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Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik Schwerpunktthema Neue Konzepte betrieblichen Lernens Peter Dehnbostel Die Bedeutung der verborgenen Seiten beruflichen Handelns für das erfahrungsgeleitete Arbeiten in inner- und zwischenbetrieb- lichen Netzwerken Hermann Novak Die Bedeutung der verborgenen Seiten beruflichen Handelns für das erfahrungsgeleitete Arbeiten in inner- und zwischenbetrieb- lichen Netzwerken Bernd Haasler „Trainingswerkzeuge“ in der Aus- bildungswerkstatt - Erstausbil- dung von Werkzeugmechanikern am Ausbil-dungsbeginn in der Großindustrie Walter Rittmeyer Ausbildungsqualität und Bedarfs- orientierung - Neue Wege bei der FEINTECHNIK R.Rittmeyer GmbH HECKNER H 65063 Heft 76 • 19. Jahrgang • 2004 lernen lernen & & lehren lehren

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Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik

Schwerpunktthema

Neue Konzepte betrieblichen Lernens

Peter DehnbostelDie Bedeutung der verborgenenSeiten beruflichen Handelns fürdas erfahrungsgeleitete Arbeitenin inner- und zwischenbetrieb-lichen Netzwerken

Hermann NovakDie Bedeutung der verborgenenSeiten beruflichen Handelns fürdas erfahrungsgeleitete Arbeitenin inner- und zwischenbetrieb-lichen Netzwerken

Bernd Haasler„Trainingswerkzeuge“ in der Aus-bildungswerkstatt - Erstausbil-dung von Werkzeugmechanikernam Ausbil-dungsbeginn in derGroßindustrie

Walter RittmeyerAusbildungsqualität und Bedarfs-orientierung - Neue Wege bei derFEINTECHNIK R.Rittmeyer GmbH

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H 65063 Heft 76 • 19. Jahrgang • 2004

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76

Impressum

„lernen & lehren“ erscheint in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der FachrichtungElektrotechnik-Informatik e. V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V.

Herausgeber: Gottfried Adolph (Köln), Klaus Jenewein (Magdeburg), Jörg-Peter Pahl (Dresden),Felix Rauner (Bremen), Bernd Vermehr (Hamburg)

Schriftleitung: Georg Spöttl (Flensburg), Franz Stuber (Münster)

Heftbetreuer: Kerstin Meyer, Franz Stuber

Redaktion: lernen & lehren

c/o Franz Stuber c/o Georg SpöttlIBL – Institut für berufliche Lehrerbildung biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und TechnikLeonardo Campus 7, 48149 Münster Auf dem Campus 1, 24943 FlensburgTel.: 0251 / 836 51 46 Tel.: 0461 / 805 21 62E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected]

Alle schriftlichen Beiträge und Leserbriefe bitte an eine der obenstehenden Adressen.

Titelbild mit freundlicher Genehmigung der Fa. R.Rittmeyer GmbH

Layout: Egbert Kluitmann, Andreas Besener

Verlag, Vertrieb und Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft mbH & Co. KGGesamtherstellung: Postfach 1559, D-38285 Wolfenbüttel

Telefon: 05331 / 80 08 40, Telefax: 05331 / 80 08 58

Bei Vertriebsfragen (z. B. Adressenänderungen) den Schriftwechsel bitte stets an den Verlag richten.

Wolfenbüttel 2004

ISSN 0940-7440 76

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76

EUR 7,68ISSN 0940-7440 19. Jahrgang 2004

lernen & lehrenElektrotechnik-Informatik/Metalltechnik

Inhaltsverzeichnis

Schwerpunkt

Neue Konzepte betrieblichen Lernens

Kommentar: Warum so und nicht anders? 146Gottfried Adolph

Editorial 147Kerstin Meyer/Franz Stuber

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

Arbeit lernförderlich gestalten - theoretischeAspekte und praktische Umsetzungen 148Peter Dehnbostel

Die Bedeutung der verborgenen Seiten beruf-lichen Handelns für das erfahrungsgeleiteteArbeiten in inner- und zwischenbetrieblichenNetzwerken 156Hermann Novak

Praxisbeiträge

Kontinuierliche Verbesserung durch Wissens-austausch, Netzwerke und Reflexion –Der Modellversuch DILO 163Gero Bornefeld/Dirk Müller/Helga Unger

„Trainingswerkzeuge“ in der Ausbildungswerkstatt –Erstausbildung von Werkzeugmechanikern amAusbildungsbeginn in der Großindustrie 170Bernd Haasler

Ausbildungsqualität undBedarfsorientierung – Neue Wege bei derFEINTECHNIK R.Rittmeyer GmbH 176Walter Rittmeyer

Betriebliches Lernen aus Sicht einer Auszubildenden 179Katrin Birr

Forum

Reformbedarf in der beruflichen Bildung ausinternationaler Perspektive - Teil II 182Felix Rauner

Rezension, Hinweise, Berichte, Mitteilungen

Hermann Avenarius/Johannes Rux:Rechtsprobleme der Berufsausbildung 186Volkmar Herkner

Volkmar Herkner: Deutscher Ausschussfür technisches Schulwesen 187 Felix Rauner

BAG-Tagungen 2005 188

Wissenschaftspreis der GTW 190

Autorenverzeichnis 191

Ständiger Hinweis und Beitrittserklärung 192

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Gottfried Adolph

Warum so und nicht anders?

146 lernen & lehren (l&l) (2004) 76

Kommentar

Lernzielorientierung, Problemorientie-rung, Schülerorientierung, Handlungs-orientierung, Gestaltungsorientierungund nun Lernfeldorientierung. Liegtden sich einander immer schneller ab-lösenden Reformansätzen eine er-kennbare Vernunft zugrunde, wie esdie Reformer behaupten? Oder sinddie vielen Orientierungen Hervorbrin-gungen eines wilden Hin und Her re-formwütiger, nach Beachtung und An-erkennung lechzender desorientierterProfilierungssüchtiger im Verbund mitdummen Politikern? So sehen esmanche (viele?) Schulpraktiker. Siesind das ewige Reformieren leid. Siewollen in Ruhe gelassen werden. Siewollen die Klassentüre hinter sich zu-machen können und den Unterrichtpraktizieren, den sie für vernünftig hal-ten.

Wie stets in hochkomplexen Realitä-ten gibt es mehrere Wahrheiten. Des-halb kann man das, was sich ereignetso oder so sehen. Man kann sich inden Chor der Einen oder der Andereneinreihen und das jeweilige Lied mit-singen. Man kann aber auch einenSchritt zurücktreten und mit der Frage:„Warum ist das so und nicht anders?“versuchen, seine eigene Melodie zufinden.

Kann man gesellschaftliche Realitätenindividualpsychologisch erklären, wiees die Reformgegner, Reformmüdenoder Reformabwehrenden tun? Kannman also für alles Reformerische diepsychischen Besonderheiten der Re-former verantwortlich machen? Soeinfach ist es nie, wenn es um Gesell-schaftlich-Politisches geht. Irgendwel-che „harte Fakten“ sind immer auchim Spiel. Gibt es solche, müssen sieauch zu finden sein. Wie so oft, müs-ste auch hier der Blick auf das Gewor-densein des Heutigen weiterhelfen

Historisch betrachtet sind Schulenund besonders berufliche Schulenrecht junge Institutionen. Über einelange geschichtliche Zeit hinweg hattedie Weitergabe dessen, was man heu-te berufliches Wissen und Könnennennt, seine bewährte Form gefun-den. Veränderungen vollzogen sich so

langsam, dass sie von den jeweils Le-benden nicht wahrgenommen wur-den. So nimmt man an, dass die Formder Faustkeile sich über 80.000 Jahrehinweg nicht verändert hatte.

Erst mit Beginn der Neuzeit taucht einAufruf auf, dessen Auftauchen eindeutlicher Indikator für eine grundle-gende Änderung darstellt. Der Aufruf:„Das Bewährte bewahren“ zeigt, dassauf einmal Veränderungen wahrge-nommen wurden, von denen man sichbedrängt und bedroht fühlte. Heutewissen wir, dass das mit dem Aufkom-men des Wissenschaftlichen einher-ging. In einem zunächst langsamenund dann immer schneller werdendenProzess bewährte sich das Bewährtenicht mehr. Wo Wissenschaftlicheswirksam wird, erwächst Theoreti-sches. Die Weitergabe des Theoreti-schen konnte die tradierte Berufsaus-bildung nicht leisten. Dieses Defizitführte zur Entwicklung der Institutionder beruflichen Schulen.

Von Anfang an gab es sowohl ein Mit-als auch ein Gegeneinander von schu-lischer (theoretischer) und betrieb-licher (praktischer) Ausbildung. So-wohl das Mit- als auch das Gegenein-ander wurde von der Frage be-herrscht, welches Theoriewissen fürwelche Praxis wichtig ist und welchesnicht. Die durch diese Frage ausgelö-ste Erregung ist bis heute nicht zurRuhe gekommen.

Als neue Institution mussten die beruf-lichen Schulen ihren Platz im etablier-ten schulischen Bildungssystem fin-den. Dabei wurden sie zunehmendeingeklemmt zwischen dem Sozial-prestige verleihenden System der all-gemeinen Bildung und dem wenig an-gesehenen Bereich der praktischen,mit Körperlichkeit und Schweiß ver-bundenen praktischen Berufsarbeit.Die allgemein bildenden Schulen, be-sonders die Gymnasien, hatten fürnützliches auf die Berufsarbeit ausge-richtetes Wissen nur Verachtungübrig. Solches Wissen war Sache deseinfachen Volkes und damit Gegen-stand volkstümlicher Bildung. Derdumme und verdummende Satz, dass

nützliches Wissen keine bildende Wir-kung entfalten kann, zeigt bis heuteWirkung.

Die zunehmende Verwissenschaftli-chung hatte auch für die allgemein bil-denden Schulen große Folgen. Dieakademische Ausbildung ihrer Lehrerführte zur Zerfächerung des Unter-richts mit der Folge der zunehmendenVermittlung unzusammenhängendenFaktenwissens. Wegen ihrer fach-lichen Spezialisierung konnten dieLehrer der allgemein bildenden Schu-len, besonders der Gymnasien, denAnspruch einer allgemeinen Rundum-bildung in ihren Personen nicht mehrrepräsentieren. Das Bildungsideal ent-artete zur Bildungslüge.

Die beruflichen Schulen wurden durchihr (berechtigtes) Streben, am Sozial-prestige durch Bildung teilzuhaben, indiesen Sog mit hineingerissen. Auchihr Unterricht zerfledderte sich in zu-nehmende Verfächerung. In der Weltdes Beruflichen kann jedoch unzu-sammenhängendes Faktenwissen kei-ne positive Wirkung entfalten. Es istkein intelligentes Wissen und auf dieVerfügbarkeit intelligenten Wissenskommt es in allem Beruflichen an. In-telligentes Wissen ist in Zusammen-hängen strukturiertes Wissen.

Intelligentes, gut strukturiertes Wissenentwickelt sich nicht durch Paukenund Auswendig-Lernen. Es bestehtein enger Zusammenhang zwischender intelligenten Aneignung des Wis-sens und der intelligenten Verfügbar-keit desselben. Hier setzen die Re-formkonzepte an. Wer verstanden hat,dass mit Handlungsorientierung Me-thodisches und nicht Inhaltliches ge-meint ist, weiß, dass sich im Handelnoft eine sehr anspruchsvolle und intel-ligente Wissensaneignung ereignet.Handlungsorientierung im Unterrichtkann unter vielen Gesichtspunkten or-ganisiert werden. In beruflichen Bil-dungsgängen ergibt sich aus der Lo-gik der Sache eine Fokussierung aufdas berufliche Handeln. In ihm entwik-keln sich das Praxiswissen und dasArbeitsprozesswissen.

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Kerstin Meyer/Franz Stuber

Editorial

lernen & lehren (l&l) (2004) 76 147

Ein Grundirrtum der in Fächern aufge-lösten Wissensvermittlung ist die Vor-stellung, dass sich fragmentarischvermitteltes Wissen in den Köpfen derLernenden auf geheimnisvolle Weisezu strukturierten Ganzheiten fügt. In-telligentes gut strukturiertes Wissenkann sich nur aus der geistigen Arbeitan strukturierten Ganzheiten entwi -ckeln. Auf diese Erkenntnis stützt sichdie Idee der Lernfeldorientierung.

Im beruflichen Handeln entwickelt sichin den Köpfen das begriffliche Gefügedes Praxiswissens. Ureigenste Aufga-be des schulischen Unterrichtens inberuflichen Bildungsgängen muss essein, diese gewachsene besondereBegrifflichkeit in eine allgemeine Be-grifflichkeit und deren hierarchischeStrukturierung zu überführen. Gelingtes, steht das Theoretische nicht mehr,durch einen Graben getrennt, demPraktischen gegenüber. Das Theoreti-sche verliert seine Blässe, seine Un-

Betriebliches Lernen wird dabei häufigals arbeitsimmanentes bzw. implizitesLernen verstanden. Während es beiexpliziten Lernprozessen – etwa in derBerufsschule – vorrangig um das Be-greifen von Sachverhalten und die Ein-übung von Fertigkeiten geht, steht beiimpliziten Lernprozessen die erfolgrei-che Bewältigung der Arbeit im Vorder-grund. Der Kompetenzerwerb selbststeht gar nicht im Vordergrund, son-dern die praktische Bewältigung einerAufgabe, bei der quasi mittelbar Lern-effekte eintreten. Die folgende Abbil-dung stellt diese Modi des Kompe-tenzerwerbs einander gegenüber.

Mit dem Schwerpunktthema „NeueKonzepte betrieblichen Lernens“ wen-den wir uns einem Themenbereich zu,der Gegenstand vielfältiger Entwick -lungen ist. Betriebliches Lernen be-wegt sich stets im Spannungsfeldökonomischer und technisch objekti-vierter Leistungsanforderungen aufder einen Seite und den Ansprüchenan eine umfassende Kompetenzent-wicklung auf der anderen Seite.

Bereits seit den siebziger Jahren desletzten Jahrhunderts werden Struktur-veränderungen in der Organisationdes industriellen Arbeitsprozesses er-kennbar, die auf eine Reduzierung derLohnstückkosten durch veränderteFormen der Arbeitsorganisation abzie-len. Seither ist eine weitreichende Ver-änderung der Arbeitsgestaltung durchvermehrten Einsatz von Industrierobo-tern in der Montage, der Ausnutzungder Möglichkeiten rechnergesteuerterSysteme zur flexiblen Planung undFertigung sowie eine Verlagerung vonder primären Facharbeit hin zur se-

kundären Facharbeit, von der Produk-tionsarbeit hin zur Instandhaltungsar-beit festzustellen. Mit der dabei vor al-lem durch die neuen technischen Sys -teme notwendigen werkstatt-orientier-ten Optimierung der Anlagen und Pro-zesse sind viele bisher anerzogenetraditionelle Industriearbeiter-Arbeits-tugenden nicht nur überflüssig, son-dern unerwünscht geworden. Schlüs-selqualifikationen wie Flexibilität undKreativität, Kooperations- und Kom-munikationsfähigkeit sind seitdemebenso gefragt wie die Fähigkeit zumselbstständigen Lernen.

verbindlichkeit und seine Folgenlosig-keit.

In dem Konzept der Gestaltungsorien-tierung wie es von FELIX RAUNER (Bre-men) u. a. ausgearbeitet wurde, ent-wickelte sich eine Fragestellung derendidaktische Bedeutung nicht hoch ge-nug eingeschätzt werden kann. DieFrage: „Warum ist das, was in der be-ruflichen Arbeit in Erscheinung tritt, sound nicht anders?“ liefert die gemein-same Klammer für alle fachspezifi-schen Aspekte. Geht es z. B. um dasVerdrahten eines Zählerschrankes undwird gefragt: „Warum muss das sound nicht anders gemacht werden?“,dann ist in dieser Frage alles Fachspe-zifische aufgehoben: das Naturwis-senschaftliche, das Technologische,das Sicherheitstechnische, das Öko-nomische usf. Aus der Frage: „Warumso und nicht anders?“ entwickelt sicheine zusammenhängende, verstehendverarbeitete Wissensstruktur, intelli-gentes Wissen also, das nicht nur sei-

ne fachlich produktive sondern auchseine bildende Wirkung entfaltenkann. Wer versteht, was er tut und wa-rum er es so, wie der technische Stan-dard es erfordert, tun muss, wer weiß,was es mit dem technischen Standartauf sich hat, ist nicht mehr nur Objekt.Er findet sich selbst wieder und damitzu sich selbst. Er kann urteilen undStellung beziehen, seine eigene Melo-die finden. HARTMUT VON HENTIGS: „DieSachen klären und den Menschenstärken.“ realisiert sich hier. Leiderverharrt HENTIG in der Vorstellung,dass das in beruflichen Bildungsgän-gen nicht möglich wäre.

Gelingt uns die jetzt in Gang kommen-de Reform der Lernfeldorientierung, d.h., wird sie in der täglichen Unter-richtsarbeit mit lebendigem Geist er-füllt, dann werden wir im Hinblick aufBildung durch zusammenhängendeWissensstrukturen einen Status errei-chen, von dem die „Allgemeinbildner“noch meilenweit entfernt sind.

Kommentar/Editorial

Modi des Lernensimplizit

Ziel: Realisierungeiner Arbeitsaufgabe

explizitZiel: Begreifeneines Sachverhalts

Abb. 1: Modi des Kompetenzerwerbs

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Editorial/Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

Damit Lerneffekte im Sinne eines be-ruflichen Kompetenzerwerbs eintre-ten, müssen die Arbeitsplätze aller-dings bestimmte Bedingungen erfül-len. Diese reichen vom individuellenHandlungsspielraum, über die Teilha-be an betrieblichen Entscheidungs-prozessen bis hin zum Wissen um dieGenese der in Arbeitsprozessen ein-gesetzten Technologien.

Vor diesem Hintergrund haben etwaaus dem Handwerk bekannte Vorbil-der einer an Kundenaufträgen undganzheitlichen Arbeitsprozessenorientierten Qualifizierung eine Re-naissance erfahren. Es wird heute wie-der stärker am und im realen Arbeits-prozess gelernt. Dessen Anforderun-gen bestimmen wieder stärker den be-trieblichen Lernprozess. Aber nichtbloß Zuschauen und Nachmachen derBewegungen des Meisters, sonderndas Beobachten, Durchschauen undgedankliche Nachvollziehen des Ar-beitsprozesses als Zusammenspielvon Erkennen, Planen, Kontrollieren,Modifizieren und Anpassen des eige-nen Wissens über diesen Prozesswerden entscheidend. Dafür notwen-dige Informationen und Zustandsbe-

Bevor Ansätze zur Arbeitsplatzer-schließung und -gestaltung (4) sowieneue Lern- und Arbeitformen (5) dar-gestellt werden, ist zunächst das Ler-nen in der Arbeit in seiner historischenund theoretischen Grundlegung zuskizzieren (2), wobei aufgezeigt wird,dass die in den letzten Jahren entwik-kelten Konzepte des Lernens in derArbeit mit einem grundsätzlichen Per-spektivenwechsel in der beruflichenBildung einhergehen. In einem weite-ren Abschnitt werden Dimensionenund Kriterien des Lernens in der Arbeiterörtert (3), die als Analyseins trumentedazu beitragen, Lernchancen undLernmöglichkeiten in der Arbeit zu be-urteilen, aber ebenso der Konstruktionlernförderlicher Arbeitsumgebungendienen. Abschließend werden die be-

Einleitung

Die Gestaltung des Arbeitsplatzes un-ter effizienzorientierten Kriterien wirdbereits als Aufgabe gesehen, seitdemein Bewusstsein darüber herrscht,dass das Arbeiten räumlich, zeitlichund methodisch ein von der Lebens-welt gesonderter Raum ist. Diese Auf-gabe umfasste immer schon arbeits-gestaltende Instrumente und Metho-den und bezog auch arbeitsgebunde-nes Lernen ein, wobei dieses in frühe-ren Zeiten größtenteils informell undinstruktionistisch erfolgte. Mit verän-derten Arbeits- und Organisationskon-zepten und der Renaissance des Ler-nens in der Arbeit sind seit den1980/90er-Jahren in verschiedenenDisziplinen wie der Berufspädagogik,

der Arbeitswissenschaft und der Ar-beits- und Organisationspsychologiegezielt Kriterien und Verfahren entwik-kelt worden, um das Lernen in und beider Arbeit zu fördern. Auch sind neueLern- und Arbeitsformen wie Coa-ching, Lerninseln und Gruppenarbeitentstanden, die das Lernen systema-tisch und organisiert in die Arbeit ein-beziehen. Dabei geht es nicht mehrnur um die lernförderliche Gestaltungvon Arbeitsplätzen, sondern um dieGestaltung übergreifenden Arbeits-prozessen und darüber hinaus von Ar-beitsumgebungen, die mit der zu be-obachtenden Entgrenzung von Lern-formen und Lernorten sowie von Er-werbsarbeit und Nichterwerbsarbeitweit in die Lebenswelt reichen.

schreibungen werden selbständig be-schafft und ausgewertet. Ausbilderund andere ‚Coaches' steuern und be-gleiten diesen Lernprozess.

Dabei ist klar: Weder die sprachloseArbeitserfahrung noch die individuelle,theorielose Erziehung durch den Meis -ter, weder die kollektive Schulung inder Lehrwerkstatt, noch die theoreti-schen Grundlagen in der Berufsschulekönnen die notwendigen Basiskompe-tenzen und Arbeitsfähigkeiten hinrei-chend vermitteln. Den Ansprüchenmoderner Arbeitsprozesse an dieKompetenzen der Fachkräfte könnennur Konzepte gerecht werden, dieAus- und Weiterbildung orientieren

• am Prozess einer geplanten, be-wusst gestalteten und qualitätsbe-stimmten Arbeit,

• an der Bearbeitung von gestal-tungsorientierten Aufgaben aus derArbeitswelt,

• in einer für die individuelle Kompe-tenzentwicklung geeigneten sozia-len Lernumgebung.

Neue Konzepte betrieblichen Lernenshaben sich aber nicht zuletzt der Auf-

gabe zu stellen, die betrieblichen Ar-beitsprozesse stärker mit der schuli-schen Ausbildung zu verbinden. DennLernfeldorientierung und lernortinte-grierende Lern- und Arbeitsaufgabenlassen sich auch als Reflex auf eineveränderte technisch-ökonomischeBetriebsorganisation interpretieren.Arbeitsprozesse als Handlungsfeldersind daher von den Lehrkräften imHinblick auf ihre Bedeutung auch fürden schulischen Lernprozess zu ana-lysieren. Dabei muss die Entwicklungder betrieblichen Arbeitsorganisationebenso eingeschätzt werden könnenwie auch die Entwicklung am Arbeits-markt zu prognostizieren ist. Die Klä-rung und Transparenz komplementä-rer Bildungs- und Qualifizierungsan-sprüche kann dabei als Voraussetzungfür eine gleichberechtigte Zusammen-arbeit angesehen werden.

