t=1

s2Zt

(1 + is)t

Der letzte Term wird als sogenannter “tax shield” bezeichnet. Um noch einmaldeutlich zu werden, gilt:

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Investitionsre hnung 5 - 108 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

K0 = −I0 +

T∑

t=1

CFt − s1 EBITt

(1 + is)t︸ ︷︷ ︸

Kapitalwert des eigenfinanzierten Projekts

+

T∑

t=1

s2 Zt

(1 + is)t︸ ︷︷ ︸

tax shield

Diese Gleichung bleibt bestehen, wenn anstatt der neuen Steuergesetzgebung diealte Steuergesetzgebung berücksichtigt wird. Nun allerdings werden die einzelnenSteuermultifaktoren etwas komplizierter. Für die Gewerbe- und Einkommenssteu-er folgte (Kruschwitz (2007b), S. 153-154):

Sg,t = s∗g (EBITt − 0.5Zt)Se,t = s∗e (EBITt − Zt − Sg,t)− 1.8 · 0.05 (EBITt − 0.5Zt − Sg,t) + s∗e i Gt−1

= EBITt (s∗e − 0.09) (1− s∗g) + Zt (−s∗e + 0.5 s∗g (s

∗e − 0.09) + 0.045)

Wird nun wiederum der Zahlungsstrom fürt aufgemacht, so verändern sich dieSteuermultifaktoren zu:

s1 = s∗g + (s∗e − 0.09) (1− s∗g) unds2 = 0.5 s∗g (−s∗e + 0.09 + 1)− 0.045.

Die Gleichung für den Kapitalwert mit dem “tax shield” bleibt bestehen. Insge-samt kann auf Grund der Struktur vons2 gefolgert werden, dass es sich dabei umeinen Steuervorteil handelt, d.h., dass dieser Term insgesamt immer positiv ist.

Für eine Kapitalgesellschaft ist neben der Gewerbe- und Einkommenssteuer auchKörperschaftssteuer zu integrieren. Die Einkommenssteuer wird auf die Ausschüt-tungen geleistet. Somit gilt (analog zu Kruschwitz (2007b), S. 158-159):

Sg,t = sg (EBITt − 0.75Zt)Sk,t = s∗k (EBITt − Zt)Se,0 = −0.25 (1 + sz) (I0 − FK0)Se,t = 0.25 (1 + sz) (CFt − (Zt + Tt)− Sg,t − Sk,t) + s∗e i Gt−1

= EBITt 0.25 (1 + sz) (−sg − s∗k) + Zt 0.25 (1 + sz) (s∗k + 0.75 sg − 1)

+0.25 (1 + sz) (CFt − Tt) + s∗e i Gt−1

Wird nun wiederum der Zahlungsüberschuss im Zeitpunktt ermittelt, so folgt:

Gt = bt − Ct + CFt − (Zt + Tt) + (1 + i)Gt−1 − Sg,t − Sk,t − Se,t

= bt−Ct+sCFt−Zt (1−s∗e)−Tt+(1+is)Gt−1−sEBITt s1+Zt s2+Tt (1−s)

wobeis1 = s∗k + sg unds2 = s (s∗k +0.75 sg) + (1− s− s∗e) gesetzt wurde. Dabeiwurdes = 1− 0.25 (1+ sz) berücksichtigt. Nun ergibt sich (Kruschwitz (2007b),

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Investitionsre hnung 5 - 109 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

S. 161):

GT (1+is)−T =

T∑

t=0

(bt − Ct)

(1 + is)t︸ ︷︷ ︸

projektunabhängige Zahlungen

+ (−I0 +T∑

t=1

CFt − s1 EBITt

(1 + is)t) s

︸ ︷︷ ︸

K0 eigenfinanziertes Projekt

−(FK0 −T∑

t=1

Tt

(1 + is)t) (1− s)

︸ ︷︷ ︸

K0 Außenfinanzierungseffekt

+T∑

t=1

s2 Zt

(1 + is)t︸ ︷︷ ︸

K0 tax shield

„Da sich die Einkommenssteuer nicht nach dem erzielten Gewinn, sondern nachder Ausschüttung (Dividende) bemisst, verbleibt zusätzlich ein Außenfinanzie-rungseffekt, der, da der Ausdruck in der Klammer positiv ist, immer negativ ist.Man kann sich das klar machen, wenn man sieht, dass eine zusätzliche Aufnahme∆FK0 zu einer höheren Ausschüttung int = 0 führt, was eine Einkommenssteu-erbelastung verursacht. Dagegen werden die Tilgungsleistungen ebenso größer,was zu Reduzierungen der Ausschüttungen in den folgenden Perioden führt, ver-bunden mit Einkommenssteuerersparnissen. DaFK0 =

∑Tt=1 Tt gilt, wiegt die

Einkommenssteuerbelastung int = 0 stärker, während bei einer Diskontierungdie in den folgenden Perioden vorhandenen Steuerersparnisse weniger stark insGewicht fallen, so dass der Außenfinanzierungseffekt immernegativ sein muss“(Kruschwitz (2007b), S. 161-162). Für den “tax shield” kannman bezüglich desVorzeichens keine generelle Aussage treffen.

Das gleiche Prozedere lässt sich nun auch für die alte Steuergesetzgebung im Rah-men des Halbeinkünfteverfahrens durchexerzieren. Unter Verwendung der obigenFormeln galt in diesem Fall (Kruschwitz (2007b), S. 158-159):

Sg,t = s∗g (EBITt − 0.5Zt)Sk,t = s∗k (EBITt − Zt − Sg,t)Se,0 = −0.5 s∗e (I0 − FK0)Se,t = 0.5 s∗e (CFt − (Zt + Tt)− Sg,t − Sk,t) + s∗e i Gt−1

= EBITt 0.5 s∗e (−s∗g − s∗k + s∗g s

∗k) + Zt 0.5 s

∗e (s

∗k − 1) (1− 0.5 s∗g)

+0.5 s∗e (CFt − Tt) + s∗e i Gt−1

Werden nun diese Steuern einbezogen, so gilt die gleiche Formel, nun aber unterVerwendung vons = (1 − 0.5 s∗e). Auch die Steuermultifaktoren ändern sich zus1 = s∗g + s∗k − s∗g s

∗k unds2 = 1− s∗e + (1− 0.5 s∗e) (s

∗k − 1) (1− 0.5 s∗g). Wass2

betrifft, so sieht man, dass der erste Term größer, der zweite Term aber kleiner alsnull ist und es somit auf die einzelnen Steuersätze ankommt,inwieweit sich ein

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Investitionsre hnung 5 - 110 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Steuervorteil ergibt oder eben nicht. Ist jedochs∗k kleiner gleichs∗e, so handelt essich eindeutig um einen Steuervorteil.

5.7.8 Anwendung des Standardmodells im Fall Kauf oder Leasing

Als Anwendung für die Kapitalwertformel wird der Fall betrachtet, dass eine Un-ternehmung zwischen Leasing und Kauf einer Anlage wählen muss. Im Fall Kaufwerde eine InvestitionI0 getätigt, die mit einem endfälligen Darlehen über 5 Jah-re vollständig fremdfinanziert wird. Der Kreditzins beläuft sich aufz = 12%.Die Anlage wird im Rahmen einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 6Jahren abgeschrieben. Nach 5 Jahren wird die Anlage veräußert. Es sei ein Ver-äußerungserlös vonVE = c I0 erwartbar mitc = 0.15. Jährliche Zahlungsflüssevon CFt = βt a I0 sind zu erwarten, wobei eine Steigerungsrate vonβ = 1.01vorhanden ist. Der Cashflow wird zut = 5 um den Veräußerungserlös erhöht.a sei zu0.6 angenommen. Für das endfällige Darlehen ergibt sich die folgendeZahlungsstruktur:

t = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 t = 5FK0 −z FK0 −z FK0 −z FK0 −z FK0 −(1 + z)FK0

I0 −0.12 I0 −0.12 I0 −0.12 I0 −0.12 I0 −1.12 I0

Für dieEBITt ergibt sich:

t < 5 : EBITt = CFt − AfAt = (βt a− 1.0/6) I0t = 5 : EBIT5 = CF5 − AfA5 − AfA6 = (β5 a+ c− 2.0/6) I0

Als Rechtsform des Unternehmens sei eine Personengesellschaft gewählt. Es gel-te die neue Steuergesetzgebung. Der endogene Grenzzinsfußi liege bei10%. Beieiner Steuermesszahl von0.035 und einem Hebesatz von400%, ergibt sich einsg von 0.14. Der Einkommenssteuersatz liege beise = 20%, so dass bei einemKirchensteuersatz vonski = 8% und dem Solidaritätszuschlag vonsz = 0.055ein gemeinsamer Einkommenssteuersatz vons∗e = 0.223425 folgt. Damit ergebensich die Steuermultifaktoren zus1 = 0.223425 + 0.14 − 0.133 = 0.230425 unds2 = 0.75 (0.14− 0.133) = 0.00525. Der verzinste Kalkulationssatz lautet somitis = (1− s∗e) i = 0.0776575.

Damit lässt sich folgende Gleichung für den Kapitalwert aufmachen:

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Investitionsre hnung 5 - 111 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

K0 = I0 (−1.0 +4∑

t=1

1.01t 0.6− 0.230425 (1.01t 0.6− 1.0/6)

1.0776575t

+1.015 0.6 + 0.15− 0.230425 (1.015 0.6− 2.0/6 + 0.15)

1.07765755

+5∑

t=1

0.00525 · 0.12

1.0776575t)

Diese Gleichung kann umgeformt werden zu:

K0 = I0 (

5∑

t=1

(0.6 (1− 0.230425) 1.01t

1.0776575t+

0.230425/6 + 0.00525 · 0.12

1.0776575t)

−1.0 +0.15− 0.230425 (−1.0/6 + 0.15)

1.07765755)

= I0 (−0.894155896 +

5∑

t=1

0.461745

1.066987624t+

0.039034166

1.0776575t)

Mit Hilfe der Rentenbarformel kann manRBF(5; 1.066987624) = 4.133481833und RBF(5; 1.0776575) = 4.017482796 ermitteln, so dass sich ein KapitalwertvonK0 = 1.171277763 I0 ergibt. Für ein nicht versteuertes Einkommen gilt zumVergleich (setze alle Steuerfaktoren zu null!):

K0 = −I0+

5∑

t=1

CFt

1.1t= I0 (−1.0+

0.15

1.15+

5∑

t=1

0.6

1.089108911t) = 1.432334889 I0

Durch die Berücksichtigung von Steuern vermindert sich also der Kapitalwert.

Für den Leasingfall sind die Leasingraten abzuziehen. Diese können als Betriebs-ausgaben geltend gemacht werden und mindern die Zahlungsströme. Abschrei-bungen gibt es keine, so dass dieEBITt denCFt entsprechen. Es gilt somit:

t ≤ 5 : EBITt = CFt = βt a I0 − L

Folglich lautet hier der Kapitalwert:

K0 =5∑

t=1

βt a I0 − L− s1 (βt a I0 − L)

1.0776575t=

5∑

t=1

(1− s1) a I0(1.0776575/1.01)t

+−(1− s1)L

1.0776575t

In Zahlen ergibt sich:

K0 = (1− 0.230425) · 0.6 · I0 · 4.133481833− (1− 0.230425) · L · 4.017482796= 1.908614569 I0 − 3.091754323L

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Investitionsre hnung 5 - 112 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Die kritische Leasingrate (Indifferenz zwischen Leasing und Kauf) ergibt sich zu:

L =1.908614569− 1.171277763

3.091754323I0 = 0.238484927 I0

5.7.9 Das Standardmodell mit Unternehmens- und Privatsphäre

Bisher wurde immer angenommen, dass die Unternehmenssteuern über das Pri-vatkonto des Firmeninhabers abgerechnet wurden, so dass allgemein auch für dieZahlungsüberschüsse die Opportunitätskosten (also die entsprechenden Zinssät-ze) des Firmeninhabers galten. Nun sollen die Unternehmens- und Privatsphäregetrennt werden, wobei der Eigentümer zu Beginn des Unternehmens Eigenkapi-tal als Einlage einbringt, das er zum Ende der Totalperiode zurück erhält. Dagegenhat er in jeder Periode Anspruch auf eine Dividende, die sichaus dem Zahlungs-überschuss des Unternehmens bestimmt. Die Dividende kann je nach Parameter-wahl auch null sein, wenn es sich global nicht lohnt Geld aus dem Unternehmenabzuziehen. Das Unternehmen muss eine Investition finanzieren. Man unterschei-det dabei

• Innenfinanzierung (Verzicht auf Dividendenzahlungen)

• Außenfinanzierung mit Eigenkapital (Finanzierung über dieEinlage)

• Außenfinanzierung mit Fremdkapital (Finanzierung mit Krediten)

sowie Mischformen derselben. Geldanlagen und Kreditaufnahmen von Periodezu Periode seien in beiden Sphären möglich. Es werden jedochunterschiedlicheZinssätze angenommen, so dass z.B. eine Verschuldung im Unternehmen nichtidentisch ist zu einer Verschuldung in der Eigentümersphäre, wie dies oft in markt-orientierten Unternehmensbewertungsmodellen angenommenen wird. Es seien 4Perioden betrachtet. Dann ergeben sich die folgenden Zahlungsstrombilanzen.

Unternehmenssphäret = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4bU0 − − − −

EK − I0 CF1 CF2 CF3 CF4 − EKFKU

0 FKU1 FKU

2 FKU3 −

− −FKU0 (1 + iUS ) −FKU

1 (1 + iUS ) −FKU2 (1 + iUS ) −FKU

3 (1 + iUS )−GU

0 −GU1 −GU

2 −GU3 −

− GU0 (1 + iUH) GU

1 (1 + iUH) GU2 (1 + iUH) GU

3 (1 + iUH)− −SU

1 −SU2 −SU

3 −SU4

−D0 −D1 −D2 −D3 −D4

0 0 0 0 0

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Investitionsre hnung 5 - 113 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Privatsphäret = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4bp0 − − − −

−EK − − − EKFKp

0 FKp1 FKp

2 FKp3 −

− −FKp0 (1 + ipS) −FKp

1 (1 + ipS) −FKp2 (1 + ipS) −FKp

3 (1 + ipS)−Gp

0 −Gp1 −Gp

2 −Gp3 −

− Gp0 (1 + ipH) Gp

1 (1 + ipH) Gp2 (1 + ipH) Gp

3 (1 + ipH)− −Sp

1 −Sp2 −Sp

3 −Sp4

D0 D1 D2 D3 D4

0 0 0 0 EW

bU0 bzw. bp0 seien die Anfangsausstattung des Unternehmens bzw. das private An-fangsvermögen. Damit kann man auch einen Bezug zur Vergangenheit schaffen,d.h. diese Größen können die Salden der vergangenen Periodeangeben. Es istmöglich, dass der Eigentümer die Einlage über einen eigens dafür aufgenomme-nen Kredit finanziert. Zum Ende der Totalperiode wird das Unternehmen liquidiertund es ergibt sich der EndwertEW als Vermögensüberschuss in der Privatsphäre.Für die Steuern gilt:

SUt = s1 (EBITt − iUS FKt−1) + s2 i

US FKU

t−1 mit

EBITt = CFt − AfAt + iUH GUt−1 und

Spt = s3Dt + s4 i

pH Gp

t−1 − s5 ipS FKp

t−1

s1 is die Unternehmenssteuer unds2 bezieht sich auf den Fall, in dem nicht die vol-len Zinsen steuerlich abzugsfähig sind.s3 bedeutet eine Steuer auf Ausschüttun-gen wie z.B. die gegenwärtige Abgeltungssteuer.s4 ist die Steuer auf Zinsen aufeine private Geldanlage, die üblicherweise mits3 übereinstimmen wird.s5 ist dieSteuer auf Zinsen aus einer privaten Kreditaufnahme, die inder Regel für Privat-anleger steuerlich nicht abzugsfähig ist. Für die Abschreibungen seiAfAt = at I0angenommen, wobei

∑4t=1 at = 1.

Sämtliche Größen müssen positiv sein. Die einzelnen Nebenbedingungen lassensich direkt aus den Tabellen ablesen. Für die Privatsphäre gelten die Nebenbedin-gungen:

t = 0 : Gp0 = D0 + bp0 − EK + FKp

0

t ∈ [1, 3] : Gpt = Dt + FKp

t − FKpt−1 (1 + ipS) +Gp

t−1 (1 + ipH)− Spt

t = 4 : EW= D4 − FKp3 (1 + ipS) +Gp

3 (1 + ipH) + EK − Sp4

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Investitionsre hnung 5 - 114 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Werden die Steuern eingesetzt, so folgt:

t = 0 : Gp0 = D0 + bp0 − EK + FKp

0

t ∈ [1, 3] : Gpt = Dt (1− s3) + FKp

t − FKpt−1 (1 + ipsS) +Gp

t−1 (1 + ipsH)t = 4 : EW= D4 (1− s3)− FKp

3 (1 + ipsS) +Gp3 (1 + ipsH) + EK

wobeiipsH = ipH (1− s4) undips S = ipS (1− s5).

Für die Nebenbedingungen in der Unternehmenssphäre folgt:

t = 0 : GU0 = −D0 − I0 + bU0 + FKU

0 + EKt ∈ [1, 3] : GU

t = CFt −Dt + FKUt − FKU

t−1 (1 + iUS ) +GUt−1 (1 + iUH)− SU

t

t = 4 : D4 = CF4 − EK − FKU3 (1 + iUS ) +GU

3 (1 + iUH)− SU4

Werden die Steuern eingesetzt, so folgt:

t = 0 : GU0 = −D0 − I0 + bU0 + FKU

0 + EKt : GU

t = −Dt+FKUt −FKU

t−1 (1+ iUsS)+GUt−1 (1+ iUsH)+(1−s1)CFt+s1 at I0

t = 4 : D4 = −EK−FKU3 (1+ iUsS) +GU

3 (1+ iUsH) + (1− s1)CF4 + s1 a4 I0

wobeiiUsH = iUH (1− s1) undiUsS = iUS (1+ s2 − s1). Werden die Gleichungen fürdie Privatsphäre bis auf eine Gleichung heruntergebrochen, indem dieGp

t elimi-niert werden, so ergibt sich dafür:

EW= (1− s3)D4 + (1− s3) (3∑

t=1

Dt qp 4−tsH ) + qp 4sH D0 + EK (1− qp 4sH) + qp 4sH bp0

+3∑

t=0

(qp 4−tsH FKp

t − qp 3−tsH FKp

t qpsS)

mit qpsH = (1 + ipsH) undqps S = (1 + ips S). Anschließend kann auf Unternehmen-sebene die Gleichung zusammengezogen werden, so dass folgt:

D4 = −3∑

t=0

Dt qU 4−tsH +EK (qU 4

sH−1)+qU 4sH (bU0 −I0)+

4∑

t=1

s1 qU 4−tsH (−CFt+at I0)

+3∑

t=0

(qU 4−tsH FKU

t − qU 3−tsH FKU

t qUsS) +4∑

t=1

qU 4−tsH CFt

Wird nunD4 in die obige Gleichung eingesetzt, so ergibt sich schließlich für denEndwert:

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Investitionsre hnung 5 - 115 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

EW= EK (qU 4sH − qp 4sH − s3 (q

U 4sH − 1)) + qp 4sH bp0 + (1− s3) q

U 4sH bU0

+(1− s3) (−qU 4sH I0 +

4∑

t=1

s1 qU 4−tsH (−CFt + at I0) +

4∑

t=1

qU 4−tsH CFt)

+(1− s3) (3∑

t=1

Dt (qp 4−tsH − qU 4−t

sH )) +D0 (qp 4sH − (1− s3) q

U 4sH)

+3∑

t=0

(qp 4−tsH FKp

t −qp 3−tsH FKp

t qps S+(1−s3) (q

U 4−tsH FKU

t −qU 3−tsH FKU

t qUsS))

Durch die Elimination der jährlichen GeldanlagenG(·)t wurde eine einzelne Be-

ziehung gefunden, was im Prinzip einer vorzeichenunbeschränkten Maximierunggleichkommt. Das ist aber nicht ganz konsistent, da die Geldanlagen nur positiveWerte annehmen dürfen. Da hier die Geldanlagen symbolisch gar nicht auftau-chen, kann diese Zwangsbedingung nicht erfüllt werden. Es ist zu erwarten, dassim Rahmen der Maximierung dieser Gleichung eine Lösung gefunden wird, beider „negative“ Geldanlagen Kredite substituieren, da der Habenzins kleiner istals der Sollzins (i(·)sH < i

(·)s S). Lediglich für den Fall, dass die Kredit- und Gutha-

benzinsen identisch sind (i(·)sH = i

(·)s S = i

(·)s ), ist diese Beziehung für eine Maxi-

mierung hinreichend. Wird nun explizit erzwungen, dassqUsH = qUsS = qUs undqpsH = qps S = qps gelten, so erhält man die folgende Gleichung für den Endwert:

EW= EK (qU 4s − qp 4s − s3 (q

U 4s − 1)) + qp 4s bp0 + (1− s3) q

U 4s bU0

+(1− s3) (−qU 4s I0 +

4∑

t=1

s1 qU 4−ts (−CFt + at I0) +

4∑

t=1

qU 4−tsH CFt)

+(1− s3) (3∑

t=1

Dt (qp 4−ts − qU 4−t

s )) +D0 (qp 4s − (1− s3) q

U 4s )

Nun tauchen die UnbekanntenFK(·)t erwartungsgemäß nicht mehr auf. Diese Glei-

chung kann nun maximiert werden, wobeiEW und EK sowie die DividendenDt ∀ t ∈ [0, 3] die unabhängigen Variablen darstellen.bp0, b

U0 , I0 undCFt ∀ t ∈

[1, 4] sind bekannte Größen. Im Allgemeinfall hingegen muss eine vorzeichen-beschränkte Optimierung unter Nebenbedingungen angewendet werden, wie siez.B. in Kapitel 4.1 erläutert wurde. Im Rahmen der gewähltenNebenbedingungenkann dann explizit auf die ZwangsbedingungG

(·)t ≥ 0 eingegangen werden. Soll

im Rahmen des Totalmodells der oben beschriebene Sonderfall behandelt wer-den, so sind negative Geldanlagen und Finanzierungen gleichwertig. Man erkenntdas daran, dass, obwohl positive Werte gefunden werden, sich der Algorithmus„praktisch nicht entscheiden“ kann, ob vielleicht beide, die Geldanlage und derjeweilige Kredit, einen positiven Wert annehmen. Es kommt dann praktisch ge-sehen auf den Nettoeffekt an. Dies schränkt jedoch nicht dieAnwendbarkeit derkonvexen Optimierung für diesen Sonderfall ein.

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Investitionsre hnung 5 - 116 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Im Totalmodell werden Auszahlungen mit positiven und Einzahlungen mit nega-tiven Vorzeichen gewertet. Für das Optimierungsproblem gilt somit:

MaximiereEW unter den Nebenbedingungen:

Gp0 −D0 + EK − FKp

0 ≤ bp0Gp

t −Dt (1− s3)− FKpt + FKp

t−1 (1 + ips S)−Gpt−1 (1 + ipsH) ≤ 0 ∀t ∈ [1, 3]

EW−D4 (1− s3) + FKp3 (1 + ips S)−Gp

3 (1 + ipsH)− EK ≤ 0GU

0 +D0 + I0 − FKU0 − EK ≤ bU0

GUt +Dt − FKU

t + FKUt−1 (1 + iUsS)−GU

t−1 (1 + iUsH)−(1− s1)CFt − s1 at I0 ≤ 0 ∀t ∈ [1, 3]

D4 + EK + FKU3 (1 + iUsS)−GU

3 (1 + iUsH)− (1− s1)CF4 − s1 a4 I0 ≤ 0

Nun wird unter Verwendung der Dualvariablendpt und dUt für t ∈ [0, 4] die La-grange-Funktion gebildet:

φ(v,u) = −EW+dp0 (G

p0 −D0 + EK − FKp

0 − bp0)

+3∑

t=1

dpt (Gpt −Dt (1− s3)− FKp

t + FKpt−1 (1 + ips S)−Gp

t−1 (1 + ipsH))

+dp4 (EW−D4 (1− s3) + FKp3 (1 + ips S)−Gp

3 (1 + ipsH)− EK)+dU0 (GU

0 +D0 + I0 − FKU0 − EK − bU0 )

+3∑

t=1

dUt (GUt +Dt−FKU

t +FKUt−1 (1+iUsS)−GU

t−1 (1+iUsH)−(1−s1)CFt−s1 at I0)

+dU4 (D4 + EK + FKU3 (1 + iUsS)−GU

3 (1 + iUsH)− (1− s1)CF4 − s1 a4 I0)

Als unabhängige Primalvariablen gelten:v = (EW,FKp

t ,FKUt , G

pt , G

Ut ∀ t ∈ [0, 3],EK, Dt ∀ t ∈ [0, 4]).

Nun soll die Optimierung anhand eines selbst gewählten Beispiels durchgeführtwerden. Dazu wird eine Kapitalgesellschaft betrachtet. Kirchensteuer und Soli-daritätszuschlag sollen vereinfachend nicht berücksichtigt werden. Die Gewerbe-steuer ermittelt sich nach

Sg,t = sg ((CFt − AfAt + iH GUt−1 − iS FKU

t−1) + 0.25 iS FKUt−1),

mit sg = 0.035 · H mit H = 360%, wobei 75% der Fremdkapitalzinsen bei derGewerbesteuer abzugsfähig sind. Für die Körperschaftssteuer gilt:

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Investitionsre hnung 5 - 117 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Sk,t = sk (CFt − AfAt + iH GUt−1 − iS FKU

t−1),

Für den Privatanleger oder Kapitalgeber gilts3 = 0.25, wobei die Dividende vollbesteuert wird. Private Geldanlagen unterliegen ebenso der Abgeltungssteuer, sodasss4 = 0.25 angenommen werden kann. Kredite in der Privatsphäre könnensteuerlich nicht geltend gemacht werden, so dasss5 = 0.0. Daraus ergeben sichdie folgenden Steuersätze:

s1 = sg + sk = 0.035 · 3.6 + 0.15 = 0.276s2 = 0.25 sg = 0.0315s3 = 0.25s4 = 0.25s5 = 0.0

Für die Daten des Beispiels soll gelten:I0 werde mit100.0 veranschlagt. Diejährlichen Zahlungsflüsse seien durchCFt = [50.0, 60.0, 70.0, 80.0] gegeben. DieAbschreibung erfolge degressiv mitat = [0.4, 0.3, 0.2, 0.1]. Zunächst sei ein ein-heitlicher Kalkulationszinsfuß voniH = iS = 10% angenommen. Die Anfangs-ausstattungen seien mitbp0 = 30.0 und bU0 = 40.0 gegeben. Zunächst soll dieGleichung für den Endwert im Sonderfall nachgeprüft werden. Dazu werden zu-nächst alle Steuersätze zusi = 0.2 ∀ t ∈ [1, 5] gewählt. Es ergeben sich die Wertenach Tabelle 26.

EW EK D0 D1 D2 D3 D4

213.437 254.252 194.252 - - - -

Gp0 Gp

1 Gp2 Gp

3 GU0 GU

1 GU2 GU

3

- - - - - 48.0 105.84 174.307

FK

p0 FK

p1 FK

p2 FK

p3 FK

I0 FK

U1 FK

U2 FK

U3

30.0 32.4 34.992 37.7914 - - - -

Tabelle 26: Ergebnis für den Sonderfall si = 0.2 ∀ t ∈ [1, 5]

Werden diese Werte in die Gleichung für den Endwert eingesetzt, so ermitteltsich als Probe in der TatEW = 213.437. Nun sollen die speziellen Steuerfakto-ren eingesetzt werden. Dann gelten die Ergebnisse nach Tabelle 27. Demzufolgeempfiehlt es sich, eine Einlage vonEK = 60.68 zu leisten und direkt eine Divi-dende int = 0 vonD0 = 134.48 abzuziehen, die teilweise über Fremdkapital imUnternehmen finanziert wird. Auf Privatebene ist es sinnvoll den entsprechendenBetrag anzulegen und zu thesaurieren.

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Investitionsre hnung 5 - 118 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

EW EK D0 D1 D2 D3 D4

199.302 60.68 134.48 - - - -

Gp0 Gp

1 Gp2 Gp

3 GU0 GU

1 GU2 GU

3

103.8 111.585 119.954 128.951 - - - -

FK

p0 FK

p1 FK

p2 FK

p3 FK

I0 FK

U1 FK

U2 FK

U3

- - - - 133.8 96.669 52.2523 -

Tabelle 27: Ergebnis für die speziellen Steuerfaktoren (siehe oben)

Nun soll eine weitere Zwangsbedingung eingeführt werden. Es gelte zusätzlichEK ≤ I0 − bU0 . Dann folgen die Ergebnisse nach Tabelle 28. Das optimale Pro-gramm ändert sich nur marginal, da bereits zuvorEK nahe an dem GrenzwertI0 − bU0 lag. Somit ergibt sich auch ungefähr der gleiche EndwertEW.

EW EK D0 D1 D2 D3 D4

199.301 60.0 134.309 - - - -

Gp0 Gp

1 Gp2 Gp

3 GU0 GU

1 GU2 GU

3

104.309 112.132 120.542 129.582 - - - -

FK

p0 FK

p1 FK

p2 FK

p3 FK

I0 FK

U1 FK

U2 FK

U3

- - - - 134.309 97.2155 52.8402 0.632235

Tabelle 28: Ergebnis mit Nebenbedinung EK ≤ I0 − bU0

Anschließend soll eine Rechnung mit veränderter Abschreibungsstruktur durch-geführt werden. Nun soll geltenat = 0.25 ∀ t ∈ [1, 4]. Dann ergeben sich dieErgebnisse nach Tabelle 29. Nun ergibt sich ein geringfügiggeringerer EndwertEW. Das optimale Programm ist in seiner Struktur vergleichbar.

EW EK D0 D1 D2 D3 D4

198.19 64.82 134.687 - - - -

Gp0 Gp

1 Gp2 Gp

3 GU0 GU

1 GU2 GU

3

99.8674 107.357 115.409 124.065 - - - -

FK

p0 FK

p1 FK

p2 FK

p3 FK

I0 FK

U1 FK

U2 FK

U3

- - - - 129.867 96.5789 53.5354 -

Tabelle 29: Ergebnis bei linearer Abs hreibung

Jetzt soll der Fall untersucht werden, in dem der Habenzins vom Sollzins ab-weicht. Dazu werdeiH = 0.6 und iS = 0.14 eingeführt, wobei offenbari = 0.1genau in der Mitte liegt. Es ergeben sich die Resultate nach Tabelle 30. Diesmal

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Investitionsre hnung 5 - 119 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

EW EK D0 D1 D2 D3 D4

191.613 191.613 161.613 - - - -

Gp0 Gp

1 Gp2 Gp

3 GU0 GU

1 GU2 GU

3

- - - - - 14.0669 66.398 125.482

FK

p0 FK

p1 FK

p2 FK

p3 FK

I0 FK

U1 FK

U2 FK

U3

- - - - 30.0 - - -

Tabelle 30: Ergebnis bei gesplittetem Zinsfuÿ (iH = 0.06, iS = 0.14)

ist eine Fremdkapitalverzinszung nicht vorteilhaft, so dass es sich eher lohnt dieZahlungsüberschüsse im Unternehmen zu thesaurieren. Der EndwertEW hat diegleiche Größe wie die eingebrachte EinlageEK.

EW EK D0 D1 D2 D3 D4

175.724 60.0 127.041 - - - -

Gp0 Gp

1 Gp2 Gp

3 GU0 GU

1 GU2 GU

3

97.0414 101.408 105.972 110.74 - - - -

FK

p0 FK

p1 FK

p2 FK

p3 FK

I0 FK

U1 FK

U2 FK

U3

- - - - 127.041 93.2386 51.3804 0.614956

Tabelle 31: Ergebnis bei gesplittetem Zinsfuÿ (iH = 0.06, iS = 0.14) unterGültigkeit der zusätzli hen Zwangsbedingung EK ≤ I0 − bU0

Interessant wäre es nun zu schauen, was passiert, wenn zusätzlich die Zwangsbe-dingungEK ≤ I0 − bU0 eingehalten werden muss. Dies ist schließlich in Tabelle31 dargestellt. Unter dieser Zwangsbedingung muss der Großteil über eine Fremd-kapitalfinanzierung bewerkstelligt werden, die auf Grund des Vermögensvorteilsim Unternehmen stattfindet. Zusätzlich wird in der Privatsphäre eine Geldanlagegetätigt. Auf Grund der veränderten Kalkulationssätze istder EndwertEW imVergleich zum Endwert bei einem eindeutigen Kalkulationszinsfuß voni = 0.1niedriger, da die Sollzinsen stärker ins Gewicht fallen.

Abschließend soll aber auch noch einmal die Unterlassensalternative beiiH = 0.1undiS = 0.1 untersucht werden. Dazu werdenI0 undCFt ∀ t ∈ [1, 4] einfach zunull gesetzt. Es ergeben sich die Ergebnisse in Tabelle 32.

Das gewählte Vorgehen über eine vorzeichenbeschränkte Optimierung ist der Me-thode der Fallunterscheidung nach (Kruschwitz (2007b), S.175-195; Kruschwitz(2011), S. 140-159) überlegen, da der Algorithmus selbstständig die optimaleLösung findet. Selbst im Sonderfall einförmiger Zinssätze ist die gefundene Lö-

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Investitionsre hnung 5 - 120 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

EW EK D0 D1 D2 D3 D4

93.4828 - 40.0 - - - -

Gp0 Gp

1 Gp2 Gp

3 GU0 GU

1 GU2 GU

3

70.0 75.25 80.8937 86.9608 - - - -

FK

p0 FK

p1 FK

p2 FK

p3 FK

I0 FK

U1 FK

U2 FK

U3

- - - - - - - -

Tabelle 32: Ergebnis bei der Unterlassensalternative

sungsstruktur sinnvoll, wie anhand der Ergebnisse in den Tabellen 26 bis 29 deut-lich wird. Auf diese Weise gelingt es das Standardmodell so realistisch wie mög-lich numerisch zu lösen, und das nicht nur für eine Periode.

