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grußwort

Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des Kieler Ankers des International Center.

Auch dieses Mal haben wir Ihnen eine bunte Mischung aus aktuellen Informationen aus der Universität, über neue Studiengänge, Forschungs-ergebnisse sowie persönliche Berichte ausländischer Studierender und Gastwissenschaftler zusammengestellt.

So stellen wir Ihnen Katarzyna Rózanska vor, die als Polnischlektorin im Direkt-austausch an der CAU lehrt. Spannend ist auch folgende Konstellation: JohnFoulks aus den USA berichtet über sein Studium der friesischen Philologie in Kiel,während Henrik Schatzinger aus Preetz von seinem Leben an der Universität inWisconsin berichtet.

Aus der Forschung gibt es auch wieder einiges zu berichten: Interdisziplinaritätist das Stichwort, denn gerade die Zusammenarbeit höchst unterschiedlicher Bereiche ist der Schlüssel dazu, dass von Kieler Wissenschaftlern wieder einige Erfolge erzielt wurden. Wenn sie nicht gerade in den Meerwasserhöhlen Mexicosnach alten Maya-Überresten tauchen, entwickeln sie neuartige Magnetfeld-sensoren oder erforschen die Möglichkeiten, aus Rüben Biogas herzustellen.

Die CAU selbst hat einen Wettbewerb für einen griffigen Werbeslogan ausgeschrieben und die Gewinner gekürt, die wir Ihnen vorstellen. AusländischeLehramtsstudierende finden bei LiCAU einen kompetenten Ansprechpartner zurLösung möglicher Probleme.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe.

Ihre Kieler Anker - RedaktionInternational Center

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index

01 grußwort

forschung in kiel

06 rüben säen – biogas ernten12 neuartige magnetfeldsensoren für neurologie und kardiologie15 eintauchen in die vergangenheit der maya

inside cau

08 ein slogan für die cau14 lehramt international an der cau19 daad-preis für einen pakistanischen studenten

kieler studierende berichten

03 deutsch ist mehr als polka, oktoberfest und bier

ausländische gäste berichten

09 vom friesischen kalender zum studium in kiel16 von der kunst des deutschen small talks

20 impressum

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kieler studierende im ausland

»deutsch ist mehr als polka,oktoberfest und bier«

Hendrik Schatzinger ist gebürtiger Schleswig-Holsteiner, lebt und lehrt aber seit2001 in den USA. Ermöglicht hat ihm den ersten Kontakt mit seiner jetzigen Heimatdas International Center der CAU. Der Kieler Anker hat sich mit ihm über seinenWerdegang, seine Gegenwart und seine Pläne für die Zukunft unterhalten.

Sie sind ganz in der Nähe von Kiel, im beschaulichenKleinstädtchen Preetz aufgewachsen, leben aber nunin den USA. Wie ist es dazu gekommen?

Ich habe mich schon sehr früh für die USA interessiert,zunächst für amerikanische Musiker wie Elvis und Michael Jackson, dann für die amerikanische Basket-ball-Profiliga NBA und die amerikanische Profiliga imAmerican Football. Ein Schüleraustausch hat damalsaber leider nicht geklappt. Nach dem Abitur in Preetzund meiner Zivildienstzeit habe ich an der CAU KielEnglisch und Wirtschaft/Politik auf gymnasiales Lehr-amt studiert. Es war allerdings lange ein großerWunsch von mir, ein Jahr in den USA zu studieren. DieCAU hat erfreulicherweise hervorragende Direktaus-tauschstipendien und ich hatte das Glück, eines fürdie Universität Kansas zu bekommen.

Wie ging es dann weiter?

Es hat mir dort unglaublich gut gefallen, so dass ichmich entschoss, den Aufenthalt um ein Semester zu ver-längern, um einen Master-Abschluss in Politischer Wis-senschaft zu erwerben. Daraufhin habe ich für den Kie-ler Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels inBerlin gearbeitet. Da ich jedoch wusste, dass ich wei-ter forschen wollte, bin ich 2003 wieder in die USA ge-gangen um an der Universität Georgia zu promovieren.In Georgia konnte ich mich weiter auf amerikanischeRegierungslehre und amerikanische Politikfeldanalysespezialisieren. Meine Master- und auch Doktorarbeituntersuchen auf empirische Weise, welche politischenEreignisse im Gesetzgebungsprozess größere Unter-nehmen dazu veranlassen, direkt an Mitglieder desKongresses zu spenden. Unter anderem zeigen die Er-gebnisse, dass Unternehmen besonders vor wichtigenAusschusssitzungen spenden, was allerdings auch da-mit zu tun hat, dass Abgeordnete gerne vor diesen Sit-zungen Fundraising-Veranstaltungen abhalten. Nebender Forschung habe ich in Georgia Seminare über dasamerikanische Regierungssystem und empirische For-schungsmethoden geleitet. Am Anfang habe ich sehrviel vorgetragen, aber jetzt mache ich viel mehr von an-deren Lehrmethoden wie Partner-und Gruppenarbeit,Rollenspielen und Debatten Gebrauch. Nach einem Ab-

stecher in die politische Forschung arbeite ich jetztwieder an einem College.

Worum ging es bei diesem »Abstecher«?

Am Ende meiner Promotion hatte ich die Möglichkeit,ein Jahr in einem überparteilichen »Think Tank« (so-zusagen eine »Denkfabrik«) in Washington D.C. zu ar-beiten. Dort haben wir die Wahlkampffinanzierung inden Bundesstaaten und auf nationaler Ebene analy-siert und Reformvorschläge gemacht, besonders wasdie öffentliche Finanzierung von Wahlkämpfen betrifft.Das Weiße Haus, der US-Kongress, und einzelne Land-tage haben unseren Chef mehrfach zu Sitzungen ein-geladen und wir haben ihm entsprechende Daten fürdie Treffen zusammengestellt.

Kommen wir mal zurück zu den Anfängen. Wie kames dazu, dass Sie ins Ausland gehen wollten?

Ich interessiere mich für Politik, andere Kulturen, undbin generell recht neugierig, Neues zu lernen und aus-zuprobieren. Das ist auch ein Grund, warum ich gernein den USA studieren wollte, wobei ich natürlich nichtwusste, dass sich mein Aufenthalt hier zu einem Dau-eraufenthalt entwickeln würde. Außerdem lerne ichgerne mehr über menschliches Verhalten und als Poli-tikwissenschaftler habe ich dadurch mein Hobby zumBeruf gemacht. Während meines Grundstudiums inKiel habe ich dann »Über die Demokratie in Amerika«von Alexis de Tocqueville gelesen. Seine Analyse hatmich fasziniert und ich wollte unbedingt mehr überdie amerikanische Verfassung und das amerikanischeRegierungssystem lernen. Glücklicherweise vergibt dieCAU Stipendien durch die Direktaustauschprogramme.Ich habe mich um ein Stipendium beworben und wurdeangenommen. Die Fulbright-Kommission hatte mir zu-sätzlich noch ein Reisestipendium zugesprochen.

Die ersten Tage in den Vereinigten Staaten – wiewurden Sie da aufgenommen? Welche Erfahrungenhaben Sie mit dem Studium gemacht?

Ich war vom ersten Tag an von Kansas begeistert. DerCampus, die Kommilitonen, die Professoren, die Stu-dienbedingungen – das war alles ganz schön beein-

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druckend. Die Universität in Kansas ist auch viel inter-nationaler als ich mir das vorgestellt hatte. Die inter-nationalen Studenten haben unter anderem viele Ver-anstaltungen organisiert, die mir gut in Erinnerunggeblieben sind. Das Studium selbst war ganz schön in-tensiv, mit reichlich Lesestoff und vielen kleineren Pro-jekten. Insgesamt war das Auslandsstudium eine ein-malige Erfahrung. Ich konnte einfach sehr viel überdas Land, die Kultur, und über die Menschen hier ler-nen und dazu fachlich deutlich dazulernen.

Wie kam es dazu, dass Sie jetzt in Wisconsin lehren?

