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Guten Tag … Welche Edda darf es denn sein? Hintergründe – Übersetzungen Empfehlungen GardenStone Veröffentlicht von GardenStone Copyright © 2014 GardenStone E-Mail: [email protected] - 1 -

Guten Tag … Welche Edda darf es denn sein? · Prosa-Edda 9 3. Lieder-Edda 14 4. Die Lieder der Eddica minora 19 5. Christliche Einflüsse 21 6. Umstrittene Teile 24 7. Vorliegende

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Guten Tag …Welche Edda darf es denn sein?

Hintergründe – ÜbersetzungenEmpfehlungen

GardenStone

Veröffentlicht von GardenStoneCopyright © 2014 GardenStoneE-Mail: [email protected]

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Inhaltsverzeichnis

0. Vorwort 31. Begrifflichkeiten 42. Prosa-Edda 93. Lieder-Edda 144. Die Lieder der Eddica minora 195. Christliche Einflüsse 216. Umstrittene Teile 247. Vorliegende Edda Übersetzungen 27

Karl Simrock 28Wilhelm Jordan 30Hugo Gehring 32Felix Genzmer 33Arthur Häny 34Arnulf Krause 37Hans von Wolzogen 40Gustav Neckel, Felix Niedner 43Tor Åge Bringsvaerd 44Rudolf Simek 47

8. Übersetzungsprobleme 48Die Göttin Vár, War, Wara 51Die Göttin Hlín 52Vermischungen alter Vorlagen 53

9. Übersicht der Kapitel in Prosa- und Lieder-Edda in den deutschen Ausgaben 5510. Lesetipps 5811. Empfehlung 60

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0. Vorwort

Schon seit mehreren Jahren hatte ich den recht vagen Gedanken, dass ich doch etwas mit meiner Sammlung Eddas machen könnte. Die Sammlung besteht aus einigen altnordischen Ausgaben, einer größeren Gruppe deutscher Übersetzungen, mehreren auf Englisch und dann auch noch einigen auf Niederländisch. Die meisten davon sind in gedruckter Form, einige als Computerdatei. Diese vage Idee, irgendwann einmal etwas damit zu tun, reichte mir längere Zeit - es gab mir sogar ein zufriedenes Gefühl. Wie auch immer, nachdem die Idee, meine acht verschiedenen deutschen Übersetzungen näher unter der Lupe zu nehmen, anfing, sich in der Realität umzusetzen, wuchs sich das Ganze aus zu einem kleinen Projekt, das sich letztendlich realisierte in diesen Beitrag.

Gleich am Anfang muss ich leider gestehen, dass es mir wahrscheinlich nicht gelungen ist, davon auszugehen, dass meine Zuhörer und Leser völlig unbeschriebene Blätter sind bezüglich Wikingern und nordischen Mythen. Denn damit hängt dieses kleine Edda-Projekt zusammen. Ein wenig Vorkenntnisse wären deshalb schon nützlich. Jedenfalls, einen Zusammenhang mit dem Hotel Villa Edda in Graal-Müritz an der Ostseeküste gibt es nicht und ebensowenig mit der Opernsängerin, der Romanautorin oder den vielen anderen mehr oder weniger bekannten Personen, die den Namen Edda tragen.

Soweit das Vorwort.Viel Vergnügen beim Weiterlesen.GardenStoneUsingen, März 2014.

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1. Begrifflichkeiten

Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht 'die' Edda, ein Werk, das in altnordischer Sprache geschrieben wurde und als ein Juwel der nordischen Mythologie betrachtet wird. Altnordisch ist ein Sammelbegriff für nordgermanische Sprachen und Dialekte, die Bewohner von Skandinavien und den zugehörigen überseeischen Siedlungen ab etwa 800 (das ist auch der Beginn der Wikingerzeit) bis mindestens ca. 1350 sprachen. Bereits während dieser Zeit fand der Prozess einer kontinuierlich fortschreitenden Differenzierung statt, bei der die Sprachen in den verschiedenen Regionen langsam auseinander drifteten und sich zu den heutigen nordeuropäischen Sprachen entwickelten.

Nordische Mythologie ist der Bezeichnung für die Gesamtheit derjenigen Sagen und Mythen skandinavischer Völker, die aus vor- und frühchristlicherZeit stammen. Es sind Geschichten über verschiedene Gottheiten, andere nichtmenschliche Wesen und Helden aus zahlreichen und unterschiedlichen Quellen wie mittelalterliche Handschriften, archäologische Darstellungen und Volksüberlieferungen.

Die Bezeichnung 'Edda' bezieht sich auf zwei unterschiedliche isländische Manuskripte: Das erste ist eine Sammlung von Gedichten (Liedern) und wirkennen sie unter den Namen ältere Edda, poetische Edda oder Lieder-Edda, in alten Quellen auch als Sæmundar-Edda bezeichnet – im Folgenden wird hier der Name Lieder-Edda verwendet. Das zweite Manuskript wurde von dem Autor Snorri Sturluson (1178-1241) jedenfalls teilweise als Lehrbuch der Dichtkunst (Skaldik) geschrieben und enthält eine umfangreiche Darstellung der nordisch-heidnischen Mythologie, insbesondere der Götterlehre und eine ausführliche Auflistung poetischer Synonyme und Umschreibungen vieler Begriffe und Namen, die sog. Kennings. Dieses Werk kennt man auch als jüngere Edda, Snorra-Edda oder Prosa-Edda - hier wird weiter der Name Prosa-Edda verwendet. Beide wurden in Übersetzungen manchmal unter dem Gesamtnamen Edda in einem Band veröffentlicht, oft aber auch wurden und werden sie getrennt publiziert. Zusammen gelten sie als wichtigste Quelle für den vorchristlichen heidnischen Glauben Nordeuropas. Die Lieder-Edda wurde

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um 1270 aufgezeichnet, die Lieder selber sollen zwischen 900 und 1200 entstanden sein. Die Prosa-Edda wird in ihrer schriftlichen Form zwar auf ca. 1220 datiert, also 50 Jahre zuvor, da in ihr aber aus den Lieder-Manuskripten zitiert wird, ist sie auf jeden Fall jünger als die Lieder-Edda. Die Lieder-Edda muss es deshalb entweder mindestens zum Teil und unveröffentlicht vor 1220 gegeben haben, oder mehrere Lieder daraus waren schon früher in schriftlicher Form verfügbar.

Eins der erhaltenen Dokumente, die uns die Prosa-Edda überliefern, fängt an mit den Worten:

Anfangszeilen der Prosa Edda.Quelle: http://www2.teknat.uu.se/forskning/uu/bild.php?

typ=forskningsprogram&id=485

Dieses Buch heißt Edda. Snorri Sturluson hat es auf die Art zusammengestellt, die hier eingerichtet ist.

Dabei ist es nicht einmal sicher, ob Snorri Sturluson wirklich selber diese Anfangszeilen geschrieben hat - es wird vermutet, dass der Text später von jemandem entsprechend editiert wurde.

Später wurde dann auch noch eine Sammlung isländischer Lieder gefunden die auch den Namen Edda bekam, obwohl sie höchstwahrscheinlich nicht sohieß – die Lieder-Edda.

Die Bedeutung des Wortes Edda ist nicht eindeutig geklärt, die vier am häufigsten angeführten Vorschläge sind:

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• Urgroßmutter: Das altnordische Wort Edda bedeutet 'Urgroßmutter' und es soll auf Überliefertes von den Ahnen hinweisen.

• Oddi: Es soll genannt sein nach 'Oddi', dem Namen des Hofes, woSnorri viele Jahre wohnte.

• Óðr: Der altnordische Begriff óðr bedeutet Dichtkunst und daraus soll der Name hergeleitet sein.

• EDO: Ähnlich wie 'kredda' (Aberglaube) die altnordische Form des lateinischen CREDO sein soll, so soll Edda aus dem lateinischen 'EDO' (verkünden) entstanden sein.

Obwohl das oft gerne anders gesehen wird, beruhten die nordischen Mythennie wirklich auf einer einigermaßen zusammenhängenden Religion, wie der Begriff in heutiger Zeit verstanden wird. Wenn überhaupt, dann waren einige der Mythen höchstens eine literarische Dachstruktur für bestimmte lokale oder regionale Kulte.

Zu Unrecht auch wird Snorri Sturluson oftmals als Verfechter des Fortbestehens der heidnischen Traditionen und des heidnischen Glaubens betrachtet. Als überzeugter Christ war das nicht sein Anliegen. Snorris Bemühen war die Erhaltung der metrischen Formen der Skaldendichtung, die in den vorhandenen Gedichten und Lieder seiner Zeit mit altnordischen Mythen verknüpft waren. Statt eines Religionsbuchs, wie die Edda in einigen Kreisen gerne gesehen wird, wurden sowohl die Prosa-Edda als auch die Lieder-Edda mit dem Ziel aufgeschrieben, die einzigartige Skaldenlyrik zu erhalten. Heutzutage ist dieser ursprüngliche Zweck weitgehend 'ersetzt' durch die Sichtweise, die Prosa-Edda als ein 'Handbuchder nordisch-heidnischen Götterlehre' zu verstehen.

Manchmal stößt das 'Christ-sein' Snorris auf Unglaube. Jemand der soviel über die heidnischen Mythen und die darin auftretenden Götter der Skandinavier weiß und schreibt, könne doch kein überzeugter Christ sein, wird manchmal bemerkt. Dennoch ist dem so, es gibt mehrere etwaige zeitgenössische Quellen, wie sein Neffe Sturla Thórdarson, die über Snorri berichten und über seine Taten - in den verschiedenen Biographien Snorri

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Sturlusons kommt es auch klar zum Ausdruck. Dazu nur beispielhaft ein Zitat aus ″Snorri Sturluson, Homer des Norderns. Eine Biographie″, von Óskar Gudmundsson, aus 2009, deutsche Übersetzung 2011, S.309:

"Es gilt als wahrscheinlich, dass er sowie die meisten seiner Zeitgenossen nach dem christlichen Glauben lebte und die christlichen Werte verinnerlicht hatte. Er war in einem christlich geprägten Umfeld erzogen und ausgebildet worden, hatte sich jedoch zugleich Kenntnisse über die heidnische Religion und Mythologie angeeignet. Über sein Verhältnis zum Heidentum haben daher viele Forscher nachgedacht. Denn in seinen Schriften, sowohl in der Edda als auch in weiten Teilen der Heimskringla, tritt sein umfassendes Wissen der heidnischen Kultur zutage. Nicht selten deutet sich jedoch in seinen Beschreibungen etwa der Verehrung von Götzenbildern auch eine Kritik an diesen alten Bräuchen an."

Ähnlich schreibt es Klaus Böldl, Professor für Altskandinavistik in Kiel in sein in 2013 erschienenes Buch ″Götter und Mythen des Nordens – Ein Handbuch″ auf S. 47 über die isländischen Schriftsteller wie Snorri Sturluson:″Nirgendwo lassen die Autoren den geringsten Zweifel daran erkennen, das sie fest auf dem Boden des Christentums stehen und die natürliche Religion ihnen lediglich zur Deutung der heidnischen Vergangenheit dient und keineswegs als Argument für eine Fortführung oder Wiederherstellung.″

Und in ″Song of the Vikings. Snorri and the making of Norse Myths″ aus 2012 von Nancy Marie Brown, die sich schon über 30 Jahre mit isländischen Literatur und Kultur befasst, wird klar gemacht, dass Snorri nur Hauptling und kein Häuptling und Bischof wurde, wie das in vorigen Generationen öfters der Fall war, weil ein Gesetz erlassen war das besagte das beide Ämter nicht mehr in einer Person vereint sein durften. Sonst hätte der machtbeluste Politiker Snorri sich dieses Bisschofsamt sicherlich nicht entgehen lassen.

Es sollte dazu schon erwähnt werden, dass für Snorri Sturluson, und andere zeitgenössische Gelehrten die Asen und auch die Wanen keine Götter waren, sondern mythische Ahnen, Menschen aus der Vorzeit - Asen sind dabei die Bewohner von Asaland und Wanen von Vanaland. Dass Snorri dasnicht explizit darlegt, wird darauf zurückgeführt, dass sein Anliegen literarisch-technischer Art war - die Mythen waren für ihn bloß Träger der

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dichterischen Gestaltungstechnik.Schon am Anfang der Gylfaginning in der Prosa-Edda wird diese 'Vermenschlichung' der Götter dennoch klar: Da heißt es:

König Gylfi war ein kluger und zauberkundiger Mann. Ihn verwunderte es sehr, dass das Asenvolk so mächtig war, dass alles nach seinem Willen lief. Er überlegte, ob dies von ihrer eigenen Macht komme oder ob es die göttlichen Mächte bewirkten, denen sie opferten.

Übersetzung Arnulf Krause Mehr darüber später.

Oftmals wird bemerkt, dass in den Ausgaben der Prosa- und Lieder-Edda Teile 'fehlen', d. h. dass die Werke nicht komplett seien. Dafür gibt es mehrere Gründe.

• Die Eddas sind nicht in Originalform erhalten geblieben, aber sie sind in mehreren alten Dokumenten überliefert, die teilweise die gleichen Lieder und Themen behandeln, jedoch nicht immer mit gleichen Worten und im gleichen Umfang. Wenn bei einer übersetzten Ausgabe der Schwerpunkt auf einem oder zweien dieser Dokumente liegt und bei einem anderen Übersetzer weitere Dokumente einbezogen werden, dann wird das auch im Umfang der Übersetzung bemerkbar.

• Übersetzer sind sich nicht alle einig, welche Mythen oder Lieder zur 'Edda' gehören sollen und welche nicht; deshalb enthalten einige Ausgaben mehr Teile als andere.

• Und die Übersetzer haben darüber hinaus auch eigene Auffassungen, welche Teile wichtig für die Leser und welche in Hauptsache langweilig oder unverständlich seien. Letztere Teile werden dann entsprechend weggelassen. Mehrere Autoren erklären ihre Sicht dazu ineinem Kommentar im Buch.

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2. Prosa-Edda

Die Prosa-Edda ist überliefert in vier wichtigen und einigen weniger wichtigen handschriftlichen Dokumenten. Die wichtigsten vier sind:

• 1. Codex Upssaliensis: das ist die älteste Version und stammt aus ca. 1300. Es kam in 1639 an der Öffentlichkeit und wurde in 1669 der Universitätsbibliothek Uppsalas in Schweden gespendet und bekam dort seinen heutigen Namen.

• 2. Codex Regius: wird datiert auf das erste Viertel des 14. Jahrhunderts. Es kam in das 17. Jahrhundert in öffentliche Erscheinung nachdem es zweimal privat verschenkt wurde und dann in die Königliche Bibliothek Dänemarks erlangte - dort auch bekam es seinen Namen: 'Königliche Handschrift'.

• 3. Codex Wormianus: wird dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts zugeordnet. Das Manuskript wurde nach seinen früheren dänischen Besitzern genannt, Bischof Christian Worm, der es von seinen Großvater Professor Ole Worm (1588 - 1654) bekam.

• 4. Codex Trajectinus: Eine Handschrift auf Papier. Diese Handschrift wurde in 1595 in der Universitätsbibliothek der niederländischen Stadt Utrecht erstellt. Es ist eine Abschrift eines Manuskript aus dem 13. Jahrhundert. Das Original wurde nicht erhalten. Es wurde genannt nach dem alten lateinischen Namen fürUtrecht: Trajectum. Es wird vermutet, dass der Codex Regius dieselbe verschwundene Handschrift als Vorlage hatte.