5.8 Auswirkungen von In�ation

Bei Preissteigerungen weichen nominale und reale Größen voneinander ab. DieUmrechnung zwischen realen und nominalen Größen wird durcheine Abzinsungmit der periodischen Inflationsrate vollzogen. Es sei im Folgenden angenommen,dass die Inflationsrate pro Periode genauI lautet. Dann gilt für die reale Investiti-onszahlungsreiheCFr

t = CFnt /(1 + I)t. Die Beziehung zwischen den nominalen

und realen Abzinsungsfaktoren sei analog über(1+irt ) = (1+int )/(1+I) gegeben,da der reale Zuwachs durch die Inflationsrate gebremst wird.Vereinfachend giltin erster Näherungirt = int − I. Dann kann im Fall ohne Steuern gezeigt werden,dass es unerheblich ist, ob der Kapitalwert auf Basis der nominalen oder realenGrößen ermittelt wird, da (siehe Hering (2008), S. 94-96):

Kr0(I) =

T∑

t=0

CFrt

∏tτ=1(1 + irt )

=

T∑

t=0

CFnt /(1 + I)t

∏tτ=1(1 + int )/(1 + I)

=

T∑

t=0

CFnt

∏tτ=1(1 + int )

= Kn0 (I)

Hier werden also nominale Zahlungen mit den nominalen Kapitalzinsfaktoren undreale Größen mit den entsprechenden realen Kapitalzinsfaktoren diskontiert. Reinrechnerisch gibt es dann keinen Unterschied.

Dies gilt hingegen nicht mehr für den Fall mit Steuern, da fürdie Abschreibungent = 0 die Bezugsbasis bildet und daher unterschiedliche Bezugsbasen miteinan-der verknüpft werden. Dies kann auch gezeigt werden, denn esgilt für die realenGrößen (siehe Franke u. Hax (2009), S. 220-222):

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Investitionsre hnung 5 - 121 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Kr0(I) = −I0+

T∑

t=1

(1− s)CFrt + s αt I0

∏tτ=1(1 + irs t)

= −I0+

T∑

t=1

(1− s)CFnt /(1 + I)t + s αt I0

∏tτ=1(1 + ins t)/(1 + I)

= −I0 +

T∑

t=1

(1− s)CFnt + s αt I0

∏tτ=1(1 + ins t)

︸ ︷︷ ︸

Kn0(I)

+

T∑

t=1

s αt I0 ((1 + I)t − 1)∏t

τ=1(1 + ins t)︸ ︷︷ ︸

≥0

mit i(·)s t = i(·)t (1 − s). Der TermI0 ((1 + I)t − 1) gibt praktisch den nominellen

Zuwachs vonI0 bis Periodet auf Grund der Inflationsrate an, wobeiI0 auf Basisder historischen Anfangsauszahlung bemessen wird. DieserZuwachs auf Grundder Investition wird anteilig besteuert und diskontiert. Dieser Term ist größer null,so dass der Kapitalwert auf Basis der realen Größen größer wird als derjenige aufBasis der nominalen Größen.

Allgemein kann man folgern, dass es immer dann zu Unterschieden kommt, wennsich die Einzahlungsüberschüsse (nach Steuern) mit einer anderen Rate entwi-ckeln, als der nominale Marktzinssatz. Reagieren beide gleich empfindlich aufÄnderungen der Inflationsrate, so ändert die Inflation nichts an der Vorteilhaftig-keit des Investitionsprojektes gegenüber einer alternativen Geldanlage am Kapi-talmarkt. In der Realität sind die Preisentwicklungen aberungleichmäßig, da siesich immer mit einer zeitlichen Verzögerung bemerkbar machen und das nichtüberall gleich. So können sich Preisänderungen in verschiedenen Sektoren derMarktwirtschaft unterschiedlich auswirken. Die Inflationsrate gibt aber immer nureinen Durchschnittswert an, gemessen an der Änderung einesPreisindex gewich-tet über ein Güterbündel. Somit gibt es in der Realität immerGewinner und Verlie-rer der Inflation. Man unterscheidet eine nachfrageinduzierte Preiserhöhung undeine kosteninduzierte Inflation. Bei schwachem Wirtschaftswachstum und kosten-induzierter Inflation zählen Unternehmen sehr schnell zu den Inflationsverlierern(Franke u. Hax (2009), S. 218).

Die Fisher-Hypothese gilt, wenn der nominale Zinssatz gerade so starkwächst,dass der reale Zinssatz konstant bleibt (Franke u. Hax (2009), S. 220), so dass z.B.gilt: irt = i0t = konst. und damit:

(1 + i0t ) (1 + I) = 1 + int ⇔ i0t =(int − I)

(1 + I)

Dann ist die reale Verzinsung von der Inflationsrate unabhängig. Die Anleger amKapitalmarkt sind dann weder Gewinner noch Verlierer der Inflation. Dies kannauch auf den Fall mit Steuern verallgemeinert werden (modifizierte Form (nachFranke u. Hax (2009), S. 221)):

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Investitionsre hnung 5 - 122 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

1 + i0t (1− s) =1 + int (1− s)

1 + I⇔ i0t (1− s) =

(int (1− s)− I)

(1 + I),

d.h. die reale Verzinsung bleibt immer gleichi0t (1− s) unabhängig von der Höheder Inflationsrate. Ist der reale Zinssatzirt konstant gleichi0t und zwar unabhängigvon I, so ist der entsprechende reale Kapitalwert faktisch gleichwertig mit demKapitalwert für einen Zustand ohne jede Inflation, alsoKr

0(I) = K0(0).

Ist die modifizierteFisher-Hypothese im Steuerfall erfüllt, so gilt eben:

Kn0 (I) = K0(0)−

T∑

t=0

s αt I0 ((1 + I)t − 1)∏t

τ=1(1 + ins t).

Durch die Umstellung der Gleichung von oben wird deutlich, dass der Abschrei-bungsterm im Falle mit Steuern zu einem Scheingewinn führt,der eine zusätzlicheBesteuerung nach sich zieht. Mit diesem Betrag ist das Unternehmen Inflations-verlierer und der Fiskus Inflationsgewinner. Die modifizierte Fisher-Hypotheseimpliziert, dass bei einem Zuwachs vondI der nominale Zinssatz gemäß

1 + i0t (1− s)

1− s(1 + I) =

1

1− s+ int ⇒ dint =

1 + i0t (1− s)

1− sdI = (

1

1− s+ i0t ) dI

ceteris paribus wachsen muss, damit die Gleichung gilt. „Empirisch kann aller-dings nicht nachgewiesen werden, dass diese Beziehung tatsächlich erfüllt ist.Auch die einfacheFisher-Hypothese kann empirisch nicht nachgewiesen werden,da der Zinsanstieg bei wachsender Inflation in der Realität durchweg geringer istals notwendig. Durch den geringeren Zinsanstieg wird eine Investition begüns-tigt, selbst die Scheingewinnbesteuerung im Falle mit Steuern kann durch einenzu niedrigen Zinsanstieg überkompensiert werden“ , wie im Folgenden gezeigtwerden soll (Franke u. Hax (2009), S. 222). Wird nämlich lediglich gefordert,dass die einfacheFisher-Hypothese erfüllt ist, so folgt im Falle mit Steuern (i0t seireal unabhängig vonI):

(1 + i0t )(1 + I) = 1 + int ⇒ (1 + i0t (1− s))(1 + I) = 1 + int (1− s)+s I

Wird der Terms I in der Beziehung für den Nominalzinssatz integriert, so lässtsich zeigen, dass die DifferenzKn

0 (I)−K0(0) nun positiv ist und mit wachsenderInflationsrate wächst. „Dies gilt umso mehr, je weniger der Nominalzins mit derInflationsrate Schritt hält“ (Franke u. Hax (2009), S. 223).

Im Beispielfall (siehe Ausdruck) werde von 4 Perioden ausgegangen mitI0 =500.0 (historisch) undCFr

t = 200.0 ·1.15t−1 (real). Für den Zinsatz geltei0t = 0.2

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Investitionsre hnung 5 - 123 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

ClearAll @a, b, I0, s, at, e, k, Ie D;

a@Ie_, T_ D : = - I0 * H1 - s * at @0DL + Sum@He * c^ Ht - 1L * H1 + Ie L^ t * H1 - sL + s * at @t D * I0 L �

HH1 + k * H1 - sLL * H1 + Ie L - s * Ie L^ t, 8t, 1, T <D;

I0 = 500.0;

e = 200.0;

c = 1.15;

s = 0.3;

k = 0.2;

T = 4;

at @0D = 0.4;

Do@at @t D = 0.75 * at @t - 1D, 8t, 1, T - 1<D;

at @TD = 1 - Sum@at @t D, 8t, 0, T - 1<D;

Plot @Evaluate @a@Ie, T D - [email protected], T DD �. Ie ® x, 8x, 0, 0.5 <D

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

20

40

60

80

100

Abbildung 25: Fall, wenn Fisher -Hypothese gilt im Steuerfall (Mathemati a)

(real) und der Steuersatz betrages = 0.3. Die Abschreibungssätze seien anwen-dungsbezogen gewählt, wobei bereits zu Beginn der Periode eine Abschreibungvon 40% der Anfangsauszahlung vorgenommen werde. Wie man sieht, istKn

0 (I)immer größer alsK0(0). Es ist jedoch dann Vorsicht geboten, wenn wie bei einerkosteninduzierten Inflation die Einzahlungsüberschüsse sinken können (im Bei-spiel wurde von einer zusätzlichen Steigerungsrate von 15%ausgegangen).

5.9 Die Investitionsdauerents heidung

Es tritt häufig das Problem auf, dass bei Fertigungsanlagen (materieller Vermö-gensgegenstand) oder Lizenzen (immaterieller Vermögensgegenstand) auf Grundtechnischer, rechtlicher oder wirtschaftlicher Gründe die Nutzungsdauer begrenztist. Rechtlich kann es eine vertraglich vereinbarte Nutzungsdauer geben, was in-sofern unproblematisch ist, da das Ende der rechtlichen Nutzungsdauer festliegt.Technisch ist es möglich, dass wegen Verschleiß auf Grund mechanischer oderbiologisch-chemischer Alterung die Lebensdauer verkürztist. Hier ist es erreich-bar, die Lebensdauer einer Anlage durch Reparaturen oder Instandsetzungen zu

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Investitionsre hnung 5 - 124 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

erhöhen. Derartige Maßnahmen vermindern somit den Cashflow, können aber dieLiquidationskosten erhöhen. Wirtschaftliche Gesichtspunkte können eine Rollespielen wie z.B. Änderungen der Angebots- oder Nachfragestruktur, die eine Neu-strukturierung erfordern, oder technologische Gründe wiez.B. technischer Fort-schritt, der es ermöglicht neuere und effizientere Anlagen zu betreiben, die zueiner höheren Ausbringung führen (vgl. Perridon u. a. (2012), S. 68).

Die Investitionsdauerentscheidung unterteilt sich in zwei elementare Fragestel-lungen: Es stellt sich zum einen die Frage der optimalen Nutzungsdauer einer ge-planten Investition bzw. die Entscheidung über deren Verzicht ex ante. Dabei gehtes um eine singuläre Entscheidung über eine einzige Investition. Der Kapitalwertfür unterschiedliche Lebensdauern ist hier das geeignete Entscheidungskriterium.Bestimmte Alternativmethoden, die faktisch auf dem Kapitalwertkalkül aufbau-en, können die Berechnungen vereinfachen. Zum anderen stellt sich die Frage desErsatzes einer vorhandenen Investition und darum, wann derbeste Zeitpunkt isteine Ersatzinvestition vorzunehmen. Hier muss man über denZeithorizont einereinzelnen Investition hinausgehen und weiter in die Zukunft planen. Da es oftmalsschwierig ist, in der Zukunft liegende Cashflows ausreichend genau vorherzusa-gen, bedient man sich der Fiktion der Verlängerung des Zeithorizonts im Rah-men einer Investitionskette, wobei vereinfacht ähnliche Zahlungsreihen miteinan-der verkettet werden. Man unterscheidet hierbei einen endlichen und unendlichenPlanungszeitraum. In einem unendlichen Planungszeitraumist es im Prinzip nursinnvoll von einer identischen Investitionskette auszugehen, d.h. nach Liquidationeiner Anlage zum Zeitpunkttn wird davon ausgegangen, dass die gleiche Anlagewieder beschafft wird und das ab infinitum. Hier reicht es in der Regel aus, wennein bestimmter Cashflow einer bestimmten Ersatzinvestition bis ins Unendlichefortgesetzt gedacht wird, wobei zum Ende der alten und Beginn der neuen An-lage eine Überschneidung stattfindet, da der Liquidationserlös der alten Anlagemit der Anschaffungsausgabe für die neue Anlage zeitlich zusammen fallen. Beiendlichem Planungshorizont wird man hingegen den Cashflow etwas genauer un-tersuchen können, so dass es hier nicht notwendig ist identische Investitionskettenzu betrachten, d.h. die Cashflows der einzelnen Anlagen können sich unterschei-den. Die Betrachtung einer identischen Investitionskettebei einem abgeschlos-senen Zeithorizont impliziert den sogenannten Ketteneffekt („Gesetz der Ersat-zinvestition“). Dieser besagt, dass die Zinsen für einen Nachfolger in einer Kettevon den Vorgängern mitverdient werden muss, so dass die optimale Lebensdauereiner Kette umso geringer wird, je weiter vorne sie in der endlichen Kette liegt(Hering (2008), S. 52). Obwohl dieser Effekt einen rein finanzmathematischenGrund besitzt, führt er oft zu Irritationen. Identische Investitionsketten werden beiendlichem Planungshorizont oft vermieden. Die genannten Fragestellungen so-wie die dafür am vorteilhaftesten anwendbaren Methoden sollen im Folgenden

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Investitionsre hnung 5 - 125 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

kurz beleuchtet werden.

5.9.1 Das Nutzungsdauerproblem

Für das reine Nutzungsdauerproblem wird einfach die wirtschaftlich günstigsteLebensdauer einer Investition gesucht. Zur Lösung des Problems seien die Cash-flows einer gegebenen Anlage und deren Liquidationserlöse bei einer Liquidationzum Zeitpunktt als bekannt vorausgesetzt (siehe Tabelle 33).

t = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 t = 5 t = 6CF t -1000.0 600.0 500.0 100.0 200.0 100.0 100.0

Lq t 1000.0 600.0 400.0 300.0 200.0 100.0 0.0

Tabelle 33: Cash�ows und Liquidationserlöse

Die einfachste Lösung ist sicherlich die Bestimmung des Kapitalwerts für jedemögliche Lebensdauer. Da der Liquidationserlös den Kapitalwert mehrt, ergibtsich folgende Darstellung für den Kapitalwert (die Erweiterung auf den Fall un-terschiedlicher jährlicher Zinsraten ist klar):

K0(t) = −I0 +

t∑

j=1

CFj

(1 + i)j+

Lqt

(1 + i)t,

wobei K0(0) den Kauf bei unmittelbarer Liquidation bedeutet. Gesucht ist dermaximale Kapitalwert bzw. das dazugehöriget. Um die Anzahl an Rechenope-rationen zu vermindern, kann lediglich der Zuwachs des Kapitalwerts zwischenden Zeitpunktentn und tn+1 verglichen werden. Die Differenz der KapitalwerteK0(tn+1) undK0(tn) ergibt dann die diskontierten Grenzerlöse:

∆K0 tn+1= K0(tn+1)−K0(tn) =

CFtn+1

(1 + i)tn+1+

Lqtn+1

(1 + i)tn+1−

Lqtn

(1 + i)tn

Diese Beziehung lässt sich umformen zu:

∆K0 tn+1=

1

(1 + i)tn+1

(CFtn+1

+ (Lqtn+1− Lqtn)− i Lqtn

)

Hier wird deutlich, dass ein zusätzlicher kapitalwertmindender Zinseffekt auf Grunddes entgangenen Liquidationserlöses zum früheren Zeitpunkt tn berücksichtigtwerden muss. Die Ergebnisse für die Kapitalwerte und die Grenzerlöse sind inAbbildung 26 angegeben.

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Investitionsre hnung 5 - 126 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

ClearAll @i, CF, Lq, K0, GE D;

i = 0.1;

CF = 8-1000.0, 600.0, 500.0, 100.0, 200.0, 100.0, 100.0 <;

Lq = 81000.0, 600.0, 400.0, 300.0, 200.0, 100.0, 0.0 <;

K0 = Table @0.0, 8Length @CFD<D;

Do@K0@@k + 1DD = Sum@CF@@t + 1DD � H1 + i L^ t, 8t, 0, k <D + Lq@@k + 1DD � H1 + i L^k,

8k, 0, Length @CFD - 1<D;

Print @K0D;

GE= Table @0.0, 8Length @CFD<D;

Do@GE@@k + 1DD = 1 � H1 + i L^k * HCF@@k + 1DD + HLq@@k + 1DD - Lq@@kDDL - i * Lq@@kDDL,

8k, 1, Length @CFD - 1<D;

Print @GED;

è Kapitalwerte

80., 90.9091, 289.256, 259.204, 307.015, 294.596, 288.951<

è Grenzerlöse

80., 90.9091, 198.347, -30.0526, 47.8109, -12.4184, -5.64474<

Abbildung 26: Kapitalwerte und diskontierte Grenzerlöse (Mathemati a)

Wie man anhand der Grenzerlöse sehen kann, ist die Kapitalwertkurve nicht kon-kav, d.h. die Grenzerlöse sind mal positiv und mal negativ. Da diese bereits aufden Zeitpunktt = 0 bezogen sind, kann man sie untereinander vergleichen. Manerkennt, dass der negative Grenzerlös−30.0526 zum Zeitpunktt = 3 durch denpositiven Grenzerlös47.8109 zum Zeitpunktt = 4 mehr als ausgeglichen wird,so dass die optimale Nutzungsdauer 4 Perioden ist. Das Gleiche kann man natür-lich auch für den Kapitalwert an sich sehen, da dieser mit307.015 im Zeitpunktt = 4 am größten ist. Gibt es mehrere Vorzeichenwechsel bei den Grenzerlösen,so müssen also zusätzlich deren Summen ermittelt werden, umzu entscheiden, obdie negativen Anteile vollkommen aufgewogen werden.

Es gibt noch einen weiteren Rechenweg, der vom Periodenendeausgeht und sichlangsam nach vorne arbeitet und faktisch auf den Grenzerlösen aufbaut. Wirdnämlich die Beziehung∆K0 t ≥ 0 zum Zeitpunktt = T ausgewertet, so ergibtsich als Entscheidungsregel (siehe Kruschwitz (2011), S. 183-184):

LqT

(1 + i)+

CFT

(1 + i)≥ LqT−1.

Ist diese Bedingung erfüllt, so ist der Grenzerlös bereits zum Ende der PeriodeTpositiv und es wird als Startwert gesetzt:

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Investitionsre hnung 5 - 127 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

HT−1 =CFT + LqT

(1 + i),

sonst wirdHT−1 = LqT−1 gesetzt. Danach wird vont = T − 2 weitergerechnet,wobei der vorherige AnteilHt+1 mitgenommen wird, d.h. der Kapitalwert wirdsukzessive von hinten aufgerollt:

Ht =Ht+1

(1 + i)+

CFt+1

(1 + i)

Es wird dann danach gefragt, ob dieser WertHt noch immer größer ist als derentsprechende LiquidationserlösLqt. Ist das nämlich nicht der Fall und wäre dieLiquidation im Zeitpunktt vorteilhafter, so wird der vorherige WertHt+1 ver-worfen und als Startwert einer neuen Reihe der momentane LiquidationserlösLqt

gewählt. Als Regel gilt somit:

HT−1 = max(LqT−1;CFT + LqT

(1 + i)) am Ende der Zahlungsreihe (Startwert!)

Ht = max(Lqt;CFt+1 +Ht+1

(1 + i)) ∀ t ∈ Reverse[0, T − 2]

Nach dieser Vorgehensweise sollte zut = 0 die optimale Strategie feststehen. AlsNutzungsdauer wird der Zeitpunktt gewählt, bei dem letztmalig ein Liquidations-erlös in der Reihe berücksichtigt wurde. Eine Reihe beginntalso erstmalig dann,wenn der Grenzerlös positiv ist (Zeitpunkttn1

) und wird weitergeführt, solangedie kumulierten Grenzerlöse nicht durch negative Grenzerlöse aufgezehrt werden.Praktisch gesehen läuft diese Regel nämlich darauf hinaus zu testen ob im mo-mentanen Zeitpunkttn2

mit tn1> tn2

≥ 0

tn1−tn2∑

j=1

CFj+tn2

(1 + i)j+

Lqtn1

(1 + i)tn1−tn2

≥ Lqtn2⇔ qtn2 (K0(tn1

)−K0(tn2)) ≥ 0

erfüllt ist. Ist diese Ungleichung bis zutn2= 0 erfüllt (praktisch äquivalent zu

K0(tn1) ≥ K0(0)) (K0(0) ∼ Opportunität), so isttn1

die optimale Lebensdauer.

5.9.2 Das Problem der Ents heidung über eine Ersatzinvestition

Bei Ersatzinvestitionen wird danach gefragt, wann eine gegebene Investition durcheine Nachfolgeinvestition ersetzt werden soll. Dabei betrachten wir zunächst denFall nur einer Nachfolgeinvestition. Dann ergibt sich für den Kapitalwert:

K0 = K0(tn1) +

Ktn1(tn2

)

(1 + i)tn1

,

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Investitionsre hnung 5 - 128 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

wobei tn1die Lebensdauer der ersten Investition ist undtn2

die Lebensdauer derErsatzinvestition. Man kann das gleiche Verfahren anwenden wie bei nur einerInvestition, d.h. Suchen des Maximums der Kapitalwerte fürverschiedenetn1

,wobei tn2

als bekannt vorausgesetzt werden kann (vollständige Enumeration).Auch hier kann eine Grenzerlösbetrachtung angestellt werden. Der GrenzerlösK0(tn1+1)−K0(tn1

) lautet:

CFtn1+1

(1 + i)tn1+1+

Lqtn1+1

(1 + i)tn1+1−

Lqtn1

(1 + i)tn1

+Ktn1+1

(tn2)

(1 + i)tn1+1−

Ktn1(tn2

)

(1 + i)tn

und lässt sich auf GrundKtn1+1(tn2

) = Ktn1(tn2

) = K0(tn2) (bei gleicher Lebens-

dauertn2ergibt sich der selbe relative Kapitalwert, egal wann die Reihe startet (da

hier it = i ∀ t). Nur die Diskontierung auft = 0 kann abweichen) umformen zu:

CFtn1+1

(1 + i)tn1+1+

Lqtn1+1− Lqtn1

(1 + i)tn1+1− i

Lqtn1

(1 + i)tn1+1− i

Ktn1(tn2

)

(1 + i)tn1+1

D.h. es wird danach gefragt, ob es sinnvoll ist, die Lebensdauer der ersten Anlageum ein Jahr weiter nach hinten zu verschieben, wenn die diskontierten Grenzerlö-se positiv sind (Es gelten die gleichen Umstände wie bei einer Einzelinvestition,d.h. kurzzeitig negative Grenzerlöse können durch späterepositive Grenzerlöseausgeglichen werden). Neben dem Zins auf den entgangenen Liquidationserlösmuss auch der Zins auf den entgangenen Erlös auf Grund der Verschiebung derErsatzanlage berücksichtigt werden. Dabei wird deutlich,dass das erste Ketten-glied die Zinsen für die nach hinten verschobene Ersatzinvestition mitverdienenmuss. Damit folgt, dass im Vergleich zu einer Einzelinvestition die optimale Le-bensdauer verkürzt ist. Im Rahmen eines unendlichen Planungszeitraums verzerrtdieser Effekt das Ergebnis. Hier bedient man sich häufig unendlicher identischerKettenglieder, so dass die optimale Lebensdauer jedes Kettengliedes gleich langist. Praktisch gesehen ergibt sich der Kapitalwert einer unendlichen identischenKette wie folgt:

K0 = K0(tn2)+

Ktn2(tn2

)

(1 + i)tn2

+K2 tn2

(tn2)

(1 + i)2 tn2

+· · · =∞∑

t=0

Kt tn2(tn2

)

(1 + i)t tn2

=∞∑

t=0

K0(tn2)

(1 + i)t tn2

Die unendliche Reihe können wir durch eine geometrische Reihe ersetzen. Mitp = qtn2 = (1 + i)tn2 lässt sich formulieren:

limk→∞

k∑

t=0

K0(tn2)

pt= lim

k→∞p−k K0(tn2

) (1+· · ·+pk) = limk→∞

p−k K0(tn2)(1− pk+1)

(1− p)

= limk→∞

K0(tn2)(p−k − p)

(1− p)= K0(tn2

)p

(p− 1)

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Investitionsre hnung 5 - 129 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

= K0(tn2)

qtn2

(qtn2 − 1)

Den letzten Term können wir mit Hilfe des AnnuitätenfaktorsANF =i

(1− q−tn2 )umformen zu

K0(tn2)

qtn2

(qtn2 − 1)= K0(tn2

)1

(1− q−tn2 )= K0(tn2

)ANFi

,

was auch eine sehr anschauliche Deutung ermöglicht: Wir berechnen zunächst dieAnnuität eines Kettengliedes und projizieren diese ins Unendliche, d.h. machendaraus eine ewige Rente. Betrachten wir nun eine Einzelinvestition plus einer un-endlichen identischen Kette (die Lebensdauer sei nun einheitlich tn1

), so gilt fürden Kapitalwert (siehe auch Perridon u. a. (2012), S. 74):

K0 = K0(tn1) +

Ktn1(tn1

)ANF

i (1 + i)tn1

Wir können damit das gleiche Vorgehen wählen wie zuvor und erhalten für denGrenzerlös (einfach Ersetzen des letzten Terms in der obigen Gleichung durch dieunendliche Rente):

CFtn1+1

(1 + i)tn1+1+

Lqtn1+1− Lqtn1

(1 + i)tn1+1− i

Lqtn1

(1 + i)tn1+1−

Ktn1(tn1

)ANF

(1 + i)tn1+1

Da ANF ≥ i ist, ist der abgezogene Term für eine unendliche Kette größer alsjener, den wir für eine zweigliedrige Kette erhalten haben.Auch hier wird tn1

solange nach hinten verschoben, wie der entsprechende Termgrößer als null istbzw. solange kurzzeitig negative Grenzerlöse durch spätere positive Grenzerlöseausgeglichen werden.

5.9.3 Ents heidungen unter Kostenerwägungen

In Hax (1985) wird die Prozedur der Investitionsdauerentscheidung vollkommenanalog vollzogen, aber bereichert um den Aspekt des Kostenfaktors.Hax gehtdavon aus, dass die Cashflows nur auf der Kostenseite exakt bestimmt werdenkönnen, so dass es sich um ein spiegelbildliches Problem handelt. Damit wirdnicht ein maximaler Kapitalwert als Entscheidungskriterium gewählt, sondern eswird angenommen, dass die Kostengrößen mit positivem Vorzeichen betrachtetzu einem möglichst kleinen Kapitalwert führen sollen. Die Berechnungsprozedurist vollkommen analog. Zur Vereinfachung der Berechnung geht Hax aber vonAnfang an davon aus, dass die Lebensdauer ad infinitum fortgesetzt gilt, wobei ernur zwei wesentliche Fälle betrachtet:

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Investitionsre hnung 5 - 130 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

1. Nur die erste Anlage wird detailliert beschrieben. Für die bis ins Unendlichefortgesetzt gedachten Ersatzanlagen wird von deren äquivalenten Annuitätausgegangen. Dabei werden zwei Grundfälle unterschieden:

(a) Die erste Anlage besteht aus gleichförmigen jährlichenKosten plusAnschaffungsauszahlung und Liquidationserlös

(b) Die erste Anlage besteht aus jahresindividuellen jährlichen Kostenplus Anschaffungsauszahlung und Liquidationserlös

2. Die Kosten der Erstanlage und Ersatzanlage sind identisch, so dass es nurum die Wahl eines optimalen Ersatzzeitpunktes geht

Da Hax die Annuitäten miteinander vergleicht, sieht er sehr wohl das Problem,dass die entsprechenden Kapitalwerte nicht unbedingt ein eindeutiges Minimumhaben müssen, wenn die laufenden Betriebskosten zwar tendenziell ansteigen,aber gelegentlich wieder sinken können. Da die Betrachtungder Annuitäten imPrinzip äquivalent zu einer Betrachtung der Grenzkosten ist, kann durch einenreinen Vergleich der Grenzkosten nicht mit Sicherheit ein globales Minimum ge-funden werden. Im Folgenden seien einige Formeln kurz vorgestellt:

Fall 1a: Konstante Kosten pro Periode für die erste Anlage

Werden mitkn die gleichförmigen Kosten der Ersatzanlage in einer Periode t undder Annuitätenfaktor mit ANF bezeichnet, so lässt sich die äquivalente Annuitätcn der Ersatzanlage wie folgt bestimmen (Hax (1985), S. 46):

cn = kn + (I0 − Lqtn q−tn)ANF(tn; i),

wobei tn die Nutzungsdauer der Ersatzanlage bezeichnet. Diese äquivalente An-nuität wird nun zum Vergleich herangezogen. Die Kosten für die Erstanlage wer-den mit dem Indexa versehen. Sie ergeben sich analog aus den jährlichen Kostenminus dem verschmierten Liquidationserlös im Rahmen einertechnischen Nut-zungsdauerta. Der Liquidationszeitpunkt der ersten Anlage kann variiert werdenund danach gefragt werden, ob es sich lohnt im Zeitpunktt zu ersetzen oder dieerste Anlage bis zu ihrer technischen Nutzungsdauerta bei konstanten Kostenkapro Periode weiter zu betreiben (Annuität einheitlich überta (Hax (1985), S. 47)):

cn − Lqt q−t ANF(ta; i) ≤ ka − Lqta q

−ta ANF(ta; i)

Bei sofortiger Ersetzung giltt = 0 mit der äquivalenten Annuitätcn aus der Er-satzanlage minus dem erwarteten Liquiditätserlös aus der ersten Anlage. Sind die-se Kosten geringer als die Kosten aus einer Weiterbetreibung der ersten Anlage,

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Investitionsre hnung 5 - 131 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

so lohnt sich ein sofortiger Ersatz. Für einen vernachlässigbaren Liquidationserlösder Erstanlage gilt vereinfacht das Entscheidungskriteriumcn ≤ ka.

Fall 1b: Veränderliche Kosten pro Periode für die erste Anlage

Für den Fall variabler Kostenka,t der ersten Anlage (maximale Nutzungsdau-er ta) ist eine solch einfache Betrachtung nicht möglich. Der Kostenvorteil beieiner Verschiebung des Ersatzzeitpunktes vont − 1 auf t soll beurteilt werden.Dazu können die periodenabschnittsweisen Grenzkosten miteinander verglichenwerden. Das Problem ist wiederum, dass je nach Kostenstruktur mehrere lokaleMinima existieren können. Bis auf die Cashflows in den Periodent− 1 undt sindalle anderen Größen identisch (abt zählen nur diecn, bis t − 1 gelten die peri-odenverschiedenen Kosten der ersten Anlage). Somit sind nur die Kostengrößenin diesen beiden Zeitpunkten von Bedeutung (siehe Hax (1985), S. 48-50).

Zeitpunkt Ersatz in t− 1 Ersatz in tt− 1 ka,t−1 − Lq t−1 ka,t−1

t cn ka,t − Lq t

K0(t)−K0(t− 1) = Lqt−1 q−(t−1) + (ka,t − Lqt − cn) q

−t

= (ka,t − cn + (Lqt−1 − Lqt) + i Lqt−1) q−t

Bis auf den Umstand, dass die Vorzeichen umgekehrt sind und ein möglichst klei-ner Kapitalwert gesucht wird (bzw. der Ersetzungszeitpunkt liegt genau dann amEnde der Periodet− 1, wennK0(t− 1) ≤ K0(t) gilt oderK0(t)−K0(t− 1) ≥ 0erfüllt ist), ist dieses Kriterium ähnlich zu dem unter Betrachtung eines Grenzerlö-ses. Vorsicht ist dann geboten, wenn die Kosten der Anlage mit der Zeit nicht nurständig zunehmen, sondern vielleicht auch gelegentlich wieder sinken können.Als äquivalent zur Grenzkostenbetrachtung können die Kapitalwerte bei einemZeithorizont vonta (max. Nutzungsdauer) ausgewertet werden, wobei der Ersatz-zeitpunkt innerhalb vont ∈ [0, ta] variiert wird und der Rest bis zuta mit dencnaufgefüllt wird. Der optimale Ersatzzeitpunkt korrespondiert zum Minimum.

Fall 2: Bestimmung des Ersatzzeitpunktes bei identischen Anlagen

Der letzte Fall betrifft das Problem, wie die Ersatzdauer gewählt werden sollte,wenn die Anlagen oder Maschinen eine vollkommen gleiche Kostenstruktur be-sitzen (praktisch gesehen identisch sind). Zunächst wird der Kapitalwert für eineAnlage ermittelt und dann in eine Annuität umgewandelt, d.h.

