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Fachkonzept Umwelt Handlungsfeld Hochwassersicherheit Stand: 31.08.2010 Beirat zum Projekt Duisburg2027 - 1 - Handlungsfeld Hochwassersicherheit 1. Zielformulierung 1.1 Gesetzliche Ziele Das Bundesgesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom Mai 2005, die europäische Hochwasserschutzrichtlinie aus 2007 und die europäische Wasserrahmenrichtlinie von Oktober 2000 mit der NRW-Umsetzungsverordnung von Februar 2006 schaffen den rechtlichen Rahmen des Hochwasserschutzes. Die Vorgaben des EG- Rechts werden umgesetzt im LWG NRW und im WHG. Des Weiteren sind die Vorgaben des Hochwasserschutzkonzeptes NRW bis 2015 zu erfüllen. Das Hochwasserschutzkonzept basiert dabei auf den folgenden Grundsätzen: • Hochwasserschäden vermeiden, nicht Hochwasser • Hochwasserschadenspotenziale am Gewässer vermindern • Vorsorgen ist immer billiger als Schäden beseitigen • Der anzustrebende Hochwasserschutzgrad muss dem jeweiligen Schadenspotenzial angepasst werden • Absolut sicherer Hochwasserschutz ist nicht zu erreichen! Das Naturereignis Hochwasser lässt sich nicht verhindern, doch wir können in weiten Teilen vermeiden, dass es zur Katastrophe wird. Im Hochwasserschutz geht es in erster Linie darum, den Schaden zu begrenzen, die Zunahme des Schadenpotentials in gefährdeten Bereichen zu vermeiden und ein angemessenes Gefahrenbewusstsein zu entwickeln. Die Entwicklung von ganzheitlichen Strategien ist notwendig, da isolierte Schutzkonzepte nicht ausreichen und das Problem nur auf die Unterlieger abwälzt. 1.1.1 EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie Am 23. Oktober 2007 wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union eine Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken ver- abschiedet. Diese Richtlinie verfolgt das Ziel, hochwasserbedingte Risiken für die menschli- che Gesundheit, die Umwelt, Infrastrukturen und Eigentum zu verringern und zu bewältigen. Die Richtlinie sieht einen Drei-Stufen-Ansatz vor:

handlungsfeld hochwasser stand 2010 08 31 beirat · das Wasserhaushalt- und das Landeswassergesetz gelegt. 1.1.2 Wasserhaushaltsgesetz ... keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger

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Fachkonzept Umwelt Handlungsfeld Hochwassersicherheit

Stand: 31.08.2010 Beirat zum Projekt Duisburg2027 - 1 -

Handlungsfeld Hochwassersicherheit

1. Zielformulierung

1.1 Gesetzliche Ziele

Das Bundesgesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom Mai 2005,

die europäische Hochwasserschutzrichtlinie aus 2007 und die europäische

Wasserrahmenrichtlinie von Oktober 2000 mit der NRW-Umsetzungsverordnung von Februar

2006 schaffen den rechtlichen Rahmen des Hochwasserschutzes. Die Vorgaben des EG-

Rechts werden umgesetzt im LWG NRW und im WHG.

Des Weiteren sind die Vorgaben des Hochwasserschutzkonzeptes NRW bis 2015 zu erfüllen.

Das Hochwasserschutzkonzept basiert dabei auf den folgenden Grundsätzen:

• Hochwasserschäden vermeiden, nicht Hochwasser

• Hochwasserschadenspotenziale am Gewässer vermindern

• Vorsorgen ist immer billiger als Schäden beseitigen

• Der anzustrebende Hochwasserschutzgrad muss dem jeweiligen Schadenspotenzial

angepasst werden

• Absolut sicherer Hochwasserschutz ist nicht zu erreichen!

Das Naturereignis Hochwasser lässt sich nicht verhindern, doch wir können in weiten Teilen

vermeiden, dass es zur Katastrophe wird. Im Hochwasserschutz geht es in erster Linie darum,

den Schaden zu begrenzen, die Zunahme des Schadenpotentials in gefährdeten Bereichen zu

vermeiden und ein angemessenes Gefahrenbewusstsein zu entwickeln. Die Entwicklung von

ganzheitlichen Strategien ist notwendig, da isolierte Schutzkonzepte nicht ausreichen und das

Problem nur auf die Unterlieger abwälzt.

1.1.1 EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie

Am 23. Oktober 2007 wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen

Union eine Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken ver-

abschiedet. Diese Richtlinie verfolgt das Ziel, hochwasserbedingte Risiken für die menschli-

che Gesundheit, die Umwelt, Infrastrukturen und Eigentum zu verringern und zu bewältigen.

Die Richtlinie sieht einen Drei-Stufen-Ansatz vor:

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Erste Stufe:

Für jede Flussgebietseinheit, Bewirtschaftungseinheit oder Teil eines internationalen Flussge-

biets muss in der ersten Stufe eine vorläufige Bewertung der Hochwasserrisiken durchgeführt

werden. Es wird eine Zusammenstellung der relevanten geographischen Information über die

Flussgebietseinheiten vorgenommen sowie eine Analyse durchgeführt, um das potenzielle

signifikante Hochwasserrisiko zu ermitteln.

Diese Stufe der vorläufigen Bewertung muss bis zum 22. Dezember 2011 abgeschlossen sein.

Zweite Stufe:

In einer zweiten Stufe sind Gefahren- und Risikokarten zu erstellen. Bei den Gefahrenkarten

sind Hochwasserszenarien mit niedriger Wahrscheinlichkeit (z.B. Extremereignisse) und

Hochwasser mit mittlerer Wahrscheinlichkeit (Wiederkehrintervall ≥ 100 Jahre) darzustellen.

In den Risikokarten sind Informationen zu bestimmten Risikofaktoren darzustellen.

Die Hochwassergefahrenkarten und die Hochwasserrisikokarten müssen bis zum 22. Dezem-

ber 2013 von den Mitgliedsstaaten erstellt werden.

Dritte Stufe:

Auf der Grundlage der Risikobewertung und der Gefahren- und Risikokarten sind in der drit-

ten Stufe Pläne für ein Hochwasserrisikomanagement zu erstellen.

In den Hochwasserrisikomanagementplänen soll der Schwerpunkt auf Vermeidung, Schutz

und Vorsorge, einschließlich Hochwasservorhersagen und Frühwarnsysteme, gesetzt werden.

Ebenfalls können Maßnahmen wie nachhaltige Flächennutzungssysteme, Verbesserung des

Wasserrückhalts und kontrollierte Überflutungen im Falle eines Hochwassers betrachtet wer-

den.

Die Managementpläne müssen bis zum 22. Dezember 2015 erstellt und veröffentlicht werden.

Die wasserrechtlichen Grundlagen werden in Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen durch

das Wasserhaushalt- und das Landeswassergesetz gelegt.

1.1.2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 10. Mai 2007

Vierter Abschnitt Hochwasserschutz

§ 31a Grundsätze des Hochwasserschutzes

§ 31b Überschwemmungsgebiete

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§ 31c Überschwemmungsgefährdete Gebiete

§ 31d Hochwasserschutzpläne

§ 32 Kooperation in den Flussgebietseinheiten

§ 31a Grundsätze des Hochwasserschutzes

Nach § 31a WHG sind oberirdische Gewässer grundsätzlich so zu bewirtschaften, dass so

weit wie möglich Hochwasser zurückgehalten, der schadlose Wasserabfluss gewährleistet und

der Entstehung von Hochwasserschäden vorgebeugt wird. Gebiete, die bei Hochwasser über-

schwemmt werden können oder deren Überschwemmung dazu dient, Hochwasserschäden zu

mindern, sind nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnitts zu schützen.

Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und

Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor Hochwassergefah-

ren und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den

möglichen Gefährdungen von Mensch, Umwelt oder Sachwerten durch Hochwasser anzupas-

sen.

§ 31b Überschwemmungsgebiete

a) Definition nach § 31 b Abs. 1 WHG :

"Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen

oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser überschwemmt oder

durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden."

aa) Pflicht zur Festsetzung bis zum 10.05.2010 von Gebieten, "in denen ein hohes

Schadenspotenzial bei Überschwemmungen besteht, insbesondere Siedlungsgebiete".

bb) Festsetzung bis 10.05.2012 für sonstige Gebiete im Sinne von § 31 b Abs. 1 WHG

Überschwemmungsgebiete und nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind prinzipiell

in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Sollten diesem Ziel überwiegende Gründe

des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichs-

maßnahmen zu treffen. Frühere Überschwemmungsgebiete, die als Rückhalteflächen geeignet

sind, sollen so weit wie möglich wieder hergestellt werden, wenn überwiegende Gründe des

Wohls der Allgemeinheit nicht entgegenstehen (vgl. § 31b Abs. 6 WHG / § 113 LWG NRW).

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In Überschwemmungsgebieten gelten strenge Restriktionen bezüglich Bauwerken oder Ver-

änderungen der Landschaft, damit der Hochwasserabfluss nicht eingeschränkt wird, der Re-

tentionsbereich erhalten bleibt und keine bzw. keine weiteren Schadenspotenziale dort aufge-

baut werden.

§ 31c Überschwemmungsgefährdete Gebiete

(1) Überschwemmungsgefährdete Gebiete sind Gebiete, die

- Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 31b Abs. 1 sind, aber keiner Festsetzung nach

§ 31b Abs. 2 Satz 3 und 4 bedürfen (d. h. Gewässer, die nicht nach Landesrecht definiert

sind als potenziell gefährdet für nicht nur geringfügige Schäden) oder

- die bei Versagen von öffentlichen Hochwasserschutzeinrichtungen, insbesondere

Deichen überschwemmt werden können.

