17
1 Hauptausschuss (HA) 4 Der Hauptausschuss 4 ist ein der Generalversammlung untergeordnetes Gremium, das sich um besondere politische Fragen und um Entkolonialisierung kümmert. Der HA 4 wurde ins Leben gerufen um ehemalige Kolonien und abhängige Territorien beim Prozess zur Unabhängigkeit zu unterstützen. Mit der Zeit kamen weitere Aufgaben im Bereich der Friedenssicherung sowie Minenräumung und im Bereich der Menschenrechte hinzu. Der Hauptausschuss 4 kann selbst keine eigenen Resolutionen verfassen, da er ein der Generalverfassung untergeordnetes Gremium ist. Die mit einfacher Mehrheit beschlossenen Resolutionsentwürfe werden der Generalversammlung zugestellt. Diese kann sie verabschieden, ablehnen oder aber zur erneuten Überarbeitung an den Hauptausschuss zurückschicken. Die Vorsitzenden Nach der Teilnahme an mehreren deutsch- und englischsprachigen MUN-Konferenzen hat Anaïck Geißel als Vorsitzende verschiedener Gremien und in vielfältigen anderen Funktionen im Team Erfahrungen gesammelt. Anaïck studiert in Stuttgart Germanistik, Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie Französisch auf Lehramt. Bei MUNBW 2017 wird sie sich neben Ihrer Vorsitz-Tätigkeit in die Teilnehmendenwerbung und das Bildungsprogramm einbringen. [email protected] Nachdem Ariane Schachtschabel 2015 sofort von MUNBW begeistert war, nahm sie im Folgejahr gleich noch einmal als Delegierte eines Landes an der Konferenz teil. Daraufhin entschloss sie sich, im Jahr 2017 etwas Neues zu wagen. Außerhalb der MUN-Konferenz besucht die 16-Jährige die 11. Klasse am Gymnasium Unterrieden in Sindelfingen. Sie hat großen Spaß an Politik und ist neben ihrer Rolle als Vorsitzende des Jugendgemeinderats beim AK-Asyl und im VFL aktiv. [email protected] Tim Tull nahm 2014 das erste Mal bei MUNBW teil. Nach einer weiteren Teilnahme 2015 wechselt er 2016 ins Team und saß dort der Beratergruppe für Flüchtlinge vor. Außerhalb von MUN-Konferenzen hat der 22-Jährige 2014 sein Abitur in Stuttgart absolviert und studiert, nach einem freiwilligen sozialen Jahr, seit dem Wintersemester 2015/16 öffentliche Verwaltung in Halberstadt, einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt. [email protected]

Hauptausschuss (HA) 4 - DMUN e.V. · Mit der Erforschung der Entwicklung und des Baus einer Atombombe begannen die USA und England bereits 1942. Unter dem Decknahmen „Manhattan

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • 1

    Hauptausschuss (HA) 4 Der Hauptausschuss 4 ist ein der Generalversammlung untergeordnetes Gremium, das sich um besondere politische Fragen und um Entkolonialisierung kümmert. Der HA 4 wurde ins Leben gerufen um ehemalige Kolonien und abhängige Territorien beim Prozess zur Unabhängigkeit zu unterstützen. Mit der Zeit kamen weitere Aufgaben im Bereich der Friedenssicherung sowie Minenräumung und im Bereich der Menschenrechte hinzu. Der Hauptausschuss 4 kann selbst keine eigenen Resolutionen verfassen, da er ein der Generalverfassung untergeordnetes Gremium ist. Die mit einfacher Mehrheit beschlossenen Resolutionsentwürfe werden der Generalversammlung zugestellt. Diese kann sie verabschieden, ablehnen oder aber zur erneuten Überarbeitung an den Hauptausschuss zurückschicken. Die Vorsitzenden

    Nach der Teilnahme an mehreren deutsch- und englischsprachigen MUN-Konferenzen hat Anaïck Geißel als Vorsitzende verschiedener Gremien und in vielfältigen anderen Funktionen im Team Erfahrungen gesammelt. Anaïck studiert in Stuttgart Germanistik, Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie Französisch auf Lehramt. Bei MUNBW 2017 wird sie sich neben Ihrer Vorsitz-Tätigkeit in die Teilnehmendenwerbung und das Bildungsprogramm einbringen. [email protected]

    Nachdem Ariane Schachtschabel 2015 sofort von MUNBW begeistert war, nahm sie im Folgejahr gleich noch einmal als Delegierte eines Landes an der Konferenz teil. Daraufhin entschloss sie sich, im Jahr 2017 etwas Neues zu wagen. Außerhalb der MUN-Konferenz besucht die 16-Jährige die 11. Klasse am Gymnasium Unterrieden in Sindelfingen. Sie hat großen Spaß an Politik und ist neben ihrer Rolle als Vorsitzende des Jugendgemeinderats beim AK-Asyl und im VFL aktiv. [email protected]

    Tim Tull nahm 2014 das erste Mal bei MUNBW teil. Nach einer weiteren Teilnahme 2015 wechselt er 2016 ins Team und saß dort der Beratergruppe für Flüchtlinge vor. Außerhalb von MUN-Konferenzen hat der 22-Jährige 2014 sein Abitur in Stuttgart absolviert und studiert, nach einem freiwilligen sozialen Jahr, seit dem Wintersemester 2015/16 öffentliche Verwaltung in Halberstadt, einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt. [email protected]

  • 2

    TOP 1 Der Westsahara-Konflikt Einführung in das Thema

    Das Gebiet der Westsahara an der Atlantikküste Nordwestafrikas wird von der internationalen Staatengemeinschaft auch als “letzte Kolonie Afrikas” bezeichnet. Anlass für diese Bezeichnung gibt die Tatsache, dass die ehemals spanische Kolonie heute von Marokko beansprucht und zu großen Teilen annektiert wird. Da der Konflikt der Westsahara durch die Kolonialisierung verursacht wurde, widmet sich der