Die Codex Regius wird von diesen als wichtigstes 'Edda'-Dokument gesehen.

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Seite aus der Codex RegiusQuelle: http://www.germanicmythology.com/works/CodRegIMAGES/CR1.jpg

Diese Manuskripte sind nicht alle im Ganzen bewahrt geblieben. Vom Codex Regius fehlt die erste Doppelseite, beim Codex Trajectinus fehlen sowohl die erste als auch einige Doppelseiten am Ende.Beim Vergleich der Dokumente zeigen sie untereinander Unterschiede, die manchmal bei Satzbau, Wortwahl und Strukturierung des Materials gravierend sind. Dabei sind die Unterschiede zwischen dem Codex Regius und dem Codex Trajectinus noch am geringsten. An einigen Stellen sind entsprechende Textstellen des Codex Wormianus kürzer als vergleichbare Stellen im Codex Regius, an anderen Stellen sind sie wieder länger.Obwohl der Text der Mythen im Codex Uppsaliensis am kürzesten ist, enthält dieses Manuskript noch einige Zusätze anderer Herkunft; diese sind ein Stammbaum des Geschlechts der Sturlungen, eine Abhandlung über Grammatik, eine Aufzählung von Skalden und eine Aufzählung von Juristen.

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Andere 'Edda-Handschriften' tragen den Namen 'Hauksbók', Flateyjarbók', 'AM 748 I', 'AM 748 II' und 'AM 757a'.

Die 'vollständige' Prosa Edda kennt folgende Teile:• Prolog;

Dieser Teil verknüpft die 'alten' Mythen mit der Weltanschauung inSturlusons Zeit und bettet sie ein in die europäische Geschichte, so,wie man sie damals kannte.

• Gylfaginning (Gylfis Täuschung); Dieser Teil enthält die Mythographie; die Mythen aus heidnischer Zeit, wie sie die Skalden damals kannten. Mittels einer Sinnestäuschung wird der beeindruckte Gylfi 'gezwungen' Fragen zu stellen und die Antworten stellen dann ein Bild dar einer fantastisch-heidnischen Vorzeit, in der viele Götter, Riesen, Zwergeund andere Wesen die Weltsicht der Menschen bevölkerten.

• Skáldskaparmál (Lehre von der Dichtung);Die Mythen aus der Vorzeit sind hier Träger technischer Feinheitender Skalden-Dichtkunst. Mit Hilfe vieler Zitate aus der Skaldenpoesie werden skaldische Metrik und die Lehre der Kennings verdeutlicht. An mehreren Stellen knüpft Snorri an die christliche Lehre seiner Zeit an und macht damit auch den Weg freifür zeitgenössische Skaldenlyrik – das christliche und nicht zur Edda gehörende (Sólarlióð, Sonnenlied) ist dafür ein Beispiel.

• Das Háttatal (Strophenverzeichnis)Dieser Teil bietet praktische Hilfe für Skalden. In einem langen Gedicht, das Snorri selber schrieb, zeigt er seinen Lesern über hundert verschiedene Versarten. Zudem gibt er dabei in einem Prosateil erklärende Bemerkungen.

• Das Skáldatal (Skaldenverzeichnis)Dieser abschließender Teil bietet eine chronologisch gegliederte Liste von Skalden und anderen berühmten Dichtern, soweit Sturluson deren Namen kannte.

Das Skáldatal wird bei fast allen Übersetzungen und auch bei vielen altnordischen Ausgaben weggelassen, das Háttatal ebenso. In vielen Fällen wird die Skáldskaparmál nur in Auszügen angeboten, die Liste der Kennings die mit dem Namen Thulur (Nafnaþulur) bezeichnet wird, und sich am Ende der Skáldskaparmál befindet, ist oft nicht dabei. (Dieser

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Thulur ist wieder unterverteilt.)Der Prolog wird in vielen Fällen nur verkürzt wiedergegeben oder ist ganz ausgelassen. Noch eine Bemerkung zum Prolog:

Darin wird die Entstehung von Gottesvorstellungen erklärt durch einen mythischen Aufstieg historischer Personen, anders gesagt, die heidnischen Götter, die im nachfolgenden Gylfaginning auftreten, sollen als menschlicheHerrscher dargestellt werden. Es ist gut möglich, das Snorri Sturluson als überzeugter Christ wirklich der Überzeugung war, die Götter aus den Erzählungen seien 'in Wirklichkeit' mythische Ahnen... also Menschen. Die Sichtweise, die Götter seien Ahnen aus der Vorzeit, trifft man schon an bei den Angelsachsen, die in königlichen Stammbäumen Götternamen führten.Diese menschliche Herkunftsdarstellung ist nicht nur keine Erfindung Snorri Sturlusons, sondern auch nicht isländischer Herkunft. In Kapitel 2 des Prologs wird unser Teil der Welt "Europa oder Enea" genannt. Darin ist ein Bezug auf den Namen des trojanischen Helden Aeneas zu erkennen, der aus Troja nach Europa floh und im Geschichtsdenken des Mittelalters als Stammvater der Herrscher Roms und sogar der deutsche Kaiser (Heiliges Römisches Reich deutscher Nation) bekannt war. Schon im 7. Jahrhundert wurde in der Fredegar-Chronik die trojanische Herkunft der Franken dargestellt und Geoffrey von Monmouth (um 1100 - um 1154) sah Aeneas als Stammvater der Briten; er mag dafür als Quelle die 'HISTORIUM BRITTONUM' von Nennius benutzt haben, der sie ca. 825 schrieb. Darin steht, zusammengefasst und übersetzt:

Nach dem trojanischen Krieg kam Aeneas mit seinem Sohn nach Italien; nachdem er dort Turnus besiegt hatte, heiratete er Lavinia, die Tochter des Königs Latinus, Sohn des Faunus, Sohn des Picus, Sohn des Saturn und Lavinia gebar einen Sohn der Silvius hieß. Silvius heiratete und seine Frau wurde schwanger. Bei der Geburt des Kindes, das den Namen Brutus bekam, starb die Mutter. Brutus wurde aus Italien verbannt. Er kam zu dieser Insel, die er Britannia nannte, verblieb dort und füllte sie mit seinen eigenen Nachkommen, und die bewohnten sie seitdem bis in heutige Zeit.

Troja mag nach dem Verständnis mittelalterlicher Historiker im Weltteil östlich von Europa gelegen haben - Asien und Aeneas mit seinen Leuten und deren Nachkommen wären daher Leuten von Asaland. In Kapitel 3 des Prologs werden dann auch dementsprechend Namen von nordischen

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Gottheiten zu solchen des trojanischen Adels; Trór (Thor) soll der Sohn einer Tochter des trojanischen Königs Priamus sein.Aber die Ansicht, Götter seien ursprünglich berühmte Menschen aus der Vorzeit, ist noch viel älter. Im 3. Jahrhundert v.d.Z. war es besonders der griechische Philosoph Ehemeros, der die Theorie vertrat, dass die Götter aufden Olymp keine übernatürliche Mächte seien, die aktiv in das Leben der Menschen eingriffen, sondern große Heerführer und Herrscher aus alten Zeiten. Das mag vielleicht auf den ersten Blick reine philosophische Theologie scheinen, in Wirklichkeit aber war es praktische Politik; es war gedacht als Anreiz für die herrschende Klasse; auch sie konnten dann als Belohnung für ihre Taten zugunsten der Gemeinschaft posthum auf außergewöhnliche Weise geehrt werden. Dass die Religion dadurch herabgewürdigt wurde, wird Ehemeros wenig geschert haben, zu seiner Zeit wurde er als 'Atheist' angesehen.Der römische Autor und Dichter Quintus Ennius ( 239 – 169 v.d.Z.) übernahm die Idee und hatte dabei auch schon einen berühmten Zeitgenossen ins Auge gefasst - er ging sogar noch einen Schritt weiter und wollte seine Umgebung damit vertraut machen den römischen Feldherrn Publius Cornelius Scipio Africanus, der in Nord-Afrika endgültig Hannibal besiegt hatte, schon bei Lebzeiten göttlichen Status zu verleihen. Der griechische Historiker Diodor (Diodorus Siculus), der im 1. Jahrhundertv.d.Z. lebte, hatte diese 'theologische Lehre' aufgenommen im 5. und 6. Band seines 40-bändiges historisches Werk, das lange Zeit im Mittelalter in den Klöstern ein Standardwerk war für die Geschichte des klassischen Altertums. Der frühchristliche Autor und Ratsherr des ersten christlichen römischen Kaisers Konstantin I, Lactantius (um 240 – um 320 d.Z.), benutzte Euhemeros' Theorie, dass die alten Götter ursprünglich Menschen waren, um deren Unterlegenheit gegenüber dem christlichen Gott zu 'beweisen'.Und sehr wahrscheinlich fand über diese Wege die Vermenschlichung der nordischen Götter ihren Weg nach Nord-Europa in die Werke Snorri Sturlusons, Saxo Grammaticus und anderer. Snorri (oder ein späterer Bearbeiter seiner Texte) und andere Gelehrten kannten sich einfach aus mit der Geschichte Europas, wie sie damals gesehen wurde, und betteten die Namen aus der nordischen Vorzeit darin ein.

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3. Lieder-Edda

Snorri SturlusonQuelle: http://bifrost.it/GERMANI/Fonti/EddaSnorri.html

Die Hauptquelle für die Lieder-Edda ist der zuvor schon genannte Codex Regius. Manchmal wird diese Handschrift wissenschaftlich getrennt gesehen von Codex Regius der Prosa Edda – dabei werden beide als eigenständige Manuskripte gesehen die durch ihre Aufnahme in der Königlichen Bibliothek Dänemarks den gleichen Namen bekamen. Aber zehn der Lieder sind in anderen eigenständigen Dokumenten aufgefunden worden.Wie es bei der meisten frühen Poesie der Fall ist, waren auch die eddischen Gedichte zuerst wahrscheinlich Spielmannslieder, die mündlich von Sängern oder Dichtern an andere weitergegeben wurden, die sie ihrerseits auch wieder weitergaben. Passend dazu wird angenommen, dass das Wort 'skáld' ursprünglich wahrscheinlich 'Spottdichter' bedeutete; es soll zusammenhängen mit dem westgermanischen '*skelan': 'schelten', 'schmähen', 'tadeln' - ein Spielmann, der in Lieder scheltet.Inwiefern der Inhalt dieser auswendig gelernten Lieder dabei abgeändert

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wurde, ist nicht herauszufinden. Aber wenn dieser Prozess verglichen werden darf mit der Entwicklung von Liedern und Gedichten der mittelalterlichen Barden, Minstrele (Minnesänger) und Troubadoure des europäischen Festlandes, dann kann man davon ausgehen, dass seit der Entstehung eines Liedes und bevor die erste schriftliche Aufzeichnung vorgenommen wurde, solche Änderungen stattfanden.Keins der Lieder kann definitiv einem bestimmten Autor zugeschrieben werden, obwohl bestimmte Charakteristiken eines Liedes manchmal schon in Richtung eines bestimmten Poeten weisen. Über die Datierung der Gedichte der Lieder-Edda haben Fachkundige schonlange und ausführlich argumentiert, aber zu einer eindeutigen und schlüssigen Übereinstimmung hat das (noch?) nicht geführt. Es gibt manchmal zwar Zeilen, die auch in anderen Gedichten aus dem 9. oder 10. Jahrhundert vorkommen, aber statt das ganze Eddalied dann auch dieser frühen Zeit zuzuschreiben, ist es genauso möglich, dass ein späterer Autor ein bestehendes, älteres Lied zitierte.In einzelnen Fällen können externe Umstände etwas über eine Entstehungszeit aussagen; z. B. für das Atlamál (Das jüngere Atli-Lied), derlängere altnordische Name ist 'Atlamál hin groenlenzku', gibt es, außer diesem Titel auch einige weitere Hinweise, dass es auf Grönland geschrieben wurde – das muss dann zwangsläufig nach 985 passiert sein, denn vor diesem Jahr gab es die Skandinavier dort noch nicht.Manchmal wird eine mögliche Datierung noch erschwert, weil in ältere Gedichte Teile anderer, jüngerer Lieder später eingefügt wurden, das wird z.B. vermutet bei der Auflistung der Zwergennamen in den Strophen 10 – 16 der Völuspá, einem Teil, das den selbständigen Namen 'Dvergatál' (Zwergenzählung) trägt.Viele der Lieder sind älter als die Prosa-Edda, Sturluson zitiert sogar aus einigen dieser Lieder. Dennoch wurde die Kollektion der Götter- und Heldenlieder mehrere Jahrzehnte nach der Veröffentlichung der Prosa-Edda aufgeschrieben. Es mag als wahrscheinlich gelten, dass die Prosa-Edda der Anstoß war, die vielen Lieder überhaupt in einen Werk zusammenzubringen, schließt sie sich doch nahtlos Snorris Lehrbuch für Skalden an; die Prosa-Edda ist für die Ausbildung der Skalden gedacht, die Lieder-Edda bietet diesen ein Basis-Repertoire.

In der Lieder-Edda kommen in den deutschen Ausgaben die folgenden Lieder vor – auch die umstrittenen oder inzwischen abgelehnten Lieder stehen hier in der Liste dabei:

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Zuerst die Götterlieder:

1. Götterlieder• Völuspá (Die Weissagung der Seherin, Der Seherin

Weissagung)• Hávamál (Des Hohen Lied, die Sprüche des Hohen)• Vafþrúðnismál (Das Lied von Vafthrudnir)• Grímnismál (Das Lied von Grimnir)• Skírnismál (Lied von Skírnir) oder Skírnisför (Skirnirs Ritt,

Fahrt)• Hárbarðslióð (Das Harbard-Lied)• Hymiskviða (Das Lied von Hymir)• Lokasenna (Lokis Zankreden, Lokis Spottrede) oder

Oegisdrecka (Ægirs Trinkgelage)• Þrymskviða oder Hamarsheimt (Das Thrym-Lied oder Des

Hammers Heimholung)• Völundarkviða (Das Wölund-Lied)• Alvíssmál (Das Alvislied)

Nicht im Codex Regius enthaltene Götterlieder• Hrafnagaldr Óðins (Odins Rabenzauber)• Baldrs draumar oder Vegtamskviða (Balders Träume oder

Das Wegtamslied )• Svipdagsmál -Lied von Svipdag

Grógaldr (Groas Erweckung)Fjölsvinnsmál (Das Lied von Fjölsvinn)

• Rigsþula oder Rigsmál (Rigs Merkreihe oder Lied von Rig)• Hyndlulióð (Das Hyndlalied)• Völuspá in skamma - Die kurze Weissagung der Völva• Gróttasöngr (Grottis Gesang)

Zum besseren Verständnis der nordischen Kosmologie solle man sich dessen bewusst sein, dass die Götter als 'herrschende Mächte'' betrachtet wurden; das altnordische Verb 'ragna': 'zaubern' wird auch interpretiert als ''herrschende Macht' und dementsprechend Rágnarök als 'Untergang der herrschenden Mächte' (Götterschicksal). Diese herrschenden Wesen waren nicht nur Asen und Wanen, sondern auch Riesen (Jöten) und sogar Unholde.Die meisten dieser Lieder wurden erstellt als 'Erkenntnis-Dichtung' oder als

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Kenningspoesie. Das bedeutet, dass wahrscheinlich bewusst sehr viel Wissen in extrem konzentrierter Form verarbeitet wurde. Viele solche Lieder sind in Dialogform geschrieben und bieten mittels Frage und Antwort eine Art Wettkampf zwischen den Hauptfiguren. Das war auch in ähnliche Literatur aus anderen Kulturen eine effektive Art Wissen zu vermitteln – Skalden kannten die Lieder auswendig und waren diese 'Lehrer'.