Durch Landesrecht wird in diesem Zusammenhang geregelt, dass die Gebiete nach Satz 1, in

denen durch Überschwemmungen erhebliche Beeinträchtigungen des Wohls der

Allgemeinheit entstehen können, zu ermitteln und in Kartenform darzustellen sind.

(2) Durch Landesrecht werden für die überschwemmungsgefährdeten Gebiete die

notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von erheblichen

Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit durch Überschwemmung geregelt.

Nach den gesetzlichen Regelungen sind in diesem Zusammengang durch Landesrecht spätes-

tens bis zum 10. Mai 2012 als Überschwemmungsgebiete mindestens die Gebiete festzuset-

zen, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist (Bemes-

sungshochwasser). Für Überschwemmungsgebiete, in denen ein hohes Schadenspotenzial bei

Überschwemmungen besteht, wie insbesondere Siedlungsgebiete endet die Festsetzungsfrist

bereits am 10. Mai 2010.

In den entsprechenden Überschwemmungsgebieten dürfen durch Bauleitpläne von wenigen

an strenge Bedingungen geknüpfte Ausnahmen abgesehen keine neuen Baugebiete ausgewie-

sen werden.

Zudem bedarf die Errichtung und die Erweiterung einer baulichen Anlage nach den §§ 30, 34

und 35 BauGB in Überschwemmungsgebieten nach § 31 b WHG der Genehmigung durch die

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zuständige Behörde. Auch diese Genehmigung darf nur unter Einhaltung von im Gesetz for-

mulierten Bedingungen erteilt werden.

Ergänzend zum Bundesrecht werden im Landeswassergesetz das Festsetzungsverfahren und

die gesetzlichen Bestimmungen für Vorhaben in Überschwemmungsgebieten geregelt. Her-

vorzuheben sind die §§ 112 (‚Festsetzungen’) und 113 (‚Überschwemmungsgebiete’). Auch

diese Regelungen haben zum Inhalt, direkt oder indirekt durch Berücksichtigung von Hoch-

wasserschutzbelangen im und am Gewässer den Schutz vor Hochwassergefahren zu unter-

stützen.

Das neue Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts (WHG) tritt am 01. März 2010 in Kraft.

Der Hochwasserschutz wird dann im Kapitel 3 Abschnitt 6 zu finden sein.

1.1.3 Landeswassergesetz (LWG) Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2007

Zehnter Teil Sicherung des Hochwasserabflusses

Abschnitt I Deiche und andere Hochwasserschutzanlagen

§ 107 Errichten, Beseitigen, Umgestalten (Zu § 31 WHG)

§ 108 Unterhaltung und Wiederherstellung

§ 109 Unterhaltung durch Dritte

§ 110 Besondere Pflichten im Interesse der Unterhaltung

§ 111 Entscheidung in Unterhaltungsfragen

§ 111a Schutzvorschriften

Abschnitt II Überschwemmungsgebiete, überschwemmungsgefährdete Gebiete und

Hochwasserschutzpläne

§ 112 Festsetzung von Überschwemmungsgebieten (Zu § 31b Abs. 1, 2 und 5 WHG)

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten und in Gebieten nach § 112 Abs. 4 sind fol-

gende Maßnahmen genehmigungspflichtig:

1. das Erhöhen oder Vertiefen der Erdoberfläche,

2. das Errichten und Ändern von Anlagen,

3. das Lagern oder Ablagern von Stoffen,

4. das Lagern, Umschlagen, Abfüllen, Herstellen, Behandeln und jede sonstige Verwen-

dung von wassergefährdenden Stoffen bis auf den Einsatz von Dünge- und Pflanzen-

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schutzmitteln im Rahmen der guten fachlichen Praxis nach Maßgabe des landwirt-

schaftlichen Fachrechts,

5. die Anpflanzung von Sträuchern und Bäumen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten und in Gebieten nach § 112 Abs. 4 dürfen

neue Baugebiete in einem Verfahren nach dem Baugesetzbuch nicht ausgewiesen werden;

ausgenommen sind Bauleitpläne für Häfen und Werften. Die zuständige Behörde kann die

Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1. eine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden

können,

2. das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,

3. eine Gefährdung von Leben, erhebliche Gesundheits- oder Sachschäden nicht zu erwarten

sind,

4. der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst wer-

den,

5. die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem

Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,

6. der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,

7. keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,

8. die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und

9. die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser, das der Fest-

setzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde gelegt wurde, keine baulichen Schäden

zu erwarten sind.

§ 113 Festgesetzte Überschwemmungsgebiete (Zu § 31b Abs. 3 und 4 WHG)

§ 113a Erhaltung von Überschwemmungsgebieten als Rückhaltflächen (Zu § 31b Abs. 6

WHG)

§ 114 Zusätzliche Maßnahmen (Zu § 31b WHG)

§ 114a Überschwemmungsgefährdete Gebiete (Zu § 31c WHG)

§ 114b Hochwasserschutzpläne (Zu § 31d WHG)

§ 114c Informationen zum Hochwasserschutz (Zu § 31a Abs. 3 WHG)

§ 114d Kooperation in den Flussgebieten (Zu § 32 WHG)

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1.2 Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO)

Von der MKRO vorgegebene Ziele sind:

1. Sicherung und Rückgewinnung von natürlichen Überschwemmungsflächen

2. Risikovorsorge in potenziell überflutungsgefährdeten Bereichen

3. Rückhalt des Wassers in der Fläche des gesamten Einzugsgebietes.

1.3 Landesplanung

Verbindliches Ziel der Landesplanung ist es, Überschwemmungsgebiete und Talauen der

Fließgewässer als natürliche Retentionsräume zu erhalten und zu entwickeln sowie einer Be-

schleunigung des Wasserabflusses entgegenzuwirken (vgl. LEP, B.III.4.25).

1.4 Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk Düsseldorf (GEP99)

(Kap. 3.10 Wasserwirtschaft)

Ziel 3: In Überschwemmungsgebieten den Anforderungen des Hochwasserschutzes Vor-

rang einräumen

Überschwemmungsgebiete sind zu erhalten und nach Möglichkeit zurückzugewinnen. Diese

Bereiche sollen von entgegenstehenden Nutzungen, insbesondere von Bebauung, freigehalten

werden und sind als Bereiche für den Schutz der Natur oder für den Schutz der Landschaft

und die landschaftsorientierte Erholung dargestellt. Bebaute Gebiete sind vor Hochwasser zu

schützen.

Flussauen sind in der Vergangenheit durch unterschiedliche Nutzungen weitgehend zurück-

gedrängt worden. Natürliche Fließgewässer besitzen aber in ihren Auen eine außerordentlich

hohe Speicherkapazität bei Hochwasser. Diese Auen sind darüber hinaus äußerst wertvolle

und landschaftsbereichernde Biotope und sollen von weiterer Bebauung freigehalten werden.

Hier tragen die Baugenehmigungsbehörden eine besondere Verantwortung.

1.5 Neufestsetzung des Bemessungshochwassers des Rheins im Regierungsbezirk Düs-

seldorf BHQ 2004

Bezirksregierung 54.12.00

Düsseldorf, den 24. Mai 2004

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Erlass des MUNLV vom 18. 9. 2003 – Az.: IV-10-4290

1. Für die Bemessung von Hochwasserschutzanlagen und Anlagen am Rhein einschließlich

dessen Rückstaubereich und sonstigen Bauvorhaben, bei denen der höchste Hochwasserstand

maßgebend ist, ist im Regierungsbezirk Düsseldorf von folgendem „Bemessungshochwasser

– BHQ 2004“ auszugehen:

Pegel BHQ (m³/s)

Köln 13.500

Düsseldorf 13.500

Duisburg-Ruhrort 14.800

Wesel 14.800

Rees 14.700

Emmerich 14.500

Diese Werte sind unmittelbar verbindlich. Zugleich wird hiermit das 1977 festgelegte

Bemessungshochwasser aufgehoben.

2. Die von der Bundesanstalt für Gewässerkunde ermittelten derzeit aktuellen

Wasserspiegellagen werden den Hochwasserschutzpflichtigen nachrichtlich unmittelbar von

hier aus übermittelt.

3. Als Freibordmaß bei Deichen und sonstigen Hochwasserschutzanlagen ist in Duisburg

grundsätzlich 1,0 m anzusetzen. Im Bereich von Rheinstrom-km 792,0 bis 823,0 linkes Ufer

und 792,0 bis 809,0 rechtes Ufer (Abbaubereich des Steinkohle- bzw. Steinsalzbergbaus) ist

grundsätzlich ein Freibordmaß von mindestens 1,5 m anzusetzen.

4. Bei Hochwasserschutzvorhaben, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Planungs- oder

Verfahrensstand befinden, wird im Rahmen der Planfeststellung über die anzuwendende

Bemessungsgrundlage entschieden.

Für Duisburg bedeutet dieses, dass die Deiche auf ein Bemessungshochwasser BHQ 2004 und

den technischen Vorgaben des Landes auszubauen sind.

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2. Situation in Duisburg

2.1 Grundsätzliche Hochwasserentstehung und Auswirkungen durch den Klimawandel

Hochwasser sind extreme Naturereignisse, ausgelöst durch ungewöhnlich starke Niederschlä-

ge. Einem Hochwasser geht fast immer ein meteorologisches Extremereignis voraus, doch

sein Verlauf hängt von vielen Faktoren ab. Niederschläge können Sturzfluten oder Flussüber-

schwemmungen verursachen.