    Hauptausschuss 4 als Ausschuss für besondere politische Fragen und Entkolonialisierung diesem Thema. Der Ausschuss befasst sich mit dem Recht auf Selbstbestimmung der als “Sahrauis” bezeichneten Bevölkerung der Westsahara. Dabei muss beachtet werden, dass der völkerrechtliche Status dieses Gebietes noch immer nicht geklärt ist. Das Gebiet der Westsahara war seit der sogenannten “Kongokonferenz”, die 1884-1885 in Berlin stattfand, eine spanische Kolonie. Ab 1965 haben die Vereinten Nationen Spanien in mehreren Resolutionen aufgefordert, die Westsahara zu dekolonialisieren. 1973 gründete sich die sahrauische Befreiungsfront „Frente Polisario“, die für einen freien und selbstständigen Staat kämpft. 1975 haben die Vereinten Nationen sich darauf geeinigt dem Willen der sahrauischen Bevölkerung auf Selbstbestimmung zu entsprechen. Der Beschluss der Vereinten Nationen sah vor, dass die Frente Polisario unterstützt und die Westsahara unabhängig wird. Der Staat Marokko erkannte diese Beschlüsse der UN jedoch nicht an und versuchte, die ehemalige spanische Kolonie zu annektieren. Mit dem Tod Francos zog sich die Kolonialmacht Spanien aus der Westsahara zurück, was es dem marokkanischen Militär ermöglichte, die Westsahara zu besetzen. Durch die Reaktion des Staates Marokko konnte der Beschluss der Vereinten Nationen nicht umgesetzt werden. Die sahrauische Befreiungsfront rief 1976 die Demokratische Arabische Republik Sahara aus. 1984 wurde der neu gegründete Staat in die Afrikanische Union aufgenommen. Als Reaktion trat Marokko aus der Afrikanischen Union aus, da sie die Westsahara weiterhin als marokkanisches Staatsgebiet betrachten. Zwei Drittel des sahrauischen Staatsgebietes sind derzeit von Marokko annektiert, das „freie“ Drittel wird von der Frente Polisario regiert.

  • 3

    Der völkerrechtliche Status der Westsahara ist bis heute ungeklärt, da ein von den Vereinten Nationen gefordertes Referendum nie durchgeführt wurde. Die von den Vereinten Nationen in der Westsahara installierte Beobachtermission MINURSO soll den Waffenstillstand in der Region beobachten und die Durchführung des Referendums begleiten. Das Gebiet der Westsahara ist derzeit durch eine verminte Grenzanlage geteilt, die den von Marokko besetzten Teil der Westsahara von dem durch die Frente Polisario regierten Teil trennt. Ein Großteil der Bevölkerung der Westsahara lebt inzwischen in Flüchtlingslagern in Algerien. Viele sahrauische Jugendliche haben ihr Heimatland noch nie betreten, da Marokko die Einreise sahrauischer Flüchtlinge in die Westsahara unterbindet. Akteure und Institutionen Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die in diesen Konflikt eingebundenen Akteure und Institutionen sowie ihre jeweilige Positionierung innerhalb des Konfliktes gegeben werden: Die Afrikanische Union erkennt die Demokratische Arabische Republik Sahara als Staat an. Die DAR Sahara ist Mitgliedsstaat der Afrikanischen Union. Marokko ist als einziger afrikanischer Staat nicht Mitglied der AU, da es die Anerkennung der DAR Sahara ablehnt. Die Europäische Union hat ein Freihandelsabkommen mit Marokko geschlossen, das die Einfuhr marokkanischer Güter in die EU erleichtert. Dieses Abkommen beinhaltet die erleichterte Einfuhr auch für Produkte, die in der Westsahara produziert werden und als „marokkanisch“ deklariert werden. Die Frente Polisario hat 2014 gegen dieses Abkommen geklagt, weil sie darin eine Anerkennung der Annektion der Westsahara sieht. Der europäische Gerichtshof entschied zugunsten der Frente Polisario: Produkte aus der Westsahara dürfen nicht als „marokkanische Produkte“ in die EU eingeführt werden. Das Urteil beinhaltet politischen Sprengstoff: Marokko sieht seine nationale Souveränität in Frage gestellt, da es die Westsahara als marokkanisches Staatsgebiet sieht. Die Vereinten Nationen fordern, das Referendum endlich durchzuführen, um den völkerrechtlichen Status der Westsahara zu klären. Dabei gibt es aber einige Probleme: Aktuelle Entwicklung Aktuell bewegen sich die Konfliktparteien insofern aufeinander zu, als dass sowohl Marokko als auch die Frente Polisario das von der UN geforderte Referendum abhalten wollen, um zu klären, ob die Westsahara zu Marokko gehört oder ein unabhängiger Staat sein kann. Seit Jahren scheitert das Referendum jedoch daran, dass Marokko und die Frente Polisario sich nicht darüber einig werden, welche Bevölkerungsteile bei dem Referendum stimmberechtigt sind. Marokko wird unterstellt, gezielt Marokkaner in

  • 4

    das besetzte Gebiet umzusiedeln, um eine Mehrheit bei der Abstimmung zu erzielen. Die Frente Polisario argumentiert, anstatt zugezogenen Marokkaner und Mauretanier in die Abstimmung einzubeziehen, soll die Abstimmung nur innerhalb der ursprünglichen sahrauische Bevölkerung durchgeführt werden. Somit müssten nach der Argumentation der Frente Polisario auch die geflüchteten Sahrauis in den algerischen Flüchtlingslagern abstimmen dürfen. Die letzten Verhandlungsrunden zum Referendum sind 2010 gescheitert, da der von den UN vorgeschlagene Kompromiss zwar von der Frente Polisario angenommen, von Marokko aber abgelehnt wurde. Ein Versuch der Zusammenführung der Konfliktparteien in Form eines im Jahr 2012 vom Hohen Kommissar für Flüchtlinge der UN entworfenen Aktionsplans für vertrauensbildende Maßnahmen blieb den Konfliktparteien weitgehend unbeachtet blieb.

    Am 29. April 2016 wurde das MINURSO Mandat für ein weiteres Jahr verlängert. Gleichzeitig wird in den UN eine Debatte über die Blauhelmtruppen geführt, seit bekannt wurde, dass Blauhelmsoldaten in einigen UN Friedensmissionen an sexuellen Übergriffen auf die zu schützende Bevölkerung beteiligt waren. Auch in der Westsahara wurden Fälle von

    sexuellem Missbrauch durch Blauhelmsoldaten bekannt. 2015 besuchte der Kommissar die Flüchtlingslager in Tindouf und berichtete den Vereinten Nationen über die prekären Verhältnisse dort, die im Zuge von gravierenden Regenfällen drastisch verschlimmert wurden. Der Konflikt stagniert seit einigen Jahren, eine Konfliktlösung wird aufgrund der prekären Lage in den Flüchtlingslagern und den besetzten Gebieten immer dringender. Der Hauptausschuss 4 muss der Generalversammlung durch Beschlussvorlage dringend Handlungsvorschläge unterbreiten, die den Konflikt endlich effektiv lösen. Dafür ist eine Umsetzung des lange überfälligen Referendums unabdingbar. Punkte zur Diskussion: Um eine Konfliktlösende Resolution verabschieden zu können, sollten Sie sich folgenden Diskussionspunkten widmen:

  • 5

    § Der völkerrechtliche Status der Westsahara muss endlich geklärt werden. Wie kann dazu das Referendum umgesetzt werden? Diskutieren Sie hierbei, wie die Vereinten Nationen bei der Umsetzung des Referendums unterstützen können. Versuchen Sie einen Kompromiss zu finden, der eine Festlegung darüber beinhaltet, wer als Sahrauische Bevölkerung am Referendum teilnehmen darf, dies muss der Fokus Ihrer Diskussionen und Kompromissfindung sein.