Eine zweite Gruppe der Götterlieder sind Spruchdichtungen. An erster Stelle werden da Verhaltensregeln und Lebensweisheiten vermittelt und mythologische Aspekte sind zweitrangig.Ursprünglich hatte die Reihenfolge der Lieder ein erkennbares System. Am Anfang bietet die Völuspá die generelle Evolution vom Anfang bis zum Ende und die nachfolgenden Lieder gehen dann immer mehr ins Detail, indem sie spezifische Themen behandeln.

2. Heldenlieder• Helgakviða Hjörvarðssonar (Das Lied von Helgi dem Sohn

Hjörwards)• Helgakviða Hundingsbana fyrri (Das erste Lied von Helgi

dem Hundingstöter)• Helgakviða Hundingsbana önnur (Das zweite Lied von Helgi

dem Hundingstöter)2a. Die Nibelungen-Lieder

• Sinfiötlalok oder Frá dauða Sinfjötla (Sinfiötlis Ende oder Über Sinfjötlid Tod)

• Sigurdarkviða Fafnisbana fyrsta oder Grípisspá (Das erste Lied von Sigurd dem Fafnirstöter oder Gripirs Weissagung)

• Reginsmál oder Sigurðarkviða Fafnisbana önnur (Reginns Lied oder Das zweite Lied von Sigurd dem Fafnirstöter)

• Fáfnismál (Das Lied von Fafnir)• Sigrdrífomál (Das Lied von Sigrdrifa)• Brot af Brynhildarkviða (Bruchstück eines

Brynhildenliedes)• Sigurdarkviða Fafnisbana thridja (Das dritte Lied von

Sigurd dem Fafnirstöter)• Sigurdarkviða in skamma (Das kurze Sigurdlied)• Helreið Brynhildar (Brynhilds Helfahrt)

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• Guðrúnarkviða in fyrsta (Das erste Gudrun-Lied)• Drap Niflunga (Mord der Niflunge)• Guðrúnarkviða in önnur (Das zweite Gudrun-Lied)• Guðrúnarkviða in þriðja (Das dritte Gudrun-Lied)• Oddrúnargrátr (Oddruns Klage)• Atlakviða (Das alte Atli-Lied)• Altlamál (Das jüngere Atli-Lied)

2b. Die Ermenrich-Lieder• Guðrúnarhvöt (Gudruns Aufreizung)• Hamðismál (Lied von Hamdir)

Nicht im Codex Regius enthaltene Heldenlieder• Hlöðskviða – Hunnenschlachtlied• Hervararljóð – Herwörlied• Gróttasöngr (Grottis Gesang) (Das Mühlenlied)• Darraðarljóð (Das Walkürenlied)

• (Sólarlióð Sonnenlied)

Mit Ausnahme der Helgi-Gedichte stehen bei den anderen Liedern germanische Helden im Mittelpunkt, die zur Zeit der Völkerwanderung auf dem europäischen Festland lebten. Oft handelt es sich um historisch erkennbare Menschen. So ist z.B. Atli der Hunnenkönig Etzel / Attila und Gunnar der burgundische König Gundahar.Das Nibelungenlied ist in einer Reihe der Lieder gut erkennbar; die eddischen Lieder sollen die Quelle gewesen sein für die mittelhochdeutsche Dichtung „Der Nibelunge Not“. Allerdings muss dem Dichter eine ältere Fassung bekannt gewesen sein als der Codex Regius, denn der wurde spätergeschrieben als die älteste überlieferte Version des Nibelungenliedes die ausum 1230 stammt.Die Hauptmotive der Heldenlieder hängen alle zusammen mit Heldenhaftigkeit, Sterben, Ermordung und Rache, wobei die Helden oft 'magisch' unterstützt werden von Seherinnen, vorhersagenden Träumen, u.ä.Diese Lieder sind eine logische Ergänzung der Götterlieder; die dort präsentierten Verhaltensregeln und Lebensweisheiten werden in menschlichen Taten praktiziert.

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4. Die Lieder der Eddica minora

Dass es aus der gleichen Zeit noch mehr solche Lieder gibt, zeigt eine Veröffentlichung aus dem Anfang des 20. Jahrhundert. In 1903 publizierten Andreas Heusler und Wilhelm Ranisch, beide Altgermanisten, eine Sammlung "Dichtungen eddischer Art aus den Fornaldarsögur und anderen Prosawerken", der sie den Titel Eddica Minora gaben. Bei den 'Fornaldarsögur' handelt es sich um sog. Vorzeitsagas die sich abspielen in der Zeit bevor Island besiedelt wurde. Der historische Rahmen dieser Mythen ist nur Schein und die darin auftretende Figuren sind auch nicht historisch belegbar.

Diese Lieder, die ins 13. Jahrhundert datiert werden, sind den Heldengedichten der Lieder-Edda sowohl dichtungstechnisch als auch inhaltlich sehr ähnlich. Einige dieser Lieder sind wahrscheinlich sogar noch einige Jahrhunderte älter - So soll z.B. das Biarkamál schon im Jahr 1030 gesungen worden sein, um eines Morgens bevor eine Schlacht anstand, die Soldaten des Heeres von Olaf dem Zweiten von Norwegen aufzuwecken. Obwohl wir diese Lieder nur aus isländischen Quellen kennen, wird die Herkunft mehrere der Lieder Dänemark und Norwegen zugeschrieben.

1. Das Lied von der Hunnenschlacht (Aus der Hervararsaga) 2. Das Hervǫrlied (Aus der Hervararsaga)3. Die Biarkamál4. Das Innsteinslied (Aus der Hálfssaga) 5. Der Vikarsbálkr (Aus der Gautrekssaga) 6. Das Hrókslied (Aus der Hálfssaga)7. Hiálmars Sterbelied (Aus der Ǫrvar-Oddssaga und der Hervararsaga)8. Hildibrands Sterbelied (Aus der Ásmundarsaga kappabana)9. Ǫrvar-Odds Sterbelied (Aus der Ǫrvar-Oddssaga)10. Das Valkyrjenlied (Aus der Niálssaga)11. Kleinere Bruchstücke:

a. Aus der Vaterrache der Hálfdanssöhneb. Aus dem Kampf auf Sámseyc. Aus der Heiðrekssaga d. Aus einem Starkaðliede

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12. Ǫrvar-Odds Männervergleich (Aus der Ǫrvar-Oddssaga)13. Útsteins Kampfstrophen (Aus der Hálfssaga)14. Ǫrvar-Oddr in Biálkaland (Aus der Ǫrvar-Oddssaga)15. Scheltgespräche Ketils und Grims 16. Aus der Ketilssaga hængs und der Grímssaga loðinkinna

a. Ketill und Gusir b. Ketill und die Hexec. Ketill und Framarr d. Grímr und die Hexen

Diese Lieder wurden praktisch alle in die Edda-Ausgabe von Felix Genzmeraufgenommen.

Seite aus der Codex TrajectinusQuelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prose_Edda_Utrecht.jpg, Author

Gilwellian, public domain

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5. Christliche Einflüsse

Weil die beiden Eddas heute als eine sehr wichtige Quelle für Informationenüber der heidnische Glaube und Mythologie der Wikinger gesehen werden, ist die Frage legitim, ob und wenn ja, in welchen Ausmaß diese Quellen vonchristlichen Ansichten, Interpretationen, Beurteilungen und moralischen Ansichten beeinflusst sind.Mindestens teilweise sind christliche Einflüsse in den Eddas tatsächlich erkennbar, direkt und auch nur indirekt, sie werden z. B. in Wortwahl oder moralischen Textstellen vermutet. Solche Einflüsse können sogar bis in die Zeit zurückgehen, bevor auf Island das Christentum eingeführt wurde. Das hat damit zu tun, dass die skandinavischen Siedler nicht nur aus Norwegen kamen, sondern auch aus Irland, wo viele Skandinavier sich schon einige Generationen zuvor niedergelassen hatten. Diese Siedler, die mitsamt Familie und keltischen Dienern und Sklaven nach Island kamen, hatten sowohl einen christlichen als auch einen keltischen Hintergrund. Ob die irischen Norweger vielleicht teilweise christianisiert waren, weiß man nicht,es ist aber durchaus möglich, aber die keltischen Begleiter waren sicherlich Christen; diese Gruppe brachte also sowohl das Christentum als auch keltische Folklore nach Island. Die ersten 'offiziellen' Siedler Islands (ca.870) kamen aus Norwegen, hatten aber auch irische Sklaven dabei. Und im gleichen Jahrhundert soll es schon christliche Priester auf Island gegebenhaben, die mit dem aus dem Irischen entlehnten Wort 'papar' bezeichnet wurden.

Insbesondere bei der Prosa-Edda sind eindeutige christliche Einflüsse zu finden. Das wird zwar manchmal bestritten, aber das kommt vermutlich, weil in der dabei benutzten Übersetzung die entsprechenden Stellen weggelassen wurden.Der Prolog der Prosa-Edda fängt an mit den Worten:

Der allmächtige Gott schuf am Anfang Himmel und Erde und alles, was zu ihnen gehört, und zuletzt die beiden Menschen Adam und Eva, von denen die Geschlechter abstammen. Ihre Nachkommen vermehrten sich und breiteten sich über die ganze Welt aus.

Krause ÜbersetzungSo geht es noch einige Absätze weiter.

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Kapitel 1 der Skáldskaparmál endet mit einigen 'weisen' Worte gerichtet an junge Skalden:Aber dies ist nun jungen Dichtern zu sagen, die danach trachten, die Sprache der Dichtkunst zu verwenden und sich den Wortschatz mit alten Namen anzueignen, oder die danach streben zu begreifen, wie ein Gedicht umschrieben wird. Sie mögen dieses Buch für ihr Wissen und zur Unterhaltung benutzen. Aber diese Überlieferungen dürfen nicht vergessen oder es darf nicht als falsch angesehen werden, aus der Dichtkunst die alten Kenninge zu verwenden, die schon den Hauptskalden gefielen. Jedochsollen Christen nicht an heidnische Götter glauben und den Wahrheitsgehalt dieser Geschichten nicht anders verstehen als so, wie manes am Anfang des Buches findet.

Krause Übersetzung

Mit diesem „Anfang“ ist eben der zuvor genannte Prolog gemeint. Und nachdem am Ende des Kapitels 50 der Skáldskaparmál Christus schon genannt wird in:

″.. der die höchste Gunst des weißen Christus empfing″,fängt Kapitel 51 an mit:

″Wie soll man Christus umschreiben?″ was dann anschließend ausführlich beantwortet wird.In mehreren deutschsprachigen Veröffentlichungen sind diese Textstellen weggelassen.Da die 'christlichen' Textstellen in der Prosa-Edda so klar sind, sind sie aber auch von den heidnischen Mythen gut abzutrennen – Die Gylfaginning jedenfalls ist frei von solchen direkten christlichen Teilen. Das menschenähnliche Handeln der Götter kann aber auf der damaligen christlichen Sicht beruhen, heidnische Götter als menschenähnlich darzustellen – als mythische Ahnen. (s.o.) Das war keine 'Erfindung' Snorri Sturlusons, denn das wurde auch schon in älteren Werken so dargestellt, wiez.B. im 'Isländerbüchlein' (Íslendingabók), das etwa 90 Jahre vor der Prosa-Edda erschien – ein kleines Buch über die frühe Geschichte Islands. Am Ende dieses Werkes gibt der Autor eine Übersicht über die Ahnentafel zweier Geschlechte, in der er als älteste Ahnen einige Götternamen nennt. Es fängt an mit:

Das sind die Namen der Ahnen der Ynglings und der Breidafjord Leuten:1. Yngvi, König der Türken.

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2. Njörd, König der Schweden. 3. Freyr, Fjölnir, ….usw.

Solche gelehrten Sichtweisen wie diese Vermenschlichung der Götter gehörten zu Snorris Erziehung. Diese Betrachtungsweise war aber nicht die der heidnischen Isländer. Das ist deutlich der Kristni Saga zu entnehmen, die Geschichte der Christianisierung, wahrscheinlich geschrieben im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts. Darin gibt es folgenden Abschnitt:

König Olaf schickte Stefnir nach Island um dort das Wort Gottes zu predigen, als dieser das erste Mal im Sommer nach Norwegen kam. Aber als er in Island ankam, wurde er dort unfreundlich empfangen, am schlimmsten durch seine eigenen Verwandten. Das kam, weil alle Menschenin dem Land Heiden waren. Und er reiste mutig in den Norden und Süden und unterrichtete die Menschen im Wahren Glauben. Diese waren aber nicht von seinen Belehrungen beeindruckt. Und als er einsah, dass er keine Fortschritte machte, fing er an Tempel und heilige Plätze zu zerstören und Götzenbilder zu zerbrechen.

Die Heiden verehrten also klar ihre Götter, denn für Ahnen hätten sie bestimmt keine Tempel, Kultstätten und Statuen erstellt.

Bei der Lieder-Edda sind eventuelle christliche Einflüsse viel schwieriger nachzuweisen. Weil das dort nicht explizit so geschrieben wird, gibt es Versuche, bestimmten Teilen einen christlichen Ursprung zuzuschreiben. Diese Versuche sind aber alle umstritten. Das gilt z.B. sowohl für den Versuch, das Hängen Odins am Baum mit dem gekreuzigten Christus zu erklären und Rágnarök mit dem christlichen Jüngsten Gericht. Für beide gibt es aber auch andere einleuchtende Erklärungen, die in prähistorischen Zeiten situiert werden. Eine mittelalterlich-christlich anmutende Moral bei einigen Heldenliedern wird aber wahrscheinlich zu Recht vermutet.

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6. Umstrittene Teile

Mehrere Teile der Lieder-Edda sind umstritten und werden z.B. wegen ihresspäten 'Wiederauffindens' oder durch eine abweichende Technik des Dichtens von mehreren Fachkundigen nicht zur Edda gerechnet, andere sehen die entsprechenden Argumente aber als unbegründet oder schlichtwegfalsch an.