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Investitionsre hnung 5 - 132 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

K0(tn) = I0 +tn∑

t=1

kt q−t − Lqtn q

−tn ⇒ cn = K0(tn)ANF(tn; i)

Schließlich wird diese Rente ins Unendliche fortgesetzt gedacht, so dass die Ren-

tenformelK0(∞) =cni

gilt. Werden die Grenzkosten bzw. der periodenbezoge-

ne Unterschied der Kapitalwerte betrachtet, so ist wiederum nur ein bestimmtesFenster von Bedeutung (Hax (1985), S. 54-58):

Zeitpunkt Ersatz in t− 1 Ersatz in tt− 1 kn,t−1 − Lq t−1 kn,t−1

t cn(tn = t− 1) kn,t − Lq t

t + 1 cn(tn = t− 1) cn(tn = t)

Wird nun die DifferenzK0(t)−K0(t− 1) gebildet, so ergibt sich:

K0(t)−K0(t− 1) = Lqt−1 q−(t−1) + (kn,t − Lqt − cn(tn = t− 1)) q−t

+∞∑

τ=1

(cn(tn = t)− cn(tn = t− 1)) q−(t+τ)

Da der letzte Term bis ins Unendliche läuft, egal wo der Startpunkt ist, entsprichter wiederum genau der Differenz der Kapitalwerte, muss aber, da er am Ende an-gehängt wird, folgerichtig diskontiert werden, also

∞∑

τ=1

(cn(tn = t)− cn(tn = t− 1)) q−(t+τ) = (K0(t)−K0(t− 1)) q−t,

so dass

(K0(t)−K0(t−1)) (1−q−t) = (kn,t+(Lqt−1−Lqt)+i Lqt−1−cn(tn = t−1)) q−t

Der Ersatzzeitpunktt ist nur dann optimal, wenn für die Differenz der Kapital-werteK0(t)−K0(t− 1) ≤ 0 gilt oder:

kn,t + (Lqt−1 − Lqt) + i Lqt−1 ≤ cn(tn = t− 1)

Bezogen auf den nächsten Zeitpunkt sollteK0(t+1)−K0(t) ≥ 0 erfüllt sein (lo-kales Minimum). Jedoch schließt das nicht aus, dass es einenspäteren Zeitpunktgibt, der vielleicht noch günstiger ist, wenn die Kosten in der Zeit abnehmen.Bei der Berechnung über Kapitalwerte ist praktisch gesehendas Minimum vonK0(∞) odercn entscheidungsrelevant in Abhängigkeit vontn.

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Investitionsre hnung 5 - 133 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Erweiterung auf den Fall stetiger Kostenfunktionen

Natürlich lassen sich die Betrachtungen auch anstellen, wenn anstatt diskreterZeitpunkte eine stetige Funktion angewendet wird. Die Anfangsauszahlung seiwie zuvorI0, die Kosten im Zeitpunktt seienk(t) und der Verkaufserlös seiLqt.Werden nun die Diskontfaktorenq−t durch die Exponentialfunktione−r t ersetzt,so gilt für den Kapitalwert der Kosten einer einzelnen Periode (Hax (1985), S.58-60):

K0(t) = I0 − Lqt e−r t +

t∫

t=0

k(t) e−r t dt

Der Kapitalwert einer unendlichen Reihe lässt sich wie gewohnt über eine un-endliche Summe bestimmen, wobei lediglich die Diskontfaktoren durch die Ex-ponentialfunktion ersetzt werden, d.h.K0(∞) =

∑∞m=0 K0(t) e

−mr t. Nun kannganz analog die Formel für die geometrische Reihe angewendet werden, indemeinfachq = e−r t gesetzt wird, also (da die abnehmende ExponentialfunktionimUnendlichen zu null wird)

K0(∞) =K0(t) (1− q∞)

(1− q)=

K0(t)

(1− q)=

K0(t)

(1− e−r t)

Erweitert um diesen Term in diskontierter Form (nun wird dieunendliche Reiheeinfach angehängt, so dass man sie diskontieren muss, obwohl sie gleich dem ge-samten Kapitalwert ist), ergibt sich (t ist nun frei):

K0(t) = I0 − Lqt e−r t +

t∫

t=0

k(t) e−r t dt+K0(∞) e−r t

Das Anknüpfen des TermsK0(∞) samt Diskontierung ist vollkommen konsis-tent, da dies äquivalent ist zum gesamten Kapitalwert, da:

K0(∞) = K0(t) +K0(t)

(1− e−r t)e−r t =

K0(t)

(1− e−r t)= K0(∞) , q.e.d..

Der optimale Ersatzzeitpunktt∗ ist dort, wo das Minimum liegt, also die erste Ab-leitung zu null wird, d.h.:

dK0(t)

dt= k(t) e−r t −

dLqt

dte−r t + r Lqt e

−r t − r K0(∞) e−r t = 0

bzw. durch Herausheben des Diskontfaktors schließlich:

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Investitionsre hnung 5 - 134 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

k(t∗)−dLqt∗

dt+ r Lqt∗ = r K0(∞) ,

was bedeutet, dass die Grenzkosten im Ersatzzeitpunkt der Verzinsung des Kapi-talwertes der nachfolgenden unendlichen Auszahlungsreihe entsprechen sollten.Man erkennt sehr gut die Analogie zum diskreten Fall. Das Gleiche lässt sichauch anders herleiten. Wie man sehen konnte, wurde in der obigen Ableitung vonder BeziehungdK0(∞)

dt= 0 ausgegangen, daK0(∞) explizit nicht vont abhängt.

Jedoch gilt damit die Beziehung „Grenzkosten in einer Periode = Verzinsung derRestkette“ (in Barwerten) implizit, wie sich kurz nachweisen lässt:

dK0(∞)

dt=

dK0(t)

dt

1

(1− e−r t)+ K0(t)

−r e−r t

(1− e−r t)2

=1

(1− e−r t)(dK0(t)

dt−K0(∞) r e−r t)

!= 0 ⇒

dK0(t∗)

dt= K0(∞) r e−r t∗ .

5.10 Investitionsprogramments heidungen

Stehen mehrere Investitionsentscheidungen an und mehrereInvestitionen oder Fi-nanzierungen zur Auswahl, gelingt ein einfacher Vorteilhaftigkeitsvergleich nichtwie z.B. auf Basis interner Zinssätze oder von Kapitalwerten. Dies auch deshalb,weil es sich um einen unvollkommenen Kapitalmarkt handelt,d.h. es existiertkein flacher Zinsi mehr, der in allen Perioden identisch ist, sondern die Zins-füße it ∀ t können in jeder Periode unterschiedlich sein und sind gerade überdie Grenzzinsfüße des gekoppelten Investitionsprogrammsdefiniert, ergeben sichalso als Kuppelobjekte bei der Lösung des Problems. Meist ist eine Bandbreitedefiniert, in der der Zins liegen kann wie z.B. zwischen dem Haben- bzw. demSollzinssatz für Geldanlagen bzw. Kreditaufnahmen, wenn keine Limits gelten.Da durch die Lösung des Problems die vorteilhaften Projektebereits festliegen,ist die Berechnung der Kapitalwerte im Prinzip entbehrlich. Die Lösungsmetho-den für Investitionsprogramme wurden durch die Arbeiten von Hax (1964) undWeingartner (1963) entscheidend vorangebracht. Dabei wurden insbesondere li-neare Gleichungssysteme betrachtet, wie sie üblicherweise in der Betriebswirt-schaft anfallen, d.h. als Variablen werden die entsprechenden Investitions- undFinanzierungsobjekte gewählt und die Zahlungsflüsse dieser Objekte sind gege-ben, können aber durchaus auf Basis nichtlinearer Berechnungen bestimmt wor-den sein. In Erscheinung tritt hingegen nur die numerische Vielfachheit dieserObjekte, so dass das Gleichungssystem linear ist. Dies setzt voraus, dass bei In-vestitionsobjekten die Produktionsentscheidungen vorabgefällt sind und sich derZahlungsfluss sicher bestimmen lässt. Dies ist aber nicht mehr der Fall, wennman gekoppelte Investitions- und Produktionsprogramme betrachtet. Hier sind die

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Investitionsre hnung 5 - 135 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Investitions- und Produktionspläne interdependent und, sollte man nicht nur auflineareLeontief-Produktionsfunktionen zurückgreifen, meist auch nichtlinear. Danichtlineare Lösungsmethoden hingegen nicht derart einfach lösbar sind wie z.B.mit linearer Programmierung auf Basis des Simplex-Verfahrens, werden solcheMethoden in der Einführungsliteratur meist nicht behandelt. Der Autor dieser Zu-sammenschrift hat jedoch eigene Erfahrungen auf diesem Gebiet. Diese Erfah-rungen sollen in diesem Kapitel dem interessierten Leser näher gebracht werden,wobei gleichzeitig die entsprechenden Lösungsschritte inMathematica präsentiertwerden. Interessant ist nämlich, dass sowohl die lineare wie auch nichtlineare Op-timierung auf der konvexen Optimierung basieren, so weit die Zielfunktion alsauch die Restriktionen konvexe Funktionen darstellen. Dieses Verfahren wurdebereits in einem eigenen Kapitel 4.1 vorgestellt. Sind die Funktionen konvex, soexistiert immer ein klar definiertes und eindeutiges globales Minimum. Natürlichist das Simplex-Verfahren extrem effizient und erlaubt Lösungen bis zu mehrerenTausend an Unbekannten und wird daher vielfach favorisiert. Lösungsmethodenauf Basis der nichtlinearen Optimierung können ebenso mit leistungsfähigen Lö-sungsmethoden gelöst werden, sind aber in der Natur der Sache nicht so effizientund vor allem nicht so schnell lösbar wie lineare Problemstellungen. Wer Genau-eres über solche Verfahren erfahren will, der lese bitte Bertsekas (1999), Nash u.Sofer (1996) oder das entsprechende Kapitel inHandbooks in Operations Rese-arch and Management Science (1989), Volume 1, Optimization, Amsterdam.

Im Rahmen dieser kleinen Einführung soll Mathematica als Lösungsplattformverwendet werden, in dem entsprechende Lösungsmethoden bereits implemen-tiert sind. Da es in der Regel nicht sinnvoll ist, Investitionsprogrammentscheidun-gen mit Tausenden von Variablen zu lösen, ist die Anwendbarkeit der nichtlinea-ren konvexen Optimierung auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft wesentlich größerals in der reinen Produktionswirtschaft.

5.10.1 Vermögensmaximierung

Um eine Optimierung durchzuführen, bedarf es einer Zielfunktion und bestimmterNebenbedingungen. Wie bereits in Kapitel 5.3 kurz angerissen wurde, unterschei-det man häufig die Vermögensmaximierung, die in die zwei Sonderfälle Barwert-maximierung und Endwertmaximierung unterteilbar ist, unddie Einkommens-maximierung. Im Folgenden werden diese Optimierungsmodelle kurz vorgestellt,wobei auf eine Vektordarstellung zurückgegriffen wird. Das Vermögensmaximie-rungmodell lässt sich formulieren wie folgt (Hering (2008), S. 144):

maxG,x

w ·G G ∈ R+n+10 , x ∈ R

+m0 , w ∈ R

n+1

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Investitionsre hnung 5 - 136 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

unter den Nebenbedingungen:

−H · x +G ≤ b H ∈ Rn+1×m, b ∈ R

n+1

x ≤ xmax xmax ∈ R+m0

G ≥ 0, x ≥ 0

Nach der Zielfunktion soll das Vermögen, das sich über die EntnahmenG zu deneinzelnen Zeitpunktent ∈ [0, n] ermitteln lässt (es handelt sich also um einenVektor, dern + 1 Komponenten besitzt), maximiert werden. Dazu werden dieEntnahmen mit einem Präferenzvektorw multipliziert und über alle Zeitpunkteaufaddiert (was hier deutlich wird über das Skalarprodukt,da für zwei Vektorena,b ∈ R

n gilt: a · b =∑n

i=1 ai bi). Es werdenm verschiedene Investitions-und Finanzierungsobjekte betrachtet, deren Vielfachheitüber den Vektorx de-finiert ist. Deren Zahlungsreihen sind über die MatrixH definiert, wobei Aus-zahlungen positives Vorzeichen und Einzahlungen negatives Vorzeichen in denentsprechenden Zahlungskomponenten innerhalb der Restriktionen besitzen. DerVergleichsoperator≤ gilt dabei komponentenweise, d.h. bei einem Vektora ≤ b

mit a,b ∈ Rn gilt: ai ≤ bi ∀ i ∈ [1, n]. b gibt fixe sogenannte autonome Basis-

zahlungen an, die bereits festliegen. Fürbi < 0 kann es sich um fixe Entnahmenund beibi > 0 um fixe Kapitalzuführungen handeln. Wie bereits in Kapitel 5.3erläutert wurde, können spezielle Entnahmewünsche einfach über diesen Vektorberücksichtigt werden, indem z.B. fixe Entnahmen oder ein fixer Endwert danna priori abgezogen werden.G undx stellen positive Größen dar.xmax bedeutenobere Schranken für die Objektex, die z.B. auf Grund technologischer Grenzenoder restriktiver Finanzkontrakte definiert sein können. Für den Fall der Barwert-maximierung besitzt der Präferenzvektorw die Gestaltw = [1, 0, . . . , 0] und fürden Fall der Endwertmaximierung entsprechendw = [0, . . . , 0, 1]. Ein sehr einfa-cher Fall, bei dem die Präferenz in jedem Zeitpunktt gleich ist, wäre z.B. definiertüberw = [1, 1, . . . , 1]. Um aus diesem Vermögensmaximierungsmodell das dazugehörige Dualproblem abzuleiten, wird zunächst dieLagrange-Funktion gebildet.

Sie lautet (da es sich um ein Minimum handelt, wirdw ·G mit einem negativenVorzeichen integriert):

L(G,x) = −w ·G+ d · (−H · x+G− b) + u · (x− xmax)

wobei die beiden Dualvariablend undu eingeführt wurden.G undx sind die un-abhängigen Variablen des entsprechenden Minimierungsproblems. Es gelten dieKuhn-Tucker-Bedingungen:

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Investitionsre hnung 5 - 137 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

d · (−H · x +G− b) = 0 ,

u · (x− xmax) = 0 ,

wie in Kapitel 4.1 allgemein dargestellt wurde. Um nun daraus das entsprechendeDualproblem herleiten zu können, werden als unabhängige Variablen dieLagran-ge-Multiplikatoren des Dualproblemsd undu gewählt, während die Primalvaria-blenx undG nun die Funktion derLagrange-Multiplikatoren des Dualproblemserfüllen. Dies gelingt über eine einfache Umordnung der Variablen:

L(d,u) = −d · b− u · xmax + x · (−HT · d+ u) +G · (−w + d)

Nun sindd undu die unabhängigen Variablen des entsprechenden Maximierungs-problems.HT ist die Transponierte der MatrixH, d.h. die Zeilen und Spalten sindgerade vertauscht. Die gültigenKuhn-Tucker-Bedingungen des Dualproblems lau-ten mithin:

x · (−HT · d+ u) = 0

G · (−w + d) = 0 ,

Da sich bei der Umformung vom Primal- zum Dualproblem die entsprechendenVergleichsoperationen gerade umkehren und dieLagrange-Funktion nun bezüg-lich der Dualvariablen maximiert werden muss, resultiert daraus das folgende Op-timierungsproblem:

mind,u

d · b+ u · xmax d ∈ R+n+1m , u ∈ R

+m0

unter den Nebenbedingungen:

−HT · d+ u ≥ 0 H

T ∈ Rm×n+1

d ≥ w w ∈ R+n+1

d ≥ 0, u ≥ 0

Aus denKuhn-Tucker-Bedingungen des Primalproblems können wir herleiten,dass entweder−Htj · xj + Gt < bt mit dt = 0 gilt oder−Htj · xj + Gt = bt mitdt > 0 erfüllt sein muss. Da es sich bei den Entnahmen immer um Residualgrößenhandelt, die ja maximiert werden sollen, sollte im Prinzip immerdt > 0 gelten,d.h. ökonomisch sinnvolle Lösungen sind immer mit positiven Dualvariablendtverbunden. Aus denKuhn-Tucker-Bedingungen des Dualproblems folgtdt ≥ wt.Es gilt danach entwederGt > 0 unddt = wt oderGt = 0 unddt > wt. Bei posi-

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Investitionsre hnung 5 - 138 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

tiven EntnahmenGt sind die Dualvariablendt somit identisch zu denwt. Diewt

geben dabei immer die unterste Grenze an. Dadt den Schattenpreis für eine weite-re Einheit Geld repräsentiert, wird nur dann eine Entnahme getätigt, wenn dieserSchattenpreis gerade den Präferenzwertwt erreicht (sonst ist eine Geldeinheit ineiner Periode, die im System verbleibt, mehr wert). Ähnliche Überlegungen las-sen sich für die zweite Gruppe anKuhn-Tucker-Bedingungen anstellen. Handeltes sich bei dem Objektxj um ein Grenzobjekt, d.h.xj < xmax

j oder istxj gleichnull, dann mussuj null sein. In diesem Fall folgt aus derKuhn-Tucker-Bedingungdes Dualproblems−H

Tjt dt = 0 für xj > 0 (Grenzobjekt, Kapitalwert null). Nur

im Fallexj = 0 gilt hier −HTjt dt > 0 (verworfen, Kapitalwert negativ). Für den

Fall, dass das Objektxj die Grenzexmaxj voll ausschöpft, gilt offenbaruj > 0 und

damituj = HTjt dt (voll realisiert, Kapitalwert positiv).

Die für das (LP)-Lösungsschema von Bedeutung seienden Schlupfvariablen tre-ten nicht unmittelbar hervor. Sie können aber nachträglicheingeführt werden. Sokann man entsprechende Schlupfvariablen in dieKuhn-Tucker-Bedingungen desPrimal- und Dualproblems einführen:

d · (−H · x +G+ y − b) = 0 , ⇒ d · y = 0

u · (x+ s− xmax) = 0 , ⇒ u · s = 0

x · (−HT · d+ u− µµµ) = 0 ⇒ x · µµµ = 0

G · (−w + d− ǫǫǫ) = 0 , ⇒ G · ǫǫǫ = 0

Generell lassen sich daraus die gleichen Folgerungen ziehen wie oben beschrie-ben. Was man außerdem sehen kann, ist, dass nach dem Satz des komplementärenSchlupfes entweder die Schlupfvariablen des Primalproblems oder die Dualva-riablen null sind bzw. entweder die Schlupfvariablen des Dualproblems oder diePrimalvariablen null sind. Somit sind diese Größen gerade zueinander komple-mentär. Während die Schlupfvariablen für die lineare Programmierung essenziellsind, um Gleichungssysteme in Gleichungsform zu gewinnen,können diese mitden Verfahren der konvexen Optimierung durch eine Nachfolgerechnung nach-träglich ermittelt werden. Sind nämlich die optimalen Dual- bzw. Primalvariablenbekannt, lässt sich das Gleichungssystem so umformen, dassgerade die Koef-fizientenmatrix eines Simplex-Verfahrens resultiert, wobei die dabei ermitteltenSchattenpreise im Sinne einer marginalen Rechnung gerade die Grenzgewinneoder Grenzverluste darstellen, wenn die ausgenutzten Kapazitäten um eine Ein-heit erweitert werden. Dies soll später etwas genauer dargestellt werden.

Offenbar gilt mitd ≥ w auchdt ≥ 0 ∀ t, so weit diewt alle positiv sind, was

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Investitionsre hnung 5 - 139 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

vorausgesetzt werden kann.

Werden die einperiodischen Ergänzungsfinanzierungen

Htj∗ xj∗ = (. . . , Ft,−Ft qH , . . . ) undHtj∗∗ xj∗∗ = (. . . ,−KRt,KRt qS, . . . )

integriert, so ergeben sich über dieKuhn-Tucker-Bedingungen die Beziehungen:

dt − dt+1 qH ≥ 0−dt + dt+1 qS + uj∗∗ ≥ 0

wobei qH der Habenzinsfaktor,qS der Sollzinsfaktor undut j∗∗ die Dualvaria-ble für das Kreditlimit ist (während Geldanlagen üblicherweise keiner Begren-zung unterliegen). Also gilt offenbardt−1 ≥ dt qH ≥ dt als untere unddt−1 ≤dt qs+uj∗∗ als obere Grenze fürdt−1, d.h. diedt nehmen also im Zeitverlauf nichtzu. Offenbar gilt für den tatsächlich realisierten Wert dieBeziehungdt−dt+1 (1+it,t+1) = 0, d.h. der Terminzinssatzit−1,t als Grenzzinsfuß ist über die Beziehung

it−1,t =dt−1

dt− 1

definiert. Die Abzinsungsfaktoren ergeben sich über eine wiederholte Anwendungdieser Formel, denn:

ρt = (1 + i0,1)−1(1 + i1,2)

−1 · · · (1 + it−1,t)−1 =

d1d0

d2d1

· · ·dtdt−1

=dtd0

bzw. analog der gültige Aufzinsungsfaktord0dt

. Eine ganz einfache Regel ist, dass

im Nenner immer der Dualfaktor steht in Bezug auf den Zeitpunkt, auf den mangerade verzinsen will, während im Zähler der Dualfaktor steht,„von wo es her-kommt“. Die endogenen Grenzzinsfüße sind also implizit über die Dualfaktorendt bestimmt. Mit Hilfe dieser Grenzzinsfüße lassen sich z.B. auch die Kapitalwer-te ermitteln und man wird feststellen, dass alle realisierten Objekte einen positivenKapitalwert und alle nicht realisierten Objekte einen negativen Kapitalwert besit-zen. Für die Objekte, die zwar realisiert, aber nicht ausgeschöpft werden (für diealso die obere Grenze nicht erreicht wird), ist der Kapitalwert null, d.h. es handeltsich um ein Grenzobjekt. Die Menge der gültigen Grenzobjekte definiert dabeigerade die Grenzzinsfüße (hier Länge Vektord ≡ Anzahl Grenzobjekte), wobeies nicht immer so einfach ist, dass sich ein Grenzzinsfuß klar einem bestimmtenGrenzobjekt zuordnen ließe. Daher kann es sein, dass ein Grenzzinsfuß als Misch-zinsfuß über mehrere Grenzobjekte definiert ist, so weit diese z.B. über mehrere

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Investitionsre hnung 5 - 140 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Perioden reichen und nicht einer Periode direkt zurechenbar sind. Um diese Aus-sagen nachzuweisen, genügt es sich nur die beidenKuhn-Tucker-Bedingungenu ·(x−xmax) = 0 undx ·(−H

T ·d+u) = 0 näher zu betrachten. Ein Grenzobjektist durch0 < xj < xmax

j definiert. Dann muss aberuj gleich null sein. Folglichgilt dann−H

Tj · d = 0. Wird eine Division durchd0 durchgeführt, ist dies gleich-

bedeutend mit−HTj ·ρρρ und dies ist nichts anderes als der Kapitalwert der entspre-

chenden Zahlungsreihe. Also ist der Kapitalwert null, während fürxj = xmaxj uj

einen positiven Wert annehmen muss. Die analoge Betrachtung führt dann auf das

Ergebnis, dassK0 j =uj

d0gerade den Kapitalwert des entsprechenden ausgelaste-

ten Objekts bestimmt. Im Optimum mussw·G = d·b+u·xmax gelten, wenn mandie entsprechenden Zielfunktionen des Primal- und Dualproblems gleichsetzt. Ei-ne Division durchd0 führt auch hier zu der Darstellungw

d0·G = ρρρ ·b+K0 ·x

max.Da nach den entsprechendenKuhn-Tucker-Bedingungen für alleGt > 0 auchdt = wt gelten muss, lässt sich daraus die einfache Formel

ρρρ ·G = ρρρ · b+K0 · xmax

herleiten, d.h. die diskontierte Summe der Entnahmen entspricht der diskontiertenSumme der autonomen Basiszahlungen plus der Kapitalwerte der voll ausgelaste-ten Objekte. Daraus lässt sich um Umkehrschluss auch die Folgerung ziehen, dassfür bt = 0 ∀ t nicht nur Grenzobjekte vorhanden sein dürfen. Denn sonst wäre dieSumme der diskontierten Entnahmen gerade null.

5.10.2 Einkommensmaximierung

Ein weiterer Spezialfall der Optimierung ergibt sich, wennman in jeder Periodeeinen bestimmten Betrag abzieht. Feststehende Konsumentnahmen in einzelnenZeitpunkten kann man berücksichtigen, indem man diese vorteilhafterweise imRahmen des Basiszahlungsstromsb integriert. Man spricht in diesem Fall von ei-ner Einkommensmaximierung. Hier ergibt sich ein Flaschenhalsproblem, d.h. dieengste Restriktion definiert die Höhe des Einkommensstroms. Gleichzeitig sindaber auch die anderen Objekte variabel und werden maximal ausgereizt. Das Op-timierungsproblem lässt sich wie folgt formulieren (Hering (2008), S. 161):

maxEN,x

EN EN∈ R+0

−H · x + ENw ≤ b x ∈ R+m0 , b ∈ R

+n+10 , H ∈ R

n+1×m

x ≤ xmax xmax ∈ R+m0

x ≥ 0, EN ≥ 0.

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Investitionsre hnung 5 - 141 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Als Zielfunktion soll der EinkommensstromEN maximiert werden. Innerhalb je-der Periode kann mit einem Präferenzvektorw eine spezielle Entnahmepräferenzberücksichtigt werden. Auch hier existieren eine Reihe an linearen Investitions-und Finanzierungsobjekten, deren Cashflows über die MatrixH definiert sind. Dieeinzelnen Variablenxj ∈ [1, m] können nur positive Werte annehmen und es exis-tieren obere Schrankenxmax. In den Liquiditätsnebenbedingungen kann ein be-reits feststehender Basiszahlungsstromb vorgegeben werden, dessen Bedeutungvergleichbar ist mit dem aus dem Vermögensmaximierungsmodell. Üblicherwei-se istw0 = 0, d.h. zum Zeitpunktt = 0 erfolgt keine Entnahme. Normalerwei-se dürften diewt allesamt positive Werte annehmen, wobei null zugelassen ist.Nimmt nur eine bestimmte Komponente einen bestimmten Wert an, so ergibt sichals Spezialfall ein Vermögensmaximierungsmodell, fürwn = 1 z.B. eine End-wertmaximierung. Von Bedeutung sind also nur Fälle, in denen mindestens zweiwt von null verschiedenene Werte annehmen. DieLagrange-Funktion lässt sichwie folgt formulieren:

L(EN,x) = −EN+ d · (−H · x+ ENw − b) + u · (x− xmax) ,

wobeiEN undx die unabhängigen Variablen darstellen. Das entsprechendeDu-alproblem lässt sich durch Umformung derLagrange-Funktion wie folgt bestim-men:

L(d,u) = −d · b− u · xmax + x · (−HT · d+ u) + EN (−1 + d ·w) ,

wobei nun die Dualvariablend ∈ R+n+10 undu ∈ R

+m0 die unabhängigen Varia-

blen darstellen. Daraus resultiert das folgende Optimierungsproblem:

mind,u

d · b+ u · xmax d ∈ R+n+10 , u ∈ R

+m0

−HT · d+ u ≥ 0 H

T ∈ Rm×n+1

d ·w ≥ 1

d ≥ 0, u ≥ 0.

Um es noch einmal kurz zusammenzufassen, gelten die folgendenKuhn-Tucker-Bedingungen des Primal- und Dualproblems

d · (−H · x + ENw− b) = 0EN (−1 + d ·w) = 0

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Investitionsre hnung 5 - 142 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

u · (x− xmax) = 0x · (−H

T · d+ u) = 0

Auch hier lassen sich natürlich Schlupfvariablen integrieren, so dass folgt:

d · (−H · x + ENw− b+ y) = 0 ⇒ d · y = 0EN (−1 + d ·w− ǫ) = 0 ⇒ ENǫ = 0u · (x− xmax + s) = 0 ⇒ u · s = 0x · (−H

T · d+ u− µµµ) = 0 ⇒ x · µµµ = 0

Es lassen sich auch hier bestimmte Folgerungen ziehen. Da die Gleichungen be-züglich des Objektvektorsx vergleichbar sind zum Vermögensmaximierungsmo-dell, sei auf Kapitel 5.10.1 verwiesen. Ökonomisch sinnlose Lösungen wiedt = 0werden trotz eines Flaschenhalseffektes kaum auftreten, wenn die entsprechendeLiquiditätsnebenbedingung voll ausgeschöpft wird. Diedt werden jedoch peri-odenindividuell jeweils nach der Liquiditätsgewichtung angepasst. Es ergibt sichaus derKuhn-Tucker-Bedingung des Dualproblems, dass die mit dem Präferenz-vektorw gewichtete Summe sämtlicherdt > 0 Eins ergibt. Durch Division mitd0folgt offenbarρρρ ·w = 1

d0.

ρρρ · w lässt sich als Rentenbarwertfaktor interpretieren, wobeider Vektorw dieKonsumpräferenz angibt. Folglich entsprichtd0 = 1

ρρρ·w dem verallgemeinertenAnnuitätenfaktorANF (siehe Kapitel 3.7). Werden die Zielfunktionen des Primal-und Dualproblems gleichgesetzt, so ergibt sich im Optimum:

EN = d · b+ u · xmax

und durch Erweiterung mitd0 entsprechend:

EN = (ρρρ · b+K0 · xmax)ANF,

d.h. der Kapitalwert wird auf Periodenzahlungen verschmiert und nimmt dabei jePeriode gerade die HöheEN an.

„Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Barwertmaximierung und Ein-kommensmaximierung auf Grund einer frühzeitigen Entnahmegerade bei sehrhohen Beträgen meist nur kreditfinanzierte Lösungen in den Anfangsperiodenerlaubt, so dass diese eher kritisch zu beurteilen sind. Solche Lösungen lassensich durch die Einführung zusätzlicher Nebenbedingungen ausschließen, wenndadurch z.B. die Ausschüttungen fortgeschrieben und begrenzt werden“ (Hering(2008), S. 165). Die Endwertmaximierung besitzt diese Schwächen nicht undstellt auch ökonomisch die beste Lösung dar, da das Geld im Unternehmen ver-

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Investitionsre hnung 5 - 143 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

bleibt und dort „arbeiten“ kann.

5.10.3 Das Simplex-Verfahren

Als gängige Lösungsmethode für ein Gleichungssystem mit einer linearen Ziel-funktion unterm linearen Nebenbedingungen bietet sich das Simplex-Verfahrenan. Das Simplex-Verfahren sei an einem einfachen Beispiel erläutert. Dabei gehenwir von der Grundstruktur eines primalen Problems aus in derForm:

max c · x

unter den Restriktionen:

H · x− b ≤ 0

Eine einfache Struktur hat ein Beispiel dann, wenn die Zielfunktionskoeffizientenc ≥ 0 und die Schrankenb ≥ 0 positiv sind. Negative Schrankenbt ≤ 0 würdennur sinnvoll sein, wenn es gelänge, „Kredit“ zu machen und diesen auf anderePerioden mit positivenbt > 0 abzuwälzen. Existieren≤-Nebenbedingungen mitsämtlich nicht-negativen Koeffizienten, so erübrigt sich zudem ein anfänglicherOptimierungsschritt, um eine zulässige Basislösung zu finden, da der Nullvektorim Objektraum eine zulässige Basislösung ergibt. Ansonsten ist eine neue Basiszu suchen, die zulässig ist (Das ist aber nur nötig bei einer Handrechnung! EinProgramm wie Mathematica macht das automatisch, versteht also auch negativeWerte auf der rechten Seite).

Im Folgenden wird einführend ein einfaches Beispiel aus demProduktionsbereichpräsentiert (Corsten u. a. (2005), S. 14, S. 52 ff.). Es seienzwei Rohstoffe vorhan-den,rA undrB, und zwei Produkte,x1 undx2. Der Rohstoffverbrauch/Stck. wärerA1 = 10 undrB1 = 40 für Produktx1 und entsprechendrA2 = 10 undrB2 = 20für Produktx2. Als Obergrenzen für die Rohstoffe seien 1000 Einheiten vonRoh-stoff A und 2800 Einheiten von Rohstoff B vorhanden. Als Zielfunktionskoeffi-zienten seien die Deckungsbeiträge für Produkt 1 mitc1 = 30 und Produkt 2 mitc2 = 20 gegeben. Außerdem sollen von Produkt 2 nicht mehr als 80 Exemplarehergestellt werden. Damit ergibt sich das folgende Gleichungssystem:

max 30 x1 + 20 x2 unter den Nebenbedingungen:

10 x1 + 10 x2 ≤ 100040 x1 + 20 x2 ≤ 2800

x2 ≤ 80

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Investitionsre hnung 5 - 144 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

x1, x2 ≥ 0

Um dieses Problem mit dem Simplex-Verfahren zu lösen, werden zuerst eine Rei-he an Schlupfvariablen eingeführt. Wie für die Variablenx1 undx2 des Systems,sind die Schlupfvariablen positiv. Da es sich um≤-Nebenbedingungen handelt,werden die Schlupfvariablen daher auf der linken Seite des Gleichungssystemseingefügt:

H · x+ y = b

Wir wollen diesen mity0, y1 undy2 bezeichnen. Werden die Variablen des Sys-temsx1 undx2 zu null gesetzt, so besitzen die Schlupfvariableny einen positivWert b und werden zu Beginn als Basisvariablen gewählt. Diex sind die Nicht-basisvariablen und haben zu Beginn einen Wert von null.

Das Simplex-Anfangstableau besitzt die folgende Gestalt:

BV x1 x2 y0 y1 y2 RSy0 10 10 1 0 0 0 1000y1 40 20 0 1 0 0 2800y2 0 1 0 0 1 0 80Ziel −30 −20 0 0 0 1 0

Hier wurden die Zielfunktionskoeffizienten mit negativen Werten eingetragen.Um eine quadratische Einheitsmatrix mit vier Spalten und vier Zeilen zu erzeu-gen, wurde in der vorletzten Spalte ein Einheitsvektor mit einer Eins auf der Höheder Zielfunktionskoeffizienten eingefügt. Das Simplex-Verfahren versucht nun an-hand eines optimalen Pfades eine Lösung zu finden. Dazu wird zunächst die Spaltegewählt, die das höchste Potential anzeigt. Offenbar hat die erste Spalte mit einemZielfunktionskoeffizient von30 das höchste Potential, da die Steigerung des Ziel-funktionswertes am größten ist (30). Nun muss die richtige Zeile für den erstenPivotschritt gewählt werden. Dazu wird gefragt, welche Nebenbedingung als ers-tes ausgeschöpft wird und damit bindend ist. Dies kann man testen, indem maneinfach die Rohstoffgrenzen durch die Rohstoffverbräucheteilt und schaut, wel-cher Quotient am geringsten ist. Diese Zeile ist nämlich zuerst bindend und wirddaher gewählt. Es kann natürlich passieren, dass mehrere Quotienten zugleich mi-nimal sind, ebenso wie es auch gleiche maximale Zielfunktionskoeffizienten ge-ben kann. Dann wählt man einfach bestimmte Zeilen und Spalten aus dieser Men-ge aus. Die Rechnung iteriert sich zur richtigen Lösung, so weit es sich um eine„normale“ Aufgabenstellung handelt (zum Beispiel keine primale Entartung, beider an einer Ecke des konvexen Bereiches mehrere Nebenbedingungen bindendsein können. Man erkennt dies daran, dass bestimmte Basisvariablen einen Wert

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von null besitzen, obwohl sie Basisvariablen sind). In dieser Aufgabenstellung istdie zweite Zeile maßgebend.