    § Das Referendum muss zeitnah durchgeführt werden. Wie auch immer es ausgeht, die Flüchtlingslager in Algerien werden kurzfristig nicht geräumt werden können. Wie kann gleichzeitig erreicht werden, dass die prekäre Situation in den Flüchtlingscamps verbessert wird?

    § Wie kann die Afrikanische Union als regional wichtigster Partner in eine Konfliktlösung eingebunden werden? Beachten Sie dabei die Sonderrolle Marokkos, das als einziger afrikanischer Staat nicht Mitglied der AU ist. Führt eine Einbeziehung der AU zu einer besseren Konfliktlösung, da regionale Lösungen nachhaltiger und näher an den Bedürfnissen der menschen vor Ort sind, oder führt die Einbeziehung der AU zu einer Blockadehaltung Marokkos, das nicht Teil der AU sein möchte?

    § Braucht es eine erneute Verlängerung des MINURSO Mandats? Welche Befugnisse soll die Friedensmission haben und welche Rolle kann sie in der Durchführung und Begleitung des Referendums einnehmen?

    Wichtige Dokumente, Quellen und Weiterführende Links: § Resolution 1514 der Generalversammlung zur Dekolonialisierung und

    Selbstbestimmung von Völkern. Die deutsche Version finden Sie hier: http://www.un.org/depts/german/gv-early/ar1514-xv.pdf

    § S/RES/2285: Deutsche Übersetzung der aktuellsten Resolution zur Westsahara, in der das MINURSO Mandat bis 2017 verlängert wurde: http://www.un.org/Depts/german/sr/sr_16/sr2285.pdf

    § S/2007/202: Bericht des Generalsekretärs vom 13. April 2007 zur Lage in der Westsahara. Den Bericht finden Sie hier: https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N07/299/28/PDF/N0729928.pdf?OpenElement

    § Resolution 1754 (2007) des UN Sicherheitsrates zur Situation in der Westsahara. Die Resolution finden Sie unter folgendem Link: http://www.arso.org/S-RES-1754-2007e.pdf

    § S/PV.5669: Das Dokument S/PV.5669 ist das Wortprotokoll der Sitzung des UN Sicherheitsrates am 30. April 2007, bei dem über die Resolution 1754 zur Situation in der Westsahara abgestimmt wurde. Das Dokument finden Sie hier: https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/PRO/N07/323/48/PDF/N0732348.pdf?OpenElement

    § Zur aktuellen Entwicklung unter Anderem http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54770

    § Infobrief des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags zum Konflikt in der Westsahara:

  • 6

    https://www.bundestag.de/blob/191996/ba00742c91f3e9bf307af06f15e00dc4/westsahara-data.pdf

    § Hier finden Sie eine Übersicht über die Resolutionen und andere Dokumente, die der UN Sicherheitsrat zur Westsahara veröffentlicht hat: http://www.securitycouncilreport.org/un-documents/western-sahara/

    § Resolution 34/37 der UN Generalversammlung zur Situation in der Westsahara: http://www.un.org/documents/ga/res/34/a34res37.pdf

    § Wikipedia führt eine Auflistung aller Staaten, die die Demokratische Arabische Republik Sahara anerkennen: https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Anerkennung_der_Demokratischen_Arabischen_Republik_Sahara

    TOP 2 Auswirkungen atomarer Strahlung Einführung in das Thema Die Entdeckung der Radioaktivität von H. Becquerel im Jahr 1896, und einige Zeit später die Entdeckung des Neutrons von James Chadwick im Jahr 1932, waren Meilensteine von denen die Weltgemeinschaft heute noch profitiert, die aber zeitgleich auch verheerende Folgen nach sich ziehen. Einerseits ist die Atomspaltung eine Energiequelle die als kostengünstig und klimaschützend deklariert wird, andererseits kann sie als Massenvernichtungswaffe genutzt werden und ganze Regionen auslöschen. Mit der Erforschung der Entwicklung und des Baus einer Atombombe begannen die USA und England bereits 1942. Unter dem Decknahmen „Manhattan Projekt“ führten sie drei Jahren lang Forschung durch, bis es schlussendlich 1945 zur Zündung der ersten Atombombe kam. Der s.g. “Trinity”-Test fand in Alamogordo, 430 Kilometer südlich von Los Alamos, in den USA statt und übertraf alle Erwartungen der beteiligten Physiker. Die Ausmaße der Zerstörung waren enorm. Nur kurze Zeit später, am 6. August 1945, wurde in der Endphase des Pazifikkriegs eine Atombombe über dem Zentrum von Hiroshima abgeworfen, um Japan zur Kapitulation zu zwingen. Am 9. August folgte die zweite Atombombe gegen Nagasaki. Insgesamt fielen den beiden Atomwaffenangriffen über 270 000 Menschenleben zum Opfer. Weitere Atomwaffenangriffe und Test, unter anderem auch mit Wasserstoffbomben, folgten. Im Jahr 1953 erkannten die USA, dass Atomkraft auch Vorteile im täglichen Leben versprechen muss, um von der Öffentlichkeit akzeptiert zu werden. Der US-Präsident Dwight D. Eisenhower präsentierte auf einer Vollversammlung der Vereinten Nationen unter dem Titel „Atoms for Peace“ seine Vision einer friedlichen Nutzung der Atomenergie. Daraufhin fand 1955 die erste Genfer Atomkonferenz statt. Diese führte