Hrafnagaldr Óðins (Odins Rabenzauber)

In der 2. Hälfte des 17. Jahrhundert wurde das Gedicht Hrafnagaldr Óðins (Odins Rabenzauber) gefunden. Generell wird es zwar öfters zu den alten nordischen Liedern gerechnet wird, oft aber nicht in Veröffentlichungen der Lieder-Edda aufgenommen. Über die Datierung der Herkunft dieses Gedichts gingen die Meinungen derForscher lange Zeit auseinander. Manche argumentierten, das es aus dem Zeitalter der Renaissance stamme, also nach dem Mittelalter – die Wiederentdeckung des Codex Regius soll zum Schreiben des Rabenzaubers angeregt haben.Andere wieder meinten belegen zu können, dass es aus dem 14., vielleicht sogar dem 13. Jahrhundert stammen könnte. Inzwischen aber ist nach eingehender Forschung akzeptiert, dass dieses Lied während oder nach der Renaissance-Zeit geschrieben wurde. Einer der klaren Hinweise dafür ist die Verwendung einer auf altnordisch übersetzter griechischen Redewendung "nótt skal nema nýræða til" (Die Nacht wird dich auf neue Gedanken bringen, oder verkürzt: Eine Nacht drüber schlafen). Während der Renaissance entstand ein großes Interesse am klassischen Altertum und den dazu gehörenden Sprachen Griechisch und Latein – auch in Island.Während die neueren deutschsprachigen Übersetzungen dieses Lied deshalbnicht dabei haben, haben Simrock und Jordan es damals noch aufgenommen.

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Svipdagsmál (Svipdaglied)

Die beiden Gedichte Grógaldr (Groas Erweckung) und Fjölsvinnsmál (DasLied von Fjölsvinn) wurden im 17. Jahrhundert gefunden und sind, weil siezwei aufeinander folgendeTeile einer Geschichte enthalten, unter dem Namen Svipdagsmál zusammengebracht, der Name der Hauptperson der Erzählung. Über das Alter des Svipdaglieds besteht keine Einstimmigkeit, sowohl das 13./14. Jahrhundert als auch das 15./16. Jahrhundert werden als Ursprungsdatum angegeben. In deutschen Ausgaben der Lieder-Edda sind diese Gedichte dennoch fast überall aufgenommen.

Alvíssmál (Das Alvislied)

Beim Alvíssmál ist nicht die zeitliche Herkunft das Problem, es werden sowohl das 9. als auch das 12. Jahrhundert genannt, sondern es soll 'fantasiert' worden sein. Es scheint ein ziemlich breiter Konsens darüber zu bestehen, dass es eine Erfindung eines (unbekannten) Dichters sei. Möglicherweise hat er dabei das Vafþrúðnismál (Das Lied von Vafthrudnir, ein anderes Gedicht der Lieder-Edda), als Vorlage für seine Kreativität benutzt. Das würde aber bedeuten, dass dieses Gedicht keine zu Reim gemachter altnordische Sage wäre.

Sólarlióð Sonnenlied

Das isländische Lied von der Sonne ist eine altnordische Dichtung, um 1200geschrieben. Es steht im traditionellen metrischen Stil der Lieder-Edda, inhaltlich ist aber ganz klar ein christlicher Inhalt und eine christliche Moralzu erkennen. Es wird wiederholt über 'Gott' geschrieben – zeitgenössische christliche Werte werden vermittelt, oft zu Lasten der alten Mythen. Für die damaligen Menschen auf Island wurde es wahrscheinlich verständlich und den Menschen nahe gebracht, indem Namen und Ausdrücke aus den heidnischen Mythen verwendet werden, wahrscheinlich zusammen mit einer Vermischung von einheimische und christliche Konzepte innerhalb eine christliche Weltanschauung. Beispiele sind:Strophe 25: Die Disen bitte, die Bräute des Himmels,Strophe 51: Auf der Nornen Stuhl saß ich neun Tage,

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Strophe 56: Volle Hörner hoben sie des herrlichen MetsStrophe 79: Das sind die Runen, die da ritzten Niörds Töchter neun,Da in den anderen Liedern und der Prosa-Edda Njörd keine neun Töchter zugeschrieben wurden, handelt es sich hier beim letzten Beispiel vielleicht um die Töchter des anderen Meeresgottes Ægir, da von den neun Mütter Heimdalls gar keine Elternnamen bekannt sind. Das diese neun Frauen des Meeres auch runenkundig waren, ist dabei jedenfalls eine neue Mitteilung.Die Götter werden im Lied aber negativ dargestellt, wie z.B. in Strophe 77, wo Frigg auf einem Schiff umherfährt, süchtig suchend nach wollüstigem Vergnügen. Wie die anderen Teile der Lieder-Edda, wurde auch das Sonnenlied in einem schon etwa 200 Jahre lang christianisierten Island aufgeschrieben, woman aber Mythen und Volkssagen aus heidnischer Zeit noch kannte. Dann ist es nicht befremdend, dass in dieser Zeit auch Lieder wie das Sólarlióð entstanden, die sich den anderen Liedern anschlossen und darauf im christlichen Sinne weiter aufbauten.In den deutschsprachigen Eddas kommt dieses Lied nur bei Simrock vor. Heutzutage ist man sich einig darüber, dass es nicht zur Edda gehört.

Darraðarljóð (Dörruðs Lied)

Dieses Lied, auch bekannt unter den Titel 'Das Walkürenlied', kommt in keinem der überlieferten Manuskripte vor, auf die die Ausgaben der Eddas gegründet sind. Das Gedicht ist überliefert als Teil der Njáls Saga; diese Saga stammt wahrscheinlich aus dem Ende des 13. Jahrhunderts, das Gedicht soll von einen unbekannten Skalden stammen und wird dem 11. Jahrhundert zugeordnet. Es stammt also zwar aus der Wikingerzeit und in überlieferter Form aus dem gleichen Jahrhundert, in dem die Eddas aufgezeichnet wurden.Als zur Edda gehörend wird es aber generell abgelehnt, eine kleine Minderheit sieht das aber anders.

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7. Vorliegende Edda Übersetzungen

Generell sind Übersetzungen aus dem 19. Jahrhundert und davor nicht zu empfehlen; zu stark hat die Skandinavistik sich seitdem entwickelt und zu sehr ist die Entschlüsselung der altnordischen Poesie vorangeschritten. Zudem hat auch die deutsche Sprache sich gewandelt – altertümlicher Sprache ist für sehr viele Menschen heutzutage schwierig zu verstehen – man möchte doch sicher nicht eine Edda lesen, die so alt ist, dass man ein Wörterbuch dabei benötigt. Zudem fanden auch politische und christlich-religiöse Auffassungen der älteren Übersetzer ihren Weg in 'ihre' Eddas.

Aus heutiger Sicht wohl sehr anekdotenhaft ist die Übersetzung des Jacob Schimmelmann von 1777, der sich sehr bemühte, das Heidentum, das die eddische Poesie ausstrahlt, zu entkräften und als christlich umzudeuten. Dabei sprach er nicht von Göttern der Wikinger oder Germanen, sondern spricht im Titel seines Buches von

″Der geheimen Gottes-Lehre der ältesten Hyperboräer, ….". Im Vorwort zieht Schimmelmann eine Verbindung zwischen dem christlichen Gott und den nordischen Göttern Tyr und Thor, indem er seinenLeser vorhält, dass

sie bedenken sollten, das "Thür und Thor" doch die Mittel seien, durch die man in eine "Kirche eingehe". Er sieht sich dabei unterstützt von einer Passage aus der Bibel seiner Tage, wo es im Buch Johannes 10 steht:

″Ich bin die Thür und das Thor! Wer durch mich eingeht wird Weide finden und seelig werden!" (Heutzutage ist das Joh. 9, wo steht: ″Ich bin die Türe. Wenn jemand durch mich hineingeht wird er gerettet werden). Schimmelmann geht dann auch entsprechend unbeirrbar weiter. Schon in der ersten Strophe der Völuspá, wo in der dritte Zeile nach Gehring steht:

″Wallvater wünscht es, so will ich erzählen″übersetzt Schimmelmann:

″Ich will die Thaten Gottes erzählen.″

Bei den verschiedenen Übersetzungen der beiden Eddas gehen die Prioritäten oft auseinander. Wo der eine Übersetzer versucht, die Reihenfolge der Lieder beizubehalten, so wie sie im Codex Regius steht,

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sieht ein Anderer Gründe, gerade davon abzuweichen. Manche versuchen den altnordischen Reimformen so gut wie möglich nachzufolgen, auch wenn das manchmal zu Lasten des Inhalts des Textes geht, andere hingegen legen den Akzent auf einen so gut wie möglich verständlichen Inhalt. Wo ein Übersetzer es wichtig findet, so wörtlich wie möglich zu übersetzen, meint ein anderer mit einer freieren Interpretation zu besserer Lesbarkeit zu kommen. Wenn man dann mehrere Übersetzungen miteinander vergleicht, wird man bemerken, dass die Lieder nicht immer die gleiche Anzahl Strophen haben; einerseits kann das kommen, wenn ein Übersetzer mehr Teile aus den verschiedenen alten Dokumente aufnimmt als ein anderer, anderseits auch, weil mancher Übersetzer Teile weglässt, die er als uninteressant oder sogar als langweilig für seine Leser ansieht.

Bezüglich die Lieder-Edda ist das beste Werk zweifellos das 'DFG-Projekt Edda-Kommentar' des 2013 verstorbenen Klaus von See und seines Teamsan der Frankfurter Goethe-Universität. Von diesem auf 7 Bände plus Registerband angesetzten Projekt sind inzwischen 6 Bände erschienen, Band 1 ist noch in Arbeit, der Registerband muss dann noch folgen.In den nachfolgenden Kurzdarstellungen der deutschsprachigen Prosa- und Lieder-Eddas ist dieses Werk nicht aufgenommen, weil jedes Teil zwischen 77 und 124 Euro kostet und daher, Ausnahmen unberücksichtigt, wohl nichtvon Privatpersonen erworben werden wird. Außerdem wird es sicher noch dauern, bevor alle acht Bände fertig sind. Wer sich aber mit seriöser Forschung über die Lieder-Edda beschäftigt oder damit anfangen möchte, der kann die vorhandenen Bücher sicherlich in einer (Uni-)Bibliothek zurateziehen.

Karl Simrock

Die Edda, Die ältere und jüngere nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, übersetzt und mit Erläuterungen begleitet, Karl Simrock, 1878. Diese Ausgabe war eine revidierte Version der 1. Auflage von 1851.Simrocks Übersetzung wurde mehrmals neu aufgelegt und auch überarbeitet. Die vorliegende Ausgabe ist:Die Edda, Götterlieder, Heldenlieder und Spruchweisheiten der Germanen. Überarbeitete Neuausgabe von Manfred Stange. 1995.

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Prosa- und Lieder-Edda werden in einen Band angeboten.Die generell akzeptierten Teile der Lieder-Edda sind alle vorhanden, die Lokasenna (Lokis Zankreden) findet man hier unter den Namen Oegisdrecka (Ægirs Trinkgelage).Von der Prosa-Edda werden nur die Gylfaginning und Auszüge aus der Skáldskaparmál geboten. In einem Anhang gibt es zusätzlich das schon erwähnte Sólarlióð (Sonnenlied) und 'Gunnars slagr' (Gunnars Harfenschlag) das erst im frühen 18. Jahrhundert verfasst wurde. Mit den zu seiner Zeit verfügbaren Kenntnissen hat Simrock versucht, sowohl so genau wie möglich zu übersetzen, als auch den nordischen Stabreim beizubehalten und das auch noch in einer blumenreichen, gehobenen Sprache, die an Literatur des Zeitalters der Romantik erinnert. Dabei wurde er wohl gezwungen, für uns merkwürdigen Satzbau zu benutzen und Worte, die man heutzutage vielleicht nur noch in Wörterbüchern antrifft.In Strophe 27 des Skírnismál (Lied von Skírnir) übersetzt Simrock bei den Bedrohungen, die Skírnir der Riesentochter Gerd zufügt:

Auf des Aaren Felsen in der Frühe sollst Du sitzen, ...Wer weiß heute noch, dass das mittelhochdeutsche Wort 'Aar' Adler bedeutet. Simrock erklärt es weiter auch nicht.Derartige Übersetzungen entsprachen dem damaligen Zeitgeist, man findet sie auch bei den Shakespeare-Ausgaben von Schlegel/Tieck wieder. Das mag sich dann vielleicht schön anhören, macht viele Stellen aber schwer verständlich. Zudem sind an mehreren Stellen Worte und Sätze nach aktuellem Kenntnisstand des Altnordischen falsch übersetzt. In der späteren Überarbeitung von Manfred Stange sind zwar mehrere solche Fehler beseitigt, dennoch gibt es sie noch reichlich. Simrock hat sogar einige schwierige Passagen ganz weggelassen, die er wohl als nicht übersetzbar betrachtete und umgeht auch Kennings. Ein Beispiel dieser Problematik ist zu finden in Strophe 51 der Völuspá: Auf altnordisch heißt es:

Surtr ferr sunnan með sviga lævi

So wörtlich wie möglich übersetzt wird das, nach Krause:Surtur kommt von Süden mit der Zweige Verderben,

Altnordisch 'sviga' ist ein '(dünner, biegsamer) Zweig und 'læva' ist 'Schaden, 'verderben'. 'sviga lævi' ist eine Kenning für 'Schaden bringendes Schwert'.

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Simrock übersetzt:Surtur fährt von Süden mit flammendem Schwert ...

und lässt damit die altnordische Kenning weg und ersetzt es durch 'normale'Sprache, in der 'flammend' nur Simrocks eigenen Hang zu Dramatik widerspiegelt.Ein Beispiel fehlerhafter Übersetzung gibt es in Strophe 14 der Hymiskviða (Das Lied von Hymir). In der 2. Zeile heißt es auf altnordisch:

gýgjar grœti Nah wörtlich übersetzt bedeutet das:Bekümmerer der Riesin

Denn 'gýgjar' ist ein altnordisches Wort für Riesin und 'grœti' ist eine Form von 'grœta':'zum Weinen bringen'.Simrock übersetzt hier falsch mit:

TrollenbetrügerUnd wer sich darüber wundert, dass das Lied Baldrs draumar (Balders Träume), das in späteren Dokumenten Vegtamskviða (Wegtamslied) heisst, bei Simrock (und auch bei Jordan) mehr Strophen enthält als im ursprünglichen Text wo es 14 Strophen lang ist: gefundene Papierhandschriften aus dem 17. Jahrhundert mit diesem Lied enthalten diese zusätzlichen Strophen. Obwohl die zu Simrocks Zeit schon als eine post-mittelalterliche Fälschung diskutiert wurden, nahmen Simrock und später Jordan sie dennoch auf. Heute besteht über die Unechtheit dieser Strophen keine Zweifel mehr.

Fazit: Die Simrock-Edda, auch in der überarbeiteter Form, ist ein schöneshistorisches Werk, aber nicht geeignet für eine seriöse Vertiefung indie nordische Mythologie; dafür braucht es eine inhaltlich genauereund auch verständlichere Übersetzung.

Wilhelm Jordan

Jordan's Edda, Wilhelm Jordan, 1889.Die vorliegende Ausgabe ist eine Neuauflage ohne inhaltlichen Änderungen, 2001. Diese gebundene Ausgabe ist schön aufgemacht und ansprechend illustriert.Wie der Untertitel schon angibt, ″Die heiligen Lieder der Ahnen″, bietet das

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Buch die Lieder-Edda und zusätzlich das Gedicht ″Gróttasöngr″ (Das Mühlenlied) das bei vielen anderen Ausgaben nicht dabei ist.

