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Gutachten zur Errichtung des Hafencenters Münster
hinsichtlich möglicher Störfallrisiken auf Basis des
Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie bzw. des §50 BImSchG
Auftraggeber Stroetmann Grundbesitz-Verwaltung GmbH & Co. KG
Harkortstr. 30
48163 Münster
Projektbearbeitung UCON GmbH
Scheibenstraße 88
48153 Münster
Telefon: (0 25 1) 14 15 6 – 0
Telefax: (0 25 1) 14 15 6 – 29
Internet: www.ucon-gmbh.de
Verfasser Dipl.-Ing. Friedhelm Haumann
Bekanntgegebener Sachverständiger
nach § 29a Abs. 1 BImSchG
Telefon: (0251) 14 15 6 – 23
E-Mail: [email protected]
Umfang 47 Seiten
Stand 21.01.2013
Stand: 21.01.2013 Seite 2 von 47
Inhaltsverzeichnis
1 RESÜMEE ...................................................................................................................................... 4
2 EINLEITUNG UND AUFGABENSTELLUNG........................................................................... 7
3 VERWENDETE UNTERLAGEN ................................................................................................ 8
3.1 Rechtliche Grundlagen ......................................................................................................................... 8
3.2 Technische Regeln, Leitfäden, Berichte ................................................................................................ 8
3.3 Literatur und weitere Quellen .............................................................................................................. 9
3.4 Prüfunterlagen ..................................................................................................................................... 9
4 BERÜCKSICHTIGUNG VON ABSTÄNDEN ZWISCHEN STÖRFALL-RELEVANTEN
BETRIEBEN UND SCHUTZBEDÜRFTIGEN GEBIETEN ......................................................... 10
4.1 Abstandsempfehlungen für die Bauleitplanung im Leitfaden KAS-18 .................................................. 10
4.2 Grundlagen der Abstandsempfehlungen gemäß KAS-18 ..................................................................... 11
5 ANLAGEN- UND BETRIEBSBESCHREIBUNG ................................................................... 13
5.1 Örtliche Lage ....................................................................................................................................... 13
5.1.1 Lage des zu untersuchenden Standortes ........................................................................................... 13
5.1.2 Lage der Gefahrstofflager und der Teilbereiche untereinander ....................................................... 13
5.2 Beschreibung der Gebäude ................................................................................................................. 14
5.2.1 „Am Mittelhafen 30 - 36“ .................................................................................................................. 14
5.2.2 „Am Mittelhafen 46“ ......................................................................................................................... 15
5.2.3 Technischer Zweck............................................................................................................................. 17
5.2.4 Rauch- und Wärmeabzugseinrichtungen .......................................................................................... 17
6 STOFFBESCHREIBUNG .......................................................................................................... 18
Stand: 21.01.2013 Seite 3 von 47
6.1 Stoffe, die im Betriebsbereich vorhanden sind können ....................................................................... 18
6.1.1 Disponil SUS IC 875 ............................................................................................................................ 18
6.1.2 Lutensit A-LBS .................................................................................................................................... 19
6.2 Stoffe, die im Brandfall gebildet werden ............................................................................................. 20
6.2.1 Schwefeldioxid ................................................................................................................................... 21
6.2.2 Stickoxide ........................................................................................................................................... 22
6.2.3 Halogenwasserstoffe ......................................................................................................................... 25
6.2.4 Cyanwasserstoff ................................................................................................................................ 28
7 AUSBREITUNGSBETRACHTUNG ........................................................................................ 30
7.1 Untersuchte Szenarien ........................................................................................................................ 30
7.2 Kleinbrand von Pflanzenschutzmitteln ................................................................................................ 30
7.2.1 Angenommener Brandverlauf ........................................................................................................... 30
7.2.2 Ausbreitungsberechnung .................................................................................................................. 31
7.3 Brand von schwefelhaltigen Produkten ............................................................................................... 40
7.3.1 Brand von Disponil SUS IC 875........................................................................................................... 40
7.3.2 Brand von Lutensit A-LBS................................................................................................................... 44
8 BEURTEILUNG DER ERGEBNISSE DER AUSBREITUNGSBERECH-NUNGEN ......... 46
Anlagenverzeichnis
Anlage 1 Lageplan, Pfeiffer, Ellermann, Preckel Architekten und Stadtplaner BDA
„Hafencenter Münster“
Maßstab 1 : 2000
Datum 07.01.2013
Stand: 21.01.2013 Seite 4 von 47
1 Resümee
Es wird beabsichtigt, zwischen Hansaring und Hafenstraße in Münster das sogenannte
Hafencenter zu errichten. Es sollen dort u. a. Einkaufsmöglichkeiten, Arztpraxen,
Gastronomiebetriebe, Büros sowie Wohnraum untergebracht werden.
Die folgenden Ausführungen dienen der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des
geplanten Vorhabens.
In südlicher Richtung liegen am Mittelhafen zwei Gefahrstofflager einer Spedition, der
Lehnkering GmbH, die unter den Geltungsbereich der 12. BImSchV (Störfall-Verordnung)
fallen. Es handelt sich somit jeweils um Betriebsbereiche.
Aus diesem Grunde sollte untersucht werden, ob im Falle eines Störfalls in dem
Betriebsbereiche mit negativen Auswirkungen am Hafencenter gerechnet werden muss.
Auf der Basis der bei der Lehnkering GmbH gelagerten Stoffe wurden
Auswirkungsbetrachtungen durchgeführt. Die Auswahl der zu untersuchenden Stoffe
erfolgte anhand der von der Lehnkering GmbH zur Verfügung gestellten Stofflisten; es
wurden stellvertretend die kritischsten Stoffe ausgewählt.
Die Untersuchungen basieren auf Ausbreitungsberechnungen unter Berücksichtigung der
in dem Leitfaden KAS-18 genannten Parameter. Es wurden die jeweils kürzesten
Entfernungen zwischen einem möglichen Freisetzungsort und schutzbedürftigen Gebieten
zu Grunde gelegt.
In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der ausgewählten Szenarien in Abhängigkeit
der untersuchten Standorte angegeben:
Stand: 21.01.2013 Seite 5 von 47
Szenario:
Lachenbrand von
Lagerhalle /
Brandabschnitt
ERPG-2-Grenzwert SO2
[ppm]
Konzentration am
Aufpunkt [ppm]
Pflanzenschutzmittel „Am Mittelhafen 30 - 36“ 3 Ca. 3,2
Pflanzenschutzmittel „Am Mittelhafen 46“ 3 Ca. 3,1
Disponil SUS IC 875 „Am Mittelhafen 30 - 36“
/ Brandabschnitt 2
3 Ca. 4,0
Lutensit A-LBS „Am Mittelhafen 30 - 36“
/ Brandabschnitt 4
3 Ca. 2,7
Beim Brand eines flüssigen Pflanzenschutzmittels ergibt sich an dem zu untersuchenden
Ort eine Schwefeldioxidkonzentration von 3,2 ppm bzw. 3,1 ppm. Der gemäß KAS 18
heranzuziehende Beurteilungswert ERPG-2 von 3 ppm wird folglich geringfügig
überschritten. Die Expositionszeit beträgt jeweils ca. 10 Minuten.
Innerhalb des Lagerkomplexes wurden zwei weitere schwefelhaltige Stoffe identifiziert,
die im Verdacht stehen, im Brandfall Schwefeldioxid (SO2) in relevanten Mengen zu
bilden. Auf der Basis dieser Stoffe wurden Ausbreitungsberechnungen durchgeführt:
� Lutensit A-LBS erzeugt eine Konzentration von 2,7 ppm SO2 am Aufpunkt und liegt
damit unterhalb des Grenzwertes.
� Der Brand von Disponil SUS IC 875 erzeugt bei pessimaler Annahme eine
Schwefeldioxidkonzentration von 4,0 ppm.
Der ERPG-2-Wert von 3 ppm wird folglich im Brandfall von Disponil SUS IC 875
geringfügig überschritten. Allerdings beträgt die zeitliche Überschreitung des
Beurteilungswertes lediglich ca. 282 s, während dem ERPG-2-Wert eine Expositionszeit
von 1 Stunde zugrunde liegt.
Da bei den betrachteten Brandszenarien die Expositionszeit nur wenige Minuten beträgt,
ist eine Gefährdung der Menschen, die sich im Bereich des Hafencenters aufhalten,
weitgehend auszuschließen. Deshalb kann der Unterzeichner der Realisierung des
Projektes aus sicherheitstechnischer Sicht zustimmen.
Für sämtliche Berechnungen wurde die kürzeste Entfernung zwischen den Lagergebäuden
bzw. deren Lagerhallen und dem Grundstück des geplanten Hafencenters zu Grunde
gelegt. Tatsächlich befindet sich die zum untersuchenden Standort nächstgelegene
Freisetzungsöffnungen (Rauch- und Wärmeabzugseinrichtungen; RWA) in einer größeren
Entfernung.