  • 7

    zur Gründung der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) die seitdem den Beitrag der Kernenergie zu Frieden und Wohlstand fördert und die Militärische Nutzung der Technologien der Kernspaltung überwacht. Sie berichtet regelmäßig an die Generalversammlung der Vereinten Nationen, ebenso wie an den UN-Sicherheitsrat, wenn sie eine Gefährdung der internationalen Sicherheit feststellt. Atomare Strahlung entsteht beim radioaktiven Zerfall von instabilen Atomkernen. Dieser Vorgang kann sowohl auf natürliche Weise als auch durch die Einwirkung des Menschen passieren. Abhängig vom Atomkern werden dabei Alpha-, Beta-, Gamma- oder Neutronenstrahlen aus dem Atomkern geschleudert. Die unterschiedlichen Strahlen besitzen verschiedene Stärken mit denen sie Materialien durchdringen können. So können Alphastrahlen beispielsweise bereits von Papier abgeschirmt werden, während Gammastrahlen nur von Blei ausreichend absorbiert werden. Aktuelle Entwicklung Ein Ausbau der Kernenergie findet derzeit haupsächlich in China, Südkorea und Indien statt. Zwar befinden sich in Russland und Weißrussland momentan neun Reaktoren im Bau, jedoch ist ein leichter Rückgang der Atomkraft in Europa zu erwarten, was unter anderem auf den Atomausstieg Deutschlands zurückzuführen ist, der auf das Reaktorunglück in Fukushima folgte. Großbritannien hingegen hat sich entschieden zwei weitere Kernkraft-Reaktoren zu bauen. Weltweit erzeugen momentan über 430 Reaktoren Strom. Damit hat die Atomenergie einen Anteil am weltweiten Primärenergieverbrauch von etwa sechs Prozent, Tendenz sinkend. (Stand September 2016) Probleme Die radioaktive Strahlung von Spaltprodukten, die bei der Kernspaltung entstehen, kann bereits in kurzer Zeit und sehr geringer Menge, erheblichen Schaden im menschlichen Körper anrichten. Sie verursachen s.g. Strahlenkrankheiten wie Schilddrüsenkrebs, Knochentumore, Leukämie oder Lungenkrebs. Die verschiedenen radioaktiven Isotope besitzen eine unterschiedliche Halbwertszeit. Diese gibt an wie lange es braucht, bis die Hälfte des Stoffes zerfallen ist. Während Iod eine Halbwertszeit von 8 Tagen besitzt, dauert es bei Cäsium 30 Jahre bis die Hälfte des Stoffes Zerfallen ist. Die radioaktiven Stoffe können sich nicht nur im menschlichen Körper absetzen, sondern werden unter anderem auch von Pflanzen durch das Grundwasser aufgenommen, und gelangen dort von den Wurzeln bis in die Blätter. So können auch Nahrungsmittel für Mensch und Tier radioaktiv belastet sein. Man spricht dann von Kontaminierung. Allgemein gilt hierbei: Pflanzen und weitere Lebensmittel, die viel Wasser speichern, wie etwa Salat, Pilze, Spinat, Fisch, Algen und Muscheln sind stärker durch die Einlagerung von radioaktivem Cäsium belastet als andere. Meist sind diese Lebensmittel allerdings nicht so lange kontaminiert wie beispielsweise Pflanzen im Wald.

  • 8

    Dort bleiben die, durch Regen in den Boden eingetragenen, radioaktiven Niederschläge besonders lange vorhanden. Beispielsweise ist Cäsium 137 hier in der oberen Humusschicht noch lange nach Atomunfällen verfügbar, da dies durch Bodenorganismen, Pflanzen und Pilze aufgenommen wird, und im Herbst durch Laub erneut dem Boden zugeführt. Meist werden radioaktive Partikel zudem durch Wind weiter über die Sperrzonen hinausgetragen und regnen dann in bis zu 1000km entfernten Gebieten ab. Ferner wäscht der Regen radioaktive Partikel aus kontaminierten Gebieten in die Flüsse und anschließend ins Meer. Dieses wird nach einem Reaktorunfall aber nicht nur durch Kontaminierten Regen belastet, sondern wie bspw. in Fukushima auch durch austretendes kontaminiertes Kühlwasser aus dem Reaktor. Neben der Kontaminierung des Wassers, werden auch darin lebende Pflanzen und Tiere radioaktiv verseucht. Noch ist relativ wenig erforscht welche genauen Auswirkungen radioaktive Strahlung auf Tiere und Pflanzen hat, da Forscher bislang mehr die Auswirkungen auf den Menschen im Fokus hatten. Dies hat sich jedoch in letzter Zeit geändert. Man hat etwa einen Zusammenhang zwischen radioaktiver Bestrahlung von Vögeln im Sperrgebiet Tschernobyl und dem Schrumpfen des Gehirns der Vögel nachgewiesen. Des Weiteren, fand man heraus, dass beispielsweise Mäuse vermehrt Tumore an der Schilddrüse bilden, wenn sie radioaktiv bestrahlt werden. Diese waren allerdings größtenteils gutartig. Täglich ereignen sich Zwischenfälle in Reaktoren weltweit, die in gewöhnlichen Kraftwerken nicht gravierend während, bei Atomreaktoren allerdings schwere Folgen haben können. Seit 1945 haben unzählige dieser Art stattgefunden. Nicht alle haben in einer Katastrophe geendet, jedoch haben einige schwerwiegende Atomfälle Menschen umgebracht oder verletzt. Diese ziehen zudem weitere Folgen weltweit nach sich. Die schwersten Atomunfälle fanden 1986 in Tschernobyl und 2011 in Fukushima statt, aber auch Unfälle wie Harrisburg, Sellafield, Majak, Tomsk-7 und Tokaimura sind nicht außer Acht zu lassen. Die Reaktorunfälle in Tschernobyl und Fukushima werden als SUPER-GAU bezeichnet. Der GAU (Größte anzunehmende Unfall) ist der schlimmste anzunehmende Störfall beim Betrieb eines Atomkraftwerkes, für den die Sicherheitssysteme der Anlage ausgelegt sein müssen. Ein SUPER-GAU dagegen ist eine Reaktorkatastrophe die nicht mehr beherrschbar ist. Dies war sowohl in Tschernobyl als auch in Fukushima der Fall. Zwar haben sich die bekanntesten nuklearen Unfälle in Kernkraftwerken ereignet, jedoch kann es auch an anderen Orten, an denen mit Kernenergie gearbeitet wird, zu solchen Unfällen kommen, beispielsweise in Krankenhäusern und Forschungslaboren. Atomspaltung kann jedoch, wie bereits erwähnt, nicht nur positiv genutzt werden, sondern ist zugleich auch Material für eine Massenvernichtungswaffe. Bereits einige Atomwaffenangriffe haben seit dem ersten Abwurf einer Atombombe 1945 stattgefunden und verheerende Folgen mit sich gezogen.