Einerseits hat Jordan in ansprechender und manchmal origineller Sprache übersetzt, seine Lieder sind dann auch einfach schön zu lesen. Weil aber seine 'Dichtersprache' schon über hundert Jahre alt ist und er damals schon erhobene, eher altertümliche Sprache verwendete, werden Begriffe und Sätze benutzt, die nach heutigem Verständnis übertrieben anmuten. Der Textist deshalb schon anstrengend zu lesen und zu verstehen. Manchmal sind Jordans Übersetzungen nach Kenntnisstand der altnordischen Sprache heuteauch nicht richtig.Ein Beispiel für Jordans oftmals freie Übersetzung ist z.B. zu finden in der Rigsþula oder Rigsmál (Rigs Merkreihe oder Lied von Rig), wo er das altnordische 'fugla' das 'Vogel' bedeutet, mit Wachtel übersetzt.Sogar noch weiter weg vom Altnordischen ist Jordans Übersetzung der 2. Strophe der Hávamál. Aus dem Original

Gefendr heilir! gestr er inn kominn,hvar scal sitia siá?mioc er bráðr, sá er á brǫndom scalsíns um freista frama.

übersetzt Arnulf Krause ganz nah am ursprünglichen Text:Den Gebenden Heil. Der Gast ist hereingekommen,wo soll er sitzen?Sehr hastig ist, wer am Feuerseinen Nutzen sucht.

Aber Jordan schweift weit ab mit:Seid gegrüßt, ihr Geber! Ein Gast ist gekommen.Wo soll er sitzen? Gar sehr ermüdet's,Auf Reisen rasch sein Geschäft zu beschicken.

Das altnordische Wort 'brǫndom' – Substantiv und plural von brandr: Stück Feuerholz - das Brennholz. Es wird in den meisten Übersetzungen interpretiert als (Herd)feuer. Wenn Jordan das hier übersetzt mit 'ermüdet', dann liegt er einfach falsch. Das sind dann nur zwei Beispiele von sehr vielen, wo Jordan frei, ungenau oder falsch übersetzt.Die zusätzlichen Strophen im Lied 'Balders Träume', die schon Simrock zu Unrecht aufgenommen hatte, hat auch Jordan dabei; zu seiner Zeit hätte er wissen können, das diese nicht aus Wikingerzeit stammen. Jordan gibt reichlich Kommentare und Erklärungen zu den Liedern – wer

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sich in Jordans Sichtweisen vertiefen möchte, sollte die vielen Zusätzen nicht beim Lesen auslassen.Die orthografischen Fehler der vorliegenden Ausgabe werden hoffentlich in einer neueren Auflage korrigiert: Am Anfang des Wielandslieds wird König Nidung nach Schwaben versetzt – das ist wohl doch keine 'Kenning' für Schweden, denn letzteres Land ist gemeint. Und am Anfang der Völuspá soll es doch Heimdall sein und nicht Heidall.In der vorliegenden Ausgabe fehlen aus der Völuspá die Strophen 9 – 15, eswird also von 8 auf 16 gesprungen. In seiner 3. Auflage von 1910 schreibt Jordan dazu:

″Die Strophen 9–15 verbanne ich hierher als wertlose und störende Glossen. ″Wie an anderen Stellen handelt es sich hier um eine Außenseitermeinung Jordans.

Fazit: Die Jordan-Edda, wie schön und anspruchsvoll sie in der vorliegenden Form auch herausgebracht wurde, eignet sich nicht für diejenigen, die sich seriös in diese Lieder der nordischen Mythologie vertiefen möchten. Dafür sind genauere Übersetzungennotwendig.Geeignet vielleicht ist diese Jordan-Ausgabe wegen der originellen Sprache, aber dann als 'Zweit-Edda', ins Besondere für diejenigen, die wenig Wert auf eine so genau wie mögliche Übersetzung legen und nur pauschal an diesen Liedern interessiert sind und dabei die poetische Ausschöpfung der deutschen Sprache schätzen.

Hugo Gehring

Die Edda. Die Lieder der sogenannten älteren Edda nebst einem Anhang: Die mythischen und heroischen Erzählungen der Snorra Edda, Hugo Gehring, 1892Das Buch enthält alle gängigen Gedichte der Lieder-Edda, von der Prosa-Edda die Gylfaginning und vom Skáldskaparmál einige Auszüge.

Hugo Gehring treibt in seiner Übersetzung die gehobene Sprache wohl auf der Spitze; geschwollene Sprache wäre hier der richtige Ausdruck. Zudem benutzt auch er viele altertümliche Worte. So muss man z.B. erst mal

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wissen, dass er in den 2. Satz der ersten Strophe der Grípisspá (Gripirs Weissagung):

Wie heißen die Degen den Herrscher des Volkes?mit dem Begriff 'Degen' den altertümlichen Ausdruck für Helden, Krieger oder 'Degen tragende Gefolgsmänner' meint. Dabei steht an der entsprechenden Stelle das altnordische Wort þegna, was Männer oder freie Diener bedeutet. Die Zeile lautet daher genauer:

Wie nennen die Männer (Menschen) den König des Volkes?Teilweise behält Gehring die altnordischen Namen der Personen bei – wer an deutsche Namen gewöhnt ist, der sollte eine Liste der Namen in beiden Sprachen anlegen, damit schnell nachgeschaut werden kann, welche Figur gemeint ist.An sich ist es sicherlich positiv zu bewerten, dass Gehring konsequent versucht, das eddische Versmaß beizubehalten. Leider kommt es dadurch schon oftmals zu merkwürdigen, verkrümmten Sätze und Ausdrücken, die man mehrmals lesen muss, um ihre Bedeutung zu verstehen.

Fazit: Wer die Edda-Lieder in bombastischer Sprache mag und keinen großen Wert legt auf eine genaue und flüssig verständliche Übersetzung, für die kann die Gehring-Edda sicher zum Amüsement des Lesens beitragen. Wer neben diesem Buch eine aktuellere Edda-Übersetzung hat, der kann durch Vergleichen mit Gehrings Übersetzung jedenfalls Gehrings Poesie schätzen, ohne sich dabei um Genauigkeit kümmern zu müssen. Als Einzelbuch für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Liedern ist dieses Buch aber ungeeignet.

Felix Genzmer

Die Edda. Götterdichtung, Spruchweisheit und Heldengesänge der Germanen, Felix Genzmer.Genzmer hat bis zu seinem Tod in 1959 an der Verbesserung und Erweiterung seiner Übersetzung gearbeitet. Die vorliegende Sonderausgabe von 1992 beruht auf der Ausgabe von 1981.Das Buch bietet eine ergänzte Lieder-Edda.

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Indem Felix Genzmer versucht hat, sowohl Stabreim und Versmaße der Lieder als auch die Verwendung der Kenninge beizubehalten, war er gezwungen, ziemlich stark zu interpretieren. Dadurch kann hier nicht mehr die Rede von einer so wörtlich wie möglichen Übersetzung sein, der Begriff'nahe Nachdichtung' wäre eher zutreffend. Gerade weil er den eddischen Stabreim so gut wie möglich wiedergibt, sind die Sätze der Lieder oft wulstig und enthalten zudem viel Pathos. Das scheint aber gewollt zu sein, es soll gehobene mittelalterliche Rede zum Ausdruck gebracht werden. Über Begriffe wie 'Lohe', 'holde Maid', Brünne oder 'hehre Recken' braucht man sich deshalb nicht zu wundern.Diese Art der Sprache wurde und wird aber durchaus bewundert und geschätzt; noch immer wird oftmals auf Mittelaltermärkten versucht, es Genzmer etwas gleich zu tun – Genzmers Werk wurde dann auch und wird noch immer viel benutzt.Wie einige andere Übersetzer behält auch Genzmer nicht die Reihenfolge der Lieder bei, sowie sie aus den alten Dokumenten überliefert ist. Dadurch werden hier z.B. die beiden zusammenhängenden Lieder des Svipdagsmál (Grógaldr (Groas Erweckung) und Fjölsvinnsmál (Das Lied von Fjölsviðr) voneinander getrennt. Genzmer hat zusätzlich auch viele Teile der Eddica Minora aufgenommen.

Fazit: Wer die Pseudo-Mittelaltersprache der Romantik und Richard Wagners mag, der wird mit Vergnügen in dieser Lieder-Edda lesen und bei gegebenem Anlass daraus deklamieren. Dem Wunsch nach einer flüssig lesbaren und so genau und wörtlich wie möglichen Übersetzung des Altnordischen entsprichtt dieses Werk aber nicht.

Arthur Häny

Von Häny gibt es die Prosa-Edda und die Lieder-Edda, herausgebracht in zwei eigenständigen Büchern.1. Snorri Sturluson, Prosa-Edda, Altisländische Göttergeschichten, Arthur Häny, 1991.

Diese Prosa-Edda ist wie so viele Vorgänger nicht vollständig. Die Gylfaginning ist komplett aufgenommen, das nächste Kapitel heißt aber schon vielsagend: ″Aus der Sprache der Dichtkunst (Skáldskaparmál)″;

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dieses Kapitel bietet dann auch nur einen längeren Auszug; insbesondere fehlen so manche Dichtungsstrophen. Von einer modernen Ausgabe sollte man eigentlich erwarten dürfen, dass das Háttatal dabei sein sollte. Häny meint aber, dass es nicht zu übersetzen ist – in der englischen Ausgabe des Anthony Faulkes wird er jedenfalls teilweise eines Besseren belehrt. Das Skáldatal ist ebenfalls wie bei praktisch allen anderen Übersetzungen nicht aufgenommen.Dem Namen nach sollte der Prolog eigentlich den Anfang bilden, aber hier steht dieses Kapitel ziemlich versteckt im Teil der Erörterungen und wird damit klar von den anderen Teilen abgetrennt. Wahrscheinlich hängt es damit zusammen, dass Häny das kurze Vorwort zum Prolog mit seiner Meinung anfängt :

″Wir lesen die Prosa-Edda heutzutage in erster Linie als Geschichtenbuch; ...″ Die benutzte Sprache bei den Prosa-Teilen ist modern und sehr gut zu verstehen, und ist deshalb sicher für Neueinsteiger in der Thematik nützlich.Bei den poetischen Teilen wurde versucht, schlicht aber dennoch nah am Original zu übersetzen. Das ist gut gelungen, obwohl Fachkundige dadurch aber sprachwissenschaftliche Mängel erkennen. Für den 'normalen' Leser sind diese aber nicht bemerkbar. Manchmal aber geht er zu weit, indem er ganze Dialoge stark vereinfacht oder sogar weglässt; er meint, die vielen altnordischen Metaphern seinen Lesern nicht zumuten zu können.Deshalb wohl hat Häny den großen Teil des Skálskaparmál, in dem in Kennings viele Beschreibungen der Götter und viele andere Begriffe im Kapitel ″Aus der Sprache der Dichtkunst″ dargestellt werden, gänzlich weggelassen und im Teil Erörterungen diese nur beispielhaft dargestellt. Das Skáldskaparmál selber wird zu einer kleinen Reihe Geschichten 'entfremdet'.Die Kommentare Hänys sind gut und verständlich, ab und zu aber etwas oberflächlich: Nachdem in der Gylfaginning die Säle Asgards fertig waren und vieles aus Gold hergestellt worden war, gibt es auf Seite 34 den Satz:

″Man nennt diese Epoche das goldene Zeitalter – golden, bis es verdorben wurde, weil die Frauen dazukamen. Diese stammten aus Riesenheim.″Dieser Satz wird von Fachkundigen oftmals so interpretiert, dass diese Frauen die Nornen seien, die alles, inklusive der Götter banden, indem sie die Schicksale bestimmten. Der Text selber besagt das aber nicht. Hänys Kommentar bleibt nur bei einem

″Auch hier figurieren die bedauernswerten Frauen als

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Sündenböcke:″In den Zusätzen gibt es nützliche Hintergrund-Informationen, unter anderemüber die überlieferten Dokumente, in der eddische Prosa und Poesie bewahrt geblieben ist.Ein Stichwort- oder wenigstens ein Namensverzeichnis ist leider nicht dabei, daher wird das Suchen nach spezifischen Begriffen oder Figuren stark erschwert.

Fazit: Sicher für Anfänger in den nordischen Mythen empfehlenswert, legt Häny doch einen großen Akzent auf Geschichten. Wer deshalb die Schönheit der dichterischen Sprache in dieser Übersetzung vermisst, dem sei eine zusätzliche Übersetzung empfohlen.

2. Die Edda: Götter- und Heldenlieder der Germanen, Arthur Häny, 1987.

In dieser Ausgabe der Lieder-Edda verzichtet Häny auf der Beibehaltung des nordischen Stabreims zugunsten einer verständlichen Übersetzung – dabei versucht er schon dem Original inhaltlich so nahe wie möglich zu bleiben. Das ist sicher positiv zu bewerten. Aber gerade, weil er versucht, wenigstens den Versrhythmus zu bewahren, nähert er sich, wie er selber zugibt, einer Nachdichtung. Bei vielen der typischen altnordischen poetischen Umschreibungen für Begriffe und Namen (Kennings) vereinfacht Häny stark in der Überzeugung, diese seien den Lesern heutzutage nicht mehr zumutbar – 'Fußsohlen-Zweige' übersetzt er demnach einfach mit 'Zehen'. Es ist also keine poetische Übersetzung, die viel mehr Interpretation erfordern würde.So eine Übersetzung in moderne Sprache muss man mögen, es wird sicherlich nicht nach jedermanns Geschmack sein; dennoch, auch Hänys Dichtung ist schon anspruchsvoll. Als Beispiel für den sprachlichen Unterschied zu älteren Übersetzungen die erste Strophe des Grímnismál:

Gehring:Heiß bist du, Lohe! zu hungrig lechst du!entferne dich, Flamme von mir!der Wollstoff sengt, obwohl ich im Wind ihn fühle,

Häny:Heiß bist du, hastiges,beinahe übergroß;weg von mir, Feuer!Sengst mir den Mantel,auch wenn ich ihn lüfte;

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und Feuer fängt der Pelz. es brennt mir der Pelz am Leib

Wegen der einfacheren Sprache lesen sich die Lieder bei Häny sehr angenehm und man muss nicht wie bei vielen anderen Übersetzungen oft Pausen einlegen um das Gelesene zu verarbeiten und zu verstehen. Häny legt dann auch klar viel Wert auf den Unterhaltungswert der Texte.In den Anmerkungen am Ende werden viele Worte und Begriffe erklärt, die vielleicht beim Lesen Fragezeichen aufwerfen würden – die vielen Nummern in den Strophen verweisen dorthin.Leider fehlen bei den Götterliedern die beiden Gedichte des Svipdagsmál, das Lied von Rig, das Das Hyndlalied und Grottis Gesang – alle nicht im Codex Regius enthalten.Im seinem Nachwort setzt Häny die Edda in Bezug zum Geschehen der Zeit, deren jahrhundertelange Gewalt in Europa sicher auch die Lieder der Edda gezeichnet hat. Obwohl er schreibt, lebensbeschauliche Ansichten vermeiden zu wollen, heißt es dabei doch:

″Auch frage ich mich manchmal, warum man dem germanischen Heidentum so gefühlvolle Tränen nachgeweint hat.″

Fazit: Empfehlenswert, sicher für alle, die eine leicht lesbare und gut verständliche Übersetzung der Lieder-Edda bevorzugen.