Seit letzten August arbeite ich als Juniorprofessor füramerikanische Regierungslehre an einem privaten Col-lege in Wisconsin. Als der Dekan anrief, wusste ich so-fort, dass ich das Angebot annehmen würde. An einemLiberal Arts College ist man Generalist und bietet einerecht breite Palette an Kursen in seinem Fachbereichan. Dieses Semester biete ich zum Beispiel ein Seminarüber die amerikanische Präsidentschaft und einen wei-teren Kurs über die Rolle der Moral in der Politikanalysean. Zudem ist die Atmosphäre und das Lernen andersals an großen Universitäten. Meine Seminare habendurchschnittlich nur zehn Teilnehmer, was viele Mög-lichkeiten in Bezug auf die Lehrmethodik erlaubt. Nachsechs Jahren wird das College entscheiden, ob ich eineProfessur auf Lebenszeit bekomme. Forschungslei-stungen und Einsatz an und für die Hochschule sind beider endgültigen Evaluation wichtig, aber am aller-wichtigsten sind herausragende Lehrleistungen. Daherbietet das College auch eigene Fortbildungsveranstal-tungen und interne Evaluationen von Kolleginnen undKollegen in dem Bereich an.

Fühlen Sie sich dort wohl? Was ist anders – und wasist dann doch ganz ähnlich wie zu Hause?

Ich fühle mich in den USA ausgesprochen wohl. Geradehier in Wisconsin sind die Amerikaner aufgrund derdeutschen Einwanderer ausgesprochen »deutsch-freundlich«. Nicht ohne Grund gibt es hier in der Nähekleinere Städte, die zum Beispiel die Namen Berlin undKiel tragen! Außerdem haben wir hier in der Nähe auchein deutsches Restaurant, das Essen- Haus, und das

Oktoberfest kommt hier in den Städten auch nicht zukurz. Sicherlich gibt es trotzdem kulturelle Unter-schiede, zum Beispiel sind die amerikanischen Studie-renden insgesamt deutlich konservativer als an deut-schen Universitäten. Die Kirchen sind Sonntags voll,viele Leute wollen weniger Staat und auch weniger Re-glementierungen von Waffenbesitz. Andererseits binich auch nach einigen Jahren noch erstaunt, wie hilfs-bereit die Nachbarn und Kollegen sind und wie spon-tan die Amerikaner sein können. Vor kurzem hat einEhepaar mich und meine Freundin nach einem Zwei-Minuten-Gespräch zu sich nach Hause zum Essen ein-geladen. Eine Woche später waren wir in der Tat beidenen zu Besuch. Insgesamt bin ich jedoch der Mei-nung, dass wir kulturelle Unterschiede gerne betonen,aber menschliches Verhalten doch überall recht ähnlichist. Mit einem netten Lächeln, ehrlichem Interesse amGegenüber und einer guten Portion Freundlichkeit undRespekt kommt man doch oft recht weit.

Wo sehen Sie die großen (und kleinen) Unterschiede,sowohl im Alltag, als auch bei den Studien- und Arbeitsbedingungen?

Wie gesagt, ich denke, dass wir gerne kulturelle Unter-schiede betonen, aber meiner Ansicht nach verhaltensich die Menschen überall auf der Welt recht ähnlich.Ob in Brasilien, Deutschland, oder Amerika: die Leutereagieren auf Lächeln, freundlichen Tonfall, einen Ge-fallen, und Anstrengung bei der Erledigung von Auf-gaben überall positiv. Aufgrund meiner begrenzten Ar-beitserfahrung in Deutschland kann ich nicht über diedeutschen Arbeitsbedingungen urteilen, aber ich habegemerkt, dass die Amerikaner einem einen ordent-lichen Vertrauensvorschuss bei der Arbeit geben, nachdem Motto: »Wir geben dem die Chance, der packt dasschon«. Zum Beispiel war ich ganz schön nervös, als ichmeine allererste Vorlesung in Georgia gleich vor 300Studenten gehalten habe. Aber die Veranstaltung gingdann doch recht gut über die Bühne. Die Studienbe-dingungen sind an unserem College zweifellos hervor-ragend; die Ausstattung, Betreuung, die kleinen Semi-nare, die vielen Sprechstunden, und so weiter. Aller-dings bezahlen die Studierenden auch sehr hohe Stu-

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diengebühren und erwarten dieses Angebot. Insofernist der Vergleich natürlich nicht fair. Man darf nicht ver-gessen, dass der durchschnittliche College-Absolventdas Studium mit 23.000 Dollar Schulden abschließt.Auch an den großen öffentlichen US-Universitäten sinddie Studiengebühren höher als an den entsprechen-den Hochschulen in Deutschland. Insgesamt glaubeich schon, dass die deutschen Unis mit ihren begrenz-ten Ressourcen recht behutsam umgehen. Unter-schiede sehe ich in Studienberatung und -betreuung,der Vermittlung von Praktika, und Karriereberatung.Da sehe ich in Deutschland Nachholbedarf, der mitnicht allzu hohen Kosten verbunden ist. Eine Reihe vonamerikanischen Studenten entscheidet auch erst wäh-rend ihres ersten Studienjahres für ein bestimmtesHauptfach, ohne sich schon gleich von Anfang an fest-zulegen. Diese Möglichkeit eines »Schnupperjahres«ist meiner Meinung nach eine gute Idee.

Nach so langer Zeit in den Vereinigten Staaten, ver-missen Sie da auch irgendetwas?

Die Kieler Förde. Ich vermisse in der Tat das Wasser.Wenn ich diesen Sommer nach Kiel komme, freue ichmich zum Beispiel darauf, meine alten Inline-Skatesauszupacken und auf der Kiellinie zu fahren. Darüberhinaus vermisse ich manchmal die deutsche Sprache.Natürlich kann man »Wenn du nicht mehr weiter weißt,bilde einen Arbeitskreis« übersetzen, aber es klingtdann eben nicht mehr so schön. Außerdem muss ich zu-geben, dass ich gerne mal eine Currywurst essenwürde. Oder einen echten Döner. Im Winter vermisseich es auch, einfach mal über einen Weihnachtsmarktzu bummeln und einen Glühwein zu trinken. Wir habenaber diesen Winter schon einigermaßen erfolgreich unseren eigenen Glühwein hergestellt und nächstenWinter geht es auf jeden Fall zu dem großen Weih-nachtsmarkt in Chicago.

Wie geht man mit Ihnen als Deutschem um? Gibt esda kleine Anekdoten?

Viele Amerikaner wissen nicht sehr viel über Deutsch-land. Wenn Deutschland die doppelte Fläche der Eu-ropäischen Union hätte mit über 300 Millionen Ein-

wohnern, dann würde sich die Bildung, das allgemeineInteresse und das Reisen auch mehr auf das Landselbst konzentrieren. Man kann aber wohl doch sagen,dass die Amerikaner ein positives Bild von Deutschlandund uns Deutschen haben. Die Werbung preist GermanEngineering als Vorbild in Forschung und technologi-schem Fortschritt an und deutsche Produkte werdenallgemein mit Qualität gleichgesetzt. In Wisconsin hältsich aber hartnäckig das Gerücht, dass die Deutschenmit Polka-Tanz aufwachsen und ich daher ein Polka-Profi sein muss. Diese Legende widerlege ich dann aufder Tanzfläche aber sehr schnell. Am häufigsten kommtaber meine deutsche Herkunft zur Sprache, wennirgendwo Bier angeboten wird. Vor ein paar Tagen hatmir der College-Präsident bei einem Abendessen ver-schiedene Bier- und Weinsorten zur Wahl gestellt. Ohnetiefere Analyse hatte ich mich für ein leichteres, mexi-kanisches Bier entschieden, dass man ziemlich seltensieht. Mit dieser Wahl hatte ich ihn aber sichtlich ent-täuscht. Er ging »natürlich« davon aus, dass ich das Biermit dem stärksten Alkoholgehalt trinke. Wenn ich an einem Abend mit Freunden oder Kollegen kein Bier vormir stehen habe, heißt es immer sofort: »Hey, what’swrong? I thought you’re German…«

Welchen Ratschlag geben Sie einem Studierendenmit, der sich überlegt, im Ausland zu studieren?