  • 9

    Doch nicht nur Atomwaffenangriffe sondern auch Atomwaffentests haben erhebliche Schäden für Mensch und Umwelt zufolge. Seit 1945 wurden 2056 Atomwaffentests in der Atmosphäre und unter der Erde durchgeführt. Der Großteil davon von den fünf Atomwaffenstaaten USA, UdSSR, Frankreich, Großbritannien und China. Diese Atomwaffentests haben zu einer immensen weltweiten Strahlenbelastung geführt die große Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen hat und haben wird. In der Nähe der Testgelände führten die atmosphärischen Tests häufig zu radioaktiven Niederschlag und zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der lokalen Bevölkerung sowie zur Kontaminierung der Umwelt. Atomwaffentests, die in mehreren hundert Kilometern Höhe im Weltraum durchgeführt wurden, verursachten elektro-magnetische Störungen in der Ionosphäre und führten auf der Erde zum Zerreißen des Van-Allen-Gürtel. Mehr als 1500 unterirdischen Atomtests zwischen 1957 und 1998 hatten zur Folge, dass langlebige Radionuklide in die unterirdische Umwelt eingebracht wurden. In allen Test-Ländern kam es zur Freisetzung von Radioaktivität. Neben der Sicherheit in Atomkraftwerken und der Verbreitung von atomwaffenfähigem Material gibt es ein drittes schwerwiegendes Problem in der Atomtechnik: der unvermeidbare, hochradioaktive Atommüll. Neben ausgedienten Brennelementen fallen Abfälle aus Wiederaufbereitungsanlagen, Brennfabriken, Urananreicherungsanlagen und stillgelegten Reaktoren an. Ursprünglich ging die Nutzung der Kernenergie von einer Wiederaufbereitung der Kernbrennstoffe aus, dem sogenannten Brennstoffkreislauf. Diese hat sich jedoch nur als Verschiebung des Atommüll-Problems herausgestellt. In neu hergestellten Brennelementen kann nur ein Teil des Materials kann wieder verwertet werden – der Rest fällt als atomarer Müll an, der vom Volumen her noch größer als die ursprünglichen Brennelemente ist. Außerdem haben sich Wiederaufbereitungsanlagen als gefährlichster Schritt in der Atomenergienutzung herausgestellt. Im Normalbetrieb geben sie, im Vergleich zu Kernkraftwerken, deutlich größere Mengen radioaktiver Substanzen an die Umwelt ab. Jährlich finden mehrere hunderttausend Transporte mit radioaktivem Material statt. Ob von Abbauort zu Kernkraftwerk oder von Wiederaufbereitungsanlagen zu Zwischenlagern. Neben Unfallgefahren können undichte Transporter zu erhöhter Abgabe von radioaktiven Stoffen führen. Die Endlagerung von radioaktiven Abfällen ist ein Problem das allgegenwärtig ist, für das es momentan allerdings noch keine Lösung gibt. Es gilt einen Weg zu finden die radioaktiven Stoffe so lange zu lagern bis sie zu nichtmehr-radioaktiven Stoffen zerfallen sind. Da Technetium-99 aber beispielsweise eine Halbwertszeit von 210.000 Jahre und Neptunium-237 eine Halbwertszeit von 2,1 Millionen Jahre besitzt, scheint die Lösung dieses Problems gerade zu unmöglich. Atomkraft wird zwar als umweltfreundlich bezeichnet, Quellen behaupten aber, der Betrieb von Atomkraftwerken würde die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien blockieren. Die Atomkraft würde damit letztendlich das Problem des Klimawandels verschlimmern, da der Modernisierungsdruck der Motor für den Ausbau der Erneuerbaren Energien sei.

  • 10

    Punkte zur Diskussion Aus den oben genannten Punkten ergeben sich einige wichtige Punkte, die bei der Behandlung des Themas genannt werden sollten und einige Frage die es zu diskutieren gibt:

    § Wie können Reaktorunfälle verhindert werden? Falls es zu einem Unfall kommen sollte, wie können die Auswirkungen eines Unfalls so gering wie möglich gehalten werden?

    § Wie könnten Atomwaffentests besser abgeschirmt werden, um so wenig radioaktive Strahlung wie möglich an die Umwelt abzugeben? Und was für Möglichkeiten gibt es den Umfang von Atomwaffentest zu verringern?

    § Wie kann die sichere Nutzung von Atomkraft gefördert werden, während generell eine Abkehr von Atomkraft gefördert wird?

    § Wie kann ein Ausgleich zwischen Industrienationen, die ihre Energieversorgung bereits teilweise differenzieren, gegenüber Entwicklungsländern aussehen, die nach Atomkraft streben, um ihre entwicklungspolitischen Ziele zu erreichen.

    § Menschen, Tiere und Umwelt müssen zukünftig vor langfristigen Auswirkungen von Atomkraft geschützt werden, wie könnte das aussehen? Was für Möglichkeiten gibt es bereits vorhandene langfristige Auswirkung von Atomkraft, wie beispielsweise die Kontaminierung von Landstrichen, einzudämmen?

    § Ein weiterer Punkt zur Diskussion stellt die bisher ergriffenen Maßnahmen, zur Förderung der Friedlichen Nutzung von Atomenergie, der Vereinten Nationen dar. Sind diese ausreichend und sinnvoll? *Wie könnten diese ggf. verbessert werden?

    § Wie kann eine Lösung für die nukleare Endlagerung aussehen und wie lässt sich diese am besten umsetzen?

    Quellen und weiterführende Links § Unterschiedliche Artikel rund um radioaktive Strahlung: http://www.radioaktive-

    strahlung.org/ § Bericht über das Reaktorunglück in Fukushima und die Folgen radioaktiver

    Strahlung auf den Menschen, auf Englisch: http://www.who.int/ionizing_radiation/a_e/fukushima/who-response/en/

    § Informationen der IAEA zum Reaktorunglück in Fukushima, auf Englisch: https://www.iaea.org/ https://www.iaea.org/newscenter/focus/fukushima/fukushima-nuclear-accident-information-sheet;

    § Bericht des Wissenschaftlichen Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung (United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation, UNSCEAR) über die Folgen des Reaktorunfalls in Tschernobyl sowie über die gesundheitlichen Folgen von einem

  • 11

    Reaktorunglück, auf Englisch: http://www.unscear.org/unscear/en/chernobyl.html#Health

    § Artikel des NABU über die Auswirkungen eines Super-GAU auf die Natur und Tiere: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/energie/atomkraft/13629.html