Arnulf Krause

Von Arnulf Krause gibt es sowohl die Prosa-Edda als auch die Lieder-Edda. Letztere ist aufgeteilt in zwei Bände. Jedes Teil ist in einer sehr preiswerten Ausgabe.1. Die Edda des Snorri Sturluson, Arnulf Krause, 1997-2010

Diese Prosa-Edda ist wie praktisch alle ihre Vorgänger nicht vollständig. Das Skáldskaparmál hört nach Kapitel 51 auf, obwohl es bis 74 gehen könnte. Háttatal und Skáldatal sind ebenfalls nicht aufgenommen. Im Kapitel ″Zu dieser Übersetzung″ gibt Krause eine Erklärung seiner Auswahl.Sehr positiv ist es zu bewerten, das Arnulf Krause mit seiner Übersetzung dem altnordischen Originaltext nahe bleibt. Dabei versucht er bei den Dichtungsstrophen Stabreim und Verssilben einigermaßen beizubehalten.

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Ein sehr guter Griff dabei ist die Erklärung vieler poetischen Beschreibungen direkt unter den Strophen – das fördert sowohl das Verstehen der Strophen als auch flüssiges Weiterlesen. Insbesondere praktisch ist das um direkt Kennings zu verstehen wie z.B. in Kapitel 2 des Skáldskaparmal, wo eine Strophe anfängt mit:

Den in uralter Zeit geschaffenen Wasserfall der Hörnerdie scheue Last von Gunnlöds Armen muss ich preisen,

Und darunter steht in Klammern:Der uralten Skaldenmet muss ich preisen.

Die poetische Beschreibung 'scheue Last von Gunnlöds Armen' deutet ebenfalls auf 'Met', aber das wird im vorangehenden Prosatext schon erklärt:Als der Riese Suttungr als Sühneopfer für den Tod seines Vaters von den Zwergen den Met bekam, stellte er dieser unter den Schutz seiner Tochter Gunnlöd.Statt Fußnoten auf jeder Seite sind alle nummerierte Begriffe am Ende in einem Kapitel ″Anmerkungen″ zusammengebracht; das mag Hin- und Herblättern erfordern, aber die Erklärungen sind verständlich präsentiert.Im Nachwort gibt Krause sachliche und gut verständliche Hintergrundinformationen zu dieser Edda und ihrem Autor – auch sehr lesenswert. Die gute Bibliographie der zitierten Edda-Lieder und Skalden machen dieses Buch zudem auch nützlich für diejenigen, die selber in die Thematik eintauchen möchten.Zu bemängeln ist das Fehlen eines Namens- und Stichwortregisters.

Fazit: Sehr empfehlenswert. Das Buch bietet diejenigen gängigen Texte und Lieder, die für die meisten Leser am interessantesten sind. Die Übersetzung ist gut und die zusätzlichen Informationen entsprechen dem heutigen Kenntnisstand. Zudem ist das Preis-Leistungsverhältnis ausgezeichnet.

2. Die Götterlieder der Älteren Edda, Arnulf Krause, 2006.3. Die Heldenlieder der Älteren Edda, Arnulf Krause, 2001-2010.

Das Buch ″Die Götterlieder″ präsentiert außer den Liedern aus dem Codex Regius auch fünf Lieder aus anderen alten Quellen, ebenso ist das bei den Heldenliedern der Fall. Es ist Krause gelungen, eine weithin verständliche Übersetzung zu machen, die trotz moderner Sprache der Dichtform der Skalden doch nah bleibt. Ebenso nah bleibt die Übersetzung selber; beim

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exemplarischen Vergleich einiger übersetzter Strophen mit den entsprechenden altnordischen Texten wird das deutlich. Wenn es dann dennoch nicht sofort verständliche Worte oder Ausdrücke gibt, dann geben die Fußnoten unten auf den Seiten gute Auskunft.Wie gut Krause übersetzt, wird hier anhand eines Beispiels verdeutlicht unddabei verglichen mit der freien, vielleicht sogar unrichtigen Übersetzung Simrocks und der von Genzmer. Ausgewählt dafür ist die Strophe 30 des Skírnismál (Lied von Skírnir):

Altnordisch

Tramar gneypa þik skulu gerstan dag jötna görðum í; til hrímþursa hallar þú skalt hverjan dag kranga kostalaus, kranga kostavön; grát at gamni skaltu í gögn hafa ok leiða með tárum trega.

Krause

Trolle sollen dich quälen den ganzen Tag auf der Riesen Hof;zur Halle der Reifriesen sollst du jeden Tag schleichen ohne Wahl, schleichen entbehrend der Wahl;Klage zur Freude sollst du dagegen haben und mit Tränen den Kummer begleiten.

Simrock

Riegel sollen dich ängsten all denTagHier im Gehege der Joten.Vor der Hrimthursen Hallen sollst du den heilen TagDich krümmen kostberaubt,Dich krümmen kostverzweifelt.Leid für Lust wird dir zum Lohn,Mit Tränen trägst du dein Unglück.

Genzmer

Tag für Tag sollen dich Trolle quälenin der Riesen Reich.Tag für Tag sollst du zur Thursenhalle verhungert hinschleichen, verhungert hinkriechen;mit Leid statt Lust sollst du belohnt werden,verzweifelt in Zähren gehn.

Das altnordische 'görðum' ist wahrscheinlich eine Form von 'garðr': 'Zaun','Hof', 'Garten'. Auf Germanisch ist es '*gardōn' und bedeutet dann

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zusätzlich auch noch 'Gehege'. Krause und Genzmer bleiben hier deshalb nah am Altnordischen.Krause und Genzmer übersetzen übersetzt 'Tramar' wahrscheinlich richtig mit 'Trolle', Simrock übersetzt das falsch mit 'Riegel'. Simrock übersetzt 'kranga' nicht richtig oder jedenfalls sehr frei, denn das Wort bedeutet: 'sichmühsam fortschleppen'. Das altnordische 'kostalaus' und 'kostavön' hängenzusammen mit 'kostr' und das bedeutet entweder Wahl, Bedingung, Mittel, Entschluss, oder Aufwand, Lebsensmittel, Kosten; der Zusatz am Ende dieser Worte (Suffix) deutet auf 'ohne', 'es fehlt'. Krause wählt hier eine andere Übersetzung als den beiden anderen. Literaturhinweise und ein erklärendes, verständliches Nachwort in beiden Teilen machen die Bücher zusätzlich sehr nützlich für alle, die 'etwas tiefer' graben möchten. Wer aber eine bestimmte Information über eine Gottheit oder eines Helden sucht, der hat mit diesen Ausgaben Probleme, denn es fehlt leider ein Stichwort- und Namensverzeichnis.

Fazit: Krauses Übersetzung der Lieder-Edda ist sehr zu empfehlen. So nah wie möglich am Original und doch sehr verständlich. Zudem sind die zusätzlichen Informationen auf aktuellem Kenntnisstand. Und wie bei de Prosa-Edda ist auch hier das Preis-Leistungsverhältnis ausgezeichnet.

Hans von Wolzogen

Die Edda. Götterlieder und Heldenlieder. Erstmals ca. 1890 veröffentlicht, die vorliegende Ausgabe ist die von 1901, danach wurde es noch einige Male neu aufgelegt. Das Buch enthält die Lieder-Edda.

Von Wolzogen bietet in seiner Übersetzung die Götterlieder in einer ganz eigenen Ordnung an, indem er die Lieder nach den Jahreszeiten einteilt und dazu noch eine Gruppe, bei der 'Götter und Menschen' im Mittelpunkt stehen. Dabei fangen die Lieder mit Skirnirs Fahrt (Skírnismál) an und das Hávamál steht am Ende. Die Einteilung der Heldenlieder weicht ebenfalls etwas ab von der gängigen Einteilung.In seiner Übersetzung versucht Von Wolzogen den Skaldenreim so gut wie

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möglich beizubehalten, dabei fühlt er sich gezwungen viele Begriffe sehr frei zu übersetzen und teilweise tut er das auch nicht richtig. Als Beispiel die ziemlich genaue Übersetzung der Strophen 3 und 4 der Vóluspá von Arnulf Krause und die von Von Wolzogen:

Krause:Urzeit war es, als Ymir lebte;es gab weder Sand noch Meer noch kühle Wogen,Erde existierte nicht noch Himmel darüber,den Schlund der Urleere gab es, aber nirgends Gras.

Bis Burrs Söhne das Land hoben,sie, die Midgard, den mächtigen, schufen;die Sonne schien von Süden auf die Steine des Grunds, da wuchs aus der Erde grünes Gras.

Von Wolzogen:Im Alter der Urzeit, als Urgebraus lebte,nicht brandet an sandigen Borden die See:da war unten kein Grund und oben kein Himmel,nur gähnender Abgrund, ohne Bewuchs;

Bis die Gebor'nen des Bur die Mittburgschufen und Himmel an Scheiben erhoben;da sonnte den Saalbau das südliche Licht,und der Grund ward von grünendemGras überwachsen.

Durch Von Wolzogens 'spezielle' Einteilung sind auch die beiden zusammenhängenden Lieder des Svipdagsmál (Grógaldr (Groas Erweckung) und Fjölsvinnsmál (Das Lied von Fjölsvin) nicht nur voneinander getrennt, sondern der 2. Teil kommt bei ihm zuerst; das Fjölsvinnsmál ist bei den Frühlingsliedern untergebracht, das Grógaldr bei den Herbst- und Wintermythen.Sehr positiv ist es zu bewerten das es am Ende der Götterlieder ein Verzeichnis der wichtigsten Namen auf Deutsch und Altnordisch gibt und am Ende der Heldensagen ein ähnliches Verzeichnis.

Fazit 1: Wegen der 'barocken' Wortwahl und der an vielen Stellen ungenauen oder falschen Übersetzung eignet sich das Buch nicht als verlässliche Quelle, zum Deklamieren oder als Mittelaltergesang auf Festen wird es wahrscheinlich Erfolg haben.

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Hans von Wolzogen veröffentlichte 1929 zudem noch seine "Sagen der Edda", ein Buch, in dem er 12 Göttersagen und 12 Heldensagen in Prosa nacherzählt. Im Jahr 2012 wurde es in einer ungeänderten Reprint-Ausgabe neu aufgelegt. Die erste Geschichte heißt 'Froh und Gerda' und erzählt das Lied von Skírnir (Skírnismál) nach. Der Anfang dieser Geschichte gibt sofort einen Eindruck von der verwendeten Sprache:

Am schneegrauen Winterhimmel tat sich ein helles Fenster auf wie ein Augenlid, dahinter ein strahlendes Auge blitzte, das blickte nieder auf die weite kalte Welt in der nebligen Tiefe und fern darüber hinweg bis zu den äußersten Rändern, wo die hohen eisigen Berge von Riesenheim das schlummernde Leben mit ihren ragenden Mauern umschlossen. Es war aberdas sonnige Auge des göttlichen Froh, des Himmelssohnes, das also in den Erdenwinter sehnsuchtvoll schaute, ob es nicht irgendwo in allen Tiefen undWeiten ein tröstliches Bild des lichten Lebens erblickte, das ganz in seinem langen Schlaf erstorben schien. Denn das Licht sucht das Licht um des eigenen Lebens willen, und wäre es auch nur der schöne Schein, wie dort aus der fernsten Ferne herüber die Eismauern Riesenheims grüßen: das blaue Auge Gottes klärte auf und drang ermutigt durch die kalte Starrheit des blendenden Schimmers, suchend nach dem Quell des ihm verwandten, des dort gefesselten Lichts. Da sah er eine liebliche Erscheinung: eine schöne Maid ging aus der Burg ihres Vaters in Riesenheim hinüber zu ihrem nahen Frauengemach. Licht und Leben strömte von ihrer Gestalt durch das tote Schweigen des öden Raumes und drang in warmen Strahlen empor bis unter das himmlische Augenlid und brennend in das Herz des lugenden Gottes. Da wuchs ihm dasSehnen zu verzehrender Gewalt und ward ihm zum verzweifelten Gefühle nie zuvor gekannter Einsamkeit.

Fazit 2: Zum Selberlesen lädt dieses Buch wirklich nicht ein, denn Langeweile würde schon bald zuschlagen. In einer geeigneten, gemütlichen Atmosphäre, z.B. am Lagerfeuer würde Vorlesen möglicherweise erfolgreicher sein – es bedarf dann aber schon eines sehr guten Geschichtenerzählers, sonst würde es die Leuten am Feuer eher verscheuchen.

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Gustav Neckel, Felix Niedner

Die jüngere Edda: Mit dem sogenannten Ersten grammatischen Traktat Das Buch wurde zum ersten Mal 1925 aufgelegt und es folgten mehrere Auflagen. Das vorliegende Buch ist eine Neuausgabe (Nachdruck) von 1966.Es handelt sich um eine Übersetzung der Prosa-Edda.

Diese Ausgabe enthält neben den gängigen Teilen Gylfaginning (Gylfis Betörung) und Skáldskaparmál (die Dichtersprache) auch noch das Háttatal (Strophenverzeichnis), das Skáldatal (Skaldenverzeichnis) und das 'erste grammatische Traktat'. Sehr positiv ist zu bewerten, dass das Skáldskaparmál hier vollständig ist, also bis einschließlich Kapitel 74 – das bedeutet, dass der Thulur auch dabei ist, den Teil mit den Kenningen, Sprüche, Namenlisten, usw.Snorri erklärt insbesondere im letzten Drittel der Skáldskaparmál viele Kennings. Ein Beispiel möge zeigen, wie er da vorgeht. Kapitel 57 fängt an mit:

Warg ist der Name eines Tieres. Damit kann man 'Blut' oder 'Leiche' umschreiben, indem man dafür 'des Warges Schmaus oder Trank' sagt. Andere Vierfüßler kann man nicht so verwenden. Der Warg heißt auch Wolf,

......

Dabei sollte man bedenken, dass es auf Island gar keine Wölfe gab!Anschließend folgen dann als Beispiele mehrere Dichtungsstrophen aus der Skaldenlyrik.Und das ist nur eins der Beispiele, die den Wert dieser Kapitel zeigen, die meistens weggelassen werden.Die Übersetzung der Teile, die von anderen Übersetzern als unübersetzbar beurteilt werden, zeigt schon, dass diese Teile äußerst schwierig zu verstehen sind.Der Prolog fehlt hier.Die längeren Prosa-Abschnitte sind gut übersetzt, wie bei den anderen Übersetzungen der Prosa-Edda gibt es da wenig zu bemängeln. Bei den vielen Dichtungsstrophen setzen die beiden Autoren einen anderen Schwerpunkt als andere Übersetzer:

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Der Gebrauch der vielen Kenninge mag für die damaligen isländischen Zuhörer schon nicht immer klar nachvolziehbar gewesen sein, von den Zuhörer wurde eine beachtliche Fähigkeit erwartet die Kenninge richtig zu verstehen - zu wissen, was gemeint wurde. Eine Übersetzung der eddischen Poesie kann dann auch nicht wörtlich sein, etwa so wie wir heute von Deutsch auf Englisch übersetzen, man kann hier nur sprechen von 'so nah wie möglich'. Wenn dabei an erster Stelle steht, die Mythen so genau und verständlich wie möglich zu übersetzen, dann kann eine Übersetzung ziemlich nah an die altnordische Wortwahl kommen. Wenn aber, und das tun Neckel und Niedner, versucht wird an erster Stelle die Poesie der Skalden und deren Schönheit zu vermittlen, also Reimschemata und Versmaße, dann muss an vielen Stellen frei und interpretierend übersetzt werden. Wer dieses Buch neben die Prosa-Edda Ausgabe von Krause legt, der kann beide Schwerpunkte schätzen lernen.Dieses Buch ist Band 20 aus der Thule Reihe und in den Fußnoten wird, statt eine Erklärung zu geben, auf Stellen in anderen Thule-Bänden verwiesen. Für Leser von heute, die nicht im Besitz aller dieser Bände sind, ist das ärgerlich – es macht solche Fußnoten nutzlos.Ein Namen- und Stichwortverzeichnis fehlt leider.