Stand: 21.01.2013 Seite 6 von 47
Des Weiteren wird ein verhältnismäßig gleichmäßiger Rauchgasaustritt aus allen RWA der
jeweiligen Brandabschnitte stattfinden und somit zu geringeren Konzentrationen am
Aufpunkt führen.
Diese gutachtliche Untersuchung wurde nach bestem Wissen und Gewissen, unter
Zugrundelegung der anerkannten Regeln der Technik sowie der aufgeführten Unterlagen,
ohne Ansehen der Person des Auftraggebers durchgeführt.
Der Sachverständige war nicht an der Planung des Projektes beteiligt. Er steht zu den
Eigentümern des Gebäudes in keinerlei personen- oder gesellschaftsrechtlichen
Verbindungen.
Münster, 21.01.2013
__________________________________________________
Dipl.-Ing. Friedhelm Haumann
Bekanntgegeb. Sachverständiger nach § 29 a Abs. 1 BImSchG
Stand: 21.01.2013 Seite 7 von 47
2 Einleitung und Aufgabenstellung
Die Stroetmann Grundbesitz-Verwaltung GmbH & Co. KG beabsichtigt im Bereich des
Hafens an den Standorten Hansaring 64 und Hafenweg 17 bis 31 in Münster das
sogenannte Hafencenter zu errichten. Es sollen dort u. a. Einkaufsmöglichkeiten,
Arztpraxen, Gastronomiebetriebe, Büros sowie Wohnraum untergebracht werden.
Die folgenden Ausführungen dienen der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit
geplanter Vorhaben in dem überplanten Bereich.
In südlicher Richtung liegen am Mittelhafen zwei Gefahrstofflager einer Spedition, der
Lehnkering GmbH, die unter den Geltungsbereich der 12. BImSchV (Störfall-Verordnung)
fallen. Es handelt sich somit um einen Betriebsbereich.
Basierend auf Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie war hinsichtlich der Umsetzung des § 50
BImSchG zu prüfen, ob bei einem Störfallereignis in dem Betriebsbereich negative
Auswirkungen für das Hafencenter zu verzeichnen wären.
Die UCON GmbH, vertreten durch den Unterzeichner, wurde mit der Durchführung der
gutachtlichen Beurteilung beauftragt.
Stand: 21.01.2013 Seite 8 von 47
3 Verwendete Unterlagen
3.1 Rechtliche Grundlagen
▪ Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der
Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen – Seveso-II-Richtlinie;
▪ Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch
Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-
Immissionsschutzgesetz – BImSchG) vom 26.09.2002, zuletzt geändert am
26.11.2010;
▪ Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes -
Störfall-Verordnung – 12. BImSchV in der Fassung vom 8. Juni 2005, zuletzt
geändert am 26.11.2010;
▪ Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV) vom
26.11.2010.
3.2 Technische Regeln, Leitfäden, Berichte
[1] Leitfaden KAS-18: „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen
nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der
Bauleitplanung – Umsetzung § 50 BImSchG“, erarbeitet von der Arbeitsgruppe
„Fortschreibung des Leitfadens SFK/TAA-GS-1“, verabschiedet im November
2010 von der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), 2. überarbeitete
Fassung;
[2] Abschlussbericht TAA-GS-23: „Definitionen nach § 2 Nr. 1 und 2 Störfall-
Verordnung“ des Arbeitskreises zur Umsetzung der Seveso II-Richtlinie,
verabschiedet auf der 23. TAA-Sitzung am 04. April 2001.
[3] Leitfaden für die Betrachtung gemäß § 7 der Störfall-Verordnung „Auswirkungen
von Bränden in Pflanzenschutzmittellägern“, des Industrieverband Agrar e.V.,
Frankfurt, Juli 1993
Stand: 21.01.2013 Seite 9 von 47
3.3 Literatur und weitere Quellen
[4] Vollzugshilfe zur Störfall-Verordnung; BMU, Stand März 2004;
[5] Feldhaus: Bundesimmissionsschutzrecht Kommentar, 2. völlig neu bearbeitete
Auflage, 146. Aktualisierung, Stand Juni 2008, C. F. Müller;
[6] GESTIS-Stoffdatenbank, IFA Institut für Arbeitssicherheit der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung;
[7] BTC BASF Group: Sicherheitsdatenblatt Lutensit A-LBS, Version 2.1, Stand
01.2009
[8] BASF: Sicherheitsdatenblatt Disponil® SUS IC 875, Version 1.1, Stand 07.2011
[9] ChemicalBook---Chemical Search Engine: www.chemicalbook.com, Stand
12.12.2012
[10] Dr.-Ing. B. Schalau: Programm zur Numerischen Störfallsimulation „ProNuSs“,
Version 7.36.
[11] http://www.umweltbundesamt.de/nachhaltige-produktion-
anlagensicherheit/anlagen/AEGLWEB/Pages/Pages-De/Extra/Seite_5_2.html
3.4 Prüfunterlagen
1. Lageplan von: Pfeiffer, Ellermann, Preckel Architekten und Stadtplaner BDA
„Hafencenter Münster“, Planübersicht 1:2000, Stand 07.01.2013;
2. Bestand Lager der Lehnkering GmbH Am Mittelhafen 30 - 36 mit Gef-gut-Daten,
Stand: 21.11.2012;
3. Bestand Lager der Lehnkering GmbH Am Mittelhafen 46 mit Gef-gut-Daten, Stand:
07.01.2013;
Stand: 21.01.2013 Seite 10 von 47
4 Berücksichtigung von Abständen zwischen störfall-
relevanten Betrieben und schutzbedürftigen Gebieten
Gemäß Artikel 12 der Seveso-II-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, in
ihren Politiken der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen
einschlägigen Politiken das Ziel zu berücksichtigen, schwere Unfälle zu verhüten und ihre
Folgen zu begrenzen.
Die Mitgliedstaaten haben u.a. bei der Flächenausweisung dafür zu sorgen, dass
zwischen den unter die Seveso-II-Richtlinie fallenden Betrieben (Betriebsbereich im Sinne
der Störfall-Verordnung) einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden
und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit möglich), Freizeitgebieten und unter
dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders
empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt, damit es
zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt. [1], [5]
4.1 Abstandsempfehlungen für die Bauleitplanung im Leitfaden
KAS-18
Um den für die Bauleitplanung verantwortlichen Stellen und insbesondere den zu
beteiligenden Fachbehörden, wie den Immissionsschutzbehörden eine einheitliche
Grundlage in Form eines Arbeitsleitfadens für die Beurteilung angemessener Abstände
zwischen Betriebsbereich (Betrieb im Sinne der Seveso-II-Richtlinie) einerseits und
schutzbedürftigem Gebiet andererseits an die Hand zu geben, wurden von der
Arbeitsgruppe „Fortschreibung des Leitfadens SFK/TAA-GS-1“ Abstandsempfehlungen
und Bewertungsmethoden vorgeschlagen. Diese sollen schon mit planerischen Mitteln
sicherstellen, dass Flächen mit unverträglichen Nutzungen einander in einem
angemessenen Abstand zugeordnet werden.
Die Abstandsempfehlungen und Bewertungsmethoden wurden in dem Leitfaden KAS-18
„Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung
und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung – Umsetzung § 50
BImSchG“ zusammenfasst. Er wurde im November 2010 von der Kommission für
Anlagensicherheit (KAS) verabschiedet. [1]
Stand: 21.01.2013 Seite 11 von 47
4.2 Grundlagen der Abstandsempfehlungen gemäß KAS-18
Aufgrund langjähriger Erfahrungen und aus der Analyse von Störfallereignissen im
Verlauf von 15 Jahren in Deutschland wurde im KAS-18 für die Freisetzung von Stoffen
des Anhangs I – Teil I und II – der Seveso-II-Richtlinie (entsprechend Anhang I der
Störfall-Verordnung) in der Regel eine Leckgröße von 490 mm² (entsprechend dem
Abriss einer DN 25-Leitung) sowie die Freisetzung eines Gebindes zu Grunde gelegt. Im
hier zu betrachtenden Fall wurde jeweils die Freisetzung eines vollständigen
Gebindeinhalts betrachtet.
Über die in KAS-18 geforderten Auswirkungsbetrachtungen hinaus, werden in diesem
Gutachten die Auswirkungen von Rauchgasen betrachtet, die bei einem Brand in Lägern
entstehen, welche dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechen. Es hat sich gezeigt,
dass durch die Verbrennung von insbesondere schwefel- und stickstoffhaltigen Produkten
mit negativen Auswirkungen durch Stickstoff- und Schwefeldioxid im näheren Umfeld
einer Anlage zu rechnen ist.
Zur Beurteilung der berechneten Konzentrationen wird der ERPG-2-Wert herangezogen.