Ich kenne niemanden, der sein Auslandsstudium bereuthat. Ich denke, es kommt ganz stark auf einen selbstdrauf an, was man aus seinem Aufenthalt im Auslandmacht. Sollte ein Programm der CAU nicht passen,würde ich es über den DAAD versuchen oder mich mitden ausländischen Universitäten direkt in Verbindungsetzten. Zur Promotion habe ich mich auch selbständigin den USA beworben. Wer wagt, gewinnt.

Vielen Dank für das Gespräch. (ds)

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forschung in kiel

rüben säen – biogas ernten

Als Teil einer interdisziplinären Forschungsgruppe, die sich nicht nur über unter-schiedliche Institute, sondern auch über mehrere Hochschulen erstreckt, säen KielerWissenschaftler Rüben als Energiepflanzen der Zukunft.

Mit der Aussaat eines Sortiments von Zuckerrübenverschiedenster Herkünfte auf dem Versuchsgut Hohenschulen der CAU haben Wissenschaftler derAgrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultätsoeben ihre Forschungen zur Züchtung einer ertrag-reichen Zuckerrübe für eine alternative Energiege-winnung begonnen.

»Bioenergie 2021: Winterrübe als Energiepflanze«heißt das Projekt, das vom Bundesministerium für Bil-dung und Forschung mit rund 1,3 Millionen Euro ge-fördert wird. »Mit der Winterrübe können wir einen

etwa 25 bis 30 Prozent höheren Zucker- und Biomas-seertrag erzielen«, sagt Martin Kirchhoff, Doktorandbei Professor Dr. Christian Jung vom Institut für Pflan-zenbau und Pflanzenzüchtung. »Das bedeutet gleich-zeitig mehr Biogas pro Hektar Anbaufläche.« Die Win-terrübe könnte damit als neue Energiepflanze einenwesentlichen Beitrag zur Bioenergiegewinnung lei-sten.

Im Unterschied zur herkömmlichen Zuckerrübe, die imMärz gesät wird, bringen Jung und seine Mitarbeiterdie Winterrübe bereits im August aufs Feld. Dadurchhat sie eine vergleichsweise längere Vegetations-dauer. Das heißt, sie bekommt länger Licht, kann län-ger wachsen und dadurch mehr Biomasse und Zuk-kergehalt entwickeln. Damit das aber funktioniert,muss die Winterrübe zwei Voraussetzungen erfüllen:Sie muss winterhart sein und »schossresistent«, dasheißt, sie darf im Frühjahr keine Blüten und Samen-träger ausbilden. Schosst die Winterrübe, dann gehtein großer Teil ihrer Energie in die Triebe und nichtmehr in die Speicherwurzel.

Viele Versuche mit unterschiedlichen Sorten

Damit die Winterrüben nicht austreiben, erforschendie Wissenschaftler die Mechanismen des Schossver-haltens. »Wir kennen bereits eine Reihe von Genen,die wahrscheinlich das Schossverhalten beeinflus-sen«, sagt Dr. Friedrich Kopisch-Obuch, wissen-schaftlicher Mitarbeiter von Jung. Wie diese Gene ge-nau funktionierten, um sie gezielt einsetzen zukönnen, werde zurzeit noch erforscht. An den gesätenZuckerrüben und ihren Verwandten untersuchen siedie natürliche Variation für Winterhärte und Schoss-festigkeit. Um eine möglichst breite Variation für dieseMerkmale zu erhalten, werden nicht nur Zuckerrübenim Versuch getestet, sondern auch Wildarten und Ver-wandte der Zuckerrübe wie Mangold, Futterrübe, RoteBete. »Dieses Sortiment verschiedener Arten eignetsich deshalb, weil wir interessante Genotypen auffin-den können, die sich weiter züchterisch bearbeitenlassen«, so Kopisch-Obuch. »Zum anderen können wirin diesem Sortiment anhand der Variation an Winter-

Der erste Sonnentag wird genutzt. Doktorand Martin Kirchhoffbringt Saatgut in die Erde. Ziel ist es, eine winterfeste Rübe zurEnergiegewinnung zu züchten.Copyright: Uni Kiel, Foto: Claudia Eulitz

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forschung in kiel

härte und Schossverhalten die zugrunde liegendengenetischen Mechanismen entschlüsseln.«

Diese genetischen Voraussetzungen wollen die KielerWissenschaftler für die Züchtung einer hochenergeti-schen Winterrübe nutzbar machen. Winterrüben könn-ten damit zukünftig einen ganz wesentlichen Beitragfür die alternative Energiegewinnung leisten.

Interdisziplinarität auch mit anderen Universitäten

Insgesamt gibt es sieben Teilprojekte, in denen dasgesamte Biosystem Zuckerrübe untersucht wird – vonder Züchtung bis zur Biogaserzeugung. Vier davonsind bei Wissenschaftlern der CAU angesiedelt. Prof.Dr. Christian Jung legt mit den molekulargenetischen,züchterischen Fragestellungen wie der Schoss-kon-trolle und der Winterhärte die Grundlage für weitereUntersuchungen. Professor Dr. Henning Kage be-schäftigt sich mit dem Ertragspotenzial und den Um-welteinwirkungen der neuen Rübe.

Professor Dr. Eberhard Hartung befasst sich mit derKonservierung und Biogaserzeugung der Zuckerrübe.Koordiniert wird das interdisziplinäre Projekt von Wis-senschaftlern des Instituts für Zuckerrübenforschungin Göttingen.

Kontakt:Christian-Albrechts-Universität zu KielInstitut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung

Prof. Dr. Christian JungTelefon: 0431/880-7364E-Mail: [email protected]

Dr. Friedrich J. Kopisch-ObuchTelefon: 0431/880-3210E-mail: [email protected]

Zahlreiche Studierende und Angestellte halfen bei dem Projekt zur effizienten Biogasgewinnungmit. Ganz rechts Doktorand und Versuchsleiter Martin Kirchhoff.Copyright: Uni Kiel, Foto: Claudia Eulitz

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inside cau

ein slogan für die cau

In regionalen und überregionalen Tageszeitungen, an Bushaltestellen und Litfass-säulen prangte es einem entgegen: Die CAU Kiel suchte nach einem Slogan, der dasImage des Hochschulstandortes möglichst griffig zusammenfasst - und zahlreicheIdeen aus Kiel und der Welt wurden eingereicht. Der Kieler Anker berichtet von denfortlaufenden Ereignissen.

In einer bundesweiten Kampagne, die durch Spen-den an Sach- und Geldmitteln ermöglicht und im Mai2009 gestartet worden war, hatte die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel dazu aufgerufen, sichan einem Wettbewerb um den besten Slogan für dieTraditionsuniversität an der Förde zu beteiligen. An-lass hierfür war der große Erfolg der Universität in derExzellenzinitiative des Bundes 2006/07. Die Univer-sität Kiel erreichte in dieser Platz 10 unmittelbar nachden neun als Eliteuniversität ausgezeichneten Hoch-schulen. Die Christian-Albrechts-Universität war be-sonders erfolgreich im Einwerben von Drittmitteln.Diese waren höher als die aller anderen Universitäten,ausgenommen die bereits in der Förderlinie »Zu-kunftskonzept« erfolgreichen neun Eliteuniversitäten.Dies erschien Grund genug, explizit für die Universitätin der Öffentlichkeit zu werben, setzt doch die Suchenach einem geeigneten Slogan voraus, dass sich dieTeilnehmer intensiv mit der Christian-Albrechts-Uni-versität zu Kiel auseinandersetzen. 16.699 Sloganswaren fristgerecht bis zum 15. Juli eingereicht wor-den. 2766 Interessierte aus ganz Deutschland, Europaund Übersee hatten sich beteiligt.

Die Suche der Kieler Universität nach einem Slogan istnun erfolgreich zu Ende gegangen. Die Jury verab-schiedete gleich drei Slogans als geeignet, um dieLeistungen der Hochschule in Forschung und Lehre zutransportieren.