Sturzfluten entstehen durch kurzzeitige, räumlich eng begrenzte extreme Niederschläge, die

bewirken, dass sich kurze und lokale Hochwasser mit einem besonders schnellen Abfluss d.h.

einer steilen Hochwasserwelle bilden. Flussüberschwemmungen dauern dagegen meist länger

an und dehnen sich überregional aus. In unseren Breiten werden sie durch Tiefdruckgebiete

bedingt, die langanhaltenden Niederschlag mit sich bringen.

Aufgrund der jahreszeitlichen Niederschlagsverteilung treten in den Flussgebieten Deutsch-

lands Hochwasser meist im Winterhalbjahr auf.

In Folge des Klimawandels muss in Deutschland u. a. unter Berücksichtigung der projizierten

Niederschlagsentwicklung zukünftig häufiger mit Hochwassern gerechnet werden. Je höher

die Temperatur, desto mehr Wasser kann verdunsten und als Niederschlag fallen. Dabei ist die

Verteilung des Niederschlages jedoch nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt, vielmehr neh-

men die Niederschläge im Winter zu und im Sommer leicht ab.

Neben der Verschiebung der Niederschläge vom Sommer in den Winter, werden diese vor-

aussichtlich vermehrt als Regen und weniger als Schnee fallen. Die Wahrscheinlichkeit der

Starkniederschläge im Winter steigt an, wodurch die Gefahr eines Hochwassers im Winter

und Frühjahr zunimmt.

Wie sich die Hochwassergefahr konkret im Lokalen ändert, hängt von den Bedingungen im

Einzugsgebiet eines Flusses ab. Insgesamt muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die

Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen weiter zunehmen wird und die Gefahr

von Hochwasserereignissen mit den entsprechenden Gefahrenpotenzialen für Mensch, Um-

welt und Sachgüter auch an kleineren Fließgewässern tendenziell steigen wird.

2.2 Hochwasserentstehung in Duisburg

Duisburg wird auf einer Länge von 37,5 km vom Rhein durchflossen und liegt zwischen

Rhein-Strom km 760,00 und 797,50. Das Rheineinzugsgebiet umfasst bei Duisburg etwa

153.000 km². Das aus diesem Einzugsgebiet vor allem aus den Flussgebieten zufließende

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Wasser führt insbesondere im Winterhalbjahr bei Tauwetter und zusätzlichen starken Nieder-

schlägen zu Hochwasserabflüssen des Rheins. Dabei entstehen Hochwasser, wenn durch wo-

chenlange Regenereignisse, Frost oder eine geschlossene Schneedecke die Böden im Ein-

zugsgebiet wassergesättigt und damit quasi versiegelt sind und gleichzeitig in mehreren Teil-

einzugsgebieten, z.B. am Alpenrhein, am Main, am Neckar und an der Mosel Niederschläge

mit hoher Intensität niedergehen. Dann kann es am Oberrhein, Mittelrhein und Niederrhein zu

extremen Hochwasserabflüssen kommen. Die Wellen sind hoch, lang gestreckt und weisen

ungeheure Abflussvolumina auf, am Niederrhein beispielsweise mehrere Mrd. Kubikmeter.

Der Rheinlauf wurde bereits 1820 in sechs Teilstrecken untergliedert: Alpenrhein, Hochrhein,

Oberrhein, Mittelrhein, Niederrhein und Rheindelta.

Im Verlauf des Rheins verschiebt sich das Verhältnis der mittleren Hochwasserabflüsse für

Winter- und Sommerhalbjahre deutlich.

Am Hochrhein und am südlichen Oberrhein treten die größeren Hochwasserabflüsse im

Sommer auf. Am nördlichen Oberrhein, zwischen Worms und Mainz, beginnt sich das Ver-

hältnis umzukehren. Am Niederrhein schließlich sind die Winterhochwasser maßgebend. Es

kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Sommerhochwasser am Oberrhein in der

Regel am Niederrhein keine schädlichen Auswirkungen haben.

Im Allgemeinen ist für die Hochwasserbildung am Niederrhein meist der Moselzufluss maß-

geblich. Bei den extremen Hochwasserabflüssen von 1926, 1970, 1993 und 1995 sind 40%

der Wassermengen aus der Mosel gekommen.

Ein weiterer Fluss der eine potenzielle Hochwassergefahr für Duisburg in sich birgt, ist die

Ruhr. Die Ruhr entspringt bei Winterberg und mündet nach 218 km Lauflänge bei Duisburg-

Ruhrort in den Rhein. Das 4.485 km² große Einzugsgebiet liegt überwiegend im Sauerland.

Die dort vorherrschenden, wenig sickerfähigen Ton- und Schieferböden führen den größten

Teil des Niederschlages direkt der Ruhr zu, sodass schon Niederschlagsereignisse von mittle-

rer Intensität schnell zu Hochwasser führen.

Bei Zusammentreffen von Rhein- und Ruhrhochwasser können infolge des Rückstaus in der

Ruhr weite Teile des Duisburger Hafens unter Wasser stehen.

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Abb. 1: Hochwasser 1924 am Marientor (Quelle: Stadtarchiv Duisburg)

Hochwasserereignisse in Duisburg

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15.0

3.18

76

29.1

1.18

82

02.0

1.18

83

31.0

3.18

95

01.0

1.19

20

17.0

1.19

20

06.1

1.19

24

02.0

1.19

26

25.1

1.19

30

24.1

2.19

93

31.0

1.19

95

Höhe in Meter

Abb. 2: Historische Hochwasserstände am Pegel Ruhrort / Rhein gemäß Gewässerkund-

lichem Jahrbuch

Die höchsten Abflussereignisse der zurückliegenden Jahre für den Pegel Ruhrort sind in nach-

stehender Tabelle erfasst. Die Hochwasserschutzanlagen sind auf Grundlage der Erkenntnisse

des höchsten Ereignisses von 1926, bei dem es am Niederrhein zu Deichbrüchen kam, gebaut

worden.

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Zusammen mit seinen Nebenflüssen besitzt der Rhein ein Einzugsgebiet von 185.000 Quad-

ratkilometern - eine Fläche, die so groß ist wie halb Deutschland.

Tab. 1: Extremwertstatistik für den Pegel Ruhrort

Hochwasser-Jährlichkeit Abfluss am Pegel Ruhrort in m³/s Wasserstand am Pegel m

5 8.110 9,95

10 8.952 10,43

20 9.733 10,85

50 10.760 11,35

100 12.000 11,95

200 13.400 12,41

500 14.800 13,04

Neben Rhein und Ruhr als den beiden größten Gewässern verläuft in Duisburg zudem eine

Vielzahl kleinerer Fließgewässer (vgl. Handlungsfeld Oberflächengewässer), deren Hochwas-

serbetroffenheit in der Vergangenheit unterschiedlich hoch ausgefallen ist. Mit Blick auf die

Auswirkungen des Klimawandels muss davon ausgegangen werden, dass eventuell auch die

kleinen Gewässer zukünftig eine größere Hochwassergefährdung aufweisen werden und somit

notwendigerweise verstärkt in Planungen zu berücksichtigen sind.

Eine besondere Bedeutung bekommt die Hochwassergefährdung in Duisburg zudem aufgrund

seiner Poldergebiete und die durch den ehemaligen Bergbau zusätzlich auftretende Problema-

tik der Bergsenkung und die dadurch verursachten niedrigen Geländehöhen. Weite Teile des

Duisburger Stadtgebiets liegen unterhalb des mittleren Wasserstands des Rheins von 18,5 m

u. NN. Während der höchste Punkt der Stadt beim Haus Hartenfels mit 82,52 m über NN

liegt, beträgt die niedrigste Geländehöhe 14,85 m über NN (Duisburg-Walsum, Kurfürsten-

straße) und liegt damit sogar mehr als vier Meter unter dem mittleren Rheinwasserstand (vgl.

Handlungsfeld Grundwasser).

In Zusammenhang mit den Bergsenkungen besteht zusätzlich zu der von den Oberflächenge-

wässern ausgehenden Hochwassergefährdung eine weitere wasserbezogene Gefährdung durch

die hohen Grundwasserstände im Vergleich zur Geländeoberfläche. In einigen Bereichen des

Stadtgebiets muss das Grundwasser durch umfangreiche kontinuierliche Pumpleistungen dau-

erhaft großräumig künstlich abgesenkt werden. Auch wenn diese Sümpfungsmaßnahmen

durch die Betreiber dauerhaft zugesichert werden, darf die Gefahr eines Ausfalls der Pumpen

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ebenso wie der Aspekt einer Ewigkeitsgarantie nicht unberücksichtigt gelassen werden. Inso-

fern sollten auch diese Gebiete prinzipiell als hochwassergefährdete Bereiche angesehen wer-

den, die bei Versagen von Hochwasserschutzeinrichtungen (d. h. in diesem Zusammenhang

den Pumpen) überschwemmt werden können (vgl. Handlungsfeld Grundwasser).

2.3 Drängewasser in Duisburg im Zusammenhang mit Rheinhochwasser

Über die angeführten Formen der Hochwassergefährdung hinaus muss im vorliegenden Zu-

sammenhang zudem die Thematik des Drängewasser als prinzipiell beachtenswert angeführt

werden.