Dieser ist folgendermaßen definiert:
Der ERPG-2-Wert (Emergency Response Planning Guideline) ist die maximale
luftgetragene Konzentration, bei der davon ausgegangen wird, dass unterhalb dieses
Wertes beinahe sämtliche Personen bis zu eine Stunde lang exponiert werden könnten,
ohne dass sie unter irreversiblen oder sonstigen schwerwiegenden gesundheitlichen
Auswirkungen oder Symptomen leiden bzw. solche entwickeln, die die Fähigkeit einer
Person beeinträchtigen könnten, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Die Auswirkungen eines Brandes hinsichtlich Wärmestrahlung sowie einer Explosion
hinsichtlich der Druckwelle mussten nicht betrachtet werden, da in dem Leidfaden
KAS-18 für diesbezüglich kritischere Stoffe als den bei der Lehnkering GmbH gelagerten
Produkten Abstandsempfehlungen von 129 m (Methanol/Brand) und 126 m
(Propan/Explosion) angegeben werden. Der Abstand zwischen dem Betriebsbereich der
Lehnkering GmbH und dem Hafencenter überschreitet diese Abstandsempfehlungen, er
beträgt 136 m von der Lagerhalle „Am Mittelhafen 30 - 36“ und 140 m von „Am
Mittelhafen 46“.
Stand: 21.01.2013 Seite 12 von 47
Die Berechnung des austretenden Massenstromes sowie der Konzentrationen in
Abhängigkeit von der Entfernung gemäß VDI-Richtlinie 3783 wurden mit dem Programm
ProNuSs 7.36 [11] ermittelt.
Stand: 21.01.2013 Seite 13 von 47
5 Anlagen- und Betriebsbeschreibung
5.1 Örtliche Lage
5.1.1 Lage des zu untersuchenden Standortes
Der zu untersuchende Standort liegt an den Straßen Hansaring 64 und Hafenweg 17 bis
31. Im Süden des geplanten Hafencenters befinden sich entlang des Hafenwegs Gebäude
mit Büro- und Wohnflächen sowie Gastronomiebereichen, bevor im Abstand von ca. 58 m
das Hafenbecken beginnt. Auf der gegenüberliegenden Beckenseite ist ein
Gewerbegebiet, in dem zwei Lagergebäude der Firma Lehnkering stehen. Die kürzesten
Entfernungen zum neu geplanten Bereich sind vom Lager „Am Mittelhafen 30 - 36“ 136
m und vom „Am Mittelhafen 46“ 140 m.
In den anderen Himmelsrichtungen ausgehend vom Hafencenter befinden sich
Wohngebiete.
5.1.2 Lage der Gefahrstofflager und der Teilbereiche untereinander
5.1.2.1 „Am Mittelhafen 30 - 36“.
Die Lagerhallen 2, 3 und 4 grenzen längsseitig aneinander, wobei die Hallen 2 und 3
verkürzt sind und an die neuen Lagerhallen 5 und 6 grenzen. Südlich befindet sich an der
Stirnseite der Lagerhallen 2 bis 4 die Umschlaghalle. Die Umschlagaktivitäten für die
Lagerhallen 5 und 6 erfolgen überwiegend durch die den Lagerbereichen 2 und 3
zugeordneten Tore.
Das Bürogebäude ist an der Südost-Ecke der Umschlaghalle angebaut.
Die Lagerhallen 2 bis 6 sind gleichzusetzen mit den fünf Brandabschnitten:
� Brandabschnitt 2 mit 629 m² Grundfläche, maximal 1.000 t
� Brandabschnitt 3 mit 388 m² Grundfläche, maximal 600 t
� Brandabschnitt 4 mit 935 m² Grundfläche, maximal 1.400 t
� Brandabschnitt 5 mit 325 m² Grundfläche, maximal 725 t
� Brandabschnitt 6 mit 200 m² Grundfläche, maximal 415 t
Die Lagerguthöhe beträgt maximal 11,80 m.
In allen Abschnitten werden Pflanzenschutzmittel, Farben und Lacke sowie sonstige
Gefahrstoffe gelagert.
Stand: 21.01.2013 Seite 14 von 47
5.1.2.2 „Am Mittelhafen 46“
Die Lagerbereiche 7 und 8 sowie der Umschlagbereich der Lageranlage grenzen unmittel-
bar aneinander. An der Südostecke befindet sich ein Gebäude mit Heizungs- /
Lüftungsraum, Sprinklerzentrale und Unterstellraum für Betriebsgeräte.
An der südlichen Geländegrenze befinden sich die Lagerbereiche 9 bis 11.
Die Lagerhallen 7 bis 11 sind gleichzusetzen mit den fünf Brandabschnitten:
� Brandabschnitt 7 mit 1530 m² Grundfläche, maximal 1.520 t
� Brandabschnitt 8 mit 466 m² Grundfläche, maximal 460 t
� Brandabschnitt 9 mit 143 m² Grundfläche, maximal 150 t
� Brandabschnitt 10 mit 143 m² Grundfläche, maximal 150 t
� Brandabschnitt 11 mit 143 m² Grundfläche, maximal 150 t
Die Lagerguthöhe beträgt maximal 9,0 m.
In allen Abschnitten werden Pflanzenschutzmittel gelagert. Brennbare Flüssigkeiten, die
nach der Gefahrstoffverordnung als entzündlich, leichtentzündlich bzw. hochentzündlich
sind werden nicht gelagert.
5.2 Beschreibung der Gebäude
5.2.1 „Am Mittelhafen 30 - 36“
5.2.1.1 Brandabschnitte 1 bis 6
Die Außenabmessungen des Lagergebäudes (Lagerhallen 1 bis 6) betragen:
� Länge 67,23 m,
� Breite 56,15 m,
� Höhe 13,25 m.
5.2.1.2 Umschlaghalle
Die Außenabmessungen der Umschlaghalle betragen:
� Länge 57,7 m,
� Breite 21,6 m,
� Höhe 6,9 m.
Die nutzbare Fläche beträgt ca. 1.000 m².
Stand: 21.01.2013 Seite 15 von 47
5.2.1.3 Brandschutz
Die Lagerhallen 2, 3, 4, 5 und die Umschlaghalle 1 sind voneinander durch Brandwände
getrennt. Die Brandwand zwischen den Lagerhallen 5 und 6 ist gegen Feuerüberschlag
0,50 m über Dach geführt. Der Dachbereich zwischen den Lagerhallen 2, 3 und 4 ist
durch einen 1,00 m breiten Betonstreifen geschützt.
Die an die Lagerabschnitte 2 bis 4 angrenzende Brandwand ist dabei um ca. 50 cm über
Dach geführt, um einen Feuerüberschlag zwischen dem bestehenden Lagergebäude und
dem Erweiterungsbau zu verhindern.
Alle Brandabschnitte des Lagers „Am Mittelhafen 30 - 36“ sind mit einer CO2-Löschanlage
ausgerüstet. Der Füllzustand des CO2-Lagerbehälters wird mittels Waage laufend
kontrolliert. Beim Aktivieren der Anlage im Gefahrenfall werden die Lüftungsgeräte (Zu-
und Abluft) durch die Brandmeldeanlage außer Funktion gesetzt und die
Feuerschutzklappen geschlossen.
Alle Lagerbereiche und das Bürogebäude sind mit Brandmeldern ausgestattet. Je 15 m²
Grundfläche ist durchschnittlich ein Melder installiert. Die Brandmeldeanlage ist auf die
städtische Feuerwehrleitstelle aufgeschaltet.
5.2.2 „Am Mittelhafen 46“
5.2.2.1 Brandabschnitte 7 bis 11
Das Lagergebäude mit den Brandabschnitten 7 und 8 ist ein eingeschossiger Bau mit
folgenden Außenabmessungen
� Länge 52,85 m,
� Breite 43,50 m,
� Höhe ca. 9 m (mittlere Innenhöhe).
Das Lagergebäude mit den Brandabschnitten 9 bis 11 ist ebenfalls ein eingeschossiger
Bau mit folgenden Außenabmessungen
� Länge 45,3 m,
� Breite 10,21 m,
� Höhe 5,40 m (i. M.).
Stand: 21.01.2013 Seite 16 von 47
Die Lagergebäude sind in Fertigteilbauweise sowie teilweise in konventioneller Bauweise
errichtet.
Es wird davon ausgegangen, dass die Fundamente und tragenden Bauteile entsprechend
den baulichen Vorschriften ausgelegt wurden, so dass sie bei einer Störung des
bestimmungsgemäßen Betriebs keine zusätzliche Gefährdung hervorrufen.
5.2.2.2 Umschlaghalle
Der eingeschossige Umschlagbereich hat Abmessungen von etwa 8,5 m x 13,5 m und
eine mittlere Höhe von etwa 9 m.