Folgende Gewinner wurden gekürt:

»Exzellenz im Norden. Seit 1665«(Detlev Baumanns, Köln)

»Wo aus Forschung Zukunft wird« (Andreas Lauer, Oestrich-Winkel)

»Zusammen auf Kurs« (Sebastian Dalkowski, Uedem)

Alle drei Gewinner haben an einer wissenschaftlichenEintagesfahrt auf dem Forschungsschiff »Alkor«teilgenommen.

Der erstgenannte Siegerslogan, der die lange Traditionder Hochschule betont (»Exzellenz im Norden. Seit1665«), wurde von der Jury selber spontan kreiert.Hier hatten 20 ähnliche Slogans zur Anregung ge-dient. Unter den Einsendern dieser 20 ähnlichen Vor-schläge zog das Präsidium den Gewinner per Los.Die 1001 ersten Teilnehmerinnen und -nehmer desSloganwettbewerbs erhielten – wie versprochen – das»Buch der 1001 Slogans«, das bereits erschienen istund bei der Presseabteilung der CAU bestellt werdenkann.

Jetzt wird die Universität Kiel die prämierten Slogansnutzen, um sichtbar auf ihre herausragenden Lei-stungen in Forschung und Lehre aufmerksam zu ma-chen.An drei Brücken, die auf dem Campusgeländeüber die Olshausenstraße führen, werden sechs rund20 Meter lange Banner dauerhaft aufgehängt.

In die Jury waren Mitglieder des Kuratoriums und al-ler universitärer Gruppen geladen. Auch der »Erfinder«der Kampagne, der Werbeexperte Professor MichaelSchirner, gehörte dazu.

Der Slogan »Zusammen auf Kurs. Universität Kiel« wird derzeit

montiert.

Copyright: CAU Kiel, Foto: Jürgen Haacks

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ausländische gäste berichten

vom friesischen wandkalenderzum studium in kiel

Der Amerikaner John Foulks promoviert an der CAU Kiel in Friesischer Philologie.Wie es zu dieser außergewöhnlichen Studienfachwahl kam und wie sich das Lebenfür ihn in Deutschland gestaltet, erzählte er dem Kieler Anker.

Als Austauschstudent aus Indiana war er hergekom-men, da er in den USA germanische Sprachen studierthatte, und speziell nach Kiel kam er, »weil es hier dasFach Friesisch gibt«. Doch die Zeit reichte nicht aus:»Nach dem Jahr hatte ich das Gefühl, dass ich nochnicht genug darüber wusste, deswegen habe ich ver-längert, auch aus persönlichen Gründen. Für jeman-den, der germanische Sprachen studiert, ist es ein Ge-winn, dass hier friesisch gelehrt wird.« Er führt aus,dass es schwierig ist, außerhalb Frieslands oder einemnordischen Institut an weitere Informationen zu ge-langen.»Wenn man etwas mehr darüber wissen will, z. B. inIndiana, ist es schwierig. Es gibt kaum Literatur, unddie ist meistens alt. Die Sprache ist klein und unbe-kannt, nur wenig erforscht«, berichtet er über seineSchwierigkeiten mit der europäischen Minderheiten-sprache, die auch nur von einer regionale Minderheitin Deutschland gesprochen wird. Der Studiengang inKiel ist eher praktisch orientiert: »Zwei Dialekte kannman hier lernen, wobei es mehr gibt. Das Friesisch-studium erfordert sehr viel Eigeninitiative, allerdingssind die Kurse nicht so überfüllt. Wir sind ca. 20 bis 30Leute am Seminar, dazu kommen ein Professor, ein Do-zent und einige Sprachlehrer.«

Doch wie kam er ausgerechnet auf das Studium diesernordischen Sprache? 1994 war John Foulks als Aus-tauschschüler nach Tönning gekommen, hat dortPlattdeutsch gehört und fand es interessant. »EinNordfriesischer Kalender hing in der Küche der Fami-lie, immer ein Bild und ein Spruch pro Kalenderblatt.Das hat mich sehr fasziniert«, berichtet er von seinemersten Kontakt mit der Sprache.Nach einem Jahr ging es wieder nach Hause, wo ernach dem Schulabschluss zunächst in Hannover, NewHampshire »Deutsche Kultur und Gesellschaft« stu-dierte. »Nach meinem Bachelorabschluss wusste ichnicht genau, was ich machen wollte und wurde zu-nächst für ein Jahr Assistent bei einem Aktienhändler.Danach bin ich ein wenig gereist und saß plötzlich ar-beitslos zu Hause.« Obwohl er aufgrund seiner Erfah-rungen als Schüler niemals Lehrer werden wollte,landete er doch als Deutschlehrer an einer Highschool.

»In den USA können Leute mit abgeschlossenem Stu-dium und einer bestandenen mündlichen Prüfung einevorübergehende Zulassung als Lehrer erhalten – wennman die Lehrerausbildung innerhalb von fünf Jahrennachholt«, berichtet John Foulks von seinen Erfah-rungen. »Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so vielSpaß macht, die Schüler zu unterrichten und in mei-nem zweiten Jahr wollte die Hälfte der Schüler weiter-machen.« Auf die Frage, wie beliebt Deutsch alsFremdsprache ist, stellt er fest, dass Deutsch nachSpanisch und Französisch bereits den dritten Platz be-legt. »Jeder hat irgendeinen Grund, warum er dieSprache wählt, der hat aber meistens wenig mitDeutschland als Land zu tun. Die einen sind Heavy-Metal-Fans oder Fans von Dirk Nowitzki, dem deut-schen Basketballspieler«, berichtet er von seinen Er-lebnissen als Lehrer. »Aber in meiner Klasse war niejemand der sagte: Ich bin hier, weil meine Vorfahrenaus Deutschland kommen. Allerdings konnten einigeTeilnehmer meines Kurses oft noch ein paar deutscheWörter, weil deren Großeltern eingewandert waren.«

Die Erinnerungen an den Schüleraustausch führenzum neuen Lebensabschnitt

Neben der deutschen Sprache, die er an der High-school unterrichtete, beschäftigte er sich auch mitDänisch. »Meine Gastschwester von damals wohnteinzwischen die in Dänemark und ich stellte fest, dassich Dänisch eigentlich ganz gut verstand, dafür dassich es nie gelernt hatte« und er begann, Dänisch zu ler-nen. »Mit 25 Jahren habe ich dann entdeckt, dassman so etwas wie germanische Sprachwissenschaftenüberhaupt studieren kann. In meinem Studium gab eszwar das Fach ,Sprachwissenschaft’, aber ich fanddas nicht so spannend. Man bekommt irgendwelcheDaten von irgendwelchen Sprachen und soll dann dieMuster erkennen; es geht nicht darum, die Sprachenzu lernen. Wenn man einen Bezug zu den Sprachenhat, dann wird es einfach interessanter.«

Nach Kiel kam er dann über einen Direktaustausch:»Ich habe in Indiana studiert, weil mir dort ein Sti-pendium für ein Masterstudium angeboten wurde und

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ausländische gäste berichten

ich wusste, dass diese Hochschule einen Austauschmit Kiel hat, wo friesich gelehrt wird«, berichtet derehemalige Lehrer. Auf seine Erfahrungen mit Deutsch-land und den Deutschen angesprochen, sind seineGefühle zwiespältig: »Die Kieler sind für mich teil-weise verwirrend. Ich kann jetzt besser einschätzen,wen man ansprechen kann und wen nicht, aber dasmusste ich lernen.« Die Deutschen haben seiner Er-fahrung nach eine andere Art mit Menschen umzuge-hen, als er es gewohnt ist.

