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Verein für Dorfgemeinschaſt und Heimatpflege Krautsand e.V. weitere Info unter: www.krautsand.org Gemeinde Drochtersen Der Verein für Dorfgemeinschaſt und Heimatpflege Krautsand e.V. vereinigt zahlreiche Orte mit Tradion und Kultur aus Handel, Handwerk und Schifffahrt. Dieses Projekt wurde gefördert durch: Ende der 1960er Jahre plante die Gemeinde Drochtersen für die lokalen Küstenschiffer einen neuen Hafen an der Mündung des Ruthenstroms. Neben dem Hafen sollten auch Flächen für Umschlag und Industrie- betriebe vorgesehen werden. Nach dem Kauf der Grundstücke wurden eine Verladepier und Anlegestellen gebaut. Den bei der Ausbaggerung des Hafens anfallenden Elbsand nutze man zum Aufspülen der für die Industriebetriebe vorgesehenen Bereiche. Diese lagen dann 3,5 Meter über Normalhochwasser und boten einen Schutz gegen die im Winterhalbjahr auſtretenden Sturmfluten. Die Fläche bot sich aufgrund der Größe und der Lage am Hafen für eine weitere Entwicklung an, und bereits 1970 begannen die ortsansässigen Betriebe, Betonwerk Oltmann und Bootswerſt Hatecke, neue Fergungs hallen auf dem Gebiet zu bauen. Zu dieser Zeit war Krautsand noch nicht durch einen Deich geschützt, so dass die darum liegenden, nicht aufgespülten Flächen im Winterhalbjahr regelmäßig überflutet wurden. Nach der schweren Sturmflut im Jahr 1976 fiel dann sehr schnell die Entscheidung, Krautsand einzudeichen. Ursprünglich sollte der neue Schutzdeich auf der landseigen Seite des neuen Industriegebiets verlau- fen. Im Planfeststellungsverfahren wurde dann aber die Deichlinie mien durch das Industriegebiet verlegt, um „eine Durchschneidung der hoch- wergen landwirtschaſtlichen Flächen“ zu vermeiden. Die Deichtrasse durchschneidet seitdem das Industriegebiet in einen geschützten Bin- nen- und einen ungeschützten Außendeichsbereich. Beide Flächen sind durch ein 6 Meter breites Deichschart verbunden, das bei drohender Sturmflut geschlossen werden kann. Die Ent- wicklung der Industriebetriebe war unterschiedlich. So erlebte in den 1970er Jahren das Betonwerk Oltmann einen enormen Aufschwung, musste aber dann um die Jahrtausendwende wegen fehlender Auſträge den Betrieb einstellen. Die Bootswerſt Hatecke baute die Fergungs- anlagen über mehrere Jahrzehnte weiter aus und kauſte im Zeitraum 2006 bis 2013 nach und nach die brach lie- genden Grundstücke des ehemaligen Betonwerks. Nach deren Bodensanierung wurde dieses Areal mit Produk- onshallen zur Herstellung von Reungsbooten für Kreuz- fahrtschiffe bebaut. Helmut Hatecke, der im Jahr 1970 den Grundstein für die Verlagerung des Betriebes an den jetzigen Standort legte, erinnert sich wie folgt an die Anfangsjahre des Betriebs am Ruthenstrom: „Die ersten Yachten bauten wir noch im Betrieb Dornbusch. Weil dort die Hallen für den Bau von Booten dieser Größe nicht genug Platz haen, entschloss ich mich, mich nach einem Grundstück am Wasser, geeignet zum Auau einer neuen Werſtanlage mit größeren Hallen, umzusehen. Ich fand ein solches in Krautsand am Ruthenstrom, etwa sieben Kilometer von der Werſt in Dornbusch enernt. Zwei Grundstücke, etwa 500 Meter von der Mündung des Ruthenstroms in die Elbe enernt, wurden mir und dem Betonwerk Oltmann zu einem günsgen Kaufpreis (2 DM pro m 2 ) überlas- sen. Mein Grundstück hae 120 Meter Wasserfront und war 90 Meter ef. Gleich nach dem Kauf, im Herbst 1970, fing ich mit dem Bau einer über 1.000 m 2 großen Halle an. Bei der Planung konnte ich meine vorherigen Erfahrungen über den wirtschaſtlichen Bauablauf von Booten einfließen lassen. Dabei kam mir auch eine Erinnerung aus meiner Schülerzeit zugute: Als ich einmal in den Ferien zwei Boote mit nach Hamburg bringen durſte, wurden die Boote dort unter eine Kranbahn gefahren. Ein Brückenkran kam bis über die im Wasser liegenden Boote aus der Halle gefahren. Das erste Boot wurde angepickt, der Kran hob es an und fuhr damit in die Halle. Nach zehn Minuten waren beide Boote in der Halle abgesetzt. Dieser Slipvorgang hat sich so bei mir eingeprägt, dass ich beim Bau der neuen Halle gleich einen Brückenkran mit bis über das Wasser reichender Kranbahn einplante. Die Halle wurde 54 Meter lang und 20 Meter breit. An der Straßenseite wurden die Sozialräume eingebaut. Weil der Baugrund auf dem frisch aufgespülten Gelände noch weich war, und das Grund- stück nur 3,5 Meter über Normalhochwasser lag, sollte das Fundament auf Rammpfählen stehen. Der Bauingenieur, der die Zeichnungen und Berech- nungen gemacht hae, hae rund 15 Meter Pfahllänge angenommen. Als der erste Betonpfahl gesetzt wurde und der Rammbär darauf haute, rutschte der Pfahl bereits 12 Meter in den Boden. Da fing erst die Sand- schicht an. Das war für mich bier, mussten doch jetzt wesentlich längere Pfähle genommen werden. Mie 1971 war die Halle mit ihren Außenanla- gen ferg und wir zogen mit der Kunststoff-Abteilung, rund 15 Mann, was damals etwa der Hälſte der Belegschaſt entsprach, nach Krautsand um.“ 50 Jahre später beschäſtigt die Hatecke Werſt auf dem 170.000 m2 Betriebs- gelände über 300 Personen. In neun Fergungshallen mit einer Produk - onsfläche von über 30.000 m2 werden jährlich bis zu 400 Reungsboote produziert. Am Standort Industriegebiet „Am Ruthenstrom“ auf Krautsand hat Hatecke Verwaltung, Konstrukon, Produkon, Reparatur, Wartung, Ersatzteilbelieferung und Ausbildung in der weltweit größten Werſt zum Bau von Reungsbooten zusammengefasst. Der weltweite Service der hier produzierten Boote wird über Tochterfirmen in den USA, Singapur, Malaysia, Spanien, Belgien und durch 60 unabhängige Vertragswerkstäen sichergestellt. 1991: Luftaufnahme der Hatecke Werft 2008: Luftaufnahme, im Vordergrund ist noch das Gelände des ehemaligen Betonwerks zu erkennen 2020: Tenderboot Typ Hatecke PL 14 für große Kreuzfahrtschiffe bei Probefahrt auf der Elbe 2019: Luftaufnahme des Geländes der Hatecke Werft 1973: Luftaufnahme nach einer Sturmflut, das Industriegebiet zu diesem Zeitpunkt noch ohne neuen Schutzdeich, der 1978 fertiggestellt wurde 50 Jahre Industriegebiet „Am Ruthenstrom“ auf Krautsand