    TOP 3 Die sozio-ökonomische Stellung von Palästinensern und palästinensischen Flüchtlingen Einführung in das Thema Die Region um Israel und Palästina ist eines der am stärksten umkämpften Gebiete der Welt. Der momentan herrschende sogenannte Nahostkonflikt hatte seinen Anfang in der Gründung des jüdischen Staates Israel, die nach einer Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen erfolgte. In dieser wurde festgelegt, dass für die beiden größten, sich bekämpfenden Bevölkerungsgruppen in der Region, Palästinenser und Juden, jeweils ein separater Staat geschaffen werden sollte. Da sich das Land jedoch die vorangegangenen Jahre in Hand der palästinensischen Araber befunden hatte, akzeptierten weder die palästinensische Bevölkerung noch die angrenzenden arabischen Staaten die Teilung. Nach Ausrufung des Staates Israel am 15. Mai 1948 erklärten diesem mehrere der arabischen Anrainerstaaten den Krieg. Diesen gewann Israel und konnte sein Territorium auf Kosten der eigentlich den Palästinensern zugesprochenen Gebiete auf 76% statt 54% der Gesamtfläche erweitern. Dieser Krieg und die territorialen Veränderungen führten dazu, dass große Teile der palästinensischen Bevölkerung ihre Heimat verloren und fliehen mussten, entweder in die ihnen verbliebenen Gebiete Westjordanland und Gaza-Streifen oder in benachbarte Staaten. Um diesen etwa 700.000 Geflüchteten zu helfen, wurde das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina Flüchtlinge im Nahen Osten, kurz UNRWA, gegründet, welches am 01. Mai 1950 seine Arbeit aufnahm. Nach den Auseinandersetzungen von 1948/1949 kehrte eine Zeit der verhältnismäßigen Ruhe ein, die mit dem sogenannten Sechs-Tage-Krieg 1967 endete. Seither kam es in der Region immer wieder zu Kriegen und gewaltsamen Auseinandersetzungen

  • 12

    zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten, sowie zwischen Israelis und Palästinensern. Da es noch immer keinen palästinensischen Staat gibt und in das Gebiet kein Frieden eingekehrt ist, leben 7,4 Millionen Menschen - die Geflüchteten dieser Kriege und ihre Nachkommen - teilweise noch heute unter prekären Lebensbedingungen in Flüchtlingslagern. Probleme Das oben genannte UNRWA nimmt unter den Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen eine Sonderrolle ein, da es das einzige UN-Flüchtlingshilfswerk ist, dass nur in einer spezifischen Region operiert. Ursprünglich nur für drei Jahre ins Leben gerufen, bezog sich das Mandat des UNRWA ausschließlich auf direkte Hilfsprogramme für die Geflüchteten. Da die Bereitstellung dieser Hilfe nach Ansicht der Vereinten Nationen jedoch solange notwendig ist, wie der Konflikt weiterbesteht, wurde das Mandat des UNRWA seit jeher um drei Jahre verlängert, zuletzt bis zum 30. Juni 2017. Dabei wurden die Aufgaben Schritt für Schritt angepasst und weiterentwickelt. Heute kümmert sich das UNRWA um die Gesundheitsversorgung, soziale Hilfeleistungen und die Ausbildung seiner Schutzbefohlenen und unterhält zu diesem Zweck unter anderem über 600 Schulen. Außerdem vergibt es Kleinkredite, um Menschen zu ermöglichen, sich eine bessere Lebensgrundlage zu schaffen. Zur Zeit der Gründung des UNRWA wurden außerdem zwei weitere Organisationen ins Leben gerufen, die sich mit Flüchtlingsangelegenheiten befassen sollten: Die UNCCP (UN-Versöhnungskommission für Palästina) und das UNHCR, das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge. Die Generalversammlung definierte in der Resolution 194(III) vom 1. Dezember 1948, mit der sie die UNCCP ins Leben rief, wer als palästinensischer Flüchtling gelte und somit Anspruch auf Hilfe durch UNRWA und UNCCP habe. Demnach sind dies Personen, die ihren Wohnsitz in Palästina oder die palästinensische Staatsbürgerschaft hatten und entweder während des Konflikts 1947-49 vertrieben worden waren oder nicht auf das Gebiet, das sich unter israelischer Kontrolle befand, zurückkehren konnten. Außerdem fallen mittlerweile Menschen, die in Folge des Sechs-Tage-Krieges ihre Heimat verloren haben, in den Aufgabenbereich des UNRWA. Anders als der Flüchtlingsstatus des UNHCR kann der Status als Palästinaflüchtling weitervererbt werden. Aufgabe der UNCCP war es, Rechte und Interessen der Flüchtlinge zu schützen und nach einer dauerhaften Lösung für ihre Probleme zu suchen sowie eine endgültige Konfliktlösung zu erarbeiten. Damit ergänzte sich die Arbeit der UNCCP und des UNRWA zu umfassender Flüchtlingshilfe. Das UNHCR ist das weltweit agierende Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Es soll Schutz und humanitäre Hilfe für die Personen bereitstellen, die unter die universelle Flüchtlingsdefinition fallen und außerdem die Einhaltung der Genfer

  • 13

    Flüchtlingskonvention überwachen. Da für Palästinaflüchtlinge bereits umfassender Schutz bestand, wurden sie aus dem Zuständigkeitsbereich des UNHCR ausgeschlossen. Problematisch wurde die Situation der Palästinaflüchtlinge, als der UNCCP Ende der 50er Jahre ein Großteil der Mittel gestrichen wurden, weil sie keine ihrer Aufgaben angemessen erfüllen konnte. In der Folgezeit verlor sie weiter an Bedeutung, bis sie schließlich de jure aufhörte zu existieren. Dadurch ergeben sich diverse Probleme, die zusammengefasst als Schutzlücke bezeichnet werden. Da das Mandat des UNRWA explizit nicht den Schutz der Flüchtlinge beinhaltet und diese aus allen anderen Flüchtlingsschutzabkommen ausgenommen sind, genießen Palästinaflüchtlinge nicht ausreichend Schutz vor Vertreibung oder Diskriminierung und haben keine internationale Interessenvertretung. Ein weiteres Problem ist, dass palästinensische Flüchtlinge, aber auch Palästinenser im Allgemeinen, häufig keine Staatsbürgerschaft haben. Zwar kann die palästinensische Autonomiebehörde, die das Westjordanland und den Gaza-Streifen verwaltet, Reisepässe ausstellen, die häufig als Ausweispapiere anerkannt werden, aber eine wirkliche palästinensische Staatsbürgerschaft gibt es nicht. Von den allgemeingültigen Abkommen zum Schutz Staatenloser sind Palästinenser aber aus den gleichen Gründen ausgeschlossen, aus denen ihnen auch der Schutz des UNHCR verwehrt ist. Ziel der Vereinten Nationen im Umgang mit Palästinaflüchtlingen war es immer, dass diese in ihre Heimat zurückkehren sollen, sobald ein palästinensischer Staat, wie von der Generalversammlung bereits 1947 vorgesehen, gegründet wurde. Da auch die vornehmlich arabischen Gastländer diese Politik verfolgen, ist die Integration der Flüchtlinge in der Regel nur sehr gering vorangeschritten. Außerdem verwehrt Israel bis heute das von den Vereinten Nationen eingeforderte Rückkehrrecht in Gebiete, die jetzt unter israelischer Kontrolle stehen. Aktuelle Entwicklung Die sozioökonomische Stellung von Palästinensern und palästinensischen Flüchtlingen hängt in besonderer Weise von dem Land ab, in dem sie leben. Hierbei sind zum einen die Situationen in Syrien, dem Libanon und Jordanien sowie zum anderen die im Gaza-Streifen und Westjordanland untereinander vergleichbar. Die meisten Flüchtlinge und Vertriebenen in den arabischen Staaten des UNRWA-Aktivitätsgebietes leben in Flüchtlingslagern, die von der Hilfsorganisation betrieben und verwaltet werden. Die Lebensumstände sind meist sehr schlecht. Da die Gebäude nicht dafür gebaut sind, dauerhaft zu bestehen, sind sie baufällig und häufig ohne Fundamente. Die Infrastruktur ist ebenfalls mangelhaft. Und es gibt nur bedingt elektrischen Strom oder fließend Wasser. Letzteres ist häufig verunreinigt, was zur