Die Schwerpunktbeiträge dieses Hef-tes fächern die Thematik in der gebo-tenen Breite auf, von der Entfaltunggrundlegender Kennzeichen arbeits-bezogenen Lernens bis hin zu Erfah-rungsberichten aus neu gestaltetenAusbildungsorganisationen.

Peter Dehnbostel

Arbeit lernförderlich gestalten– theoretische Aspekte und praktische Umsetzungen

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76 149

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

trieblichen Lern- und Wissensartenbehandelt (6), die für lernförderlicheArbeitsstrukturen und Arbeitsumge-bungen kennzeichnend sind.

Lernen im Prozess der Arbeit

Die Wiederentdeckung des Lernens inder Arbeit stellt in Deutschland eineTrendwende in der Entwicklung derBerufsbildung dar. Seit Beginn der in-dustriellen Berufsausbildung im letz-ten Drittel des 19. Jahrhunderts wurdedie berufliche Bildung bei gleichzeiti-ger Differenzierung zunehmend zen-tralisiert, systematisiert und reguliert.Die berufspädagogische Diskussionging bis weit in die 1980er-Jahre vonder Annahme weiterhin abnehmenderLernpotenziale und Lernchancen inder Arbeit aus, was im Zuge der Indus -trialisierung und Taylorisierung von Ar-beit auch zutraf. Eine Qualifizierung inder Arbeit wurde aus didaktisch-me-thodischen, aber auch aus arbeitsor-ganisatorischen und ökonomischenGründen für immer weniger vertretbargehalten. Demgegenüber bot sich dieQualifizierung in zentralen Bildungs-stätten an: Hier konnte systematischund ohne störende Auswirkungen aufden Arbeitsablauf gelehrt und gelerntwerden. Auch im Handwerk, in demein auftragsbezogenes beruflichesLernen in der Arbeit nach wie vor do-miniert, wurden Lehrgangsformen undüberbetriebliche Bildungsstätten zu-nehmend in die berufliche Bildung ein-bezogen (vgl. HAHNE 2003, S. 33 f.).Faktisch nahm das formelle und orga-nisierte Lernen in der Berufsausbil-dung und auch in der Weiterbildungstetig zu, was sich strukturell u.a. in ei-nem massiven Ausbau von betrieb-lichen, über- und außerbetrieblichenBildungsstätten sowie dem Ausbauvon Bildungsgängen in berufsbilden-den Schulen und auch im tertiären Be-reich niederschlug.

Mit der Einführung neuer Arbeits- undOrganisationskonzepte und der damitverbundenen Reprofessionalisierungund Prozessorientierung von Fachar-beit (vgl. KERN/SCHUMANN 1984; WO-MACK u. a. 1992) zeichnete sich eineGegentendenz zur Zentralisierung derberuflichen Bildung ab. Insbesonderevon Groß- und Mittelbetrieben wurdeein verstärktes arbeitsplatzbezogenesLernen gefordert und mit der Erkennt-nis verbunden, dass das Lernen in

modernen Arbeitsprozessen neueQualifikations- und Bildungsmöglich-keiten jenseits des Taylorismus bietet(vgl. DEHNBOSTEL u. a. 1992). Es zeigtesich, dass die zunehmende Auslage-rung des Lernens aus der Arbeit dieKluft zwischen beruflicher Bildung undrealer beruflicher Handlungsfähigkeitvergrößerte, dass sie zu Lern- undMotivationsproblemen bei Aus- undWeiterzubildenden führte. Zwar sindImitation und Simulation wichtige undfür viele Arbeits-Lern-Situationen –seien sie hochkomplex oder sicher-heitsgefährdend – unerlässliche me-thodische Herangehensweisen, Be-triebs- und Arbeitsrealitäten könnendadurch aber nicht ersetzt werden. Si-tuations- und prozessbestimmte mo-derne Arbeitsanforderungen sind im-mer weniger antizipierbar und simu-lierbar, eine umfassende beruflicheHandlungskompetenz ist in zentralenBildungseinrichtungen daher nur be-dingt einlösbar. Berufliches Lernenbleibt ohne die Bindung an reale Ar-beitsinhalte und reale Arbeitsbedin-gungen einem formalen Bildungsver-ständnis verhaftet und führt allenfallszu einer eingeschränkten beruflichenHandlungsfähigkeit.

Entscheidender aber als diese berufs-und betriebspädagogischen Argu-mente sind die ökonomisch-betriebs-wirtschaftlichen Gründe für die Neu-bewertung des Lernens in der Arbeit.Vor dem Hintergrund einer fortschrei-tenden Wissens- und Dienstleistungs-gesellschaft und der damit einherge-henden Verbreitung neuer Informa-tions- und Kommunikationstechnolo-gien, der Abnahme manueller und derZunahme wissensbasierter Arbeitstä-tigkeiten, greifen herkömmliche be-triebliche Rationalisierungsformen zukurz. Der Ressource Wissen kommtfür die Wertschöpfung eine immerwichtigere Rolle zu. Die ständig wach-sende Geschwindigkeit von ökonomi-schen, technologischen und soziokul-turellen Veränderungen stellt Organi-sationen und Unternehmungen vorständige Anpassungs- und Innova-tionsanforderungen. Über kontinuierli-ches Lernen in und von Organisatio-nen sollen Innovation ermöglicht, Wis-sen aufgebaut und erweitert und letzt-lich Leistungs- und Wettbewerbsfä-higkeit gestärkt werden. Lernen imProzess der Arbeit und das darüberentstehende Wissen sind gegenwärtig

für viele Experten unterschiedlichsterDisziplinen zur wichtigsten Produktiv-kraft in einer zunehmend kundenorien-tierten und globalisierten Ökonomiegeworden.

Praktisch schlägt sich die Renaissan-ce des Lernorts Arbeitsplatz, der Be-deutungszuwachs des Lernens in derArbeit in nahezu allen Bereichen derberuflichen Bildung nieder: In deraußerbetrieblichen Berufsbildung,aber auch in allgemein bildendenSchulen und in Hochschulen habender Bezug auf das Medium Arbeit undauf berufliche Inhalte zugenommen. InUnternehmen wird das stark selbstge-steuerte und erfahrungsbasierte Ler-nen im Prozess der Arbeit zunehmendmit organisiertem Lernen verbunden.Für Kleinbetriebe wird das Lernen inder Arbeit über auftragsorientiertesLernen und über das Lernen in Ver-bünden und Netzwerken in Qualitätund Breite erheblich verbessert. InGroß- und Mittelbetrieben werdenAusbildungszeiten am Arbeitsplatz er-höht und Arbeiten und Lernen inte-grierende Lernformen wie Qualitätszir-kel und Lernstatt geschaffen. Ausunternehmensbezogener Sicht gehtes bei all diesen Maßnahmen zur Stär-kung des Lernens in der Arbeit vor al-lem darum, Verbesserungen und Opti-mierungen der Arbeitsorganisationund Arbeitsergebnisse zu fördern undvoranzutreiben.

Eine andere Frage ist, wie diese Lern-prozesse in der Arbeit hinsichtlich ihrerQualität, Wirkung und Nachhaltigkeitzu beurteilen sind. Auch wenn allge-mein anerkannt wird, dass das Lernenim Prozess der Arbeit im Zuge betrieb-licher Reorganisations- und Umstruk-turierungsprozesse an Bedeutung ge-wonnen hat, so sagt dies noch nichtsüber dessen Reichweite, Qualität undSubjektbezug aus. Unter den Stich-worten der „Koinzidenz“ und „Konver-genz“ ökonomischer und pädagogi-scher Vernunft wird diese Diskussionseit Anfang der 1990er-Jahre geführt(vgl. u. a. ACHTENHAGEN 1990; HARTEIS

2000; HEID 1999), wobei bisherige Ein-schätzungen und Analysen vor allemauf die Ambivalenz des betrieblichenWandels und des damit verbundenenLernens in modernen Arbeitsprozes-sen verweisen. Diese zeigt sich darin,dass Globalisierung, neue Informa-tions- und Kommunikationstechnolo-

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150 lernen & lehren (l&l) (2004) 76

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

gien und erhöhte Produktivität einer-seits für den massiven Abbau von Ar-beitsplätzen, für höhere Belastung, fürdie Zunahme von unsicheren Beschäf-tigungsverhältnissen und eine neueZweckgebundenheit des Lernens ste-hen. Andererseits scheinen Maßnah-men zur Enthierarchisierung und De-zentralisierung durchaus verbesserteBedingungen im Sinne von ganzheit-licheren Arbeitsumfängen, höherenFreiheitsgraden, erweiterter Mitgestal-tung und Partizipation sowie verbes-serten Lernbedingungen und Lernpo-tenzialen zu bieten.

Die Chancen des Lernens in der Arbeitfür die Persönlichkeitsentwicklungwerden insbesondere aus arbeits- undlernpsychologischer Sicht als konsti-tutiv angesehen (vgl. u. a. HACKER/SKELL 1993; WÄCHTER/MODROW-THIEL

2002), wobei diese Sichtweise durch-aus Übereinstimmungen mit dem Stel-lenwert von Arbeit und Beruf und demdarauf bezogenen Lernen in der Re-formpädagogik und der klassischenBerufsbildungstheorie des frühen 20.Jahrhunderts aufweist. Lernen in derArbeit wird danach als Teil desmenschlichen Entwicklungsprozessesverstanden, als wesentlicher Beitragzur Selbstverwirklichung des Men-schen. Verbunden damit ist die Auffas-sung, dass die Gestaltung der Bedin-gungen, unter denen Arbeit geleistetwird, von elementarer persönlicherund gesellschaftlicher Bedeutung ist.Inwieweit dies real vor dem Hinter-grund der angesprochenen Ambiva-lenz moderner Arbeitsprozesse aucheingelöst wird, ist Gegenstand vonKriterien der Bewertung von Arbeitstä-tigkeiten und Arbeitssystemen. Unterdem Kriterium der Persönlichkeitsför-derung ist Arbeit so zu gestalten, dassder Mensch in ihr seine Persönlichkeitentwickeln kann und die Bedingungender Entwicklung in hohem Maßeselbst steuert.

Dimensionen und Kriteriendes Lernens in der Arbeit

Die Schaffung lernförderlicher Arbeits-bedingungen ist stets mit Spannungenund Widersprüchen verbunden. DieTätigkeiten am Arbeitsplatz unterlie-gen betriebswirtschaftlichen Kriterienund Kalkülen, während individuelleund persönlichkeitsbezogene Zielset-zungen vorrangig im Kontext einer hu-

manorientierten Personalentwicklungund beruflicher Entwicklungs- undAufstiegswege zu sehen sind. Die Kri-terien oder Dimensionen, an denensich die Herstellung lernförderlicherArbeitsumgebungen orientiert, sind inmehreren Studien hergeleitet und dar-gestellt. Sie werden in unterschied-lichen Facetten sowohl zur Analysedes Lernens und der Lernmöglichkei-ten in der Arbeit als auch zur Gestal-tung von Arbeit und Arbeitsumgebun-gen in einem lernförderlichen Sinneherangezogen. Diese Studien sind ins-besondere aus arbeits- und organisa-tionspsychologischer Sicht erarbeitetworden (vgl. u. a. BERGMANN 1996, S.173 ff.; FRANKE/KLEINSCHMITT 1987;SONNTAG 1996).

Exemplarisch ist hier auf die in denForschungsarbeiten von G. FRANKE

festgestellten Dimensionen für Lern-potenziale in der Arbeit einzugehen,die mit denen anderer Studien in vie-len Punkten übereinstimmen. In Fort-setzung zuvor geleisteter Forschungs-arbeiten identifiziert FRANKE (1999, S. 61 ff.) die in Abb. 1 charakterisier-ten sieben Dimensionen als relevanteBedingungen für das Lernen in der Ar-beit. Dabei ordnet er die Dimensionenin ein komplexes Rahmenmodell fürdie Untersuchung der Auswirkungenvon Arbeitserfahrungen auf die „Her-

ausbildung strategischer Handlungs-potenziale“ ein. Die strategischenHandlungspotenziale werden als ent-scheidend für eine umfassende Kom-petenzentwicklung angesehen unddie Dimensionen als die dafür zentra-len Kriterien und Bedingungen. Diegenannten relevanten Dimensionendes Lernens in der Arbeit sind abernicht per se als Gütekriterien anzuse-hen, denn ob sie auf das Lernen för-dernd oder behindernd wirken, ist vonübergeordneten Gegebenheiten wieUnternehmenskultur, Arbeitsorganisa-tion und Arbeitsaufgaben abhängig. Inder Dimension „Individualisierung“wird dies in der Kurzcharakteristikdeutlich zum Ausdruck gebracht, inanderen Dimensionen wie „Problem -erfahrung“, „Handlungsspielraum“und „Rationalität“ stellt sich die Frageder Lernförderlichkeit insbesondere inAbhängigkeit von personenseitigenDispositionen. Je nach Persönlich-keitseigenschaften und Kompetenz-stand können die Grade von Problem-haltigkeit, von Handlungsspielräumenund von Rationalität als Förderungoder auch als Behinderung des Ler-nens erlebt werden. Zudem kommt esauf das Zusammenspiel dieser Di-mensionen an.

Ähnliche Anforderungen sind nachkonstruktivistischer Auffassung zu er-

Dimensionen Kurzcharakterisierung

Problemerfahrung Diese Dimension beinhaltet die Komplexität von Erfahrungen und das Ausmaß von Denkprozessen in der konkreten Arbeit

Handlungsspielraum Gibt die Freiheitsgrade in der Arbeit an und damit die unter-schiedlichen Möglichkeiten kompetent zu handeln (selbstge-steuertes Arbeiten)

Zentrierte Variabilität Aufgaben, die bei gleicher Grundstruktur unterschiedliche Reali-sierungsbedingungen enthalten, d. h. hohe Veränderungsmöglichkeiten

Integralität Aufgaben mit möglichst vielen notwendigen Einzelhandlungen im Sinne der „vollständigen Handlung“

Soziale Unterstützung Kommunikation, Anregungen, Hilfestellungen mit und durch Kollegen und Vorgesetzte

Individualisierung Aufgaben sollen dem Entwicklungsstand des Einzelnen entspre-chen, d. h. sie dürfen ihn nicht unter- oder überfordern

Rationalität Einordnung in die Entwicklungsstufen nach dem Modell von Dreyfus/Dreyfus vom Novizen bis zum Experten

Abb. 1: Dimensionen des Lernens in der Arbeit (FRANKE 1999, S. 60 ff.)

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Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

füllen, um lernförderliche Arbeitsplätzeund Lernumgebungen wirksam wer-den zu lassen (REINMANN-ROTHMEI -ER/MANDL 2001). Es müssen bestimm-te Freiheitsgrade beim Arbeits-Lern-Handeln bestehen, die sich unter an-derem darin ausdrücken, dass neueInhalte nicht als abgeschlossenesSys tem erscheinen und der LernendeSteuerungs- und Kontrollprozesseübernimmt. Er muss eigene Erfahrun-gen machen und eigene Wissenskon-struktionen und Interpretationen vor-nehmen können. Die Freiheitsgradesind bewusst wahrzunehmen, zu nut-zen und zu gestalten. Voraussetzunghierfür ist, dass die Lernenden moti-viert sind und an den Arbeits- oderLernhandlungen Interesse haben oderentwickeln. Dabei ist Lernen immerauch ein sozialer Prozess, in dem dieLernenden und ihre Handlungen inter-aktiv und soziokulturell beeinflusstwerden. Zusammengefasst sind dieGrundsätze für die aktive Gestaltungvon Lernumgebungen nach diesemKonzept:

• Authentizität und Situiertheit,

• multiple Kontexte,

• multiple Perspektiven,

• sozialer Kontext.

Wie die knappe Kennzeichnung deut-lich macht, steht die Selbststeuerungdes Lernens im Mittelpunkt dieser Kri-terien für eine lernförderliche Arbeit.

Zusätzlich sei auf den besonderen An-satz der Lernchancenanalyse hinge-wiesen, der vor allem deswegen vonInteresse ist, weil er verspricht, Krite-rien des Lernens in der Arbeit aufzu-zeigen, die informelle Lernprozesse zuidentifizieren und zu analysieren helfen(vgl. HERZ/JÄGER 1999). Allgemeinergeht es um die Feststellung von Lern-möglichkeiten, die in Arbeitssituatio-nen und Arbeitsaufgaben enthaltensind. Die Lernchancenanalyse erfasstdie Rahmenbedingungen, die einUnternehmen für informelle Lernpro-zesse bietet. Die selbst kaum direkt,sondern nur mittelbar bzw. über ihrePerformanz zu analysierenden infor-mellen Lernprozesse werden in die-sem Ansatz über Außenfaktoren ein-geschätzt. Solche Faktoren sind vorallem die Unternehmenskultur und dieArt der Tätigkeiten und Arbeitsaufga-ben. Unmittelbares Ergebnis der Lern-chancenanalyse ist das Identifizieren

ein weiteres wichtiges Kriterium für dieAnalyse und zugleich Gestaltung die-ser Arbeitsform dar, zumal in moder-nen Unternehmen herkömmliche, aufeine tief gegliederte Hierarchie ausge-richtete betriebliche Karrieremusterund Aufstiegsperspektiven abgebautoder abgeschafft worden sind. Somitkommt horizontalen und diagonalenEntwicklungswegen im Betrieb bzw. inder Arbeit eine immer wichtigereFunktion zu. Die lernförderliche Ar-beitsgestaltung ist hierfür eine wichti-ge Voraussetzung. Im Rahmen be-trieblicher Personal- und Organisa-tionsentwicklung sind zudem ver-mehrt Wege zu eröffnen, die Arbeitenund Lernen in neuer Weise kombinie-ren und berufliche Entwicklungsmög-lichkeiten mit persönlichen Interessenund individuellen Kompetenz- und Er-fahrungsprofilen stärker in Überein-stimmung bringen.

Den Arbeitsort als Lernorterschließen und gestalten

Die Lernförderlichkeit von Arbeits-prozessen kommt im Wesentlichen inden positiven Bedingungen und Mög-lichkeiten zur Einlösung des Lernensin der Arbeit zum Ausdruck. Diese Be-dingungen und Möglichkeiten sindzum einen durch reale Gegebenheitenwie Betriebsgrößen und -branchen,Arbeitsaufgaben, Arbeitsorganisationund Qualifikationsanforderungen be-stimmt, zum anderen durch Maßnah-men zur Erschließung und Gestaltungvon Arbeitsprozessen und Arbeitsplät-zen als Lernorte. Erschließen umfasstdabei den Prozess der Untersuchung,der Auswahl und Formierung des Ar-beitsplatzes als Lernort; Gestalten be-steht hingegen in der gezielten Her-stellung lernförderlicher Strukturen, soinsbesondere durch personelle Maß-nahmen und hinreichende Ausstattun-gen. Im Folgenden sind zwei Beispielezur Erschließung und Gestaltung vonArbeitsprozessen und Arbeitsplätzenals Lernorte dargestellt: das Beispielder Arbeits- und Lernaufgaben sowiedas Beispiel der Lerninseln (vgl. DEHN-BOSTEL 2003, S. 6 ff.).

Das Konzept der Arbeitsplatzerschlie-ßung über Arbeits- und Lernaufgabensieht vor, dass über die Auswahl unddidaktische Aufbereitung von Arbeits-aufgaben die dazu gehörigen Arbeits-plätze als Lernorte erschlossen und

von lernförderlichen und lernhemmen-den Lernsituationen in der Arbeit, diefür die Qualität des informellen Ler-nens entscheidend sind.

Wie diese kurze Darstellung übergrei-fender Kriterien zur Beurteilung lern-förderlicher Arbeit deutlich gemachthat, gibt es keinen „One best Way“,um Arbeit lernförderlich zu gestalten.Diese Aufgabe muss für jedes Unter-nehmen und für jeden profilierten Ar-beitsbereich spezifisch gelöst werden.Zudem sind die Arbeitsaufgaben auf-grund der Komplexität posttayloristi-schen Arbeitsstrukturen vielfach nurals Gruppenaufgaben in einem ganz-heitlichen und vollständigen Hand-lungsablauf erfassbar und gestaltbar.Bei der Herstellung lernförderlicher Ar-beit können daher nicht nur die einzel-nen Arbeitsplätze betrachtet werden,sondern es müssen die Arbeitsprozes-se und die darüber hinausgehendenArbeitsumgebungen einbezogen wer-den, die sich bis in die Nichterwerbs-arbeit und die Lebenswelt erstrecken.

Einhergehend mit dem Leitziel moder-ner beruflichen Bildung, der Erlangungeiner umfassenden beruflichen Hand-lungskompetenz und der Realisierungreflexiver Handlungsfähigkeit, sind alszusätzliche übergreifende Kriteriendes Lernens in der Arbeit die Reflexi-vität und der Innovationsgehalt vonArbeit zu nennen. Unter Reflexivitätwird dabei sowohl strukturelle Reflexi-vität als auch die Selbstreflexivität derHandelnden verstanden (vgl. ELSHOLZ

2002, S. 38 f.). Reflexivität in der Arbeitheißt demnach, sowohl über Arbeits-strukturen und -umgebungen als auchüber sich selbst zu reflektieren. Der In-novationsgehalt der Arbeit zeigt sichpersonengebunden in der Innova-tionsfähigkeit, die zugleich auch dasZiel von kontinuierlichem und reflexi-vem Lernen in der Arbeit ist. Von Inno-vationen ist dann zu sprechen, wennWissen, Erfahrungen und Visionenmiteinander verbunden und in der Pra-xis realisiert werden, sodass etwasNeues entsteht. Bei diesem Neuenkann es sich um Produkte, Dienstleis -tungen oder auch um Arbeitsstruktu-ren und Organisationen handeln.