Fazit: Empfehlenswert, sowohl wegen der Kapitel, die andere Ausgaben nicht vorweisen können, als auch wegen dem Schwerpunkt auf dem poetisch-ästhetischen Aspekt. Sehr geeignet, um neben einer entsprechenden Ausgabe von Häny oder Krause zu gebrauchen.

Tor Åge Bringsvaerd

Die wilden Götter.Die norwegische Ausgabe erschien in 1996, die deutsche Übersetzung zum ersten Mal in 2001. Das vorliegende Buch ist der Auflage von 2006.

Obwohl es hier keine Übersetzung im eigentlichen Sinne ist, es ist von Nacherzählung die Rede, darf das Buch mit Recht 'Edda für Einsteiger' genannt werden. Aber auch für alle, die schon eine Übersetzung der Lieder-Edda besitzen und gelesen haben, ist dieses Buch wirklich ein 'muss-ich-haben'. Der Autor erzählt auf wunderbare Weise die Götterlieder nach und hat sie dabei so geordnet, dass es insgesamt eine logische, durchgehende

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Geschichte wird, obwohl man die einzelnen Kapitel auch prima getrennt lesen kann. Die Götter werden mit ihren starken und schwachen Seiten sehr unterhaltsam und humorvoll zum Leben gebracht – Krieg, Magie und Sinnesfreuden, es ist alles dabei wie es sich gehört.Die Sprache ist klar und einfach gehalten, deshalb eignet sich das Buch nicht nur für Erwachsene – auch Jugendliche können die Geschichten genießen.Wer sich für die nordische Mythologie interessiert, aber noch nicht dazu kam sich eine Edda zuzulegen, dem wird empfohlen zuerst dieses Buch zu lesen – der Einstieg danach in eine der zuvor empfohlenen Eddas wird dannerheblich erleichtert.Ein sehr angenehmer Zusatz ist das Register und Quellenverzeichnis am Ende des Buches.Ein kleines Beispiel darf nicht fehlen und soll ermutigen das ganze Buch zu lesen: Loki, Frei, Thor und sein Stiefsohn Ull sind eines Morgens zur Jagd gegangen, und es gibt für sie nur ein Thema, das Gedrängel, das neuerdings in Asgard herrscht. Die vier Götter sind weit nach Norden geritten, und jetzt sind sie am Meeresstrand angekommen. Der Winter ist früh hereingebrochen, und der Fjord ist zugefroren. Wie immer ist es Loki, der einen kühnen Einfall hat. »Wenn wir schon in unserer eigenen Burg nicht mehr in Ruhe feiern können — wie wäre es, wenn wir uns an den Meeresriesen Ägir hielten? Vielleicht können wir ihn dazu bringen, dass er ein großes Fest für alle Asen ausrichtet? Keiner soll besseres und stärkeres Bier brauen als er, und er wohnt nicht weit von hier.«Thor will dieser Vorschlag ganz und gar nicht gefallen. »Die Zeit, da Asen und Riesen miteinander am Tischsaßen, ist längst vorbei«, murmelt er. »Und es ist auch gar nicht sicher, ob er Lust hat, uns einzuladen.« —»Aber mein Lieber«, lächelt Loki und klopft ihm auf den Rücken, »du wirst doch wohl stark genug sein, um ihm klarzumachen, dass ihm nichts Anderes übrigbleibt!«Die vier Götter springen von Eisscholle zu Eisscholle über den weiten Fjord. Aber in der Mitte klafft eine Lücke. Die See rings um die Insel, auf der Ägir wohnt, friert nie zu. Deshalb wird sein Hof auch Unkühle genannt, will heißen, der Ort, an dem es nie friert. Aber einer von den vieren, nämlich Frei, weiß Rat. Er zieht etwas Kleines aus dem Sack, das wie eine Nußschale aussieht. Aber kaum setzt er es aufs Wasser, da wird es größer und größer, und am Ende wächst es sich zu einem großen Schiff aus. Er hat

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mit Vorbedacht den Skidbladner mitgebracht, das magische Fahrzeug, das immer Wind in den Segeln hat; dasselbe, das einst zwei Zwerge für die Asengebaut haben. Die vier gehen an Bord und steuern auf die Insel des Seeriesen zu.Nun ist Ägir ein sehr mächtiger Troll. Seine Brüder sind Wind und Feuer. Ein Feind der Götter ist er nie gewesen, und so nimmt er die Gäste freundlich auf. Nur Ron, seine Frau, wirft ihnen scheele Blicke zu. Jeder kennt sie und weiß, wie böse und gefährlich sie ist. Ihr größtes Vergnügen ist es, Seeleute in ihrem großen Netz zu fangen, um sie dann mit sich in die Tiefe zu ziehen. Das Trollpaar hat neun Töchter. Jede von ihnen ist eine Welle, und allesamt sind sie ebenso schön, wie ihre Mutter häßlich ist. Sogar Odin, heißt es, habe sich in eine von ihnen verliebt, damals, als die Welt noch jung und unschuldig war. Auch will es ein Gerücht, dass er mit ihr ein Kind gezeugt hat, nämlich seinen Sohn Heimdal, den geheimnisvollsten unter den Asen, der manchmal verkündet: »Neun Mütter habe ich, und neun Schwestern haben mich geboren.« Aber wie soll das zugegangen sein? Wer in aller Welt kann so viele Mütter haben? Ägirs Töchter wollen nichts davon wissen, und auch Odin schweigt sich, wie es seine Art ist, darüber aus.Besonders angetan ist Ägir nicht von dem Vorschlag, die Asen zu einem Fest einzuladen. »Es sollte euch doch nicht schwerfallen, andere und bessere Wirtsleute zu finden«, sagt er. Doch die Asen bleiben bei ihrem Wunsch, und am Ende muss der Troll nachgeben; denn schon hat er gemerkt, dass Thor mit seiner Geduld am Ende ist. Seinen Augenbrauen, die sich drohend zusammenziehen, sieht man es an. »Also meinetwegen«, sagt Ägir. »Aber nur unter einer Bedingung!«

Fazit: Sehr zu empfehlen. Unterhaltsam und humoristisch werden aus derLieder-Edda bekannte nordische Mythen nacherzählt in einer Weise, die sie für den Edda-Kenner gut erkennbar machen. Für Einsteiger und Jugendliche, aber auch für alle, die sich schon mit den Eddas herumgeschlagen haben – für die mag das Buch auch eine angenehme Abwechslung sein.Leider.... das muss schon gesagt werden, gibt es das Buch momentan nur antiquarisch zu bekommen und zwar gegen sehr

hohe Preise.

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Rudolf Simek

Die Edda. 2007.Dieses Werk Simeks ist KEINE Übersetzung der Prosa- oder Lieder-Edda, sondern ein kleines Buch, das Hintergründe der beiden Eddas beleuchtet, ähnlich wie dieser Beitrag, aber ausführlicher. Kurz und verständlich bettet Simek die beiden Eddas in Sichtweise und Kultur ihrer Entstehungszeit ein, bespricht dann die Teile der Prosa-Edda und nennt als Beispiele einige Gedichte der Lieder-Edda. Eine Bibliographie und ein Register runden das Buch ab.

Fazit: Empfehlenswert für diejenigen, die sich für Hintergrund-Informationen zu den beiden Eddas interessieren.

Seite aus der Codex TrajectinusQuelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prose_Edda_Utrecht.jpg, Author

Gilwellian, public domain

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8. ÜbersetzungsproblemeEs gibt heute nicht viele Menschen mehr, die die altnordische Sprache lesenkönnen und einigermaßen verstehen, was gemeint wird, insbesondere die Dichtkunst zeigt sich dabei äußerst schwierig zu verstehen. Deshalb stützen diejenigen, die sich für die beiden Eddas und andere altnordische Werke interessieren, meistens ausschließlich auf eine Übersetzung ins Deutsche. Aber die blumenreiche Sprache der altnordischen Dichter mit den vielen Kennings und den oftmals sehr komprimierten Sätzen macht an vielen Stellen eine unzweideutige Übersetzung unmöglich. Es gibt deshalb auch viele Übersetzungen und an sehr vielen Stellen unterscheiden sie sich alle voneinander. Das hat mehrere Gründe. Erstens gibt es viele altnordische Begriffe, die mehr als nur eine Bedeutung haben; im Kontext eines Satzes kommen bei einer Übersetzung dann mehrere Bedeutungen in Betracht, die alle passen würden. Der Übersetzer oder die Übersetzerin hat dann die Qualder Wahl.Manchmal sind bestimmte altnordische Wörter nicht gleich erkennbar, dannmuss so ein Wort interpretiert werden. Manchmal wird es das schon klar, wie im folgenden Beispiel, manchmal auch bleibt es beim Raten:In der Thulur, dem oft weggelassenen letzten Teil des Skáldskaparmál der Prosa-Edda steht in Strophe 3 bei der Auflistung der Asengöttinnen auf altnordisch:

Grét ok at Óði gull Freyja'Freyja und ihr Ehemann Odr sind darin klar für alle die sich einigermaßen mit den Namen der nordischen Götter auskennen, und 'gull' kann man in einfach in Wörterbücher finden und bedeutet Gold. Das erste Wort ' Grét' kommt so nicht vor in gängigen altnordischen Wörterbüchern, also muss es zuerst interpretiert werden. Es wird sehr wahrscheinlich mit 'weinen' oder 'tränen' zu tun haben, weil wir aus Kapitel 35 der Gylfaginning wissen, dass Freyja rotgoldene Tränen um ihren weggereisten Gatten weinte. Das wissend, kann 'grét' in Verbindung gebracht werden mit dem altnordischen Verb 'gráta': weinen, laut weinen.Also kann der Satz wohl lauten:

Goldene Tränen auch um Odr weinte FreyjaLaut weinte Freyja goldene Tränen um OdrFreyja vergoß goldene Tränen um OdrBittere Tränen aus Gold weinte Freyja um Odrusw.

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Um sich klar zu machen, wie schwierig und zeitaufwändig die Übersetzung von nur wenigen Worte sein kann, betrachte man zwei Zeilen aus der isländischen Hervarar Saga, die in ältere Ausgaben der Lieder-Edda aufgenommen wurde:Die Zeilen:

Hitt hefir mær ung í Munarvági við sólarsetr segg at hjǫrðu.

können übersetzt werden als:In Munarvag traf das Mädchen bei Sonnenuntergang einen Mann bei seiner Herde.

Dafür mussten dann zuerst alle Worte des Satzes sprachkundig bestimmt werden:

Hitt - Partizip; Akkusativ Singular Neutrum der <hitta (tt)> stoßen auf; finden, treffen = traf

hefir - Verb, 3. Singular Präsens von <hafa (ð)> haben, halten, akzeptieren, ergreifen - ...

Maer - Substantiv, feminin, Nominativ Singular von <mær> Mädchen = die... Magd = Mädchen

ung - Adjektiv; Nominativ Singular feminin des <ungr> junge = jungeí - Präposition; <í> in, in, unter, während, in, auf = inMunarvági - Eigenname, männlich, Dativ Singular <Munarvágr>

Munarvag = Munarvagvid - Präposition; <við> erreichen, um, gegen, mit, auf, um, im Austausch

für die, durch, (zusammen) mit, in der Nähe, bei = beisólarsetr - Substantiv, Neutrum; Akkusativ Singular <sólarsetr>

Sonnenuntergang = Sonnenuntergangsegg - Substantiv, maskulin, Akkusativ Singular <seggr> Mensch, Held,

Krieger = ein Mannat - Präposition; <at> auf, Richtung, gegen, bei, in, von, nach, über,

betreffend, nach = beihjǫrðu - Substantiv, feminin, Dativ Singular <hjǫrð> Herde, Flock =

(seine) Herde

Und wenn das dann so gut wie möglich gemacht ist, und man pauschal weiß, was da steht, dann muss noch ein verständlicher Satz in unserer Sprache formuliert werden. Sehr oft gibt es gerade da viel Spielraum für eigene Interpretationen. So könnte der Satz auch so poetisch formuliert

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werden:Unter der goldene Abendsonne auf Munarvagfand die holde Magd den Helden nah' einer Herde.

Wenn bei einer Übersetzung eines Wortes mehrere Deutungen möglich sind,dann trifft der Übersetzer seine Wahl; dabei kann er versuchen so wörtlich wie möglich zu übersetzen und aus den vorhandenen 'Synonymen' wählen oder ein anderes deutsches, eventuell schöneres, lyrischeres Wort wählen, das seiner Meinung auch Sinn oder Zweck klar macht. Das hängt damit zusammen welcher Zweck der Übersetzer primär vor Augen hat:

• so genau, wortgetreu wie möglich zu übersetzen,• das einzigartige metrische System der Skaldenlyrik ins

Deutsche zu transferieren,• so verständlich wie möglich Inhalte zu vermitteln,• zu übersetzen in künstlerischer, mittelalterlich anmutender

Sprache.Dabei kann der Übersetzer auf übersetzte Begriffe aus Wörterbüchern und auf die eigene Kenntnis der altnordischen Sprache zurückgreifen. Er kann dabei auch ein anderes Wort wählen, das er schöner oder poetischer findet und das dennoch die Zeile und seine Bedeutung klar macht. So kommt es dann zu vielen unterschiedlichen Übersetzungen, die für 'Insider' Anlass sind für die Empfehlung, mehrere Edda-Übersetzungen zu benutzen.Oft versucht ein Übersetzer mehrere solche Blickwinkel zu kombinieren in seiner Übersetzung - sehr oft führt das gezwungenermaßen zu Zugeständnissen und die dadurch entstandenen Kompromisse sind öfters Zielscheiben für Kritik.Dennoch gibt es weiterhin auch in den besten Übersetzungen aus dem Altnordischen Verständnisprobleme - deshalb hat eine gute Übersetzung derEdda trotzdem eine ganze Reihe Fußnoten und sonstige Erläuterungen.

Es gibt noch viel mehr Übersetzungsprobleme, ich beschränke es auf nur zwei weitere Beispiele, die Götternamen betreffen.