BV x1 x2 y0 y1 y2 RSy0 10 10 1 0 0 0 1000/100

y1 40 20 0 1 0 0 2800/70y2 0 1 0 0 1 0 80/∞

Ziel -30 −20 0 0 0 1 0

Der nächste Schritt ist nun, eine Einheitsspalte zu erzeugen. Dazu wird zunächstdie zweite Zeile durch den Pivotkoeffizienten40 geteilt, so dass dort eine Einssteht. Außerdem wird die Schlupfvariabley1 aus der Basisvariablenspalte entferntund mitx1 getauscht. Daraus folgt zunächst:

BV y1 x2 y0 y1 y2 RSy0 10 10 1 0 0 0 1000

x1 1 0.5 0 0.025 0 0 70y2 0 1 0 0 1 0 80

Ziel -30 −20 0 0 0 1 0

Um nun eine Einheitsspalte zu erzeugen, wird einfach dasx-fache der zweitenZeile derart von den anderen Zeilen subtrahiert, dass in deneinzelnen Zeilen inder maßgebenden Spalte nur Nullen stehen. Man spricht auch von einemGauß-Jordan-Schritt. Dies ergibt schließlich nach Ende des ersten Simplex-Schrittes dasfolgende Tableau:

BV y1 x2 y0 y1 y2 RSy0 0 5 1 −0.25 0 0 300

x1 1 0.5 0 0.025 0 0 70y2 0 1 0 0 1 0 80

Ziel 0 −5 0 0.75 0 1 2100

In der rechten Ecke steht der momentane Zielfunktionswert:2100. Allerdings gibtes noch einen negativen Koeffizient in der Zielfunktionswertzeile. Also wird einneuer Schritt angeschlossen.

BV y1 x2 y0 y1 y2 RSy0 0 5 1 −0.25 0 0 300/60x1 1 0.5 0 0.025 0 0 70/140y2 0 1 0 0 1 0 80/80

Ziel 0 -5 0 0.75 0 1 2100

Dieses Mal ist die erste Zeile maßgebend, da die60 minimal ist. Zunächst wirdwieder eine1 in den Schnittpunkt der maßgebenden Zeile und Spalte gebracht:

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Investitionsre hnung 5 - 146 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

BV y1 y0 y0 y1 y2 RSx2 0 1 0.2 −0.05 0 0 60x1 1 0.5 0 0.025 0 0 70y2 0 1 0 0 1 0 80

Ziel 0 -5 0 0.75 0 1 2100

Schließlich wird eine Einheitsspalte erzeugt:

BV y1 y0 y0 y1 y2 RSx2 0 1 0.2 −0.05 0 0 60x1 1 0 −0.1 0.05 0 0 40y2 0 0 −0.2 0.05 1 0 20

Ziel 0 0 1 0.5 0 1 2400

Damit ist zugleich die Lösung gefunden, da es keine weiterennegativen Zielfunk-tionskoeffizienten gibt. Der resultierende Zielfunktionswert ist2400. Dort, wo ei-ne Einheitsspalte vorhanden ist, kann man den endgültigen Wert direkt ablesen,wie hier:x2 = 60, x1 = 40 undy2 = 20. Day2 eine Schlupfvariable ist, erkenntman, dass die dritte Nebenbedingung nicht bindend ist. Es bleiben20 Einheitenübrig. Die anderen Spalten enthalten die Simplex-Tableaukoeffizienten. D.h. da-mit wird angezeigt, in welche Richtung sich die Werte der rechten Seite bewegen,wenn z.B. eine Einheity0 odery1 zusätzlich zur Verfügung stünde. Wird nämlichnun einfach das komplette Verfahren wiederholt, wobei lediglich die rechte Sei-temax rB anstatt auf2800, auf 2801 gesetzt wird, so ergibt sich als rechte SeiteRS nun: {59.95, 40.05, 20.05}. Dies entspricht einer Änderung in Bezug auf dietatsächliche Lösung von {−0.05, 0.05, 0.05} und entspricht offenbar genau dery1-Spalte. Da in der Zielfunktionswertzeile dort eine0.5 steht, kann man außerdemannehmen, dass sich der Zielfunktionswert bei einer Einheit y1 mehr auf2400.5erhöhen wird, was direkt überprüfbar ist, da30 · 40.05 + 20 · 59.95 = 2400.5ist. Wird das Gleiche für diey0-Spalte durchgeführt, so findet man bei1001 an-statt1000 Einheiten fürmax rA das Ergebnis {60.2, 39.9, 19.8}, was einer Än-derung von {0.2,−0.1,−0.2} entspricht. Außerdem ist dann der Zielfunktions-wert 2401, was eine Änderung gerade von1 ergibt, wie man auch anhand derZielfunktionswertzeile sehen kann! Damit wird die Bedeutung der Matrix rechtklar. Die einzelnen Größen in der Zielfunktionswertzeile bezeichnet man auchals Schattenpreise. Die Schattenpreise sind aber nur gültig für die Optimallösung,d.h. werden die Rohstoffmengen gerade so variiert, dass vielleicht nun die dritteNebenbedingungx2 = 80 bindend wird, so ändert sich natürlich auch die Op-timallösung, d.h. die bindenden Nebenbedingungen ändern sich. Die betrachteteÄnderung ist daher nur infinitesimal oder marginal, d.h. siegilt nur in diesemspeziellen Zielpunkt und gilt nur solange absolut, wie die Optimallösung nichtumstrukturiert wird. Praktisch gesehen gibt es damit ein Verfahren, die Matrix

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der Simplex-Tableaukoeffizienten zu bestimmen, indem man eine winzige Per-tubation der Ausgangsgleichungen (alte RS) durchführt undschaut, in welcheRichtungen sich die Werte der rechten Seite bewegen (neue RS). Das ist aller-dings mühsam, denn es braucht praktisch gesehen genau so viele Auswertungendes Simplex-Verfahrens wie es neue Nichtbasisvariablen gibt. Es gibt aber eineMöglichkeit, die Koeffizientenmatrix in nur einem Schritt zu bestimmen, wenndie Optimallösung bekannt ist. Da z.B. Mathematica im Rahmen der FunktionFindMinimum [· · · ] nur die Lösungsvariablen auswirft, müssen wir in der Lagesein praktisch über eine Nachlaufrechnung die Koeffizientenmatrix zu ermitteln.Wie das gelingt, soll im Folgenden kurz erläutert werden.

Dazu wird die Beobachtung ausgenutzt, dass sich das Simplex-Tableau zu Beginnder Rechnung als:

An0 · x+ Ab0 · y = b ⇒ An0 · x+ E · y = b0 ⇒ An0 · xNBV+ E · xBV = b0

schreiben lässt.x ist der Objektvektor.An ist der entsprechende Vektor der Ko-effizienten der Ausgangsmatrix.y ist der Vektor der Schlupfvariablen undAb istzu Beginn gleich der EinheitsmatrixE. Offenbar handelt es sich bei der MatrixAb um eine quadratische Matrix, da sie genau so viele Zeilen wieSpalten enthält,soweit in der letzten Zeile der KoeffizientenmatrixAn die negativen Zielfunkti-onskoeffizienten und eine1 eingetragen werden. Die BezeichnungenNBV undBV sollen klar machen, dass zu Beginn der Rechnung der Vektorx die Nichtba-sisvariablen und der Vektory die Basisvariablen umfassen. Im einfachsten Fallergeben sich positive Werte für die Basisvariablen, indem die Nichtbasisvariableneinfach zu null gesetzt werden (Ist das nicht der Fall, dann muss erst eine zuläs-sige Basislösung gefunden werden. In dem oben betrachteteneinfachen Beispielwar das aber nicht nötig). Der Simplex-Algorithmus geht nunso vor, dass zu-nächst in der ersten Iteration eine Basisvariable (also irgendeine Schlupfvariable)das Optimaltableau verlässt und dafür eine Nichtbasisvariable (also irgendeineObjektvariable) einen von null verschiedenen Wert annimmt(die entsprechendeSchlupfvariable muss dann null sein, da die Kapazität voll ausgelastet wird und istsomit, da sie den Wert null annimmt, im Folgenden zur Nichtbasisvariablen ge-worden) (Natürlich können auch Schlupfvariablen zu Beginnder Rechnung denWert null annehmen, wenn, wie z.B. bei den Liquiditätsnebenbedingungen, diebt als rechte Seiten null sind. Dies ist aber nur sinnvoll, wennes möglich ist,einen „Kredit“ zu machen, d.h. wenn es Koeffizienten in der Matrix An gibt, dienegativ sind. Dennoch werden zu Beginn zunächst alle Schlupfvariablen den Ba-sisvariablen zugerechnet). Mathematisch äußert sich dieser Tausch darin, dass inden Vektorx eine vorherige Basisvariable eintritt (wir bezeichnen diesen Vektorim Folgenden mitxNBV. Zu Beginn istxNBV gleichx) und in den Vektory eine

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vorherige Nichtbasisvariable eintritt und zur Basisvariablen wird (wir bezeichnenden Vektor der Basisvariablen mitxBV. xBV wird zu Beginn mity belegt). Prak-tisch gesehen werden dabei auch die entsprechenden Spaltender MatrizenAnund Ab vertauscht. Es muss nun aber jetzt sein, dass die Matrix der Basisvaria-blen Ab immer eine Einheitsmatrix sein sollte. Dies wird erreicht,indem nachdiesem Tausch die gesamte Gleichung mit der Inversen der neuen MatrixAb vonlinks überschoben wird. Dann folgt daraus:

Ab−1t−1 · Ant−1 · xNBV+ Ab−1

t−1 · Abt−1 · xBV = Ab−1t−1 · bt−1

woraus dann die neue Beziehung:

Ant · xNBV+ E · xBV = bt

folgt. Dieser Vorgang wird nun so oft wiederholt, bis das Optimalprogramm ge-funden ist.

Kennen wir nur das Ergebnis der Rechnung, so sind wir nicht inder Lage zu er-kennen, welche Basisvariablen mit genau welchen Nichtbasisvariablen getauschtwurden. Wir kennen nur sämtliche Basisvariablen, d.h. die Objekt- und Schlupfva-riablen mit einem positiven Wert. Lässt sich auch hier das Endtableau bestimmen?Tatsächlich lässt sich die Lösung für die Koeffizientenmatrix generieren, indemdie Menge der Basisvariablen und die Menge der Nichtbasisvariablen bestimmtwerden und dann komplett die Vertauschungsschritte in den AusgangsmatrizenAn und E durchgeführt werden. Dann braucht auch nur einmal die Inverse derMatrix Ab bestimmt werden (die ja zuvor gleich der EinheitsmatrixE war). Dassoll an dem obigen einfachen Beispiel vorgestellt werden. Es sei der Lösungsvek-tor mitx1 = 60 undx2 = 40 bekannt. Außerdem kann man durch Auswertung derNebenbedingungen die Schlupfvariablen ermitteln. Wir wissen also, dassy0 = 0,y1 = 0 undy2 = 20 sind. Demzufolge gibt es 3 Basisvariablen:(x1, x2, y2). Wer-den die freien Variablen durchnummeriert in der Reihenfolge (x1, x2, y0, y1, y2)mit (1,2,3,4,5), dann ist die Menge der Basisvariablen demzufolge gleich (1,2,5)und die Menge der Nichtbasisvariablen gleich dem Rest (3,4). Zu Beginn starte-ten wir von den Basisvariablen (3,4,5) und den Nichtbasisvariablen (1,2). Folglichsind die folgenden Vertauschungsschritte der entsprechenden Spalten durchzufüh-ren: 1-3 und 2-4. Es wäre hier auch möglich gewesen die Vertauschung 2-3 und1-4 durchzuführen, d.h. die Reihenfolge der Vertauschung ist vollkommen irrele-vant, solange die Positionen der einzelnen Spalten nachvollziehbar sind. Es ist nurwichtig, dass die entsprechenden Spalten derAn-Matrix, die zu bestimmten Kom-ponenten desx-Vektors korrespondieren, genau an der gleichen Stelle liegen wieim Starttableau. Dies kann erreicht werden, indem die Mengeder Nichtbasisvaria-

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blen zunächst so umgeordnet wird, dass die Objektvariablenihren ursprünglichenPlatz beibehalten, während die Positionen der restlichen Variablen unwichtig sind.

Hier ist es aber einfacher, da in den Nichtbasisvariablen keine Objektvariablensind, sondern nur anfängliche Schlupfvariablen. Die Matrizen lauten hier also:

An0 =

10 1040 200 1

−30 −20

⇒ AnT−1 =

1 00 10 00 0

,AbT−1 =

10 10 0 040 20 0 00 1 1 0

−30 −20 0 1

Nun kann das Endtableau ermittelt werden. Mit der Inversen von Ab ergibt sich:

AnT = Ab−1T−1·AnT−1 =

−0.1 0.05 0 00.2 −0.05 0 0−0.2 0.05 1 01 0.5 0 1

·

1 00 10 00 0

=

−0.1 0.050.2 −0.05−0.2 0.051 0.5

Das Gleiche lässt sich auch mit der rechten Seite machen:

bT = Ab−1T−1 · b0 =

−0.1 0.05 0 00.2 −0.05 0 0−0.2 0.05 1 01 0.5 0 1

·

10002800800

=

4060202400

Bis auf die Vertauschung der ersten und zweiten Zeile (auf Grund der zufälligenOrdnung innerhalb der gegebenen Mengen) ist die Matrix der Koeffizienten of-fenbar identisch zu der, die wir oben im letzten Simplex-Tableau ermittelt hatten.

Die notwendige Umordnung der Nichtbasisvariablen sei an einem zusätzlichenBeispiel noch einmal erläutert: Es seien drei unabhängige Variablen und 4 Ne-benbedingungen gegeben. Also gibt es zunächst 4 Basisvariablen (4,5,6,7) und 3Nichtbasisvariablen (1,2,3). Das Ergebnis ergäbe nun als Menge der Basisvaria-blen (1,3,4,7) und als Menge der Nichtbasisvariablen (2,6,5). Die Positionen in-nerhalb der Basisvariablen sind zufällig. In den Nichtbasisvariablen ist mit Num-mer 2 aber eine Objektvariable vorhanden. Diese muss an die richtige Stelle po-sitioniert werden, so dass 2 mögliche Lösungen verbleiben:(6,2,5) oder (5,2,6),wobei die Reihenfolge aller Größen außer der 2 wiederum zufällig ist (Im Prin-zip kennen wir ja nur die Endlösung und können sowieso nicht wissen, welcheBasisvariable mit welcher Nichtbasisvariable im jeweiligen Simplex-Schritt aus-getauscht wurden). Dass die 2 an die richtige Stelle kommt ist wichtig, da sonstdie entsprechende Zuordnung mit der rechten Seite nicht korrekt wäre. In diesemFall müsste die 2. Spalte derAn-Matrix unverändert bleiben und nur die anderen

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Spalten werden getauscht. Die letzte Spalte derAb-Matrix ist übrigens immer einEinheitsvektor und bleibt von allen Vertauschungen unberührt. Sie wurde ledig-lich eingeführt, um dieAb-Matrix zu einer quadratischen Matrix zu machen. Sieist zudem notwendig, um den Zielfunktionswert als untersteKomponente inbT

mit im Rahmen der Matrizenoperationen berechnen zu können.Die Frage ver-bleibt, wie es möglich ist, die Mengen der Basis- und Nichtbasisvariablen aus derLösung der linearen Programmierung abzuleiten. Diese Frage wird im Folgendenbeantwortet.

Alle Variablen, die einen positiven Wert annehmen, sind Basisvariablen. Dazu ge-hören auch alle Schlupfvariablen, soweit die Nebenbedingungen nicht bindendsind. Also werden zunächst aus dem Lösungsvektor alle positiven Objektvaria-blen herausgefiltert und anschließend mit Hilfe des Lösungsvektors die Schlupf-variablen für die Nebenbedingungen ermittelt. Sind bestimmte Schlupfvariablenpositiv, so sind diese mit zu den Basisvariablen zu rechnen.Verbleiben Positionenoffen, so ist offenbar der Fall einer primalen Entartung gegeben, d.h. es gibt Basis-variablen, die einen Wert von null annehmen, obwohl eigentlich nur Nichtbasis-variablen null sein dürften (Tritt ein solcher Fall auf, dann sollte die Berechnungabgebrochen werden und eine Warnung ausgegeben werden, da nicht klar ist, wel-che Basisvariable auszuwählen ist). Die Nichtbasisvariablen erhält man nun überdas Komplement. Wichtig für die Berechnung ist aber, dass ein Objekt in den Rei-hen der Nichtbasisvariablen immer genau die Position einnehmen muss, die durchj ∈ [1, m] angegeben wird (damit die rechten Seiten korrekt zugeordnet werden).Dies geschieht schließlich in einem nachlaufenden Umordnungsschritt. Die Zu-ordnung der restlichen Elemente innerhalb der Basisvariablen und der Schlupf-variablen innerhalb der Nichtbasisvariablen ist aber vollkommen irrelevant undwird einfach so angenommen, wie sie sich aus der Berechnung ergibt. Dies hat le-diglich Einfluss auf die endgültige Darstellung des Simplex-Tableaus. Dabei sinddann lediglich bestimmte Variablen ungeordnet, was im Rahmen der niedrigdi-mensionierten Beispiele, wie sie hier auftreten, vernachlässigt wird, könnte aberbei einer großen Reihe von Variablen unübersichtlich werden, so dass es besserwäre, z.B. alleyt und die entsprechenden Dualvariablendt geordnet auszugeben(dies sei dem interessierten Leser überlassen).

5.10.4 Konvexe Optimierung bei Vermögensmaximierung

Das Simplex-Verfahren bietet eine günstige Lösungsmethode auch bei mehrerenHunderten oder Tausenden an Variablen. Da jedoch die lineare Programmierunglediglich einen Sonderfall der nichtlinearen Programmierung darstellt, soll imRahmen dieses Kapitels gezeigt werden, wie die Minimierungeiner konvexenZielfunktion z.B. für die gegebene Fragestellung eingesetzt werden kann. Eine li-

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Investitionsre hnung 5 - 151 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

neare Zielfunktion ist a priori konvex und ein Restriktionenbereich, der durch Ge-raden begrenzt wird, stellt a priori einen konvexen Bereichdar (siehe Kapitel 4.1).Insofern können zur Lösung eines linearen Problems die gleichen Lösungsme-thoden wie für die allgemeinere nichtlineare Programmierung eingesetzt werden.Später soll gezeigt werden, wie die konvexe Optimierung schließlich bei nicht-linearen Problemstellungen eingesetzt werden kann. Das folgende Beispiel zurVermögensmaximierung ist eine Variation eines Beispiels in Hering (2008). Pri-märes Ziel ist es, die optimale Menge an Investitions- und Finanzierungsobjektenzu bestimmen. Als Kuppelobjekte fallen die impliziten endogenen Grenzzinsfüßeals gültige Opportunitätszinsen an, mit deren Hilfe die einzelnen Zahlungsreihendiskontiert werden müssen, um die korrespondierenden Kapitalwerte zu berech-nen. Gemäß dern + 1 Zeitpunkte (t ∈ [0, n]), werden auchn + 1 Liquiditätsne-benbedingungen sowie weitere Restriktionen eingeführt, die z.B. im Rahmen vonObergrenzendefinitionen der insgesamtm Investitions- und Finanzierungsobjektegegeben sein können (j ∈ [1, m]).

t I1 I2 A KR0 KR1 KR2 F0 F1 F2 bt0 -120 -110 98 1 -1 10

1 15 60 -10 -1.1 1 1.052 -1 0

2 90 70 -60 -1.12 1 1.055 -1 0

3 80 -55 -1.15 1.058 0

Grenze 1 2 1 30 30 30 ∞ ∞ ∞

Tabelle 34: De�nition der Investitions- und Finanzierungsobjekte

Im Beispiel soll ein Zeithorizont vonn = 3 und insgesamtm = 9 Objekte be-trachtet werden. Die einzelnen Zahlungsreihen der Objekteseien der obigen Ta-belle entnommen, in der in der untersten Zeile auch die entsprechenden Ober-grenzen angegeben sind. Als erstes Beispiel soll das Gleichungssystem für eineVermögensmaximierung ausgewertet werden, wobei zu den einzelnen Zeitpunk-ten EntnahmenG0, G1, G2 undG3 mit den einzelnen Präferenzwertenw0 = 4.5,w1 = 3.5, w2 = 2.5 und w3 = 1.5 möglich sind. Da die einzelnen Objektespezielle Bezeichnungen bekommen haben, ist es sinnvollerdie Objekte auch imFolgenden so zu benennen. Das gegebene Problem kann damit durch das folgendelineare Gleichungssystem charakterisiert werden (Entnahmen positiv, Einzahlun-gen negativ):

maxGW := 4.5G0 + 3.5G1 + 2.5G2 + 1.5G3

120 I1 + 110 I2 − 98A− KR0 + F0 +G0 ≤ 10−15 I1 − 60 I2 + 10A+ 1.1KR0 − 1.052F0 − KR1 + F1 +G1 ≤ 0

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−90 I1 − 70 I2 + 60A+ 1.12KR1 − 1.055F1 − KR2 + F2 +G2 ≤ 0−80 I1 + 55A+ 1.15KR2 − 1.058F2 +G3 ≤ 0I1 ≤ 1, I2 ≤ 2, A ≤ 1KR0 ≤ 30, KR1 ≤ 30, KR2 ≤ 30I1, I2, A,KR0,KR1,KR2, F0, F1, F2, G0, G1, G2, G3 ≥ 0

Wie man unschwer den Bezeichungen entnehmen kann, handelt es sich um zweiInvestitionsobjekteI1 undI2, eine AnleiheA (Nennbetrag 100, aber Ausgabequo-te 98%) mit einem Zins von 10% und einer gleichmäßigen Amortisation in denletzten zwei Jahren. sowie einperiodische Kredit- (KR0, KR1, KR2) und Finanzie-rungsobjekte bzw. Geldanlagen (F0, F1, F2). Die Sollzinssätze der Kreditobjektebelaufen sich auf {10%, 12%, 15%} und die Habenzinssätze derFinanzobjekteentsprechend auf {5.2%, 5.5%, 5.8%}. Die Kreditobjekte können nur bis zu einerHöchstgrenze von30 in Anspruch genommen werden, während für die Finanzie-rungsobjekte keine Höchstgrenzen gelten. Als nächster Schritt soll zunächst dasduale Programm abgeleitet werden. Dazu wird dieLagrange-Funktion gebildet:

L(Gt, Ij, A,KRt, Ft) = −4.5G0−3.5G1−2.5G2−1.5G3+d0 (120 I1+110 I2−98A−KR0+F0+G0− 10)+ d1 (−15 I1− 60 I2+10A+1.1KR0− 1.052F0−KR1+F1+G1)+ d2 (−90 I1−70 I2+60A+1.12KR1−1.055F1−KR2+F2+G2) + d3 (−80 I1 + 55A+ 1.15KR2 − 1.058F2 +G3) + u1 (I1 − 1) + u2 (I2 −2) + u3 (A− 1) + u4 (KR0 − 30) + u5 (KR1 − 30) + u6 (KR2 − 30)

Durch Umordnen innerhalb dieser Komponenten erhält man:

L(dt, Ut) = −u1− 2 u2− u3− 30 u4− 30 u5− 30 u6− 10 d0+G0 (−4.5+ d0) +G1 (−3.5+ d1)+G2 (−2.5+ d2)+G3 (−1.5+ d3)+ I1 (120 d0−15 d1−90 d2−80 d3 + u1) + I2 (110 d0 − 60 d1 − 70 d2 + u2) + A (−98 d0 + 10 d1 + 60 d2 +55 d3+u3)+KR0 (−d0+1.1 d1+u4)+KR1 (−d1+1.12 d2+u5)+KR2 (−d2+1.15 d3 + u6) + F0 (d0 − 1.052 d1) + F1 (d1 − 1.055 d2) + F2 (d2 − 1.058 d3)

Daraus ergibt sich mithin das folgende Gleichungssystem:

minGW := u1 + 2 u2 + u3 + 30 u4 + 30 u5 + 30 u6 + 10 d0

120 d0 − 15 d1 − 90 d2 − 80 d3 + u1 ≥ 0 (I1)110 d0 − 60 d1 − 70 d2 + u2 ≥ 0 (I2)−98 d0 + 10 d1 + 60 d2 + 55 d3 + u3 ≥ 0 (A)−d0 + 1.1 d1 + u4 ≥ 0 (KR0)−d1 + 1.12 d2 + u5 ≥ 0 (KR1)−d2 + 1.15 d3 + u6 ≥ 0 (KR2)

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Investitionsre hnung 5 - 153 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

d0 − 1.052 d1 ≥ 0 (F0)d1 − 1.055 d2 ≥ 0 (F1)d2 − 1.058 d3 ≥ 0 (F2)−4.5 + d0 ≥ 0 (G0)−3.5 + d1 ≥ 0 (G1)−2.5 + d2 ≥ 0 (G2)−1.5 + d3 ≥ 0 (G3)d0, d1, d2, d3, u1, u2, u3, u4, u5, u6 ≥ 0

In[84]:= ClearAll @I1, I2, A, KR0, KR1, KR2, F0, F1, F2, G0, G1, G2, G3 D;

Print @FindMinimum @

8-4.5 *G0- 3.5 *G1- 2.5 *G2- 1.5 *G3, 120 * I1 + 110 * I2 - 98 * A - KR0+ F0 +G0- 10 £ 0.0,

-15 * I1 - 60 * I2 + 10 * A + 1.1 * KR0- 1.052 * F0 - KR1+ F1 +G1 £ 0.0,

-90 * I1 - 70 * I2 + 60 * A + 1.12 * KR1- 1.055 * F1 - KR2+ F2 +G2 £ 0.0,

-80 * I1 + 55 * A + 1.15 * KR2- 1.058 * F2 +G3 £ 0.0, I1 £ 1.0, I2 £ 2.0, A £ 1.0,

KR0 £ 30.0, KR1 £ 30.0, KR2 £ 30.0, I1 ³ 0.0, I2 ³ 0.0, A ³ 0.0, G0 ³ 0.0, G1 ³ 0.0,

G2 ³ 0.0, G3 ³ 0.0, KR0 ³ 0.0, KR1 ³ 0.0, KR2 ³ 0.0, F0 ³ 0.0, F1 ³ 0.0, F2 ³ 0.0 <,

8G0<, 8G1<, 8G2<, 8G3<, 8I1 <, 8I2 <, 8A<, 8KR0<, 8KR1<, 8KR2<, 8F0<, 8F1<, 8F2<DD;

8-143.418, 8G0 ® 31.6414, G1 ® 0.294823, G2 ® 0., G3 ® 0., I1 ® 0.886322,

I2 ® 0., A ® 1., KR0 ® 30., KR1 ® 30., KR2 ® 13.8311, F0 ® 0., F1 ® 0., F2 ® 0.<<

Abbildung 27: Primale Vermögensmaximierung im Beispiel (Mathemati a)

Offenbar gilt:1.052 d1 ≤ d0 ≤ 1.1 d1 + u4 (und analog für die anderen Zeitpunk-te), was bedeutet, dass diedt im Zeitverlauf abnehmen, da Geldbeträge in frühe-ren Perioden wertvoller sind als solche in späteren Perioden, da jene entsprechendstärker diskontiert werden. Aus dendt kann man die endogenen Grenzzinsfüßegewinnen gemäß der Formel:it−1,t =

dt−1

dt− 1. Ist z.B. der KreditKR0 voll aus-

gelastet, so nimmt der entsprechende Faktoru4 einen positiven Wert an, wodurchman erkennt, dass der endogene Grenzzinsfußi0,1 durchaus größer als der Soll-zinssatz sein kann, aber nie kleiner als der Habenzinssatz werden kann.

Anhand der Abbildungen 27 und 28 kann man erkennen, dass die Primal- undDualprobleme im Optimum zu den selben Lösungen kommen. Allerdings kannder Zielfunktionswert des Primalproblems nie größer sein als der Zielfunktions-wert des Dualproblems. Dies wird deutlicher, wenn man erkennt, dass sich dasMaximum von unten und das Minimum von oben an das Optimum annähert. DieSchere verschwindet im Optimum, in dem beide Werte zusammenfallen. Man hät-te im Primalproblem übrigens auch die FunktionFindMaximum[ · · · ] anwendenkönnen, wobei man das Vorzeichen der Zielfunktion hätte umdrehen müssen. Wel-ches Problem gelöst wird ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Da das Durchge-hen der Nebenbedingungen im Simplex-Verfahren (nicht so wie bei der Funktion

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Investitionsre hnung 5 - 154 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

In[86]:= ClearAll @u1, u2, u3, u4, u5, u6, d0, d1, d2, d3 D;

Print @FindMinimum @81 * u1 + 2 * u2 + u3 + 30 * u4 + 30 * u5 + 30 * u6 + 10 * d0,

120 * d0 - 15 * d1 - 90 * d2 - 80 * d3 + u1 ³ 0.0, 110 * d0 - 60 * d1 - 70 * d2 + u2 ³ 0.0,

-98 * d0 + 10 * d1 + 60 * d2 + 55 * d3 + u3 ³ 0.0, -d0 + 1.1 * d1 + u4 ³ 0.0,

-d1 + 1.12 * d2 + u5 ³ 0.0, -d2 + 1.15 * d3 + u6 ³ 0.0, d0 - 1.052 * d1 ³ 0.0,

d1 - 1.055 * d2 ³ 0.0, d2 - 1.058 * d3 ³ 0.0, -4.5 + d0 ³ 0.0, -3.5 + d1 ³ 0.0,

-2.5 + d2 ³ 0.0, -1.5 + d3 ³ 0.0, u1 ³ 0.0, u2 ³ 0.0, u3 ³ 0.0,

u4 ³ 0.0, u5 ³ 0.0, u6 ³ 0.0, d0 ³ 0.0, d1 ³ 0.0, d2 ³ 0.0, d3 ³ 0.0 <,

8u1<, 8u2<, 8u3<, 8u4<, 8u5<, 8u6<, 8d0<, 8d1<, 8d2<, 8d3<DD;

8143.418, 8u1 ® 0., u2 ® 0., u3 ® 76.5722, u4 ® 0.65,

u5 ® 0.0782016, u6 ® 0., d0 ® 4.5, d1 ® 3.5, d2 ® 3.05518, d3 ® 2.65668<<

Abbildung 28: Duale Vermögensmaximierung im Beispiel (Mathemati a)

FindMinimum[ · · · ] oder FindMaximum[ · · · ], die vermutlich auf Basis einesGradientenverfahrens operiert) relativ schnell geht, da man sich von Nebenbedin-gung zu Nebenbedingung hangelt, ist die Anzahl an Variablenentscheidend fürdie Laufzeit. Hier im Primalproblem hat man 23 Nebenbedingungen und 13 Va-riablen, im Dualproblem aber 23 Nebenbedingungen und 10 Variablen (Nebenbe-dingungen umfassen auch die Positivitätszwangsbedingungen). Je nach Problemkann der Unterschied jedoch derart eklatant sein, dass es sinnvoller sein kann, dasentsprechende Problem zu lösen, welches deutlich weniger Variablen besitzt. ImPrimalproblem findet manG0 = 31.6414 undG1 = 0.294823. Für die zugehö-rigen Liquiditätsdualfaktoren folgt mithind0 = w0 = 4.5 und d1 = w1 = 3.5,während die anderen Entnahmen null sind und damitd2 = 3.05518 > w2 = 2.5bzw.d3 = 2.65668 > w3 = 1.5 gelten muss. Es sind zudem die KrediteKR0 undKR1 vollkommen ausgelastet undKR2 = 13.8311. Die alternativen GeldanlagenF0, F1 undF2 sind daher null. Die entsprechenden Dualvariablen sindu4 = 0.65,u5 = 0.0782016 undu6 = 0.0. Für die Investitionsobjekte giltA = 1 (voll aus-gelastet) und ein positiver Dualwertu3 = 76.5722. I2 ist null undI1 = 0.886322.Was die Terminzinssätze angeht, so ermittelt sich:

i0,1 =d0d1

−1 = 0.285714!= 1.1+

u4

d1−1 (voll ausgelaster Kredit int = 0)

i1,2 =d1d2

− 1 = 0.145595!= 1.12 +

u5

d2− 1 (voll ausgelaster Kredit int = 1)

i2,3 =d2d3

− 1 = 0.149999

i2,3 ermittelt sich über die Nebenbedingung des GrenzobjektsKR2, als da wäre−d2 + 1.15 d3 = 0, d.h.d2 = 1.15 d3 bzw. i2,3 = 0.15. Die Grenzobjekte sindI1 und KR2. A, KR0 und KR1 sind voll ausgeschöpft und somit keine Grenzob-jekte. Wie man zeigen kann, definiert die Initialverzinsungeines Grenzobjektes

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Investitionsre hnung 5 - 155 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

den Grenzzinsfuß in der Periode, in der das Grenzobjekt startet (Hering (2008), S.210-211). Für eine entsprechende Zahlungsreihe eines Grenzobjekts gilt:

n∑

t=τ+1

Htj ρt +Hτj ρτ = 0

Wird diese Gleichung durchρτ+1 dividiert, so folgt schließlich nach Umstellungder Gleichung (für die Definition der Initialverzinsung siehe Kapitel 5.4):

n∑

t=τ+1

Htjρt

ρτ+1

+Hτjρτρτ+1

= 0 ⇒ρτρτ+1

=

n∑

t=τ+1

Htjρt

ρτ+1

−Hτj

= V + 1,

wobeiV die Initialverzinsung des entsprechenden Grenzobjektes bezeichnet.