Die lernförderliche Gestaltung von Ar-beit trägt dazu bei, dass individuelleEntwicklungs- und Aufstiegswege er-möglicht werden. Diese stellen daher

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Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

In der ersten Phase werden Arbeits-plätze und Arbeitsaufgaben analysiertund die damit verbundenen Qualifika-tionsanforderungen und Arbeitsbedin-gungen festgestellt. Untersucht wird,welche Lernpotenziale und Lernmög-lichkeiten bestehen. Die gewonnenenErkenntnisse führen unter Einbezie-hung arbeits- und berufspädagogi-scher Kriterien in einer zweiten Phasezu der Entscheidung, ob der unter-suchte Arbeitsplatz als Lernform aus-gewählt wird. In einer dritten Phasewerden Struktur, Ausstattungen undOrganisationsprinzipien festgelegt,eine Arbeits- und Lerninfrastrukturhergestellt. Lernziele, Lerninhalte undMethoden werden dann in Phase 4 aufder Grundlage der Arbeits-Lern-Situa-tion, der organisationalen Zusammen-hänge sowie der personalen und sozi-alen Zielsetzungen bestimmt. Die ab-schließende fünfte Phase dient derkonkreten Planung der Arbeit und derAbläufe in der Lernform sowie der Be-reitstellung eines Modells zur Quali-tätsbewertung der verrichteten Arbeit.

gestaltet werden. Ein Beispiel ist dasmodellhaft entwickelte Konzept derArbeits- und Lernaufgaben in mehre-ren Klein- und Mittelbetrieben (vgl.u. a. WILKE-SCHNAUFER 1998). Zur Er-fassung der Arbeitssituation in denbeteiligten Betrieben wurden in einemmehrstufigen Verfahren Betriebs- undQualifikationsanalysen sowie Analy-sen von Arbeitsaufgaben durchge-führt. Bei letzteren ging es um die Er-fassung „typischer“ Aufgaben, womitZweierlei angesprochen ist: Zum einensoll es sich um gängige betrieblicheArbeitsaufträge handeln, auf die Ar-beitsstrukturen und Arbeitsmittel zu-geschnitten sind; zum anderen sollensie für den Ausbildungsberuf bzw. dasBerufsprofil der Weiterbildung kenn-zeichnend und in hohem Maße trans-ferfähig sein.

Im Rahmen der Analyse betriebsspe-zifischer Arbeitsaufgaben ist z. B. dieHerstellung einer Welle bzw. einesDrehteils als eine lernrelevante Aufga-be identifiziert worden. Für die didakti-sche Aufbereitung wurde die Aufgabeanalytisch in einzelne Arbeitsschrittevon der Auftragsentgegennahme undArbeitsvorbereitung über die eigentli-che Produktion und Qualitätskontrollebis zum Abschluss des Auftrages ge-gliedert. Es wurde untersucht, welcheQualifikationen für einzelne Arbeits-handlungen sowie die Gesamtheit derHandlungen notwendig und welcheInhaltserweiterungen aus arbeits- undberufspädagogischen Gründen hinzu-zufügen sind. In Handreichungen fürWeiterbildner und ausbildende Fach-kräfte wurden die Arbeits- und Lern-aufgaben curricular fixiert. Der Pla-nungs- und Produktionsprozess einerWelle wurde so aufbereitet, dass er alsArbeits- und Lernaufgabe „Drehteile“auf viele Produktvarianten angewandtund in vielen Betrieben eingesetztwerden kann.

Generell folgt die Konstruktion von Ar-beits- und Lernaufgaben den Grund-sätzen der

• Authentizität der Arbeitsaufgaben,

• Übereinstimmung mit Inhalten desjeweiligen Berufsbildes,

• Orientierung der Lehr- und Lernpro-zesse an erfahrungsbezogenemLernen,

• Zunahme von selbstständiger Grup -penarbeit sowie,

• der Einlösung individueller Bil-dungsansprüche.

Entscheidend für dieses systematischangelegte arbeitsgebundene Lernenist, dass der jeweilige Auftrag bzw. diedaraus entwickelte Arbeits- und Lern-aufgabe ganzheitlichen Arbeits- undLernvollzügen genügt, die informellesund formelles Lernen verbinden.

Auch mit der Einrichtung von Lernin-seln und vergleichbaren Lernformenwie Lernstationen und Lernzirkelnwerden Arbeitsplätze systematisch alsLernorte erschlossen und gestaltet,und es werden formelles und informel-les Lernen integriert (vgl. DEHNBOSTEL

2001, S. 80 ff.). Diese Aufgabe wirdvon Aus- und Weiterbildnern wahrge-nommen, die dafür qualifiziert sind.Für die Praxis der Erschließung undGestaltung des Arbeitsplatzes alsLernort „Lerninsel“ wurde ein Phasen-modell entwickelt, das vielfach ange-wandt worden ist und die in Abb. 2dargestellten fünf Phasen durchläuft.

1. Phase: Arbeitsprozess- und Qualifikationsanalysen Durchführung von Arbeitsprozess- und Qualifikationsanalysen Bedingungen zur Bearbeitung von Arbeitsaufgaben analysieren Lernpotenziale und Lernmöglichkeiten feststellen

2. Phase: Auswahl von Arbeitsplätzen als Lernort „Lerninsel“ Auswahl von Arbeitsplätzen als Lernort Lerninsel unter Berücksichtigung der Ergebnis-se der zuvor vorgenommenen Analysen Bestimmung des Lernorts unter berufs- und betriebspädagogischen Gesichtspunkten

3. Phase: Herstellung der Arbeits- und Lerninfrastruktur Festlegung der Arbeitsstruktur; Auswahl von Maschinen, Anlagen und Werkzeugen Herstellung einer Lerninfrastruktur durch Ausstattungen, Lernmaterialien, LernsoftwareFestlegung der Organisationsprinzipien der Lerninsel-Arbeit

4. Phase: Angabe von Lernzielen, Lerninhalten und Methoden Benennung der wichtigsten Lernziele unter Berücksichtigung der Arbeitsaufgaben, derorganisationalen Zusammenhänge sowie der personalen und sozialen Zielsetzungen Benennung der wichtigsten Lerninhalte Hinweise zum methodischen Vorgehen und zum Einsatz von Einzelmethoden

5. Phase: Gestaltung und Bewertung der Lerninsel-ArbeitBestimmung von Form und Inhalt der Gruppenarbeit Anwendung eines Qualitätsmanagementmodells Bewertung der Arbeitsergebnisse und der Lernprozesse

Abb. 2: Phasenmodell zur Erschließung und Gestaltung des Arbeitsplatzesals Lernort „Lerninsel“

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Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

Die Qualität der Lernprozesse und derKompetenzentwicklung wird gleich-falls auf der Grundlage fester Kriterienüberprüft. Diese letzte Phase kannauch in zwei Phasen unterteilt werden,und zwar die der Gestaltung und dieder Bewertung.

Das Modell wird in unterschiedlichenVarianten praktiziert. Es hat sich ge-zeigt, dass Analysen und Auswahlkri-terien für die Einrichtung von Lernin-seln und anderen Lernformen in derArbeit notwendig sind, da sich eineReihe von Arbeitplätzen und Arbeit-prozessen aus unterschiedlichenGründen nicht als Lernorte eignen.Eine unabdingbare Voraussetzung zurEinrichtung arbeitsgebundener Lern-formen ist das Vorhandensein ganz-heitlicher Arbeitsaufgaben mit planen-den, ausführenden und bewertendenAnteilen. Nur so werden sowohl derErwerb bzw. die Erweiterung einer um-fassenden beruflichen Handlungs-kompetenz als auch die methodischeVollständigkeit ermöglicht.

Neue betriebliche Lern- undArbeitsformen

Eine weitere wichtige betriebliche Ent-wicklung zur Herstellung lernförder-licher Arbeitsstrukturen und Arbeits-umgebungen besteht in der Imple-mentierung neuer Lern- und Arbeits-formen, die das Lernen mehr oder we-niger systematisch einbeziehen. Indiesen neuen Lern- und Arbeitsformenfinden sowohl Prozesse der Kompe-tenzentwicklung als auch Verbesse-rungs- und Innovationsprozesse statt,für die die Unternehmen erhebliche fi-nanzielle Mittel bereitstellen. Das Bei-spiel der wöchentlichen Gruppensit-zungen in mittleren und großen Unter-nehmen zeigt dies deutlich. Die hierablaufenden kontinuierlichen Lernpro-zesse unterscheiden sich erheblichvom überkommenen betrieblichenLernen, das hauptsächlich auf eineenge Anpassungsqualifizierung ge-richtet ist. Ein genauerer Blick auf diebetrieblichen Lernprozesse legt aller-dings nahe, dass prinzipiell zwischender Organisation von „Lernform“ und„Arbeitsform“ zu unterscheiden ist,wobei die Lernformen durchweg erstmit neuen Arbeits- und Organisations-konzepten eingeführt worden sind.

Die neuen Lernformen zeichnen sichdadurch aus, dass sie gezielt formel-les bzw. organisiertes Lernen einbe-ziehen und mit Erfahrungslernen in derArbeit verbinden. Ihnen ist gemein-sam, dass Arbeitsplätze und Arbeit-prozesse unter lernsystematischenund arbeitspädagogischen Gesichts-punkten erweitert und angereichertwerden. Es wird bewusst ein Rahmengeschaffen, der das Lernen unter or-ganisationalen, personalen und didak-tisch-methodischen Gesichtspunktenunterstützt, fordert und fördert. Die inden 90er-Jahren eingeführten undmittlerweile weit verbreiteten Lernin-seln zeigen exemplarisch, wie dieseVerbindung von Lernen und Arbeitenmitten im Arbeitprozess erfolgreichpraktiziert wird (vgl. DEHNBOSTEL 2001,S. 65 ff.). Auch die in modernen Unter-nehmen verbreiteten Lernformen wieCoaching, Qualitätszirkel, Lernstatt,Lernstationen, Lern-Prozess-Werk-statt und Communities of Practice fol-gen dem gleichen Prinzip der Verbin-dung von Erfahrungslernen und orga-nisiertem Lernen.

Diese Lernformen werden auch alsdezentrale Lernformen bezeichnet.Sie sind durch eine doppelte Infra-struktur geprägt: Die Arbeitsinfrastruk-tur entspricht im Hinblick auf Arbeits-aufgaben, Technik, Arbeitsorganisa-

tion und Qualifikationsanforderungender jeweiligen Arbeitsumgebung, wäh-rend die Lerninfrastruktur zusätzlicheräumliche, zeitliche, sächliche undpersonelle Ressourcen bereitstellt.Das Lernen ist arbeitsgebunden oderarbeitsverbunden, in jedem Fall be-schränkt es sich nicht auf erfahrungs-bezogene Lernprozesse in der Arbeit.Arbeitshandeln und darauf bezogeneReflexionen stehen mit ausgewiese-nen Zielen und Inhalten betrieblicherBildungsarbeit in Wechselbeziehung.Wie Abb. 3 zeigt, werden Erfahrungs-lernen bzw. informelles Lernen undformelles Lernen auf der Basis derVerschränkung der Arbeitsinfrastruk-tur mit einer Lerninfrastruktur syste-matisch verbunden.

Auch wenn sich Lerninseln und ande-re neue Lernformen in einzelnenUnternehmen durchgesetzt haben, sosind ihre Verbreitung und ihr Ausbauentscheidend davon abhängig, inwie-weit Lernen für betriebliche Bedarfenicht über neue Arbeitsformen wieGruppenarbeit, Projektarbeit und JobRotation abgedeckt wird. Denn fürdiese Arbeitsformen ist es charakteris -tisch, dass sie in und bei der Aufga-benbearbeitung systematisch auf Ler-nen zurückgreifen, um unter anderemProblemlösungen vorzunehmen, Qua-

Arbeitsinfrastruktur

• Arbeitsmittel, Maschinen

• Arbeitsstruktur, Ablauf- und Aufbauorganisation

• Arbeitsaufgaben

• Qualifizierungsanfor-derungen

Lerninfrastruktur • Lernmöglichkeiten

(sachlich und zeitlich)

• lernhaltige, gestaltungs-orientierte Aufgaben

• ausgewiesene Lernziele bzw. -inhalte

• kooperative Arbeits- und Lernformen

informelles Lernen – formelles Lernen

Neue Lernformen

Abb. 3: Doppelte Infrastruktur neuer betrieblicher Lernformen

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lität durchzusetzen und über Disposi-tionsmöglichkeiten zu entscheiden.

Die neuen Arbeitsformen charakteri-siert ein anderer Typus betrieblichenLernens. Es erfolgt vor allem als Erfah-rungslernen und informelles Lernen;formelles, organisiertes Lernen findetin diesen Arbeitsformen nur in Aus-nahmefällen statt. Das Lernen überund mit Erfahrungen erfolgt z. B. in derAufgabenbearbeitung, in der Kommu-nikation am Arbeitsplatz, in der Quali-tätssicherung und dem Qualitätsma-nagement sowie bei kontinuierlichenVerbesserungs- und Optimierungs-prozessen. Es ist zwar ein informelles,nichtorganisiertes Lernen, gleichwohlwird es in seinen Wirkungen einge-plant, durch lernförderliche Maßnah-men gefördert und über entsprechen-de Arbeitsmethoden gefordert. Bezo-gen auf die seit einigen Jahren geführ-te Diskussion über Lern- und Arbeits-zeit ist festzustellen, dass damit si-cherlich ein gestiegener Anteil Lernzeitin Arbeitszeit integriert wird und demArbeitsplatz so auch die Funktion ei-nes Lernorts zukommt.

Die skizzierten Lern- und Arbeitsfor-men weisen auf einen Perspektiven-wechsel in der betrieblichen Qualifizie-rung hin. An die Stelle von linearenund hierarchisch angelegten Denk-,Verhaltens- und Orientierungsmusterntreten aktive, partizipative und pro-zesshaft bestimmte Handlungs- undLernorientierungen. Damit werden

Prozesse und Entwicklungen möglich,die arbeitsbezogene Erfahrungen undsubjektive Interessen organisiert auf-nehmen und einer Differenzierung vonBildungswegen und Lebensmusternentsprechen. Das Lernen in modernenUnternehmen findet in verändertenLernarten statt, wobei die sich neuverbindenden Lernformen des Erfah-rungslernens und des organisiertenLernens in das Gesamt betrieblicherLern- und Wissensarten einzuordnensind.

Betriebliche Lern-und Wissensarten

Zur begrifflichen Klärung betrieblicherLernarten ist vorauszuschicken, dass– wie in Abb. 4 dargestellt – grundsätz-lich zwischen formellem und informel-lem Lernen unterschieden wird (vgl.DEHNBOSTEL 2001, S. 72 ff.; DOHMEN

1998). Formelles Lernen ist auf dieVermittlung festgelegter Lerninhalteund Lernziele in organisierter Form ge-richtet. Es zielt auf ein angestrebtesoder vorgegebenes Lernergebnis undrichtet die Lernprozesse didaktisch-methodisch und organisatorisch da-nach aus. Charakteristisch für formel-les Lernen ist, dass

• es in einem organisierten, institutio-nell abgesicherten Rahmen stattfin-det,

• vorwiegend an didaktisch-methodi-schen Kriterien orientiert ist,

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

• Lernziele und auch Lerninhalte aus-gewiesen werden und die Lerner-gebnisse im Prinzip überprüfbarsind,

• in der Lernsituation in der Regeleine professionell vorgebildete Per-son anwesend ist und eine pädago-gische Interaktion zu den Lernen-den besteht.

Das informelle Lernen kann auch alsLernen über Erfahrungen bezeichnetwerden. Im Gegensatz zum formellenLernen stellt sich in der Regel ein Ler-nergebnis ein, ohne dass es von vorn-herein bewusst angestrebt wird. Diesbedeutet nicht, dass im Prozess desinformellen Lernens die Intentionalitätfehlt. Sie ist jedoch auf andere Zieleund Zwecke und nicht auf Lernoptio-nen als solche gerichtet. InformellesLernen im Betrieb

• ergibt sich aus Arbeits- und Hand-lungserfordernissen und ist nichtins titutionell organisiert,

• bewirkt ein Lernergebnis, das ausSituationsbewältigungen und Pro-blemlösungen folgt,

• wird – soweit es nicht im Rahmenformeller Lernorganisation abläuft –nicht professionell pädagogisch be-gleitet.

Analytisch lässt sich das informelleLernen wiederum in die Lernarten desErfahrungs- bzw. reflexiven Lernensund des impliziten Lernens unterteilen.

BetrieblichesLernen

Formelles Ler-nen (Organisier-tes Lernen)

Theorie-wissen

InformellesLernen (Ler- nen über Er- fahrungen)

Reflexives Ler-nen (Erfahrungs-lernen)

ImplizitesLernen

Erfahrungs-wissen

Handlungkompe-tenz/refl. Hand-lungsfähigkeit

Abb. 4: Betriebliche Lern- und Wissensarten

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In einer groben Unterscheidung erfolgtdass Erfahrungslernen dann über diereflektierende Verarbeitung von Erfah-rungen, während implizites Lerneneher unreflektiert und unbewusststattfindet. Beim Erfahrungslernenwerden Erfahrungen in Reflexioneneingebunden und führen zur Erkennt-nis. Dies setzt allerdings voraus, dassdie Handlungen nicht repetitiv erfol-gen, sondern in Probleme, Herausfor-derungen und Ungewissheiten einge-bunden sind. In sich ändernden Ar-beitsprozessen und Umwelten ist diesim Allgemeinen der Fall. Die Abfolgevon Handlung – Erfahrung – Reflexionund deren kontinuierliche Fortführungunter Berücksichtigung vorheriger Er-fahrungs- und Erkenntnisprozesse bil-det den Prozess des Aufbaus von Er-fahrungswissen. Auf der Basis vonSelbsttätigkeit und Selbststeuerungwird die Wirklichkeit über Lern- undErfahrungsprozesse individuell er-schlossen.

Das implizite Lernen generiert dem-gegenüber einen Lernprozess, dessenVerlauf und Ergebnis dem Lernendennicht bewusst ist und nicht reflektiertwerden. Einschlägige Beispiele hierfürsind die Lernprozesse, die zumSchwimmen oder zum Fahrradfahrenbefähigen. Lernen wird in der Situationunmittelbar erfahren, ohne dass Re-geln und Gesetzmäßigkeiten erkanntoder gar zur Basis von strukturiertenLernprozessen gemacht würden. Bei-de Lernarten des informellen Lernens,das Erfahrungslernen und das implizi-te Lernen, gewinnen in modernen Ar-beitsprozessen an Bedeutung. Die an-gesprochenen neuen Lern- und Ar-beitsformen belegen dies deutlich.

Der Bedeutungszuwachs des Erfah-rungslernens liegt auch an den zu en-gen Grenzen organisierter Lernprozes-se. Über pädagogisch organisierteLernprozesse kann nur ein Teil beruf-licher Handlungskompetenz erworbenwerden. Untersuchungen zeigen, dassdie Lern- und Entwicklungsprozesse,die dem tatsächlichen Arbeits- undBerufswissen von Fachkräften zu-grunde liegen, überwiegend durch in-formelles Lernen in der Arbeit be-stimmt sind. Allerdings sind Erfah-rungslernen und der Erwerb von Er-fahrungswissen in der Arbeit entschei-dend davon abhängig, welche Erfah-rungen in der Arbeit gemacht werden,

welche sinnlichen, kognitiven, emotio-nalen und sozialen Prozesse stattfin-den. Inwieweit diese jeweils zum Tra-gen kommen, hängt wiederum we-sentlich von den Arbeitsaufträgenbzw. -gegenständen, der Ablauf- undAufbauorganisation, den Sozialbezie-hungen und der Unternehmenskulturab. In jedem Fall aber läuft informellesund Erfahrungslernen ohne pädagogi-sche Arrangements, ohne Organisa-tion und Zielorientierung Gefahr, zufäl-lig und situativ zu bleiben. Die Integra-tion von Erfahrungslernen und organi-siertem Lernen zeigt demgegenübereinen Weg, wie der Erwerb einer um-fassenden beruflichen Handlungs-kompetenz im Rahmen lernförder-lichen Arbeitsstrukturen und Arbeits-umgebungen gezielt erfolgen kann.

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Die Entgrenzung der Arbeits-und Produktionsprozesse alsneue Orientierungsmarke undHerausforderung der betrieb-lichen Berufsbildung?

Betriebliche Berufsbildung hat in denzurückliegenden rund zwei Jahrzehn-ten ständig unterschiedliche Aspektetechnologischer Entwicklungen the-matisiert, den daraus resultierendenAnforderungswandel hinsichtlich derBedeutsamkeit für berufliches Lernenhinterfragt und konzeptionell wie auchpraktisch eine Antwort gegeben. Stan-den – im Zeitraffer grob betrachtet unddamit bewusst mancher Punkt wohloder übel ausgeblendet – zunächsteher die neuen CNC-Maschinensteue-rungen einerseits und dann die begin-nende Vernetzung von Produktion undVerwaltung durch Einsatz von Infor-mations- und Kommunikationstech-nologien (Stichwort CIM = ComputerIntegrated Manufactory) andererseitsim Vordergrund, so rückten Schritt fürSchritt die neuen Formen der Arbeits-organisation (z. B. Gruppenarbeit) ver-knüpft mit dezentralen Bildungskon-zepten in den Mittelpunkt. Dabei er-lebte der Arbeitsplatz als Lernort eineRenaissance, musste allerdings fürdas Lernen im Prozess der Arbeit zumTeil erst wieder revitalisiert werden.Heute spielen u. a. die „lernende Or-ganisation“, „Wissensmanagement“und „Geschäftsprozessoptimierung“im Zusammenhang mit der Moderni-sierung und Optimierung der Arbeits-

und Produktionsprozesse eine Rolle.Parallel dazu entstand eine Diskussionüber die Bedeutung des informellenund des Erfahrungslernens, die vonder Ablehnung bis zur Überhöhungreichte, wenngleich sie heute nichtmehr in Frage gestellt werden.

Seit einiger Zeit ist eine Entwicklungfestzustellen, die bislang eher unterökonomischen oder logistischen Ge-sichtspunkten von den Wirtschafts-wissenschaften oder der SoziologieBeachtung fand, jedoch von der Be-rufspädagogik und der praktischenBerufsbildung weder konzeptionellnoch praktisch jene Aufmerksamkeitbekam, die angesichts der damit ver-bundenen Herausforderungen not-wendig wäre. Es handelt sich um dieEndfertiger-Zulieferer-Ketten und in-sofern um das Lernen und Arbeiten inBetriebsgrenzen überschreitendenStrukturen und Prozessen.1 DieserTrend ist keinesfalls singulär. „Ehemalsfür stabil gehaltene Grenzen von Orga-nisation und Arbeit scheinen unterDruck (zu) geraten ... Prozesse derEntgrenzung und Begrenzung (gehen)mittlerweile mit einer erheblichen Dy-namik vonstatten, … Unternehmenstreben durch Produktbereinigungeine Konzentration aufs Kerngeschäftan, lagern Funktionen aus und ziehendadurch ihre Grenzen enger; zugleichstreben sie nach Bildung von Innova-tions- und Zuliefernetzwerken, um aufdiese Weise neue Potenziale zu er-schließen, und dehnen so ihre Gren-zen aus“ (H. MINSSEN 2000, S. 8 f.). Die

Industrieparks im unmittelbaren Um-feld der Automobilfabriken sind in die-sem Zusammenhang zu sehen; siesind in Verbindung mit Just-in-time-Fertigungen und KANBAN-Abrufsy-stemen eine weitere Stufe der Pro-zessverschmelzung von Endfertigerund Zulieferer.