Bei Drängewasser handelt es sich um aufsteigendes Grundwasser, das wegen des Ansteigens

des Rheinwasserspiegels nicht im freien Gefälle abfließen kann. In direkter Nähe zum Rhein

erfolgt mit schnell steigendem Rheinwasserstand ein weiterer Anstieg des Grundwassers,

welches auch durch den hydrostatischen Druckanstieg verursacht wird. Der Wasserhaushalt

der deichnahen Gebiete wird zwar von den Schwankungen des Flusswasserspiegels

mitbestimmt, weist jedoch deutliche Unterschiede wegen der in weiten Bereichen

vorhandenen Auelehmschicht auf. Bei hohem Pegel werden örtlich Flächen zeitweise mit

Grundwasser überstaut, Erosions- und Sedimentationsprozesse sind aber weitgehend

ausgeschlossen.

In Duisburg befinden sich größere Drängewassergebiete nur auf dem rechtsrheinische Gebiet

in Neuenkamp, Meiderich, Mündelheim und Walsum.

Die folgenden Abbildungen zeigen für die am stärksten betroffenen Bereiche innerhalb des

Duisburger Stadtgebiets die Flächen, die zu spezifischen Zeitpunkten in der Vergangenheit

nachgewiesenermaßen von Drängewasser beeinträchtigt wurden.

Abb. 3: Meiderich Drängewasser 1966

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Abb. 4: Meiderich Drängewasser 1965

(Anmerkung: Der Rheinwasserstand betrug am 30.12.1965 8,27 m)

Abb. 5: Neuenkamp Drängewasser 1966

(Anmerkung: Drängewasserstände vom 10.01.1966: 25,63 m ü. NN Rheinpegelhochstand

am 5.01.1966: 9,50 m.)

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Abb. 6: Neuenkamp Drängewasser 1926

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Abb. 7: Rheinaue Walsum Drängewasser 1980

Bis 1935 überfluteten die jährlichen Rheinhochwasser die Walsumer Aue häufig bis an die

Kante der Niederterrasse. Der in den Jahren 1935/36 gebaute Deich verhinderte auf 2/3 der

Flächen diese Überflutungen, führte aber dazu, dass durch Drängewasser die tiefer gelegenen

Teile des Geländes vernässen. Da das Wasser nicht mehr abfließen kann, wird es über ein

Hochwasserpumpwerk über den Deich in den Rhein zurückgepumpt. Gerade der Walsumer

Deich ist durch bergbauliche Ereignisse fortlaufend angepasst worden, zuletzt im Jahr 2005.

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3. Hochwasserschutz in Duisburg

3.1 Schadenspotenzial

In NRW schützen Hochwasserschutzanlagen ca. 4 % der Fläche vor Überflutung durch den

Rhein, wobei auf dieser ca. 8 % der Bevölkerung des Landes leben. Im Regierungsbezirk

Düsseldorf sind es sogar 25 % der Fläche, die durch Deiche vor Rheinhochwasser bewahrt

werden. Insgesamt wird im Regierungsbezirk Düsseldorf eine Fläche von ca. 1.500 km² durch

260 km Deiche vor Hochwasser geschützt. In den überflutungsgefährdeten Bereichen, den so

genannten Poldergebieten, leben rund 1 Mio. Menschen. Die Überflutungshöhe in den Pol-

dern beträgt in Bergsenkungsgebieten bis über 10 m.

In dem Gebiet zwischen Bonn und den Niederlanden werden durch die Hochwasserschutzan-

lagen Werte von über 150 Mrd. Euro geschützt. Die in potenziellen Überflutungsgebieten be-

findlichen Werte entfallen dabei mit dem weitaus höchsten Anteil auf Duisburg (16 %), Köln

(15 %) und Düsseldorf (9 %).

In der Forschungsstudie „Hochwasserschadenspotential am Rhein in Nordrhein-Westfalen“

von Februar 2000 wird auf das Schadenspotenzial in Duisburg eingegangen (siehe Tab. 3).

Tab. 2: Potenzielle Hochwasserschäden in Duisburg mit und ohne Hochwasserschutz-

maßnahmen

Überflutete Flächen von Duisburg

Schadenspotenzial in €

HQ 100 ohne Hochwasser-schutzmaßnahmen

125,35 km² 54% 20,33 Mrd. €

HQ 100 mit Hochwasserschutz-maßnahmen

33,32 km² 14 % 2,3 Mrd. €

HQ 200 ohne Hochwasser-schutzmaßnahmen

133,53 km² 57 % 21,43 Mrd. €

HQ 200 mit Hochwasserschutz-maßnahmen

35,51 km² 15 % 2,4 Mrd. €

HQ 500 ohne Hochwasserschutz-maßnahmen

145,96 km² 63 % 22,98 Mrd. €

HQ 500 mit Hochwasserschutz-maßnahmen

36,36 km² 16 % 2,56 Mrd. €

Quelle: Studie „Hochwasserschadenspotential am Rhein in NRW" (Stand Februar 2000)

Bezogen auf das Jahr 2009 wird davon ausgegangen, dass mehr als 300.000 Einwohnerinnen

und Einwohner Duisburgs sowie Sachgüter im Wert von ca. 30 Mrd. € durch Hochwasser-

schutzanlagen vor Überschwemmungen geschützt werden.

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Abb. 8: Hochwasserschutzanlage Marientor

Ohne Deichschutz wäre die Ansiedlung in weiten Teilen von Duisburg nicht möglich (siehe

Abb. 9). Standfeste Deiche sind somit vielfach von elementarer Bedeutung, um den Menschen

in Duisburg grundsätzlich erst sichere Wohn-, Arbeits- und Lebensbedingungen zu ermögli-

chen.

Beispielhaft sei an dieser Stelle der Deich in Duisburg-Laar angeführt. Er liegt an einem etwa

einen Kilometer langen Rheinabschnitt und ist bis zu 9 Meter hoch. Damit ist seine Deichkro-

ne 1,50 Meter über dem Hochwasserstand von 1926. Der Deich ist bei Hochwasser besonde-

ren Beanspruchungen unterworfen, denn er liegt im Außenbogen des Rheins und wird dort

von der Rheinströmung aus südwestlicher Richtung getroffen. Bei Wind aus nordwestlicher

Richtung entsteht zudem ein zusätzlicher erheblicher Wellenstau. Eine einmalige Bedeutung

kommt diesem Deich zu, weil er eine Polderfläche schützt, auf der allein auf Duisburger

Stadtgebiet ca. 170.000 Einwohner leben (vgl. Abb. 9).

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Abb. 9: Poldergebiete in Duisburg (Einwohnerdaten und Zuständigkeiten Stand 2000)

3.2 Zuständigkeiten für den Hochwasserschutz auf Duisburger Stadtgebiet

Das Duisburger Stadtgebiet wird auf einer Länge von 37,5 km von 45 km Rheindeichen, 8 km

Ruhrdeichen und 6 km Angerdeichen geschützt.

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Neben dem Amt für Wasser- und Kreislaufwirtschaft der Stadt Duisburg sind u. a. der Deich-

verband Orsoy, der Deichverband Friemersheim, der Deichverband Walsum, die Emscherge-

nossenschaft und die Duisburger-Ruhrorter Häfen AG für die Unterhaltung und Sicherung der

Hochwasserschutzanlagen zuständig. Zusätzlich obliegt diese Verpflichtung für verschiedene

Deichabschnitte auch unterschiedlichen Privaten (siehe Abb.9).

Der Deichverband Walsum unterhält Deiche von insgesamt 5,75 km Länge, der Deichverband

Orsoy Deiche von 4,7 km Länge, der Deichverband Friemersheim Deiche von 10,74 km Län-

ge und das Amt für Wasser- und Kreislaufwirtschaft der Stadt Duisburg Deiche von 33,72 km

Länge auf Duisburger Stadtgebiet.

Zusätzlich stellt das Amt für Wasser- und Kreislaufwirtschaft die Hochwasserschutzzentrale

für Duisburg. Sie ist für die Koordinierung und Abstimmung der einzelnen durchzuführenden

Maßnahmen sowie Festlegung der jeweiligen weiteren Vorgehensweisen im Falle eines

Hochwassers zuständig (siehe Tab. 2).

Bei zu erwartenden hohen Rheinwasserständen wird rechtzeitig der Hochwasserdienst gebil-

det. Ab einem Wasserstand von 10,50 Metern mit steigender Tendenz ist der Hochwasser-

dienst am Pegel Ruhrort rund um die Uhr besetzt.

Tab. 3: Wichtige Ereignisse des operativen Hochwasserschutzes bei am Pegel Ruhrort

gemessenen Wasserständen

Meter Ereignis 4.16 Mittelwasser (statisch berechneter 10 Jahres-Mittelwert aller Wasserstände) + 6.00 Hochwasserschutzzentrale von 8:30 bis 15:30 Uhr wochentags besetzt + 7.80 Mühlenweide überschwemmt + 8.60 Marientorschleuse ist geschlossen + 9.00 Obermeidericher Graben Kontrolle auf Drängewasser ggf. Hochwasserpumpe 9.30 Hochwassermarke I, Einschränkung für die Schifffahrt + 9.50 Auslösen SAE-Voralarm (Stab Außergewöhnlicher Ereignisse) + 10.00 Hochwasserschutzzentrale Tag und Nacht besetzt

Abstimmung mit dem Katastrophenschutz und den benachbarten Deichpflichti-gen Neuenkamp und Beeckerwerth Kontrolle auf Drängewasser ggf. Einsatz Hochwasserpumpe

+ 11.00 Dammbalkenverschluss / Schutzwall Eisenbahnhafen (Homberg), Krausstraße (Ruhrort)

+ 11.20 Deichverschluss Parallelhafen 11.30 Hochwasser Marke II, Einstellung Schifffahrt + 11.50 Dammbalkenverschluss Königstraße und Wilhelmallee (Alt-Homberg) + 12.00 Auslösen SAE-Alarm + 12.30 Dammbalkenverschluss Dammstraße / Rheinpreußenhafen + 13.00 Sandsacksicherung Freihafen

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Erste Deichabschnitte werden überflutet ab 13.25 Großschadensereignis (Katastrophenalarm wird ausgelöst)

Zusätzlich wird ein umfangreiches Schieberprogramm im Kanalnetz durchgeführt.