Hatecke - 50 Jahre Industriegebiet „Am Ruthenstrom“ auf ......Helmut Hatecke, der im Jahr 1970 den Grundstein für die Verlagerung des Betriebes an den jetzigen Standort legte,

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  • Verein für Dorfgemeinschaft und Heimatpflege Krautsand e.V.

    weitere Info unter: www.krautsand.org

    Gemeinde Drochtersen

    Der Verein für Dorfgemeinschaft und Heimatpflege Krautsand e.V. vereinigt zahlreiche Orte mit Tradition und Kultur aus Handel, Handwerk und Schifffahrt. Dieses Projekt wurde gefördert durch:

    Ende der 1960er Jahre plante die Gemeinde Drochtersen für die lokalen Küstenschiffer einen neuen Hafen an der Mündung des Ruthenstroms. Neben dem Hafen sollten auch Flächen für Umschlag und Industriebetriebe vorgesehen werden. Nach dem Kauf der Grundstücke wurden eine Verlade pier und Anlegestellen gebaut. Den bei der Ausbaggerung des Hafens anfallenden Elbsand nutze man zum Aufspülen der für die Industrie betriebe vorgesehenen Bereiche. Diese lagen dann 3,5 Meter über Normal hoch wasser und boten einen Schutz gegen die im Winterhalbjahr auftretenden Sturmfluten.

    Die Fläche bot sich aufgrund der Größe und der Lage am Hafen für eine weitere Entwicklung an, und bereits 1970 begannen die ortsansässigen Betriebe, Betonwerk Oltmann und Bootswerft Hatecke, neue Fertigungshallen auf dem Gebiet zu bauen. Zu dieser Zeit war Krautsand noch nicht durch einen Deich geschützt, so dass die darum liegenden, nicht aufgespülten Flächen im Winterhalbjahr regelmäßig überflutet wurden. Nach der schweren Sturmflut im Jahr 1976 fiel dann sehr schnell die Entscheidung, Krautsand einzudeichen. Ursprünglich sollte der neue Schutzdeich auf der landseitigen Seite des neuen Industriegebiets verlaufen. Im Planfest stellungsverfahren wurde dann aber die Deichlinie mitten durch das Industrie gebiet verlegt, um „eine Durchschneidung der hochwertigen landwirtschaftlichen Flächen“ zu vermeiden. Die Deichtrasse durchschneidet seitdem das Industriegebiet in einen geschützten Binnen und einen ungeschützten Außendeichsbereich. Beide Flächen sind

    durch ein 6 Meter breites Deichschart verbunden, das bei drohender Sturmflut geschlossen werden kann. Die Entwicklung der Industriebetriebe war unterschiedlich. So erlebte in den 1970er Jahren das Betonwerk Oltmann einen enormen Aufschwung, musste aber dann um die Jahrtausendwende wegen fehlender Aufträge den Betrieb einstellen. Die Bootswerft Hatecke baute die Fertigungsanlagen über mehrere Jahrzehnte weiter aus und kaufte im Zeitraum 2006 bis 2013 nach und nach die brach liegenden Grundstücke des ehemaligen Betonwerks. Nach deren Boden sanierung wurde dieses Areal mit Produktionshallen zur Herstellung von Rettungsbooten für Kreuzfahrtschiffe bebaut.

