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Hans-Günter Heumann Das Klavier Das Klavier

Hans-Günter Heumann Das Klavier · Heute wird der Ausdruck „Klavier“ oft als Sammel - bezeichnung für Klavier und Flügel verwendet. Im Klavier sind die Saiten jedoch aufrecht

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Hans-Günter Heumann

DasKlavierDasKlavier

Vorläufer des Klaviers, aus: Syntagma musicum von MichaelPraetorius, 1619

Das Klavier – ein Steckbrief

Um 1800 verdeutschte Beethoven den Namen

„Pianoforte“ und gab seine Sonaten fortan unter der

Bezeichnung „für das Hammerklavier“ heraus.

Heute wird der Ausdruck „Klavier“ oft als Sammel -

bezeichnung für Klavier und Flügel verwendet. Im

Klavier sind die Saiten jedoch aufrecht stehend

angeordnet, während sie beim Flügel in der

Waagerechten liegen (s. S. 19f.).

GattungDas Klavier gehört zur Familie der Tasten instrumente.

Es ist aber gleichzeitig auch ein Saiten instrument.

Clavichord, Cembalo, Spinett und Virginal sind seine

Vorläufer.

Größe und Gewicht Es gibt verschieden große Klaviere und Flügel. Die

meisten Klaviere sind

� 100–130 cm hoch,

� 135–145 cm breit,

� 50–65 cm tief und etwa

� 200 kg schwer.

Der kleinste Flügel hat eine Länge von 150 cm, eine

Breite von ungefähr 145 cm und ein Gewicht von

ca. 250 kg.

Ein Konzertflügel hat etwa eine Länge von 275 cm,

eine Breite von 157 cm und das Gewicht beträgt

ca. 480 kg.

Besondere MerkmaleKlavier und Flügel haben ein Gehäuse, einen

Resonanzboden, einen gusseisernen Metallrahmen,

an dem die Saiten befestigt sind, Pedale und das so ge-

nannte „Spielwerk“ – also die Hammermechanik, die

aus vielen tausend Einzelteilen besteht. Die Klaviatur

oder Tastatur umfasst meist 88 Tasten. Große Konzert -

flügel haben im Vergleich zum Klavier oft bis zu neun

zusätzliche Tasten im Bassbereich.

Das Klavier – ein Steckbrief

10 11

Geburtstag und Geburtsort

Der Name

Im Barock bezeichnete man als „Clavier“ eigentlich

jedes Instrument mit einer Klaviatur – egal ob es eine

Orgel, ein Clavichord, ein Cembalo, ein Spinett oder ein

Hammerklavier war.

Cristofori nannte sein neu entwickeltes Klavier zu-

nächst „Gravicembalo col piano e forte”, also:

„Großes Cembalo, das leise und laut spielen kann“.

Schon bald wurde der Name zu „Pianoforte” oder

„Fortepiano” abgekürzt.

11698 begann der Instrumentenbauer Bartolomeo Cristofori (1655–1731) in Florenz mit dem Bau eines Klaviers,

dessen Saiten mit Hämmerchen angeschlagen wurden. Zwei Jahre später war das erste „Hammerklavier“

– auch „Hammerflügel“ genannt – fertig. Damit war der Grundstein für die Entwicklung unseres heutigen

Klaviers gelegt.

Florenz um 1750

Der längste Flügel der Welt wird in Italien gebautund hat eine Länge von 3,08 m. Er besitzt nicht nurdrei, sondern vier Pedale. Mit dem zusätzlichenPedal kann die Lautstärke reduziert werden, ohnedie charakteristische Klangfarbe zu verändern.

Schon gewusst??

Das Innenleben des Klaviers

Blick in einen Flügel

Vorläufer des Klaviers, aus: Syntagma musicum von MichaelPraetorius, 1619

Das Klavier – ein Steckbrief

Um 1800 verdeutschte Beethoven den Namen

„Pianoforte“ und gab seine Sonaten fortan unter der

Bezeichnung „für das Hammerklavier“ heraus.

Heute wird der Ausdruck „Klavier“ oft als Sammel -

bezeichnung für Klavier und Flügel verwendet. Im

Klavier sind die Saiten jedoch aufrecht stehend

angeordnet, während sie beim Flügel in der

Waagerechten liegen (s. S. 19f.).

GattungDas Klavier gehört zur Familie der Tasten instrumente.

Es ist aber gleichzeitig auch ein Saiten instrument.

Clavichord, Cembalo, Spinett und Virginal sind seine

Vorläufer.

Größe und Gewicht Es gibt verschieden große Klaviere und Flügel. Die

meisten Klaviere sind

� 100–130 cm hoch,

� 135–145 cm breit,

� 50–65 cm tief und etwa

� 200 kg schwer.

Der kleinste Flügel hat eine Länge von 150 cm, eine

Breite von ungefähr 145 cm und ein Gewicht von

ca. 250 kg.

Ein Konzertflügel hat etwa eine Länge von 275 cm,

eine Breite von 157 cm und das Gewicht beträgt

ca. 480 kg.

Besondere MerkmaleKlavier und Flügel haben ein Gehäuse, einen

Resonanzboden, einen gusseisernen Metallrahmen,

an dem die Saiten befestigt sind, Pedale und das so ge-

nannte „Spielwerk“ – also die Hammermechanik, die

aus vielen tausend Einzelteilen besteht. Die Klaviatur

oder Tastatur umfasst meist 88 Tasten. Große Konzert -

flügel haben im Vergleich zum Klavier oft bis zu neun

zusätzliche Tasten im Bassbereich.

Das Klavier – ein Steckbrief

10 11

Geburtstag und Geburtsort

Der Name

Im Barock bezeichnete man als „Clavier“ eigentlich

jedes Instrument mit einer Klaviatur – egal ob es eine

Orgel, ein Clavichord, ein Cembalo, ein Spinett oder ein

Hammerklavier war.

Cristofori nannte sein neu entwickeltes Klavier zu-

nächst „Gravicembalo col piano e forte”, also:

„Großes Cembalo, das leise und laut spielen kann“.

Schon bald wurde der Name zu „Pianoforte” oder

„Fortepiano” abgekürzt.

11698 begann der Instrumentenbauer Bartolomeo Cristofori (1655–1731) in Florenz mit dem Bau eines Klaviers,

dessen Saiten mit Hämmerchen angeschlagen wurden. Zwei Jahre später war das erste „Hammerklavier“

– auch „Hammerflügel“ genannt – fertig. Damit war der Grundstein für die Entwicklung unseres heutigen

Klaviers gelegt.