Sicherlich gab es in der Vergangenheitimmer schon Produktionsverbündemit den Zulieferern. Der qualitativeUnterschied zu früher liegt in der „Ero-sion von Organisationsgrenzen“ (FUN-DER 2000) und d. h., es geht nun umdie Gestaltung betriebs- und unter-nehmensübergreifender, ganzheit-licher Wertschöpfungsprozesse unddamit um die Neu-Gestaltung vonEndfertiger-Zuliefer-Beziehungen mitKonsequenzen für die Anforderungs-profile der Beschäftigten. Daraus re-sultieren neue fachliche, methodische,soziale, organisations- und prozess-bezogene Anforderungen. Obwohlnach einhelliger Meinung betrieblicherExperten die Kommunikation an derNahtstelle von Endfertiger-Zulieferer-Beziehungen der „Kitt“ ist und einegelingende Kommunikation aus-schlaggebend ist für die Güte der Be-ziehungen, verfügen die Beschäftigten„über wenig Erfahrung mit kontrover-ser Kommunikation und diskursivenProzessen, die bei ... kooperativen Ar-beitsstrukturen und Selbstregulations-verfahren aber notwendig werden“(HÜBNER/WACHTVEITL 2000, S. 127).Kommunikation ist aber wie Informa-tion und Wissen, einschließlich Erfah-

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

WILKE-SCHNAUFER, J.: Kurzfassung derArbeits- und Lernaufgabe „Erstellen vonArbeits- und Lernaufgaben“ zur Weiter-qualifizierung von Ausbildern und ausbil-denden Fachkräften. In: HOLZ,H./SCHEMME, D.(Hrsg.): Medien selbst

Hermann Novak

Die Bedeutung der verborgenen Seitenberuflichen Handelns für das erfahrungs-

geleitete Arbeiten in inner- und zwischenbetrieblichen Netzwerken

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76 157

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

munikative Abstimmungsbypass zumBetriebsalltag gehört, um über Ad-hoc-Lösungen Prozessunebenheitenauszugleichen und Abläufe zu sichern.Dieser Abstimmungsbypass i. S. des„kleinen Dienstweges“ baut im Kon-text der Endfertiger-Zulieferer-Ketteauf der Ebene der Beschäftigten in derRegel auf zufällig entstandenen per-sönlichen Kontakten auf und ist getra-gen von zwei Faktoren und zwar a.von Vermutungen über die Ursachenvon Vorkommnissen und persönlichenInterpretationen und b. von einem re-flektierten Erfahrungswissen, dasschrittweise entstanden ist durchHinterfragen von Vorfällen, durch ge-dankliches Durchspielen von mög-lichen Alternativen, praktischem Aus-probieren, Verwerfen von Zwischenlö-sungen sowie erneutem Durchspielenvon Lösungen und wiederholtem Ex-perimentieren. Emotionale Aspektedes beruflichen Handelns wie z. B. diezündende Idee, der Geistesblitz, dieinnere Stimme, das Gespür zum richti-gen Zeitpunkt den richtigen Vorschlageinzubringen, das Gefühl für Qualität,das Prüfen von Stimmigkeit, dasBauchgefühl, die allesamt in die Pro-blemlösung einfließen, diskurs- sowiehandlungsleitend sind und einen gro-ßen Teil von Erfahrung ausmachen,spielen dabei eine nicht bewusste Rol-le. Das Paradox besteht darin, dassimmer sachliche Begründungen ge-sucht werden, warum etwas so undnicht anders läuft.

Die Bedeutung der informellen Kom-munikation für den Austausch von Er-fahrungswissen ist erst in neuerenUntersuchungen systematischer er-fasst worden (BOLTE 1999). Allerdingswird die Bedeutung der informellenKommunikation auf der Basis gefes -tigter sozialer Beziehungen in Endfer-tiger-Zulieferer-Ketten ausgeblendet.Jetzt wird langsam erkannt, dass dieGeschäftsprozesse erst durch subjek-tive und darüber hinaus kollektive,ganzheitliche Handlungs- und Verhal-tensmuster leben und dass insbeson-dere „,Milieukenntnisse‘ und Situa-tionseinschätzungen (und) ein ‚Ge-spür‘ für erfolgreiches oder riskantesHandeln“ (SIEBERT 1999, S. 115 f.) imzwischenbetrieblichen Netzwerk un-abdingbar sind. Wie kann aber etwasbegreifbar werden, wenn es nichtfassbar ist, z. B. die Organisation oder

punkt von einzelnen Arbeitsplätzen,überschaubaren Arbeitsabschnittenoder Betriebsteilen definiert werdenkönnen. Die Leitidee einer prozesso-rientierten Berufsbildung und des pro-zessorientierten Lernens ist deshalbneu zu konfigurieren.

Aktuell geht es im Zusammenhang derEndfertiger-Zulieferer-Kette wenigerum Fragen der Verbesserung der in-formationstechnologischen Vernet-zung als vielmehr um Fragen der Or-ganisations- und Arbeitsgestaltung.Jede Person, die in Vereinen, Verbän-den oder Parteien engagiert ist, kenntdie alte, weit verbreitete Weisheit: „Or-ganisationsfragen sind Machtfragen“.Nach F. FÜRSTENBERG (2000, S. 190)werden durch Arbeits- und Organisa-tionsgestaltung „auch formale wie in-formale Machtaspekte aufrecht erhal-ten, herausgefordert und neu herge-stellt“. Berufliche Bildung hat dieseSeite des beruflichen Handelns, ob-wohl zum impliziten Berufswissen ge-hörend, bislang leider außer acht ge-lassen. Ein Bildungskonzept für dasLernen und Arbeiten in der Endferti-ger-Zulieferer-Kette kommt um The-men wie Macht und Herrschaft oderEmotionen in Organisationen nicht he-rum.

Die Bedeutung des Erfah-rungswissens in zwischenbe-trieblichen Netzwerken

Die Betriebspraxis erkennt zusehendsdie Grenzen einer durch Richtlinienbestimmten Zusammenarbeit, dennStandards proklamieren nur Fakten,deren Umsetzung kontext- und perso-nenabhängig ist. Wurden früher Pro-bleme unter Umgehung des offiziellenBeschwerdeweges und des offiziellenAushandlungsprozesses gelöst, sosehen Verfahrensanweisungen den„kleinen Dienstweg“ nicht mehr vor.Verfahrensanweisungen folgen einerLogik von Arbeit, die aufbaut auf „ra-tional geplanten, ziel- und zweckge-richteten Tätigkeiten“. Seit TAYLOR undFORD wird alles daran gesetzt, die „Ar-beit von allem Nichtplanmäßigem,Nichtrationalem, Nichtzweckbezoge-nem zu reinigen“ (BÖHLE 2003, S. 1).Trotz vollständig beschriebener, ‚sau-ber‘ geplanter und strukturierter Pro-zesse, wie betriebliche Experten esformulieren, kommt es zu Störungenim Produktionsablauf, wobei der kom-

rungswissen, kontextabhängig, beein-flusst von Interpretationen und Refle-xionen.

Wurde früher in der Regel die Kommu-nikation zwischen Abnehmer und Zu-lieferer über Mengen-, Termin- undQualitätsfragen bei Problemen überdie und auf der Ebene der Führungs-kräfte organisiert, so zeichnet sich ab,dass dies auf die Ebene der Produk-tions- und Verwaltungsarbeiter verla-gert werden soll. Die Beschäftigtenwerden auf einmal verantwortlich fürdie Koordination zwischen Endfertigerund Zulieferer und sie werden gemein-sam verantwortlich für die Rationali-sierung „ihrer“ Arbeits- und Produk-tionsprozesse. Natürlich sind heuteEndfertiger und Zulieferer informa-tionstechnologisch vernetzt und na-türlich wird über Richtlinien versucht,die produktions- und verfahrenstech-nischen Parameter zu regulieren, aberständig treten Qualitätsprobleme undlogistische Störungen auf, die nun imdirekten Kontakt der Beschäftigtenund auf der Basis ihres Erfahrungswis-sens gelöst werden sollen.

Ob nur lose Prozessabstimmung odersogar totale Prozessverschmelzung,über die neuen Konzepte derzwischenbetrieblichen Kooperationversuchen die Endfertiger Einfluss zunehmen auf die Gestaltung der Ge-schäfts- und Arbeitsprozesse der Zu-lieferer, wobei alle dort ergriffenenMaßnahmen rekursiv zurückstrahlenauf die innerbetrieblichen Prozesseder Endfertiger. Die Neugestaltung derzwischenbetrieblichen Arbeits-, Infor-mations- und Entscheidungsprozesseschlagen, so zeigt das diesem Aufsatzzugrunde liegende Projekt, bei einemBushersteller mit hoher Variantenviel-falt unmittelbar bis auf die Ebene derEinzelarbeitsplätze in Planung, Ver-waltung und Produktion durch undprägen das individuelle sowie kollekti-ve Arbeitshandeln. Die Trennung inproduktionsvorbereitende, produk-tionsbegleitende und direkt produktiveBereiche wird dadurch zusehendsbrüchig. Von daher ist eine berufs-übergreifende Bildung und Qualifizie-rung längst überfällig.

Daraus ergibt sich, dass die Anforde-rungen an die Beschäftigten und dieKompetenzprofile der Beschäftigtennicht mehr allein unter dem Gesichts-

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die Unternehmens- und Bereichskul-turen?

Die Strategie, Erfahrungswissen anzu-erkennen, neu zu gewichten und denErwerb von Erfahrungswissen zu för-dern, ergibt sich noch aus einem an-deren Grund: Auch das in informa-tionstechnologischen und logistischenSystemen hinterlegte, oftmals „vaga-bundierende“ (Erfahrungs-)Wissen isteine wesentliche Voraussetzung fürdas alltägliche Arbeitshandeln undhinsichtlich der Erarbeitung von Pro-blemlösungen wichtig. Informations-technologische und logistische Syste-me basieren auf der Existenz von Er-fahrungswissen und erfahrungsgelei-tetem Handeln, da insbesondere nichtvollständig planbare und vorherseh-bare Situationen durch formalisierteAlgorithmen nicht abdeckbar sind. DieArbeit an informatisierten und starkmediatisierten Systemen erfordert zu-nehmend Kompetenzen erfahrungs-geleiteten Arbeitshandelns (PFEIFFER

1999), denn die dort hinterlegten for-malisierten Informationen, Daten undFakten erhalten ihre Bedeutung erstdurch den Umgang mit ihnen, in ihrerPrüfung auf Plausibilitäten, Bedeutun-gen, Anschlussfähigkeiten und ihrerRe-Kontextualisierung auf demHintergrund von Erfahrungswissen.Dafür muss aber auch das sog. ver-streute Wissen zusammengeführt undhinsichtlich seiner Handlungs- undProblemrelevanz identifiziert werdenkönnen.

Nach SAUER (1996, S. 9) geht es insge-samt um „neue Formen und Modi derIntegration“ arbeitsteiliger Produk-tionsprozesse. Dabei steht das Gene-rieren und Anwenden von Wissen imVordergrund, denn Wissensentste-hung, -nutzung und -transfer zwi-schen Personen und Organisationenist zu einer wichtigen gesellschaft-lichen und betrieblichen Ressourcegeworden. BLUTNER/BROSE/HOLTGREWE

(2000) heben bezugnehmend aufMALSCH (1987) und WEICK (1995) undmit Blick auf Vertriebshandeln hervor,dass Wissen, „das zwischen Organi-sationen in systematischer Nutzunggrenzüberschreitender Operationenkreiert wird, ... durch die Organisationwiederum rekursiv verwertet (wird). Esentstehen Wissenskreisläufe der kon-textuierten interaktiven Erzeugung vonWissen zwischen Organisationen, der

Rückmeldeprozesse sowie um Ein-speisen und Umsetzung kurzfristigauftretender konstruktiver Änderun-gen im Rahmen von Kundensonder-wünschen. Im Mittelpunkt stehenMissverständnisse, Unstimmigkeitenund Verärgerungen, die in den jeweili-gen Betrieben und zwischen denUnternehmen auftreten. Weil man oftfür auftretende Probleme keine Erklä-rungen findet, weil doch alles klar ge-regelt und standardisiert scheint, wer-den menschliche Unzulänglichkeiten,Unzuverlässigkeit, Schlamperei, diefehlende richtige Einstellung zur Arbeitoder der falsche Mann bzw. die fal-sche Frau am falschen Platz als Ursa-chen bezeichnet. In aller Regel geht esum das Identifizieren von Verursacher(= „Personifizierung“ der aufgetrete-nen Störung) und nicht um das Identi-fizieren von Verursachungen.

Der in der Pädagogik und natürlich beivielen Akteuren der betrieblichen Be-rufsbildung weit verbreitete Konstruk-tivismus, den einer der bundesrepubli-kanischen Mit-Väter des Konstrukti-vismus mittlerweile „Vulgärkonstrukti-vismus“ (SCHMIDT 2003, S. 24) nennt,hält als Erklärungsmuster die Selbst-referentialität, operationale Geschlos-senheit und Autopoiese von komple-xen Systemen bereit. Die daraus zuziehende Konsequenz würde dannlauten müssen, dass eine direkte ex-terne Beeinflussung oder Steuerungkeinen Erfolg haben könne (vgl. WILLKE

1995, S. 1). Zugespitzt könnte man sa-gen: Es ist halt so, wie es ist. Letzt -endlich führt dies zur Handlungs- undInterventionsunfähigkeit in Unterneh-men und zwischen Unternehmen.WILLKE plädiert für einen Neuanfang(ebenda, S. 2) und zu diesem Neuan-fang gehört die Verabschiedung desInput-Output-Lernens (WILLKE 1997, S.51f) mit dem Übertragen von best-practice-Modellen aus dem Bereichder Endfertiger und der Anpassungdes Zulieferers an das vom Endfertigerselbst praktizierte und vom Zulieferergewünschte Verhalten. Lernen, soWILLKE (ebd., S. 52), baut auf der akti-ven Konstruktion und Rekonstruktionvon Bedeutungen auf, beruht auf demMachen neuer Beobachtungen, erfor-dert die Förderung der Fähigkeit zumreflektierten Beobachten und setzt ko-operatives und kollektives statt indivi-duelles und isoliertes Lernen voraus.Solange Beobachtung nicht transfor-

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

organisationsspezifischen Dekontex-tuierung und Systematisierung diesesWissens und seiner Übertragung inneue Kontexte“ (BLUTNER/BROSE/HOLT-GREWE 2000, S. 145).

Der Modellversuch, der die Grundlagefür diesen Beitrag ist, beschäftigt sichmit dem erfahrungsgeleiteten Arbeitenund der Integration geteilter Wissens-bestände in inner- und zwischenbe-trieblichen Netzwerken und setzt aufdie „soziale Abstimmung zwischenverschiedenen Erfahrungsträgern“, dasoziale Abstimmungen „in vielen Fäl-len flexibler als informationstechni-sche Steuerungen“ (ENDRES/WEHNER

1996, S. 83) sind. ENDRES/WEHNER se-hen die Lösung der Probleme inner-halb von Abnehmer-Zuliefer-Bezie-hungen nicht in der Reduktion vonSchnittstellen; erforderlich sei die„umfassende Verzahnung der jeweili-gen Organisationsstrukturen“ und siekonstatieren: „Die informationstechni-sche Integration von Betrieben oderBereichen macht personale Kommuni-kations- und Kooperationsleistungennotwendig“ (ebenda, S. 83). Grundla-ge hierfür ist ein umfassendes Arbeits-prozess- und Produktionswissen.

Der Entstehungskontext von Erfahrun-gen im Allgemeinen und im Besonde-ren im Rahmen von Endfertiger-Zulie-ferer-Ketten wird allerdings bislang je-doch nicht thematisiert und ausge-leuchtet. Die Diskussion der organisa-tionalen Einflussgrößen unterbleibt inder Praxis. Deshalb läuft Erfahrungs-wissen Gefahr, instrumentalisiert undfunktionalisiert zu werden.

Die versteckten Seiten des be-ruflichen Handelns – Erste Er-kenntnisse aus dem Modell-versuch „ErfahrungsgeleitetesArbeiten und Integration ge-teilter Wissensbestände in in-ner- und zwischenbetrieb-lichen Netzwerken“

Fasst man die Interviews, Diskussio-nen sowie Gespräche in den und amRande der durchgeführten Workshopszusammen, so geht es aus Sicht derBeschäftigten z. B. zunächst immerum Produktqualität (Maß-, Winkel-,Oberflächengenauigkeit), um Liefer-qualität (Einhalten von Terminen), umInformationsflüsse und verbindliche

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ste Wahl einer „Möglichkeit aus einemÜberschuss von Möglichkeiten, diewir in der jeweiligen Handlungssitua-tion nicht realisieren“ (SCHMIDT 2003,S. 25). Deshalb ist „die Bearbeitungvon Kontingenz die Daueraufgabe desMenschen in der Gesellschaft“ (eben-da). Das zweite Grundproblem sinddie Selektionen als solche. „Selektio-nen, die wir treffen, sind Selektionen,die wir treffen. Dabei sind wir an die füruns jeweils spezifischen Bedingungender Selektion gebunden. Diese aktan-tenspezifische Situation, die im kon-struktivistischen Diskurs als ‚kognitiveAutonomie‘ bezeichnet wird, mussnun aber vermittelbar sein mit den Be-dingungen einer sozialen Orientierungder Aktanten, um die Sozialität ihresHandelns und Kommunizierens zu er-möglichen. Das zweite Grundproblemdes Menschen besteht also in der Ver-mittlung zwischen kognitiver Autono-mie und sozialer Orientierung“ (eben-da, S. 25). Die Lösung, die SCHMIDT an-bietet, lautet „Reflexivität“, ein Ansatz,den die Berufsbildung seit längerem inden Mittelpunkt stellt und im Modell-versuch eine wesentliche Rolle imRahmen des erfahrungsgeleiteten Ler-nens und Arbeitens spielt. SCHMIDT (S.27 ff.) führt in diesem Zusammenhangzwei Begriffe, nämlich Setzung undVoraussetzung, ein, die handlungslei-tend sind. „Was immer wir tun, wir tunes in Gestalt einer Setzung: Wir tundieses und nicht etwas anderes, ob-wohl wir auch etwas anderes hättentun können.“ Setzungen haben für denEinzelnen sowie für andere eine Be-deutung. Aber, und das ist in unseremZusammenhang wichtig, „jeder Set-zung, die wir jetzt treffen, (sind) andereSetzungen vorausgegangen, auf diewir uns mehr oder weniger bewusstbeziehen können.“ Setzungen werdenzu Voraussetzungen. „Dieser Set-zungszusammenhang macht die Ge-samtheit unserer bisherigen Lebenser-fahrungen aus, die sich in jeder aktuel-len Situation als Erwartungen an künf-tige Erfahrungen auswirken. … Ob wiretwas wahrnehmen oder beschreiben,ob wir über etwas nachdenken oderob uns etwas als etwas Bestimmteszu Bewusstsein kommt, immer betrei-ben wir ein ernstes Spiel von Unter-scheidungen. … Erst Reflexivitätmacht Bezugnahmen erkennbar undkommunizierbar“ und konzipiert dabeiindividuelles sowie kollektives Wissen.Nach SCHMIDT (vgl. S. 34), wenngleich

an dieser Stelle notgedrungen ver-kürzt dargestellt, sind Wirklichkeitennicht allein sozial konstruiert, sonderngehen aus individuellem und sozialemHandeln hervor. Reflexivität bewegtsich prinzipiell zwischen den Polen„Rückgriff auf die Vergangenheit“ und„Orientierung für die Gegenwart undZukunft“ (siehe HOLZ/NOVAK/SCHEM-ME/STAHL 2004).

Setzungen, Voraussetzungen, Selbst-reflexion oder Selbstevaluation erfol-gen nicht wertfrei, sondern auf demHintergrund der organisationalen Rah-mung beruflichen und betrieblichenHandelns.

Im Modellversuch konnte festgestelltwerden, dass es trotz vielfältiger Ak-tionen innerhalb der Endfertiger-Zulie-ferer-Beziehungen erstens die Be-schäftigten aus dem unmittelbarenProduktionsprozess nicht einbezogensind und zweitens vor allen Dingen beiden Zulieferern weder Raum noch Zeitgibt für eine systematische Reflexionüber die Arbeit und die Erwartungendes einen an den jeweils anderen. Be-schäftigte werden meist erst dann undnur dann in die Aktionen involviert,wenn es die oben angesprochenenUngewissheitslücken zu schließen giltund ihr Expertenwissen gefragt ist. DieBeschäftigten „leiden“ unter rivalisie-renden Erwartungen: „Wir sollengleichzeitig hohe Qualität liefern, Kos -ten minimieren und flexibel sein.“

Die unternehmens-, bereichs- und ab-teilungsübergreifende Reflexion derunterschiedlichen Erwartungen wirddadurch erschwert, dass an denUnternehmens-, Bereichs- und Abtei-lungsgrenzen formelle und informelle„Gatekeeper“ die Ansprüche und Er-wartungen der jeweils anderen filternund kanalisieren. Die Gatekeeper, „keyaccount manager“ genannt, verhin-dern an den Erwartungsgrenzen be-wusst die klare Auseinandersetzung (=Reflexion) mit Zielen, Werten, und Er-fahrungen über den Arbeits- und Pro-duktionsprozess und im Umgang mit-einander etc. Der Modellversuchwählt einen Subjektansatz, d. h., denBeschäftigten wird im Projekt Gele-genheit gegeben, sich kritisch mit ih-ren Interessen, den Rahmenbedingun-gen der Handlungen, den Sinnbezü-gen und Deutungen sowie den subjek-tiven als auch objektiven Erwartungen

Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

miert wird in konkretes, Strukturenund Prozesse veränderndes Handeln,das zeigt der Modellversuch, führt Be-obachtung bei den Beschäftigten zueiner abwartenden, Vorgänge nurkommentierenden Position.