3.3 Ausführung der Deichbauten als Regelprofil nach dem Stand der Technik

Deiche und andere Hochwasserschutzanlagen dienen dazu, tiefer liegendes Gelände vor

Überflutungen zu schützen. Die Höhe und die technische Ausstattung eines Deiches wird

durch das so genannte "Rheindeich-Regelprofil" festgelegt. Es repräsentiert den Stand der

Hochwasserschutztechnik.

Für die Höhe des Deiches gilt: Bemessungshochwasser plus ein Meter für den Freibord, dort

verläuft die Deichkrone, die eine Breite von mindestens fünf Metern aufweist. Landeinwärts

schließt sich der Deichverteidigungsweg an, der auch mit schweren Lkw befahrbar ist. Unter

der Oberbodenabdeckung wird eine Dichtungsschicht, die das Einsickern von Wasser in den

Deich erschwert, eingebaut.

Während im Untergrund stark wasserdurchlässiger Sand und Kies vorherrschen, ist die

natürliche Auelehmschicht nur noch sehr gering wasserdurchlässig. Auf ihr ruht als

Stützelement der Deichstützkörper aus sandigem und kiesigem Material. Mutterboden und

Grasnarbe haben die Aufgabe, die Lehmdichtung sowie den Stützkörper zu schützen.

Abb. 10: Rheindeich - Regelprofil

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Der Raum zwischen Deich und Gewässer ist als ÜSG ausgewiesen und daher von Bebauun-

gen freizuhalten (vgl. Abschnitt 4.3).

Im Hinblick auf die Deiche als technische Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser muss dar-

über hinaus berücksichtigt werden, dass auch hinter den Deichen bestimmte Bereiche einer

vollständig freien Überplanung nicht zugängig sind.

Die Deichschutzverordnung (DSchVO) für den Regierungsbezirk Düsseldorf aus dem Jahr

2000 ist in diesen Gebieten mit den entsprechenden Auflagen zwingend zu beachten. Laut § 2

DSchVO werden zum Schutz der Deiche und sonstigen Hochwasserschutzanlagen Schutzzo-

nen (I bis III) festgelegt, die entsprechend dem jeweiligen Gefährdungsgrad Genehmigungs-

pflichten für bestimmte Maßnahmen bzw. Ge- und Verbote vorsehen (vgl. Abschnitt 4.3).

3.4 Deichsanierung und Deichrückverlegung Duisburg-Mündelheim

In Duisburg ist eine von mehreren auf den Rhein bezogenen Maßnahmen zur Ausweitung des

Retentionsraums in NRW vorgesehen, um den mitunter enormen Abflussmengen des Rheins

zusätzlichen Rückhalteraum zu bieten. Die Deichsanierung und Deichrückverlegung im

Rheinbogen Duisburg-Mündelheim erfolgt zwischen Düsseldorf-Bockum und Duisburg-

Ehingen von Rheinstrom-km 759,2 bis 768,5 rechtes Ufer. Der vorhandene Deich besitzt eine

Länge von rd. 7,7 km. Davon liegen rd. 550 m in Bockum auf Düsseldorfer Stadtgebiet.

Der bereits vorliegende Planfeststellungsbeschluss sieht eine Sanierung bzw. den Neubau von

Hochwasserschutzeinrichtungen auf einer Länge von 6.745 m vor. Hiervon werden aus Platz-

gründen ca. 500 m mit einer Spundwand auf Düsseldorfer Stadtgebiet ertüchtigt. Die restli-

chen rd. 6.245 m werden als Erddeich im Regelprofil in Form eines Dreizonendeichs (siehe

Abb. 10) im Stadtgebiet Duisburg erstellt. Die geplante Hochwasserschutzlinie folgt dabei auf

einer Länge von 5.112 m den bereits vorhandenen Hochwasserschutzeinrichtungen. Auf einer

Länge von 1.633 m verläuft der geplante rückverlegte Deich, der unter der Deichanlage mit

einer vertikalen Grundwassersperre in Form einer Dichtwand zur Verhinderung eines schnell

steigenden Grundwasserspiegels versehen wird. Der neue rückverlegte Deich kreuzt die B

288 auf der Hälfte der Verbindung zwischen dem Brückenkopf der Uerdinger Brücke und

dem Ortsteil Mündelheim. Hieraus folgend wird die B 288 in dem zu schaffenden Überflu-

tungsbereich wie eine Brücke aufgeständert.

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Die Deichrückverlegung schafft einen zusätzlichen Überflutungsraum für den Rhein von ca.

60 ha.

3.5 Zusammenarbeit im Einzugsgebiet Rhein

Am Rhein kann ein umfassender Hochwasserschutz nur durch die Zusammenarbeit aller

Rheinanlieger funktionieren. So wurden auch für Duisburg Hochwasseraktionspläne erarbei-

tet, die mögliche Defizite und notwendige Maßnahmen für hochwassergefährdete Gewässer

ausweisen. Hochwassergefahrenkarten wurden in Kooperation mit den hochwasserpflichtigen

Verbänden und den Kommunen erstellt.

Des Weiteren ist Duisburg Mitglied bei der Hochwassernotgemeinschaft Rhein e.V. Ziel

muss darüber hinaus sein, sich zukünftig auch am Arbeitskreis Hochwasserschutz und Ge-

wässer in NRW e.V. zu beteiligen.

Ein weiteres wichtiges Instrumentarium ist der Hochwasserwarndienst. Für den vorsorgenden

Hochwasserschutz ist eine gut funktionierende und sichere Hochwasservorhersage unabding-

bar. Für Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ist das Hochwassermeldezentrum in

Mainz zuständig. Hier ist man mittlerweile in der Lage, eine sichere Vorhersage für alle Pegel

am Niederrhein und somit auch für den Pegel in Ruhrort mit einer Vorlaufzeit von 24 Stunden

zu treffen.

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3.6 Überschwemmungsgebiete in Duisburg

Überschwemmungsgebiete (ÜSG) sind üblicherweise die Flächen vor einem Deich oder einer

anderen Hochwasserschutzanlage sowie alle sonstigen Gebiete, die bei Hochwasser regelmä-

ßig überflutet werden. In diesen Gebieten gelten im Hinblick auf die Veränderung der Land-

schaft (insbesondere der Errichtung von Bauwerken) strenge Restriktionen, die in den meisten

Fällen kaum zu überwinden sind (vgl. Abschnitt Zielformulierung).

Auf Duisburger Stadtgebiet entsprechen die Überschwemmungsgebiete des Rheins inklusive

der Rheinwasserfläche einer Gesamtfläche von ca. 35,3 km², ohne Rheinwasserfläche bei

Rhein-Mittelwasser von 23,3 km².

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3.6.1 Hochwasseraktionsplan Rhein

Abb. 11: Überschwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährdete Gebiete des Rhein (HQ 500 bei Deichversagen)

Für weitere Informationen zu den Überschwemmungsgebieten im Regierungsbezirk Düssel-

dorf siehe:

http://www.brd.nrw.de/umweltschutz/hochwasserschutz/pdf/Ueberschwemmungsgebiet_Rhei

n_Sued.pdf

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3.6.2 Hochwasseraktionsplan Ruhr

Im unteren Bereich der Ruhr sind innerhalb des Duisburger Stadtgebiets die ökonomischen

Hochwasserschadenspotenziale gering. Wesentliche Gründe hierfür sind die Bebauungsstruk-

tur und die Geländeform. Die Bebauung ist in diesen Teilen entweder geschützt oder die po-

tenziellen Überflutungsgebiete sind kaum berührt.

Abb. 12: Hochwasseraktionsplan Ruhr

Für weitere Informationen siehe: http://www2.brd.nrw.de/Dezernat_53/

Überflutungsflächen

ab HQ5

zusätzlich ab HQ10

zusätzlich ab HQ50 zusätzlich ab HQ100

zusätzlich ab HQ200

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3.6.3 Hochwasseraktionsplan Emscher

Im Gegensatz zu den meisten anderen Gewässern in NRW werden Hochwasserereignisse der

Emscher von den (direkten) Emscheranliegern meist wenig oder gar nicht bemerkt.

Hochwasser in der Emscher findet im Regelfall zwischen den Deichen statt, d. h. es werden

keine Flächen außerhalb der Emscherdeiche in Anspruch genommen. Der Grund dafür ist,

dass die Emscher von der Mündung in den Rhein bis zur Einmündung des

Schellenbruchgrabens (Station 32,6) bis zu einer Jährlichkeit HW200 hochwasserfrei

ausgebaut ist. Bedingt durch den in weiten Bereichen hohen Ausbaugrad ist das

Überflutungsgebiet der Emscher klein und Überflutungen führen zu vergleichsweise geringen

Schäden.