Florenz um 1750

Der längste Flügel der Welt wird in Italien gebautund hat eine Länge von 3,08 m. Er besitzt nicht nurdrei, sondern vier Pedale. Mit dem zusätzlichenPedal kann die Lautstärke reduziert werden, ohnedie charakteristische Klangfarbe zu verändern.

Schon gewusst??

Das Innenleben des Klaviers

Blick in einen Flügel

Die schwingende SaiteDrückt man eine Taste auf dem Klavier nieder, so

schnellt der Hammer an die Saite und ein Ton erklingt.

Ein Ton – als Ergebnis einer einfachen sinusförmigen

Schwingung – kommt in der Praxis nur selten vor.

Der Ton macht die Musik 4Der Ton macht die Musik

22 23

Sieh, dein Klavikord athmet ja so sanft wie dein

Herz.

Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791)

Man muss vergessen, dass das Klavier Hämmer hat.

Claude Debussy (1862–1918)

Ein schöner TonSeit jeher haben Pianisten und andere Musiker

versucht, den Klang des Klaviers zu beschreiben. Hier

einige Kostproben:

Theoretisch besteht ein Ton aus unendlich vielen

Obertönen, aber nur eine bestimmte Anzahl sind

überhaupt wahrnehmbar. Der Ton C setzt sich aus

folgenden Teiltönen zusammen: C, c, g, c1, e1, g1, b1,

Spiel jeden Ton so, als ob es um dein Leben ginge!

Mitdenken! Ja nicht die Finger laufen lassen! Bei

Klassik – bei Jazz – ganz egal. Denn es geht ja wirk-

lich um dein Leben.

Friedrich Gulda (1930–2000)

Ein Flügel, das ist nicht ein Instrument – das sind

hundert.

Anton Rubinstein (1829–1894)

Den Flügel braucht man insgemein zu starcken

Musicken (…). Der Ton des Flügels (…) fällt allen

deutlich ins Gehör. Dahero weiß ich, dass sogar zer-

streuete und weitläuftige Musicken, bei welchen offt

viele freywillige und mittelmäßige Musici (Musiker)

sich befunden haben, bloß durch den Ton des Flügels

in Ordnung erhalten worden sind (…)

Carl Philipp Emanuel Bach, 1753, aus: Versuch über

die wahre Art das Clavier zu spielen

Das Klavier ist ein Schlaginstrument, das man zum

Singen bringen muss.

Vladimir Horowitz (1904–1989)

Meist klingt zum Grundton noch eine ganze Reihe

von anderen Tönen mit. Der Akustiker (Schallexperte)

bezeichnet dieses Tongemisch als „Klang“. Die

Summe dieser Obertöne bildet zusammen den

Klangcharakter des Tones. Anzahl und Stärke der

Obertöne sind bei jedem Instrument verschieden und

geben ihm seine eigene Klangfarbe.

Beim Klavier lassen sich Obertöne durch ein ein -faches Experiment hörbar machen:

1. Die Taste des großen C (s. S. 24) wird „stumm“gedrückt, das heißt, der Ton darf nicht hörbarerklingen.

2. Nun wird kurz und kräftig das Kontra C an ge -schlagen, während das große C gehalten bleibt.Was passiert? Die Saite des großen C wurde durchdas Kontra-C mit in Schwingung versetzt und derTon ist leise wahrnehmbar.

Man kann diesen Vorgang auch mit Stummdrückender Tasten c, g (kleine Oktave) und c1, e1, g1 (ein -gestrichene Oktave) wiederholen. Dabei sind dieentsprechenden Töne, je weiter man in der Ober -tonreihe nach oben fortschreitet, immer leiser undschwerer zu hören.

Schon gewusst??

Zeit

Amplitude (Schwingungsweite, Ausschlag)

D 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

G

Sinusschwingung. Der Sinuston klingt aufgrund seiner fehlendenObertonstruktur eigentümlich dunkel.

Teiltöne: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Grundton

c2, d2, e2 usw.

Wie entstehen verschiedeneTonhöhen?Die Stahlsaiten im Klavier sind von unterschiedlicher

Länge. Die kurzen Saiten des Klaviers schwingen

schnell und erzeugen hohe Töne, die langen Saiten ent-

sprechen niedrigen Schwingungszahlen und tiefen

Tönen. Der Resonanzboden nimmt die Schwingungen

der Saiten auf und verstärkt dabei den Klang. Die

Größe und Beschaffenheit eines Raumes entscheiden

auch darüber, wie laut oder leise ein Klavier klingt.

Der Weg zum OhrDie Schwingungen der Saiten erreichen über die Luft

als Schallüberträger das Ohr des Spielers und

Zuhörers. Die Schallwellen gelangen nun durch den

Gehörgang (Außenohr) zum Trommelfell (Mittelohr),

das so zum Schwingen gebracht wird. Von dort leiten

die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steig -

bügel) die Bewegung auf das „ovale Fenster“ im Innen -

ohr weiter. Die Schwingungen werden über das Häut -

chen des ovalen Fensters als Druckwellen in die mit

Flüssigkeit gefüllte „Schnecke“ übertragen. Hier wan-

deln die Sinneszellen die Schwingungen zu Nerven -

impulsen um. Der Ton gelangt nun zum Gehirn, wird

wahrgenommen und „gehört“(s. Abb. S. 24).

Ein gesundes menschliches Ohr nimmt Schwin -gungen von 16 Hz (Hertz = Anzahl der Schwin -gungen pro Sekunde) in der Tiefe und bis zu etwa20 000 Hz im oberen Bereich wahr. Die tiefstenPedaltöne der Orgel (ca. 16 Hz) erscheinen unszum Beispiel nur als vibrierendes Brummen.

Schon gewusst??Die Tochter des Künstlers am Klavier, Gemälde von O. A. de Sequiera,um 1822

Dame am Spinett, Gemälde von Jan Miense Molenaer, Mitte 17. Jh.

Obertonreihe

Die schwingende SaiteDrückt man eine Taste auf dem Klavier nieder, so

schnellt der Hammer an die Saite und ein Ton erklingt.

Ein Ton – als Ergebnis einer einfachen sinusförmigen

Schwingung – kommt in der Praxis nur selten vor.