Aber es spielt ein anderer Punkt hierherein. Sowohl bei standardisiertemVorgehen nach Plan als auch beiselbstgesteuerter Selbstorganisationspielen individuelle und gemeinsamgetragene Bezugspunkte eine Rolleund beeinflussen Handeln. Ein Bei-spiel aus jüngster Zeit verdeutlicht dieBedeutung gemeinsamer Referenz-punkte und des ständigen Abgleichsdieser Referenzpunkte im Dialog mitsich selbst (gemeint sind die bekann-ten Selbstgespräche) und mit anderen(kommunikatives Handeln). Bei die-sem Beispiel geht es, wie es in einersüddeutschen Tageszeitung am15.01.2004 zu lesen war, um Folgen-des: „Beim Bau der neuen Rheinbrük-ke zwischen dem Schweizer und demdeutschen Teil der Stadt Lauenburg isteine peinliche Panne passiert: DerBrückenbogen von der eidgenössi-schen Seite her gebaut, liegt 54 Zenti-meter zu tief, der Straßenanschlussam deutschen Ufer damit zu hoch. …Was wie ein Schildbürgerstreich aus-sieht, hat seinen Ursprung in dengrundsätzlich unterschiedlichen Hö-henberechnungen auf beiden Seitender Grenze: Während in der Schweizdas Niveau des Mittelmeeres als Be-zugsgröße dient, orientiert sichDeutschland mit seinen Höhenanga-ben an der Nordsee. Die Differenz von27 Zentimetern ist natürlich bekannt,und auf dem Papier klar. … In der Pra-xis habe es dann aber gehapert. …Der Fehler fiel auf, als der Brückenbo-gen nicht mehr weit vom deutschenUfer entfernt war.“

Dieses Beispiel unterlegt nicht nur dieBedeutung von Bezugs- bzw. Refe-renzsystemen für das berufliche Han-deln, so wie wir es auch im Projekt er-fahren, sondern weist in aller Deutlich-keit darauf hin, dass immer aus einerVielzahl von Möglichkeiten eine Mög-lichkeit ausgewählt wird. Das Problemergibt sich daraus, dass kooperieren-de Personen jeweils andere Möglich-keiten auswählen. Für SCHMIDT gibt eszwei Grundprobleme menschlichenHandelns und zwar die soeben ange-sprochene bewusste oder unbewus-

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Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

auseinander zu setzen. „Erwartungensind Teil von subjektiven Zukunftsvor-stellungen, … (wobei) Zukunftsvorstel-lungen sich nicht nur auf kognitiveKonstruktionen der Zukunft beschrän-ken, sondern ... sich auf Inhalte bezie-hen, die eine bestimmte Bedeutungfür den Einzelnen haben, die ihn emo-tional bewegen und auf bestimmteZiele bezogen sind“ (TROMMSDORFF

1994, S. 52).

Eine für den Modellversuch äußerstrelevante und mit Sicherheit über dasProjekt hinausreichende Frage ist, obBedeutungen und Erwartungen fürdas Entstehen bestimmter Strategiendes individuellen sowie organisationa-len Lernens und der Veränderung aus-schlaggebend sind. Im Modellversuchsind sowohl Abwehrstrategien beimAuftreten von Fehlern als auch Strate-gien der Prophylaxe zur Vermeidungvon Fehlern anzutreffen. Abwehrstra-tegien, so die Beobachtung, führenüber Jahre hinweg zu permanentenund eskalierenden Konflikten bis hinzu Verhärtungen zwischenmensch-licher Beziehungen. „Subjektive Er-wartungen über sich selbst sowieauch über andere beeinflussen eige-nes Verhalten und schließlich auch dieErwartungen anderer Menschen sowiederen Verhalten“ (ebenda, S. 49). Wer-den Erwartungen, gemessen an dersozialen Realität, nicht erfüllt, entwi -ckeln sich im Verlauf eines ProzessesUrteilsverzerrungen und Wahrschein-lichkeitsurteile an dessen Ende „diesich selbst erfüllende Prophezeiung“steht. „Self-fullfilling prophecy“ nimmtnoch nicht eingetretene Entwicklun-gen gedanklich vorweg und verneintu. U. die Frage, ob ich von den Kolle-gen und Kolleginnen beim Zuliefereroder von den Kollegen und Kollegin-nen einer unternehmensinternen Ab-teilung zukünftig eine Veränderungüberhaupt noch erwarte. Dies hängtauch mit dem angetroffenen defensi-ven Lernen zusammen, das Lernenbetrachtet unter dem Gesichtspunktder Vermeidung von Bedrohungenoder Beeinträchtigungen, nach demMotto: Dem ‚Lernen‘ kann ich nichtausweichen, weil ich die aktuellenProbleme bei Androhung von Sanktio-nen in der Zuspitzung bis hin zum Ver-lust des eigenen Arbeitsplatzes oderaller Arbeitsplätze überwinden muss.

Diese bloße Bewältigungsproblema-tik, mit dem Ergebnis, dass sich Pro-bleme immer wiederholen können undwerden, zieht sich durch die von unsuntersuchten Zulieferer wie ein roterFaden. Sie ist allerdings auch konsti-tuierendes Kennzeichen beim Endfer-tiger. Die Folgen sind: HerrschendeMeinungen über andere Funktionsbe-reiche oder über Zulieferer werden,auch wenn sich z. B. inzwischen eineVerbesserung in der Produktqualitätergeben hat, über die Zeit hinwegweitergepflegt. In Anlehnung an STEHR

(2001, S. 57) kann man defensivesLernen gleichsetzen mit Reproduktionsozialer Handlungen und Reproduk-tion vorliegendem Wissen. Die Merk-male eines expansiven Lernens als Er-weiterungsmodell des Lernens sinddemgegenüber das Eindringen in unddas Hinterfragen des Lerngegen-stands, Aufschluss bekommen überdie Bedeutungszusammenhänge unddie Erweiterung der Handlungsmög-lichkeiten.

Nach dem bisherigen Verlauf des Mo-dellversuchs ist zu sagen, dass dasdefensive Lernen das grundlegendeindividuelle wie auch organisationaleLernmuster ist und tief in den jeweili-gen Organisationskontexten abge-speichert ist. Die in den Modellver-such einbezogenen sechs Firmen las-sen sich im Hinblick auf die Kontextezu vier Typen von Zulieferern zu-sammenfassen, die das erfahrungsge-leitete Lernen und Arbeiten tangieren:

Der haltsuchende Typ

= das punktuelle Änderungen einfüh-rende, jedoch ohne klare Orientierunghandelnde, gegenüber hohen Kun-denansprüchen mit Unverständnisreagierende, Schuld bei den anderensuchende Unternehmen.

Der traditionsorientierte Typ

= das sich interessiert zeigende, an derVergangenheit orientierende, auf dietraditionellen Werte der früheren Liefe-ranten-/Abnehmer-Beziehung hinwei-sende, erbrachte Leistungen erwäh-nende, emotionale Verbindungen be-schwörende, die Überlegenheit einesinner- und zwischenbetrieblichen Ge-meinschaftsgeistes hervorhebende,patriarchalisch geführte Unternehmen,das Stolz ist auf seine Ad-hoc-Maß-nahmen zur Problembeseitigung nach

dem Motto: „Wenn nur alle zu-sammenhalten, schaffen‘s wir dochimmer“.

Der korrektive Typ

= das ständig mit inner- undzwischenbetrieblichen Problemen undfolglich mit seinem fremd- und selbsterzeugten „schlechten“ Image kämp-fende, durch den Wettbewerbsdruckgezwungene, jedoch veränderungs-willige/-bereite und lernoffene Unter-nehmen. Bislang zu Ad-hoc-Maßnah-men der Problembehebung greifend,jetzt externes Erfahrungswissen auf-nehmend und Integration in eigenesRepertoire versuchend.

Der sich vergewissernde Typ

= das problemvermeidende Maßnah-men ergreifende Unternehmen, dasdurch störungsvorbeugende Hand-lungsstrategien seinen konzern- undwerksinternen Qualitätsstandards ge-recht werden will. Externes Erfah-rungswissen aufspürend und mit kon-zernintern vorliegendem Erfahrungs-wissen vergleichend. Leitlinie: Auf-bruch in die Zukunft aber nur innerhalbder Gegenwart.

Den idealen Typ haben wir bislangnicht angetroffen. Wir bezeichnen ihnden prospektiven Typ

= das bewusst mehrdimensional re-flektierende, Entwicklungen antizipie-rende, Bedeutungszusammenhängeerkennende, Entwicklungen vorwärtstreibende, konzeptpartizipativ han-delnde Unternehmen.

Wenn heute davon ausgegangen wird,dass Organisationen „auf die schöpfe-rischen Aktivitäten der Menschen an-gewiesen“ sind (siehe LEFFERS/WEI-GAND 2000, S. 53), dann ist der heute inder Berufsbildung diskutierte Ansatzdes subjektivierenden Handelns zu er-weitern um die tatsächlichen verbor-genen Seiten des beruflichen Han-delns. Berufliche Bildung kann unddarf nicht nur den stofflichen Prozessbetrachten, sie hat, wie mehrfach an-gesprochen, die organisationale Rah-mung beruflichen Handelns, die Wir-kungen von Macht und Herrschaft ininstitutionellen Kontexten zu themati-sieren. „Die Machtfrage … wird in denOrganisationen pragmatisch umgan-gen. … Machtkämpfe finden verdeckt,

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Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

informell, an Seiteneingängen und inNischen oder sehr ritualisiert statt“(ebenda, S. 54).

Wir haben im Modellversuch die ver-borgenen Seiten des beruflichen Han-delns näher betrachtet und haben inAnlehnung an GOFFMANS Bild vomTheater mit der Vorder- und derHinterbühne festgestellt, dass die Be-schäftigten relativ schnell bei ihren Be-richten von der Vorderbühne mit sei-nen Kennziffern und objektiven Vorga-ben umschwenken auf die Hinterbüh-ne und erzählen, was im Backstagepassiert und wie man sich auf demHintergrund dessen, was da passiert,dann fühlt. Die Hinterbühne ist maß-geblich am Ablauf beruflichen Han-delns beteiligt. Abb. 1 fasst die Ergeb-nisse zusammen.

Ergänzend soll an dieser Stelle daraufhingewiesen werden, und das wurdeim Modellversuch deutlich, dass aufder Hinterbühne die Erwartungen

untereinander und hierarchieübergrei-fend gedacht eine große Rolle spielen.Viel zu wenig wird dem Problem der ri-valisierenden Erwartungen verschie-dener Bezugsgruppen Beachtung ge-schenkt. Erwartungen der Beschäftig-ten müssen z. B. nicht identisch seinmit den Erwartungen des Manage-ments. Das Management und seineStabsstellen versuchen immer, an dennormativen Erwartungen und Erwar-tungsstrukturen etwas zu ändern.

Es wurde an anderer Stelle schon aufdie Bedeutung der sozialen Beziehun-gen im inner- und zwischenbetrieb-lichen Wissensnetzwerk und beimWissenstransfer hingewiesen. Im Mo-dellversuch trat bislang weder eine Si-tuation der Wissenszurückweisungnoch eine Situation auf, die man „loka-le Wissenshortung“ bezeichnen könn-te. Im Gegenteil, die Begegnungen imRahmen der Modellversuchaktivitätensind von Offenheit und nicht von Taktikbestimmt. Das Problem besteht viel-

mehr darin, dass viele Akteure garnicht wissen, was sie wissen. Erst imVerlauf wird ihnen bewusst, was siedem Kollegen, der Kollegin aus deranderen Abteilung oder aus dem an-deren Unternehmen mitteilen müssen,weil dies für die Gesamtqualität derArbeit wichtig ist. Es ist jedoch nichtdamit getan, den anderen das eigeneWissen und die erworbene Erfahrungmitzuteilen. Im Zusammenhang mitdem Wissens- und Erfahrungstransferwird von den jeweils anderen einehohe Anpassungs- und Rekontextuali-sierungsleistung abverlangt, dennWissen und Erfahrung entstehen inganz bestimmten Kontexten und kön-nen nicht 1:1 transferiert werden. Hierbesteht für den Modellversuch nochinsofern Handlungsbedarf, als der Be-ziehung zwischen Entschlüsselungder übergeordneten Kontexte und ob-jektivierendem wie auch subjektivie-rendem Handeln in der Facharbeitnoch mehr Aufmerksamkeit ge-schenkt werden muss. Erweitert for-

Projektbüro für innovative Berufsbildung,

Personal- und Organisationsentwicklung

Die verborgenen Seiten

beruflichen Handelns

Regeln und Ausnahmen

Vertrauen und Misstrauen

Einfluss der Nicht-Anwesenden

Angriff und Abwehr/Verteidigung

D a s M i t -Ge m e in t e / I n t e r p r e t a t i o n e n

Unterwerfung und Aufbegehren

Erwartung und Enttäuschung

Enteignung von Wissen/Erfahrung und

individuelle Strategien zur Generierung

von neuem Wissen

Egoismus und Solidarität

Verdruss über „symbolische Optimierung“ und langwierige

Aushandlungsprozesse

Gefühl für (prekäre) Situationen vor Ort

Zuschreibung von Verantwortung auf andere als Akt

der persönlichen Entlastung und Resultat der

Wertigkeitseinschätzung (Hierarchie) von Funktions-

bereichen untereinander: „Die da müssten zuerst …“

Taktisches Verhalten und Handeln auf dem

Hintergrund von Enttäuschungen

Bedeutungen von Ereignissen und

auftretenden Widersprüchen sondieren und

mit eigenen Interessen abgleichen

Abb. 1: Die verborgenen Seiten des beruflichen Handelns

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Schwerpunktthema: Neue Konzepte betrieblichen Lernens

muliert: Die Einbettung des objektivie-renden wie auch subjektivierendenHandelns in der Facharbeit in dieübergeordneten Kontexte muss für die(Weiter-)Entwicklung der beruflichenBildung verstärkt thematisiert und Be-standteil von Bildungskonzepten wer-den.

Der Modellversuch hat hier bereits imkonzeptionellen Ansatz eine Vorarbeitgeleistet, in dem die Lernbausteinezwei Wege anbieten. Beide Wege sindentsprechend der teilnehmerspezifi-schen Zusammensetzung der Work -shops in die Erprobungsphase einge-flossen. Weg 1 geht aus von der Stär-kung, Vertiefung und Erweiterungfachlicher Kompetenzen und führtüber die Prüfung sowie Erweiterungmethodischer und sozialer Kompeten-zen hin zur Analyse- und Verände-rungskompetenz im Hinblick auf dieKontexte. Weg 2 lautet „et vice versa“.Weg 1 entspricht im Prinzip den Be-dürfnissen und Interessen der Be-schäftigten im unmittelbaren Arbeits-prozess, eine „gute Arbeit“ abzulie-fern. Weg 2 ist eine Vorgehensweisefür Beschäftigten im unmittelbaren Ar-beitsprozess mit „Führungsverantwor-tung“ oder produktionsbegleitendenAufgaben.

Mit dem Aufbau einer Kontextanaly -se-, Kontextbeurteilungs- und Kon-textveränderungs- sowie -gestal-tungskompetenz kann der vorliegen-de Ansatz des erfahrungsgeleitetenLernens und Arbeitens erweitert undein Beitrag für eine Entwicklung ge -leis tet werden, die heute unter derÜberschrift „Nachhaltig wirksame Ge-staltung der Praxis durch die betrieb-lichen Akteure“ diskutiert wird. ImMittelpunkt steht das Ziel, dass sichdie Praxis zur eigenen „Selbstbefor-schung“ durch „Alltagsevaluation“ be-fähigt. Die Auseinandersetzung mitden organisationalen Kontexten vonArbeit beinhaltet eine schrittweise An-näherung an ideale Vorstellungen, denkognitiven Bildern, die die Beschäftig-ten immer für sich entwerfen. Diese„sukzessive Approximation“, wie eseinmal G. ALBRECHT es genannt hat, er-möglichen beide Wege. „Die Wahr-nehmung von Problemen ist geprägtvon der Organisationskultur und Leit-bildern … . Bei der Einigung auf eineProblemsicht rückt in das Blickfeld,dass unterschiedliche Formen von

Macht zum Einsatz kommen und dassdie Definition eines Problems auch be-reits formal in der Organisation veran-kert sein kann“ (KERLEN 2003, S. 17).Im Rahmen des gemeinsamen Lern-prozesses im inner- und zwischenbe-trieblichen Erfahrungs- und Wissens-netzwerk stellen das gemeinsame Re-flektieren von Situationen und Bedin-gungen, das Aufdecken lokaler Theo-rien, das Entwickeln subjektiv geteilterEinsichten, das Entdecken von Pro-blemen und das Formulieren von neu-en Fragen wichtige Phasen des Lern-Arbeits-Prozesses dar. Ziel ist nichtmehr die Wissensakkumulation unddie Ad-hoc-Problemlösung, sonderndie aktive, nachhaltig wirksame undvon den Betroffenen getragene Verän-derung. Die Wirkungen könnten zu-sammenfassend als Hilfe zur Selbst-hilfe bezeichnet werden. Das ist ja ge-rade das übergeordnete Ziel des Mo-dellversuchs. Das Ganze darf aller-dings nur nicht reduziert werden aufeine Schein- und Korrekturpartizipa-tion.

Ausblick

Das „Aufbrechen institutionell verfe-stigter Strukturen“ führt nach D. SAUER

(2001, S. 37) zu „neuen individuellenFreiheits- und Gestaltungsspielräu-men“. Von daher muss eine sich ander Leitidee der Gestaltungsorientie-rung ausgerichteten Berufsbildung dieEndfertiger-Zulieferer-Kette aus Sichtder Beschäftigten aufgreifen. D. h., esreicht nicht aus, die aus dem produk-tionsvorbreitenden, produktionsbe-gleitenden oder dem direkten produk-tiven Prozess resultierenden Anforde-rungsprofile zum Maßstab zu machen.Die instrumentelle und funktionaleOrientierung an aktuelle Anforderun-gen vernetzter Arbeitsplätze verhin-dert erstens den Erwerb von Gestal-tungsfähigkeit, um die neuen Frei-heits- und Gestaltungsspielräumewahrnehmen zu können und entziehtder Berufsbildung einen wesentlichenTeil ihres Auftrags, nämlich Abhängig-keitsverhältnisse und deren Folgen fürdie Beschäftigten offen zu legen. DasLernziel „Solidarisches Handeln in in-ner- und zwischenbetrieblich vernetz-ten Arbeitssystemen“ wartet auf seineAusformulierung und Umsetzung.

Anmerkung1 Der Beitrag entstand im Rahmen des

BIBB-Modellversuchs „Erfahrungsge-leitetes Arbeiten und Integration geteil-ter Wissensbestände in inner- undzwischenbetrieblichen Netzwerken“,durchgeführt bei einem Fahrzeugher-steller und fünf Zulieferern. FKZ: D2539.00/D 2539 B.

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76 163

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den Abbau von Hierarchieebenen soll-te ein prozessorientiertes Weiterbil-dungskonzept entwickelt werden, dassowohl individuelle und gruppenbezo-gene als auch organisationale Lern-prozesse fördert und damit die Ge-samtorganisation in der strategischenAusrichtung zu einer flexiblen, aufGruppen und Teams basierendenNetzwerkstruktur stützt (s. Abb. 1).

Bald erkannte man aber, dass die ge-planten Veränderungen äußerst kom-plex und dynamisch waren und nichtnur symptomatisch für John Deerestanden. So war die Idee des Modell-versuchs DILO geboren. DILO wurdeam 1. April 2000 mit finanzieller Unter-stützung des bmb+f und unter fach-licher Begleitung des BIBB gestartetund endete nach dreijähriger Laufzeitim Juni 2003. Der Modellversuch glie-derte sich in vier Teilziele auf:

• Vernetzung unterschiedlicher Lern-orte,

Projekthintergrund

Wissensaustausch, Netzwerke undReflexion – so heißen die Kernideen,die hinter dem Modellversuch DILOstehen. DILO steht für Dauerhaft Inte-grierte Lernende Organisationen undversucht an Hand des Leitbildes derlernenden Organisation ein prozesso-rientiertes nachhaltiges Weiterbil-dungskonzept auf den Ebenen Indivi-duum, Gruppe und Organisation zuentwickeln. Der Weiterbildungsansatzfokussiert dabei betriebliche Arbeits-,Lern- und Veränderungsprozesse.

Ursprüngliche Motivation des DILO-Trägerbetriebs – der John Deere Wer-ke Mannheim (JDWM) – war die eige-ne Standortsicherung auf dem ange-spannten Traktorenmarkt, sodass An-fang der 90er-Jahre verschiedene klei-nere Initiativen gestartet wurden. ZurUnterstützung der Einführung vonGruppenarbeit in produktiven Berei-chen und einem damit einhergehen-

• Integration kontinuierlicher Verbes-serungsprozesse,

• strukturelle Verankerung von Wis-sensaustausch und -entwicklung,

• Initiierung und Etablierung von ar-beits- und organisationsbezogenenReflexionsprozessen.

Zur Umsetzung wurden für jede Teil -aufgabe Gestaltungsteams gebildet,die für die Verankerung der entstande-nen Produkte in die Gesamtorganisa-tion die Verantwortung übernahmen.Gerade vor dem Hintergrund des or-ganisationalen Lernens waren dieseTeams so zusammengesetzt, dassunterschiedliche Bereiche, Funktionenund Hierarchieebenen des Unterneh-mens darin zusammengeführt wurden.Zur Koordination und zur übergeord-neten Lenkung wurde ein Projektma-nagement-Team ins Leben gerufen.

Die wissenschaftliche Begleitung desProjekts übernahmen das ZLW/IMA

Gero Bornefeld/Dirk Müller/Helga Unger

Kontinuierliche Verbesserung durch Wissensaustausch, Netzwerke und Reflexion

– Der Modellversuch DILO

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Praxisbeiträge

systematisch mit der 5-Schritt-Metho-de vor: IST-Analyse, SOLL-Konzep-tion, Maßnahmensammlung, Bewer-tung und schließlich Umsetzungspla-nung. Nach Möglichkeit sollen bereitswährend der Workshop-Tage ersteUmsetzungen vorangetrieben werden(s. Abb. 2).

Die (Zwischen-)Ergebnisse des Teamswerden während und am Ende derProjekttage vom Projektteam derWerksleitung präsentiert. Damit sollabgesichert werden, dass Lösungenauch tatsächlich gewollt sind, in dieGesamtstrategie des Unternehmenspassen und schließlich in der weiterenUmsetzung durch die höchste Ebenemitgetragen werden. Mit dem PFLUG-Workshop endet das Projekt natürlichnoch nicht, da jetzt der „steinige“ Wegder weiteren Umsetzung bevorsteht.In der Regel haben alle Beteiligten da-bei einen aktiven Part. Der PFLUG-Koordinator übernimmt das weitereProjekt-Controlling.

Mitarbeiter aller Hierarchieebenen ha-ben hier die Möglichkeit, neben derKonkretisierung des Problemfeldes,bei der Entwicklung von Problemlö-sungen mitzuarbeiten. Wesentlich istdabei, dass sie auch ausdrücklich auf-gefordert sind, ihre Ideen in die Tatumzusetzen.