Manchmal werden Namen von Gottheiten, die in den altnordischen Ausgaben namentlich genannt werden, weggelassen oder vom Übersetzern interpretiert. Das macht es dann unmöglich an der entsprechenden Stelle nach dem ursprünglich genannten Götternamen zu suchen – Werke, in denen so verfahren wurde, eignen sich deshalb nicht für eine entsprechende

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Forschung. Ein Beispiel mag das klar machen:

Die Göttin Vár, War, WaraIm Kapitel 35 der Gylfaginning, Teil der Prosa-Edda, werden die Asen-Göttinnen mit einigen ihrer Merkmale genannt. Über die Göttin Vár wird vermeldet:

Die neunte ist War; sie hört auf die Eide der Menschen und auf dieVereinbarungen, die zwischen Frauen und Männern geschlossen werden. Deshalb heißen sie auch Treueschwüre (värar). Sie straft diejenigen, die sie

brechen.(Übersetzung Arnulf Krause)

Auch in dem Thulur, dem letzten Teil des Skáldskaparmál, Teil der Prosa-Edda, einem Teil, das in fast allen Übersetzungen weggelassen wird, kommtdiese Göttin ebenfalls in der Liste der Asinnen vor:

Hlín und Nanna, Hnoss, Rindr und Sjöfn, Sól und Sága, Sigyn und Vör. Dann folgen Vár, und Syn.

Ebenso in der Lieder-Edda lesen wir über dieselbe Göttin. Im Thrymskvida,(Lied von Thrymr), wo erzählt wird über den Raub von Thors Hammer Mjölnir gibt es am Ende eine Strophe, in der der Riese Thrym sagt, dass derHammer der Braut in den Schoß gelegt werden soll und dass er anschließend 'durch die Hand Várs' vermählt wird.Auf altnordisch besagt diese 30. Strophe:

Þá kvað þat Þrymr, þursa dróttinn: "Berið inn hamar brúði at vígja, lekkið Mjöllni í meyjar kné, vígið okkr saman Várar hendi.″

Da sprach Thrym dies, der Riesen Herr:"Bringt den Hammer herein, die Braut zu weihn,legt Mjöllnir in des Mädchens Schoß,weiht uns zusammen durch die Hand der War.″

Krause Übersetzung

Abner dann Simrock und Jordan::

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Simrock (Stange):

Da hob Thrym an, der Thursenfürst:„Bringt mir den Hammer, die Braut zu weihen,Legt den Miöllnir der Maid in den SchoßUnd gebt uns zusammen nach ehlicher Sitte."

Jordan:

Dann redete Thrym, der Riesen Thronherr: "Bringet den Hammer, die Braut zu weihen; Leget der Maid in den Schoß den Zermalmer Und weihet uns Beide zum wahrhaften Bund."

Die Übersetzungen von Simrock und Jordan haben der Name der Göttin Vár (War) weggelassen. Fehlerhaft.

Die Göttin HlínDas zweite Beispiel betrifft eine Strophe der Völuspá. Abhängig welche altnordische Vorlage benutzt wird ist es in den Übersetzungen die Strophe 45 oder 53. Am Anfang dieser Strophe wird bei allen altnordischen Vorlagen die Göttin Hlín genannt:

Þá kømr Hlínar harmr annarr framKrause übersetzt das mit:

Da tritt für Hlín weiterer Schmerz zutageGenauer wäre vermutlich:

Dann kommt zu Hlin ein nächster Kummer

Außer an dieser Stelle der Völuspá wird Hlín auch noch genannt in Kapitel 35 der Gylfaginning, ein Teil der Prosa-Edda:

Die zwölfte Asin ist Hlin. Sie ist zum Schutz derjenigen Menschen bestimmt die Frigg vor irgendwelchen Gefahren retten will. (Krause)Anschließend wird hier noch vermeldet, dass daher der altnordische Begriff 'hleinir' kommt für jemand, der sich rettet, Zuflucht findet.Und in dem Thulur, dem letzten Teil des Skáldskaparmal in der Prosa-Edda,wird diese Göttin auch gelistet unter den Asinnen:

Hlín und Nanna, Hnoss, Rindr und Sjöfn,

Oftmals wird Hlin als Beiname von Frigg interpretiert; das wird damit begründet, dass wohl nur Frigg vorahnen könne, dass ihr Ehemann bald im

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Kampf fallen wird. So selbstverständlich, wie sich das vielleicht anhören mag, ist es aber nicht. Gerade wegen ihrer beschützenden Zuständigkeit wäre es genauso selbstverständlich, dass die eigenständige Göttin Hlín die Gabe des Vorausschauens besitzt. Diese letzte Sichtweise wird unterstützt durch die Auflistung und Beschreibung der Asinnen in der Gylfaginning, wo Frigg an erster Stelle genannt wird und Hlín als Zwölfte. Es wäre unlogisch auf die Frage nach den Asinnen eine Göttin zweimal in Snorris Liste aufzunehmen. Die Sichtweise, dass Hlín gerade nicht Frigg sei, liegt auf Grund der Quellen Gylfaginning und Thulur eher auf der Hand. Aber abgesehen davon, wie das denn auch interpretiert wird, bei einer korrekten Übersetzung sollte der Name Hlin verwendet werden. In der Übersetzung von Häny heißt es aber leider:

Der Frigg geschieht da das zweite LeidUnd Genzmer hält sich ganz daraus und übersetzt mit:

Dann naht neue Not der Göttin

Vermischungen alter VorlagenMehrere Teile der Lieder-Edda liegen in verschiedenen alten altnordischen Fassungen vor. Welche dann die Ursprünglichere sei, ist meistens nicht feststellbar. Während manchmal bei einer Ausgabe strikt festgehalten wird an (nur) einem historischen Dokument, werden bei anderen gemischte Versionen veröffentlicht. Bei den Übersetzungen der Völuspá wird die Version des Codex Regius und die aus dem Hauksbók (Hauks Buch), einemanderen Dokument aus dem 14. Jahrhundert, das auch eine Version der Völuspá enthält, zugezogen. Zu bemerken ist das z.B. bei der Simrock-Edda, in der die Völuspá-Strophen 7 und 13 eine Zeile mehr haben, in dem er beide alte Versionen vermischt:

Simrock, Völuspá 7:

Die Asen einten sich auf dem Idafelde,Hof und Heiligtum hoch sich zu wölben. (Uebten die Kräfte Alles versuchend,)Erbauten Essen und schmiedeten Erz,

Krause, Völuspá 7:

Die Asen trafen sich auf Idawöll,Altar und Tempel bauten sie hoch;Essen errichteten sie, Kostbares schmiedeten sie,Zangen schufen sie und fertigten Werkzeug.

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Schufen Zangen und schön Gezäh.

Ein System in der Verwendung beider alter Dokumente ist nicht zu finden. Solche 'Vermischungen' werden oftmals nicht angegeben und der 'Laie', der (oder die) sich in der luxuriösen Situation befindet, zwei Edda-Übersetzungen zu besitzen, weiß weder ein noch aus - ″Wieso hat dies mehrStrophen als das?″

Illustration aus dem Codex Upsaliensis der Snorra-Edda.Quelle: http://www.ub.uu.se/en/

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9. Übersicht der Kapitel in Prosa- und Lieder-Edda in den deutschen Ausgaben

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Prosa-Edda Ja Teilweise─ Nein

Prolog ─ ─ ─

Gylfaginning ( Gylfis Täuschung)

Skáldskaparmál (Die Sprache der Dichtkunst)

Háttatal (Strophenverzeichnis) ─ ─ ─ ─

Skáldatal (Skaldenverzeichnis) ─ ─ ─ ─

Lieder-EddaGötterlieder

Völuspá (Die Weissagung der Seherin)

Hávamál (Die Sprüche des Hohen)

Vafþrúðnismál ((Das Lied von Vafthrudnir)

Grímnismál (Das Lied von Grimnir)

Skírnismál (Das Lied von Skírnir)

Hárbarðslióð (Das Harbard-Lied)

Hymiskviða (Das Lied von Hymir)

Lokasenna (Lokis Spottrede)

Þrymskviða (Das Thrym-Lied)

Völundarkviða (Das Wölund-Lied)1

Alvíssmál (Das Alvislied)

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Hrafnagaldr Óðins (Odins Rabenzauber)

Baldrs draumar (Balders Träume)

Grógaldr (Groas Erweckung)

Fjölsvinnsmál (Das Lied von Fjölswid)

Rigsmál (Lied von Rig)

Hyndlulióð (Das Hyndlalied)

Völuspá in skamma (Die kurze Weissagung der Völva)

Gróttasöngr (Grottis Gesang)

Darraðarljóð (Dörruðs Lied oder Das Walkürenlied)

Lieder-EddaGötterlieder

Völundarkviða (Das Wölund-Lied)1

Helgakviða Hundingsbana fyrr (Das erste Lied von Helgi dem Hundingstöter)

Helgakviða Hundingsbana önnur (Das zweite Lied von Helgi dem Hundingstöter)

Helgakviða Hjörvarðssonar (Das Lied von Helgi dem Sohn Hjörwards)

Sinfiötlalok (Über Sinfjötlid Tod)

Grípisspá (Gripirs Weissagung)

Reginsmál (Reginns Lied)

Fáfnismál (Das Lied von Fafnir)

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Sigrdrífomál (Das Lied von Sigrdrifa)

Brot af Brynhildarkviða / Sigurdarkviða (Bruchstück eines Brynhildenliedes / Sigurdliedes)

Sigurdarkviða Fafnisbana thridja (Das dritte Lied von Sigurd dem Fafnirstöter)

Sigurdarkviða in skamma (Das kurze Sigurdlied)

Helreið Brynhildar (Brynhilds Helfahrt)

Guðrúnarkviða in fyrsta (Das erste Gudrun-Lied)

Drap Niflunga (Tötung der Niflunge)

Guðrúnarkviða in önnur (Das zweite Gudrun-Lied)

Guðrúnarkviða in þriðja (Das dritte Gudrun-Lied)

Oddrúnargrátr (Oddruns Klage)

Atlakviða (Das alte Atli-Lied)

Altlamál (Das jüngere Atli-Lied)

Guðrúnarhvöt (Gudruns Aufreizung)

Hamðismál (Das Lied von Hamdir)

Hlöðskviða (Das Hunnenschlachtlied)

Hildibrands Ævikviða (Hildebrands Sterbelied)

Hervararljóð (Das Herwörlied)

Gróttasöngr (Grottis Gesang) (Das Mühlenlied)

Sólarlióð (Das Sonnenlied)

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10. Lesetipps

1. Sehr lesenswert ist der Beitrag 'Studien zur Rezeption der Edda in der Neuzeit' von Prof. Dr. Phil. Uwe Ebel. Zu lesen oder downloaden auf http://www.uwe-ebel.eu/mediapool/90/905825/data/GesStud-3-Edda-Rezeption.pdfAuf seinen Webseiten sind noch mehr interessante Texte im PDF-Format zu lesen:http://www.uwe-ebel.eu/altnordistik.htmlhttp://www.uwe-ebel.eu/germanistik.html

Einige in diesem Beitrag genannte und einige zusätzliche Werke stehen ebenfalls in PDF-Format als Download bereit. Alle nachfolgenden Dateien enthalten kein Copyright mehr und werden, außer auf den angegebenen Seiten unten auch legal angeboten auf Webseiten wie archive.org:

2.Eddica minorahttp://www.boudicca.de/Eddas/Eddica-minora.pdf

3.Schimmelmann-Edda.pdfhttp://www.boudicca.de/Eddas/Schimmelmann-Edda.pdf

4.Brüder Grimm Eddahttp://www.boudicca.de/Eddas/Grimm-Lieder_der_alten_Edda.pdfAuch Jacob und Wilhelm Grimm haben sich an einige Helden-Gedichte der Lieder-Edda gewagt; die Lieder selber sind nicht übersetzt, aber sie sind mitdeutschen Kommentaren versehen.

5.Hugo Gehring: Die Eddahttp://www.boudicca.de/Eddas/Gering-Edda.pdf

6.Für diejenigen, die auch eine lyrische englische Lieder-Edda zu schätzen wissen:http://www.boudicca.de/Eddas/Cottle-Poetic_Edda.pdfBei dieser alten Edda-'Übersetzung' ist sicherlich auch so einiges zu bemängeln bezüglich der genauen Übertragung des Altnordischen und der Vollständigkeit. Cottle hat eigentlich nachgedichtet. Entsprechend heißt es

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denn auch schon im Titel: ″Translated into English verse.“ Aber wunderschönes altes Englisch ist es allemal.

7.Das nicht-eddische Lied Hrafnagaldur Oðins (Odins Rabenzauber) nebeneinander auf altnordisch und englisch.http://www.boudicca.de/Eddas/Odins-raven-galdr.pdfDeutsche Übersetzungen gibt es in den Edda-Ausgaben von Simrock und Jordan.

8.Wer sich für speziell for die Kennings der Skalden interessiert liegt hier "Die Kenningar der Skalden - Ein Beitrag zur skaldischen Poetik" von Rudolf Meissner von 1921. Die Datei ist 20 MB groß.http://www.boudicca.de/Eddas/kenningar.pdf

9. Ein anderes Werk von Snorri Sturluson ist die Heimskringla, ein Buch aus etwa 1230 mit Geschichten und Sagen über die Königen Norwegens. Als dreibändiges Werk auf Deutsch herausgegeben in der Thule-Reihe unterden Namen 'Snorris Königsbuch'. Drei große Dateien, Text in Fraktur.http://www.boudicca.de/Eddas/Snorris_Koenigsbuch_1.pdfhttp://www.boudicca.de/Eddas/Snorris_Koenigsbuch_2.pdfhttp://www.boudicca.de/Eddas/Snorris_Koenigsbuch_3.pdf

10. Wer sich interessiert für die alte Geschichte Islands, insbesondere den Teil der Christianisierung im Jahr 1000 und die Zeit danach – gute Hintergrund-Information um Snorri Sturluson und seine Edda in der damaligen Zeit verstehen zu können.http://www.boudicca.de/Eddas/The_Conversion_of_Iceland.pdf

11. Das Isländerbüchlein und die Kristni Sagahttp://www.boudicca.de/Eddas/Islendingabok-Kristni_Saga.pdf

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11. Empfehlung

Wilde Jagd und wütendes Heer

Die Wilde Jagd, das wilde Heer, der wilde Jäger in vielen Erscheinungsformen durch die Jahrhunderte. Reichlich und wünderschön bebildert.

In vielen Ländern und seit langer Zeit wird über nächtliche Phänomene

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berichtet, die vor allem in der dunklen Jahreszeit die Menschen mit Furcht und Schrecken erfüllten. In Europa sind diese Erscheinungen als Wilde Jagdoder Wütendes Heer bekannt, zuweilen soll auch ein Wilder Jäger oder eine Wilde Jägerin mit Gefolge ihr Unwesen treiben. Die Jagd findet am Himmelstatt, häufig verbunden mit tobenden Stürmen. Besonders aus dem Mittelalter gibt es Berichte, dass durch sie auch Menschen zu Schaden gekommen sind. In älterer Literatur steht auch, dass es sich bei ihrem Anführer um den germanisch-heidnischen Gott Wodan (Odin) handeln soll.

In diesem Buch werden sehr viele der historischen Berichte aufgesucht, besprochen und auf ihre Bezüge zur germanischen Religion geprüft. Auch die überlieferten Sagen kommen nicht zu kurz. Auf diese Weise kann der Leser sich in Form eines Streifzugs durch Jahrhunderte und Länder selbst ein Bild machen.

248 paperback (Paperback)mit 53 FarbbildernPreis: € 25,00 ISBN: 978-3-8482-2581-1

Bestellen direkt beim Autor auf:http://hg-shop.eu/oc/index.php?route=product/product&path=20_27&product_id=106

Oder in der Buchhandlung deines Vertrauens.

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