Der Ton macht die Musik 4Der Ton macht die Musik

22 23

Sieh, dein Klavikord athmet ja so sanft wie dein

Herz.

Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791)

Man muss vergessen, dass das Klavier Hämmer hat.

Claude Debussy (1862–1918)

Ein schöner TonSeit jeher haben Pianisten und andere Musiker

versucht, den Klang des Klaviers zu beschreiben. Hier

einige Kostproben:

Theoretisch besteht ein Ton aus unendlich vielen

Obertönen, aber nur eine bestimmte Anzahl sind

überhaupt wahrnehmbar. Der Ton C setzt sich aus

folgenden Teiltönen zusammen: C, c, g, c1, e1, g1, b1,

Spiel jeden Ton so, als ob es um dein Leben ginge!

Mitdenken! Ja nicht die Finger laufen lassen! Bei

Klassik – bei Jazz – ganz egal. Denn es geht ja wirk-

lich um dein Leben.

Friedrich Gulda (1930–2000)

Ein Flügel, das ist nicht ein Instrument – das sind

hundert.

Anton Rubinstein (1829–1894)

Den Flügel braucht man insgemein zu starcken

Musicken (…). Der Ton des Flügels (…) fällt allen

deutlich ins Gehör. Dahero weiß ich, dass sogar zer-

streuete und weitläuftige Musicken, bei welchen offt

viele freywillige und mittelmäßige Musici (Musiker)

sich befunden haben, bloß durch den Ton des Flügels

in Ordnung erhalten worden sind (…)

Carl Philipp Emanuel Bach, 1753, aus: Versuch über

die wahre Art das Clavier zu spielen

Das Klavier ist ein Schlaginstrument, das man zum

Singen bringen muss.

Vladimir Horowitz (1904–1989)

Meist klingt zum Grundton noch eine ganze Reihe

von anderen Tönen mit. Der Akustiker (Schallexperte)

bezeichnet dieses Tongemisch als „Klang“. Die

Summe dieser Obertöne bildet zusammen den

Klangcharakter des Tones. Anzahl und Stärke der

Obertöne sind bei jedem Instrument verschieden und

geben ihm seine eigene Klangfarbe.

Beim Klavier lassen sich Obertöne durch ein ein -faches Experiment hörbar machen:

1. Die Taste des großen C (s. S. 24) wird „stumm“gedrückt, das heißt, der Ton darf nicht hörbarerklingen.

2. Nun wird kurz und kräftig das Kontra C an ge -schlagen, während das große C gehalten bleibt.Was passiert? Die Saite des großen C wurde durchdas Kontra-C mit in Schwingung versetzt und derTon ist leise wahrnehmbar.

Man kann diesen Vorgang auch mit Stummdrückender Tasten c, g (kleine Oktave) und c1, e1, g1 (ein -gestrichene Oktave) wiederholen. Dabei sind dieentsprechenden Töne, je weiter man in der Ober -tonreihe nach oben fortschreitet, immer leiser undschwerer zu hören.

Schon gewusst??

Zeit

Amplitude (Schwingungsweite, Ausschlag)

D 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

G

Sinusschwingung. Der Sinuston klingt aufgrund seiner fehlendenObertonstruktur eigentümlich dunkel.

Teiltöne: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Grundton

c2, d2, e2 usw.

Wie entstehen verschiedeneTonhöhen?Die Stahlsaiten im Klavier sind von unterschiedlicher

Länge. Die kurzen Saiten des Klaviers schwingen

schnell und erzeugen hohe Töne, die langen Saiten ent-

sprechen niedrigen Schwingungszahlen und tiefen

Tönen. Der Resonanzboden nimmt die Schwingungen

der Saiten auf und verstärkt dabei den Klang. Die

Größe und Beschaffenheit eines Raumes entscheiden

auch darüber, wie laut oder leise ein Klavier klingt.

Der Weg zum OhrDie Schwingungen der Saiten erreichen über die Luft

als Schallüberträger das Ohr des Spielers und

Zuhörers. Die Schallwellen gelangen nun durch den

Gehörgang (Außenohr) zum Trommelfell (Mittelohr),

das so zum Schwingen gebracht wird. Von dort leiten

die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steig -

bügel) die Bewegung auf das „ovale Fenster“ im Innen -

ohr weiter. Die Schwingungen werden über das Häut -

chen des ovalen Fensters als Druckwellen in die mit

Flüssigkeit gefüllte „Schnecke“ übertragen. Hier wan-

deln die Sinneszellen die Schwingungen zu Nerven -

impulsen um. Der Ton gelangt nun zum Gehirn, wird

wahrgenommen und „gehört“(s. Abb. S. 24).

Ein gesundes menschliches Ohr nimmt Schwin -gungen von 16 Hz (Hertz = Anzahl der Schwin -gungen pro Sekunde) in der Tiefe und bis zu etwa20 000 Hz im oberen Bereich wahr. Die tiefstenPedaltöne der Orgel (ca. 16 Hz) erscheinen unszum Beispiel nur als vibrierendes Brummen.

Schon gewusst??Die Tochter des Künstlers am Klavier, Gemälde von O. A. de Sequiera,um 1822

Dame am Spinett, Gemälde von Jan Miense Molenaer, Mitte 17. Jh.

Obertonreihe

Vielseitig und faszinierend

42 43

Szenen oder Liebesszenen.

Als ProbenbegleitinstrumentDas Klavier ist ein sehr nützliches Instrument bei

Proben, denn es kann hier das Orchester ersetzen.

Wenn Sänger, Chöre, Instrumentalisten oder Tänzer

ein Stück neu lernen und ihre Rollen einstudieren

oder Szenen geprobt werden (Oper, Ballett), spielt der

so genannte „Korrepetitor“ den Orchesterpart am

Klavier. Hierzu benötigt er einen Klavierauszug, der

musik, dem das Improvisatorische des Jazz fehlt.

In der Rock- und PopmusikDas Klavier kommt in der Rock- und Popmusik oft

vor – entweder solistisch oder innerhalb einer Band.

In manchen Stilen dominiert das Klavier sogar, so

z. B. bei der Popballade mit ihrer oftmals akkordischen

gefühlvollen Klavierbegleitung und den häufig ein-

gefügten „Licks“ – kleinen melodischen Motiven, die

als Füller von Lücken in der Melodie dienen.