5.2.2.3 Brandschutz
Die Außenwände des Lagergebäudes mit den Lagerbereichen 7 und 8 sind feuerhemmend
(F 30) ausgelegt, mit Ausnahme der an den Grundstücksgrenzen liegenden West- und
Ostwand, die als Brandschutzwände ausgeführt sind.
Wände, Decken und Türen des Brandabschnittes 7 für brennbare Flüssigkeiten die nicht
entzündlich, leichtentzündlich bzw. hochentzündlich sind, sind mindestens feuerhemmend
und aus nichtbrennbaren Baustoffen erstellt.
Die Wände zwischen dem Lagerbereich 8 und allen angrenzenden Bereichen sind
feuerbeständig (F 90) errichtet. Da die Wände nicht über das Dach hinausragen, handelt
es sich jedoch nicht um Brandwände im Sinne der Landesbauordnung, dies wurde
mithilfe der Sprinkleranlage kompensiert (siehe 5.2.2.4).
Die Brandabschnitte 7 und 8 des Lagers „Am Mittelhafen 46“ sind mit Sprinkleranlagen
ausgerüstet. Sprinkler sind über den Hochregalen und in jeder Ebene der Hochregale
angebracht.
Aus den Sprinklern über den Hochregalen tritt jeweils über einer Fläche von 15 m²
Wasser aus. Die Sprinkler sind weiter so angeordnet, daß damit die Mängel der
Brandwand zwischen den Lagerbereichen kompensiert werden. Das Anbringen von
Sprinklern in jeder Regalebene stellt zugleich eine Ersatzmaßnahme dafür dar, daß das
Dach nicht feuerhemmend (F 30) ausgeführt und die Wände nicht über das Dach
hinausgeführt sind. Die Sprinkler öffnen bei einer Temperatur von 68 °C.
Stand: 21.01.2013 Seite 17 von 47
Für die Sprinkleranlagen steht ein Löschwasservorrat von 390 m³ bereit. Bei Stromausfall
wird automatisch ein Dieselaggregat für die Sprinklerpumpen gestartet. Das
Dieselaggregat verfügt über einen eigenen Vorratstank für Treibstoff.
Die Brandabschnitte 9 bis 11 sind ebenfalls mit einer Sprinkleranlage ausgestattet. Pro
Abschnitt sind 16 Sprinkler an den Decken installiert.
Alle Lagerbereiche und das Bürogebäude sind mit Brandmeldern ausgestattet. Je 15 m²
Grundfläche ist durchschnittlich ein Melder installiert. Die Brandmeldeanlage ist auf die
städtische Feuerwehrleitstelle aufgeschaltet.
5.2.3 Technischer Zweck
Der Lagerkomplex dient zur Lagerung von Gefahrstoffen, bei denen es sich im
Wesentlichen um Pflanzenschutzmittel handelt. Des Weiteren werden Farben und Lacke
und sonstige Gefahrstoffe gelagert sowie Güter, die nicht als Gefahrenstoff eingestuft
sind, jedoch wassergefährdend sein können.
Für alle gelagerten Güter gilt, dass weder um- noch abgefüllt wird. Die Ein- und Aus-
lagerung der Produkte erfolgt auf Paletten.
5.2.4 Rauch- und Wärmeabzugseinrichtungen
In allen Lagerhallen sind Rauch- und Wärmeabzugsanlagen vorhanden. „Am Mittelhafen
30 - 36“ entsprechen die Rauch- und Wärmeabzugseinrichtungen (RWA) > 3 %, in der
Umschlaghalle 1,5 % der Grundfläche. „Am Mittelhafen 46“ sind es > 2 %. Die RWA sind
so bemessen, dass im Falle eines Brandes nach manueller Auslösung Rauch- und
Brandgase ins Freie abgeleitet werden können.
Stand: 21.01.2013 Seite 18 von 47
6 Stoffbeschreibung
6.1 Stoffe, die im Betriebsbereich vorhanden sind können
In allen Abschnitten werden Pflanzenschutzmittel, Farben und Lacke sowie sonstige
Gefahrstoffe gelagert. Es wurden stellvertretend die kritischsten Stoffe aus den zur
Verfügung gestellten Stofflisten für die Durchführung pessimaler
Auswirkungsbetrachtungen ausgewählt.
Lagerabschnitt Stoff
2 Pflanzenschutzmittel, Disponil SUS IC 875
4 Lutensit A-LBS
6.1.1 Disponil SUS IC 875
Chemische Charakterisierung [8]
Lösung in Wasser und organischen Lösungsmitten von Sulfobernsteinsäureester,
Natriumsalz (>70 % aus Sulfobernsteinsäureester, Natriumsalz; zu >3 % aus Ethanol).
Physikalisch chemische Eigenschaften [8]
Erstarrungstemperatur < 0 °C
Dichte 1,07 g/cm³ (20 °C)
Flammpunkt 45°C (ISO 2719-88)
Wasserlöslichkeit löslich
pH-Wert 5,5 – 7,5
Gefahrenhinweise - H-Sätze [8]
H226: Flüssigkeit und Dampf entzündbar
H315: Verursacht Hautreizungen
H318: Verursacht schwere Augenschäden
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [8]
R 10 Entzündlich
R 38 Reizt die Haut
R 41 Gefahr ernster Augenschäden
Stand: 21.01.2013 Seite 19 von 47
6.1.2 Lutensit A-LBS
Chemische Charakterisierung [7]
Besteht zu >97 % aus Benzolsulfonsäure, 4-C10-13-sec-Alkylderivate, siehe 6.1.2.1
Physikalisch chemische Eigenschaften [7]
Schmelzpunkt -8°C
Siedepunkt 120°C
Dichte 1,06 g/cm³
Flammpunkt >100 °C (DIN 51758)
Zündtemperatur 280°C (DIN 51794)
Wasserlöslichkeit 250 g/l (20 °C)
pH-Wert 1,5 (bei 23°C / 20 g/l)
Dampfdruck 0,1 mbar (20°C),
Gefährliches Reaktionsverhalten [7]
Reaktionen mit Leichtmetallen in Gegenwart von Feuchtigkeit unter Bildung von
Wasserstoff. Die Reaktion verläuft Exotherm.
Mögliche Gefahren [7]
▪ Gesundheitsschädlich beim Verschlucken
▪ Verursacht Verätzungen
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [7]
R 34 Verursacht Verätzungen
R 22 Gesundheitsschädlich beim Verschlucken
Stand: 21.01.2013 Seite 20 von 47
6.1.2.1 Benzolsulfonsäure, 4-C10-13-sec-Alkylderivate
Chemische Charakterisierung [9]
In Wasser löslich
Physikalisch chemische Eigenschaften [9]
Schmelzpunkt 10 °C
Siedepunkt 82 °C
Dichte 1,06 g/ml (20 °C)
Flammpunkt 85 °F
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [9]
R34 verursacht Verätzungen
6.2 Stoffe, die im Brandfall gebildet werden
Im Brandfall können aus einzelnen bei der Lenkering GmbH gehandhabten Stoffen die
nachfolgend dargestellten giftigen bzw. sehr giftigen Gase gebildet werden. Aufgrund des
geringen prozentualen Anteils oder der Ungefährlichkeit wurde auf die ausführliche
Darstellung folgender Brandprodukte verzichtet:
▪ Kohlenstoffmonoxid
▪ Kohlenstoffdioxid
▪ Wasser
▪ Phosphoroxide
▪ Dioxine
Stand: 21.01.2013 Seite 21 von 47
6.2.1 Schwefeldioxid
Schwefeldioxid wird u. a. bei der Verbrennung von Pflanzenschutzmitteln, Disponil SUS
IC 875 und Lutensit A-LBS gebildet.
Chemische Charakterisierung [7]
▪ Nicht brennbares Gas
▪ Hydrolisiert in Wasser
▪ Zieht Feuchtigkeit aus der Luft an, bildet Aerosole
▪ Wässrige Lösung reagiert stark sauer
▪ Gas ist schwerer als Luft
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus
Physikalisch chemische Eigenschaften [7]
Schmelzpunkt -75,5°C
Siedepunkt -10°C
Dichte 2,923 kg/m³ (0°C, 1013 mbar)
Zündtemperatur 630 °C (Temperaturklasse T1, Explosionsgruppe llA)
Explosionsgrenzen
▪ UEG
▪ OEG
15,4 Vol.-% / 108 g/m³
33,6.-% / 240 g/m³
Wasserlöslichkeit 228,3 g/l bei 0°C
Dampfdruck 3,305 mbar (20°C),
8.400 mbar (50°C)
Hauptaufnahmewege [7]
Der Hauptaufnahmeweg für Schwefeldioxid (SO2) verläuft über den Atemtrakt.
Kinetische Untersuchungen an Probanden zeigten, dass SO2 schnell und zu hohen
Anteilen über den Atemtrakt resorbiert wird.
Die Aufnahme erfolgt größtenteils (unter bestimmten Gegebenheiten fast vollständig) im
Bereich der oberen Atemwege (Nasen-Rachen-Raum bzw. Mundbereich).