  • 14

    Ausbreitung von Krankheiten beiträgt. Im Detail jedoch unterscheiden sich die Lebenssituationen der Palästinenser in den unterschiedlichen Gebieten. Vor dem syrischen Bürgerkrieg, der 2011 begann, war die Situation für Geflüchtete in Syrien verhältnismäßig gut. So gab es beispielsweise eine Behörde, die sich um die Lage der Geflüchteten kümmerte und ihnen Hilfeleistungen zur Verfügung stellte. Mit Beginn des Bürgerkrieges änderte sich die Sicherheitslage dramatisch und die Anliegen palästinensischer Geflüchteter fanden fast kein Gehör mehr. Die meisten der 450.000 in Syrien lebenden Palästinenser flohen in den Libanon oder nach Jordanien. Somit kamen zu den bereits im Libanon lebenden circa 500.000 palästinensischen Flüchtlingen weitere 50.000 hinzu, was die schon prekären Lebensbedingungen dort weiter verschlechterte. Die Flüchtlingslager des UNRWA im Libanon sind in besonders schlechtem Zustand. Diverse rechtliche Einschränkungen erschweren das Leben für Palästinenser darüber hinaus. So empfangen sie Bildung, medizinische Versorgung oder Sozialleistungen ausschließlich durch das UNRWA und sind von Handel und Arbeitsmarkt im Libanon weitestgehend ausgeschlossen. Die insgesamt äußerst repressive Politik des Libanon liegt vor allem daran, dass das Machtgleichgewicht im Staat sehr sensibel ist und innerpolitische Spannungen die Interessen der palästinensischen Flüchtlinge überlagern. Ohne dass sich die innenpolitische Situation des Libanon ändert, ist ein Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik nicht zu erwarten. In Jordanien lebt mit 1,5 Millionen Menschen der größte Teil der palästinensischen Flüchtlinge. Da Jordanien lange eine integrative Politik verfolgte und nach Ende des Sechs-Tage-Krieges sogar einigen Palästinensern die jordanische Staatsbürgerschaft gewährte, ist die Lebenssituation dort am besten, wenn auch weiterhin verbesserungswürdig. Erst als im Zuge des Bürgerkrieges in Syrien weitere 250.000 Palästinenser nach Jordanien kommen wollten, wurde die Politik restriktiver. Anders stellt sich die Situation in den palästinensischen Autonomiegebieten Gaza-Streifen und Westjordanland dar. Israel übt gegenüber diesen massiven politischen und wirtschaftlichen Druck aus und führt exzessive Grenzkontrollen durch. Es beschränkt den palästinensischen Handel und Import, vor allem bezüglich dringend benötigter Güter wie Lebensmitteln, Medikamente und allen voran Wasser. Somit sind die wirtschaftlichen Aktivitäten der Autonomiegebiete auf ein Minimum reduziert. Der Mangel an Arbeitsplätzen und die herrschende Perspektivlosigkeit führen zu einer zunehmenden Radikalisierung der jugendlichen Bevölkerungsteile. Der immer noch andauernde Konflikt ist besonders im Gaza-Streifen spürbar, vor allem aber, wenn die Spannungen sich, wie zuletzt im Jahr 2014, zuspitzen, es zu massiven Gewaltausbrüchen kommt und sogar Schulen und Krankenhäuser zerstört werden. Ein Problem im Westjordanland ist die israelische Siedlungspolitik. Der Staat ermutigt und unterstützt Israelis, die auf palästinensischem Gebiet Siedlungen aufbauen, und so die Bevölkerung weiter zurückdrängen und das Gebiet in schlecht verbundene Teilregionen spalten.

  • 15

    Im Umgang mit diesen Autonomiegebieten verstößt Israel regelmäßig gegen internationales Recht und einschlägige Abkommen. Da dies jedoch von den USA gebilligt wird, die die Siedlungspolitik ebenso wie Israel und im Gegensatz zu den Vereinten Nationen als legal erachten, ist der Sicherheitsrat bezüglich eventueller Sanktionen jedoch handlungsunfähig. Der wichtigste Akteur und größte Hilfeleister für palästinensische Flüchtlinge ist das UNRWA, das jedoch chronisch unterfinanziert ist. Dies führt dazu, dass es bei einer sich wegen des syrischen Bürgerkriegs verschlechternden Lage immer größere Probleme hat, Qualität und Quantität seiner Angebote stabil zu halten. Außerdem hängt der Erfolg jedes Programmes von der Kooperationsbereitschaft der Gastländer ab. Das UNRWA liefert also den wichtigsten Beitrag zur Verbesserung der sozioökonomischen Lage seiner Schützlinge, doch gegen gesellschaftliche und juristische Diskriminierung bleibt es machtlos. Das UNRWA geriet in der Vergangenheit mehrmals in Kritik, da ihm Verbindungen zur radikalen Hamas nachgesagt werden. So wurden vom Hilfswerk betriebene Schulen in den Auseinandersetzungen von 2014 als Depot für Waffen und Raketen oder als Schutzstätte für Kämpfende missbraucht. Außerdem gab es regelmäßig personelle Verwicklungen zwischen beiden Organisationen. Diese Kritik sorgt für negative Schlagzeilen, was sich im Haushalt des UNRWA niederschlägt, da es einen Großteil seiner Gelder durch freiwillige Spenden erhält. Punkte zur Diskussion Das größte Problem für palästinensische Flüchtlinge ist die oben beschriebene Schutzlücke, die durch ihre gesonderte rechtliche Stellung entsteht. Diese zu schließen ist jedoch schwierig, da entweder in den einschlägigen Regelungen der universell operierenden Flüchtlingsschutzorgane die Absätze gestrichen werden müssten, die Palästinenser aus deren Tätigkeitsgebiet ausschließen, was jedoch praktisch unmöglich ist, oder das UNRWA abgeschafft werden muss, damit die Geflüchteten diesen Absätzen nicht mehr entsprechen, was ebenfalls aufgrund der wichtigen Arbeit des UNRWA nicht umsetzbar ist. § Wie kann also trotz dieser rechtlichen Problematik ein größtmöglicher Schutz der

    palästinensischen Flüchtlinge gewährleistet werden? § Wie kann überwacht werden, dass den Palästinensern die ihnen zustehenden

    Rechte gewährt werden? Beachten Sie hierbei, dass das UNRWA diese Aufgabe im Rahmen seines Mandates nicht wahrnehmen kann.