Zunächst müssen allerdings die Abzinsungsfaktorenρt bekannt sein. Diese erge-ben sich wie bekannt aus dendt, wenn diese durchd0 dividiert werden:

ρ0 = 1.0ρ1 = d1/d0 = 0.7ρ2 = d2/d0 = 0.678928ρ3 = d3/d0 = 0.590373

Der Grenzzinsatz ermittelt sich nun alstτ,τ+1 = V des entsprechenden Grenzob-jektes, das in der Periodeτ startet. Hier startetI1 in Periode 0. Dessen Initialver-zinsung lautet:

VI1 = i0,1 =−15 · ρ1/ρ1 − 90 · ρ2/ρ1 − 80 · ρ3/ρ1 + 120

−120

=−15 · 1.0− 90 · 0.8729085715− 80 · 0.7590514286 + 120

−120

!=

−15 · d1 − 90 d2 + 80 · d3 + 120 · d1−120 d1

= 0.2857157

i1,2 ermittelt sich schließlich als Mischzinssatz aus den GrenzobjektenI1 undKR2.

Mit Hilfe der Abzinsungsfaktoren ergeben sich die Kapitalwerte zu (die Grenzob-jekte haben einen Kapitalwert von 0):

K0A = 98 ρ0 − 10 ρ1 − 60 ρ2 − 55 ρ3 = 17.01595K0KR0

= 1 ρ0 − 1.1 ρ1 = 0.14K0KR1

= 1 ρ1 − 1.12 ρ2 = 0.01737742

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Investitionsre hnung 5 - 156 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

woraus man auch alternativ erhält:

K0VM =GW

d0= 10.0 ·ρ0+K0A ·1.0+K0KR0

·30.0+K0KR1·30.0 = 31.87061

GW = 4.5 · 31.87061 = 143.4177 (Wert einer Einheit int0 ist d0 = 4.5!)

Das Problem ist die Bestimmung des optimalen Programms. Eine manuelle Einga-be kann sehr fehleranfällig sein, da man viele Gleichungen eintippen muss. Dahersoll in einem ersten Schritt versucht werden, die Lösung einwenig zu automati-sieren. Dazu soll lediglich eine Übersicht über die Objektegegeben werden undalles Weitere automatisch ablaufen. Die Eingabedaten seien wie folgt gegeben:

H* Eingabedaten *L

H* Anzahl der Objekte und einzelne Objekte

Position 1 : "income" oder "objekt"?,

Position 2 : Name des Objekts,

Position 3 : Schranke Hwenn null, dann keine Schranke L,

Position 4 -: Cashflow für die einzelnen Zeitpunkte *L

xobjekte = 13;

Objekt @1D = 8"income", "G0", 0, d0 <;

Objekt @2D = 8"income", "G1", 0, d1 <;

Objekt @3D = 8"income", "G2", 0, d2 <;

Objekt @4D = 8"income", "G3", 0, d3 <;

Objekt @5D = 8"objekt", "I1", 1, 120 * d0 - 15 * d1 - 90 * d2 - 80 * d3<;

Objekt @6D = 8"objekt", "I2", 2, 110 * d0 - 60 * d1 - 70 * d2<;

Objekt @7D = 8"objekt", "A", 1, -98 * d0 + 10 * d1 + 60 * d2 + 55 * d3<;

Objekt @8D = 8"objekt", "KR0", 30, -1 * d0 + 1.1 * d1<;

Objekt @9D = 8"objekt", "KR1", 30, -1 * d1 + 1.12 * d2<;

Objekt @10D = 8"objekt", "KR2", 30, -1 * d2 + 1.15 * d3<;

Objekt @11D = 8"objekt", "F0", 0, 1 * d0 - 1.052 * d1<;

Objekt @12D = 8"objekt", "F1", 0, 1 * d1 - 1.055 * d2<;

Objekt @13D = 8"objekt", "F2", 0, 1 * d2 - 1.058 * d3<;

H* Vektor der Zielfunktionskoeffizienten für alle Objekte *L

Zielkoeffizienten = 84.5, 3.5, 2.5, 1.5 <;

H* Basiscashflow für die verschiedenen Zeitpunkte *L

bliquid = 810, 0, 0, 0 <;

H* Namen der Basis - und Nichtbasisvariablen *L

namesincome = 8"G", " Ε" <;

namesobjekt = 8"x", " Μ" <;

namesliquid = 8"d", "y" <;

namesrestrictions = 8"u", "s" <;

Abbildung 29: Eingabedaten Vermögensmaximierung - Teil 1 (Mathemati a)

Mit xobjekte wird die Anzahl an Objekten angegeben. Die Objekte folgen inei-nem FeldObjekt[·] mit xobjekte Komponenten. Dabei wird unterschieden zwi-schen den GeldentnahmenGt, die mit der Bezeichnung „income“ gekennzeichnet

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Investitionsre hnung 5 - 157 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

werden und normalen Objekten mit der Bezeichnung „objekt“ .Danach folgt dereigentliche Name. Als nächstes Datum wird die Obergrenze angegeben. Existiertkeine, so ist dieses Element null wie bei den EntnahmenGt und den GeldanlagenFt. Danach wird die Zahlungsreihe angegeben in einer etwas verkürzten Form,wobei ein Eintrag für einen bestimmten Zeitpunktt ∈ [0, n] durch die Dualvaria-blendt als Wichtungsfaktor angegeben wird (Ausgaben positiv, Einnahmen nega-tiv).

H* Automatische Erstellung der Matrizen und

Berechnung der Variablen *L

xgleichungen = Length @bliquid D;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, xgleichungen ++D, 8j, 1, xobjekte <D;

xgleichungen ++;

xvariablen = xobjekte;

Gc = Table @0, 8xobjekte <D;

Do@Gc@@i DD = Zielkoeffizienten @@i DD, 8i, 1, Length @Zielkoeffizienten D<D;

b = Table @0, 8xgleichungen <D;

Do@b@@i DD = bliquid @@i DD, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8b@@k + Length @bliquid DDD = Objekt @j D@@3DD, k ++<D,

8j, 1, xobjekte <D;

xzeilen = xgleichungen;

xspalten = xobjekte;

An = Table @0, 8xzeilen <, 8xspalten <D;

Do@Do@An@@i, j DD =

D@Objekt @j D@@4DD, ToExpression @StringJoin @8namesliquid @@1DD, ToString @i - 1D<DDD,

8j, 1, xobjekte <D, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8An@@k + Length @bliquid D, j DD = 1, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

Do@An@@xzeilen, j DD = -Gc@@j DD, 8j, 1, xobjekte <D;

Zielfunkt = Sum@-Gc@@i DD * x@i D, 8i, 1, xvariablen <D;

Do@Restrikt @i D = -b@@i DD + Sum@An@@i, j DD * x@j D, 8j, 1, xvariablen <D,

8i, 1, xgleichungen - 1<D;

ListZ = Table @0, 8i, xgleichungen + xvariablen <D;

ListZ @@1DD = "Zielfunkt";

Do@ListZ @@1 + i DD = StringJoin @8"Restrikt @", ToString @i D, " D£0.0" <D,

8i, 1, xgleichungen - 1<D;

Do@ListZ @@xgleichungen + j DD = StringJoin @8"x @", ToString @j D, " D³0" <D,

8j, 1, xvariablen <D;

ListVariables = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@ListVariables @@i DD = StringJoin @" 8x@", ToString @i D, " D<" D, 8i, 1, xvariablen <D;

Z = FindMinimum @ToExpression @ListZ D, ToExpression @ListVariables DD;

Print @ZD;

Abbildung 30: Das automatis he Primal-LP - Teil 2a (Mathemati a)

Schließlich wird der VektorZielkoeffizienten der Zielfunktionskoeffizientenangegeben,der zu den Geldentnahmen korrespondiert, die zuvor mit „income“

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Investitionsre hnung 5 - 158 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

gekennzeichnet wurden. Da die Zielfunktionskoeffizientenvon links eingeordnetwerden und der Rest mit Nullen ausgefüllt wird, empfiehlt es sich, die Objekte ent-sprechend zu definieren, z.B. wie hier die korrespondierenden „income“ -Objektezuerst. Die Anzahl an Liquiditätsnebenbedingungen wird über die Länge der Lis-te (oder des Vektors)bliquid definiert, der auch gleichzeitig die rechten Seitenbt angibt. Schließlich folgen die Bezeichnungen für die einzelnen Primal- undDualvariablen und der entsprechenden Schlupfvariablen. So lauten die Dualva-riablen für die Liquiditätsnebenbedingungen nachnamesliquid „d“ und jene fürdie Obergrenzenrestriktionen nachnamesrestrictions „u“ . Danach folgen imselben Feld die Bezeichnungen für die Schlupfvariablen. Beide Paare bilden nachdem Satz des komplementären Schlupfes ein Paar, d.h.d·y = 0 undu·s = 0. DasGleiche gilt für die Einkommensgrößen „G“ und die Objekte „x“ nach den Fel-dernnamesincome und namesobjekt, deren zugehörige Schlupfvariablen „ǫǫǫ“und „µµµ“ lauten. Mit Hilfe dieser Eingabedaten lässt sich nun das System generie-ren und lösen (siehe Abbildung 30). Eine kurze Erläuterung ist wohl notwendig:Zunächst wird inxgleichungen die Anzahl an Gleichungen ermittelt, die sichaus den Liquiditätsnebenbedingungen und den Obergrenzenrestriktionen ergibt.Anschließend wird eine weitere Gleichung für die Zielfunktionswertzeile addiert.Die Anzahl der Variablenxvariablen entspricht im Primalproblem der Anzahl derObjekte. Dann wird der Vektor der ZielfunktionskoeffizientenGcGcGc und der rechtenSeiteb erzeugt, die zuvor mit den angegebenen Größen initialisiert und sonst zunull gesetzt werden. Für die Obergrenzenrestriktionen müssen die entsprechen-den Obergrenzen inb eingetragen werden. Nun wird das Starttableau erstellt. Da-zu werdenxzeilen und xspalten definiert und dann eine MatrixAn generiert,deren Werte automatisch eingetragen werden. Anschließendwerden die Zielfunk-tion und die Restriktionen definiert und diese Nebenbedingungen für die FunktionFindMinimum aufbereitet. Da die Anzahl an Variablen beliebig sein soll,werdendafür zwei Felder bestimmt, nämlichListZ undListV ariables, die automatischgeneriert werden und die jeweiligen Bestimmungsgrößen fürdiese Funktion bil-den. Da es sich aber um zuvor generierte Zeichenketten handelt, müssen diesezuerst in eine ausführbare Form gebracht werden, indem mit dem BefehlToEx-pressiondiese durch Mathematica wie ein ausführbarer Code interpretiert wer-den. Damit ist der Programmteil abgeschlossen und die Lösung kann gefundenund ausgegeben werden.

Als zweiten Schritt muss daraus nun das Simplex-Tableau derKoeffizienten er-stellt werden. Dies erfolgt analog zu Kapitel 5.10.3. Dazu wird die Beobachtungausgenutzt, dass sich das Simplex-Tableau zu Beginn der Rechnung als:

An · x+ Ab · y = b ⇔ An · x+ E · y = b ⇔ An · xNBV+ E · xBV = b

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Investitionsre hnung 5 - 159 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

schreiben lässt.x ist der Objektvektor.An ist der entsprechende Vektor der Zah-lungsreihen.y ist der Vektor der Schlupfvariablen undAb ist zu Beginn gleichder EinheitsmatrixE. Offenbar handelt es sich bei der MatrixAb um eine qua-dratische Matrix, da sie genau so viele Zeilen wie Spalten enthält. Wie schon be-schrieben, bewirkt eine Umordnung innerhalb der Basis- undNichtbasisvariableneine Vertauschung der Spalten vonAb undAn. Dazu reicht es aus, wenn einfachdie Mengen der Basis- und Nichtbasisvariablen bekannt sindund dann entspre-chend vertauscht wird. Schließlich muss nun aber die Matrixder BasisvariablenAb immer eine Einheitsmatrix sein. Dies wird erreicht, indem nach diesen Vertau-schungen die gesamte Gleichung mit der Inversen der neuen Matrix Ab von linksüberschoben wird.

H* Ermittlung der Basis - und Nichtbasisvariablen und Umordnen der LP -Matrix *L

H* Angabe der Toleranzgenauigkeit *L

Tol = 10.0^ H-10L;

Ab = Table @0.0, 8j, 1, xzeilen <, 8i, 1, xzeilen <D;

Ab@@xzeilen, xzeilen DD = 1.0;

V = Table @i, 8i, 1, xgleichungen - 1 + xvariablen <D;

BV = 8<;

Do@x@j D = x@j D �. Z @@2DD, 8j, 1, xvariablen <D;

Do@y@i D = b@@i DD - Sum@An@@i, j DD * x@j D, 8j, 1, xvariablen <D, 8i, 1, xgleichungen - 1<D;

Do@If @y@i D > Tol, BV = Append@BV, xvariablen + i DD, 8i, 1, xgleichungen - 1<D;

j = 1;

Do@If @y@i D < Tol,

8For @k = j, k < xvariablen + 1, k ++, If @x@kD > Tol, 8BV = Append@BV, k D, Break @D<DD,

j = k + 1<D, 8i, 1, xgleichungen - 1<D;

If @Length @BVD < xgleichungen - 1, 8Print @"Primale Entartung" D, Interrupt @D<D;

NBV= Complement @V, BVD;

Do@Do@If @NBV@@j DD � i, 8merke = NBV@@i DD, NBV@@i DD = i, NBV @@j DD = merke <D,

8j, 1, Length @NBVD<D, 8i, 1, xvariablen <D;

Do@If @BV@@i DD > xvariablen, 8Do@Ab@@l, i DD = 0.0, 8l, 1, xzeilen <D,

Ab@@BV@@i DD - xvariablen, i DD = 1.0 <,

8Do@Ab@@l, i DD = An@@l, BV @@i DDDD, 8l, 1, xzeilen <D<D, 8i, 1, Length @BVD<D;

Do@ If @NBV@@i DD > xvariablen, 8Do@An@@l, i DD = 0.0, 8l, 1, xzeilen <D,

An@@NBV@@i DD - xvariablen, i DD = 1.0 <D, 8i, 1, Length @NBVD<D;

An = Inverse @AbD.An;

b = Inverse @AbD.b;

Print @BVD;

Print @NBVD;

Abbildung 31: Das automatis he Primal-LP - Teil 3a (Mathemati a)

Daraus folgt zunächst:

Ab−1T−1 · AnT−1 · xNBV+ Ab−1

T−1 · AbT−1 · xBV = Ab−1T−1 · b0

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Investitionsre hnung 5 - 160 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

woraus sich dann die neue Beziehung:

AnT · xNBV+ E · xBV = bT

ergibt. Auch dieses Problem soll automatisiert gelöst werden (siehe Abbildung31).

H* Zuordnen der Bezeichnungen und Ausgeben der Matrix *L

Schlupf = Table @0.0, 8i, 1, xgleichungen - 1<D;

Do@Schlupf @@i DD = StringJoin @namesliquid @@2DD, ToString @i - 1DD,

8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0.0, 8Schlupf @@k + Length @bliquid DDD =

StringJoin @namesrestrictions @@2DD, Objekt @j D@@2DDD, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

Var = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@Var @@i DD = Objekt @i D@@2DD, 8i, 1, xobjekte <D;

outtable = Table @0.0, 8i, Length @BVD + 2<, 8j, Length @NBVD + 2<D;

Do@If @BV@@i DD > xvariablen, outtable @@i + 1, 1 DD = Schlupf @@BV@@i DD - xvariablen DD,

outtable @@i + 1, 1 DD = Var @@BV@@i DDDDD, 8i, 1, Length @BVD<D;

outtable @@Length @BVD + 2, 1 DD = "Ziel";

Do@If @NBV@@j DD > xvariablen, outtable @@1, j + 1DD = Schlupf @@NBV@@j DD - xvariablen DD,

outtable @@1, j + 1DD = Var @@NBV@@j DDDDD, 8j, 1, Length @NBVD<D;

Do@If @Abs@An@@i, j DDD < Tol, outtable @@i + 1, j + 1DD = 0.0,

outtable @@i + 1, j + 1DD = An@@i, j DDD, 8i, 1, xzeilen <, 8j, 1, xspalten <D;

Do@outtable @@i + 1, Length @NBVD + 2DD = b@@i DD, 8i, 1, xzeilen <D;

outtable @@1, 1 DD = "BV";

outtable @@1, Length @NBVD + 2DD = "RS";

merke = outtable @@2DD; outtable @@2DD = outtable @@Length @BVD + 2DD;

outtable @@Length @BVD + 2DD = merke;

H* Ausgabe der Matrix *L

GridBox @outtable, ColumnAlignments ® Center,

RowAlignments ® Baseline, ColumnSpacings ® 2, RowSpacings ® 1D �� DisplayForm

Abbildung 32: Das automatis he Primal-LP - Teil 4a (Mathemati a)

Es müssen genau so viele Basisvariablen vorhanden sein, wiees Nebenbedin-gungen gibt. Zuerst werden die Schlupfvariablen, die einenvon null verschiede-nen Wert annahmen, als Basisvariablen gewählt. Schließlich wird dann für jedeSchlupfvariable, die einen Wert von null annimmt (und damiteine Nichtbasis-variable darstellt) eine Basisvariable aus dem Kreis der Objekte ausgewählt. AmEnde sollten nur Variablen (Objekte, Schlupfvariablen) übrig bleiben, die einenWert von null annehmen (Ein Sonderfall ist die primale Entartung, die spätereingehender untersucht wird). Die Nichtbasisvariablen erhält man nun über dasKomplement. Wichtig für die Berechnung ist aber, dass ein Objekt in den Rei-hen der Nichtbasisvariablen immer genau die Position einnehmen muss, die durchj ∈ [1, m] angegeben wird (damit die rechten Seiten korrekt zugeordnet werden).

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Dies geschieht schließlich in einem Nachlaufschritt. Die Zuordnung der Elementeinnerhalb der Basisvariablen und der Schlupfvariablen innerhalb der Nichtbasis-variablen ist aber vollkommen irrelevant und wird einfach so genommen, wie siesich aus der Berechnung ergibt. Dies hat nur Einfluss auf die endgültige Darstel-lung des Simplex-Tableaus, das entsprechend unsortiert ausgegeben wird. Dieswird im Rahmen der einfachen Beispiele, wie sie hier auftreten, vernachlässigt,könnte aber bei einer großen Reihe von Variablen sinnvoll sein, um z.B. nicht al-le yt und die entsprechenden Dualvariablendt zusammensuchen zu müssen (diessei dem interessierten Leser überlassen). Damit ist der dritte Teil des Programmsauch schon abgeschlossen (siehe Abbildung 31).

Ganz zum Schluss geht es nun darum, das Simplex-Tableau (dieneue MatrixAn,die die Simplex-Tableaukoeffizienten bezüglich der Nichtbasisvariablen enthält,die EinheitsmatrixE bezüglich der Basisvariablen ist natürlich uninteressant!)vorteilhaft darzustellen. Dazu müssen die entsprechendenZeilen und Spalten mitden entsprechenden Bezeichnungen versehen werden. Da diese Informationen zuBeginn übergeben wurden, erfolgt dies in einem vierten Schritt (siehe Abbildung32). Leider kann man das Ergebnis in Abbildung 36 nur schlecht lesen (man ver-wende die Zoom-Funktion des Pdf-Viewers!). Darüber hinausist es möglich dieWerte in eine Datei auszugeben und mit anderen Mitteln zu bearbeiten. Sei es mitProgrammierungen in Python, das für solche Aufgaben sehr gut geeignet ist, dasie eine High-Level-Sprache darstellt, die besonders viele String-Operationen ent-hält. Ein Einlesen in Excel wäre auch möglich. Leider existieren in Mathematicanämlich (bis jetzt!) keine besonderen Formatierungsbefehle, mit denen man dieText-Datei, wie dies mitGridBox [· · · ] geschieht, genau so ausgeben kann wiegezeigt (hier wurde einfach eine eps-Datei aus der „Selection“ der Box im Note-book erzeugt, siehe Abbildung 36).

Im Folgenden soll das duale Problem besprochen werden. Das duale Problemkann man wie bekannt aus dem primalen Problem herleiten, indem man dieLa-grange-Funktion bildet und dann diese Funktion umordnet:

L(x,u) = −c · x+ u · (H · x− b) = −u · b+ x · (HT · u− c)

Dies ist gleichbedeutend mit der Optimierung von

minu b · u unter den Nebenbedingungen:

HT · u− c ≥ 0

Werden hier Schlupfvariablenµµµ eingeführt, so gilt:

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Investitionsre hnung 5 - 162 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Automatische Erstellung der Matrizen und

Berechnung der Variablen *L

xgleichungen = Length @bliquid D;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, xgleichungen ++D, 8j, 1, xobjekte <D;

xvariablen = xgleichungen;

Gc = Table @0.0, 8i, 1, xobjekte + 1<D;

Do@Gc@@i DD = -Zielkoeffizienten @@i DD, 8i, 1, Length @Zielkoeffizienten D<D;

b = Table @0, 8xgleichungen <D;

Do@b@@i DD = bliquid @@i DD, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8b@@k + Length @bliquid DDD = Objekt @j D@@3DD, k ++<D,

8j, 1, xobjekte <D;

xspalten = xvariablen;

xzeilen = xobjekte + 1;

An = Table @0, 8xzeilen <, 8xspalten <D;

Do@Do@An@@j, i DD =

D@Objekt @j D@@4DD, ToExpression @StringJoin @8namesliquid @@1DD, ToString @i - 1D<DDD,

8j, 1, xobjekte <D, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8An@@j, k + Length @bliquid DDD = 1, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

An = -An;

Do@An@@xzeilen, j DD = -b@@j DD, 8j, 1, xvariablen <D;

Zielfunkt = Sum@b@@i DD * x@i D, 8i, 1, xvariablen <D;

Do@

Restrikt @i D = -Gc@@i DD + Sum@An@@i, j DD * x@j D, 8j, 1, xvariablen <D, 8i, 1, xobjekte <D;

ListZ = Table @0, 8i, 1 + xobjekte + xvariablen <D;

ListZ @@1DD = "Zielfunkt";

Do@ListZ @@1 + i DD = StringJoin @8"Restrikt @", ToString @i D, " D£0.0" <D, 8i, 1, xobjekte <D;

Do@ListZ @@1 + xobjekte + j DD = StringJoin @8"x @", ToString @j D, " D³0" <D, 8j, 1, xvariablen <D;

ListVariables = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@ListVariables @@i DD = StringJoin @" 8x@", ToString @i D, " D<" D, 8i, 1, xvariablen <D;

Z = FindMinimum @ToExpression @ListZ D, ToExpression @ListVariables DD;

Print @ZD;

Abbildung 33: Das automatis he Dual-LP - Teil 2b (Mathemati a)

HT · u− µµµ = c

Auch hier soll die Berechnung und Auswertung automatisiertwerden. Um dieProgrammstruktur zu vereinfachen, wird hier das äquivalente Primalproblem zuGrunde gelegt, d.h. wir optimieren

maxu −b · u unter den Nebenbedingungen:

−HT · u+ µµµ = −c

Im Vergleich zum Primalproblem sind also dieb als Zielfunktionskoeffienten,c

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Investitionsre hnung 5 - 163 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Ermittlung der Basis - und Nichtbasisvariablen und Umordnen der LP -Matrix *L

H* Angabe der Toleranzgenauigkeit *L

Tol = 10.0^ H-10L;

Ab = Table @0.0, 8j, 1, xzeilen <, 8i, 1, xzeilen <D;

Ab@@xzeilen, xzeilen DD = 1.0;

V = Table @i, 8i, 1, xvariablen + xobjekte <D;

BV = 8<;

Do@x@j D = x@j D �. Z @@2DD, 8j, 1, xvariablen <D;

Do@y@i D = Gc@@i DD - Sum@An@@i, j DD * x@j D, 8j, 1, xvariablen <D, 8i, 1, xobjekte <D;

Do@If @y@i D > Tol, BV = Append@BV, xvariablen + i DD, 8i, 1, xobjekte <D;

j = 1;

Do@If @y@i D < Tol,

8For @k = j, k < xvariablen + 1, k ++, If @x@kD > Tol, 8BV = Append@BV, k D, Break @D<DD,

j = k + 1<D, 8i, 1, xobjekte <D;

If @Length @BVD < xobjekte, 8Print @"Primale Entartung" D, Interrupt @D<D;

NBV= Complement @V, BVD;

Do@Do@If @NBV@@j DD � i, 8merke = NBV@@i DD, NBV@@i DD = i, NBV @@j DD = merke <D,

8j, 1, Length @NBVD<D, 8i, 1, xvariablen <D;

Do@If @BV@@i DD > xvariablen, 8Do@Ab@@l, i DD = 0.0, 8l, 1, xzeilen <D,

Ab@@BV@@i DD - xvariablen, i DD = 1.0 <,

8Do@Ab@@l, i DD = An@@l, BV @@i DDDD, 8l, 1, xzeilen <D<D, 8i, 1, Length @BVD<D;

Do@ If @NBV@@i DD > xvariablen, 8Do@An@@l, i DD = 0.0, 8l, 1, xzeilen <D,

An@@NBV@@i DD - xvariablen, i DD = 1.0 <D, 8i, 1, Length @NBVD<D;

An = Inverse @AbD.An;

Gc = Inverse @AbD.Gc;

Print @BVD;

Print @NBVD;

An = -An;

Abbildung 34: Das automatis he Dual-LP - Teil 3b (Mathemati a)

als Vektor der Basiszahlungen und die KoeffizientenmatrixH im Vorzeichen um-zukehren, wobei die Bezeichnungen aus dem primalen Problemgeerbt werden.Die Matrix H ist zusätzlich zu transponieren. Das weitere Vorgehen ist bis aufunterschiedliche Dimensionen der Matrizen vergleichbar.Daher müssen die ent-sprechenden Programmteile marginal verändert werden (siehe Abbildungen 33,34, 35). Auf diese Weise lässt sich das Verfahren der Ermittlung des Simplex-Tableaus vollkommen analog auf duale Optimierungsproblemanwenden. Da wirdie Rechnung Mathematica überlassen, brauchen wir uns des Weiteren keine Ge-danken machen. Werden die Ergebnisse ausgeworfen, müssen die einzelnen Ma-trizen nur aufbereitet werden. Zudem ändern sich bei der Darstellung auch dieBezeichnungen von primal zu dual.

Zur einfachen Übersicht werden die Ergebnisse im gegebenenBeispiel zur Ver-mögensmaximierung nach den Eingabedaten aus Abbildung 29 für das primale

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Investitionsre hnung 5 - 164 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Zuordnen der Bezeichnungen und Ausgeben der Matrix *L

Schlupf = Table @0.0, 8i, 1, xobjekte <D;

k = 1;

Do@If @Objekt @i D@@1DD � "income",

8Schlupf @@i DD = StringJoin @namesincome @@2DD, ToString @k - 1DD, k ++<D, 8i,

1, xobjekte <D;

k = 1;

Do@If @Objekt @i D@@1DD � "objekt",

8Schlupf @@i DD = StringJoin @namesobjekt @@2DD, ToString @k - 1DD, k ++<D, 8i,

1, xobjekte <D;

Var = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@Var @@i DD = StringJoin @namesliquid @@1DD, ToString @i - 1DD, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0.0, 8Var @@k + Length @bliquid DDD =

StringJoin @namesrestrictions @@1DD, ToString @kDD, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

outtable = Table @0.0, 8i, Length @BVD + 2<, 8j, Length @NBVD + 2<D;

Do@If @BV@@i DD > xvariablen, outtable @@i + 1, 1 DD = Schlupf @@BV@@i DD - xvariablen DD,

outtable @@i + 1, 1 DD = Var @@BV@@i DDDDD, 8i, 1, Length @BVD<D;

outtable @@Length @BVD + 2, 1 DD = "Ziel";

Do@If @NBV@@j DD > xvariablen, outtable @@1, j + 1DD = Schlupf @@NBV@@j DD - xvariablen DD,

outtable @@1, j + 1DD = Var @@NBV@@j DDDDD, 8j, 1, Length @NBVD<D;

Do@If @Abs@An@@i, j DDD < Tol, outtable @@i + 1, j + 1DD = 0.0,

outtable @@i + 1, j + 1DD = An@@i, j DDD, 8i, 1, xzeilen <, 8j, 1, xspalten <D;

Do@outtable @@i + 1, Length @NBVD + 2DD = Gc@@i DD, 8i, 1, xzeilen <D;

outtable @@1, 1 DD = "BV";

outtable @@1, Length @NBVD + 2DD = "RS";

merke = outtable @@2DD; outtable @@2DD = outtable @@Length @BVD + 2DD;

outtable @@Length @BVD + 2DD = merke;

H* Ausgabe der Matrix *L

GridBox @outtable, ColumnAlignments ® Center,

RowAlignments ® Baseline, ColumnSpacings ® 2, RowSpacings ® 1D �� DisplayForm

Abbildung 35: Das automatis he Dual-LP - Teil 4b (Mathemati a)

und duale Problem übersichtlich dargestellt. Die Ergebnisse sind in den Abbil-dungen 36 und 37 gegeben. Wie man anhand der Ergebnisse erkennen kann, sinddie rechten Seiten und Schattenpreise (oberste Zeile) positiv, so dass es sich umeine zulässige Lösung handelt. Man erkennt außerdem, dass die Einträge in denbeiden Simplex-Tableaus vollkommen identisch sind. Die Matrix wird beim Über-gang vom Primal- zum Dualproblem lediglich transponiert und es werden die ent-sprechenden dualen Bezeichnungen verwendet. Z.B. gilt fürdie ObjektvariableG0 in Abbildung 36 die Schlupfvariableǫ0 in Abbildung 37. WährendG0 als Ba-sisvariable den Wert31.6414 im Primaltableau annimmt, muss natürlich die kor-respondiere Schlupfvariableǫ0 im Dualtableau eine Nichtbasisvariable und damitnull sein (analog für alle anderen Variablen). Was jedoch amauffallendsten ist,ist die Tatsache, dass die Basisvariablen des Primalproblems gleich den Schatten-preisen der Zielfunktionswertzeile des Dualproblems sindund umgekehrt. Somit

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Investitionsre hnung 5 - 165 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

BV sKR1 sA G2 G3 sKR0 I2 y0 y1 y2 y3 F0 F1 F2 RS

Ziel 0.0782016 76.5722 0.555177 1.15668 0.65 71.1376 4.5 3.5 3.05518 2.65668 0.818 0.276788 0.244414 143.418

sI2 0. 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 2.

sKR2 -0.488283 0.817439 0.435967 -0.490463 0. -30.5177 0. 0. 0.435967 -0.490463 0. -0.459946 0.954877 16.1689

G0 -0.842289 16.9101 0.752044 0.653951 1. 57.3569 1. 0. 0.752044 0.653951 1. -0.793406 0.0601635 31.6414

G1 1.10529 0.13624 -0.0940054 -0.0817439 -1.1 -53.4196 0. 1. -0.0940054 -0.0817439 -1.052 1.09918 -0.00752044 0.294823

I1 0.00701907 0.675749 -0.00626703 -0.00544959 0. 0.438692 0. 0. -0.00626703 -0.00544959 0. 0.00661172 -0.000501362 0.886322

A 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1.

KR0 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 30.

KR1 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 30.

KR2 0.488283 -0.817439 -0.435967 0.490463 0. 30.5177 0. 0. -0.435967 0.490463 0. 0.459946 -0.954877 13.8311

sI1 -0.00701907 -0.675749 0.00626703 0.00544959 0. -0.438692 0. 0. 0.00626703 0.00544959 0. -0.00661172 0.000501362 0.113678

Abbildung 36: Ergebnisausdru k Beispiel Vermögensmaximierung primal

BV Ε1 Μ0 Μ5 Ε0 u1 u2 Μ2 Μ3 Μ4 u6 RS

Ziel 0.294823 0.886322 13.8311 31.6414 0.113678 2. 1. 30. 30. 16.1689 143.418

Ε3 -0.0817439 -0.00544959 0.490463 0.653951 0.00544959 0. 0. 0. 0. -0.490463 1.15668

Μ1 -53.4196 0.438692 30.5177 57.3569 -0.438692 1. 0. 0. 0. -30.5177 71.1376

Μ6 -1.052 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.818

Μ7 1.09918 0.00661172 0.459946 -0.793406 -0.00661172 0. 0. 0. 0. -0.459946 0.276788

Μ8 -0.00752044 -0.000501362 -0.954877 0.0601635 0.000501362 0. 0. 0. 0. 0.954877 0.244414

d0 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 4.5

d1 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 3.5

d2 -0.0940054 -0.00626703 -0.435967 0.752044 0.00626703 0. 0. 0. 0. 0.435967 3.05518

d3 -0.0817439 -0.00544959 0.490463 0.653951 0.00544959 0. 0. 0. 0. -0.490463 2.65668

u3 0.13624 0.675749 -0.817439 16.9101 -0.675749 0. 1. 0. 0. 0.817439 76.5722

u4 -1.1 0. 0. 1. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0.65

u5 1.10529 0.00701907 0.488283 -0.842289 -0.00701907 0. 0. 0. 1. -0.488283 0.0782016

Ε2 -0.0940054 -0.00626703 -0.435967 0.752044 0.00626703 0. 0. 0. 0. 0.435967 0.555177

Abbildung 37: Ergebnisausdru k Beispiel Vermögensmaximierung dual

sind beide Rechnungen stark miteinander verquickt. Für dieBerechnung ist daseher unerheblich, da die Werte bis auf bestimmte Umordnungsoperationen voll-kommen übereinstimmen. Ob man nun also das Primal- oder das Dualproblemlöst, ist eher eine numerische Frage. Diese Korrespondenz gilt so allerdings nurfür lineare Problemstellungen. Bei nichtlinearen Strukturen sind die beiden Op-timierungsprobleme üblicherweise nicht separabel. Hier muss das duale Problemin einem Nachlaufschritt nach Lösung des Primalproblems gelöst werden.

sKR1 sA G2 G3 sKR0 I2 y0 y1 y2 y3 F0 F1 F2

u5 u3 ǫ2 ǫ3 u4 µ1 d0 d1 d2 d3 µ6 µ7 µ8

ǫ1 µ0 µ5 ǫ0 u1 u2 µ2 µ3 µ4 u6

G1 I1 KR2 G0 sI1 sI2 A KR0 KR1 sKR2

Tabelle 35: a) Zielfunktionswertkoe�zienten primal/Basisvariablen dual, b)

Zielfunktionswertkoe�zienten dual/Basisvariablen primal (jeweils glei h)

Für die dargestellte Struktur des LP-Problems ist das bisherige Mathematica-Programm (mit den Teilen 2a/b sowie 4a/b) vollkommen ausreichend. Wird das

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Problem hingegen komplexer (bestimmte Sonderfälle wie zusätzliche Nebenbe-dingungen oder Ganzzahligkeit), so müssen nur diese Teile (Bestimmung der Ma-trix und Ausgabe des Ergebnisses) angepasst werden und entsprechende Einga-bedaten bereitgestellt werden. Der Teil 3 behält jedoch weiterhin seine Gültigkeit(wer darüber hinaus in der Lage ist einen effizienteren Code zu schreiben, solldas bitte tun!). Ziel der folgenden Betrachtungen soll es sein, weitere Grundfäl-le wie die Endwertmaximierung und die Einkommensmaximierung zu behandelnund dabei auf die Bedeutung der Schattenpreise im endgültigen Simplex-Tableaueinzugehen. Sonderfälle wie auch nichtlineare Problemstellungen sollen späterbetrachtet werden.