Es liegen keine Hinweise vor, die für eine signifikante Aufnahme von SO2 über die Haut
sprechen.
Stand: 21.01.2013 Seite 22 von 47
Akute Toxizität [7]
Für SO2 werden nur lokale Wirkungen beschrieben. Diese werden auf die Umsetzung zu
schwefliger Säure, die besonders an den Schleimhäuten schnell erfolgt, zurückgeführt.
Die Reizwirkung des Gases auf die Augenschleimhäute setzt bei etwa 8 - 10 ppm mit
Brennen der Augen und Tränenreiz ein, bei 50 ppm ist die Augenreizwirkung intensiv.
Konzentrationen von 20 ppm werden allgemein als deutlich atemwegreizend beschrieben,
50 ppm sollen schnell Nasen- und Rachenreiz, Husten, Nasenfluß, Atemnot, Schmerzen
hinter dem Brustbein und Tränenfluß hervorrufen.
Folgen einer Exposition gegenüber hohen SO2-Konzentrationen sind häufig Entzündungen
(Kehlkopfentzündung, Bronchitiden, Bronchopneumonie, seltener Bronchiektasen und
Emphysem). Sehr hohe Konzentrationen können ein Lungenödem verursachen oder
einen Stimmritzenkrampf (Erstickungsgefahr) auslösen. Konzentrationen ab 100 ppm
SO2 werden als unmittelbar lebensbedrohlich (IDLH-Wert) angesehen. Orale
Intoxikationen sind im Allgemeinen nicht vorstellbar.
Gefahrenhinweise - H-Sätze [7]
H331: Giftig beim Einatmen
H314: Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [7]
R 23 Giftig beim Einatmen
R 34 Verursacht Verätzungen
6.2.2 Stickoxide
6.2.2.1 Stickstoffdioxid
Stickstoffdioxid kann u. a. bei der Verbrennung von Pflanzenschutzmitteln gebildet
werden.
Chemische Charakterisierung [6]
▪ Löslich unter Hydrolyse in Wasser
▪ Bildet dabei unter starker Wärmeentwicklung Salpetersäure
▪ Gas ist schwerer als Luft
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus
Stand: 21.01.2013 Seite 23 von 47
Physikalisch chemische Eigenschaften [6]
Schmelzpunkt -11,2 °C
Siedepunkt 21,1 °C
Dichte 3,663 kg/m³ (0°C, 1013 mbar)
Wasserlöslichkeit rasche Hydrolyse
Dampfdruck 963 mbar (20°C),
3.400 mbar (50°C)
Hauptaufnahmewege [6]
Der Hauptaufnahmeweg für Stickstoffdioxid (NO2) verläuft über den Atemtrakt.
Infolge seiner geringen Wasserlöslichkeit kann NO2 bei Inhalation in großem Umfang die
Alveolen erreichen, ohne vorher an den Wandungen der Atemwege absorbiert zu werden.
Gefahrenhinweise - H-Sätze [6]
H270 Kann Brand verursachen oder verstärken; Oxidationsmittel
H330 Lebensgefahr bei Einatmen
H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [6]
R 8 Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen
R 26 Sehr giftig beim Einatmen
R 34 Verursacht Verätzungen
6.2.2.2 Stickstoffmonoxid
Stickstoffdioxid wird u. a. bei der Verbrennung von Pflanzenschutzmitteln gebildet.
Chemische Charakterisierung [6]
▪ Oxidierendes Gas
▪ Stoff selbst brennt nicht, erhöht jedoch die Feuergefahr bei Berührung mit
brennbaren Stoffen und kann einen bestehenden Brand erheblich fördern
▪ Nur geringfügig löslich in Wasser
▪ Chemisch instabil bei erhöhter Temperatur
▪ Bildet bei zunehmender NO-Konzentration in Luft mit Sauerstoff NO2 (bzw. N2O4)
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus
Stand: 21.01.2013 Seite 24 von 47
Physikalisch chemische Eigenschaften [6]
Schmelzpunkt -164 °C
Siedepunkt -152 °C
Dichte 1,3402 kg/m³ (0°C, 1013 mbar)
Wasserlöslichkeit rasche Hydrolyse
Wasserlöslichkeit 67 mg/l (10 °C)
Hauptaufnahmewege [6]
Der Hauptaufnahmeweg für Stickstoffmonoxid (NO) verläuft über den Atemtrakt. Bei
Exposition gegenüber NO ist unter realen Bedingungen immer mit einer gleichzeitigen
Inhalation von Stickstoffdioxid (NO2) zu rechnen, das aus NO mit Luftsauerstoff gebildet
wird. Bei NO-Konzentrationen < 50 ppm ist allerdings die Oxidation stark verzögert, so
daß hier das gleichzeitige Einwirken von NO2 vernachlässigbar sein könnte. NO wird bei
Inhalation sehr effektiv resorbiert.
Die Quote ist umgekehrt proportional zur NO-Konzentration und variiert im
Tierexperiment zwischen 20 und 90 %. Für den Menschen sind ähnliche
Resorptionsverhältnisse anzunehmen.
Gefahrenhinweise - H-Sätze [6]
H270 Kann Brand verursachen oder verstärken; Oxidationsmittel
H330 Lebensgefahr bei Einatmen
H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
H280 Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [6]
R 8 Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen
R 26 Sehr giftig beim Einatmen
R 34 Verursacht Verätzungen
Stand: 21.01.2013 Seite 25 von 47
6.2.3 Halogenwasserstoffe
6.2.3.1 Bromwasserstoff
Chemische Charakterisierung [6]
▪ Nicht brennbares Gas
▪ Raucht an feuchter Luft
▪ Leicht löslich in Wasser
▪ Gas ist schwerer als Luft
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus
Physikalisch chemische Eigenschaften [6]
Schmelzpunkt -86,9 °C
Siedepunkt -66,4 °C
Dichte 3,6452 kg/m³ (0 °C)
Wasserlöslichkeit 700 g/l(20 °C)
Dampfdruck 20,003 bar (20 °C),
40,7 bar (50 °C)
Hauptaufnahmeweg [6]
Der Hauptaufnahmeweg für Bromwasserstoff (HBr) verläuft über den Atemtrakt.
Bromwasserstoff wird im Atemtrakt schnell und in wahrscheinlich hohem Ausmaß
resorbiert. Allerdings spielt das resorbierte Bromid im Vergleich zur lokalen Wirkung des
HBr toxikologisch eine untergeordnete Rolle.
Gefahrenhinweise - H-Sätze [6]
H331: Giftig bei Einatmen
H314: Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
H335: Kann die Atemwege reizen
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [6]
R 35 Verursacht schwere Verätzungen
R 37 Reizt die Atmungsorgane
Stand: 21.01.2013 Seite 26 von 47
6.2.3.2 Fluorwasserstoff
Chemische Charakterisierung [6]
▪ Nicht brennbares Gas
▪ Mit Wasser mischbar
▪ Hygroskopisch
▪ Dehydratisiert viele Stoffe
▪ Wässrige Lösung reagiert sauer
▪ Gas ist leichter als Luft
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus
Physikalisch chemische Eigenschaften [6]
Schmelzpunkt -83,37 °C
Siedepunkt 19,5 °C
Dichte 0,921 g/l
Wasserlöslichkeit vollständig mischbar
Dampfdruck 1,0314 bar (20 °C),
2,8 bar (50 °C)
Hauptaufnahmeweg [6]
Hauptaufnahmewege für wasserfreien Fluorwasserstoff (HF) verlaufen über den
Atemtrakt und die Haut. In Störfällen emittierter gasförmiger HF dürfte nur in
Extremfällen direkt inhaliert werden.
Infolge der starken Hygroskopizität und Reaktivität nimmt HF schon aus der Luft Wasser
auf, so dass sich schnell wasserhaltige HF-Aerosole bilden. Auch die aus wasserfreiem
flüssigem HF an der Luft freigesetzten Rauche/Nebel werden bereits zu hohen Anteilen
Luftfeuchtigkeit gebunden haben. In jedem Fall ist von einer quantitativen Resorption im
Atemtrakt auszugehen.
Für flüssigen wasserfreien HF ist die Haut kein Hindernis. Auch für wasserhaltige HF-
Aerosole, die auf der Haut deponiert werden, ist eine dermale Resorptionsmöglichkeit
anzunehmen, da wässrige HF-Lösungen schwere systemische Wirkungen ausgelöst
haben.