    Da die meisten palästinensischen Flüchtlinge, die sich nicht in den Autonomiegebieten aufhalten, in Flüchtlingslagern leben, ist die Verbesserung der Lebensumstände dort essenziell. § Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um gegen die herrschenden

    Probleme wie Infrastruktur- und Arbeitsplatzmangel vorzugehen? Reicht es, die

  • 16

    Arbeit des UNRWA zu unterstützen und fortzusetzen oder müssen darüber hinaus andere Maßnahmen getroffen werden? Wie könnten solche Maßnahmen aussehen?

    § Vor allem die Zusammenarbeit mit den Regierungen der Gastländer und mit anderen regionalen Akteuren ist von größter Wichtigkeit.

    o Wie können Anreize geschaffen werden, die rechtliche Stellung der Flüchtlinge in den Gastländern zu verbessern?

    o Ist es möglich, den Palästinensern einen besseren Zugang zu Arbeitsmärkten des jeweiligen Gastlandes zu gewähren?

    o Wie können Nichtregierungsorganisationen bei diesen Prozessen mitwirken? § Misstrauen und Spannungen zwischen der Bevölkerung der Gastländer und den

    palästinensischen Flüchtlingen stehen einer Verbesserung der Situation im Weg. Wie können Vorurteile beseitigt und die Akzeptanz auf beiden Seiten erhöht werden?

    Das UNRWA als wichtigster Akteur in dieser Thematik hat das größte Potential, dauerhafte und nachhaltige Verbesserungen zu bewirken. § Wie kann seine Finanzierung verbessert werden, damit weder Qualität noch

    Quantität seiner Angebote leiden? § Welche weiteren Angebote könnte das UNRWA im Rahmen seines Mandates zur

    Verfügung stellen? § Wie kann in Zukunft verhindert werden, dass es Verbindungen zwischen dem

    UNRWA und radikalen Organisationen gibt? Wie können eventuell auftauchende Vorwürfe schnell und objektiv beurteilt werden, damit die wichtige Arbeit der Organisation so wenig wie möglich leidet?

    Für die Verbesserung der Situation in den palästinensischen Autonomiegebieten ist vor allem eine Zusammenarbeit mit der israelischen Regierung notwendig. Diese jedoch betont bei der Begründung der Kontrollen stets, dass von radikalen palästinensischen Organisationen ein Sicherheitsrisiko ausgeht, dass nur so begrenzt werden kann. § Wie kann darauf hingearbeitet werden, dass den Autonomiegebieten mehr

    ökonomische Freiheiten gewährt werden, damit sie aus sich heraus Verbesserungen erzielen können, ohne, dass dadurch unnötige Sicherheitsrisiken eingegangen werden?

    Wichtige Dokumente § Genfer Flüchtlingskonvention:

    http://www.unhcr.de/fileadmin/user_upload/dokumente/03_profil_begriffe/genfer_fluechtlingskonvention/Genfer_Fluechtlingskonvention_und_New_Yorker_Protokoll.pdf

    § Satzung des UNHCR: http://www.unhcr.de/fileadmin/user_upload/dokumente/02_unhcr/01_UNHCR-Satzung.pdf

    § Teilungsresolution der Generalversammlung vom 29. November 1947: http://www.un.org/depts/german/gv-early/ar181-ii.pdf

  • 17

    § Resolution der Generalversammlung über die Anwendbarkeit des Genfer Abkommens vom 12. August 1949 zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten auf die besetzten palästinensischen Gebiete: http://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70088.pdf

    § Resolution der Generalversammlung „Hilfe für Palästinaflüchtlinge“: http://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70088.pdf

    § Es gibt diverse weitere Resolutionen der Generalversammlung zu der Thematik. Um diese einzusehen, folgen Sie dem Link, wählen Sie „Resolutionen und Beschlüsse“ und anschließend „Resolutionen nach Nummern“ im Abschnitt 70. Tagung (2015). Nutzen Sie die Tastenkombination strg+F (Suchfunktion), um Ihre Suchbegriffe (z.B. Palästina oder palästinensisch) einzugeben. http://www.un.org/depts/german/gv/fs_gv_zwischenseite.html

    Quellen und weiterführende Links § Offizielle Seite des UNRWA: http://www.unrwa.org/ (englisch) § Bericht des UNRWA über seine Arbeit:

    http://www.unrwa.org/userfiles/2010011791015.pdf (englisch) § Bericht des UNRWA über die sozioökonomische Situation palästinensischer

    Flüchtlinge in Jordanien: http://www.unrwa.org/sites/default/files/insights_into_the_socio-economic_conditions_of_palestinian_refugees_in_jordan.pdf (englisch)

    § Bericht über die Situation palästinensischer Flüchtlinge in Syrien vor dem syrischen Bürgerkrieg: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/mittlerer-osten-zentralasien/syrien/syrien-status-von-palaestinensischen-fluechtlingen.pdf

    § Bericht über die Situation in den palästinensischen Autonomiegebieten: https://www.bmz.de/de/laender_regionen/naher_osten_nordafrika/palaestinensische_gebiete/zusammenarbeit/index.html

    § Artikel der bpb über das UNRWA http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/229614/unrwa

    § Bericht der bpb über die Situation palästinensischer Flüchtlinge im Libanon: http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/228365/palaestinenser-im-libanon

    § Status palästinensischer Flüchtlinge: http://fokus-nahost.de/unerwunscht-und-wegdefiniert-zum-status-palastinensischer-fluchtlinge/

    § Kritik am Umgang der UNO mit palästinensischen Flüchtlingen https://lizaswelt.net/2009/01/19/die-hatschelkinder-der-uno-i/

    § Rechtliche Situation palästinensischer Flüchtlinge: http://www.kas.de/palaestinensische-gebiete/de/pages/11536/

    § Situation palästinensischer Flüchtlinge, besonders von Frauen, im Libanon: https://www.ecoi.net/local_link/326706/467129_de.html

    § Zumach, Andreas: Globales Chaos und machtlose UNO. Ist die Weltorganisation überflüssig geworden?. Seiten 65-96. Zürich: Rotpunktverlag 2015