Bei Versagen oder Überströmung der Hochwasserschutzeinrichtungen treten Schäden in den

potenziellen Überflutungsgebieten hinter den Deichen auf. Die Ermittlung dieser potenziellen

Überflutungsgebiete sowie die Beurteilung möglicher Auswirkungen der Überflutung dieser

Flächen ist ein Aspekt des Hochwasseraktionsplans Emscher.

Abb. 13: Hochwasseraktionsplan Emscher

Für weitere Informationen siehe: http://www.eglv.de/we_hochwasser/1.php

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3.7 Hochwasserschutz an kleineren Gewässern

Sommergewitter können auch und gerade an kleinen Flüssen und Bächen Sturzfluten

erzeugen und zu erheblichen Überschwemmungen führen. Solche kleinräumigen

Gewitterzellen können prinzipiell an jedem beliebigen Ort auftreten. Deshalb gilt es auch an

den kleineren Gewässern Hochwasserschutz zu betreiben und Strategien zu entwickeln, wie

solchen Ereignissen begegnet werden kann.

Da gegen derartige kleinräumige, intensive Gewitterzellen ein Schutz durch technische

Schutzbauten nur eingeschränkt möglich ist, stehen hier - anders als am Rhein - nicht

konkrete Projekte, sondern vorsorgende Planungen im Vordergrund. Dazu gehören in erster

Linie die Maßnahmen des vorsorgenden Hochwasserschutzes, die sich aus dem „Gesetz zur

Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes" (Hochwasserartikelgesetz) des

Bundes vom 10. Mai 2005 ergeben.

Das heißt, es müssen für die Gewässer, für die nicht nur geringfügige Schäden durch

Hochwasser zu erwarten sind, Überschwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährdete

Gebiete ermittelt und festgestellt werden, auf deren Basis im Weiteren

Hochwasseraktionspläne und Gefahrenkarten zu erarbeiten sind (vgl. Abschnitt

Zielformulierung).

3.7.1 Überschwemmungsgebiete Angerbach

Angerbach

Das Einzugsgebiet des Angerbachs erstreckt sich von Wülfrath und Velbert im Osten bis

Düsseldorf-Bockum und Duisburg-Huckingen im Westen. Duisburg ist hier mit den Stadttei-

len Huckingen, Ungelsheim, Hüttenheim und Rahm involviert.

Hochwasseraktionsplan Anger

2001 wurde für den Angerbach ein Hochwasseraktionsplan (HWAP) erstellt. Hierbei wurden

für das Duisburger Stadtgebiet aufgrund der Rückstaudeiche durch Hochwasser des Rheins

nur die potenziellen Überschwemmungsgebiete ausgewiesen, welche sich im Bereich Kessel-

berg bis zum See „Zur Sandmühle“ befinden. Weitere Überschwemmungsgebiete finden sich

darüber hinaus lediglich außerhalb des Stadtgebiets (siehe Abb. 14).

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Abb. 14: Ausschnitt aus Blatt II des HWAP Anger

(Quelle: http://www.brd.nrw.de/umweltschutz/hochwasserschutz/pdf/karte09-bl2.pdf)

Da der Angerbach im Bereich Duisburgs leistungsfähig ausgebaut ist, kann davon ausgegan-

gen werden, dass das Schadenspotenzial im Stadtgebiet allenfalls gering ist. Objektschäden

sind durch Hochwasser am Angerbach nicht zu erwarten. Die gewässerbegleitenden Deiche

am Angerbach in Duisburg schützen vor dem rückgestauten Hochwasser im Rhein.

Ziel

In der Vergangenheit wurde ein Niederschlags-Abflussmodell (NA-Modell) für das Einzugs-

gebiet des Angerbachs bis zur Stadtgrenze Düsseldorf / Duisburg erarbeitet. Es wird empfoh-

len, dieses NA-Modell für das gesamte Einzugsgebiet bis zur Mündung in den Rhein aufzu-

stellen, um das Abflussgeschehen im Mündungsbereich und insbesondere im Rahmer Bach

beurteilen zu können.

Weitere Informationen zum HWAP Anger finden sich bei der Bezirksregierung Düsseldorf

unter http://www.brd.nrw.de/umweltschutz/hochwasserschutz/Anger.html.

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3.7.2 Weitere Überschwemmungsgebiete im Duisburger Süden

Über den Angerbach hinaus sind noch weitere Überschwemmungsgebiete im Duisburger Sü-

den bekannt, die im Folgenden stichwortartig aufgelistet werden (siehe auch Abb.15).

Alter Angerbach

• Gebiet zwischen der U-Bahnhaltestelle Kesselberg und Haus Böckum

• Erholungspark Biegerhof oberhalb des Sportplatzes

• Gebiet um den „Schwanenteich“

Rahmer Bach

• Im westlichsten Bereich der Straße „Am Rahmer Bach“. Hier treten örtliche Überflu-

tungen auf, die teilweise eines Objektschutzes bedürfen.

Dickelsbach

• Grindsmark nördlich der A 528

• Grindsmark südlich der Saarner Straße

• Rehwiesen im Bereich zwischen Tilsiter Ufer und Pregelweg

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Abb. 15: ÜSG im Süden Duisburgs seit 1999

Die Auflistung der ÜSG ist bislang noch unvollständig und nur grob beschrieben. Zukünftig

gilt es, die hochwassergefährdeten Bereiche der kleineren Gewässer möglichst umfassend zu

ermitteln.

3.7.3 Hochwasserschutz im linksrheinischen Stadtgebiet (Gewässer 2. Ordnung und

sonstige Gewässer)

Hochwassergefahrenkarten für linksrheinische Gewässer im Stadtgebiet Duisburg sind nicht

vorhanden. Da die Gewässer nicht in der Gewässerliste für Überschwemmungsgebiete nach §

112 Abs. 2 LWG aufgeführt wurden, ist eine entsprechende Erstellung auch nicht geplant.

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Die Linksniederrheinischen Entwässerungs-Genossenschaft (LINEG) hat für die Stadt Duis-

burg folgende Aufgaben der Gewässerunterhaltung übernommen:

• Regelung des Wasserabflusses einschließlich Ausgleich der Wasserführung und

• Sicherung des Hochwasserabflusses der oberirdischen Gewässer oder Gewässerab-

schnitte sowie in deren Einzugsgebieten.

Kuppengraben

Bei Sommerhochwasser wird die Schleuse am Sommerdeich durch den Deichverband Frie-

mersheim geschlossen. Bei Hochwasser wird das Wasser im Kuppengraben über die auf dem

linken Ufer befindliche Hochwasserpumpanlage der LINEG auf die andere Deichseite ge-

pumpt.

Das Einzugsgebiet des Schwafheimer Bruchkegels, des Rumelner Bachs, des Dreverbachs

und des Kuppengrabens wird geprägt durch städtische Bebauung. Durch die Zunahme der

Versiegelung und die damit schnellere Ableitung von Niederschlagwasser in die Gewässer

kommt es im Bereich der Kleingartenanlagen „Trompeter Loch“ und „In den Bänden“ be-

dingt durch das Hochwasser im Kuppengraben zu Überschwemmungen.

Zur Ausweitung des Retentionsraums und somit zur Eindämmung einer Hochwassergefahr

sollen schrittweise, abhängig von ihrer Wirkungsweise, bis zu vier Feuchtbiotope angelegt

werden:

� Feuchtbiotop 1 am Dreverbach – wird zurzeit umgesetzt

� Feuchtbiotop 3 am Rumelner Bach

� Feuchtbiotop 5 und 6 am Kuppengraben

� Feuchtbiotop 7 am Dreverbach

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4. Handlungsbedarf Hochwasserschutz

4.1 Handlungsbedarf für die gewässerbezogene Fachplanung

Verfolgung einer gesamtheitlich ausgerichteten Hochwasservorsorge und Sicherung des

Hochwasserabflusses auch im Hinblick auf die weiter steigenden Anforderungen aufgrund der

Auswirkungen des Klimawandels.

� Erstellung von Hochwasserrisikokarten und Hochwassergefahrenkarten (gemäß EU-

Richtlinie bis 22. Dezember 2013).

� Entwicklung der Hochwassermanagementpläne (gemäß EU-Richtlinien bis 22 De-

zember 2015).

� Feststellung und Ausweisung hochwassergefährdeter Bereiche für alle Gewässer.

� Erarbeitung von Hochwassergefahrenkarten und -aktionsplänen (Hochwasserschutz-

pläne) auch für die noch fehlenden kleinen Gewässer.

Sofern die Einzugsgebiete der jeweiligen Gewässer die Stadtgrenzen übergreifen, ist

eine intensive Abstimmung mit den Fachabteilungen der entsprechenden Städte erfor-

derlich.

� Entwicklung von Konzepten zum Umgang mit Drängewasser (insbesondere in Neu-

enkamp, da in diesem Bereich das größte Schadenspotenzial besteht).

� Aufstellung eines Niederschlags-Abflussmodells für das gesamte Einzugsgebiet des

Angerbachs bis zur Mündung in den Rhein, um das Abflussgeschehen im Mündungs-

bereich und insbesondere im Rahmer Bach beurteilen zu können.

� Sanierung der bestehenden technischen Deichanlagen entsprechend der Erfordernisse.

Ausbau der Deiche auf Bemessungshochwasser BHQ 2004 gemäß den technischen

Vorgaben des Landes. Das BHQ 2004 beträgt lt. Erlass des MUNLV vom 18.09.2003,

Az. IV-10-4200, am Pegel Emmerich 14.500 m³/s.