Stand: 21.01.2013 Seite 27 von 47
Gefahrenhinweise - H-Sätze [6]
H330: Lebensgefahr bei Einatmen
H310: Lebensgefahr bei Hautkontakt
H300: Lebensgefahr bei Verschlucken
H314: Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [6]
R 26/27/28 Sehr giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut
R 35 Verursacht schwere Verätzungen
6.2.3.3 Chlorwasserstoff
Chemische Charakterisierung [6]
▪ Nicht brennbares Gas
▪ Leicht löslich in Wasser
▪ Wässrige Lösung reagiert stark sauer
▪ Gas ist schwerer als Luft
▪ Gas bildet mit feuchter Luft stark korrosiven weißen Salzsäurenebel
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus
Physikalisch chemische Eigenschaften [6]
Schmelzpunkt -114,8 °C
Siedepunkt -85,1 °C
Dichte 1,6423 kg/m³
Wasserlöslichkeit 823 g/l (0 °C)
720 g/l (20 °C)
561 g/l (60 °C)
Dampfdruck 817 mbar (20 °C),
2,5 bar (50 °C)
Stand: 21.01.2013 Seite 28 von 47
Hauptaufnahmeweg [6]
Der Hauptaufnahmeweg für Chlorwasserstoff verläuft über den Atemtrakt.
Chlorwasserstoffgas ist stark hygroskopisch. Es setzt sich bereits an feuchter Luft schnell
(innerhalb von Sekunden) mit Wasserdampf zu Salzsäure um, so dass üblicherweise kein
wasserfreies Gas sondern ein feines Aerosol (Nebel) aus Salzsäuretröpfchen inhaliert
wird. Anderenfalls (bei Freisetzung des Gases in trockener Atmosphäre) wird diese
Umsetzung unmittelbar an den Schleimhäuten der Atemwege erfolgen.
Inhalierter Chlorwasserstoff bzw. das gebildete Salzsäureaerosol wird hauptsächlich an
den Schleimhäuten der oberen Atemwege abgefangen und dort partiell neutralisiert.
Dennoch erreicht ein Teil, insbesondere bei höherer Atemfrequenz, auch den tieferen
Atemtrakt.
Gefahrenhinweise - H-Sätze [6]
H331: Giftig bei Einatmen
H314: Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [6]
R 23 Giftig beim Einatmen
R 35 Verursacht schwere Verätzungen
6.2.4 Cyanwasserstoff
Chemische Charakterisierung [6]
▪ Nicht brennbares Gas
▪ Leicht löslich in Wasser
▪ Gas ist schwerer als Luft
▪ Gas bildet mit feuchter Luft stark korrosiven weißen Salzsäurenebel
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus
Stand: 21.01.2013 Seite 29 von 47
Physikalisch chemische Eigenschaften [6]
Schmelzpunkt -13 °C
Siedepunkt -26 °C
Dichte 0,69 kg/dm³ (0 °C)
Flammpunkt -20 °C
Zündtemperatur 535 °C (Temperaturklasse T1, Explosionsgruppe IIB)
Wasserlöslichkeit Vollständig mischbar
Explosionsgrenzen
▪ UEG
▪ OEG
5,5 Vol.-% / 60 g/m³
46,6 Vol.-% / 520 g/m³
Dampfdruck 817 mbar (20 °C),
2,5 bar (50 °C)
Hauptaufnahmeweg [6]
Unter gewerblichen Bedingungen verlaufen die Hauptaufnahmewege für Cyanwasserstoff
(HCN) über den Atemtrakt und über die Haut. Die Retention war nicht
konzentrationsabhängig.
Menge und Geschwindigkeit der Resorption von Cyanid aus wässrigen Lösungen bzw. von
HCN aus der Luft hängen vom Feuchtigkeitsgrad der Haut, von der Konzentration und
dem pH-Wert der Lösung, der Größe der Kontaktfläche und der Dauer des Kontaktes ab.
Die Aufnahme von gasförmigem HCN über die Haut führt nur in hohen Konzentrationen
zu schweren systemischen Schäden.
Gefahrenhinweise - H-Sätze [6]
H224: Flüssigkeit und Dampf extrem entzündbar
H330: Lebensgefahr bei Einatmen
H410: Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [7]
R 12 Hochentzündlich
R 26 Sehr giftig beim Einatmen
R 50/53 Sehr giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig
schädliche Wirkungen haben
Stand: 21.01.2013 Seite 30 von 47
7 Ausbreitungsbetrachtung
7.1 Untersuchte Szenarien
Zur Beurteilung nachteiliger Auswirkungen die vom Betriebsbereich ausgehen können
werden folgende Szenarien untersucht:
▪ Brandereignis und Ausbreitung giftiger Brandgase, hier Schwefeldioxid
▪ Brandereignis von Pflanzenschutzmittel und Ausbreitung giftiger Brandgase
Zur Beurteilung der berechneten Konzentrationen wird der ERPG-2-Wert herangezogen.
Es wurden die jeweils kürzesten Entfernungen zwischen einem möglichen Freisetzungsort
und dem zu untersuchenden Objekt zu Grunde gelegt.
Bei der Ausbreitung giftiger Brandgase wurden Pflanzenschutzmittel in Gebinden der
Größe 20 l angenommen. Es sind zwar größere Gebinde mit Pflanzenschutzmitteln
innerhalb des Lagerkomplexes vorhanden, jedoch in Form von wässrigen Lösungen oder
als Feststoffe, die hier nicht zu betrachten sind.
Alle betrachteten Szenarien sind abhängig von der Gebindegröße. Bei Erhöhung der
Gebindegröße sind erneute Bewertungen vorzunehmen.
7.2 Kleinbrand von Pflanzenschutzmitteln
7.2.1 Angenommener Brandverlauf
Bei dem hier zu betrachtenden Fall im Lagerbereich 2 oder 5 wird ein lokal begrenzter
Brand angenommen, der von den Branderkennungseinrichtungen rasch festgestellt wird.
Es wird unterstellt, dass ein Gebinde der Größe 20 l ausläuft und anschließend abbrennt.
Der Brand wird bei Beginn detektiert und führt zum Auslösen der jeweiligen Löschanlage
und zum Löschen des Brandes nach ca. 2 Minuten.
In Anlehnung an die Ausführungen von Ulrich Cabelka, BASF Ludwigshafen, (siehe TÜ Bd.
34, 1993, Nr. 11 – November) wird angenommen, dass bis zum Beginn des Löschens ca.
1 kg/ min x m² verbrannt sind. Dieser Wert wird für Flüssigkeiten übernommen, die nicht
als entzündlich, hochentzündlich oder brandfördernd eingestuft sind.
Die Schadgaswolke breitet sich aus, wenn die Feuerwehr die Rauch- und Wärmeabzüge
(RWA) öffnet. Es wird pessimal unterstellt, dass in den ersten 5 Minuten nach Öffnen der
Stand: 21.01.2013 Seite 31 von 47
Klappen 2/3 des Gases freigesetzt werden und in den folgenden 5 Minuten das restliche
Drittel.
Die kürzeste Strecke zwischen den Lagerhallen und dem Standort Hafencenter beträgt:
Lager/Brandabschnitt Kürzester Abstand zum Standort
„Hafencenter“
„Am Mittelhafen 30 - 36“ Ca. 136 m
„Am Mittelhafen 46“ Ca. 140 m
„Am Mittelhafen 30 - 36“ / Brandabschnitt 2 Ca. 154 m
„Am Mittelhafen 30 - 36“ / Brandabschnitt 4 Ca. 136 m
7.2.2 Ausbreitungsberechnung
7.2.2.1 Allgemeine Betrachtung
Speziell für die Ausbreitung von störfallbedingten Freisetzungen wurde die VDI Richtlinie
3783 geschaffen.
Die ortsabhängigen Emissionskonzentrationen werden gemäß Blatt 1 berechnet. Es wird
dabei eine Ausbreitungssituation mit einer Windgeschwindigkeit von 3 m/s berücksichtigt.
Die Gültigkeit der Ergebnisse nach VDI 3783, Blatt 1, ist auf Entfernungen ≥ 100 m vom
Quellort eingeschränkt.
Da bei den angenommenen Fällen der Wärmestrom der freigesetzten Brandgase unter
6 MW liegt, wird nach der VDI Richtlinie 3783, Blatt 1 keine Überhöhung der Brandgase
berücksichtigt.
Die Ausbreitungsberechnungen werden immer für den gesamten Rauchgasstrom
durchgeführt. Gemäß dem zugrundeliegenden Ausbreitungsmodell sind die errechneten
Aufpunktkonzentrationen für die einzelnen Stoffe bei gleichen Ausbreitungsbedingungen
(an der Quelle oder in der Umgebung) streng proportional dem Emissionsmassenstrom
dieses Stoffes, bzw. hier proportional der Massenkonzentration des zu betrachtenden
Stoffes im emittierten Strom, da alle Stoffe mit diesem Volumenstrom von der
Emissionsquelle in die Umgebung gelangen.