Gemeinsam mit dem PFLUG-Koordi-nator wird überlegt, ob und inwieweitdas Problem die Initiierung eines kon-kreten Projekts rechtfertigt. In Vorge-sprächen mit betroffenen Personenund Bereichen wird dann der Rahmenfür das PFLUG-Projekt festgelegt.

Ein PFLUG-Projekt besteht im We-sentlichen aus einem drei- bis fünftä-gigen Workshop. Dabei kommen Mit-arbeiter und Mitarbeiterinnen ausunterschiedlichen Organisationsberei-chen, die von dem Problem betroffensind, zusammen und erarbeiten mitUnterstützung des PFLUG-Koordina-tors Lösungsansätze. Sie gehen dabei

(Zentrum für Lern- und Wissensma-nagement und Lehrstuhl Informatik imMaschinenbau) der RWTH Aachenund die UnternehmensberatungMA&T (Mensch, Arbeit & Technik)GmbH Aachen, die als neutrale Beob-achter, Berater, Prozessbegleiter undEvaluatoren fungierten und ihre jewei-ligen Erfahrungshintergründe und ihrExpertenwissen in das Projekt ein-brachten.

Um den Praxisbezug des Modellver-suchs zu verdeutlichen, soll im Fol-genden auf ausgewählte Produkteeingegangen werden, die im Kontextder verschiedenen Teilziele entwickeltwurden.

PFLUG – Probleme Finden Lö-sen Und Gewinnen

Die in den John Deere Werken entwik-kelte PFLUG-Methode ist ein Werk-zeug zur kontinuierlichen Verbesse-rung von Produkten und Prozessen.

Transformation zur lernenden Organisation

AnforderungenFähigkeiten

Zeit

NetzwerkvonTeams

DezentralisierungFlache Hierarchien

• Befehl, Gehorsam, Kontrolle• Zentralisierung• Stabil• “Rädchen im Getriebe”

Netzwerke

• Selbststeuerung• Dezentralisierung• Kundenorientierung• Flexibel• Kooperation

Pyramide

Arbeiten in Teams

1992 2000 2002

Abb. 1: Entwicklungsrichtung der Organisation

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Praxisbeiträge

Der Gewinn für das Unternehmen undden Kunden wird durch eine Vielzahlpositiver Konsequenzen deutlich. Ne-ben finanziellen Einsparungen wird dieOrganisation flexibler, spart Zeit undverbessert sowohl die Produktqualitätals auch die Situation der Mitarbeiter.Mit dem funktions- und hierarchie-übergreifenden Wissensaustausch inden Projektteams zu einem ganz kon-kreten Thema wird ein wertvoller Bei-trag sowohl für das betriebliche Wis-sensmanagement als auch für dasLernen in Teams geleistet.

Einführung neuer Mitarbeiter

Ein weiterer Schwerpunkt im Modell-versuch war die Einführung neuer Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter. HoheKomplexität und steigende Anforde-rungen an die Mitarbeiter machendeutlich, dass es immer wichtiger

wird, neue Mitarbeiter gezielt in die ei-gene Organisation zu integrieren.Dazu wurde innerhalb von DILO einMaßnahmenpaket geschnürt, welchessowohl für die Firma, aber genauso fürden Neueinsteiger einen optimalenBeginn des Arbeitsverhältnisses ge-währleisten soll. Der Prozess zur Ein-führung neuer Mitarbeiter (s. Abb. 3)soll verschiedene Faktoren, die füreine erfolgreiche Arbeit essenziellsind, berücksichtigen:

• spezielle fachliche Anforderungen,

• Verständnis und Identifikation mitder Unternehmenskultur,

• Förderung des Verständnissesinnerbetrieblicher Prozesse.

Während der sechsmonatigen Laufzeitwurden verschiedene Bausteine ent-wickelt und zu einem prototypischenKonzept zusammengefügt, das eine

Integration von Mitarbeitern erleich-tern soll. Hierzu gehört neben einer sy-stematischen Einarbeitung mit jeweilsgleichen Basisinhalten eine Checklistefür den Vorgesetzten für den „optima-len Start“. Neben einem obligatori-schen Abteilungsdurchlauf findet einEinführungsseminar statt. Zusätzlichwird abgeglichen, ob die Qualifikatio-nen des neuen Mitarbeiters dem Job-profil entsprechen.

Wissenserhalt bei Arbeits-platzwechsel

Auch den John Deere Werken ist be-wusst, dass sich ein wesentlicherWettbewerbsfaktor in den Köpfen ihrerMitarbeiter befindet: Wissen. Zum Bei-spiel Wissen über einen bestimmtenEntwicklungs- oder Fertigungspro-zess, Wissen über eine alte Modellrei-he, Kundenwissen, aber auch Wissenüber die Kultur des Unternehmensoder über spezielle Wissensträger.Viele weitere Gebiete lassen sich iden-tifizieren. Ihnen allen ist gemein, dasses sich in der Regel um personenge-bundenes Wissen handelt und umWissen, das nicht in dokumentierterForm vorliegt. Dieses wurde im Laufvieler Jahre erworben und ist für einUnternehmen oft mit hohen Investitio-nen in die Qualifizierung des Mitarbei-ters verbunden. Was geschieht mitdem personengebundenen Wissen,wenn ein Mitarbeiter ausscheidet, seies, weil er gekündigt hat, weil er internversetzt wurde oder weil er in den Ru-hestand geht? Im schlimmsten Fallwandert es geradewegs zur Tür hin-aus und ist für das Unternehmen ver-loren. Die Frage, die sich hier auf-drängt: Was müssen bzw. können wirtun, damit dieser Fall nicht eintritt,oder zumindest die negativen Auswir-kungen minimiert werden?

Im Modellversuch beschränkte sichdas Arbeitsteam wegen der Komple-xität des Themengebietes auf diejeni-gen der o. g. Szenarien eines Arbeits-platzwechsels, die bei den John DeereWerken am häufigsten auftreten. Diesbetrifft zum einen Mitarbeiter, dieinnerhalb der John Deere Werke denArbeitsplatz wechseln, zum anderenMitarbeiter, die in Altersteilzeit arbei-ten, die also in den nächsten Jahrendas Unternehmen verlassen werden.Zudem wurde verabredet, sich auf denAngestelltenbereich zu beschränken

Abschlusspräsentation

vor Geschäftsleitung

Auftrag

und

Zieldefinition

Zwischen-

präsentation

Maßnahmen

Bewertung

Soll-Analyse

Ist-Analyse

Umsetzung

Abb. 2: Vorgehen bei der PFLUG-Methode

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Einführungsbroschüre

Basisinformationen an neuen Mitarbeiter

Der optimale Start für neue Mitarbeiter...

Einführungsseminar

BasisinformationJD vermitteln

Abgleich zwischen Anforderungsprofil und

dem Qualifikationsprofil

Abteilungsdurchlauf

Fachliche Einarbeitung mit Checkliste

Integrierter

eingearbeiteter

Mitarbeiter

Vertrags-

abschluß

Abb. 3: Integration eines neuen Mitarbeiters

Praxisbeiträge

Zu Beginn identifizierte das Projekt-team mögliche Maßnahmen zum Wis-senserhalt bei Arbeitplatzwechsel undklassifizierte sie nach den Beschrei-bungsdimensionen Mensch, Organi-sation, Technik. Hierbei wurde deut-lich, dass auf allen drei Ebenen Hand-lungsbedarf besteht, mit deutlichenSchwerpunkten auf den EbenenMensch und Organisation. Für die wei-tere Arbeit wurden drei konkrete Ar-beitpakete ausgewählt: Zunächst wur-de der Ist-Zustand in den John DeereWerken weiter erfasst, besonders imHinblick auf eventuell schon beste-hende Maßnahmen zum Wissenser-halt, die nur noch nicht werksweit be-kannt sind. Des Weiteren wurden dieAbläufe bei einem Arbeitsplatzwech-sel durch einen geregelten Prozessbeschrieben (s. Abb. 4). Auf dieser Ba-sis wird bei zukünftigen personellenVeränderungen eine strukturierteÜbergabe möglich sein. Dritter Punktist die Entwicklung eines Interviewleit-

fadens für Personal-Austrittsgesprä-che. Durch ein solches Interview sollinsbesondere das implizite, schwerdokumentierbare Wissen der „leavingexperts” bewahrt und für die Nachfol-ger zugänglich gemacht werden. Fürdie weitere Projektarbeit wurden zu-dem Personen aus den betroffenenGruppen für die Mitarbeit gewonnen.Auf diese Weise können Lösungen fürdie verschiedenen Wechselszenariendirekt mit Unterstützung der Betroffe-nen entwickelt und auch in der be-trieblichen Praxis beispielhaft erprobtwerden.

Da das Thema Wissenserhalt erst kurzvor Ende der Projektlaufzeit begonnenwurde, konnte nicht der kompletteProzess in die praktische Umsetzunggehen. In einer Präsentation vor demManagement gegen Ende des Pro-jekts wurde das Thema aber als sowesentlich für John Deere bestätigt,dass die Pilotumsetzung auch nachProjektende fortgesetzt wurde.

Team- und Gruppenaudit

Im Rahmen der bei John Deere einge-führten Gruppen- und Teamarbeit soll-ten unterstützende Maßnahmen undmöglichst einfach zu handhabende„Werkzeuge“ (weiter-)entwickelt underprobt werden, die für das organisa-tionale Lernen notwendige Reflexions-prozesse initiieren und dauerhaft eta-blieren.

Auf Basis der Erkenntnis, dass Refle-xion ein wichtiger Bestandteil des indi-viduellen, aber natürlich auch des or-ganisationalen Lernens ist, wurde fürGruppen in direkten und indirektenBereichen ein Auditierungsverfahren –das Team- bzw. Gruppenaudit – ent-wickelt, welches Stärken und Schwä-chen von Gruppen (bei Gewerblichenin der Produktion) und Teams (im Falleder Angestellten) evaluiert und Ver-besserungsmöglichkeiten aufzeigt.Gruppenspezifika werden gemeinsammit dem Vorgesetzen erarbeitet, um

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Praxisbeiträge

notwendige und sinnvoll erscheinendeWeiterentwicklungsmaßnahmen ein-zuleiten.

Beispiel: Ablauf des Teamau-dits

Das Teamaudit wird mit Hilfe eines ei-gens dafür entwickelten und program-mierten Fragebogens durchgeführt,den die Mitarbeiter online ausfüllenkönnen. Die einzelnen „Fragen“ sinddabei als Aussagen formuliert und be-ziehen sich immer auf mögliche Situa-tionen des Arbeitsalltags der Teammit-glieder. Es wird versucht, möglichstalle Facetten des Arbeitsumfeldes zuberücksichtigen. Die Befragten gebenauf einer vierstufigen Skala eine Ein-schätzung ab, inwieweit die jeweiligeAussage auf ihr Team zutrifft. Die Fra-gebogenaktion wird anonym durchge-führt; eine mögliche Rückverfolgungdes Absenders eines Fragebogenswird durch die Abspeicherung in einerDatenbank unterbunden. Der elektro-nische Fragebogen umfasst die fol-genden elf Themenblöcke:

• Information und Kommunikation,

• Selbstorganisation und Zuverläs-sigkeit,

• Motivation,

• Konflikte/Zusammenarbeit,

• Innovation und Lernkultur,

• Qualifikation/Flexibilität,

• Prozessorientierung,

• Führung,

• Außenwirkung des Teams,

• Wissensmanagement,

• Rahmenbedingungen.

Reflexions- und Weiterentwik-klungsworkshop

Im Anschluss an die Auswertung fin-det der Reflexions- und Weiterentwik-klungsworkshop statt, der mit etwavier Zeitstunden veranschlagt wird.Die Ergebnisse bilden die Diskus-sionsgrundlage bei der Feststellungder Stärken und Schwächen des Te-ams.

Die Reflexion im Rahmen des Team -audits erfolgt also zunächst auf derBasis einer Ist-Analyse durch jedeseinzelne Gruppenmitglied (elektroni-scher Fragebogen). In einem zweitenSchritt erfolgt dann die Reflexion imgesamten Team. Mit der gesamtenGruppe werden daraufhin konkreteMaßnahmen zur Weiterentwicklungvereinbart.

Übertragbarkeit der Ergeb-nisse von DILO

Aufgrund der jeweils spezifischen„Vorgeschichten”, Bedingungen undAnforderungen von Organisationenwird eine unmittelbare Übertragung

der für die John Deere Werke Mann-heim entwickelten Gesamtkonzeptiondes Projektes auf andere Betriebekaum möglich und wahrscheinlichauch nicht sinnvoll sein. Zielführenderund praxisrelevanter schien hingegeneine Überprüfung der Übertragbarkeitder zentralen im Projekt entwickeltenProdukte, die ein Unternehmen aufdem Weg zu einer dauerhaft integrier-ten lernenden Organisation unterstüt-zen können, und die bei den JohnDeere Werken bereits erfolgreich ein-gesetzt werden.

Zu diesem Zweck wurden zusätzlichzu den beiden mit dem Projekt direktverbundenen Transferunternehmendrei weitere Unternehmen aus unter-schiedlichen Branchen befragt, inwie-weit und unter welchen Bedingungendie in DILO entwickelten Instrumentein deren Organisation übertragbar wä-ren:

• Fa. Steinhoff Kaltwalzen GmbH &Cie. OHG (DILO-Transferbetrieb)

• Fa. Lemken GmbH & Co. KG (DILO-Transferbetrieb)

• Vishay Semiconductor GmbH

• Unilever Bestfoods Deutschland

• Dalli-Werke GmbH & Co. KG

Es wurden jeweils die ProduktePFLUG, Einführung neuer Mitarbeiter,Teamaudit und Gruppenaudit vorge-stellt und mit Mitarbeitern vor Ort vorderen betrieblichen Hintergründendis kutiert.

Zusammenfassend ist festzustellen,dass eine „1 : 1” – Übertragung vonProdukten nur bei solchen Betriebenmöglich scheint, die eine sehr ähnlicheUnternehmenskultur und -struktur wiedie John Deere Werke aufweisen.Selbst dort werden aber Anpassungenan das spezielle Unternehmen not-wendig sein. Wichtig ist aber festzu-halten, dass die jeweiligen Produkt-konzepte auf ernstes Interesse stie-ßen, besonders zu den Themengebie-ten PFLUG (kontinuierliche Verbesse-rung) und Team-/Gruppenaudit. Unddies galt sowohl für Unternehmen, dieschon eigene Werkzeuge auf diesemGebiet einsetzen, als auch für Unter-nehmen, die bisher noch keine odersehr wenig Erfahrungen mit derartigenWerkzeugen gemacht haben. Bei letz-teren erscheint eine Übertragung derKonzepte als Ganzes natürlich eher

1.

Rahmenbedingungen

klären

2.

Wissen erfassen

3.

Übergabeszenario

planen

4.

Wissen weitergeben

5.

Nachgelagertes

Coaching

Begleitung durch HR- Personalentwicklung

Abb. 4: Prozess Wissenserhalt bei Arbeitsplatzwechsel

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Praxisbeiträge

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TEAMAUDIT-BOGEN

trifft nicht zutrifft eher

nicht zutrifft eher zu

trifft

voll-

kommen

zu

Information und Kommunikation

Wir halten uns an die im Kickoff-Seminar (Teamfindung) vereinbarten Kommunikationsspielregeln

In unserem Team werden offene und ehrliche Gespräche geführt

Bei uns werden Informationen verantwortungsbewusst,verständlich und vollständig weitergeben

Unsere Meetings werden nach einer bestimmtenMethode und ergebnisorientiert durchgeführt

Teaminformationen (z.B. Protokolle) sind jederzeit verfügbar

Selbstorganisation / Zuverlässigkeit (Personen / Team)

Wir gleichen die Ziele des Auftrages stets mit den Ergebnissen des Teams ab

Die Aufgaben werden nach Zuständigkeiten, Qualifikation und Fähigkeiten innerhalb des Teams gemeinsam verteilt

Bei uns werden individuelle Fähigkeiten und Neigungen respektiert

Wir halten die von uns vereinbarten Termine ein

Für den Fall einer Abwesenheit wird eine sinnvolle Vertretung organisiert

Wir führen unserer Arbeit selbstständig durch.

Motivation

Wir unterstützen alle unsere gemeinsam vereinbarten Teamziele

Wir sind offen und bereit für persönliche Veränderungen

Ich sehe für mich in der Teamarbeit eine Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung

Konflikte / Zusammenarbeit

Wir arbeiten in einer Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens

Bei uns werden Konflikte offen und konstruktiv ausgetragen

Bei der Erreichung unserer Ziele unterstützen wir uns gegenseitig und bieten Hilfestellungen an

Zur Erfüllung der Arbeitsaufgabe sind wir im Team zu Kompromissen bereit

Unsere Aufarbeitung von Konflikten trägt zu einerbesseren Zusammenarbeit bei (intern und extern)

Innovation und Lernkultur

ist wichtig"

Es herrscht eine Kultur der Offenheit für Innovationen

Bei uns sind neue Fehler erlaubt

Durch unsere Zusammenarbeit lernen wir viel voneinander

Es herrscht eine aktive Beteiligung nach dem Motto "Jede Idee

Abb. 5: Auszug aus dem Teamauditbogen

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möglich und sinnvoll. Unternehmenmit eigenen Werkzeugen werden ggf.einzelne Aspekte der DILO-Lösungeneinbeziehen, können aber in jedemFall – wie natürlich auch die John Dee-re Werke – ihre eigenen Lösungen imSpiegel der anderen reflektieren, an-passen und weiterentwickeln.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrun-gen hat sich die Projektkoordinationentschieden, die Ergebnisse und Pro-dukte des Modellversuchs in Form ei-ner Webseite zu veröffentlichen undsie so auch über das Projektende hin-aus bekannt zu machen (www.dilo-modellversuch.de). Derart aufbereitet,können die Ergebnisse einerseits voninteressierten Unternehmen direkt ge-nutzt und an eigene Bedürfnisse ange-passt werden, andererseits können sieaber auch einfach Diskussionsgrund-lage für eine Kontaktaufnahme und ei-nen Austausch mit den John DeereWerken sein.

Ende oder Anfang? – die lang-fristigen Auswirkungen desModellversuchs für die JohnDeere Werke

Mit DILO sollten Effekte erreicht wer-den, die das gesamte Unternehmenein Stück in dem notwendigen Verän-derungsprozess voranbringen. Mitdem Abschluss des Modellversuchsist kein Ende der Aktivitäten verbun-den.

In den John Deere Werken hat sich imLauf der letzten Jahre eine Kultur eta-bliert, deren Kernelement eine konti-nuierliche Weiterentwicklung der Pro-

dukte und Prozesse ist, um die Stabi-lität am Markt und die Beschäfti-gungssicherheit sicherzustellen. Des-halb werden die Werkzeuge, so wie siein DILO entwickelt wurden, auch in derZeit nach dem Modellversuch zumEinsatz kommen und aktualisiert. Essind also „lebende Instrumente”, de-ren Entwickler und Promotoren dieseauch über das Projektende hinweg imBetrieb verankern.

Zwischenzeitlich ist erkennbar, dassdiese Werkzeuge von den Beteiligtenund Betroffenen als tatsächliche Hilfe-stellung empfunden werden. Die Häu-figkeit der Anforderungen nach derenEinsatz und die betriebsinternen Rük-kmeldungen sind ein deutliches Zei-chen dafür. Manche Werkzeuge habensogar eine Eigendynamik entwickelt,so dass sie bereits während der Pro-jektlaufzeit von anderen John DeereEinheiten adaptiert wurden.

Neben den Werkzeugen hat der Mo-dellversuch DILO die Grundlage für ein„lernbewussteres” Verhalten in demUnternehmen gelegt. Lernen in Pro-jekten, in der Kooperation, in der Pro-zessverbesserung, in der Gruppenund Teamarbeit, in der Führung, imzwischenmenschlichen Umgang, inKonflikten, in der Organisationsent-wicklung, ... – also im täglichen Ar-beitshandeln wurde mehr und mehr„hoffähig” und in seiner Bedeutung er-kannt. Die John Deere Werke Mann-heim werden diesen Weg zur lernen-den Organisation mit verschiedenenTeilprojekten weitergehen, DILO warnur ein Anfang.

Praxisbeiträge

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Literatur

HONECKER, N./MÜLLER, D./UNGER, H.:Dauerhaft Integriert Lernende Organisa-tion in den John Deere Werken Mann-heim. In: Berufliche Bildung – Mühlen imWind der Veränderung. DGB Landesbe-zirk Baden-Württemberg, IG Metall Be-zirksleitung Stuttgart 2000.

HARTMANN, E. A./MÜLLER, D./UNGER, H.:Auf dem Weg ins Lernende Unterneh-men. In: HOFFMAN, TH./KOHL,H./SCHREUERS, M. (Hrsg.): Weiterbil-dung als kooperative Gestaltungsaufga-be. Neuwied/Kriftel 2000.

KOHL, H.: Qualifizierung zur Montagefach-kraft als Einstieg in die lernende Organi-sation. In: Weiterbildung als kooperativeGestaltungsaufgabe. Neuwied 2000.

HONECKER, N./MÜLLER, D./UNGER, H.: DILO:Dauerhaft Integriert Lernende Organisa-tion in den John Deere Werken Mann-heim. In: BAU, H./ SCHEMME, D. (Hrsg.):Auf dem Weg zur lernenden Organisa-tion, BIBB Schriftenreihe 248. Bielefeld2001.

HONNECKER, N./UNGER, H./MÜLLER, D.:Prozessbegleiter – Der „Kümmerer“ imVeränderungsprozess. In: FUCHS-FROHNHOFEN, P.: Arbeitsorientierte Mo-dernisierung. München/Meringen 2002.

MÜLLER, D./WACKER, R.: Qualifizieren stattEntlassen. In: Personalwirtschaft 1/98,S. 24 ff.

UNGER, H.: Organisationales Lernen durchTeams – Methode und Umsetzung einesteambasierten Projektmanagements. 2.Verb. Auflage. München 2002.

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Der Ansatz in gewerblich-technischenAusbildungsberufen, eine geschäfts-und arbeitsprozessorientierte Berufs-ausbildung zu realisieren, stellt für Be-triebe besonders im ersten Ausbil-dungsjahr eine große Herausforde-rung dar. Die berufsfeldbreite Grund-bildung wird in der Großindustrie bis-lang vorwiegend in Ausbildungswerk-stätten, Laboren und Trainingszentrendurchgeführt. Die Lernträger und Aus-bildungsprojekte, die dabei von denBerufsanfängern bearbeitet werden,bieten zwar die Möglichkeit die curri-cular geforderten metalltechnischenGrundkenntnisse und Fähigkeiten zuerlernen – mit dem angestrebten Berufhaben diese „Spielzeugprojekte“ aller-dings wenig zu tun.