5.10.5 Konvexe Optimierung bei Endwertmaximierung

Im Falle der Endwertmaximierung existiert lediglich eine EntnahmeG3 zu t =3, folglich mit einem Wichtungsfaktor von eins. Die Eingabedaten ergeben sichgemäß Abbildung 38.

H* Eingabedaten *L

H* Anzahl der Objekte und einzelne Objekte

Position 1 : "income" oder "objekt"?,

Position 2 : Name des Objekts,

Position 3 : Schranke Hwenn null, dann keine Schranke L,

Position 4 -: Cashflow für die einzelnen Zeitpunkte *L

xobjekte = 10;

Objekt @1D = 8"income", "G3", 0, d3 <;

Objekt @2D = 8"objekt", "I1", 1, 120 * d0 - 15 * d1 - 90 * d2 - 80 * d3<;

Objekt @3D = 8"objekt", "I2", 2, 110 * d0 - 60 * d1 - 70 * d2<;

Objekt @4D = 8"objekt", "A", 1, -98 * d0 + 10 * d1 + 60 * d2 + 55 * d3<;

Objekt @5D = 8"objekt", "KR0", 30, -1 * d0 + 1.1 * d1<;

Objekt @6D = 8"objekt", "KR1", 30, -1 * d1 + 1.12 * d2<;

Objekt @7D = 8"objekt", "KR2", 30, -1 * d2 + 1.15 * d3<;

Objekt @8D = 8"objekt", "F0", 0, 1 * d0 - 1.052 * d1<;

Objekt @9D = 8"objekt", "F1", 0, 1 * d1 - 1.055 * d2<;

Objekt @10D = 8"objekt", "F2", 0, 1 * d2 - 1.058 * d3<;

H* Vektor der Zielfunktionskoeffizienten für alle Objekte *L

Zielkoeffizienten = 81<;

H* Basiscashflow für die verschiedenen Zeitpunkte *L

bliquid = 810, 0, 0, 0 <;

H* Namen der Basis - und Nichtbasisvariablen *L

namesincome = 8"G", " Ε" <;

namesobjekt = 8"x", " Μ" <;

namesliquid = 8"d", "y" <;

namesrestrictions = 8"u", "s" <;

Abbildung 38: Eingabedaten Endwertmaximierung - Teil 1 (Mathemati a)

Die Ergebnisse bzw. die mit dem angegebenen Programm ermittelten Simplex-Tableaus sind in den Abbildungen 39 und 40 enthalten.

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Investitionsre hnung 5 - 167 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

BV y3 y2 I2 sI1 y0 y1 KR2 F0 F1 sKR0 RS

Ziel 1. 1.058 1.13073 33.4071 1.32989 1.18496 0.092 0.083316 0.06877 0.0264379 47.4992

sA 0. 0. 1.12245 -1.22449 0.0102041 0. 0. 0.0102041 0. 0.0102041 0.183673

sKR1 0. 0. -48.7755 2.7551 0.102041 1. 0. -0.949959 1. -0.997959 3.83673

sKR2 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 30.

G3 1. 1.058 1.13073 33.4071 1.32989 1.18496 0.092 0.083316 0.06877 0.0264379 47.4992

I1 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1.

A 0. 0. -1.12245 1.22449 -0.0102041 0. 0. -0.0102041 0. -0.0102041 0.816327

KR0 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1. 30.

KR1 0. 0. 48.7755 -2.7551 -0.102041 -1. 0. 0.949959 -1. 0.997959 26.1633

F2 0. 1. -57.2816 19.6163 0.726531 1.12 -1. -0.451709 0.065 -0.505469 11.7176

sI2 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 2.

Abbildung 39: Ergebnisausdru k Beispiel Endwertmaximierung primal

BV Μ0 Μ2 Μ4 Μ8 Ε0 u2 u3 Μ3 u5 u6 RS

Ziel 1. 0.816327 26.1633 11.7176 47.4992 2. 0.183673 30. 3.83673 30. 47.4992

Μ5 0. 0. 0. -1. 0.092 0. 0. 0. 0. 1. 0.092

Μ6 0. -0.0102041 0.949959 -0.451709 0.083316 0. 0.0102041 0. -0.949959 0. 0.083316

Μ7 0. 0. -1. 0.065 0.06877 0. 0. 0. 1. 0. 0.06877

d0 0. -0.0102041 -0.102041 0.726531 1.32989 0. 0.0102041 0. 0.102041 0. 1.32989

d1 0. 0. -1. 1.12 1.18496 0. 0. 0. 1. 0. 1.18496

d2 0. 0. 0. 1. 1.058 0. 0. 0. 0. 0. 1.058

d3 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 1.

u1 1. 1.22449 -2.7551 19.6163 33.4071 0. -1.22449 0. 2.7551 0. 33.4071

u4 0. -0.0102041 0.997959 -0.505469 0.0264379 0. 0.0102041 1. -0.997959 0. 0.0264379

Μ1 0. -1.12245 48.7755 -57.2816 1.13073 1. 1.12245 0. -48.7755 0. 1.13073

Abbildung 40: Ergebnisausdru k Beispiel Endwertmaximierung dual

Es ermittelt sich ein Endwert vonG3 = 47.4992. Dabei werdenI1 undKR0 voll-ständig realisiert.I2 ist eine Nichtbasisvariable und wird daher nicht realisiert.Es werden KrediteKR0 = 30 und KR1 = 26.1633 sowie eine Geldanlage imRahmen vonF2 = 11.7176 getätigt. Als Grenzobjekte fungierenKR1, A undF2.KR1 bzw.A deswegen, da die Obergrenzen von 30 bzw. 1 nicht erreicht werdenundF2 deswegen, weil erst gar keine Obergrenzen definiert sind. Die Grenzob-jekte KR1 und F2 sind klar bestimmten Perioden zuordenbar, so dass die ent-sprechenden Grenzzinssätze eindeutig durchi1,2 = 0.12, i2,3 = 0.058 gegebensind. Füri0,1 kann man die Initialverzinsung vonA heranziehen. Es ergibt sichVA = (10 ·d1+60 ·d2+55 ·d3−98 ·d1)/(98 ·d1) = 0.12231. Die entsprechendenAufzinsungsfaktoren nacht = 3 ergeben sich zu:

ρ0,3 = d0/d3 = 1.32989/1.0 = 1.32989ρ1,3 = d1/d3 = 1.18496/1.0 = 1.18496ρ2,3 = d2/d3 = 1.058/1.0 = 1.058ρ3,3 = d3/d3 = 1.0

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Investitionsre hnung 5 - 168 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Daraus ermittelt sich der Kapitalwert der Geldentnahmen zu(ρ3 = 1/ρ0,3)

K0EW = G3 ρ3 = G3d3d0

= 47.4992/1.32989 = 35.71664,

der größer ist als der Kapitalwert bei Vermögensmaximierung, der ja zu

K0VM = GW/d0 = 31.870612

ermittelt wurde. Dies liegt daran, dass es sinnvoller ist, das Geld im Unternehmenzu belassen und für sich arbeiten zu lassen.

y3 y2 I2 sI1 y0 y1 KR2 F0 F1 sKR0

d3 d2 µ1 u1 d0 d1 µ5 µ6 µ7 u4

µ0 µ2 µ4 µ8 ǫ0 u2 u3 µ3 u5 u6

I1 A KR1 F2 G3 sI2 sA KR0 sKR1 sKR2

Tabelle 36: a) Zielfunktionswertkoe�zienten primal/Basisvariablen dual, b)

Zielfunktionswertkoe�zienten dual/Basisvariablen primal (jeweils glei h)

Anhand der Ergebnisse im Simplex-Tableau kann man ein wenigherumspielen.Die Koeffizienten in diesem Tableau haben Marginalcharakter, d.h. sie geltenstreng genommen nur für sehr kleine Pertubationen und nichtabsolut. Sie geltensolange, wie die Struktur der Optimallösung beibehalten wird (d.h. die Menge derBasis- und Nichtbasisvariablen).KR1 hat einen Wert von26.1633. Da die Spalteunter den Nichtbasisvariablen angibt, in welche Richtung sich die Basisvariablenbewegen, wenn die Nichtbasisvariablen sich um eine Einheitverändern, entnimmtman der Spalte untery1, dass eine Einheit mehr Geld int = 1 (y1 ist die Schlupf-variable in der Liquiditätsnebenbedingung fürt = 1. Praktisch gesehen gilt dieSpalte für∆y1 = −1.0, da eine Einheit mehr Geld bedeutet, dass der Schlupfkleiner wird, auch wenn er bereits null ist. Das ist also ein reines Gedankenexpe-riment) zu einer Verringerung des Kredits um 1 führt. Dass∆y1 negativ zu wertenist, erkennt man auch daran, dass die Zielfunktionswertzeile sich wie folgt lesenlässt:

Ziel + d0 y0 + d1 y1 + d2 y2 + d3 y3 + I2 µ1

+KR2 µ5 + F0 µ6 + F1 µ7 + sI1 u1 + sKR0 u4 = 47.4992

Folglich nimmt der Zielwert nur zu, wenn die Nichtbasisvariablen abnehmen. Al-

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Investitionsre hnung 5 - 169 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

so korrespondieren die Schattenpreise zu negativen∆’s.

Die Ereigniskette ist hier wie folgt:

∆y1 = −1.0 ⇒ ∆KR1 = −1.0 ⇒ ∆F2 = 1.12 ⇒ ∆G3 = 1.18496

und lässt sich exakt nachzeichnen. Durch die zusätzliche Geldeinheit kann derKredit exakt um1 gekürzt werden. Dies erspart eine Periode später Zins und Til-gung in der Höhe von1 · 1.12 = 1.12. Dieser Betrag kann voll inF2 angelegtwerden und entwickelt sich bei einem Zins von5.8% zu einem Geldbetrag vonG3 = 1.18496, der voll ausgeschüttet werden kann.

Der Endwert der InvestitionI1 ist gleich:

K0 I1 = −120.0 ρ0,3 + 15 ρ1,3 + 90 ρ2,3 + 80 ρ3,3 = 33.4076

und entspricht damit exakt dem Schattenpreis untersI1. D.h. wird eine Einheitmehr anI1 möglich (bzw.∆sI1 = −1), so steigtG3 gerade um33.4076. Wirdhier die Ereigniskette nachgezeichnet, so ergibt sich:

∆sI1 = −1.0 ⇒ ∆I1 = 1.0 ⇒ ∆A = 1.22449 ⇒ ∆KR1 = −2.7551⇒ ∆F2 = 19.6163 ⇒ ∆G3 = 33.4071

Wird I1 erhöht, so wird ein Kredit von120 nötig (marginal betrachtet). DieserBetrag wird über die AnleiheA = 120.0/98.0 = 1.22449 finanziert. Int = 1ergibt sich ein Zahlungsstrom von15 − 1.22449 · 10 = 2.7551, der zusätzlichzur Verfügung steht. Der KreditKR1 kann also um diesen Betrag gekürzt wer-den, so dass int = 2 ein Betrag von2.7551 · 1.12 = 3.085712 zusätzlich zurVerfügung steht, der angelegt werden kann. Aus den Zahlungsströmen vonI1 undA verbleibt ein weiterer Geldbetrag von90 − 1.22449 · 60 = 16.5306, so dassschließlich16.5306+3.085712 = 19.6163 in F2 angelegt werden können, die miteinem Zins von5.8% zu einem Betrag von20.75405 anwachsen. Wird letztlichder Zahlungsstrom int = 2 von 80 − 1.22449 · 55 = 12.65305 berücksichtigt,so kann insgesamt ein Betrag vonG3 = 12.65305 + 20.75405 = 33.4071 ausge-schüttet werden.

Was passiert, wennI2 dennoch durchgeführt wird? Nun wird keine Schlupfvaria-ble variiert. Hier handelt es sich um eine Objektvariable. Durch Umordnen derZielfunktionswertzeile erkennt man aber ceteris paribus:

Ziel = 47.4992− I2 µ1 = 47.4992− 1.13073 I2

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Investitionsre hnung 5 - 170 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Also nimmt der Endwert mitI2 ab. (Man beachte, dass auch hier die Spaltenwertefür ein negatives∆I2 gelten. Wollen wir also die Spalte für∆I2 = 1.0 auswerten,so müssen wir die Spaltenwerte vorher im Vorzeichen umkehren):

∆I2 = 1.0 ⇒ ∆A = 1.12245 ⇒ KR1 = −48.7755 ⇒ ∆F2 = 57.2816⇒ ∆G3 = −1.13073

Zunächst wird ein Kredit int = 0 von110 nötig, der über die Anleihe zu110/98 =1.122449 finanziert wird. Int = 1 ergibt sich ein Zahlungsstrom von60 ausI2und−10 · 1.122449 = −11.22449 ausA, der sich zu48.77551 addiert. DieserBetrag kann int = 1 an KreditKR1 eingespart werden, so dass int = 2 zu-sätzlich48.77551 · 1.12 = 54.62857 zur Verfügung stehen. Der Zahlungsstrom int = 2 ist 70 für I2 und−60 · 1.122449 = −67.34694 für A, so dass sich insge-samt ein Geldbetrag von70− 67.34694 + 54.62857 = 57.28163 ergibt, der inF2

angelegt wird und sich zu57.28163 ·1.058 = 60.60396 entwickelt. Der Zahlungs-strom int = 3 ist −55 · 1.122449 = −61.734695, so dass ein Minusbetrag von60.60396 − 61.734695 = −1.130735 verbleibt. Die AusschüttungG3 muss umdiesen Betrag gekürzt werden.

Die Grenzobjekte sind wie gesagtKR1,A, F2 undG3. Wird noch einmal das Glei-chungssystem aufgemacht, so gilt:

120 I1 + 110 I2 − 98A− KR0 + F0 ≤ 10−15 I1 − 60 I2 + 10A+ 1.1KR0 − 1.052F0 − KR1 + F1 ≤ 0−90 I1 − 70 I2 + 60A+ 1.12KR1 − 1.055F1 − KR2 + F2 ≤ 0−80 I1 + 55A+ 1.15KR2 − 1.058F2 +G3 ≤ 0

Werden hier die voll realisierten ObjekteI1 = 1.0, KR0 = 30.0 sowie die Nullob-jekteF0 = 0,F1 = 0, I2 = 0 undKR2 = 0 berücksichtigt, so ergibt sich folgendesreduzierte Gleichungssystem:

−98A ≤ −8010A− KR1 ≤ −1860A+ 1.12KR1 + F2 ≤ 9055A− 1.058F2 +G3 ≤ 80

Daraus lassen sich die folgenden Matrizen extrahieren (alleyt sind null):

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Investitionsre hnung 5 - 171 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

−98 0 0 010 −1 0 060 1.12 1 055 0 −1.058 1

·

AKR1

F2

G3

=

−80−189080

Wird dieses Gleichungssystem gelöst, so ergibt sich in der Tat:

AKR1

F2

G3

=

−0.0102041 0 0 0−0.102041 −1 0 00.726531 1.12 1 01.32989 1.18496 1.058 1

·

−80−189080

=

0.81632726.163311.717647.4992

Auch lässt sich wie im Beispiel erkennen, was passiert, wenn∆I2 = 1.0, da sichdann ergibt:

−98A+ 110.0∆I2 ≤ −80.010A− KR1 − 60∆I2 ≤ −1860A+ 1.12KR1 + F2 − 70∆I2 ≤ 9055A− 1.058F2 +G3 ≤ 80

AKR1

F2

G3

=

1.93878−22.612268.999246.3685

Wir würden die im Vorzeichen umgekehrten Werte im Simplex-Tableau unter derSpalte fürI2 erwarten. Das ist aber nicht der Fall. Dies hängt damit zusammen,dass die gefundene Lösung unzulässig ist, daKR1 negativ wird und damit sichdie Struktur des Systems geändert hat. Der Schritt war einfach zu groß. Sinnvollerwäre es, nur eine marginale Änderung anzubringen, z.B. einemarginale Pertuba-tion von∆I2 = ǫ = 0.01. Dann ergibt sich:

−98A ≤ −80.0 − 110.0∆I2 = 81.110A− KR1 ≤ −18.0 + 60∆I2 = −17.460A+ 1.12KR1 + F2 ≤ 90 + 70∆I2 = 90.755A− 1.058F2 +G3 ≤ 80

AKR1

F2

G3

=

0.82755125.675512.290447.4879

und der Endwert ändert sich um47.4879 − 47.4992 = −0.0113. Wird nun diePertubation berücksichtigt, so gilt∆G3 = −0.0113/ǫ = −0.0113/0.01 = −1.13und ergibt das gesuchte Resultat (im Rahmen der Genauigkeit). Analog könnendie Schattenpreise fürA, KR1 undF2 abgeleitet werden.

5.10.6 Konvexe Optimierung bei Einkommensmaximierung

Die Ergebnisse bzw. die mit dem angegebenen Programm ermittelten Simplex-Tableaus sind in den Abbildungen 42 und 43 festgehalten.

Es ergibt sich eine gleichförmige Entnahme vonEN = 14.3036. Die GrenzobjektesindKR0, KR2 undI2. Damit sindi0,1 = 0.1 undi2,3 = 0.15. i1,2 lässt sich über den

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Investitionsre hnung 5 - 172 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Eingabedaten *L

H* Anzahl der Objekte und einzelne Objekte

Position 1 : "income" oder "objekt"?,

Position 2 : Name des Objekts,

Position 3 : Schranke Hwenn null, dann keine Schranke L,

Position 4 -: Cashflow für die einzelnen Zeitpunkte *L

xobjekte = 10;

Objekt @1D = 8"income", "EN", 0, 1.0 * d1 + 1.0 * d2 + 1.0 * d3<;

Objekt @2D = 8"objekt", "I1", 1, 120 * d0 - 15 * d1 - 90 * d2 - 80 * d3<;

Objekt @3D = 8"objekt", "I2", 2, 110 * d0 - 60 * d1 - 70 * d2<;

Objekt @4D = 8"objekt", "A", 1, -98 * d0 + 10 * d1 + 60 * d2 + 55 * d3<;

Objekt @5D = 8"objekt", "KR0", 30, -1 * d0 + 1.1 * d1<;

Objekt @6D = 8"objekt", "KR1", 30, -1 * d1 + 1.12 * d2<;

Objekt @7D = 8"objekt", "KR2", 30, -1 * d2 + 1.15 * d3<;

Objekt @8D = 8"objekt", "F0", 0, 1 * d0 - 1.052 * d1<;

Objekt @9D = 8"objekt", "F1", 0, 1 * d1 - 1.055 * d2<;

Objekt @10D = 8"objekt", "F2", 0, 1 * d2 - 1.058 * d3<;

H* Vektor der Zielfunktionskoeffizienten für alle Objekte *L

Zielkoeffizienten = 81<;

H* Basiscashflow für die verschiedenen Zeitpunkte *L

bliquid = 810, 0, 0, 0 <;

H* Namen der Basis - und Nichtbasisvariablen *L

namesincome = 8"G", " Ε" <;

namesobjekt = 8"x", " Μ" <;

namesliquid = 8"d", "y" <;

namesrestrictions = 8"u", "s" <;

Abbildung 41: Eingabedaten Einkommensmaximierung-Teil1 (Mathemati a)

voll ausgelasteten Kredit gemäß1.12+u5/d2−1 = 1.12+0.00912828/0.331443−1 = 0.147541 oder schlicht überi1,2 = d1/d2 − 1 = 0.380345/0.331443− 1 =0.147542 ermitteln. Damit ergibt sich ein Kapitalwert bei Einkommensmaximie-rung von:

K0EN = 14.3036 · (1

1.1+

1

1.14754 · 1.1+

1

1.15 · 1.14754 · 1.1)

= 14.3036 · (d1 + d2 + d3︸ ︷︷ ︸

1.0

)/d0 = 14.3036 · 2.39017 = 34.188

Somit ergibt sich ein Kapitalwert der Entnahmen, der zwischen denen bei Vermö-gensmaximierung und Endwertmaximierung liegt. Die Endwertmaximierung istwie erwartet am vorteilhaftesten.

Was passiert, wenn int = 2 eine Geldeinheit zusätzlich zur Verfügung steht, also∆y2 = −1.0? Dann gilt die folgende Ereigniskette:

∆y2 = −1.0 ⇒ ∆KR0 = −0.597685 ⇒ ∆I2 = −0.0054335⇒ ∆KR2 = −0.288212 ⇒ ∆EN = 0.331443

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Investitionsre hnung 5 - 173 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

BV sI1 sA sKR1 y0 y1 y2 y3 F0 F1 F2 RS

Ziel 8.38649 1.45948 0.00912828 0.418379 0.380345 0.331443 0.288212 0.0182566 0.0306721 0.0265155 14.3036

sKR0 106.107 -75.7288 -1.78682 -0.229152 -1.11741 0.597685 0.519726 0.946364 -1.74797 0.0478148 4.48193

sKR2 -62.2726 49.0952 0.00793763 0.363808 0.330735 0.288212 -0.618946 0.0158753 0.0266714 0.943057 20.6988

EN 8.38649 1.45948 0.00912828 0.418379 0.380345 0.331443 0.288212 0.0182566 0.0306721 0.0265155 14.3036

I1 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1.

I2 -2.05552 1.57935 0.0162438 0.0111741 0.0101583 -0.0054335 -0.00472478 0.000487597 0.0158906 -0.00043468 0.122892

A 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1.

KR0 -106.107 75.7288 1.78682 0.229152 1.11741 -0.597685 -0.519726 -0.946364 1.74797 -0.0478148 25.5181

KR1 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 30.

KR2 62.2726 -49.0952 -0.00793763 -0.363808 -0.330735 -0.288212 0.618946 -0.0158753 -0.0266714 -0.943057 9.3012

sI2 2.05552 -1.57935 -0.0162438 -0.0111741 -0.0101583 0.0054335 0.00472478 -0.000487597 -0.0158906 0.00043468 1.87711

Abbildung 42: Ergebnisausdru k Beispiel Einkommensmaximierung primal

BV Μ1 Μ3 Μ5 Ε0 Μ0 u2 Μ2 u4 Μ4 u6 RS

Ziel 0.122892 25.5181 9.3012 14.3036 1. 1.87711 1. 4.48193 30. 20.6988 14.3036

Μ7 0.0158906 1.74797 -0.0266714 0.0306721 0. -0.0158906 0. -1.74797 0. 0.0266714 0.0306721

Μ8 -0.00043468 -0.0478148 -0.943057 0.0265155 0. 0.00043468 0. 0.0478148 0. 0.943057 0.0265155

d0 0.0111741 0.229152 -0.363808 0.418379 0. -0.0111741 0. -0.229152 0. 0.363808 0.418379

d1 0.0101583 1.11741 -0.330735 0.380345 0. -0.0101583 0. -1.11741 0. 0.330735 0.380345

d2 -0.0054335 -0.597685 -0.288212 0.331443 0. 0.0054335 0. 0.597685 0. 0.288212 0.331443

d3 -0.00472478 -0.519726 0.618946 0.288212 0. 0.00472478 0. 0.519726 0. -0.618946 0.288212

u1 -2.05552 -106.107 62.2726 8.38649 1. 2.05552 0. 106.107 0. -62.2726 8.38649

u3 1.57935 75.7288 -49.0952 1.45948 0. -1.57935 1. -75.7288 0. 49.0952 1.45948

u5 0.0162438 1.78682 -0.00793763 0.00912828 0. -0.0162438 0. -1.78682 1. 0.00793763 0.00912828

Μ6 0.000487597 -0.946364 -0.0158753 0.0182566 0. -0.000487597 0. 0.946364 0. 0.0158753 0.0182566

Abbildung 43: Ergebnisausdru k Beispiel Einkommensmaximierung dual

Das System ist konsistent: Es kann zunächst ein Kredit von0.597685 in t = 0 ein-gespart werden. Da weniger Geld zur Verfügung steht, muss auf I2 um den Anteil−0.597685/110.0 = −0.0054335 verzichtet werden. Folglich fehlt int = 1 einZahlungsstrom von60 · 0.0054335 = 0.32601. Hinzu kommt hingegen der Be-trag aus dem Kredit in der Höhe von1.1 · 0.597685 = 0.6574535. Also verbleibt0.6574535 − 0.32601 = 0.3314435, was genau∆EN entspricht. Damit ist dieZahlungsbilanz int = 1 ausgeglichen. Int = 2 wird 0.331443 zusätzlich entnom-men und es muss auf70 · 0.0054335 = 0.380345 ausI2 verzichtet werden. Damitfehlen0.380345+0.33144 = 0.711785. Allerdings steht int = 2 eine Geldeinheitzusätzlich zur Verfügung, so dass1.0− 0.711785 = 0.288215 mehr an Liquidität

sI1 sA sKR1 y0 y1 y2 y3 F0 F1 F2

u1 u3 u5 d0 d1 d2 d3 µ6 µ7 µ8

µ1 µ3 µ5 ǫ0 µ0 u2 µ2 u4 µ4 u6

I2 KR0 KR2 EN I1 sI2 A sKR0 KR1 sKR2

Tabelle 37: a) Zielfunktionswertkoe�zienten primal/Basisvariablen dual, b)

Zielfunktionswertkoe�zienten dual/Basisvariablen primal (jeweils glei h)

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Investitionsre hnung 5 - 174 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

vorhanden ist. Folglich kann int = 2 der Kredit um diesen Betrag gekürzt wer-den. Der eingesparte Kreditbetrag0.288212 in t = 2 ergibt genau den Überfluss1.15 · 2.88212 = 0.33144, der int = 3 wiederum mehr entnommen werden kann.

5.10.7 Die primale und die duale Entartung

Tritt der Sonderfall ein, dass es weniger Basisvariablen gibt, als notwendig, alsomehr Null-Variablen als sinnvoll, ist eine primale Entartung gegeben. Dies sei aneinem kleinen Beispiel kurz demonstriert. Gegeben sei das folgende Problem:

maxx1,x2

w1 x1 + w2 x2 unter den Nebenbedingungen:

x1 ≤ 1x2 ≤ 1x1 + x2 ≤ 2

1 2

1

2

x1

x2

x +x =21 2

x =11

x =12 (1,1)

Abbildung 44: Beispiel für s hwa he Redundanz (primale Entartung)

Man sieht, dass die dritte Nebenbedingung im Punkt(x1, x2) = (1.0, 10) dasLösungsgebiet tangiert (es liegt schwache Redundanz vor).Es ist klar, dass dieEcke(x1, x2) = (1.0, 1.0) auch die Lösung angibt.Ab hat die Dimension 4, da3 Nebenbedingungen gegeben sind und somit 3 Schlupfvariablen existieren. JedeSchlupfvariable nimmt nun aber den Wert null an, da in dem Lösungspunkt alleNebenbedingungen bindend sind, so dass auf gut Glück eine bestimmte Schlupf-variable auszuwählen wäre (wir benötigen hier 3 Basisvariablen).

Wie man in Abbildung 45 sehen kann, existiert eine zusätzliche Nichtbasisvaria-ble (Wert von null), die jeweils manuell als Basisvariable ausgewählt wurde.

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Investitionsre hnung 5 - 175 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

BV y1 y2 RS

Ziel 1. 3. 7.

x1 -1. 1. 1.

x2 1. 0. 1.

y0 1. -1. 0.

BV y0 y2 RS

Ziel -1. 4. 7.

x1 1. 0. 1.

x2 -1. 1. 1.

y1 1. -1. 0.

BV y0 y1 RS

Ziel 3. 4. 7.

x1 1. 0. 1.

x2 0. 1. 1.

y2 -1. -1. 0.

Abbildung 45: Ergebnisse für alle 3 Mögli hkeiten (3,1,2); (4,1,2); (5,1,2)

(w1 = 3, w2 = 4)

H* Eingabedaten *L

H* Anzahl der Objekte und einzelne Objekte

Position 1 : "income" oder "objekt"?,

Position 2 : Name des Objekts,

Position 3 : Schranke Hwenn null, dann keine Schranke L,

Position 4 -: Cashflow für die einzelnen Zeitpunkte *L

xobjekte = 2;

Objekt @1D = 8"objekt", "x1", 0, 1.0 * d0 + 1.0 * d2<;

Objekt @2D = 8"objekt", "x2", 0, 1.0 * d1 + 1.0 * d2<;

H* Vektor der Zielfunktionskoeffizienten für alle Objekte *L

Zielkoeffizienten = 83, 4 <;

H* Basiscashflow für die verschiedenen Liquiditätsnebenbed ingungen *L

bliquid = 81, 1, 2 <;

H* Namen der Basis - und Nichtbasisvariablen *L

namesincome = 8"G", " Ε" <;

namesobjekt = 8"x", " Μ" <;

namesliquid = 8"d", "y" <;

namesrestrictions = 8"u", "s" <;

Abbildung 46: Eingabedaten primale Entartung - Teil 1 (Mathemati a)

Wir können auch den Fall der dualen Entartung untersuchen, wenn die Zielfunk-tionskoeffizienten genau so ausgewählt werden, dass sie aufeiner bindenden Ne-benbedingung (bzw. Geraden) liegen (primale Entartung = Basisvariable im pri-malen Problem oder Zielfunktionswertkoeffizient im dualenProblem null, dualeEntartung = Zielfunktionswertkoeffizient im primalen Problem oder Basisvariableim dualen Problem null, man beachte die Dualität!).

Wie man anhand Abbildung 47 sehen kann, sind dann Dualvariablen (Schatten-preise im primalen Problem) null. Man spricht daher von dualer Entartung. InAbbildung 47 fallen primale und duale Entartung zusammen. Dies kann auch an-hand des Simplex-Tableaus der Vermögensmaximierung aus Kapitel 5.10.4 ge-zeigt werden. Werden dort genau diewt gewählt, die zu dendt passen (w0 =4.5, w1 = 3.5, w2 = 3.05518, w3 = 2.65668), so sind die Einkommensnebenbe-dingungen des Dualproblems automatisch bindend und damit existieren wieder-um mehr bindende Nebenbedingungen als notwendig (siehe Abbildung 48. Hierist die Dualvariableǫ2 zuG2 nahezu null. Wie man sieht, ist nunKR2 das alleini-

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Investitionsre hnung 5 - 176 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

BV y1 y2 RS

Ziel 0. 2. 4.

x1 -1. 1. 1.

x2 1. 0. 1.

y0 1. -1. 0.

BV y0 y2 RS

Ziel 0. 2. 4.

x1 1. 0. 1.

x2 -1. 1. 1.

y1 1. -1. 0.

BV y0 y1 RS

Ziel 2. 2. 4.

x1 1. 0. 1.

x2 0. 1. 1.

y2 -1. -1. 0.

Abbildung 47: Ergebnisse für alle 3 Mögli hkeiten (3,1,2); (4,1,2); (5,1,2)

(w1 = 2, w2 = 2)

BV sA y0 G2 sKR0 sKR1 I2 y1 y2 y3 sI1 F0 F1 F2 RS

Ziel 76.5717 4.5 2. ´ 10-6 0.65 0.0781962 71.1373 3.5 3.05518 2.65668 0.00078 0.818 0.276783 0.244415 143.418

sKR2 -60. 0. 1. 0. -1.12 -70. 0. 1. 0. 90. 0. -1.055 1. 26.4

G0 98. 1. 0. 1. 0. 110. 0. 0. 0. -120. 1. 0. 0. 18.

G1 -10. 0. 0. -1.1 1. -60. 1. 0. 0. 15. -1.052 1. 0. 2.

G3 -124. 0. 1.15 0. -1.288 -80.5 0. 1.15 1. 183.5 0. -1.21325 0.092 20.86

I1 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 1.

A 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1.

KR0 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 30.

KR1 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 30.

KR2 60. 0. -1. 0. 1.12 70. 0. -1. 0. -90. 0. 1.055 -1. 3.6

sI2 0. 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 2.

Abbildung 48: Ergebnis Vermögensmaximierung primal (duale Entartung)

ge Grenzobjekt, dieGt sind natürlich auch Grenzobjekte, interessieren hier abernicht.GW ist gleich geblieben.). Da es bei diesem Beispiel schwer ist, genau denPunkt der Übereinstimmung zu treffen, da es sich um Dezimalzahlen handelt, be-handeln wir abschließend ein Beispiel zur dualen Entartung.