Stand: 21.01.2013 Seite 32 von 47
7.2.2.2 Schadstoffbildungsraten
Beim Brand von Pflanzenschutzmitteln entstehen wie bei der Verbrennung der meisten
organischen Verbindungen als Brandgase in erster Linie Kohlendioxid, Kohlenmonoxid
und Wasserdampf. Enthalten die Pflanzenschutzmittel Schwefel-, Phosphor-, Stickstoff-
oder Halogenverbindungen können sich zudem Schwefeloxide, Stickoxide,
Cyanwasserstoff und Halogenwasserstoffe bilden.
Die Brandgaszusammensetzung für die Ausbreitungsbetrachtung wurde im Wesentlichen
dem Leitfaden „Auswirkungen von Bränden in Pflanzenschutzmittellägern“ des
Industrieverbandes Agrar e.V. (IVA) [3] entnommen sowie Daten des
Bundesumweltamtes.
Für einen Kleinbrand wird hier eine konservative Abschätzung vorgenommen, bei der der
Abbrand von einzelnen Produkten mit der maximal möglichen Bildungsrate der
verschiedenen Brandgase zu Grunde gelegt wird.
Die Konzentrationen der einzelnen Schadstoffe im Brandgas werden unter Kleinbrand-
Bedingungen wie folgt angenommen:
Stoff Bildungsrate
[mg/g verbranntem Produkt]
Massenanteil
[%]
Kohlenstoffmonoxid 490 12,30
Kohlenstoffdioxid 1796 45,20
Chlorwasserstoff 257 6,47
Bromwasserstoff 177 4,46
Fluorwasserstoff 52 1,31
Schwefeldioxid 800 20,10
Cyanwasserstoff 25 0,63
Stickoxide 5 0,13
Phosphoroxide 3 0,08
Unzersetzte Wirkstoffe 10 0,25
Wasser 358 9,00
Dioxine 0,000001 0,00
Stand: 21.01.2013 Seite 33 von 47
7.2.2.3 Berechnungsparameter
Den Ausbreitungsrechnungen, die mit dem Programm ProNuSs Version 7.36 durchgeführt
wurden, liegen folgende Parameter zugrunde:
Bei einem Produkt-Abbrand von 1 kg/(m²·min), einer Lachengröße von 4 m² und einer
Branddauer von 2 Minuten entsteht ein Rauchgasvolumen von 64 m³ bei einer
Rauchgasbildungsrate von 8 m³/kg brennbarem Material; dieser Wert entspricht einer
Rauchgasmasse von ca. 85,8 kg (mittlere Dichte: 1,34 kg/m³).
Der emittierte Rauchgas-Massenstrom beträgt damit ca. 0,19 kg/s (2/3) in den ersten 5
Minuten und ca. 0,10 kg/s (1/3) in den folgenden 5 Minuten.
Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass bis zum Öffnen der RWA die Temperatur
der Brandgase aufgrund der niedrigen Temperatur der Löschmedien auf 150 °C im Falle
der CO2-Löschanlage „Am Mittelhafen 30 - 36“ und 200 °C im Falle der Sprinkleranlage
„Am Mittelhafen 46“ abgenommen hat.
Weitere Parameter für die Ausbreitungsberechnung:
� Rauhigkeitsklasse Z0 1,2 (sehr rau)
� Mittlere Bebauungshöhe 15 m
� Freisetzungshöhe 13,25 m
� Quellabmessungen Punktquelle
� Aufpunkthöhe 2 m
� Windgeschwindigkeit 3 m/s
7.2.2.4 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnung „Am Mittelhafen 30 - 36“
Als Ergebnis der Ausbreitungsrechnungen ergeben sich für die betrachteten Stoffe
folgende nur kurzzeitig vorhandenen maximalen Emissionskonzentrationen (die
Emissionsdauer ist etwa so lang wie die Freisetzungsdauer).
Stand: 21.01.2013 Seite 34 von 47
Abb. 1: Konzentration der Brandprodukte in Abhängigkeit der Entfernung zum Freisetzungsort
Stand: 21.01.2013 Seite 35 von 47
Abb. 2: Konzentration der Brandprodukte am Aufpunkt in Abhängigkeit der Zeit
Stand: 21.01.2013 Seite 36 von 47
Stoff ERPG-2-Wert [ppm] Konzentration am Aufpunkt [ppm]
Kohlenstoffmonoxid 350 4,5
Kohlenstoffdioxid* - 10,5
Chlorwasserstoff 20 1,8
Bromwasserstoff - 0,6
Fluorwasserstoff 20 0,7
Schwefeldioxid 3 3,2
Cyanwasserstoff 10 0,2
Stickoxide 15 0,04
Phosphoroxide - 0,01
Unzersetzte Wirkstoffe - 0,02
Wasser - 5,1
*Kohlenstoffdioxidkonzentration des Brandproduktes
Der Abstand zwischen der Lagerhalle „Am Mittelhafen 30 - 36“ und dem zu
untersuchenden Objekt beträgt ca. 136 m. Die Grenzwerte der hier untersuchten Stoffe
sind in dieser Entfernung mit der Ausnahme von Schwefeldioxid weit unterschritten. Der
ERPG-2-Wert für Schwefeldioxid beträgt 3 ppm, am Gelände liegt eine Konzentratin von
ca. 3,2 ppm vor. Die maximale Konzentration aller Stoffe wird am Aufpunkt für weniger
als vier Minuten gehalten. Die Expositionszeit, welche dem ERPG-2-Wert zu grunde liegt,
beträgt 1 Stunde. Aus diesem Grund ist eine Gefährdung der Menschen, die sich im
Bereich des Hafencenters aufhalten weitesgehend auszuschließen.
Der Grenzwert wir in ebenem Gelände ohne Hindernisse in ca. 149 m unterschritten.
7.2.2.5 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnung „Am Mittelhafen 46“
Als Ergebnis der Ausbreitungsrechnungen ergeben sich für die betrachteten Stoffe
folgende nur kurzzeitig vorhandenen maximalen Emissionskonzentrationen (die
Emissionsdauer ist etwa so lang wie die Freisetzungsdauer).
Stand: 21.01.2013 Seite 37 von 47
Abb. 3: Konzentration der Brandprodukte in Abhängigkeit der Entfernung zum Freisetzungsort
Stand: 21.01.2013 Seite 38 von 47
Abb. 4: Konzentration der Brandprodukte am Aufpunkt in Abhängigkeit der Zeit
Stand: 21.01.2013 Seite 39 von 47
Stoff ERPG-2-Wert [ppm] Konzentration am Aufpunkt [ppm]
Kohlenstoffmonoxid 350 4,4
Kohlenstoffdioxid* - 10,2
Chlorwasserstoff 20 1,8
Bromwasserstoff - 0,5
Fluorwasserstoff 20 0,7
Schwefeldioxid 3 3,1
Cyanwasserstoff 10 0,2
Stickoxide 15 0,04
Phosphoroxide - 0,01
Unzersetzte Wirkstoffe - 0,02
Wasser - 5,0
Der Abstand zwischen der Lagerhalle „Am Mittelhafen 46“ und dem zu untersuchenden
Objekt beträgt ca. 140 m. Die Grenzwerte der hier untersuchten Stoffe sind in dieser
Entfernung mit der Ausnahme von Schwefeldioxid weit unterschritten. Der ERPG-2-Wert
für Schwefeldioxid beträgt 3 ppm, am Gelände liegt eine Konzentratin von ca. 3,1 ppm
vor. Die maximale Konzentration aller Stoffe wird am Aufpunkt für ca. vier Minuten
gehalten. Eine Gefährdung der Menschen, die sich im Gebiet des Hafencenter aufhalten
ist weitestgehend auszuschließen, da die Expositionszeit, die dem ERPG-2-Wert zu
Grunde liegt, 1 Stunde beträgt.
Der Grenzwert wir in ebenem Gelände ohne Hindernisse in ca. 148 m unterschritten.
Stand: 21.01.2013 Seite 40 von 47
7.3 Brand von schwefelhaltigen Produkten
7.3.1 Brand von Disponil SUS IC 875
7.3.1.1 Allgemeine Betrachtung
Disponil SUS IC 875 wird im Brandabschnitt 2 der Halle „Am Mittelhafen 30 - 36“
gelagert. Als Folge eines Brandes wird Schwefeldioxid (SO2) freigesetzt. Die kürzeste
Entfernung zwischen dem Brandabschnitt 2 und dem zu untersuchenden Objekt beträgt
154 m.
Als Szenario wird unterstellt, dass der Inhalt eines Gebindes der Größe 1000 kg Disponil
über ein Leck innerhalb des Brandabschnitts 2 freisetzt wird und eine 200 m2 große
Lache bildet, die in Brand gerät. Dieser wird bei Beginn detektiert und führt zum
Auslösen der CO2-Löschanlage und zum Löschen des Brandes nach ca. 2 Minuten.
Es wird angenommen, dass vom Beginn des Brandes bis zum Wirksamwerden der
Löschanlage 2/3 der Lösung verbrannt sind.