Der Beitrag stellt ein Ausbildungspro-jekt vor, welches im ersten Ausbil-dungsjahr mit Auszubildenden derVolkswagen Coaching zum Werkzeug-mechaniker in der Ausbildungswerk-statt realisiert wurde. Die Lernträgerbilden so genannte „Trainingswerk-zeuge“, die aus dem realen Produk-tionseinsatz der Massenfertigung derAutomobilindustrie stammen. An ih-nen bewältigen die Auszubildendenpraktische Instandsetzungsaufgabenund auch theoretische Durchdringun-gen der Werkzeugtechnik. Dieses Pra-xisbeispiel zeigt eine Möglichkeit derAbkehr von berufsfeldweiten abstrak-ten Grundbildungsprojekten auf, dienicht den Pfad der „wertschöpfenden“Auftragsbearbeitung der Ausbildungs-werkstatt für die Produktion ein-schlägt. Die Vorteile des LernortesAusbildungswerkstatt und der Ansatz,den zu erlernenden Beruf von Ausbil-dungsbeginn an in den Mittelpunkt derAusbildungspraxis zu stellen, müssen,wie dieses Praxisbeispiel zeigt, keineGegensätze bleiben.

Ausbildungsprojekt „Trai-ningswerkzeuge“

Die in den geltenden Ordnungsmittelnder industriellen Metallberufe veran-kerte berufsfeldbreite Grundbildungwird in der Ausbildungspraxis oftmalsberufsfeldumfassend vereinheitlichtan „berufsfremden“ Gegenständen re-alisiert. Diese Gegenstände bilden da-bei den „kleinsten gemeinsamen Nen-ner“ aller Metallberufe, deren einzigerZweck als Lernträger gesehen wird,an denen Fertigkeiten, Kenntnisse undLernziele realisiert werden können.Sehr populäre und langjährig einge-setzte Beispiele dieser Ausbildungs-projekte in der metalltechnischenGrundbildung sind der MULTISPANder Volkswagen Coaching GmbH undder Modell-UNIMOG der DaimlerCrys-ler AG (siehe Abb. 1). Auch außerhalbder großindustriellen Metallausbildungfinden Ausbildungsprojekte dieser Artbreite Anwendung in kleinen und mitt-

leren Unternehmen. Die als „Kom-plettpakete“ angebotenen Ausbil-dungsprojekte mit Zeichnungssätzen,Stücklisten, Lernerfolgskontrollen undvorbereiteten Materialsätzen sind did-aktisch durch Leittexte gestützt inLehrgangsform für Berufsanfänger be-arbeitbar und veranschlagen rund 10Monate Ausbildungszeit des erstenAusbildungsjahres (vgl. CHRISTIANI

2003).

In der großindustriellen Ausbildungs-praxis bedeutete dies oftmals, dassAuszubildende zum Werkzeugmecha-niker und zum Automobilmechanikeran identischen Ausbildungsprojektenund Lernträgern die metalltechnischeGrundausbildung absolvierten. AmEnde des ersten Ausbildungsjahresmusste dem Auszubildenden gegenü-ber allerdings eingeräumt werden,dass das ihm vermittelte Orientie-rungs- und Überblickswissen nichtdasjenige ist, worum es in seinem ge-

Praxisbeiträge

Bernd Haasler

„Trainingswerkzeuge“ inder Ausbildungswerkstatt

– Erstausbildung von Werkzeugmechanikern am Ausbildungsbeginn in der Großindustrie

Abb. 1: Populäre Ausbildungsprojekte der metalltechnischen Grundbildung(MULTISPAN links, UNIMOG rechts) (Quelle: CHRISTIANI 2003,Seite 196 und Seite 200)

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wählten Beruf in der Hauptsache geht.Klaus EHRLICH formuliert bezüglich desidentischen Problems der berufsfeld-breiten Grundbildung für das Berufs-feld Elektrotechnik kritisch:

„Selbst wenn eine nach neuem Ver-ständnis arbeitsorientierte Grundbil-dung gelingt, muss man womöglichdem Prozessleitelektroniker am Endedes ersten Ausbildungsjahres mit -teilen, dass das ihm vermittelteOrientierungs- und Überblickswis-sen, das ‚jeder Elektriker haben soll-te‘, an sich nicht dasjenige für seinenBeruf ist. Eigentlich hätte man sichden Umweg sparen, und gleich direktdas, worum es im Beruf in der Haupt-sache geht, ins Zentrum der Grund-bildung stellen können“ (EHRLICH

1998, S. 136 ff.).

Die von EHRLICH kritisierte Ausbil-dungspraxis widerspricht auch demKonzept, bereits vom ersten Ausbil-dungstag an ein Orientierungs- undÜberblickswissen über den zu erler-nenden Beruf an berufsspezifischenGegenständen zu vermitteln. Wenn ineiner 3 1/2 jährigen Ausbildung der ge-wählte Beruf mit seiner spezifischenAusprägung erst nach der Zwischen-prüfung in die Perspektive der Ausbil-dung rückt, ist das für die frühzeitigeEntwicklung einer beruflichen Identitätproblematisch (vgl. HAASLER/BALDAUF-BERGMANN 2003; HAASLER/MEYER

2004). Die verfassten Ordnungsmittellegen zwar im ersten Ausbildungsjahrberufsfeldbreit identische Lernziele, zuerwerbende Fähigkeiten und Kennt-nisse fest, an welchen Gegenständenausgebildet wird, bleibt aber offen.

Dieser „Freiraum“ der methodischenAusgestaltung der curricularen Vorga-ben konnte in der Ausbildungspraxiseines großen deutschen Automobil-herstellers mit Auszubildenden zumWerkzeugmechaniker im Modellver-such genutzt werden. Das Unterneh-men stellt an diesem Standort jährlichrund 100 neue Auszubildende zumWerkzeugmechaniker ein. Das ersteAusbildungsjahr wurde bislang aus-schließlich in der Lernumgebung derAusbildungswerkstatt, in Schulungs-räumen, Laboren und in der Berufs-schule durchgeführt. Die Lernumge-bung Ausbildungswerkstatt wird in derindustriellen Berufsausbildung aller-

dings durchaus skeptisch diskutiert.Die wichtigsten Kritikpunkte sind:

• die Realitätsferne einer Lehrwerk-statt,

• das vorrangige Lernen für Prüfun-gen,

• Lehrgangsförmigkeit mit modulari-sierender Tendenz der Berufsaus-bildung,

• zum Teil veraltete unterkomplexeTechnologien/Maschinen als Aus-bildungsgegenstände und

• die „berufsfremde“ Arbeitsteilungder Aufgaben der Ausbilder (Spezi-alisten z. B. nur für die Durchfüh-rung einzelner Kurs-Segmente).

Dem gegenüber stehen allerdingsauch einige Vorteile des LernortesAusbildungswerkstatt:

• die Betreuung der Auszubildendendurch berufspädagogisch qualifi-ziertes Personal,

• die Entlastung von gesundheitlichbedenklichen Arbeitsbedingungen,von Termin- und Qualitätsdruck(„Fehler darf man hier machen unddaraus lernen“) und

• eine gewisse Standardisierung derAusbildungsergebnisse.

Für Berufsanfänger in der großindu-striellen Ausbildung wird nach Abwä-gung der Vor- und Nachteile vielfachfür eine Reform der Lehrwerkstatt plä-diert (vgl. BREMER/JAGLA 2000, S.31ff.):

„Es kommt (…) darauf an, das Verhält-nis umzukehren, in dem die Lehrwerk-statt zum Betrieb steht. Bislang wirddort fast 3 1/2 Jahre lang unterrichtetund danach gehofft, dass die Absol-venten sich im Betrieb bewähren wer-den. Anders herum wäre es viel bes-ser: Die bereits an betrieblichen Ein-satzorten in ihrer Entwicklung vom An-fänger zum Experten fortgeschrittenenJugendlichen werden im wahrschein-lichen Regelfall von Defiziten zur‚Schulung’ in die Lehrwerkstatt zurük-kkehren, um dort, im Sinne ihrer Ent-wicklung, gezielt diese Defizite auszu-gleichen bzw. um sich auf die näch-sten Abschnitte mit dem erforder-lichen Wissen und Können vorzuberei-ten.“

Die angestrebte Orientierung der Be-rufsausbildung an beruflichen Hand-

lungsfeldern darf sich somit nicht al-lein auf betriebliche Lernumgebungenbeschränken. Die in Ausbildungswerk-stätten durchgeführten Ausbildungs-projekte sollten daher geeignet sein,bereits gezielt auf das Lernen und Ar-beiten an betrieblichen Einsatzortenvorzubereiten. Nachfolgend soll einAusbildungsprojekt beschrieben wer-den, welches Aspekte der handwerk-lichen Facharbeit im Geschäfts- undArbeitsprozess des Werkzeugbausaufgreift und der frühzeitigen Vorberei-tung der Berufsanfänger auf das „Ler-nen im Betrieb“ im weiteren Ausbil-dungsverlauf jenseits der Ausbil-dungswerkstatt dient.

Rahmenbedingungen des Aus-bildungsprojektes

Das Ausbildungsprojekt „Trainings-werkzeuge“ ist ein Ansatz in der groß-industriellen Werkzeugmechaniker-Ausbildung, eine geschäfts- und ar-beitsprozessorientierte Grundausbil-dung in der Ausbildungswerkstatt zurealisieren. Das Ausbildungsprojektsoll nicht als „Verstoß“ gegen die gel-tenden Ordnungsmittel des erstenAusbildungsjahres aufgefasst werden,sondern als Beispiel, wie bereits diemetalltechnische Grundbildung an be-rufsspezifischen Gegenständen undAufgaben der Facharbeit im Rahmender Ordnungsmittel von Berufsanfän-gern durchgeführt werden kann.

In der Werkzeugmechaniker-Ausbil-dung des Automobilherstellers wurdebislang in der Grundausbildung dasAusbildungsprojekt MULTISPAN ein-gesetzt. Ihm folgte in der Fachausbil-dung das Projekt „Folgeschneidwerk-zeug“, ein plattengeführtes Schneid-werkzeug, welches Flaschenöffner-Nutzteile ausschneiden konnte. Anbeiden Ausbildungsprojekten – inLehrgangsform seit Jahrzehnten in derLehrwerkstatt durchgeführt – konntensich die Auszubildenden zwar durch-aus Kenntnisse und Fähigkeiten überdie Grundlagen der Metalltechnik undden Aufbau und die Wirkungsweisevon Werkzeugen erarbeiten. EineÜbertragbarkeit dieses Wissens undKönnens auf reale Werkzeuge zur Fer-tigung von Automobilteilen und denAnforderungen an die Facharbeit vonWerkzeugmechanikern blieb jedochfragwürdig.

Praxisbeiträge

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Der zweifelhafte Praxisbezug beiderAusbildungsprojekte wurde schlagar-tig deutlich, als man aus der Ausbil-dungswerkstatt heraus in die Fachab-teilungen des Großwerkzeugbaus gingund dort reale Facharbeit erlebte. Hierfertigen die Fachkräfte keine platten-geführten „Spielzeugwerkzeuge“, diespäter Flaschenöffner unter einerSpindelpresse ausstanzen oder gardem MULTISPAN verwandte Bauteile.Deutliche Kritik an der Berufsausbil-dung äußerten auch die Fachabteilun-gen der Werkzeugmechanik, als Ein-satzorte der Auszubildenden beim„Lernen im Betrieb“ und als Tätig-keitsfelder der späteren Facharbeit.Die formal durch gute Prüfungsleis -tungen ausgezeichneten und mit er-heblichem Aufwand ausgebildetenJungfacharbeiter brächten wenigpraktische Fähigkeiten mit, die direktfür die Facharbeit im Werkzeugbauund in der Werkzeuginstandhaltungnutzbar sind. Fachkräfte, die in einemModellvorhaben an Experten-Fachar-beiter-Workshops (BREMER/RAUNER/RÖBEN 2001) teilnahmen, formuliertenbezüglich des Änderungsbedarfes inder Erstausbildung von Werkzeugme-chanikern u. a. auch einen stärkerenPraxisbezug („Arbeit für die Schrottkis -te abschaffen“) und explizit auch das„Tuschieren“ als handwerkliche Beruf-liche Arbeitsaufgabe in die Ausbildungverstärkt aufzunehmen (BREMER/JAGLA

2000, S. 89). Die Leitidee der ge-

schäfts- und arbeitsprozessorientier-ten Berufsausbildung und die Kritikder Fachabteilungen (als „Abnehmer“der ausgebildeten Jungfacharbeiter)führten dazu, die Werkzeugmechanik-erausbildung des Automobilherstellersbereits im ersten Ausbildungsjahr or-ganisatorisch und inhaltlich neu zustrukturieren.

Ablauf des Ausbildungsprojek-tes 1

Der Ansatz, die berufliche Erstausbil-dung besonders im ersten Ausbil-dungsjahr wieder „vom Kopf auf dieFüße zu stellen“ (RAUNER 1999), fandbesonders bei Ausbildungsverant-wortlichen Zustimmung, die den Auf-gabenwechsel vom Fertigungsmeisterin einer Betriebsabteilung zum Ausbil-dungsmeister in der Lehrwerkstatt erstjüngst vollzogen hatten. Sie sahen dieChance, Praxis in die Ausbildungs-werkstatt zu holen, wie folgendes Zitateines neuen Ausbildungsmeisters be-legt:

„Ich konnte immer wieder feststellen,dass gerade ausgebildete Jungfach-arbeiter wenig praktische Fähigkeitenmitbrachten, die direkt für die Arbeitim Werkzeugbau und der Werkzeugin-standhaltung nutzbar sind. Daher lages nahe, ausgediente Werkzeuge ausder Produktion für die Ausbildung zurVerfügung zu stellen und an praxisna-

Praxisbeiträge

hen Reparatursituationen zu trainie-ren“ (VOLKSWAGEN COACHING GmbH2000, S. 2).

Die zur Verfügung gestellten „Trai-ningswerkzeuge“ sind keine Relikteder Industriegeschichte, sondernWerkzeuge aus Nutzteil-Serien, diejüngst eingestellt wurden, aber nochdem aktuellen Stand der Technik ent-sprechen (siehe Abb. 2). Ebenfallswerden defekte ausgemusterte Werk-zeuge eingesetzt, deren Instandset-zungsaufwand für die Produktionsab-teilungen ökonomisch nicht mehr ver-tretbar ist.

Nach Ablauf von sechs Monaten Aus-bildungszeit erfolgt im Ausbildungs-projekt „Trainingswerkzeuge“ der er-ste wirkliche Kontakt der Werkzeug-mechaniker-Auszubildenden mit demGegenstand ihres Berufs: Ein realesGroßwerkzeug aus der industriellenMassenfertigung liegt vor ihnen undsie sollen selbst „Hand anlegen“. DieAuszubildenden arbeiten und lernenüber einen Zeitraum von drei Monatenim Ausbildungsprojekt, wobei eineUntergliederung in sieben inhaltlichabgegrenzte Themenblöcke vorge-nommen wurde (vgl. Abb. 3). Im ers -ten Ausbildungsjahr findet der Berufs-schulunterricht des dualen Ausbil-dungspartners an zwei Wochentagenstatt, sodass drei Wochentage für dieAusbildung im Betrieb bleiben.

Die Ausbildung in den einzelnen Teil-abschnitten erfolgt im Regelfall in derdargestellten Reihenfolge. Die Zeitan-gaben sind als grobe Richtwerte zuverstehen, da dieses Ausbildungspro-jekt methodisch nicht als Lehrgangdurchgeführt wird, sondern Raum fürindividuelle Aufgabenstellungen undinhaltliche Vertiefungen bietet. Das zu-grunde liegende didaktisch-methodi-sche Konzept dieses Ausbildungspro-jektes soll nachfolgend skizziert wer-den:

1. Tuschieren ebener Flächen

Eine unbearbeitete Grundplatte ausBaustahl wird mithilfe handgeführterSchleifmaschinen plan geschliffen undmit der Prüfmethode des Tuschierensauf einer Tuschierplatte fortlaufendkontrolliert. Bestandteil dieses erstenThemenblockes sind ebenso das An-bringen von Fasen und Radien, die mitLehren kontrolliert werden. Durch das

Abb. 2: Beispiel eines „Trainingswerkzeuges“ (Unterteil einesGroßschneidwerkzeugs aus der Automobilindustrie)

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Tuschieren einer relativ großen planenFläche lernen die Auszubildendenerstmals Tuschierbilder zu „lesen“, dieHinweise darauf geben, an welchenStellen und mit welcher Intensität dieNacharbeit erfolgen muss.

2. Instandsetzung eines Schneidmes-sers

Durch Produktionseinsatz verschlisse-ne Schneidmesser vielfältiger Formwurden durch Auftragschweißungenan den Schneidkanten wieder instandgesetzt. Die Auftragschweißungennahmen Facharbeiter vor, sodass dieAuszubildenden mit den so vorberei-teten Bauteilen konfrontiert wurden.Aufgabe ist es nun, die Schneidkantenfachgerecht nachzuschleifen (mittelshandgeführter Schleifmaschinen,

Handarbeit) und dies durch Tuschier-säulen, die auf Tuschierplatten gesetztwerden, zu prüfen (Sohle tuschieren).Der Nacharbeit einer großen ebenenFläche der ersten Teilübung folgt nundie Kombination mit einem Freiwinkelder Schneidkante (s. Abb. 4).

3. Anpassung Lochstempel/Matrize

Thematisiert werden unterschiedlich-ste Lochstempel (Normalien) mit ihremVerhalten im Einsatz und den Auswir-kungen bei Verschleiß. Die Lochstem-pel erhalten verschiedene Arten derAnschliffe, die dem jeweiligen Einsatz-zweck angepasst werden (s. Abb. 5).

Diese Standardaufgabe der Wartungvon Schneidwerkzeugen und ihrenBauteilen beginnt im Ausbildungspro-jekt mit der Analyse von verschlisse-nen Lochstempeln aus dem Produk-tionseinsatz. Anhand der „Verschleiß-bilder“ werden erste Rückschlüsse aufdie zugrunde liegenden Ursachen ge-zogen. Im praktischen Versuch wer-den unter einer HandspindelpresseUnterschiede im Schneidverhalten er-kundet. Die so gemachten Erfahrun-gen und theoretischen Kenntnisse fin-den letztlich Berücksichtigung beimSchliff der Lochstempel, der mit hand-

geführten Schleifmaschinen oder anstationären Schleifscheiben vorge-nommen wird.

4. Instandsetzung Biege-Prismen

Auf vorbereitete 90-Grad Biege-Pris-men (Oberteil und Matrize) aus Bau-stahl wurden auf den Unterteilflächender Matrize Auftragschweißungen auf-gebracht, um simulierten Verschleißauszugleichen. Die Arbeitsaufgabeder Auszubildenden besteht nun dar-in, die auftraggeschweißten Flächenauf ihre Ursprungsform nachzuarbei-ten. Dies erfolgt wiederum durchhandgeführte Schleifmaschinen unddurch Feilen. Der „Schwierigkeits-grad“ ist deutlich anspruchsvoller alsin den vorhergehenden Teilabschnit-ten des Projektes. Die Kontrolle desArbeitsergebnisses erfolgt fortlaufendmittels Tuschierverfahren. Die Anord-nung des Prismas als Unterteil unddes Positivteils (Oberteil) als Stempelbildet in seiner Struktur die Grundformeines Ziehwerkzeugs nach. Das „Her-anarbeiten“ an die Null-Lage durchAbtragung der Auftragschweißung er-fährt durch die schrägen Teilflächeneine neue Problemlage, die in den vor-herigen Übungen so noch nicht vor-lag. Durch Ober- und Unterteil und

Praxisbeiträge

Abb. 4: Werkzeugmechaniker-Aus-zubildender bei dermanuellen Nacharbeit

Instand-

setzung

Schneid-

messer

Anpassung

Loch-

Stempel/

Matrize

Tuschieren

ebener

Flächen

Instand-

setzung

Biege-

prismen

Ziehstempel

mittels

Laminat-

Modell

anpassen

Theorie +

Praxis der

Wärme-

behandlung

Ersatzteil-

Anfertigung

2 Wochen 3 Wochen 2 Wochen 2 Wochen 3 Wochen 1 Woche 3 Wochen

Abb. 3: Ablaufplan des Ausbildungsprojektes in Teilabschnitten

Abb. 5: Anschliffformen von Schneidstempeln (Quelle: SCHULER 1996,

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schräge Teilflächen erhöht sich die An-zahl der Einflussfaktoren auf das Ar-beitsergebnis. Die Auswirkungen derSpanabnahme einer Teilfläche auf dasGesamtergebnis können in diesernachgebildeten Bauteilanordnung fürLernende grundlegende Erfahrungenbieten, die praxisrelevanten Instand-setzungsaufgaben recht nahe kom-men.

5. Ziehstempel mittels Laminatmodellanpassen

Das Anpassen eines Ziehstempels andie Gegenseite des Werkzeugs (Matri-ze) kann in der Praxis nicht immerdurch das „Zusammenfahren“ derWerkzeugteile realisiert werden. Mit-hilfe eines Laminatmodells wird daheroft das Positivteil verkörpert, an demder Ziehstempel ortsunabhängig vomWerkzeug angepasst werden kann.Die Nacharbeit kann so auch an Teil-bereichen von Werkzeugen exakt undfachgerecht geprüft werden, ohnedass das reale Werkzeug herangezo-gen werden muss. Die Arbeitsaufgabefür die Auszubildenden im Projekt be-ginnt mit der Herstellung eines Teilab-guss-Modells am Werkzeug. Das Mo-dell wird in der Regel im Laminatver-fahren mit aushärtenden Kunstharz,Polyestermatten und Sperrholz alsModellträger angefertigt. Nach demAushärten und der Abnahme des Mo-dells vom Konturbereich kann dieNacharbeit am Ziehstempel beginnen.Auftraggeschweißte Teilbereiche wer-den dabei wieder auf Nullmaß zurück -geschliffen und fortlaufend mit demmit Tuschierfarbe benetzten Laminat-modell kontrolliert. Die Tuschierbildersignalisieren bei fachgerechter An-wendung des Modells die Tragpunkteam Stempel, die nachgearbeitet wer-den müssen. Das „Herantasten“ ansNullmaß kann mit Teilabgussmodellenkomfortabel gestaltet werden, ohnedas gesamte Werkzeug zu veran-schlagen.

6. Theorie und Praxis der Wärmebe-handlung

In diesem Teilprojekt werden verschie-dene Arten der Wärmebehandlungtheoretisch erläutert und mit prakti-schen Übungen unterstützt. Schwer-punkte sind dabei Werkzeugstähle,die zuvor in den anderen Teilprojektenvon den Auszubildenden bearbeitetwurden. Dieser Projektabschnitt be-

steht zur einen Hälfte aus theoreti-schen Erläuterungen, zur anderenHälfte aus praktischen Versuchen undExperimenten. Beispielsweise werdenStähle im Glühofen gehärtet, geglühtund angelassen und anschließend aufihre Eigenschaftsveränderungenuntersucht.