3 5

2

2.5

x1

x2

0.2 x + 0.4 x =11 2

x =31

x =22

x =31

Abbildung 49: Beispiel für Mehrdeutigkeit (duale Entartung)

maxx1,x2

0.2 x1 + 0.4 x2 unter den Nebenbedingungen:

x1 ≤ 3x2 ≤ 2

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Investitionsre hnung 5 - 177 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

x1 + 2 x2 ≤ 5

H* Eingabedaten *L

H* Anzahl der Objekte und einzelne Objekte

Position 1 : "income" oder "objekt"?,

Position 2 : Name des Objekts,

Position 3 : Schranke Hwenn null, dann keine Schranke L,

Position 4 -: Cashflow für die einzelnen Zeitpunkte *L

xobjekte = 2;

Objekt @1D = 8"objekt", "x1", 0, 1.0 * d0 + 1.0 * d2<;

Objekt @2D = 8"objekt", "x2", 0, 1.0 * d1 + 2.0 * d2<;

H* Vektor der Zielfunktionskoeffizienten für alle Objekte *L

Zielkoeffizienten = 80.2, 0.4 <;

H* Basiscashflow für die verschiedenen Zeitpunkte *L

bliquid = 83, 2, 5 <;

H* Namen der Basis - und Nichtbasisvariablen *L

namesincome = 8"G", " Ε" <;

namesobjekt = 8"x", " Μ" <;

namesliquid = 8"d", "y" <;

namesrestrictions = 8"u", "s" <;

Abbildung 50: Eingabedaten duale Entartung - Teil 1 (Mathemati a)

BV y1 y2 RS

Ziel 0. 0.2 1.

x1 -2. 1. 1.

x2 1. 0. 2.

y0 2. -1. 2.

Abbildung 51: Ergebnisse für duale Entartung

Während die duale Entartung gutartig ist (das primale Optimierungsproblem lässtsich lösen und die Menge der Basisvariablen ist eindeutig bestimmt!), auch wennein Schattenpreis null wird, ist die primale Entartung anders zu sehen. Hier istnicht klar, welche Nichtbasisvariable als Basisvariable zu wählen ist. Anhand vonAbbildung 45 wird klar, dass bei einer bestimmten Auswahl die Schattenpreisesogar negativ werden können, was ökonomisch gesehen sinnlos ist. Die ökono-misch sinnvollen von den sinnlosen Fällen zu unterscheiden, ist aus Sicht desAutors nicht klar. Daher wird ein Programmabbruch ausgelöst.

Normalerweise ergibt sich als bindende Ecke des konvexen Gebietes ein Schnitt-punkt von Hyperebenen im Raum (dem Pendant von Geraden in 2D), der durch

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Investitionsre hnung 5 - 178 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

die Objektvariablen aufgespannt wird. Praktisch gesehen dürfte es daher allge-mein so viele Nichtbasisvariablen geben, wie es die Dimension des Objektvektorsandeutet, da jede Nichtbasisvariable eine bindende Nebenbedingung angibt undeine Ecke im Hyperraum die Dimension des Objektvektors haben muss. Sind esmehr, so kann eine schwache Redundanz vorliegen. Gegenübereiner starken Red-undanz, die dann gegeben ist, wenn eine Nebenbedingung außerhalb des konvexbegrenzten Lösungsgebietes liegt und damit irrelevant ist, tangiert bei schwacherRedundanz eine überzählige Nebenbedingung die Ecke im maßgebenden Punkt,so dass die Zahl an Nichtbasisvariablen größer ist als erlaubt.

Bei der dualen Entartung ist eine Mehrdeutigkeit gegeben. Tatsächlich wäre jedeLösung auf der Geraden0.2 x1 + 0.4 x2 = 1 für x1 ∈ [0, 3] undx2 ∈ [0, 2] ei-ne mögliche Lösung. Hier schmeißt Mathematica eine bestimmte Lösung heraus(den linken oberen Punkt). Das ist willkürlich. Duale Entartung lässt sich aberleicht vermeiden durch eine nachträgliche leichte Pertubation der Zielfunktions-koeffizienten, indem diese geringfügig verändert werden, so dass die Zielfunk-tionshyperebene nicht mehr komplett auf einer Nebenbedingungshyperebene zuliegen kommt.

5.10.8 Berü ksi htigung zusätzli her Nebenbedingungen

Neben den Liquiditätsbedingungen kann es notwendig sein zusätzliche Restriktio-nen zu berücksichtigen wie z.B. für zusätzliche Nebenbedingungen, die eine be-stimmte Eigenkapitalquote oder möglicherweise Obergrenzen für eine kumulier-te Verschuldung bzw. Neukreditaufnahme vorsehen (siehe Hering (2008), S. 185ff.). Um die Eigenkapitalquote oder das Ausschüttungspotenzial wirklichkeitsnahabzubilden, bedarf es Nebenbedingungen, die die Rücklagenin jeder Periode un-ter Berücksichtigung des Gewinns und der Entnahmen fortschreiben. Damit wer-den jedoch auch zugleich neue Lenkpreise eingeführt, so dass die Kapitalwerteder einzelnen Objekte einen zusätzlichen Korrekturfaktorbekommen neben denanschaulichen endogenen Grenzzinsfüßen. Wir setzen zunächst voraus, dass dieNebenbedingungen sich auf die Investitions- und Finanzierungsobjekte beziehenohne die EntnahmenGt zu berühren, auch wenn sich Nebenbedingungen denkenließen, die auch bestimmte Restriktionen für die Entnahmegrößen vorsehen könn-ten. Ist einmal der Grundfall bekannt, ist die Erweiterung nicht besonders aufwän-dig (so bezieht sich das Mathematica-Programm z.B. auf alleGrößen, nicht nurdie Investitions- und Finanzierungsobjekte und ist daher allgemeiner).

Wir nehmen also an, es existierten zusätzliche Nebenbedingungen in der Grund-form (Hering (2008), S. 186):

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Investitionsre hnung 5 - 179 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

AT · x ≤ ααα ααα ∈ R

k, A ∈ Rm×k, x ∈ R

+m0

Die korrespondierenden Schlupfvariablen werden mitv bezeichnet, so dass gilt:

AT · x + v = ααα v ∈ R

+ k0

Das Primalproblem lässt sich für den Fall der Vermögensmaximierung wie folgtaufstellen:

L(G,x) = −w ·G+ d · (−H · x+G− b) + u · (x− xmax) + δδδ · (AT · x− ααα)

Durch eine Umordnung innerhalb der Koeffizienten und Wechsel der unabhängi-gen Variablen wird daraus das äquivalente Dualproblem:

L(d,u, δδδ) = −d ·b−ααα · δδδ−xmax ·u+x (−HT ·d+A · δδδ+u) +G · (−w+d)

Die Nebenbedingung für die Investitions- und Finanzierungsobjekte lautet:

−HT · d+ A · δδδ + u ≥ 0

Durch Division durchd0 kann man diese Gleichung auft0 beziehen, was ergibt:

−HT · ρρρ+ A ·

δδδ

d0+

u

d0≥ 0 ⇒

u

d0= K0 − A ·

δδδ

d0︸ ︷︷ ︸

Kkorr0

+µµµ

d0

mit K0 = HT · ρρρ. µµµ bezeichnen die Schlupfvariablen.

Ist das entsprechende Objektxj > 0 ein Grenzobjekt, d.h.uj = 0 undµj = 0,so musste bisher für den Kapitalwert gelten:K0 j = H

Tjt ρt = 0 (Summation über

t). Nun kommt ein zusätzlicher Anteil hinzu, so dass der korrigierte Kapitalwertnun lautet:Kkorr

0 j = HTjt ρt −Ajk

δkd0

= 0 (Summation übert und Summation überk). Praktisch gesehen kann der Kapitalwert der Zahlungsreihe des Objekts un-gleich null sein, obwohl es sich um ein Grenzobjekt handelt.„Unter Anwendungdieses korrigierten Kapitalwertes gilt das Kapitalwertkriterium wie im einfache-ren Grundfall. Greift diek. Nebenbedingung nicht, so istδk = 0. Somit sind diesogenannten Knappheitspreiseδk der neuen Nebenbedingungen neben den bis-her eingeführten Lenkpreisendt der Liquidität steuerungswirksam. Es kann zu-dem nicht ausgeschlossen werden, dass durch die bewirkte Einschränkung desLösungsraums ökonomisch unsinnige Lenkpreise resultieren (z.B. Geldvernich-tung (dt = 0))“ (Hering (2008), S. 186). Die Objektvariablen im Schnittpunkt

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Investitionsre hnung 5 - 180 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

der Hyperebenen werden durch die Nebenbedingungshyperebenen weiter einge-schränkt, so dass diese zahlenmäßig abnehmen (bzw. sich neukonfigurieren, fallssich ein neuer Schnittpunkt ergibt) und auch der Zielfunktionswert kleiner wird.

Es werde die gleiche Datenbasis zugrunde gelegt wie in Tabelle 34. Jedoch werdezusätzlich die Nebenbedingung:

I1 + A− 1.5 I2 ≤ 1.5

gewählt. Dabei erfolge eine Endwertmaximierung. Ohne Nebenbedingung galtI1 = 1.0, A = 0.816327 und I2 = 0.0 bei einem Endwert vonEW = 47.4992.Die Nebenbedingung ist bindend, daI1 +A− 1.5 I2 = 1.816327 > 1.5. Wird dieNebenbedingung erzwungen, so ergibt sich das Simplex-Tableau für das primaleOptimierungsproblem gemäß Abbildung 52. Wie man erkennt, ergibt sich nun einEndwert vonEW = 43.9696, d.h. der Zielfunktionswert nimmt ab, wie erwartet.Da in der Nebenbedingung der Koeffizient vonI2 negativ ist, kann die Neben-bedingung auch erfüllt werden, wenn zusätzlichI2 realisiert wird. Tatsächlich istnun I1 = 0.903448, A = 1.0 und I2 = 0.268966. Die Dualbasisvariableδ lässtsich als Zielfunktionswertkoeffizient unterv0 erkennen. Es istδ = 13.1396. Dasbedeutet, dass eine Einheit mehr Spielraum in den Nebenbedingungen zu einemPlus von13.1396 im Endwert führt (marginal gesehen).

BV y3 sA sKR0 y0 y1 y2 KR2 F0 F1 v0 RS

Ziel 1. 3.4123 0.195334 1.49879 1.18496 1.058 0.092 0.252212 0.06877 13.1396 43.9696

sI2 0. -0.751724 -0.00344828 -0.00344828 0. 0. 0. -0.00344828 0. 0.413793 1.73103

sKR1 0. 37.0172 -0.815517 0.284483 1. 0. 0. -0.767517 1. -19.1379 16.6897

sKR2 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1. 0. 0. 0. 30.

G3 1. 3.4123 0.195334 1.49879 1.18496 1.058 0.092 0.252212 0.06877 13.1396 43.9696

I1 0. 0.127586 0.00517241 0.00517241 0. 0. 0. 0.00517241 0. 0.37931 0.903448

I2 0. 0.751724 0.00344828 0.00344828 0. 0. 0. 0.00344828 0. -0.413793 0.268966

A 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 1.

KR0 0. 0. 1. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 30.

KR1 0. -37.0172 0.815517 -0.284483 -1. 0. 0. 0.767517 -1. 19.1379 13.3103

F2 0. 45.5628 -0.206483 1.02552 1.12 1. -1. -0.152723 0.065 -16.2621 25.2303

sI1 0. -0.127586 -0.00517241 -0.00517241 0. 0. 0. -0.00517241 0. -0.37931 0.0965517

Abbildung 52: Ergebnisausdru k Endwertmaximierung primal (mit NB)

Die einzelnen Abzinsungsfaktoren ermitteln sich zu:

ρ0 = 1.0ρ1 = d1/d0 = 1.18496/1.49879 = 0.79061109ρ2 = d2/d0 = 1.058/1.49879 = 0.70590276ρ3 = d3/d0 = 1.0/1.49879 = 0.6672048786

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Investitionsre hnung 5 - 181 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Eine leichte Probe ist es zu schauen, ob sich der Kapitalwertfür A ergibt, daAvoll realisiert wird. Wir bekommen:

K0A = 98 ρ0 − 10 ρ1 − 60 ρ2 − 55 ρ3 = 11.04345518.

Wir müssen jedoch berücksichtigen, dass wir diesen Kapitalwert korrigieren müs-sen. Der Korrekturwert lautet−1.0 δ

d0= −13.1396

1.49879= −8.76680522, so dassKkorr

0A =11.04345518−8.76680522 = 2.27665 folgt. Der Beitrag zum Endwert ist2.27665·d0d3

= 2.27665 · 1.498791.0

= 3.4122 und entspricht damit exakt dem Schattenpreis un-ter sA im Simplex-Tableau. Ähnliches lässt sich auch für dieGrenzobjekte erken-nen. Die Grenzobjekte sindKR1,F2, I1 undI2. FürI2 ergibt sich zum Beispiel derKapitalwertK0 I2 = −110 ρ0 + 60 ρ2 + 70 ρ2 = −13.1501414. Isoliert betrachtetwäreI2 unvorteilhaft. Jedoch müssen wir den Korrekturterm1.5 δ

d0berücksichti-

gen. Es ergibt sich1.5 · 13.13961.49879

= 13.150207, so dass insgesamt ein korrigierterKapitalwert vonKkorr

0 I2= 0.0 folgt.

Stünde eine zusätzliche Einheit an Spielraum in der Zusatzrestriktion zusätzlichzur Verfügung, so gelte die folgende Ereigniskette:

∆v0 = −1.0 ⇒ ∆I1 = 0.37931 ⇒ ∆I2 = −0.413793 ⇒ ∆KR1 = 19.1379⇒ ∆F2 = −16.2621 ⇒ ∆G3 = 13.1396

Zunächst steigtI1 um 0.37931 und I2 fällt um 0.413793. In t = 0 ergibt sichein Saldo von120 · 0.37931 − 110 · 0.413793 = 0.0 (pari). In t1 lautet der Sal-do 15 · 0.37931 − 60 · 0.413793 = −19.13793. Folglich muss der KreditKR1

um diesen Betrag ausgeweitet werden. Es folgt ein Minus von1.12 · 19.13793 =−21.4344816 in t2. Der Saldo aus den Investitionsobjekten ist nun90 · 0.37931−70 ·0.413793 = 5.17239. Es verbleibt ein Totalsaldo von5.17239−21.4344816 =−16.26209.F2 muss um diesen Betrag reduziert werden, so dass int = 3 das Gut-haben um1.058 · 16.26209 = 17.2052929 geringer ausfällt. Jedoch kann ausI1ein Betrag von80 ·0.37931 = 30.3448 entnommen werden, so dassG3 schließlichum 30.3448 − 17.2052929 = 13.1395 steigt. Dies entspricht dem Schattenpreisunterv0, alsoδ, da jede Einheit mehr an Spielraum geradeδ Einheiten mehr anG3 generiert. Dies gilt aber nur marginal, da die Optimallösung bei der aktuellenNebenbedingungI1 + A − 1.5 I2 + (v0 + ∆v0) = 1.5 vollkommen anders aus-sehen kann. In der Tat wird die Bedingung nicht einmal bindend sein, da sich imGrundfall ohne Nebenbedingung ein Wert von1.816327 < 2.5 = 1.5−∆v0 ergab.

„Manchmal sind mit zusätzlichen Restriktionen auch untrennbar zusätzliche Ent-scheidungsvariablen verbunden. Z.B. bei der Modellierungsteuerlicher Zinsfrei-

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Investitionsre hnung 5 - 182 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

beträge, bei der neben den Restriktionen für den jeweils noch verfügbaren steuer-lichen Zinsfreibetrag auch noch zeitpunktbezogene Variablen für die steuerlichenBemessungsgrundlagen erforderlich sind“ (Hering (2008),S. 190).

Das Mathematica-Programm, wie es bisher bekannt ist, wurdein den Teilen 1,2 und 4 modifiziert, um die zusätzlichen Nebenbedingungen zuberücksichtigen.Die Eingabedaten zu diesem Beispiel sind definiert nach Abbildung 53.

H* Eingabedaten *L

H* Anzahl der Objekte und einzelne Objekte

Position 1 : "income" oder "objekt"?,

Position 2 : Name des Objekts,

Position 3 : Schranke Hwenn null, dann keine Schranke L,

Position 4 -: Cashflow für die einzelnen Zeitpunkte *L

xobjekte = 10;

Objekt @1D = 8"income", "G3", 0, d3 <;

Objekt @2D = 8"objekt", "I1", 1, 120 * d0 - 15 * d1 - 90 * d2 - 80 * d3<;

Objekt @3D = 8"objekt", "I2", 2, 110 * d0 - 60 * d1 - 70 * d2<;

Objekt @4D = 8"objekt", "A", 1, -98 * d0 + 10 * d1 + 60 * d2 + 55 * d3<;

Objekt @5D = 8"objekt", "KR0", 30, -1 * d0 + 1.1 * d1<;

Objekt @6D = 8"objekt", "KR1", 30, -1 * d1 + 1.12 * d2<;

Objekt @7D = 8"objekt", "KR2", 30, -1 * d2 + 1.15 * d3<;

Objekt @8D = 8"objekt", "F0", 0, 1 * d0 - 1.052 * d1<;

Objekt @9D = 8"objekt", "F1", 0, 1 * d1 - 1.055 * d2<;

Objekt @10D = 8"objekt", "F2", 0, 1 * d2 - 1.058 * d3<;

H* Vektor der Zielfunktionskoeffizienten für alle Objekte *L

Zielkoeffizienten = 81<;

H* Basiscashflow für die verschiedenen Zeitpunkte *L

bliquid = 810, 0, 0, 0 <;

H* Zusätzliche Nebenbedingungen als £-Ungleichung

erste Größe gibt die rechte Seite an

alles andere wird mit Objektnamen versehen *L

xnebenbedingungen = 1;

Nebenbedingung @1D = 81.5, I1 + A - 1.5 * I2 <;

H* Namen der Basis - und Nichtbasisvariablen *L

namesincome = 8"G", " Ε" <;

namesobjekt = 8"x", " Μ" <;

namesliquid = 8"d", "y" <;

namesrestrictions = 8"u", "s" <;

namesnebenbedingungen = 8" ∆", "v" <;

Abbildung 53: Eingabedaten Max Endwert (mit NB) - Teil 1 (Mathemati a)

Man erkennt einen zusätzlichen Block, der die Nebenbedingungen definiert. DieAnzahl an Nebenbedingungen wird über die Variablexnebenbedingungen defi-niert (so erzeugtxnebenbedingungen = 0 gerade den Grundfall ohne Nebenbe-dingungen). Darunter sind die einzelnen Nebenbedingungenaufgeführt in einerListe mit je 2 Einträgen. Die Nebenbedingung wird durch die Objektnamen ko-diert, wobei die entsprechenden Koeffizienten Eingang in die Matrix An finden.

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Investitionsre hnung 5 - 183 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Da es sich um eine≤-Nebenbedingung handelt, wird ein möglicher invariablerKoeffizient auf der rechten Seite als erste Größe innerhalb der zweikomponenti-gen Liste angegeben. Die einzelnen Programme sind definiertin den Abbildungen54 und 55 für das Primalproblem und in den Abbildungen 56 und 57 für das Du-alproblem.

H* Automatische Erstellung der Matrizen und

Berechnung der Variablen *L

xgleichungen = Length @bliquid D;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, xgleichungen ++D, 8j, 1, xobjekte <D;

xgleichungen = xgleichungen + xnebenbedingungen;

xgleichungen ++;

xvariablen = xobjekte;

Gc = Table @0, 8xobjekte <D;

Do@Gc@@i DD = Zielkoeffizienten @@i DD, 8i, 1, Length @Zielkoeffizienten D<D;

b = Table @0, 8xgleichungen <D;

Do@b@@i DD = bliquid @@i DD, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8b@@k + Length @bliquid DDD = Objekt @j D@@3DD, k ++<D,

8j, 1, xobjekte <D;

Do@8b@@k + Length @bliquid DDD = Nebenbedingung @j D@@1DD, k ++<, 8j, 1, xnebenbedingungen <D;

xzeilen = xgleichungen;

xspalten = xobjekte;

An = Table @0, 8xzeilen <, 8xspalten <D;

Do@Do@An@@i, j DD =

D@Objekt @j D@@4DD, ToExpression @StringJoin @8namesliquid @@1DD, ToString @i - 1D<DDD,

8j, 1, xobjekte <D, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8An@@k + Length @bliquid D, j DD = 1, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

Do@8Do@An@@k + Length @bliquid D, j DD =

D@Nebenbedingung @i D@@2DD, ToExpression @Objekt @j D@@2DDDD,

8j, 1, xobjekte <D, k ++<, 8i, 1, xnebenbedingungen <D;

Do@An@@xzeilen, j DD = -Gc@@j DD, 8j, 1, xobjekte <D;

Zielfunkt = Sum@-Gc@@i DD * x@i D, 8i, 1, xvariablen <D;

Do@Restrikt @i D = -b@@i DD + Sum@An@@i, j DD * x@j D, 8j, 1, xvariablen <D,

8i, 1, xgleichungen - 1<D;

ListZ = Table @0, 8i, xgleichungen + xvariablen <D;

ListZ @@1DD = "Zielfunkt";

Do@ListZ @@1 + i DD = StringJoin @8"Restrikt @", ToString @i D, " D£0.0" <D,

8i, 1, xgleichungen - 1<D;

Do@ListZ @@xgleichungen + j DD = StringJoin @8"x @", ToString @j D, " D³0" <D,

8j, 1, xvariablen <D;

ListVariables = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@ListVariables @@i DD = StringJoin @" 8x@", ToString @i D, " D<" D, 8i, 1, xvariablen <D;

Z = FindMinimum @ToExpression @ListZ D, ToExpression @ListVariables DD;

Print @ZD;

Abbildung 54: Das automatis he Primal-LP - Teil 2 (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 184 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Zuordnen der Bezeichnungen und Ausgeben der Matrix *L

Schlupf = Table @0.0, 8i, 1, xgleichungen - 1<D;

Do@Schlupf @@i DD = StringJoin @namesliquid @@2DD, ToString @i - 1DD,

8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0.0, 8Schlupf @@k + Length @bliquid DDD =

StringJoin @namesrestrictions @@2DD, Objekt @j D@@2DDD, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

Do@8Schlupf @@k + Length @bliquid DDD = StringJoin @namesnebenbedingungen @@2DD,

ToString @i - 1DD, k ++<, 8i, 1, xnebenbedingungen <D;

Var = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@Var @@i DD = Objekt @i D@@2DD, 8i, 1, xobjekte <D;

outtable = Table @0.0, 8i, Length @BVD + 2<, 8j, Length @NBVD + 2<D;

Do@If @BV@@i DD > xvariablen, outtable @@i + 1, 1 DD = Schlupf @@BV@@i DD - xvariablen DD,

outtable @@i + 1, 1 DD = Var @@BV@@i DDDDD, 8i, 1, Length @BVD<D;

outtable @@Length @BVD + 2, 1 DD = "Ziel";

Do@If @NBV@@j DD > xvariablen, outtable @@1, j + 1DD = Schlupf @@NBV@@j DD - xvariablen DD,

outtable @@1, j + 1DD = Var @@NBV@@j DDDDD, 8j, 1, Length @NBVD<D;

Do@If @Abs@An@@i, j DDD < Tol, outtable @@i + 1, j + 1DD = 0.0,

outtable @@i + 1, j + 1DD = An@@i, j DDD, 8i, 1, xzeilen <, 8j, 1, xspalten <D;

Do@outtable @@i + 1, Length @NBVD + 2DD = b@@i DD, 8i, 1, xzeilen <D;

outtable @@1, 1 DD = "BV";

outtable @@1, Length @NBVD + 2DD = "RS";

merke = outtable @@2DD; outtable @@2DD = outtable @@Length @BVD + 2DD;

outtable @@Length @BVD + 2DD = merke;

H* Ausgabe der Matrix *L

GridBox @outtable, ColumnAlignments ® Center,

RowAlignments ® Baseline, ColumnSpacings ® 2, RowSpacings ® 1D �� DisplayForm

Abbildung 55: Das automatis he Primal-LP - Teil 4 (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 185 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Automatische Erstellung der Matrizen und

Berechnung der Variablen *L

xgleichungen = Length @bliquid D;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, xgleichungen ++D, 8j, 1, xobjekte <D;

xgleichungen = xgleichungen + xnebenbedingungen;

xvariablen = xgleichungen;

Gc = Table @0.0, 8i, 1, xobjekte + 1<D;

Do@Gc@@i DD = -Zielkoeffizienten @@i DD, 8i, 1, Length @Zielkoeffizienten D<D;

b = Table @0, 8xgleichungen <D;

Do@b@@i DD = bliquid @@i DD, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8b@@k + Length @bliquid DDD = Objekt @j D@@3DD, k ++<D,

8j, 1, xobjekte <D;

Do@8b@@k + Length @bliquid DDD = Nebenbedingung @j D@@1DD, k ++<, 8j, 1, xnebenbedingungen <D;

xspalten = xvariablen;

xzeilen = xobjekte + 1;

An = Table @0, 8xzeilen <, 8xspalten <D;

Do@Do@An@@j, i DD =

D@Objekt @j D@@4DD, ToExpression @StringJoin @8namesliquid @@1DD, ToString @i - 1D<DDD,

8j, 1, xobjekte <D, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8An@@j, k + Length @bliquid DDD = 1, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

Do@8Do@An@@j, k + Length @bliquid DDD =

D@Nebenbedingung @i D@@2DD, ToExpression @Objekt @j D@@2DDDD,

8j, 1, xobjekte <D, k ++<, 8i, 1, xnebenbedingungen <D;

An = -An;

Do@An@@xzeilen, j DD = -b@@j DD, 8j, 1, xvariablen <D;

Zielfunkt = Sum@b@@i DD * x@i D, 8i, 1, xvariablen <D;

Do@

Restrikt @i D = -Gc@@i DD + Sum@An@@i, j DD * x@j D, 8j, 1, xvariablen <D, 8i, 1, xobjekte <D;

ListZ = Table @0, 8i, 1 + xobjekte + xvariablen <D;

ListZ @@1DD = "Zielfunkt";

Do@ListZ @@1 + i DD = StringJoin @8"Restrikt @", ToString @i D, " D£0.0" <D, 8i, 1, xobjekte <D;

Do@ListZ @@1 + xobjekte + j DD = StringJoin @8"x @", ToString @j D, " D³0" <D, 8j, 1, xvariablen <D;

ListVariables = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@ListVariables @@i DD = StringJoin @" 8x@", ToString @i D, " D<" D, 8i, 1, xvariablen <D;

Z = FindMinimum @ToExpression @ListZ D, ToExpression @ListVariables DD;

Print @ZD;

Abbildung 56: Das automatis he Dual-LP - Teil 2d (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 186 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Zuordnen der Bezeichnungen und Ausgeben der Matrix *L

Schlupf = Table @0.0, 8i, 1, xobjekte + xnebenbedingungen <D;

k = 1;

Do@If @Objekt @i D@@1DD � "income",

8Schlupf @@i DD = StringJoin @namesincome @@2DD, ToString @k - 1DD, k ++<D, 8i,

1, xobjekte <D;

k = 1;

Do@If @Objekt @i D@@1DD � "objekt",

8Schlupf @@i DD = StringJoin @namesobjekt @@2DD, ToString @k - 1DD, k ++<D, 8i,

1, xobjekte <D;

k = 1;

Do@8Schlupf @@i + xobjekte DD = StringJoin @namesnebenbedingungen @@2DD, ToString @k - 1DD,

k ++<, 8i, 1, xnebenbedingungen <D;

Var = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@Var @@i DD = StringJoin @namesliquid @@1DD, ToString @i - 1DD, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0.0, 8Var @@k + Length @bliquid DDD =

StringJoin @namesrestrictions @@1DD, ToString @kDD, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

outtable = Table @0.0, 8i, Length @BVD + 2<, 8j, Length @NBVD + 2<D;

Do@If @BV@@i DD > xvariablen, outtable @@i + 1, 1 DD = Schlupf @@BV@@i DD - xvariablen DD,

outtable @@i + 1, 1 DD = Var @@BV@@i DDDDD, 8i, 1, Length @BVD<D;

outtable @@Length @BVD + 2, 1 DD = "Ziel";

Do@If @NBV@@j DD > xvariablen, outtable @@1, j + 1DD = Schlupf @@NBV@@j DD - xvariablen DD,

outtable @@1, j + 1DD = Var @@NBV@@j DDDDD, 8j, 1, Length @NBVD<D;

Do@If @Abs@An@@i, j DDD < Tol, outtable @@i + 1, j + 1DD = 0.0,

outtable @@i + 1, j + 1DD = An@@i, j DDD, 8i, 1, xzeilen <, 8j, 1, xspalten <D;

Do@outtable @@i + 1, Length @NBVD + 2DD = Gc@@i DD, 8i, 1, xzeilen <D;

outtable @@1, 1 DD = "BV";

outtable @@1, Length @NBVD + 2DD = "RS";

merke = outtable @@2DD; outtable @@2DD = outtable @@Length @BVD + 2DD;

outtable @@Length @BVD + 2DD = merke;

H* Ausgabe der Matrix *L

GridBox @outtable, ColumnAlignments ® Center,

RowAlignments ® Baseline, ColumnSpacings ® 2, RowSpacings ® 1D �� DisplayForm

Abbildung 57: Das automatis he Dual-LP - Teil 4d (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 187 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Hier wurde lediglich die Anzahl an Zeilen derAn-Matrix um die Anzahl anNebenbedingungen vergrößert und eine Schleife zur Definition der zusätzlichenZeilen eingefügt, wobei sich die entsprechenden Koeffizienten ergeben, indemdas FeldNebenbedingung[· · · ] der Reihe nach durch die Objektnamen dividiertwird, die zuvor, da es sich um Zeichenketten handelt, in einen Ausdruck umge-wandelt werden müssen, der von Mathematica verstanden werden kann (mitTo-Expression). Der entsprechende Programmteil für das Dualproblem ist vollkom-men analog. Der Unterschied zwischen Teil2c und Teil2d besteht lediglich in derUmwandlung von Primal zu Dual und ist daher bis auf die zusätzlichen Befehle,die zusätzlich in Teil2c eingefügt wurden, vollkommen analog zu Teil2b in Ab-bildung 33. Abschließend werden für die Darstellung in beiden ProgrammteilenTeil4c und Teil4d die entsprechenden neuen Bezeichnungen für die Schlupfvaria-blen und Objektnamen integriert.

5.10.9 Die Nebenbedingung der Ganzzahligkeit

Das Programm wird nun erweitert um die Möglichkeit, für einige Objekte einennur ganzzahligen Wert zu fordern. Damit wird ein Zielwert erreicht, der nicht un-bedingt in einer Ecke des Lösungsgebietes liegen muss, sondern innerhalb deskonvexen Gebietes liegen kann. Da die Berechnung des Simplex-Tableaus aufeiner Gauß-Jordan-Umformung und Marginalbetrachtung basiert, die nur dannSinn macht, wenn eine Grenzbetrachtung erfolgt und die maßgebenden Restrik-tionen voll erfüllt sind, so dass eine Inverse vonAb existiert, kann man in diesemFall kein Endtableau aufstellen, da das System nicht mehr imnumerischen Gleich-gewicht ist. Folglich ist es nur möglich Teil2e des Mathematica-Programms zuverwenden (siehe Abbildung 59), da nur die Optimallösung der Berechnung vonBedeutung ist. Wird zum Beispiel gefordert, dass das ObjektA nur ganzzahligsein darf, so ergibt sich das Ergebnis nach Tabelle 39. Ohne diese Ganzzahlig-keitsrestriktion liegtA = 0.816327 nahezu bei1.0. Die zusätzliche Nebenbedin-gung wird diesmal nicht berücksichtigt.

Man erkennt, dass sich der Endwert von47.4992 auf 47.3142 reduziert (verglei-che mit Abbildung 39). Außerdem lässt sich nur dannA voll realisieren, wenngleichzeitigI2 teilweise realisiert wird.