Kiel ist ein guter Ort zum leben und studieren

Im Grunde ist er jedoch gern hier, auch weil er gernmit dem Rad unterwegs ist. Es lasse sich in Kiel gut le-ben, so direkt am Wasser: »Man ist schnell mit demFahrrad raus aus der Stadt, man kann überall mit demFahrrad hin, alternativ mit Bus und Bahn, und manbraucht kein Auto.« Ob er sich vorstellen könnte, dau-erhaft hier zu bleiben? »Keine Ahnung – für mich ist al-les offen. Die Planung ist, meine Promotion abzu-schließen.« Dabei hat er sich als Thema das Nord-friesische ausgesucht, untersucht Teile der Gramma-tik und der Geschichte dieser Sprachen und die Ent-wicklung dieser Grammatiksysteme. Dabei geht esihm auch um die Verbindung in der Sprachgeschichtehin zum dänischen Dialekt.

Doch das Verhalten der Menschen, wie es ihm hierauffällt, lässt ihn nicht los: »Manche Menschen sindfreundlich, hilfsbereit, und dann gibt es auch nochdie anderen«, zum Beispiel der Umgang mit einigenSachbearbeitern deutscher Behörden.

Alles anders als zu Hause

Er vergleicht die beiden Studiensysteme, die er bishererlebt hat: »Die Systeme sind komplett unterschied-lich, das Studium in den USA ist nicht so streng nachStudienfächern sortiert. Die erste Frage ist immer ,Wohast Du studiert’ und nicht ,Was hast Du studiert’, da-her bewirbt man sich an einer Hochschule, nicht fürein Studienfach. Wenn Du eingeschrieben bist, dannbist du allgemein Student dieser Universität. Es gibt

keine Kurse für Hörer aller Fakultäten«. Studentenamerikanischer Hochschulen wählen erst im Verlaufihres Studiums ihr Hauptfach. »Es geht bei einer Hoch-schulausbildung meiner Meinung nach nicht nur da-rum, nur Wissen aufzuhäufen, sondern darum, denkenzu lernen.« Der Bachelorabschluss selbst war dabeiseine Arbeitsberechtigung: »Natürlich geht es darum,den Abschluss zu haben; wenn Du keinen hast, be-kommst Du keinen besser bezahlten Job. Dann wirdgeguckt, wo man studiert hat, und dann werden dieNoten geprüft. Wir bekommen vom ersten Tag an No-ten für alle Veranstaltungen, es gibt ständig Prüfun-gen, Examen, Hausarbeiten, die benotet werden. Alldies fließt in eine Note und das ist dann Deine Ab-schlussnote. Es hängt nicht alles von einer Prüfung ab,sondern von ganz vielen Prüfungen.«

Kampf mit den unterschiedlichen Studiensystemen

Doch sich die Studienleistungen aus den USA hier an-rechnen zu lassen war schwer und sein BA-Studiumwar so gut wie ungültig, da er für die Promotion einHauptfach und zwei Nebenfächer nachweisen kön-nen musste. »In meiner Uni war alles in einer Fakultät,da kannten mich alle. Hier in Kiel haben nun drei völ-lig voneinander unabhängige Leute je ein Drittel mei-ner Leistungen bewertet. Für mich hängen diese Sa-chen eng miteinander zusammen.«

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John Foulks’ Wirkungsstätte, die Fakultätenblöcke an der Leib-nizstraße. Im Vordergrund der »See der Biologen«.Foto: Jürgen Haacks / Uni Kiel

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ausländische gäste berichten

Neben all diesen Erfahrungen überwiegen doch diepositiven Aspekte: »Ich wäre nicht hier, wenn es nichtso wäre. Es sind gerade die einzelnen Kollegen inmeinem Studiengang, bei denen ich mich wohl fühle.Wir waren von Anfang an bei den Vornamen, denn wirkommen alle nicht aus Deutschland. Wenn die nichtwären, hätte ich es hier wahrscheinlich nicht be-sonders einladend gefunden. Doch mein Doktorvaterund ich verstehen uns toll, seine Interessen sind auchmeine Interessen. Die Stimmung ist freundlich undkollegial.« Regelmäßig treffen sich Studierende und

Mitarbeiter des Institutes zum »Friesischstammtisch«,an dem man auch friesisch sprechen kann: »Man übtden Dialekt, den man gerade lernt, denn man muss ei-nen Dialekt aktiv sprechen können, einen zumindestaktiv beherrschen.«

Alles in allem zieht John Foulks ein positives Fazit sei-ner Kiel-Betrachung: »Die Strukturen, die ich vorge-funden habe, sind zu Beginn etwas schwierig, aber dieMenschen, mit denen ich hier zu tun habe, finde ichgut.«

(ds)

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forschung in kiel

neuartige magnetfeldsensorenfür neurologie und kardiologie

An der CAU Kiel läuft derzeit eine Zusammenarbeit von Nanowissenschaftlern undMedizinern mit visionären Zielen für die moderne Diagnostik.

verbessern, sondern auch Prothesen-steuerung durch Gedanken, optimier-tes Lernen oder die Verwirklichungneuartiger Körperüberwachungs-funk-tionen ermöglichen.

Der SFB 855 »Magnetoelektrische Ver-bundwerkstoffe – BiomagnetischeSchnittstellen der Zukunft« ist von derDeutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) für zunächst vier Jahre bewilligtund wird in dieser ersten Förderpe-riode mit rund 11,5 Millionen Euro finanziert. Sprecher ist Professor Eckhard Quandt. »In diesem Sonder-forschungsbereich versprechen wiruns durch die stark interdisziplinäreZusammenarbeit zwischen Physik,Materialwissenschaft, Elektrotechnikund Medizin die Entwicklung ganz

neuartiger Magnetfeldsensoren, die speziell ausge-legt sind für wissenschaftliche und diagnostische Fra-gestellungen in Neurologie und Kardiologie«, soQuandt.

Konkret geht es um die Aufzeichnung von Gehirn-und Herzströmen über deren Magnetfelder. Dies istzwar bereits heute möglich, jedoch sind die Messun-gen bisher mit erheblichem Aufwand verbunden, sodass diese Techniken nahezu keinen Eingang in diemedizinische Praxis gefunden haben. Um die Ergeb-nisse nicht zu verfälschen, müssen nämlich äußereMagnetfelder stark abgeschirmt und herkömmlichebiomagnetische Schnittstellen extrem aufwändig aufca. -270°C gekühlt werden. Die neue Schnittstelle, de-ren Entwicklung sich die Forscher im SFB 855 zum Zielgesetzt haben, soll dagegen ohne Kühlung und lang-fristig sogar ohne Abschirmung auskommen. Auchdie Richtung von Magnetfeldern, zudem aus größererTiefe als bisher, könnten die neuen Sensoren ermitteln.Dadurch ergeben sich neue Anwendungen in Magne-toenzephalografie und Magnetokardiografie. So könn-ten sich beispielsweise Hirnschrittmacher zukünftigsehr viel zielgerichteter einsetzen lassen, ein wichti-

Mediziner bei der Auswertung eines Kardiogramms. Die optimierte Messung vonHirn- und Herzmagnetfeldern ist Ziel des neuen Sonderforschungsbereiches.Copyright: CAU, Foto: Jürgen Haacks

Könnte man Gehirn- und Herzfunktionen in der medi-zinischen Diagnostik statt durch elektrische Messun-gen über die hervorgerufenen Magnetfelder detektie-ren, wäre dies ein großer Durchbruch bezüglichGeschwindigkeit und Qualität der Diagnosen. Zurzeitscheitert dieses Ziel an der Verfügbarkeit geeigneterhöchstempfindlicher Sensoren. Zudem funktionierendie heute verfügbaren Sensoren nur bei Tiefsttempe-raturen. Neue Nanomaterialien versprechen hier einenDurchbruch.