    Helmut Hatecke, der im Jahr 1970 den Grundstein für die Verlagerung des Betriebes an den jetzigen Standort legte, erinnert sich wie folgt an die Anfangsjahre des Betriebs am Ruthenstrom: „Die ersten Yachten bauten wir noch im Betrieb Dornbusch. Weil dort die Hallen für den Bau von Booten dieser Größe nicht genug Platz hatten, entschloss ich mich, mich nach einem Grundstück am Wasser, geeignet zum Aufbau einer neuen Werftanlage mit größeren Hallen, umzusehen. Ich fand ein solches in Krautsand am Ruthenstrom, etwa sieben Kilometer von der Werft in Dornbusch entfernt. Zwei Grundstücke, etwa 500 Meter von der Mündung des Ruthen stroms in die Elbe entfernt, wurden mir und dem Betonwerk Oltmann zu einem günstigen Kaufpreis (2 DM pro m2) überlas-sen. Mein Grundstück hatte 120 Meter Wasserfront und war 90 Meter tief.

    Gleich nach dem Kauf, im Herbst 1970, fing ich mit dem Bau einer über 1.000 m2 großen Halle an. Bei der Planung konnte ich meine vorherigen Erfahrungen über den wirtschaftlichen Bauablauf von Booten einfließen lassen. Dabei kam mir auch eine Erinnerung aus meiner Schülerzeit zugute: Als ich einmal in den Ferien zwei Boote mit nach Hamburg bringen durfte, wurden die Boote dort unter eine Kranbahn gefahren. Ein Brücken kran kam bis über die im Wasser liegenden Boote aus der Halle gefahren. Das erste Boot wurde angepickt, der Kran hob es an und fuhr damit in die Halle. Nach zehn Minuten waren beide Boote in der Halle abgesetzt. Dieser Slipvorgang hat sich so bei mir eingeprägt, dass ich beim Bau der neuen Halle gleich einen Brückenkran mit bis über das Wasser reichender Kranbahn einplante. Die Halle wurde 54 Meter lang und 20 Meter breit.

    An der Straßenseite wurden die Sozialräume eingebaut. Weil der Baugrund auf dem frisch aufgespülten Gelände noch weich war, und das Grund-stück nur 3,5 Meter über Normalhochwasser lag, sollte das Fundament auf Rammpfählen stehen. Der Bauingenieur, der die Zeichnungen und Berech-nungen gemacht hatte, hatte rund 15 Meter Pfahllänge angenommen. Als der erste Betonpfahl gesetzt wurde und der Rammbär darauf haute, rutschte der Pfahl bereits 12 Meter in den Boden. Da fing erst die Sand-schicht an. Das war für mich bitter, mussten doch jetzt wesentlich längere Pfähle genommen werden. Mitte 1971 war die Halle mit ihren Außenanla-gen fertig und wir zogen mit der Kunststoff-Abteilung, rund 15 Mann, was damals etwa der Hälfte der Belegschaft entsprach, nach Krautsand um.“

    50 Jahre später beschäftigt die Hatecke Werft auf dem 170.000 m2 Betriebsgelände über 300 Personen. In neun Fertigungshallen mit einer Produktionsfläche von über 30.000 m2 werden jährlich bis zu 400 Rettungsboote produziert. Am Standort Industriegebiet „Am Ruthenstrom“ auf Krautsand hat Hatecke Verwaltung, Konstruktion, Produktion, Reparatur, Wartung, Ersatzteil belieferung und Ausbildung in der weltweit größten Werft zum Bau von Rettungsbooten zusammengefasst. Der weltweite Service der hier produzierten Boote wird über Tochterfirmen in den USA, Singapur, Malaysia, Spanien, Belgien und durch 60 unabhängige Vertragswerkstätten sichergestellt.

    1991: Luftaufnahme der Hatecke Werft 2008: Luftaufnahme, im Vordergrund ist noch das Gelände des ehemaligen Betonwerks zu erkennen

    2020: Tenderboot Typ Hatecke PL 14 für große Kreuzfahrtschiffe bei Probefahrt auf der Elbe

    2019: Luftaufnahme des Geländes der Hatecke Werft

    1973: Luftaufnahme nach einer Sturmflut, das Industriegebiet zu diesem Zeitpunkt noch ohne neuen Schutzdeich, der 1978 fertiggestellt wurde

    50 Jahre Industriegebiet „Am Ruthenstrom“ auf Krautsand

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