Auch in einer Rock ’n’ Roll-Band besticht das Klavier

durch seine akrobatischen Einlagen und Akkord-

„Hämmereien“. Das E-Piano, der Synthesizer, das

Digitalpiano und das Keyboard sind im Rock und Pop

nicht wegzudenken.

Klavierauszug von C. M. von Webers Oper Der Freischütz

Vielseitig und faszinierend

Blick in ein „Präpariertes Klavier“

Sylvano Bussotti, Klavierstück für David Tudor, aus: Pièces de chair II

Richard Clayderman Billy Joel

zeichnet. Das Studium der Partituren erfordert vom

Spieler meist mehr Zeit als die pianistische Arbeit

selbst, und Experimentierfreude ist gefragt.

die wichtigsten Orchesterstimmen des Werkes in

einem Klaviersatz zusammenfasst.

Im JazzDas Klavier ist in vielen Jazzstilen vertreten. Es ist als

Soloinstrument und in Gruppen (z.B. in der Bigband)

von großer Bedeutung. Ein reiner Jazz-Klavierstil ist

der Boogie-Woogie.

Der Ragtime gilt als Vorläufer des Jazz, denn viele

Jazz-Pianisten kamen vom Ragtime, und einige frühe

Jazz-Standards sind entscheidend von ihm beein-

flusst. Der Ragtime ist aber komponierte Klavier -

In der Neuen Musik

John Cage (1912–1992), amerikanischer Komponist,

wird vor allem mit dem von ihm 1949 erfundenen

„Präparierten Klavier“ („Prepared Piano“) in

Verbindung gebracht. Cage brachte an den Saiten und

Hämmerchen z.B. Radiergummis, Schrauben, Nägel

und Papier an, die dem Klavier besondere, teils schlag-

zeugähnliche Klangeffekte entlockten. Sein berühm-

testes Werk für Präpariertes Klavier ist der Zyklus

Sonatas and Interludes.

Zeitgenössische Komponisten verlangen vom

Klavier ganz neuartige Klänge und Spieltechniken.

Die Musik ist häufig in grafischer Notation aufge-

Für die Spezialisten:

Der Ragtime ist ein Stil in der Klaviermusik, derum 1880 in den USA entstand. Er verbindetElemente europäischer und afroamerikanischerMusik. In der Melodie kommen viele Synkopenvor (Verschiebung eines betonten Grundschlagsauf eine unbetonte Zählzeit). Die Begleitung istein ständiger Wechsel zwischen Basston undAkkord. The Entertainer von Scott Joplin (1868–1917) ist der berühmteste Ragtime.

Der Boogie-Woogie ist ein Klavierstil des Blues, der unter den Schwarzen um 1920 in Chicagoentstand. Typisch für den Boogie ist die starre,gleich bleibende Bassfigur und eine rhythmischinteressante Melodie mit Synkopen undImprovisation.

Spieltechniken in Neuer Musik:

� Klangerzeugung ohne Tastenanschlag, z. B. durch

Klopfen mit beliebigen Gegenständen rund um

den Flügel herum. Dabei bringen die Geräusche

durch Resonanz die Saiten zum Schwingen.

� Flageolettklänge auf den Saiten zur Erzielung

flötenähnlicher Klangeffekte (eigentlich eine

Spiel technik auf Saiteninstrumenten).

� Cluster (Tontrauben; das Spielen vieler eng

nebeneinanderliegender Töne).

� Glissando (über mehrere Töne gleiten) – nicht nur

auf den Tasten, sondern auch in den Saiten.

� Zupfen und Schlagen einzelner Saiten.

� Reine Tastaturklänge unter Einbeziehung des

Pedals.

Aufgabe, den Liedtext musikalisch auszudeuten.

Zu StummfilmenAnfang des 19. Jahrhunderts kam der Stummfilm auf

– ein Film ohne synchrone Tonspur, nur mit

Untertiteln versehen. Die Filme wurden meistens live

mit dem Klavier oder mit einer Kinoorgel (die zu-

sätzlich Geräuscheffekte ermöglichte) begleitet. Das

Klavier hatte hier auch die Funktion, die Handlung at-

mosphärisch auszugestalten, z.B. bei spannenden

Als Deutschlands bekanntester Stummfilm-

Pianist gilt Willy Sommerfeld (*1904). Zu den

Filmen spielte er rein aus dem Gefühl heraus und

nicht nach Noten. Er sagte einmal:

Mir schießen die Bilder, die ich auf der Leinwand

sehe, ins Gehirn und von dort aus in meine Finger.

Da ich sehr klein bin, geht das sehr schnell.

Keith Jarrett

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Vielseitig und faszinierend

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Szenen oder Liebesszenen.

Als ProbenbegleitinstrumentDas Klavier ist ein sehr nützliches Instrument bei

Proben, denn es kann hier das Orchester ersetzen.

Wenn Sänger, Chöre, Instrumentalisten oder Tänzer

ein Stück neu lernen und ihre Rollen einstudieren

oder Szenen geprobt werden (Oper, Ballett), spielt der

so genannte „Korrepetitor“ den Orchesterpart am

Klavier. Hierzu benötigt er einen Klavierauszug, der

musik, dem das Improvisatorische des Jazz fehlt.

In der Rock- und PopmusikDas Klavier kommt in der Rock- und Popmusik oft

vor – entweder solistisch oder innerhalb einer Band.

In manchen Stilen dominiert das Klavier sogar, so

z. B. bei der Popballade mit ihrer oftmals akkordischen

gefühlvollen Klavierbegleitung und den häufig ein-

gefügten „Licks“ – kleinen melodischen Motiven, die

als Füller von Lücken in der Melodie dienen.

Auch in einer Rock ’n’ Roll-Band besticht das Klavier

durch seine akrobatischen Einlagen und Akkord-

„Hämmereien“. Das E-Piano, der Synthesizer, das

Digitalpiano und das Keyboard sind im Rock und Pop

nicht wegzudenken.

Klavierauszug von C. M. von Webers Oper Der Freischütz

Vielseitig und faszinierend

Blick in ein „Präpariertes Klavier“

Sylvano Bussotti, Klavierstück für David Tudor, aus: Pièces de chair II

Richard Clayderman Billy Joel

zeichnet. Das Studium der Partituren erfordert vom

Spieler meist mehr Zeit als die pianistische Arbeit

selbst, und Experimentierfreude ist gefragt.

die wichtigsten Orchesterstimmen des Werkes in

einem Klaviersatz zusammenfasst.