Interdisziplinarität ist die Voraussetzung für den Erfolg

Dank eines neu bewilligten Sonderforschungsberei-ches (SFB) an der Universität Kiel können diese Fragenin den nächsten Jahren wissenschaftlich untersuchtwerden. Wissenschaftler aus drei Fakultäten der CAUund des Fraunhofer-Instituts für Siliziumtechnologie inItzehoe haben sich die Entwicklung einer neuartigen,ungekühlten und unabgeschirmten biomagnetischenSchnittstelle zum Ziel gesetzt. In der langfristigenPerspektive könnte ein derartiges Sensorsystem abernicht nur die medizinische Diagnostik und Behandlung

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Forschung ist. Außerdem ist die Bewilligung ein wei-terer Beleg für die hervorragenden Voraussetzungen,die wir in Kiel für die Erforschung nanotechnolo-gi-scher und oberflächenwissenschaftlicher Fragestel-lungen geschaffen haben«, unterstreicht Wolffram.»Dieser Erfolg ist eine wichtige Grundlage für neueIdeen der Kieler Universität in der Exzellenzinitia-tive.« Der Wissenschaftsstandort Kiel wird durch denSFB gestärkt, an der CAU werden etwa 30 neue Stel-len für Wissenschaftler geschaffen. Auch die For-schungskooperation in der Region wird durch die Zu-sammenarbeit von Universität und Fraunhofer-Institutweiter ausgebaut.

Kontakt:Christian-Albrechts-Universität zu KielInstitut für MaterialwissenschaftProfessor Dr. Eckhard QuandtTel. 0049/(0)431/880-6200E-Mail: [email protected]

forschung in kiel

ges Ziel der gerade genehmigten ersten Förder-periode.

Jeder trägt seinen Teil dazu bei

Voraussetzung hierfür sind neue Signalverarbeitungs-strategien und höchstempfindliche Sensoren für ex-trem kleine Magnetfelder. An deren Entwicklung, an-gefangen bei den physikalischen Grundlagen überdie Herstellung aus Verbundwerkstoffen bis hin zurAnwendbarkeit in Kardiologie und Neurologie, sind ander CAU die Technische, die Mathematisch-Natur-wissenschaftliche und die Medizinische Fakultät be-teiligt.

»Mit dieser interdisziplinären Einrichtung wird auchunser Förderschwerpunkt Nanowissenschaften undOberflächenforschung gestärkt«, freut sich CAU-Vi-zepräsident Professor Siegfried Wolffram über denneuen SFB. »Die potenziellen Anwendungsbereichemachen deutlich, wie lohnend die Investition in diese

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Physiker Christian Sohrt überprüft durch ein Sichtfenster eine Probe in der Kammer des Ultra-hochvakuum-Spektrometers. Das Gerät wird auch für den neuen Sonderforschungsbereich zumEinsatz kommen.Copyright: CAU, Foto: Jürgen Haacks

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Das Zentrum für Lehrerbildung hat im Sommer 2007das Projekt »LiCAU – Lehramt international an derCAU« ins Leben gerufen. Aufgabe des Projektes ist imAllgemeinen das Bewusstmachen von Vielfalt in derSchule und das Aufdecken der Chancen, die in dieserVielfalt liegen. LiCAU ist Anlaufstelle sowohl für inter-nationale Lehramtsstudierende als auch für alle, dieinternational tätig werden wollen.

Durch die Zusammenarbeit mit unterschiedlicheninternen und externen Partnern soll den Studieren-den ein freiwilliges, extracurriculares Angebot zur Er-weiterung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten offeriertwerden. Mit LiCAU will das Zentrum für Lehrerbil-dung internationale Lehramtsstudierende besser aufihren zukünftigen Berufsalltag an einer deutschenSchule vorbereiten. Während der Vorle-sungszeit fin-det jeden Mittwoch von 14-16 Uhr eine Sprechstundestatt, in der Fragen zur Wahl der Studienfächer undFragen rund um Studium, Praktikum und Berufsper-spektiven beantwortet werden.

Zurzeit haben rund 30 Prozent der Schülerinnen undSchüler in Deutschland einen Migrationshintergrund.Lehramtsstudierende, Studierende mit Migrations-hintergrund, sind für das Schulleben daher eine wert-volle interkulturelle Ressource.

»Integration durch Bildung« lautet ein Motto von LiCAU – das heißt auch, die Elternhäuser in die Schuleeinzubinden. Vor allem Migrantenfamilien müssenbesser erreicht und dabei unterstützt werden, denBildungsweg ihrer Kinder aktiv zu begleiten. Lehre-rinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund könnenhier gute »Brückenbauer« sein. Mit ihrem oftmals viel-gestaltigen Bildungsweg, der eigenen Überwindungsprachlicher Hürden als Voraussetzung für eine er-folgreiche Lehramtsausbildung und ihrem besonderenkulturellen Hintergrund bringen sie Erfahrungen ein,von denen alle am Schulleben Beteiligten in vielfälti-ger Form profitieren können. Durch ihre besonderenkulturellen und sprachlichen Kompetenzen können sieallen Schülerinnen und Schülern erweiterte Perspek-tiven und neue Erfahrungen vermitteln, sie können

bei schulischen Schwierigkeiten den Zugang zu Schü-lerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund er-öffnen und das Gespräch zwischen Schule und Elternhaus erleichtern. Vor allem aber sind Menschenmit Migrationshintergrund in den Schulen dringendbenötigte Vorbilder, die durch ihre eigene Bildungs-biographie Kindern und jungen Menschen Mut ma-chen, an sich selbst und ihre Entwicklungsmöglich-keiten zu glauben. Wo Kinder in der SchuleLehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrunderleben, erfahren sie: Vielfalt ist ein Reichtum.

Es ist ein Gewinn, sich in verschiedenen Sprachen ver-ständigen zu können, denn man lernt: Aus der Vielfaltkultureller und religiöser Wurzeln erwachsen jene viel-fältigen Sichtweisen, die ein gemeinsames Lernenund Arbeiten produktiv und innovativ machen.

Kontakt:Zentrum für LehrerbildungMelanie KornTel: +49-(0)-431-880-1266Internet: www.zfl.uni-kiel.de/licau

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inside cau

lehramt international an der cau

Lehramtsstudierende mit Migrationshintergrund sind mit vielfältigen Anforderun-gen und Situationen konfrontiert, für deren Bewältigung sie Informationen und Be-ratung benötigen. Studien des DAAD empfehlen, diese Zielgruppe sowohl vor alsauch während des Studiums zu betreuen. Dafür gibt es das Projekt »LiCAU«.

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Ein fünfköpfige Team aus Wissenschaftlern der CAUhatte sich aufgemacht, die Höhlen zu erforschen. Ge-funden haben sie Knochenproben aus der Zeit der Maya(etwa 3000 v. Chr. bis 900 n. Chr.) sowie prähistorischeFunde. Ein Stück Holzkohle könnte neue wissenschaft-liche Erkenntnisse über Leben und Alltag bringen.

»Es ist nur ein kleines Stück Holz, aber eine neue Be-trachtung der bisherigen wissenschaftlichen Kennt-nisse des prähistorischen Menschen würde möglich«,sagt Florian Huber, Leiter der Arbeitsgruppe für mari-time und limnische Archäologie am Institut für Ur- undFrühgeschichte der CAU und ausgebildeter For-schungstaucher. »Sollte das Kohlestück tatsächlich ausder Eiszeit sein«, so Huber weiter, »dann können wir da-von ausgehen, dass die Höhlen auch als Wohnstättengenutzt worden sind.« Das wäre eine ganz neue Er-kenntnis und durchaus möglich. Denn aufgrund desniedrigeren Meeresspiegels waren die Höhlen damalstrocken. »Das Besondere an unseren Funden ist, dassdie 10.000 Jahre alten, prähistorischen Knochen durchdas Wasser noch so gut erhalten geblieben sind«, sagtHuber. Einzig aus diesem Grunde ist eine Datierungüberhaupt möglich. Holzkohle und Knochenfunde wer-den an der Kieler Uni per DNA-Analyse und mithilfe derC14-Methode weitergehend untersucht, um mehr über

die Herkunft der damaligen Menschen sowie eine zeit-liche Einordnung zu erfahren.Funde aus der Mayazeit haben die Kieler ebenfalls do-kumentiert. Für das Volk der Maya waren die Cenoten(s.u.) heilige Plätze und Eingänge zur Unterwelt. In ih-rer Mythologie spielten sie eine wichtige Rolle. GroßeTongefäße sowie Überreste von Menschen und Tierendeuten darauf hin, dass die Cenoten als religiöse Op-ferstätte genutzt wurden. Alle Funde sind Eigentumdes Landes Mexiko. »Wir freuen uns, dass wir mit denmexikanischen Kollegen zusammenarbeiten und siemit unserem Know-How unterstützen können«, sagtChristian Howe, ebenfalls Forschungstaucher. »Auch inDeutschland gibt es nur eine Handvoll Forschungstau-cher, die gleichzeitig eine Höhlentaucherausbildunghaben.« Das Projekt ist eine Kooperation mit dem In-stitutio Nacional de Antropología e Historia (INAH) inYucatán, Mexiko. Im kommenden Jahr plant Huber einweiteres Projekt. Mit den mexikanischen Wissen-schaftlern und Kieler Studenten will er eine Cenoteuntersuchen, in der mindestens 120 Skelette liegen.Von ihnen erhofft Huber sich weitere Erkenntnisse überdie Lebens- und Bestattungsgewohnheiten der Maya.