Die SO2-Bildungsrate wird konservativ mit 100 % angenommen. Die Bebauungssituation
zwischen dem potentiellem Freisetzungsort und der Wohnbebauung wurde berücksichtigt.
Die Schadgaswolke breitet sich aus, wenn die Feuerwehr die RWA öffnet. Es wird
unterstellt, dass in den ersten 5 Minuten nach Öffnen der Tore werden 2/3 des Gases
freigesetzt und in den folgenden 5 Minuten das restliche Drittel.
7.3.1.2 Zusammensetzung
Disponil SUS IC 875 ist eine Lösung aus Wasser, Ethanol und mindestens 70 %,
Sulfonbernsteinsäureester, Natriumsalz mit der Summenformel:
R-O-CO-CH2-CHSO3Na-CO-O-R
Dabei stehen die R-Ketten für unterschiedlich lange C Ketten der Größe > C6. Es wird
pessimal davon ausgegangen, dass es sich um C7-Ketten handelt, entsprechend wird der
prozentuale Anteil des Schwefels am Produkt maximal eingeschätzt. Auf eine weitere
pessimale Einschätzung, einem höheren prozentualen Anteil am Produkt Disponil SUS IC
875 wurde verzichtet.
Stand: 21.01.2013 Seite 41 von 47
7.3.1.3 Berechnungsparameter
Durch die Löschung des Brandes nach 2 Minuten und der daraus resultierenden
unvollständigen Verbrennung (zweidrittel) der 1000 kg Lösung, beträgt der emittierte
Rauchgas-Massenstrom ca. 0,16 kg/s (2/3) in den ersten 5 Minuten und ca. 0,08 kg/s
(1/3) in den folgenden 5 Minuten.
Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass das Rauchgas bei einer Temperatur von ca.
600 °C entsteht und sich bis zur Freisetzung auf ca. 150 °C abkühlt.
Weitere Parameter für die Ausbreitungsberechnung:
� Rauhigkeitsklasse Z0 1,2 (sehr rau)
� Mittlere Bebauungshöhe 13,25 m
� Freisetzungshöhe 13,25 m
� Quellabmessungen Punktquelle
� Aufpunkthöhe 2 m
� Windgeschwindigkeit 3 m/s
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7.3.1.4 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnung
Die Berechnungen ergaben folgende Konzentrationen:
Abb. 5: Konzentration von Schwefeldioxid in Abhängigkeit der Entfernung
Stand: 21.01.2013 Seite 43 von 47
Abb. 6: Konzentration von Schwefeldioxid am Aufpunkt in Abhängigkeit der Zeit
Der ERPG-2-Wert für SO2 beträgt 3 ppm.
In einer Entfernung von 154 m zwischen dem Brandabschnitt 2 und dem zu
untersuchenden Objekt muss mit einer Konzentration von ca. 4,0 ppm gerechnet werden.
Ca. 282 s lang muss mit einer Konzentration von über 3 ppm gerechnet werden, dem
ERPG-2-Wert liegt eine Expositionszeit von 1 Stunde zu Grunde. Eine Gefährdung der
Menschen, die sich im Bereich Hafencenter aufhalten ist damit weitestgehend
auszuschließen.
Der Grenzwert wird in einer Entfernung von ca. 181 m unterschritten.
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7.3.2 Brand von Lutensit A-LBS
7.3.2.1 Allgemeine Betrachtung
Lutensit A-LBS wird im Brandabschnitt 4 des Lagers „Am Mittelhafen 30 - 36“ gelagert.
Als Folge eines Brandes wird Schwefeldioxid (SO2) freigesetzt.
Als Szenario wird unterstellt, dass der Inhalt eines Gebindes der Größe 200 kg Lutensit
über ein Leck innerhalb des Brandabschnitts 4 freisetzt wird und eine 40 m2 große Lache
bildet, die in Brand gerät. Dieser wird bei Beginn detektiert und führt zum Auslösen der
CO2-Löschanlage und zum Löschen des Brandes nach 2 Minuten.
Die SO2-Bildungsrate wird konservativ mit 100 % angenommen. Die Bebauungssituation
zwischen dem potentiellem Freisetzungsort und der Wohnbebauung wurde berücksichtigt.
Die Berechnung des austretenden Massenstromes sowie der Konzentrationen in
Abhängigkeit von der Entfernung gemäß VDI-Richtlinie 3783 wurden mit dem Programm
ProNuSs 7.36 [11] ermittelt.
Die Schadgaswolke breitet sich aus, wenn die Feuerwehr die RWA öffnet. Es wird
unterstellt, dass in den ersten 5 Minuten nach Öffnen der Tore werden 2/3 des Gases
freigesetzt und in den folgenden 5 Minuten das restliche Drittel.
7.3.2.2 Berechnungsparameter
Der emittierte Rauchgas-Massenstrom beträgt damit ca. 0,09 kg/s (2/3) in den ersten 5
Minuten und ca. 0,04 kg/s (1/3) in den folgenden 5 Minuten.
Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass das Rauchgas bei einer Temperatur von ca.
600 °C entsteht und sich bis zur Freisetzung auf ca. 150 °C abkühlt.
Weitere Parameter für die Ausbreitungsberechnung:
� Rauhigkeitsklasse Z0 1,2 (sehr rau)
� Mittlere Bebauungshöhe 13,25 m
� Freisetzungshöhe 13,25 m
� Quellabmessungen Punktquelle
� Aufpunkthöhe 2 m
� Windgeschwindigkeit 3 m/s
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7.3.2.3 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnung
Die Berechnungen ergaben folgende Konzentrationen:
Abb. 7: Konzentration von Schwefeldioxid in Abhängigkeit der Entfernung
Der ERPG-2-Wert für SO2 beträgt 3 ppm.
In einer Entfernung von 136 m muss mit einer Konzentration von ca. 2,7 ppm gerechnet
werden. Der Grenzwert wird in einer Entfernung von ca. 129 m unterschritten.
Eine Gefährdung am geplanten Hafencenter kann sicher ausgeschlossen werden.
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8 Beurteilung der Ergebnisse der Ausbreitungsberech-
nungen
In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der ausgewählten Szenarien angegeben:
Szenario:
Lachenbrand von
Lagerhalle /
Brandabschnitt
ERPG-2-Grenzwert SO2
[ppm]
Konzentration am
Aufpunkt [ppm]
Pflanzenschutzmittel „Am Mittelhafen 30 - 36“ 3 Ca. 3,2
Pflanzenschutzmittel „Am Mittelhafen 46“ 3 Ca. 3,1
Disponil SUS IC 875 „Am Mittelhafen 30 - 36“
/ Brandabschnitt 2
3 Ca. 4,0
Lutensit A-LBS „Am Mittelhafen 30 - 36“
/ Brandabschnitt 4
3 Ca. 2,7
Ein flüssiges Pflanzenschutzmittel der Gebindegröße 20 l erzeugt im Brandfall nach
Öffnung der RWA eine Konzentration von 3,2 ppm bzw. 3,1 ppm Schwefeldioxid am
geplanten Hafencenter.
Es wurde eine Freisetzungszeit aus den RWA des Lagergebäudes von ca. 10 Minuten
angenommen, die Expositionszeit sämtlicher Brandgase ist geringfügig kleiner, die
maximale Belastungszeit beträgt ca. 4 Minuten.
Der ERPG-2-Grenzwert von 3 ppm wird von Schwefeldioxid damit für ca. 4 Minuten
geringfügig überschritten, dem ERPG-2-Wert liegt eine Expositionszeit von 1 Stunde
zugrunde. Deswegen ist eine Gefährdung der Menschen, die sich im Bereich des
Hafencenters aufhalten, weitestgehend auszuschließen.
Eine Gefährdung durch andere Stoffe ist aufgrund der niedrigen Konzentrationen nicht zu
besorgen.
Das flüssige Disponil SUS IC 875 wird in 1000 kg fassenden Gebinden „Am Mittelhafen 30
- 36“ im Brandabschnitt 2 aufbewahrt. Bei einem Lachenbrand muss am Aufpunkt mit
einer Konzentration von 4,0 ppm und damit mit einer Überschreitung des
Beurteilungswertes gerechnet werden.
Bei einer Freisetzungszeit von ca. 10 Minuten ergibt sich eine Überschreitung des ERPG-
2-Wertes von ca. 282 s. Aus diesem Grund ist eine Gefährdung der Menschen, die sich
im Bereich des Hafencenters aufhalten, weitestgehend auszuschließen.
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Lutensit A-LBS wird in 200 kg fassenden Gebinden „Am Mittelhafen 30 - 36“ im
Brandabschnitt 2 aufbewahrt. Ein Lachenbrand hätte nach Öffnen der RWA eine
Konzentration am zu untersuchenden Objekt von 2,7 ppm zur Folge. In diesem Fall ist
eine Gefährdung am geplanten Hafencenter nicht zu betrachten.