Im JazzDas Klavier ist in vielen Jazzstilen vertreten. Es ist als

Soloinstrument und in Gruppen (z.B. in der Bigband)

von großer Bedeutung. Ein reiner Jazz-Klavierstil ist

der Boogie-Woogie.

Der Ragtime gilt als Vorläufer des Jazz, denn viele

Jazz-Pianisten kamen vom Ragtime, und einige frühe

Jazz-Standards sind entscheidend von ihm beein-

flusst. Der Ragtime ist aber komponierte Klavier -

In der Neuen Musik

John Cage (1912–1992), amerikanischer Komponist,

wird vor allem mit dem von ihm 1949 erfundenen

„Präparierten Klavier“ („Prepared Piano“) in

Verbindung gebracht. Cage brachte an den Saiten und

Hämmerchen z.B. Radiergummis, Schrauben, Nägel

und Papier an, die dem Klavier besondere, teils schlag-

zeugähnliche Klangeffekte entlockten. Sein berühm-

testes Werk für Präpariertes Klavier ist der Zyklus

Sonatas and Interludes.

Zeitgenössische Komponisten verlangen vom

Klavier ganz neuartige Klänge und Spieltechniken.

Die Musik ist häufig in grafischer Notation aufge-

Für die Spezialisten:

Der Ragtime ist ein Stil in der Klaviermusik, derum 1880 in den USA entstand. Er verbindetElemente europäischer und afroamerikanischerMusik. In der Melodie kommen viele Synkopenvor (Verschiebung eines betonten Grundschlagsauf eine unbetonte Zählzeit). Die Begleitung istein ständiger Wechsel zwischen Basston undAkkord. The Entertainer von Scott Joplin (1868–1917) ist der berühmteste Ragtime.

Der Boogie-Woogie ist ein Klavierstil des Blues, der unter den Schwarzen um 1920 in Chicagoentstand. Typisch für den Boogie ist die starre,gleich bleibende Bassfigur und eine rhythmischinteressante Melodie mit Synkopen undImprovisation.

Spieltechniken in Neuer Musik:

� Klangerzeugung ohne Tastenanschlag, z. B. durch

Klopfen mit beliebigen Gegenständen rund um

den Flügel herum. Dabei bringen die Geräusche

durch Resonanz die Saiten zum Schwingen.

� Flageolettklänge auf den Saiten zur Erzielung

flötenähnlicher Klangeffekte (eigentlich eine

Spiel technik auf Saiteninstrumenten).

� Cluster (Tontrauben; das Spielen vieler eng

nebeneinanderliegender Töne).

� Glissando (über mehrere Töne gleiten) – nicht nur

auf den Tasten, sondern auch in den Saiten.

� Zupfen und Schlagen einzelner Saiten.

� Reine Tastaturklänge unter Einbeziehung des

Pedals.

Aufgabe, den Liedtext musikalisch auszudeuten.

Zu StummfilmenAnfang des 19. Jahrhunderts kam der Stummfilm auf

– ein Film ohne synchrone Tonspur, nur mit

Untertiteln versehen. Die Filme wurden meistens live

mit dem Klavier oder mit einer Kinoorgel (die zu-

sätzlich Geräuscheffekte ermöglichte) begleitet. Das

Klavier hatte hier auch die Funktion, die Handlung at-

mosphärisch auszugestalten, z.B. bei spannenden

Als Deutschlands bekanntester Stummfilm-

Pianist gilt Willy Sommerfeld (*1904). Zu den

Filmen spielte er rein aus dem Gefühl heraus und

nicht nach Noten. Er sagte einmal:

Mir schießen die Bilder, die ich auf der Leinwand

sehe, ins Gehirn und von dort aus in meine Finger.

Da ich sehr klein bin, geht das sehr schnell.

Keith Jarrett

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Berühmte Virtuosen im 18. und 19. Jahrhundert

Kompositionen und Lehrwerke

54 55

Historische KlavierschulenViele hervorragende Pianisten machten sich

Gedanken darüber, wie man das Klavierspiel lehren

kann und schrieben Klavierschulen. Drei bedeutende

Lehrwerke, die als zentrale Quelle für Spiel- und

Aufführungspraxis im 18. Jahrhundert gelten, sind:

� François Couperin: L’art de toucher le clavecin

(Die Kunst, das Cembalo anzuschlagen), 1716

� Carl Philipp Emanuel Bach: Versuch über die

wahre Art das Clavier zu spielen, 1753

� Daniel Gottlob Türk, Klavierschule, 1789

Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788) gilt als der be-

rühmteste „Bachsohn“. Er wirkte in der Zeit der

Vorklassik – zwischen Barock und Klassik. Zu Leb zeiten

war er anerkannter als sein Vater Johann Sebastian.

Pianisten8Muzio Clementi (1752–

1832) spielte bereits mit

9 Jahren virtuos

Cembalo und Orgel

und erhielt eine erste

Anstellung in seiner

Heimatstadt Rom. Als

er 14 Jahre alt war,

nahm ihn ein reicher

Eng länder mit auf sein

Landgut und ermöglichte dem

jungen Clementi eine umfassende Ausbildung. 1763

ging er nach London. Ab 1780 unternahm er mehre-

re Europa-Tourneen. Die völlig neuartige, kraftvolle

Art seines Klavierspiels erregte überall Aufsehen.

Clementis Grabstein in der Westminster-Abbey in

London trägt die Aufschrift: Hier liegt der Vater des

Pianoforte.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) zeigte sich

schon früh als äußerst begabtes Kind. Als

Vierjähriger begann er Klavier zu spielen und zu

komponieren. Der Vater Leopold, ein bekannter

Geiger, war sein erster Lehrer. Mit ihm und seiner

Schwester Nannerl machte Wolfgang bereits in sei-

ner Kindheit Konzertreisen durch ganz Europa. In

den Konzerten erstaunte Mozart seine Zuhörer bis-

weilen dadurch, dass er auch mit verbundenen

Augen virtuos auf der Tastatur spielte. Mozart kehr-

te 1781 seiner Heimatstadt Salzburg den Rücken

und zog nach Wien, wo er als freischaffender

Künstler unermüdlich arbeitete. Mozart war sicher-

lich einer der vielseitigsten musikalischen Genies

aller Zeiten und der erste Komponist für das

Hammerklavier.