Zum Hintergrund:Cenoten, sind schachtartige Kalksteinlöcher, die durchden Einsturz einer Höhle entstanden und mit Süßwas-ser gefüllt sind. In Yucatán kennt man derzeit über3000 Cenoten. Diese »Brunnen« waren bereits in prä-kolumbianischer Zeit, also vor der Entdeckung durchKolumbus, ausschlaggebend für menschliche Ansied-lungen, da sie die Frischwasserversorgung sicher stell-ten. Diese Höhlen stehen zum überwiegenden Teil un-ter Wasser. Sie bilden das vermutlich größte zusam-menhängende Höhlensystem der Welt und sind derGrund für die hohe Entwicklung der Maya-Zivilisationim nordwestlichen Teil Yucatáns.

Kontakt:Christian-Albrechts-Universität zu KielInstitut für Ur- und FrühgeschichteFlorian HuberE-Mail: [email protected]

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forschung in kiel

eintauchen in die vergangenheitder maya

Erstmalig haben deutsche Wissenschaftler die Unterwasserhöhlen auf der HalbinselYucatán in Mexico erforscht. Die Unterwassertaucher brachten zahlreiche Exponateaus dem Meer mit zur Untersuchung nach Kiel.

Trockenübung: Carmen Rojas Sandoval, Unterwasserarchäologinaus Yucatán, erklärt Florian Huber anhand eines Schädels spe-zifische Merkmale von Skelettfunden in Mexiko.Copyright: Uli Kunz, Foto: Uli Kunz

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ausländische gäste berichten

von der kunst des deutschensmall talks

Katarzyna Rózanska arbeitet im Rahmen des Austauschprogrammes zwischen derUni Kiel und der Adam Mickiewicz Universität in Posen als Lektorin für Polnisch amInstitut für Slavistik. Der Kieler Anker fragt nach, wie es ihr in Kiel gefällt.

Das erste, worauf Katarzyna Rózanska hinweist, nach-dem man den angebotenen Kaffee freundlich abge-lehnt hat: »Ich werde das noch öfter fragen, denn dasist die berühmte polnische Gastfreudnschaft«. Undtatsächlich schafft sie es, dieses Angebot immer wie-der in das laufende Gespräch einzupflegen. Die Zwei-unddreißigjährige kommt aus einer kleinen Stadt inPolen und studierte und promovierte an der Univer-sität in Posen, die eine aktive Hochschulpartnerschaftmit der Uni Kiel unterhält. An der Wand in ihrem Bürohängt eine Landkarte, auf der Deutschland und Polenineinander übergehen, und genauso eng wird diesePartnerschaft gelebt. Ein Teil der Vereinbarung bein-haltet, dass die Polnischlektoren am Institut für Slavi-stik grundsätzlich von dieser Universität stammen.Erste Erfahrungen als Lehrende konnte sie bereits inPolen sammeln, Erfahrungen als Lehrerin der polni-schen Sprache dann an der Fachhochschule in Erfurt,wo sie aufgrund eines Programms der Robert-Bosch-Stiftung ein Jahr tätig war. Danach wußte sie, dass sieirgendwann einmal nach Deutschland zurückkommenwürde.

Aktive Mitarbeit bei der deutsch-polnischen Hochschulpartnerschaft

Die Partnerschaft der beiden Hochschulen kam ihrdabei zu Gute – schon in Polen betreute sie KielerStudierende, besuchte Kiel bei den regelmäßig statt-findenden »Posener Tagen« und knüpfte persönlicheKontakte zum Institut. Diese waren es auch, die denAusschlag gaben, für zwei Jahre nach Kiel zu kom-men. Auf die Frage, wie es ihr in Kiel gefalle, schütteltsie sich erst einmal: »Also eigentlich fühle ich mich pu-delwohl. Wenn nur das Winterwetter nicht wäre, dasist schlimm. Entweder es ist grau, oder es regnet.«Aber sie macht ihre Arbeit im Institut gern, kommt mitden Mitarbeitern und den Studierenden gut aus, undFrühling und Sommer lassen auch nicht lange auf sichwarten. »Denn das ist mir in Kiel wichtig – das Meer.In Polen habe ich das nicht so direkt gehabt, da mus-ste ich immer etwas fahren. Im Sommer ist das Wet-ter in Kiel plötzlich fabelhaft, da ist das Meer ein An-ziehungspunkt.«

Die aktive Polnischlektorin reist gern und schätzt da-bei die Gegend rund um Kiel. Ob sie einen Geheimtipphat? »Auf jeden Fall die kleinen Städtchen, also nichtLübeck oder Hamburg, sondern die ganz kleinen, vondenen bin ich wirklich begeistert«, strahlt sie bei derErinnerung an lange Radtouren. »Im Sommer warenmeine Eltern zu Besuch, da haben wir Ausflüge mitFahrrädern gemacht, entlang der Küste aber auchnach Plön oder Preetz. Es ist einfach absolut un-glaublich hier!«

Sie steckt die Studenten mit dem »polnischen Virus« an

Wenn sie von ihrem Unterricht im Institut spricht,kommt das Thema schnell auf den sogenannten »Pol-nischen Virus«. Was versteht sie darunter? »Es istmeine private Überzeugung, dass man beim Lernen ei-ner neuen Sprache die richtige Motivation braucht.Unterschiedliche Lektoren haben unterschiedlicheTechniken, aber ich denke, dass – didaktisch gesehen– bei dem Kontakt mit einer neuen Sprache die Moti-vation das Wichtigste ist, also dass man es wirklichgern lernt.« Ihre Studenten sollen die Freude am Be-nutzen der polnischen Sprache erfahren. Sie erzähltvon einigen Begebenheiten: »Es kommt dann schonmal vor, dass meine Studenten beginnen, polnischeStudenten zu entdecken und sie auch dann anzu-sprechen, wenn ihnen doch ein paar Wörter fehlen,das halte ich für einen Erfolg. Oder wenn sie mich z. B.beim Einkaufen im Supermarkt treffen und nicht ,Gu-ten Tag’ sagen, sondern mich gleich auf polnisch an-sprechen, ich sie also darauf geschult habe, mit mirpolnisch zu sprechen.« Deswegen müssen ihre Stu-denten auch schon in der ersten Stunde damit rech-nen, von ihr direkt angesprochen zu werden und pol-nische Worte zu artikulieren. »Ich finde das sehrschön, wenn sie sich einfach trauen, das ist mir wich-tiger als richtige Ergebnisse bei der Grammatik, undich freue mich, wenn sie sich für die polnische Kulturinteressieren, wenn sie zum Beispiel zu meinen pol-nischen Filmabenden kommen, auch wenn sie viel-leicht nur wenig verstehen.« Die polnische Literatur-wissenschaftlerin wünscht sich, dass ihre Studenten

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gerne mitmachen, nicht nur die Sprache, auch die pol-nische Kultur für sich entdecken

Die Mentalität hier ist anders, direkter

Nach den Unterschieden zwischen deutschen undpolnischen Studierenden bzw. den Lehrkräften be-fragt, kommt Katarzyna Rózanska sofort auf das unter-schiedliche Miteinander zu sprechen. »Der Umgangunter den Studenten in Polen und auch gegenüberden Dozenten ist hierarchischer, man kann sagen,dass polnische Studierende erheblich zurückhaltendersind. Das Erste, was ich schnell lernen musste, war,Kritik nicht persönlich nehmen« und erinnert sich aneinen Vorfall in ihrem ersten Polnischkurs: »Es warmeine erste oder zweite Stunde, und ich habe aufdeutsch gefragt: Wenn Sie etwas anzumerken haben,dann äußern sie sich jetzt. Okay, ich habe die Fragegestellt, aber ich war doch sehr überrascht, dass dawirklich Anmerkungen kamen. Ich hatte das Gefühl,die Studierenden hatten den Eindruck, sie müssten et-was sagen.« Sie lernte, dass sachliche Kritik nicht ge-gen sie als Person gerichtet war.