Aktuell werden folgende Deichsanierungsmaßnahmen durchgeführt oder befinden sich

in der Planungsphase:

- Mündelheim mit Schaffung eines Retentionsraumes von ca. 60 ha (Planfeststel-

lungsgenehmigung liegt vor). Baubeginn in 2011.

- Angerbach Entwurfsplanung (zum Teil fertig).

- Homberg – sanierungsbedürftig, Vorplanung (zum Teil fertig).

- Erneuerung der Marientorschleuse (Vorplanung der ersten Schritte begonnen).

- Überprüfung Deichanlagen Neuenkamp, Laar/Beeckerwerth (zeitnah geplant).

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Tab. 4: Sanierungsstand und -bedarf der städtischen Hochwasserschutzanlagen

Stand der Sanierung Rhein-km Abschnitt Sanierungsaufwand (geschätzt)

Fertig - - - Im Bau - - - Planfestgestellt 759,2 – 768,5 Deich Mündelheim 6,7 km – 57 Mio. € Im Planfeststellungs-verfahren

- - -

Beginn der Vorplanung 779,0 – 784,3 Deich Homberg 3,2 km – 10 Mio.€ Sanierung ca. 0,9 Mio € 776,5 Marientorschleuse Erneuerung ca. 35 Mio. €

771 Deich Angerbach 3,0 km – 8 Mio. € Untersuchungsbedürftig 777,0 - 779,8 Deich Neuenkamp 4,2 km 781,0 - 783,5 Laar/Beeckwerth 2,5 km 780,0 – 781,0 Ruhrort 1,0 km 788,0 - 788,7 Kläranlage Alte

Emscher 0,7 km

777 Parallelhafen 2,1 km

4.2 Handlungsbedarf im Verbund mit anderen Fachplanungen

� Entwicklung eines Konzepts zur Bewirtschaftung des Niederschlagswassers.

Ziel muss es sein, eine Erhöhung des Wasserrückhalts im Einzugsgebiet durch Förde-

rung der Niederschlagswasserversickerung und Begrenzung weiterer Versiegelung

(bzw. nach Prüfung der Gegebenheiten sogar einer Entsiegelung bestehender Flächen)

oder einer geplanten Einleitung des Regenwassers in lokale Gewässer zu erreichen.

Inzwischen ist bereits vom Amt für Wasser- und Kreislaufwirtschaft damit begonnen

worden, ein derartiges Regenwasserbewirtschaftungskonzept aufzustellen.

Neben den Aspekten des Gebietswasserhaushalts sind hierbei insbesondere auch die

Grundwasserverhältnisse und die lokalen Bodenbeschaffenheiten einzubeziehen, wo-

bei in diesem Zusammenhang auch Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen

eine erhebliche Bedeutung zukommt. Den in Duisburg vielfach auftretenden Zielkon-

flikt zwischen einer Erhöhung der Versickerung des Niederschlagswassers und dem

Schutz der Grundwassergüte (vor dem Auswaschen im Boden vorhandener Schadstof-

fe) gilt es durch intensive Abstimmungen zwischen den jeweiligen Fachplanungen lo-

kalspezifisch aufzulösen.

� Entwicklung von Konzepten zur abgestimmten Schaffung bzw. Gestaltung von

Gewässerauen und Gewässerrandstreifen.

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Da naturnahe Gewässer mit ihren Auen in hohem Maße in der Lage sind, ausuferndes

Wasser zwischenzuspeichern und auf diese Weise extreme Wellenscheitel zu kappen,

ist der Erhalt naturnaher Auen bzw. deren Wiederherstellung durch Renaturierungs-

maßnahmen ein wesentlicher Bestandteil eines vorsorgenden Hochwasserschutzes.

Auch in diesem Zusammenhang gilt es, eine intensive Abstimmung zwischen der

Gewässer- und der Grünplanung herzustellen.

� Entwicklung von Konzepten zur Bewirtschaftung des Deichvorlands und der Ü-

berschwemmungsgebiete (gemäß der EU-Richtlinien).

In den Deichvorländern gilt es, Formen der Bewirtschaftung zu finden, die einerseits

die Anforderungen des Hochwasserschutzes erfüllen, andererseits aber auch eine mög-

lichst den Zielen der Grünplanung (im Hinblick auf Natur- und Landschaftsschutz, a-

ber auch der Erholung des Menschen) entsprechende Nutzung und Gestaltung erlau-

ben.

� Verbesserung der Zusammenarbeit des Hochwasser- und des Katastrophen-

schutzes.

In diesem Zusammenhang ist u. a. die Durchführung weiterer Übungen zur Gefahren-

abwehr ein wichtiger Bestandteil.

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4.3 Auswirkungen auf die Stadtplanung

Von zentraler Bedeutung für die Stadtplanung ist im vorliegenden Zusammenhang die Siche-

rung ausreichenden Retentionsraums, um die Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Sach-

güter zukünftig ggf. verstärkt zu erwartender Hochwasser möglichst gering zu halten. Darüber

hinaus muss der langfristig gesicherte Betrieb der Hochwasserschutzanlagen unterstützt und

die Ausweisung zukünftiger Nutzungen in hochwassergefährdeten Bereichen des Stadtgebiets

kritisch geprüft werden.

Überschwemmungsgebiete

Durch die Ausweisung der Überschwemmungsgebiete des Rheins (in Form der Ordnungsbe-

hördlichen Verordnung zur Sicherung des Überschwemmungsgebietes des Rheins im Regie-

rungsbezirk Düsseldorf zwischen Rhein-Strom km 707 rechtes Ufer und 711,2 linkes Ufer

und 857,7 rechtes Ufer und 865,5 linkes Ufer) soll der notwendige Überschwemmungsbereich

zwischen den Deichen für eine eventuelle Gefahrenabwehr bei Hochwasser gesichert werden.

Für diesen Bereich gibt es konkrete Auflagen. Es dürfen hier, von wenigen an außerordentlich

strenge Bedingungen geknüpften Ausnahmen abgesehen, keine neuen Baugebiete ausgewie-

sen werden. Des Weiteren gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung der Rheinvor-

länder, da der Hochwasserabfluss nicht behindert werden darf. Alle Maßnahmen baulicher

aber auch gestalterischer Art (z. B. Anpflanzungen von Bäumen oder Sträuchern) bedürfen

daher im Überschwemmungsgebiet des Rheins der behördlichen Genehmigung. Die gemäß

der Überschwemmungsgebietsverordnung vorläufig gesicherten Bereiche müssen im Flä-

chennutzungsplan und in den relevanten Bebauungsplänen vermerkt werden.

Gleiches gilt für die Überschwemmungsgebiete anderer Gewässer. Grundsätzlich sollen auch

diese von jeglicher Überbauung freigehalten und als Kennzeichnung in die Bauleitplanung

übernommen werden.

Seit 02.07.2010 sind auch die Überschwemmungsgebiete der Ruhr (in Form der Ordnungsbe-

hördlichen Verordnung zur Sicherung des Überschwemmungsgebietes der Ruhr im Regie-

rungsbezirk Düsseldorf von Ruhr km 0,0 bis Ruhr km 49,315 linkes Ufer) ausgewiesen.

Deichschutzzonen

Im Hinblick auf die Deiche als technische Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser muss dar-

über hinaus berücksichtigt werden, dass auch hinter den Deichen bestimmte Bereiche einer

vollständig freien Überplanung nicht zugängig sind. In diesen Deichschutzzonen sind die je-

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weiligen Auflagen der Deichschutzverordnung (DSchVO) mit den gestaffelt aufeinander auf-

bauenden Bestimmungen zu Verboten und Genehmigungspflichten unbedingt zu beachten.

Die Deichschutzverordnung gilt für alle Hochwasserschutzanlagen an Gewässern 1. Ordnung

sowie für alle Hochwasserschutzanlagen im Rückstaubereich dieser Gewässer im Regie-

rungsbezirk Düsseldorf.

Als Deichanlagen fallen hierunter neben den Banndeichen auch alle anderen Hochwasser-

schutzanlagen wie Sommerdeiche (Teilschutzdeich), Schlafdeiche (2. Deichlinie), Leitdeiche.

Grundlage ist der jeweils aktuelle genehmigte Plan des Hochwasserschutzpflichtigen über die

Hochwasserschutzanlagen.

Die Schutzzone I umfasst dabei die Hochwasserschutzanlage sowie einen Streifen von je vier

Metern auf der Wasser- und der Landseite. In dieser Zone regeln umfassende Auflagen und

Verbote die unmittelbare Sicherheit der Anlagen sowie die Gewährleistung des Hochwasser-

schutzes.

Die Schutzzone II umfasst einen sich hieran anschließenden Streifen, dessen äußere Grenze

zehn Meter vor dem land- bzw. wasserseitigen Fuß verläuft. In dieser Zone ist u. a. die Errich-

tung baulicher Anlagen, die nicht der Regelung des Wasserabflusses oder des Hochwasser-

schutzes dienen, verboten.

Die Schutzzone III umfasst einen sich wiederum hieran anschließenden Streifen, dessen äuße-

re Grenze 100 m vor dem land- bzw. wasserseitigen Fuß verläuft. In dieser Zone sind wesent-

liche Eingriffe in die Deckschicht und insbesondere die Errichtung, der Abriss oder die we-

sentliche Veränderung von baulichen Anlagen genehmigungsbedürftig.

Auch wenn die angeführten Bereiche einer freien Überplanung für die Siedlungsentwicklung

nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen, so lassen sich dennoch unter Berücksichtigung

der DSchVO bestimmte Belange einer umfassenden Stadtentwicklung mit dem erforderlichen

Hochwasserschutz vereinbaren.