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Investitionsre hnung 5 - 188 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Eingabedaten *L

H* Anzahl der Objekte und einzelne Objekte

Position 1 : "income" oder "objekt"?,

Position 2 : Name des Objekts,

Position 3 : Schranke Hwenn null, dann keine Schranke L,

Position 4 -: Cashflow für die einzelnen Zeitpunkte *L

xobjekte = 10;

Objekt @1D = 8"income", "G3", 0, d3 <;

Objekt @2D = 8"objekt", "I1", 1, 120 * d0 - 15 * d1 - 90 * d2 - 80 * d3<;

Objekt @3D = 8"objekt", "I2", 2, 110 * d0 - 60 * d1 - 70 * d2<;

Objekt @4D = 8"objekt", "A", 1, -98 * d0 + 10 * d1 + 60 * d2 + 55 * d3<;

Objekt @5D = 8"objekt", "KR0", 30, -1 * d0 + 1.1 * d1<;

Objekt @6D = 8"objekt", "KR1", 30, -1 * d1 + 1.12 * d2<;

Objekt @7D = 8"objekt", "KR2", 30, -1 * d2 + 1.15 * d3<;

Objekt @8D = 8"objekt", "F0", 0, 1 * d0 - 1.052 * d1<;

Objekt @9D = 8"objekt", "F1", 0, 1 * d1 - 1.055 * d2<;

Objekt @10D = 8"objekt", "F2", 0, 1 * d2 - 1.058 * d3<;

H* Vektor der Zielfunktionskoeffizienten für alle Objekte *L

Zielkoeffizienten = 81<;

H* Basiscashflow für die verschiedenen Zeitpunkte *L

bliquid = 810, 0, 0, 0 <;

H* Zusätzliche Nebenbedingungen als £-Ungleichung

erste Größe gibt die rechte Seite an

alles andere wird mit Objektnamen versehen *L

xnebenbedingungen = 0;

Nebenbedingung @1D = 81.5, I1 + A - 1.5 * I2 <;

H* Angabe, welche Objekte nur ganzzahlig sind *L

integers = 8A<;

H* Namen der Basis - und Nichtbasisvariablen *L

namesincome = 8"G", " Ε" <;

namesobjekt = 8"x", " Μ" <;

namesliquid = 8"d", "y" <;

namesrestrictions = 8"u", "s" <;

namesnebenbedingungen = 8" ∆", "v" <;

Abbildung 58: Eingabedaten Max EW (A ganzzahlig) - Teil 1 (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 189 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

H* Automatische Erstellung der Matrizen und

Berechnung der Variablen *L

xgleichungen = Length @bliquid D;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, xgleichungen ++D, 8j, 1, xobjekte <D;

xgleichungen = xgleichungen + xnebenbedingungen;

xgleichungen ++;

xvariablen = xobjekte;

Gc = Table @0, 8xobjekte <D;

Do@Gc@@i DD = Zielkoeffizienten @@i DD, 8i, 1, Length @Zielkoeffizienten D<D;

b = Table @0, 8xgleichungen <D;

Do@b@@i DD = bliquid @@i DD, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8b@@k + Length @bliquid DDD = Objekt @j D@@3DD, k ++<D,

8j, 1, xobjekte <D;

Do@8b@@k + Length @bliquid DDD = Nebenbedingung @j D@@1DD, k ++<, 8j, 1, xnebenbedingungen <D;

xzeilen = xgleichungen;

xspalten = xobjekte;

An = Table @0, 8xzeilen <, 8xspalten <D;

Do@Do@An@@i, j DD =

D@Objekt @j D@@4DD, ToExpression @StringJoin @8namesliquid @@1DD, ToString @i - 1D<DDD,

8j, 1, xobjekte <D, 8i, 1, Length @bliquid D<D;

k = 1;

Do@If @Objekt @j D@@3DD > 0, 8An@@k + Length @bliquid D, j DD = 1, k ++<D, 8j, 1, xobjekte <D;

Do@8Do@An@@k + Length @bliquid D, j DD =

D@Nebenbedingung @i D@@2DD, ToExpression @Objekt @j D@@2DDDD,

8j, 1, xobjekte <D, k ++<, 8i, 1, xnebenbedingungen <D;

Do@An@@xzeilen, j DD = -Gc@@j DD, 8j, 1, xobjekte <D;

Zielfunkt = Sum@-Gc@@i DD * x@i D, 8i, 1, xvariablen <D;

Do@Restrikt @i D = -b@@i DD + Sum@An@@i, j DD * x@j D, 8j, 1, xvariablen <D,

8i, 1, xgleichungen - 1<D;

lengthint = Length @integers D;

Listintegers = "";

If @lengthint > 0,

8Do@Do@If @ToString @integers @@i DDD � Objekt @j D@@2DD, integers @@i DD = j D,

8j, 1, xobjekte <D, 8i, 1, lengthint <D,

Listintegers = StringJoin @" && Hx@", ToString @integers @@1DDD, " D" D;

If @lengthint > 1, Do @Listintegers = StringJoin @Listintegers,

" Èx@", ToString @integers @@j DDD, " D" D, 8j, 2, lengthint <DD;

Listintegers = StringJoin @Listintegers, " L Î Integers" D<D;

ListZ = Table @0, 8i, xgleichungen + xvariablen <D;

ListZ @@1DD = "Zielfunkt";

Do@ListZ @@1 + i DD = StringJoin @8"Restrikt @", ToString @i D, " D£0.0" <D,

8i, 1, xgleichungen - 1<D;

Do@ListZ @@xgleichungen + j DD = StringJoin @8"x @", ToString @j D, " D³0" <D,

8j, 1, xvariablen <D;

ListZ @@xgleichungen + xvariablen DD =

StringJoin @ListZ @@xgleichungen + xvariablen DD, Listintegers D;

ListVariables = Table @0.0, 8i, xvariablen <D;

Do@ListVariables @@i DD = StringJoin @" 8x@", ToString @i D, " D<" D, 8i, 1, xvariablen <D;

Z = FindMinimum @ToExpression @ListZ D, ToExpression @ListVariables DD;

Print @ZD;

Abbildung 59: Das automatis he Primal-LP - Teil 2e (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 190 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

G3 I1 I2 A KR0 KR1 F2

47.4992 1.0 0.0 0.816327 30 26.1633 11.7176

Tabelle 38: Ergebnis ohne Ganzzahligkeit für A

G3 I1 I2 A KR0 KR1 F2

47.3142 1.0 0.163636 1.0 30.0 18.1818 21.0909

Tabelle 39: Ergebnis, wenn A nur ganzzahlig sein darf

Da das Simplex-Tableau nicht existiert, gibt es keine eindeutigen Lenkpreisedt,d.h. das Kapitalwertkriterium (Abzinsen mit den Diskontfaktoren) macht keinenSinn mehr, da dieses darauf basiert, dass die Lenkpreise über Grenzobkjekte defi-niert sind. Diese sind aber in diesem Fall nicht mehr eindeutig interpretierbar. Esgibt aber Fälle, in denen eine kontinuierliche Rechnung zulässig ist trotz Ganz-zahligkeit. Dann gilt auch wieder die Lenkpreistheorie. Dieser Problemkreis wirdvertiefend in (Hering (2008), S. 191 ff.) diskutiert.

Programmtechnisch realisiert wurde die Berücksichtigungder Ganzzahligkeit übereine zusätzliche Listeintegers (siehe Abbildung 58), die die Objekte enthält (mitihren Objektnamen), für die die Nebenbedingung der Ganzzahligkeit gilt. Im Pro-grammteil 2e in Abbildung 59 ist ein zusätzlicher Programmteil eingefügt worden,der die ListeListZ um den Zusatz „&& (x[1]|x[2]) ǫ Integers “ erweitert, wennzum Beispielx[1] undx[2] nur ganzzahlig sein dürfen.

5.10.10 Ni htlineare Optimierung

Die bisherigen Betrachtungen beruhten auf linearen Problemstellungen, die gutmit Hilfe des Simplex-Verfahrens gelöst werden können. Jedoch diente als Lö-sungsverfahren die allgemeinere MethodeFindMinimum [· · · ] in Mathematica.Diese Methode findet das Minimum einer Zielfunktion unter Nebenbedingungenunabhängig davon ob das Problem linear oder nichtlinear ist. Bei nichtlinearenProblemstellungen kann man die konvexe Optimierung aus Kapitel 4.1 als Lö-sungsverfahren anwenden (siehe Kintzel (2012)). Dazu müssen die Zielfunktionund die Nebenbedingungen aus konvexen Funktionen bestehen. Erst dann existiertein eindeutiges globales Minimum. Sind die Funktionen nicht konvex, kann essein, dass nur ein lokales Minimum gefunden wird. Hier soll gezeigt werden, wiedie nichtlineare Optimierung im Sonderfall der konvexen Optimierung angewen-det werden kann. Erweiterungen sind ohne Weiteres möglich.Gewinnfunktionen

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Investitionsre hnung 5 - 191 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

mit abnehmenden Grenzgewinnen und Kostenfunktionen mit überproportionalemWachstum sind typische konvexe Funktionen im ökonomischenKontext. Im Bei-spiel soll eineCobb-Douglas-artige Einnahmenfunktion gewählt werden:

E(v1, v2, t) = a vα1 t1 vα2 t

2

mit zwei Exponenten0 < α1, α2 ≤ 1 und einem konstanten Vorfaktora. Als Kos-tenfunktionen seien

K(v1, v2, t) = b1 vβ1 t1 + b2 v

β2 t2

gegeben mit zwei Exponentenβ1, β2 ≥ 1 und zwei Vorfaktorenb1 und b2. Wiegesagt, handelt es sich dabei nur um ein exemplarisches Beispiel und in der Rea-lität könnten diese Funktionen weitaus komplexer sein. DerGewinn als Differenzzwischen Einnahmen und Ausgaben lautet mithin:

G(v1, v2, t) = E(v1, v2, t)−K(v1, v2, t) = a vα1 t1 vα2 t

2 − b1 vβ1 t1 − b2 v

β2 t2

Als nächstes soll das zeitkontinuierliche System in ein zeitdiskretes System umge-wandelt werden. Dazu wird die FunktionG(v1, v2, t) zu bestimmten Zeitpunktentk ausgewertet (Das Problem ließe sich auch zeitkontinuierlich lösen, nur passtes dann nicht mehr in das übliche Schema des periodenendfälligen Investitions-und Finanzierungsrahmens). Als weitere Investitions- undFinanzierungsobjekteseien einperiodische Kredit- und Geldanlageobjekte gewählt sowie eine Anlei-heA (Kuponrate 6% und Auszahlungsquote 98%, Amortisation hälftig in Peri-ode 2 und 3) und ein ZinssammlerZ (jährliche Verzinsung 8%, nach 2 Perioden1.08 · 1.08 = 1.1664) nach Tabelle 40. Außerdem sind die Komponenten des au-tonomen Basiszahlungsstroms durchbt = {100, 100, 100, 100} gegeben. Es seien3 Perioden betrachtet. Der Sollzinssatz sei 10% mit Kreditlimits von 1 bzw. 30.Der Geldanlagezins sei 5% ohne Begrenzungen. Es sei der maximale EndwertEW zum Ende der Periode 3 gesucht.

t A Z KR0 KR1 KR2 F0 F1 F2 bt0 98 1 1 -1 100

1 -6 -1.1 1 1.05 -1 100

2 -56 -1.1664 -1.1 1 1.05 -1 100

3 -53 -1.1 1.05 100

Grenze 1 100 1 30 30 ∞ ∞ ∞

Tabelle 40: De�nition der Investitions- und Finanzierungsobjekte

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Investitionsre hnung 5 - 192 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Es ergibt sich das folgende Optimierungsproblem:

maxEW

unter den Nebenbedingungen:

−G(v1, v2, t0)− 98A− Z − KR0 + F0 ≤ 100−G(v1, v2, t1) + 6A+ 1.1KR0 − KR1 − 1.05F0 + F1 ≤ 100−G(v1, v2, t2) + 56A+ 1.1664Z + 1.1KR1 − KR2 − 1.05F1 + F2 ≤ 100−G(v1, v2, t3) + 53A+ 1.1KR2 − 1.05F2 + EW≤ 100A ≤ 1Z ≤ 100KR0 ≤ 1KR1 ≤ 30KR2 ≤ 30A,Z,KR0,KR1,KR2, F0, F1, F2,EW≥ 0

Die korrespondierendeLagrange-Funktion lautet:

L(v1, v2, A, Z,KR0,KR1,KR2, F0, F1, F2,EW) = −EW + d0 (−G(v1, v2, t0) −98A − Z − KR0 + F0 − 100) + d1 (−G(v1, v2, t1) + 6A + 1.1KR0 − KR1 −1.05F0 + F1 − 100) + d2 (−G(v1, v2, t2) + 56A+ 1.1664Z + 1.1KR1 − KR2 −1.05F1+F2−100)+d3 (EW−G(v1, v2, t3)+53A+1.1KR2−1.05F2−100)+u1 (A− 1) + u2 (Z − 100) + u3 (KR0 − 1) + u4 (KR1 − 30) + u5 (KR2 − 30)

Nun soll die Zielfunktion des Dualproblems hergeleitet werden. Da auf Grundder nichtlinearen Problemstellung die Lösung nicht separabel ist, ist eine einfacheUmformung der Variablen wie im linearen Fall nicht durchführbar. Daher wirdhier anders verfahren. Das Dualproblem kann nur als Nachlaufrechnung gelöstwerden, nachdem das Primalproblem bereits gelöst ist. Die Lösung für das Dual-problem ist damit implizit in der Lösung für das Primalproblem bereits enthalten.Dazu werden hier die gültigenKuhn-Tucker-Bedingungen des Dualproblems in-tegriert, indem bestimmte Terme addiert und wieder subtrahiert werden, d.h. dieLagrange-Funktion wird um bestimmte Terme erweitert. Da dieKuhn-Tucker-Bedingungen des Dualproblems gleich

v · ∂v L(v,u) = 0

lauten (hier wurdev verwendet, wobei der Oberstrich kenntlich macht, dass dieLösung fürv aus dem Primalproblem bereits bekannt ist. Die partielle Ablei-tung ∂v soll deutlich machen, dass zunächst nachv abgeleitet wird und nach-

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Investitionsre hnung 5 - 193 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

träglich die optimalen Wertev eingesetzt werden), müssen folgerichtig die Termevj ∂vjG(v1, v2, ti) addiert und wieder subtrahiert werden. Damit lautet die erwei-terteLagrange-Funktion:

L(d,u) = L(v)−∑3

0=1

∑2j=1 vj ∂vjG(vj , vj, ti)+

∑3i=0

∑2j=1 vj ∂vjG(vj , vj, ti)

Wird dieLagrange-Funktion nun so umgeordnet, dass dieKuhn-Tucker-Bedingungendes Dualproblems separiert werden können, so erhält man:

L(d,u) = EW(−1 + d3) + A (−98 d0 + 6 d1 + 56 d2 + 53 d3 + u1) + Z (−d0 +1.1664 d2+u2)+KR0 (−d0+1.1 d1+u3)+KR1 (−d1+1.1 d2+u4)+KR2 (−d2+1.1 d3+u5)+ F0 (d0−1.05 d1)+ F1 (d1−1.05 d2)+ F2 (d2−1.05 d3)−100 d0−100 d1 − 100 d2 − 100 d3 − u1 − 100 u2 − 1 u3 − 30 u4 − 30 u5

−∑3

i=0

∑2j=1 vj ∂vjG(v1, v2, ti) di

+∑3

i=0

∑2j=1 vj ∂vjG(v1, v2, ti1) di −

∑3i=0G(v1, v2, ti) di

Werden nun dieKuhn-Tucker-Bedingungen des Dualproblems eliminiert, so ver-bleibt als Zielfunktion des Dualproblems:

L(d,u) = −100 d0 − 100 d1 − 100 d2 − 100 d3 − u1 − 100 u2 − 1 u3 − 30 u4 −30 u5 +

∑3i=0(

∑2j=1 vj ∂vjG(v1, v2, ti)−G(v1, v2, ti)) di

bzw. es ergibt sich das folgende Minimierungsproblem:

mind,u

100 d0 + 100 d1 + 100 d2 + 100 d3 + u1 + 100 u2 + 1 u3 + 30 u4 + 30 u5

−∑3

i=0(∑2

j=1 vj ∂vjG(v1, v2, ti)−G(v1, v2, ti)) di

Da es sich um eine Marginalbetrachtung handelt, gelten die Dualfaktoren im Punktv = (EW, A, Z,KR0,KR1,KR2, F0, F1, F2, v1, v2). Praktisch gesehen ließe sichin diesem Punkt das Endtableau aufstellen, indem die nichtlinearen Funktionen indiesem Punkt ausgewertet werden und dann dieAn-Matrix vollkommen analogaufgestellt wird. Dabei hat das Endtableau den gleichen Inhalt wie das Simplex-Endtableau im linearen Fall, d.h. man kann eine Marginalbetrachtung anstellen,wie sich die einzelnen Basisvariablen ändern, wenn sich dieNichtbasisvariablenum eine marginale Einheit ändern. Damit ist die nichtlineare Programmierungvollkommen analog zur linearen Programmierung behandelt worden auf Basisder konvexen Optimierung. Im Prinzip ist die Umformung und Separierung dergültigenKuhn-Tucker-Bedingungen ein rein formaler Akt. Ob man nun null ad-diert und wieder abzieht, ändert nichts am Ergebnis, es bleibt null. Insofern istdie hier angegebene Transformation irgendwie künstlich und rein intuitiv könnte

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Investitionsre hnung 5 - 194 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

man die duale Zielfunktion natürlich direkt hinschreiben.Interessant wird es aberdann, wenn weitere Restriktionen gelten wie z.B. Obergrenzenrestriktionen. Dannsieht es etwas anders aus, wie zum Ende dieses Kapitels gezeigt wird. Im Ganzenhandelt es sich aber um ein allgemeingültiges Verfahren, umaus einer primalenLösung das duale Optimierungsproblem abzuleiten. Im Folgenden soll ein Bei-spiel betrachtet und gelöst werden für eine fiktive Datenbasis. Das entsprechendeMathematica-Programm wird dargestellt. Auf eine Berechnung des Endtableauswird hier verzichtet.

Als Beispiel seien die folgenden Parameter angenommen:

a = 750.0, α1 = 0.52, α2 = 0.43,b1 = 500.0, β1 = 1.5, b2 = 450.0, β2 = 1.2.

Es folgt ein Endwert von322.596 nach Abbildung 60. Im Optimum werden dieKapazitätenv1 = 0.446785 undv2 = 0.392516 gewählt. Die Dualfaktoren erge-ben die folgenden Abzinsungsfaktoren:

ρ0 = d0/d0 = 1.0ρ1 = d1/d0 = 1.1025/1.22472 = 0.900205761ρ2 = d2/d0 = 1.05/1.22472 = 0.85733882ρ3 = d3/d0 = 1.0/1.22472 = 0.816513162

Die impliziten Terminzinssätze lauten:

i0,1 = 1.0/0.900205761− 1 = 0.110857143i1,2 = 0.900205761/0.85733882− 1 = 0.05i2,3 = 0.85733882/0.816513162− 1 = 0.05

Der implizite Terminzinssatzi0,1 ergibt sich alternativ über die Initialverzinsungdes GrenzobjektesZ als1.1664/1.05− 1 = 0.110857142.

Die Berechnungen wurden einmal in normaler Genauigkeit (Abbildung 60) und inerhöhter Genauigkeit von 30 Stellen (Abbildung 61) durchgeführt. Die Crux beierhöhter Genauigkeit ist, dass sämtliche Werte, die vor kommen, alle konsistentin höherer Genauigkeit angegeben werden müssen. Dazu ist der BefehlSetPreci-sion[· · · ] notwendig. Dies kann umfangreiche Editierungen erfordern. Wie manallerdings anhand der Ergebnisse im Vergleich zwischen Abbildung 60 und Ab-bildung 62 sehen kann, tut sich nicht viel. Es kann Probleme geben, wo ohne eineErhöhung der Genauigkeit das Dualproblem nicht durchläuft. Daher wurde hierdie Arbeitsgenauigkeit des Dualproblems an die Toleranzgrenze des Primalpro-

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Investitionsre hnung 5 - 195 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

blems angepasst, um anschlussfähig zu bleiben. Hier handelt es sich aber offenbarum eine gutmütige Aufgabenstellung, die auch in normaler Genauigkeit zu einemnumerischen Gleichgewicht führt. Wie man außerdem sieht, sind die Zielfunkti-onswerte des Primal- und Dualproblems identisch, was eine gute Probe darstellt.Sie unterscheiden sich allerdings im Vorzeichen, da es sichbeim Primalproblemgenau genommen um ein Maximierungsproblem handelt, welches über eine Mi-nimierung gelöst wurde.

In[59]:= ClearAll @a, b1, b2, alpha1, alpha2, beta1, beta2,

G, primal, EW, A, Z, KR0, KR1, KR2, F0, F1, F2, dual, v1, v2 D;

a = 750;

b1 = 500;

b2 = 450;

alpha1 = 0.52;

alpha2 = 0.43;

beta1 = 1.5;

beta2 = 1.2;

G@v1_, v2_, t_ D =

a * v1^ Halpha1 * t L * v2^ Halpha2 * t L - b1 * v1^ Hbeta1 * t L - b2 * v2^ Hbeta2 * t L;

primal = FindMinimum @8-EW, -G@v1, v2, 0 D - 98 * A - Z - KR0+ F0 - 100 £ 0.0,

-G@v1, v2, 1 D + 6 * A + 1.1 * KR0- KR1- 1.05 * F0 + F1 - 100.0 £ 0.0,

-G@v1, v2, 2 D + 56 * A + 1.1664 * Z + 1.1 * KR1- KR2- 1.05 * F1 + F2 - 100.0 £ 0.0,

EW-G@v1, v2, 3 D + 53 * A + 1.1 * KR2- 1.05 * F2 - 100.0 £ 0.0, A - 1.0 £ 0.0, Z - 100.0 £ 0.0,

KR0- 1.0 £ 0.0, KR1 - 30.0 £ 0.0, KR2 - 30.0 £ 0.0, EW ³ 0.0, v1 ³ 0.0, v2 ³ 0.0,

A ³ 0.0, Z ³ 0.0, KR0 ³ 0.0, KR1 ³ 0.0, KR2 ³ 0.0, F0 ³ 0.0, F1 ³ 0.0, F2 ³ 0.0 <,

8EW<, 8v1<, 8v2<, 8A<, 8Z<, 8KR0<, 8KR1<, 8KR2<, 8F0<, 8F1<, 8F2<D;

Print @primal D;

DGv1@v1_, v2_, t_ D = D@G@v1, v2, t D, v1 D;

DGv2@v1_, v2_, t_ D = D@G@v1, v2, t D, v2 D;

v1 = v1 �. primal @@2DD;

v2 = v2 �. primal @@2DD;

dual = FindMinimum @

8100 * d@0D + 100 * d@1D + 100 * d@2D + 100 * d@3D + u1 + 100 * u2 + 1 * u3 + 30 * u4 + 30 * u5 -

Sum@Hv1 * DGv1@v1, v2, i D + v2 * DGv2@v1, v2, i D -G@v1, v2, i DL * d@i D, 8i, 0, 3 <D,

-1 + d@3D ³ 0.0, -98 * d@0D + 6 * d@1D + 56 * d@2D + 53 * d@3D + u1 ³ 0.0,

-d@0D + 1.1664 * d@2D + u2 ³ 0.0, -d@0D + 1.1 * d@1D + u3 ³ 0.0, -d@1D + 1.1 * d@2D + u4 ³ 0.0,

-d@2D + 1.1 * d@3D + u5 ³ 0.0, d @0D - 1.05 * d@1D ³ 0.0, d @1D - 1.05 * d@2D ³ 0.0,

d@2D - 1.05 * d@3D ³ 0.0, -Sum@DGv1@v1, v2, i D * d@i D, 8i, 0, 3 <D ³ 0.0,

-Sum@DGv2@v1, v2, i D * d@i D, 8i, 0, 3 <D ³ 0.0, d @0D ³ 0.0, d @1D ³ 0.0,

d@2D ³ 0.0, d @3D ³ 0.0, u1 ³ 0.0, u2 ³ 0.0, u3 ³ 0.0, u4 ³ 0.0, u5 ³ 0.0 <,

8d@0D<, 8d@1D<, 8d@2D<, 8d@3D<, 8u1<, 8u2<, 8u3<, 8u4<, 8u5<D;

Print @

dual D;

9-322.596, 9EW ® 322.596, v1 ® 0.446785, v2 ® 0.392516, A ® 1., Z ® 1.00001, KR0 ® 0.999998,

KR1 ® 3.665 ´ 10-6, KR2 ® 3.86876 ´ 10-6, F0 ® 1.75728 ´ 10-6, F1 ® 127.046, F2 ® 229.116==

8322.596, 8d@0D ® 1.22472, d@1D ® 1.1025, d@2D ® 1.05,

d@3D ® 1., u1 ® 1.60756, u2 ® 0., u3 ® 0.01197, u4 ® 0., u5 ® 0.<<

Abbildung 60: Ni htlineare Optimierung - normalgenau (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 196 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

ClearAll @a, B1, B2, alpha1, alpha2, beta1, beta2, G, DGv1, DGv2, prima l,

dual, EW, A, Z, KR0, KR1, KR2, F0, F1, F2, v1, v2, b0, b1, b2, b3, null, eins,

zwei, drei, hundert, dreißig, einseins, einsfuenf, d, u1, u 2, u3, u4, u5 D;

a = SetPrecision @750, 30 D;

B1 = SetPrecision @500, 30 D;

B2 = SetPrecision @450, 30 D;

alpha1 = SetPrecision @0.52, 30 D;

alpha2 = SetPrecision @0.43, 30 D;

beta1 = SetPrecision @1.5, 30 D;

beta2 = SetPrecision @1.2, 30 D;

hundert = SetPrecision @100.0, 30 D;

b0 = hundert; b1 = hundert; b2 = hundert; b3 = hundert;

null = SetPrecision @0.0, 30 D;

einseins = SetPrecision @1.1, 30 D;

einsfuenf = SetPrecision @1.05, 30 D;

eins = SetPrecision @1.0, 30 D; zwei = SetPrecision @2.0, 30 D;

drei = SetPrecision @3.0, 30 D; dreißig = SetPrecision @30.0, 30 D;

G@v1_, v2_, t_ D =

a * v1^ Halpha1 * t L * v2^ Halpha2 * t L - B1 * v1^ Hbeta1 * t L - B2 * v2^ Hbeta2 * t L;

primal = FindMinimum @

8-EW, -G@v1, v2, null D - SetPrecision @98, 30 D * A - Z - KR0+ F0 - b0 £ null,

-G@v1, v2, eins D + SetPrecision @6, 30 D * A + einseins * KR0- KR1- einsfuenf * F0 + F1 - b1 £

null, -G@v1, v2, zwei D + SetPrecision @56, 30 D * A + SetPrecision @1.1664, 30 D * Z +

einseins * KR1- KR2- einsfuenf * F1 + F2 - b2 £ null,

EW-G@v1, v2, drei D + SetPrecision @53, 30 D * A + einseins * KR2- einsfuenf * F2 - b3 £

null, A - eins £ null, Z - hundert £ null, KR0 - eins £ null, KR1 - dreißig £ null,

KR2- dreißig £ null, EW ³ null, v1 ³ null, v2 ³ null, A ³ null, Z ³ null,

KR0 ³ null, KR1 ³ null, KR2 ³ null, F0 ³ null, F1 ³ null, F2 ³ null <,

8EW<, 8v1<, 8v2<, 8A<, 8Z<, 8KR0<, 8KR1<, 8KR2<, 8F0<, 8F1<,

8F2<, WorkingPrecision ® 30, AccuracyGoal ® 15D;

Print @primal D;

DGv1@v1_, v2_, t_ D = D@G@v1, v2, t D, v1 D;

DGv2@v1_, v2_, t_ D = D@G@v1, v2, t D, v2 D;

v1 = v1 �. primal @@2DD; v2 = v2 �. primal @@2DD;

dual = FindMinimum @8b0 * d@0D + b1 * d@1D + b2 * d@2D +

b3 * d@3D + eins * u1 + hundert * u2 + eins * u3 + dreißig * u4 + dreißig * u5 -

Hv1 * DGv1@v1, v2, null D + v2 * DGv2@v1, v2, null D -G@v1, v2, null DL * d@0D -

Hv1 * DGv1@v1, v2, eins D + v2 * DGv2@v1, v2, eins D -G@v1, v2, eins DL * d@1D -

Hv1 * DGv1@v1, v2, zwei D + v2 * DGv2@v1, v2, zwei D -G@v1, v2, zwei DL * d@2D -

Hv1 * DGv1@v1, v2, drei D + v2 * DGv2@v1, v2, drei D -G@v1, v2, drei DL * d@3D,

-eins + d@3D ³ null, -SetPrecision @98, 50 D * d@0D + SetPrecision @6, 50 D * d@1D +

SetPrecision @56, 50 D * d@2D + SetPrecision @53, 50 D * d@3D + u1 ³ null,

-d@0D + SetPrecision @1.1664, 50 D * d@2D + u2 ³ null, -d@0D + einseins * d@1D + u3 ³ null,

-d@1D + einseins * d@2D + u4 ³ null, -d@2D + einseins * d@3D + u5 ³ null,

d@0D - einsfuenf * d@1D ³ null, d @1D - einsfuenf * d@2D ³ null,

d@2D - einsfuenf * d@3D ³ null, -DGv1@v1, v2, null D * d@0D - DGv1@v1, v2, eins D * d@1D -

DGv1@v1, v2, zwei D * d@2D - DGv1@v1, v2, drei D * d@3D ³ null,

-DGv2@v1, v2, null D * d@0D - DGv2@v1, v2, eins D * d@1D - DGv2@v1, v2, zwei D * d@2D -

DGv2@v1, v2, drei D * d@3D ³ null, d @0D ³ null, d @1D ³ null, d @2D ³ null,

d@3D ³ null, u1 ³ null, u2 ³ null, u3 ³ null, u4 ³ null, u5 ³ null <,

8d@0D<, 8d@1D<, 8d@2D<, 8d@3D<, 8u1<, 8u2<, 8u3<, 8u4<, 8u5<,

WorkingPrecision ® 15, AccuracyGoal ® 8D;

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dual D;

Abbildung 61: Ni htlineare Optimierung - höhergenau (Mathemati a)

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Investitionsre hnung 5 - 197 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

9-322.596328841994231997429131798, 9EW ® 322.596328841994231997429131798,

v1 ® 0.446785305988722441766282786520, v2 ® 0.392516060612745732767858883063,

A ® 0.999999999999999998353347036834, Z ® 1.00000000000000057503509330793,

KR0 ® 0.99999999999999978120119559768, KR1 ® 3.70810216579673934061730424802´ 10-16,

KR2 ® 3.91392669433753877220320893153´ 10-16,

F0 ® 1.79399679310294866553899313238´ 10-16,

F1 ® 127.046257384493897639553172066, F2 ® 229.115991952319905867113466323==

8322.596328841994, 8d@0D ® 1.22472000000000,

d@1D ® 1.10250000000000, d@2D ® 1.05000000000000, d@3D ® 1.00000000000000,

u1 ® 1.60756000000001, u2 ® 0, u3 ® 0.0119700000000000, u4 ® 0, u5 ® 0<<

Abbildung 62: Ergebnisse ni htlineare Optimierung - höhergenau

Im Gegensatz zum linearen Fall ist im nichtlinearen Fall derKapitalwert auchdann positiv, wenn ein Projekt nicht vollkommen ausgelastet ist. Dies soll kurznachgewiesen werden. Dazu wird eine zweistufige Transformationsfunktionh(·)gewählt, die einen Vektor auf einen anderen Vektor abbildet, d.h.a = h(b). Au-ßerdem sollh(·) konkav sein. Dann lässt sich das folgende primale Optimierungs-problem aufstellen:

GW = maxG,x

w ·G G ∈ R+n+10 ,w ∈ R

+n+1

unter den Nebenbedingungen:

−h(x) +G ≤ b b,h(x) ∈ Rn+1

x ≤ xmax x,xmax ∈ R+m0

G,x ≥ 0

Die Lagrange-Funktion lässt sich nun wie folgt bilden:

L(G,x) = −w ·G+ d · (−h(x) +G− b) + u · (x− xmax)

Das primale Optimierungsproblem sei nun gelöst und man erhalte die optima-len Wertex undG. Nun soll das duale Optimierungsproblem aufgestellt werden.Dazu wird der Termx · ∂x(h(x))

T · d addiert und wieder subtrahiert, so dassdieKuhn-Tucker-Bedingung des Dualproblems für die Investitions- und Finanzie-rungsobjekte separiert werden kann. Spielen nun die Dualvariablen die Rolle derunabhängigen Variablen, so folgt das duale Optimierungsproblem:

L(d,u) = −d · b− u · xmax + x · (∂xh(x))T · d− d · h(x)

+G · (d−w) + x · (−∂x(h(x))T · d+ u)

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Investitionsre hnung 5 - 198 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

Es resultiert damit das folgende duale Optimierungsproblem:

mind,u

d · b+ u · xmax − x · ∂x(h(x))T · d+ d · h(x)

unter den Nebenbedingungen:

−∂x(h(x))T · d+ u ≥ 0

d−w ≥ 0

Nun soll der unterstrichene Term in der Zielfunktion genauer untersucht werden.Gilt für den nichtlinearen Term−x · ∂x(h(x))

T · d + d · h(x) = 0, so folgt of-fenbar das lineare Optimierungsproblem. In diesem Fall verbleibtu · xmax in derZielfunktion. Ein Grenzobjekt hat damit einen Kapitalwertvon null, wie bekannt.Im nichtlinearen Fall kann gezeigt werden, dass

u · xmax − x · ∂x(h(x))T · d = 0 für 0 < xj ≤ xmax

j

erfüllt ist, so dass nund ·h(x) in der Zielfunktion verbleibt. Damit kann der Kapi-talwert eines nichtlinearen Zahlungsstroms eines Investitions- und Finanzierungs-objektes auch dann positiv sein, wenn das Objekt nicht vollkommen ausgenutztist. Dass diese Bedingung erfüllt ist, soll nun kurz gezeigtwerden. Dazu müssennur die geltendenKuhn-Tucker-Bedingungen herangezogen werden:

0 < xj < xmaxj : uj = 0, ∂xj

(h(xj))T · d = 0

xj = xmaxj : uj > 0, uj = ∂xj

(h(xmaxj ))T · d

Intuitiv ist das klar. Da die Extremalbedingung für ein Minimum fordert, dassdie erste Ableitung null wird (minx −d · H · x → d · H = 0), ist folglich derKapitalwert eines Grenzobjekts null. Dies gilt auch für dieerste Ableitung einernichtlinearen Funktion. Jedoch existieren zusätzlich höherwertige Funktionsantei-le, so dass hier der Kapitalwert eines Grenzobjekts nicht unbedingt null sein muss(Dass im obigen Beispiel keine Obergrenzen fürv1 und v2 gegeben waren unddennoch ein positiver Zahlungsstrom resultierte, zeigt dies deutlich). Man kannnun die Zielfunktion des dualen Optimierungsproblems verallgemeinern, indemman die Zahlungsströme der gegebenen linearen und nichtlinearen Investitions-und Finanzierungsobjekte symbolisch vereint. So gilt mitx = xlinear ⊕ xnichtl.

auchh(x) = H · xmaxlinear + h(xnichtl.). Damit lautet das duale Optimierungspro-

blem einheitlich:

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Investitionsre hnung 5 - 199 Juli 2014, Dr. Olaf Kintzel

mind,u

d · b+ d · h(x)

unter den Nebenbedingungen:

−∂x(h(x))T · d+ u ≥ 0

d−w ≥ 0

Würdigung:

Der Autor dieses Skriptes ist dem Lehrstuhl Investitionstheorie und Unterneh-mensbewertung unter Prof. Thomas Hering sehr verbunden, der es ihm ermög-lichte zum Thema seiner Diplomarbeit eine englischsprachige wissenschaftlicheVeröffentlichung zu erarbeiten. Dr. rer. pol. Christian Toll als Betreuer sei herzlichgedankt.

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