Polnisch wird viel mit dem Körper gesprochen

Auf die Frage, ob für ihre Studierenden die Hemm-schwelle, das gelernte Polnisch anzuwenden, sehrhoch sei, betont sie die Anfangsschwierigkeiten, dieman beim Erlernen der polnischen Sprache habe: »DasPolnische ist schwierig. Im Gegensatz zum Englischenmuss man am Anfang ganz ganz viel lernen um we-nigstens etwas sagen zu können. Im Englischen kannman mit einer gewissen Basis schon viel erreichen.«Deswegen ist ihr die aktive Teilnahme am Kurs auchso wichtig: »Einige machen es gern, andere nicht.Aber alle müssen mitmachen, sie müssen reagieren,auch wenn sie die polnischen Menschen nicht ver-stehen. Reagieren ist sehr wichtig, das ,Im-Gespräch-mit-reagieren’, das üben wir im Anfängerkurs. In Po-len ist alles ein wenig enger und privater, man reagiertstark mit Intonation – ,nein!’ – ,ja?’ – ,aha!’ – für einigeist das eine große Überwindung.« Doch die Studie-renden merken, dass es ihnen etwas bringt und wen-

den es dann in zahlreichenSituationen auch an. ZumBeispiel bei den münd-lichen Prüfungen, die Ba-chelorstudierende amEnde des ersten Jahres ab-solvieren müssen, teil-weise auch zum Leidwe-sen der Dozentin. »Ichhabe da schon viel erlebt.Ein Teil der Prüfung ist ein Gespräch, d. h. sie müssenaktiv sein, reagieren, Fragen stellen. Und da bedauereich manchmal, dass ich ihnen so einiges beigebrachthabe. Klassisches Beispiel: Ein Student versucht et-was einzukaufen, ich nenne als Verkäuferin den Preisund die Studenten reagieren mit ,waas?’ oder ,das istja interessant!’ und das mit genau meiner Intonation,das irritiert mich dann doch ein wenig. Aber es machtja Spaß, sie lernen zu sehen.«

Wie gehts? Gut.

Ist die polnische Mentalität privater? Das bejaht Ka-tarzyna Rózanska ausdrücklich. Das Erste, was sie inDeutschland lernen musste, waren die Regeln des»small talk«. »Ich muss mich beherrschen, bis heute,vor allem bei den deutschen Mitarbeitern hier im In-stitut. Wenn man in Polen jemanden fragt, wie esgeht, erwartet man eine ausführliche Antwort, und da-her will ich auch ausführlich antworten. Dieses ,gut,danke und Ihnen?’ ist in Polen einfach ein ,no go’.Wenn ich jemanden schon besser kenne, will ich auchalles erzählen.« Sie stellt immer wieder fest, dass siezu schnell, zu ausführlich reagiert, gemäß dem Motto:»Wenn mich jemand etwas fragt, dann muss ich demja auch etwas bieten«. In Deutschland wäre das»Hallo, wie geht’s?« lediglich ein Gesprächseinstieg.

Eigenheiten der Sprachen

Was ihr in der täglichen Benutzung der deutschenSprache manchmal fehle, seien die Verniedlichungen,aber auch die Schimpfworte, die in der polnischenSprache häufiger vorkommen. Auf Dialekte angespro-

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Katarzyna Rózanska

ausländische gäste berichten

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ausländische gäste berichten

chen, ob nun polnische oder deutsche, kann die Pol-nischlektorin sofort einige Geschichten zum Bestengeben. Seien es die deutschen Studierenden mit fa-miliärem polnischen Hintergrund, die von zu Hause ei-nen für sie schwer verständlichen polnischen Dialektmitbringen, oder das Pärchen aus Schwaben, bei de-nen sie im gemeinsamen Gespräch nahezu rätselratenmusste, worüber gesprochen wurde. Und dann war danoch der Urlaub in Österreich: »Ich war als Kind schonmal da, aber da achtet man ja nicht so auf die Sprache,und ich dachte mir, mit meinem polnisch und deutschwerde ich wohl gut durch Österreich kommen. Leiderwar das eine falsche Einschätzung. und ich habe diemeiste Zeit immer nur gelächelt, weil ich einfachnichts verstanden habe, eine ganze Woche lang.«

Auf ihre Pläne für die Zukunft angesprochen, wirddeutlich, dass Katarzyna Rózanska gern in Deutsch-land bleiben möchte, am liebsten in Kiel – je nachdem,was der Arbeitsmarkt hergibt. »Wenn ich Glück habe,wird mein Vertrag hier noch verlängert, dann kann ichden Sommer in Kiel noch genießen.« Am liebsten wäreihr weiterhin eine Universitätstätigkeit, vorzugsweiseeine geteilte Stelle, damit sie ihren Studien als Lite-raturwissenschaftlerin nachgehen kann, aber den-noch das lehren nicht aufgeben muss: »Ich habe vielFreude daran, Interessierten die polnische Sprachenäher zu bringen und sie immer wieder zu motivie-ren.«

(ds)

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daad-preis für einen pakistanischen studenten

Uni Kiel ehrt herausragende Studienleistungen und soziales Engagement

Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ver-leiht den DAAD-Preis 2010 an Najeeb ul Hassan ausPakistan. Ul Hassan studiert im englischsprachigenMasterstudiengang »Digital Communications« an derTechnischen Fakultät der CAU. Er erhält den Preisfür seine hervorragenden Studienleistungen und seinsoziales Engagement. Der DAAD-Preis wurde am 18.Oktober 2010 traditionell vom Präsidenten der CAU imRahmen der Erstsemesterbegrüßung im Audimaxüberreicht. Er ist mit 1.000 Euro dotiert.

Mit einem Notendurchschnitt von 1,3 ist Najeeb ulHassan Jahrgangsspitze und zählt zu den besten Stu-dierenden, die je am Fachbereich ausgebildet wurden.Seit 2009 ist er Vizepräsident der Kieler »Pakistan Stu-dent Association« und hilft den neuen Studierendenaus Pakistan und anderen Nationen beim Einleben inDeutschland und im Fachbereich.

Den DAAD-Preis, der aus Mitteln des AuswärtigenAmtes finanziert wird, vergeben die deutschen Hoch-schulen im Namen des Deutschen Akademischen Aus-tausch Dienstes. Er soll verdeutlichen, wie hoch qua-lifizierte und motivierte Ausländer durch ihrenStudienaufenthalt Deutschland fachlich und gesell-schaftlich bereichern.

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Der pakistanische Student Najeeb ul Hassan erhält aus den Händen von CAU-Präsident Professor Dr. Gerhard Fouquet den DAAD-Preis der Uni Kiel..Copyright: CAU, Foto: Jürgen Haacks

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impressum

Herausgegeben im Auftrag des Präsidiums der

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Verantwortlich:

International Center:

Dr. Martina Schmode

(Leiterin)

Jan Bensien

(Betreuung ausländischer Studierender)

Redaktion: Daniela Sonders (ds)

Postanschrift: Westring 400, 24118 Kiel

Telefon: +49 (0) 431-880-3716

Fax: +49 (0) 431-880-1666

E-mail: [email protected]

Internet: http://www.uni-kiel.de/international/

betreuung/ka.shtml

Entwurf: büro für mitteilungen, Hamburg

Druck: Universitätsdruckerei der CAU

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