Ludwig van Beethoven(1770–1827) hatte enor-

mes musikalisches Talent

und erhielt vom Vater

den ersten Unterricht.

Mit 14 Jahren wurde er

Hof organist in seiner

Heimat stadt Bonn. 1792 übersiedelte er nach Wien

und genoss bald als Pianist und Komponist großes

Ansehen in den vornehmen Kreisen, die ihn auch fi-

nanziell unterstützten. Ein 1795 beginnendes

Gehörleiden, das im Alter zu völliger Taubheit führ-

te, machte ihm öffentliche Auftritte als Pianist un-

möglich. Trotz seiner Taubheit

komponierte Beethoven noch viele bedeutende

Werke. Beethoven war ein hervorragender Pianist

und Improvisator. Typisch für seinen Kom positions -

stil ist ein Klaviersatz, der erstmals die gesamte

Klaviatur nutzte und das Klavier wie ein Orchester

Im 19. Jahrhundert schrieben maßgeblicheSchulen:

� Johann Baptist Cramer, Große Pianoforteschule, 1815

� Johann Nepomuk Hummel, AusführlicheAnweisung zum Pianofortespiel, 1828

� Christian Louis Heinrich Köhler,Systematische Lehrmethode für Clavierspielund Musik, 1857, und Führer durch denKlavierunterricht, 1858

� Max Bisping, Klavierschule, 1860

� Theodor Steingräber (Pseudonym: Gustav Damm), Klavierschule, 1868

C. Ph. E. Bach: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen,Paragraf 1 der Einleitung

Robert Schumann hat zwar keine Klavierschule

geschrieben, aber in seinen Musikalischen Haus- und

Lebensregeln von 1850 befinden sich viele päda -

gogische Lebensweisheiten für Klavierspieler:

� Klimpere nie! Spiele immer frisch zu und nie ein

Stück halb.

� Spiele im Takt! Das Spiel mancher Virtuosen ist

wie der Gang eines Betrunkenen. Solche nimm dir

nicht zum Muster.

� Bemühe dich, leichte Stücke gut und schön zu spielen;

es ist besser, als schwere mittelmäßig vorzutragen.

� Nicht allein mit den Fingern musst du ein

Stückchen können, du musst sie dir auch ohne

Clavier vorträllern können.

� Wenn du spielst, kümmere dich nicht darum, wer

dir zuhört.

� Die Finger müssen machen, was der Kopf will,

nicht umgekehrt.

� Durch Fleiß und Ausdauer wirst du es immer

höher bringen.Konzert W. A. Mozarts und seiner Schwester Nannerl vor derKaiserin Maria Theresia

C. Ph. E. Bach und das Titelblatt seiner Klavierschule

Berühmte Virtuosen im 18. und 19. Jahrhundert

Kompositionen und Lehrwerke

54 55

Historische KlavierschulenViele hervorragende Pianisten machten sich

Gedanken darüber, wie man das Klavierspiel lehren

kann und schrieben Klavierschulen. Drei bedeutende

Lehrwerke, die als zentrale Quelle für Spiel- und

Aufführungspraxis im 18. Jahrhundert gelten, sind:

� François Couperin: L’art de toucher le clavecin

(Die Kunst, das Cembalo anzuschlagen), 1716

� Carl Philipp Emanuel Bach: Versuch über die

wahre Art das Clavier zu spielen, 1753

� Daniel Gottlob Türk, Klavierschule, 1789

Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788) gilt als der be-

rühmteste „Bachsohn“. Er wirkte in der Zeit der

Vorklassik – zwischen Barock und Klassik. Zu Leb zeiten

war er anerkannter als sein Vater Johann Sebastian.

Pianisten8Muzio Clementi (1752–

1832) spielte bereits mit

9 Jahren virtuos

Cembalo und Orgel

und erhielt eine erste

Anstellung in seiner

Heimatstadt Rom. Als

er 14 Jahre alt war,

nahm ihn ein reicher

Eng länder mit auf sein

Landgut und ermöglichte dem

jungen Clementi eine umfassende Ausbildung. 1763

ging er nach London. Ab 1780 unternahm er mehre-

re Europa-Tourneen. Die völlig neuartige, kraftvolle

Art seines Klavierspiels erregte überall Aufsehen.

Clementis Grabstein in der Westminster-Abbey in

London trägt die Aufschrift: Hier liegt der Vater des

Pianoforte.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) zeigte sich

schon früh als äußerst begabtes Kind. Als

Vierjähriger begann er Klavier zu spielen und zu

komponieren. Der Vater Leopold, ein bekannter

Geiger, war sein erster Lehrer. Mit ihm und seiner

Schwester Nannerl machte Wolfgang bereits in sei-

ner Kindheit Konzertreisen durch ganz Europa. In

den Konzerten erstaunte Mozart seine Zuhörer bis-

weilen dadurch, dass er auch mit verbundenen

Augen virtuos auf der Tastatur spielte. Mozart kehr-

te 1781 seiner Heimatstadt Salzburg den Rücken

und zog nach Wien, wo er als freischaffender

Künstler unermüdlich arbeitete. Mozart war sicher-

lich einer der vielseitigsten musikalischen Genies

aller Zeiten und der erste Komponist für das

Hammerklavier.

Ludwig van Beethoven(1770–1827) hatte enor-

mes musikalisches Talent

und erhielt vom Vater

den ersten Unterricht.

Mit 14 Jahren wurde er

Hof organist in seiner

Heimat stadt Bonn. 1792 übersiedelte er nach Wien

und genoss bald als Pianist und Komponist großes

Ansehen in den vornehmen Kreisen, die ihn auch fi-

nanziell unterstützten. Ein 1795 beginnendes

Gehörleiden, das im Alter zu völliger Taubheit führ-

te, machte ihm öffentliche Auftritte als Pianist un-

möglich. Trotz seiner Taubheit

komponierte Beethoven noch viele bedeutende

Werke. Beethoven war ein hervorragender Pianist

und Improvisator. Typisch für seinen Kom positions -

stil ist ein Klaviersatz, der erstmals die gesamte

Klaviatur nutzte und das Klavier wie ein Orchester

Im 19. Jahrhundert schrieben maßgeblicheSchulen:

� Johann Baptist Cramer, Große Pianoforteschule, 1815

� Johann Nepomuk Hummel, AusführlicheAnweisung zum Pianofortespiel, 1828

� Christian Louis Heinrich Köhler,Systematische Lehrmethode für Clavierspielund Musik, 1857, und Führer durch denKlavierunterricht, 1858

� Max Bisping, Klavierschule, 1860

� Theodor Steingräber (Pseudonym: Gustav Damm), Klavierschule, 1868

C. Ph. E. Bach: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen,Paragraf 1 der Einleitung

Robert Schumann hat zwar keine Klavierschule

geschrieben, aber in seinen Musikalischen Haus- und

Lebensregeln von 1850 befinden sich viele päda -

gogische Lebensweisheiten für Klavierspieler:

� Klimpere nie! Spiele immer frisch zu und nie ein

Stück halb.