Schon heute werden an verschiedenen Stellen in Duisburg angrenzende Stadtteile über Wege

auf den Deichkronen sowie über Deichverteidigungswege miteinander verbunden. Dieses

Rad- und Gehwegenetz wird dabei nicht nur von Naherholern aus dem direkten Umfeld ge-

nutzt, sondern trägt vielfach auch zur weitläufigen Verbindung der Rheinanlieger-Städte bei.

Der als „Erlebnisschiene Rhein“ gekennzeichnete touristische Radwanderweg zwischen Bonn

und Duisburg, welcher in Teilen über die Hochwasserschutzeinrichtungen geführt wird, stellt

beispielsweise eine derartige Aufwertung der Rheinschiene für Touristen und Naherholer dar

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und trägt nicht zuletzt auch zu einem positivem Image der Stadt Duisburg bei. In Zusammen-

arbeit mit den benachbarten Kommunen sollte darauf hingewirkt werden, ein derartiges att-

raktives regionales Wegenetz weiter auszubauen, wodurch letztlich auch dazu beigetragen

werden kann, den nicht motorisierten Individualverkehr zu fördern. Derartige Bestrebungen

einer Verbindung von Freizeit und Erholung sowie des Ausbaus bzw. der Sanierung der not-

wendigen Hochwasserschutzeinrichtungen sollten somit auch weiterhin, unter der Verkehrssi-

cherungspflicht der Stadt Duisburg, vorangetrieben werden.

Überschwemmungsgefährdete Gebiete

Obwohl durch anlagenbezogene Hochwassersicherungen in Duisburg ein erhebliches Maß an

Sicherheit gewährleistet wird, darf im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklungsplanung

auch das Restrisiko von Überschwemmungen im Katastrophenfall nicht vernachlässigt wer-

den. D. h. die Bereiche des Stadtgebiets, die im Falle eines Versagens der Hochwasserschutz-

einrichtungen (Deiche und / oder Pumpen, vgl. hierzu auch Handlungsfeld Grundwasser) von

Überschwemmungen betroffen sein können (d. h. die überschwemmungsgefährdeten Gebie-

te), müssen ebenso wie die noch nicht festgesetzten Überschwemmungsgebiete in den weite-

ren Planungen mindestens als Hinweis vermerkt werden, um das Bewusstsein der in diesen

Gebieten lebenden Menschen für dieses Restrisiko zu wecken bzw. aufrechtzuerhalten. Nur

auf diese Weise besteht auch die Möglichkeit, ein individuell als erforderlich angesehenes

Maß an Eigenvorsorge zu betreiben.

In den als besonders gefährdet eingeschätzten Gebieten sollte darüber hinaus jedoch nach

Möglichkeit das zusätzliche personen- oder sachgüterbezogene Schadenspotenzial nicht wei-

ter vergrößert werden. Aus Sicht des Hochwasserschutzes sollten die überschwemmungsge-

fährdeten Gebiete somit bei der zukünftigen Ausweisung von Flächennutzungen in besonde-

rem Maße berücksichtigt werden. Gerade in diesen potenziellen Risikogebieten sollte mög-

lichst keine vorrangige bauliche Nutzung entwickelt werden.

Ähnliches gilt für die Bereiche, die nachweislich durch Drängewasser betroffen sind. Auch in

diesen Bereichen sollte nach Möglichkeit keine weitere Siedlungstätigkeit erfolgen (vgl. auch

Ausführungen zu hohen Grundwasserständen im Handlungsfeld Grundwasser).

Ausweitung des Retentionsraums

Da naturnahe Gewässer und ihre Auen in hohem Maße dazu beitragen, ausuferndes Wasser

zwischenzuspeichern und auf diese Weise Hochwasserwellen zu reduzieren, kommt der zu-

sätzlichen Flächenbereitstellung für Überschwemmungsbereiche sowie der Renaturierung der

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Gewässer und deren Randstreifen nicht nur eine erhebliche Bedeutung für die Gewässerunter-

haltung, den Natur- und Landschaftsschutz sowie die Erholung des Menschen zu (vgl. Hand-

lungsfeld Oberflächengewässer), sondern gleichzeitig auch für die Sicherheit vor dem Was-

ser. Wann immer im Zuge des Stadtumbaus die Chance besteht, gewässerbegleitende Flächen

neuen Nutzungen zuführen zu können, sollte dieser Aspekt entsprechend der Vision, Duisburg

zur Stadt mit ausgeprägten grünen und blauen Freiräumen zu entwickeln, zwingende Berück-

sichtigung finden. Ziel muss dabei die Schaffung und Stärkung eines weit gespannten sowie

eng gewebten grün und blau geprägten Verbundnetzes sein (vgl. Handlungsfeld Grün- und

Landschaftsplanung).

Das ebenfalls in diese Richtung weisende, zunächst vorrangig auf die großen Gewässer proji-

zierte Ziel des Zukunftsmanagements, die verfügbar werdenden Flächen am Wasser primär

für Wohnen, DL-Gewerbe, Freizeit und Freiraumfunktionen zu nutzen, sollte auch im Hin-

blick auf die kleineren Gewässer Anwendung finden. Da auch für die in bestimmten Berei-

chen des Stadtgebiets zu verfolgenden angeführten siedlungsraumbezogenen Nutzungen nicht

nur einem wirksamen Hochwasserschutz, sondern auch einem attraktiven Umfeld eine heraus-

ragende Bedeutung zukommt, sollten jedoch selbst in diesen Fällen in einer modernen Stadt-

planung ausreichende Flächen für eine naturnahe Gestaltung der Fließgewässer Berücksichti-

gung finden.

Im Hinblick auf die Schaffung weiteren Retentionsraums wird, zunächst bezogen auf den

Rhein, über die bevorstehende Deichrückverlegung in Mündelheim hinaus aller Wahrschein-

lichkeit nach kaum Potenzial für die Bereitstellung weiterer großflächig rückgewinnbarer Ü-

berschwemmungsflächen bestehen. Insofern muss es hier, ebenso wie im Bereich der Ruhr,

vornehmlich gelten, die vorhandenen Flächen dauerhaft zu sichern.

Für die kleineren Gewässer sollte jedoch unbedingt darauf hingewirkt werden, zusätzlichen

Retentionsraum zu gewinnen bzw. vorzuhalten. Hierzu sollten grundsätzlich beiderseits der

Gewässerverläufe ausreichend dimensionierte Randstreifen, deren spezifische Ausdehnung

sich nach Möglichkeit an den natürlichen Auen orientieren sollte, von Bebauung und intensi-

ven Bewirtschaftungen (z. B. landwirtschaftlicher oder gärtnerischer Art) freigehalten wer-

den. Solange für die kleineren Gewässer im Duisburger Stadtgebiet jedoch keine Informatio-

nen zu den speziellen Hochwasserrisiken und darauf abgestimmten Managementplänen vor-

liegen, muss, auch wenn das Ausmaß der grundsätzlich bedeutsamen Flächen in hohem Maße

von den konkreten örtlichen Gegebenheiten abhängt, zunächst ein pauschaler Ansatz gewählt

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werden. Bei Gewässern zweiter Ordnung und sonstigen Gewässern (in Duisburg also vom

Rhein abgesehen alle Fließgewässer) sollte somit ein Gewässerrandstreifen von auf beiden

Gewässerseiten mindestens zehn Metern vor- und damit von Bebauung und anderen intensi-

ven Nutzungen freigehalten werden.

Aus Sicht der möglichst weitgehenden Gewährleistung des Hochwasserschutzes auch im

Hinblick auf die Folgen potenziell zunehmender Extremwetterereignisse sind die Gewässer-

randstreifen als Vorrangflächen Wasser (in diesem Zusammenhang vor allem im Hinblick auf

den Schutz vor dem Wasser) zu definieren und mit entsprechender Gewichtung in der Stadt-

entwicklung zu berücksichtigen.

Insgesamt ist somit in den definierten Bereichen der Erhalt bzw. die Schaffung von Grün- und

Freiflächen anzustreben. Auch die Ausweisungen „Flächen, die im Interesse des Hochwasser-

schutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind“ oder „Flächen für Maß-

nahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“

werden in diesem Zusammenhang als Planungsempfehlung für die vorbereitende Bauleitpla-

nung näher prüfenswert sein (vgl. auch Handlungsfeld Oberflächengewässer).

Empfehlungen / Leitlinien für die Flächennutzungsplanung 2027

- Freihalten aller Überschwemmungsgebiete insbesondere von Siedlungsentwick-lung / baulichen Nutzungen.

- Freihalten des unmittelbaren Deichhinterlandes insbesondere von baulichen Nut-zungen (entsprechend den Auflagen der DSchVO).

- Schaffung zusätzlichen Retentionsraums insbesondere an den kleinen Gewäs-

sern.

- Freihalten der natürlichen Gewässerauen bzw. eines Gewässerrandstreifens von beiderseits mindestens 10 Metern Breite von baulicher und anderweitig intensiver Nutzung und Schaffung der Möglichkeiten zur naturnahen Gestaltung.

- Berücksichtigung der überschwemmungsgefährdeten Gebiete (sowohl ausge-

hend von Oberflächengewässern, als auch vom Grundwasser (Sümpfungsgebie-te und Drängewassergebiete)) bei der weiteren Ausweisung von Flächennutzun-gen. In diesen potenziellen Risikogebieten sollte nicht vorrangig bauliche Nut-zung entwickelt werden.