� Spiele im Takt! Das Spiel mancher Virtuosen ist

wie der Gang eines Betrunkenen. Solche nimm dir

nicht zum Muster.

� Bemühe dich, leichte Stücke gut und schön zu spielen;

es ist besser, als schwere mittelmäßig vorzutragen.

� Nicht allein mit den Fingern musst du ein

Stückchen können, du musst sie dir auch ohne

Clavier vorträllern können.

� Wenn du spielst, kümmere dich nicht darum, wer

dir zuhört.

� Die Finger müssen machen, was der Kopf will,

nicht umgekehrt.

� Durch Fleiß und Ausdauer wirst du es immer

höher bringen.Konzert W. A. Mozarts und seiner Schwester Nannerl vor derKaiserin Maria Theresia

C. Ph. E. Bach und das Titelblatt seiner Klavierschule

Die Pflege des Klaviers

64 65

Um den Klang und die mechanischen Spieleigenschaften des Klaviers über viele Jahre zu be-

wahren, ist die richtige Pflege wichtig. Regelmäßige Wartung durch Fachpersonal erhält sowohl

den Wert des Instruments als auch die Freude am Spielen.

Die Pflege des Klaviers10

Bei Fußbodenheizung ist es ratsam, das Instrument

nicht auf eine Heiz schlange zu stellen. Dies könnte

durch die aufsteigende Wärme zu starker Aus -

trocknung führen.

Schwere Polstermöbel und dicke Vorhänge sind

Schallschlucker – dies kann erwünscht sein oder auch

nicht. Auf jeden Fall trägt der Raum genauso viel zum

Klangbild bei wie das Instrument selbst.

Der ideale Standort für das Klavier:

� Ein gleichmäßig temperierter Raum.

� Ein Platz möglichst an einer Innenwand, da hier

die Temperaturschwankungen geringer sind.

� Heizkörper, Fenster und Außentüren sind nicht in

unmittelbarer Nähe.

� Kein direktes Sonnenlicht (Ausbleichen der Ober -

fläche und Erwärmung des Instruments).

Entscheidend sind:

� der richtige Standort,

� eine regelmäßige Stimmung,

� die Regulierung der Mechanik,

� die Pflege der Hämmer (Intonieren) und

Dämpfer,

� Reinigung und

� stets fachgerechter Transport.

Der StandortEin Klavier besteht zu ungefähr 80% aus Holz, und

Holz „arbeitet“ bekanntlich: Es dehnt sich bei

Feuchtigkeit aus und zieht sich bei Trockenheit zu-

sammen. Im Sommer ist der Feuchtigkeitsgehalt der

Luft in den Wohnungen oft höher als im Winter wäh-

rend der Heizperiode. Resonanzboden und Stege ver-

ändern sich und damit auch die Spannung und die

Tonhöhe der Saiten. Um die Stimmung des Klaviers zu

halten, empfiehlt sich eine gleich bleibende Raum -

temperatur von 20° C und eine relative Luftfeuchtigkeit

von 45–60 %. Auch auf die Filze und die Mechanik

wirkt sich dies positiv aus.

Faustregel: Je geringer die Unterschiede in Temperaturund Luftfeuchtigkeit sind, desto besser ist esfür das Klavier!

Während der Heizperiode sollte mittels eines „Hygro -

meters“ kontrolliert werden, dass die Luftfeuchtigkeit

nicht unter 45 % fällt. Bei geringeren Werten können

Luftbefeuchter oder Luftfeuchtigkeitsregler, die im

Klavier installiert werden, Abhilfe schaffen.

Stimmung & mehr

„Das Klavier ist verstimmt!“ – „Ach, worüber denn?“

Dieser oft gehörte Witz stammt sicherlich nicht aus

einem Gespräch zwischen Klavierspieler und

Klavierstimmer …

Da ein verstimmtes Klavier wahrlich kein Kunst -

genuss ist, gehört zur Pflege vor allem die regel -

mäßige Wartung durch den Klavierstimmer.

Die Stimmung ist für den Erhalt der Funktions -

fähigkeit und der akustischen Eigenschaften not-

wendig. Grund für die Verstimmung sind Tempe -

ratur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen sowie die

enormen Saitenzugkräfte im Instrument.

Bei Instrumenten, die Jahre lang nicht gestimmt

wurden, sinkt die Stimmhöhe – egal, ob viel, wenig

oder gar nicht gespielt wurde. Sie muss dann durch

mehrmaliges Stimmen wieder angehoben werden,

was mit höheren Kosten verbunden ist.

Der Klavierstimmer ist für die jährliche Wartung un-

verzichtbar. Neben dem eigentlichen Stimmen küm-

mert er sich auch um die Regulierung der Mechanik,

die Überprüfung der Intonation, die Kontrolle der

Pedale und Dämpfer usw.

Faustregel: Das Klavier sollte mindestens einmal im Jahr gestimmt werden, unabhängig von der Nutzung.Im Idealfall zweimal – vor und nach der Heiz -periode.

Der Filz der Hammerköpfe verdichtet und verhärtet

sich im Laufe der Jahre am Anschlagspunkt.

Bisweilen erhält er durch das ständige Anschlagen

der Stahlsaiten auch tiefe Rillen. Dies führt zu einem

dünneren, metallischen Klang. Um wieder einen

guten Klang zu bekommen, muss daher jedes

Instrument früher oder später neu intoniert werden

(s. S. 17). Dabei wird der Hammerfilz abgefeilt – vo-

rausgesetzt, es ist noch genug Filz in brauchbarem

Zustand vorhanden – und durch kleine Nadelstiche

weicher gemacht.

Für die Spezialisten:

Die Festlegung einer bestimmten Tonhöhe beimStimmen von Klavieren, Orgeln und anderenInstrumenten hat sich im Laufe der Jahrzehnteimmer wieder gewandelt und ist bis heute nichtüberall gleich. 1939 wurde in Deutschland der sogenannte „Kammerton“ a1 auf 440 Hertz festge -legt (in Frankreich 432 Hz, in den USA 450 Hz).Ursprünglich war der „Kammerton“ der Stimmtonfür die Kammermusik, nach dem Instrumente ein -gestimmt wurden.

Der Klavierstimmer – unentbehrlich, gestern wie heute

Modernes Stimmgerät

Stimmgabel

Befeuchter, der in das Klavier eingesetzt wird

Das Hygrometer – ein Luftfeuchtigkeitsmesser

Die Pflege des Klaviers

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Um den Klang und die mechanischen Spieleigenschaften des Klaviers über viele Jahre zu be-

wahren, ist die richtige Pflege wichtig. Regelmäßige Wartung durch Fachpersonal erhält sowohl

den Wert des Instruments als auch die Freude am Spielen.

Die Pflege des Klaviers10

Bei Fußbodenheizung ist es ratsam, das Instrument

nicht auf eine Heiz schlange zu stellen. Dies könnte

durch die aufsteigende Wärme zu starker Aus -

trocknung führen.

Schwere Polstermöbel und dicke Vorhänge sind

Schallschlucker – dies kann erwünscht sein oder auch

nicht. Auf jeden Fall trägt der Raum genauso viel zum

Klangbild bei wie das Instrument selbst.

Der ideale Standort für das Klavier:

� Ein gleichmäßig temperierter Raum.

� Ein Platz möglichst an einer Innenwand, da hier

die Temperaturschwankungen geringer sind.

� Heizkörper, Fenster und Außentüren sind nicht in

unmittelbarer Nähe.

� Kein direktes Sonnenlicht (Ausbleichen der Ober -

fläche und Erwärmung des Instruments).

Entscheidend sind:

� der richtige Standort,

� eine regelmäßige Stimmung,

� die Regulierung der Mechanik,

� die Pflege der Hämmer (Intonieren) und

Dämpfer,

� Reinigung und

� stets fachgerechter Transport.

Der StandortEin Klavier besteht zu ungefähr 80% aus Holz, und

Holz „arbeitet“ bekanntlich: Es dehnt sich bei

Feuchtigkeit aus und zieht sich bei Trockenheit zu-

sammen. Im Sommer ist der Feuchtigkeitsgehalt der

Luft in den Wohnungen oft höher als im Winter wäh-

rend der Heizperiode. Resonanzboden und Stege ver-

ändern sich und damit auch die Spannung und die

Tonhöhe der Saiten. Um die Stimmung des Klaviers zu

halten, empfiehlt sich eine gleich bleibende Raum -

temperatur von 20° C und eine relative Luftfeuchtigkeit

von 45–60 %. Auch auf die Filze und die Mechanik

wirkt sich dies positiv aus.

Faustregel: Je geringer die Unterschiede in Temperaturund Luftfeuchtigkeit sind, desto besser ist esfür das Klavier!

Während der Heizperiode sollte mittels eines „Hygro -

meters“ kontrolliert werden, dass die Luftfeuchtigkeit

nicht unter 45 % fällt. Bei geringeren Werten können

Luftbefeuchter oder Luftfeuchtigkeitsregler, die im

Klavier installiert werden, Abhilfe schaffen.

Stimmung & mehr

„Das Klavier ist verstimmt!“ – „Ach, worüber denn?“

Dieser oft gehörte Witz stammt sicherlich nicht aus

einem Gespräch zwischen Klavierspieler und

Klavierstimmer …

Da ein verstimmtes Klavier wahrlich kein Kunst -

genuss ist, gehört zur Pflege vor allem die regel -

mäßige Wartung durch den Klavierstimmer.

Die Stimmung ist für den Erhalt der Funktions -

fähigkeit und der akustischen Eigenschaften not-

wendig. Grund für die Verstimmung sind Tempe -

ratur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen sowie die

enormen Saitenzugkräfte im Instrument.

Bei Instrumenten, die Jahre lang nicht gestimmt

wurden, sinkt die Stimmhöhe – egal, ob viel, wenig

oder gar nicht gespielt wurde. Sie muss dann durch

mehrmaliges Stimmen wieder angehoben werden,

was mit höheren Kosten verbunden ist.

Der Klavierstimmer ist für die jährliche Wartung un-

verzichtbar. Neben dem eigentlichen Stimmen küm-

mert er sich auch um die Regulierung der Mechanik,

die Überprüfung der Intonation, die Kontrolle der

Pedale und Dämpfer usw.

Faustregel: Das Klavier sollte mindestens einmal im Jahr gestimmt werden, unabhängig von der Nutzung.Im Idealfall zweimal – vor und nach der Heiz -periode.

Der Filz der Hammerköpfe verdichtet und verhärtet

sich im Laufe der Jahre am Anschlagspunkt.

Bisweilen erhält er durch das ständige Anschlagen

der Stahlsaiten auch tiefe Rillen. Dies führt zu einem

dünneren, metallischen Klang. Um wieder einen

guten Klang zu bekommen, muss daher jedes

Instrument früher oder später neu intoniert werden

(s. S. 17). Dabei wird der Hammerfilz abgefeilt – vo-

rausgesetzt, es ist noch genug Filz in brauchbarem

Zustand vorhanden – und durch kleine Nadelstiche

weicher gemacht.

Für die Spezialisten:

Die Festlegung einer bestimmten Tonhöhe beimStimmen von Klavieren, Orgeln und anderenInstrumenten hat sich im Laufe der Jahrzehnteimmer wieder gewandelt und ist bis heute nichtüberall gleich. 1939 wurde in Deutschland der sogenannte „Kammerton“ a1 auf 440 Hertz festge -legt (in Frankreich 432 Hz, in den USA 450 Hz).Ursprünglich war der „Kammerton“ der Stimmtonfür die Kammermusik, nach dem Instrumente ein -gestimmt wurden.

Der Klavierstimmer – unentbehrlich, gestern wie heute

Modernes Stimmgerät

Stimmgabel

Befeuchter, der in das Klavier eingesetzt wird

Das Hygrometer – ein Luftfeuchtigkeitsmesser