7. Ersatzteilanfertigung

Die abschließende Aufgabe diesesProjektes besteht in der Reparatur ei-nes Schneidmessers aus einem Groß-schneidwerkzeug durch Neuanferti-gung dieses Bauteils. Die Arbeits-schritte sind der Ausbau des Bauteils,die Anfertigung einer normgerechtenSkizze, die Fertigung und schließlichder Einbau des Neuteils in das Werk-zeug. Arbeitsorganisatorisch lösen dieAuszubildenden die Aufgaben imTeam, letztendlich stellt jedoch jederBerufsanfänger ein eigenes Bauteilher. Dieser in seiner Aufgabe und sei-nem Vorgehen direkt der Praxis entlie-hene Projektteil verknüpft die bisherim Projekt erworbenen Kompetenzender Auszubildenden in einem Produkt.Auch wenn die Reparatur des Werk-zeugbauteils insofern fiktiv ist, als das„neue“ Bauteil anschließend keinemPraxistest in der Serienfertigungunterzogen wird, bleibt für die Auszu-bildenden nach diesem Projektab-schnitt die Gewissheit, diese Anforde-rung später im Betrieb nicht erstmaligbewältigen zu müssen. Die hier zu be-weisenden Fähigkeiten, in Eigenver-antwortung einfache Bauteile einesGroßwerkzeugs erneuern zu können(und das Gesamtwerkzeug somit wie-der funktionsfähig zu machen), stellenbei den Auszubildenden einen nicht zuunterschätzenden „Meilenstein“ aufdem Weg der Herausbildung einer be-ruflichen Identität als Werkzeugbauerdar.

Den Abschluss des Ausbildungspro-jektes bildet eine Arbeitsprobe in Formeiner eintägigen praktischen Lernziel-kontrolle für die betriebsinterne Be-wertung der Ausbildungsleistungen.Aufgabe dabei ist es, ein Schnittmes-ser mit vorgefräster Schneidkante an-zupassen. Dabei kommen alle erlern-ten Fähigkeiten, Fertigkeiten undKenntnisse, die in diesem Ausbil-dungsprojekt „Trainingswerkzeuge“erworben wurden, zum Einsatz (bei-spielsweise der fachgerechte Umgang

mit handgeführten Schleifmaschinen,Sohle tuschieren, Durchwinkeln, Antu-schieren).

Die vorgenommene didaktische Rei-hung der sieben Teilabschnitte desAusbildungsprojektes geht haupt-sächlich auf Erfahrungen der Ausbil-dungsmeister zurück. Der kontinuierli-che Anstieg der fachlichen Anforde-rungen, bis hin zur Anfertigung einesErsatzteiles, berücksichtigt einerseitsständige Herausforderungen an dieFähigkeiten der Auszubildenden, an-dererseits sollen sie auch nicht über-fordern und damit eventuell demoti-vieren. Dieses anspruchsvolle Vorha-ben ist gerade bei komplexen „Trai-ningswerkzeugen“ nur durch eine in-tensive Betreuung der Auszubilden-den durch kompetente Ausbilder zugewährleisten. Organisatorisch wird indiesem Ausbildungsprojekt eine Lern-gruppe von 12 Auszubildenden voneinem Ausbildungsmeister betreut.Durch die Komplexität der zur Verfü-gung gestellten Großwerkzeuge bietetsich jedem Auszubildenden in mehre-ren Projektteilen eine individuelle Pro-blemstellung zur Bearbeitung. Einzel-arbeit und Teamarbeit mit mehrerenAuszubildenden wechseln metho-disch ab, wie es auch in den Betriebs-abteilungen der späteren Facharbeitder Fall ist.

Kritische Würdigung des Aus-bildungsprojektes und Aus-blick

Auch wenn das Ausbildungsprojekt„Trainingswerkzeuge“ die reale Fach-arbeit in der Ausbildungswerkstatt un-ter Schonraumbedingungen nur nach-empfindet, ist es ein Fortschrittgegenüber der vorherigen Ausbildung.Der Ernstcharakter der Arbeitsaufga-ben wird für die Auszubildenden nunwesentlich deutlicher als vormals amLernträger MULTISPAN und an einemMiniwerkzeug, welches Flaschenöff-ner ausschneidet. Die Gegenstände,die in diesem Projekt bearbeitet undthematisiert werden, stehen in der Be-rufspraxis von Fachkräften der Werk-zeugmechanik im Zentrum ihres Be-rufs. Auszubildende können an ihnenohne den „Umweg“ des Lernens anabstrakten Lernträgern frühzeitig An-sätze einer beruflichen Identität als an-gehende Werkzeugmechaniker her-ausbilden. Der inhaltliche Schwer-

Praxisbeiträge

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arbeiter die Abschottung der Erstaus-bildung von den Fertigungsbereichen:

„Wir haben nun versucht, einen Vor-stoß zu starten und haben gesagt, wirwollen die Auszubildenden nicht mehrals Sondergruppe behandeln in einerInternatsausbildung oder mit Sandka-stenspielen. Und dazu gehört, dassdie mal rein müssen in die Anlagen,auch wenn es qualmt und stinkt undfettig ist, letztendlich müssen die auchmal Schicht mitmachen können.“

Da die Berufsausbildung auf die spä-tere Bewältigung der Facharbeit vor-bereiten soll, muss sie auch verstärktin den Betriebsabteilungen stattfin-den, wo Facharbeit geleistet wird (vgl.WEHNER/CLASES/ENDRES 1996; WEN-GER 1998; FISCHER 2000). Das Ausbil-dungsprojekt „Trainingswerkzeuge“konnte als Fazit wesentlich gezielterals vormals dazu beitragen, Auszubil-dende auf Praxiseinsätze in Betriebs-abteilungen des Werkzeugbaus imweiteren Ausbildungsverlauf vorzube-reiten.

Anmerkung1 Die Konzeption und Durchführung des

Ausbildungsprojektes geht maßgeblichauf DIRK HAASE, Ausbilder der Volkswa-gen Coaching GmbH Wolfsburg zurück.

Literatur

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BREMER, R./RAUNER, F./RÖBEN, P.: Exper-ten-Facharbeiter-Workshops als Instru-ment der berufswissenschaftlichen Qua-lifikationsforschung. In: EICKER, F./PE-TERSEN, W. A. (Hrsg.): Mensch-Maschi-ne-Interaktion. Arbeiten und Lernen inrechnergestützten Arbeitssystemen inIndustrie, Handwerk und Dienstleistung.Baden-Baden 2001, S. 211-231.

CHRISTIANI GmbH: Gesamtkatalog Berufli-che Bildung 2004. Konstanz 2003.

EHRLICH, K.: Arbeitsprozesswissen vonProzessleitelektroniker/-innen und ersteVorüberlegungen für ein Curriculum. In:PAHL, J.-P./RAUNER, F. (Hrsg.): Betrifft:Berufsfeldwissenschaften. Bremen1998, S. 123-138.

FISCHER, M.: Von der Arbeitserfahrung zumArbeitsprozesswissen. Opladen 2000.

Praxisbeiträge

das Konzept des Ausbildungsprojek-tes als Daueraufgabe für die Ausbilderverstanden werden. Nur durch einefortlaufende Aktualisierung ist es ge-währleistet, dass an zeitgemäßen Pro-blemlagen und dem Stand der Technikausgebildet wird. Neue „Trainings-werkzeuge“ zu akquirieren, sich in die-se „hineinzudenken“ und sie didak-tisch-methodisch für die Ausbildungvorzubereiten, ist für Ausbildende we-sentlich zeitaufwendiger und inhaltlichherausfordernder als mit langjährigvertrauten vorgefertigten ProjektenAusbildung als „Grundlehrgangsmei-ster“ zu betreiben. Dem gegenüberstehen aber wichtige Gewinne für dietägliche Ausbildungspraxis: Einerseitswird der Kontakt der Ausbilder zur ak-tuellen Berufspraxis intensiviert, ande-rerseits steigt auch die Motivation derAusbilder und der Auszubildenden an,wenn nicht zum x-ten Mal ein defektesBauteil aus einem Werkzeug demon-tiert wird, welches vom ständigen Zer-legen und Zusammenbauen vielerAuszubildendengenerationen jeg-lichen Ernstcharakter verloren hat.Entscheidend ist aber die schlichteTatsache, dass es sich um Werkzeugeaus dem Produktionsprozess handeltund nicht mehr um vorbereitetes„Spielzeug zum Zusammenstecken“aus dem Baukasten wie den MULTI-SPAN und das „Flaschenöffnerwerk-zeug“.

Abschließend erwähnt sei noch dasVorhaben der Ausbildungsverantwort-lichen, kleinere Pressen in den Ausbil-dungswerkstätten aufzustellen, umEinarbeitungsvorgänge kleinererWerkzeuge zu simulieren. Diese Pres-sen könnten zwar keine Großwerkzeu-ge wie das zuvor beschriebene „Trai-ningswerkzeug“ aufnehmen, grundle-gende Abläufe könnten an ihnen je-doch verdeutlicht werden. Zu-sammenfassend muss zu diesem An-satz kritisch bemerkt werden, dassdas Bestreben, sich die Umgebungder realen Facharbeit „ins Haus“, alsoin die Ausbildungswerkstatt zu holen,seine Grenzen haben muss. Es solltekeineswegs das Konzept verfolgt wer-den, die Umgebungsbedingungen derrealen Facharbeit für die Ausbildungs-werkstatt zu kopieren. Alle diese Ver-suche bleiben letztlich nur Nachbil-dungen, die die Praxis doch nicht er-setzen können. In Experten-Fachar-beiter-Workshops beklagte ein Fach-

punkt der manuellen Facharbeit, der indieser praxisnahen Form im bisheri-gen Ausbildungskonzept deutlich zukurz kam, konnte grundlegend ver-mittelt werden. Vor allem Aspekte derHandhabung von handgeführtenSchleifmaschinen und das Prüfverfah-ren mit Tuschierfarbe konnten an rea-len Großwerkzeugen geübt und reflek-tiert werden.

Die so erworbenen Fähigkeiten undKenntnisse der Auszubildenden sindzwar sehr nahe an den Anforderungender Facharbeit orientiert, für die der-zeitigen Konzeptionen der praktischenPrüfungen (Zwischenprüfung und Ab-schlussprüfung) sind sie jedoch wenigrelevant. In der Zwischenprüfung wer-den weiterhin Fertigkeiten und Kennt-nisse überprüft, die die Auszubilden-den an abstrakten Prüfungsstückenbeweisen müssen. Der professionelleUmgang mit handgeführten Schleif-maschinen und das „Herantasten“ anMaße und Konturbereiche mit Unter-stützung von Tuschierbildern gehörtdefinitiv nicht dazu.

Der inhaltliche Anteil des dualen Aus-bildungspartners Berufsschule amAusbildungsprojekt muss nach bishe-rigen Erfahrungen als unterbelichtetbezeichnet werden. Dies geht einer-seits auf das Verständnis der Ausbil-der zurück, das Projekt möglichst inEigenregie durchzuführen und sich so-mit nicht der Verpflichtung auszuset-zen, verbindliche Absprachen mit denBerufsschullehrern zu treffen (einedeutliche Ausprägung dieses Ver-ständnisses ist der „Theorieblock“ zurWärmebehandlung, den die Ausbilderin Schulungsräumen der Ausbildungs-werkstatt durchführen). Vonseiten derBerufsschullehrer wird argumentiert,Unterrichtsinhalte zum Aufbau vonkomplexen Werkzeugen wären in die-ser frühen Phase der Berufsausbil-dung den Auszubildenden im erstenAusbildungsjahr noch nicht zuzumu-ten. Weiterhin sehe man das Projektvor allem unter dem Lernziel, hand-werkliche Fähigkeiten der Auszubil-denden zu trainieren, welches eineAufgabe des Lernortes Betrieb sei unddie Berufsschule dazu wenig beitra-gen könne.

Die Bereitstellung von aktuellen „Trai-ningswerkzeugen“ aus den Fachabtei-lungen für die Ausbildung muss für

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176 lernen & lehren (l&l) (2004) 76

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WENGER, E.: Communities of practice – le-arning, meaning and identity. Cambridge1998.

gendlichen Ausbildungsplatzsuchen-den, die „Gesellschaft“ sowie dieUnternehmen – praktikabler und ak-zeptabler Weg aus diesem paralysie-rendem Dilemma ist derzeit nicht er-kennbar.

Statt weiterhin auf den bekannten Po-sitionen stehen zu bleiben halten wires für sinnvoller, nach Lösungen zusuchen, die sowohl die unterschied-lichen Sichtweisen berücksichtigt unddie zudem für alle Beteiligten Vorteilehat. Wir verfolgen deshalb in unseremBetrieb einen eigenen Weg und versu-chen, einerseits die oben beschriebe-nen unterschiedlichen Standpunktemiteinander zu „versöhnen“, anderer-seits eine Ausbildung anzubieten, dieheutigen Anforderungen gerecht wird.

Wer wir sind

Die Feintechnik R.Rittmeyer GmbH istein Fachbetrieb für Präzisionsmecha-nik und Apparatebau in Münster/Westf. mit ca. 35 Mitarbeiterinnen undMitarbeitern. Das Unternehmen be-steht seit 1966 und wird in zweiter Ge-neration von den Geschwistern Rena-te Rittmeyer-Müller und Walter Ritt-meyer geführt.

Schwerpunkte unserer Tätigkeitensind:

• Entwicklung und Bau von Kabelbe-arbeitungsmaschinen;

• präzisionsmechanische Lohnferti-gung für die Vakuumphysik, Mediz-intechnik, Lasertechnik und andereanspruchsvolle Industrien;

• Sondermaschinenbau.

In der Ausbildungsabteilung unseresUnternehmens lernen – und arbeiten –vier Auszubildende, ein Umschülerund ein Jahrespraktikant

Ziele in der FEINTECHNIKR.Rittmeyer GmbH

Unser Ausbildungskonzept hat folgen-de Ziele:

• Schaffung von zusätzlichen Ausbil-dungsplätzen, durch den

• Nachweis, dass - zumindestens -kostenneutrale Ausbildung möglichist;

• Erhöhung der Ausbildungsqualitätund Orientierung der Ausbildungam betrieblichen Bedarf (dies be-deutet, dass nach Beendigung sei-ner Lehrzeit jeder Auszubildende soqualifiziert sein soll, dass wir selbstihn gerne übernehmen, wenn diesdie wirtschaftlichen und personel-len Rahmenbedingungen zulassen);

„Die Ausbildung“ in der öffent-lichen Wahrnehmung

In den letzten Jahren ist der Mangel anAusbildungsplätzen im Bewusstseineiner breiteren Öffentlichkeit immerwieder ein kontrovers diskutiertesThema. In der Auseinandersetzungdarum standen und stehen sich nochimmer zwei Standpunkte – verkürztdargestellt – gegenüber:

• von Seiten der Unternehmen wirdangeführt, dass Ausbildung zu teu-er sei und es in Zeiten mangelnderArbeit und fehlender Aufträge we-nig Sinn mache, teuere Ausbil-dungsplätze bereitzustellen;

• Politik und Gewerkschaften reagie-ren darauf u. a. mit Argumenten wiemoralischer Verantwortung der Be-triebe bis hin zu der Forderung einerAusbildungsabgabe für die Unter-nehmen, die nicht oder zu wenigausbilden.

Obwohl eine erfreulich hohe Anzahl anInitiativen von Seiten der Politik, derVerbände, von Institutionen und ande-ren Einrichtungen ins Leben gerufenwurde, scheinen sich diese beidenStandpunkte nach wie vor unversöhn-lich gegenüber zu stehen – eben wiees sich für „richtige Standpunkte“ ge-hört; ein für alle Beteiligten – die ju-

Praxisbeiträge

Walter Rittmeyer

Ausbildungsqualität und Bedarfsorientierung– Neue Wege bei der FEINTECHNIK R.Rittmeyer GmbH

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• Dokumentation des neuen Ausbil-dungskonzeptes, um Breitenwir-kung zu erzielen und andere Unter-nehmen zu ermuntern, ähnlicheWege zu gehen.

Wir gehen dabei von folgenden An-nahmen aus:

• Ausbildung gehört mit zu den wich-tigsten Aufgaben unseres Betriebes;

• jeder Auszubildende unseres Be-triebs hat das Recht auf eine opti-male Ausbildung;

• jeder Auszubildende unseres Be-triebes hat von vornherein die Kom-petenz, selbst in erheblichem Um-fang Verantwortung für die Qualitätseiner Ausbildung zu übernehmen;

• Jeder Azubi kann von Beginn anwertschöpfende Arbeiten machenund an diesen lernen.

Personelle Maßnahmen /Kompetenzteam / Mentoren

Um die oben beschriebenen Ziele undVorgaben zu erreichen, wurden alleMitarbeiter der FEINTECHNIK R.Ritt-meyer GmbH durch die Geschäftslei-tung ermuntert, unseren Auszubilden-den zu jedem Zeitpunkt deren Fragenzu beantworten oder sie zu schulen.

Darüber hinaus haben wir ein so ge-nanntes Kompetenzteam aus bewähr-ten Facharbeitern unseres Betriebesgebildet. Insgesamt sieben Mitarbeiterstehen nun den Azubis in besondererWeise mit ihrem Fachwissen zur Verfü-gung.

Zusätzlich hat sich jeder Auszubilden-de einen speziellen eigenen Mentoraus dem Kompetenzteam aussuchenkönnen, der sich in besonderer Weiseum die Ausbildung kümmert, bei per-sönlichen Fragen zur Verfügung stehtund darauf achtet, dass während derAusbildungszeit die Anforderungengemäß der Ausbildungsordnung aucherfüllt werden.

Ausbildungsqualität

Grundlage unserer Ausbildung ist dieVerordnung über die Berufsausbildungin den industriellen Metallberufen, In-dustriemechaniker/Industriemechani-kerin, Fachrichtung Geräte- und Fein-werktechnik, in der Fassung vom 10.Juni 1996.

Diese Ausbildungsordnung hat denVorteil, ein einheitliches und bundes-weit geltendes Konzept anzubieten,nach dem die betriebliche Ausbildungorganisiert werden kann. Die Übertra-gung der Abschlussprüfung auf be-triebs- und schulexterne Prüfungs-kommissionen vergrößert die Bewer-tungsobjektivität und erlaubt Ver-gleichbarkeit.

Für uns als Fachbetrieb für Feinme-chanik sind indes die in der Verord-nung geforderten Fertigkeiten und Fä-higkeiten allenfalls Mindestanforde-rungen, die selbstverständlich erlangtsein müssen, um nach der Ausbil-dungszeit als Facharbeiter zuminde-stens in unserem eigenen Betriebüberhaupt arbeiten zu können.

Leider sind jedoch allein diese Min-destanforderungen prüfungsrelevant –weitergehende Fähigkeiten bleibenunbeachtet und unbewertet. Be-sonders gut schneidet demzufolge inder Abschlussprüfung derjenige Azubiab, der – absichtlich pointiert formu-liert – allenfalls durchschnittliche Fer-tigkeiten besonders gut beherrscht.Wir halten demgegenüber nicht denje-nigen Azubi für besonders fähig, dereine Abschlussprüfung besonders gutbestanden hat, sondern denjenigen,der möglichst viel kann.

Für uns ist deshalb die standardisierteAusbildung eines der größten Hinder-nisse, optimal ausbilden zu können,da sich diese eben lediglich an statisti-schen Mittelwerten von in der Vergan-genheit gezeigten Fertigkeiten derAzubis orientiert. Sinnvoller ist, Auszu-bildende so gut wie möglich und zu-nächst einmal unabhängig von denPrüfungsanforderungen zu fördern.

Selbstverständlich beachten wir diePrüfungsanforderungen, und selbst-verständlich wollen wir, dass unsereAzubis eine möglichst gute Prüfungablegen. Doch etwas absurd ist esschon – leider jedoch immer noch dieRegel – dass wir unseren Azubis zurVorbereitung auf die Prüfung Fertig-keiten nahe bringen müssen, die imbetrieblichen Alltag überholt und un-angemessen sind.

Unser neues Ausbildungsmodell siehtvor, dass wir praktisch nur noch anTeilen ausbilden, die „verwertet“ wer-den, Teilen also, die entweder vom Be-

trieb selbst oder von unseren Kundenbenötigt werden. Dadurch bilden wirweit über den „offiziellen“ Ausbil-dungsrahmenplan hinaus aus. UnsereAusbildung orientiert sich vornehmlichdaran, wie der Marktbedarf ist und wieunsere technologischen Möglichkei-ten sind.

Um zu gewährleisten, dass wir den-noch die Vorgaben der Ausbildungs-ordnung erfüllen, gleichen wir dieseAnforderungen regelmäßig mit denvon den Azubis geleisteten Arbeitenab. Für diesen Abgleich sind die Azu-bis selbst und deren Mentoren verant-wortlich.

Unsere Arbeitsvorbereitung kann sichbei der Vergabe der Arbeiten daranorientieren, wie der Stand der hand-werklichen Fähigkeiten unserer Aus-zubildenden ist oder was sie lernensollen.

Eigenverantwortung der Azu-bis

Dadurch, dass wir nicht mehr meister-zentriert und nur noch in geringemUmfang prüfungsorientiert ausbildenund unsere Azubis vom ersten Tag anin den Wertschöpfungsprozess desUnternehmens eingebunden sind,steigt die Eigenverantwortung unsererAuszubildenden in erheblichem Um-fang.

Bei Werkstücken beispielsweise, dieFähigkeiten oder ein Wissen erfordern,das bislang noch nicht erworben wur-de, melden sich die Azubis selbst um-gehend bei ihren Mentoren oder beiMitgliedern des Kompetenzteams. Eswird dann sofort entschieden, ob eineSchulung erforderlich ist. Häufig kanndiese direkt durchgeführt werden. Istdas nicht möglich, wird zeitnah einSchulungstermin festgelegt.

Die Azubis entscheiden ebenfallsweitgehend selber darüber, welche Ar-beiten sie machen wollen. Es werdenständig durch die Arbeitsvorbereitunggenügend Aufträge zur Bearbeitungbereitgestellt, aus denen die Azubiswählen und an denen sie lernen kön-nen.

Ein weiteres Merkmal unserer Ausbil-dung ist, dass wir versuchen, mög-lichst wenig aus einem größeren Zu-sammenhang gerissene Teilarbeiten

Praxisbeiträge

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Praxisbeiträge

machen zu lassen. Die Azubis sollenbei uns nicht nur lernen, wie irgendet-was hergestellt wird, sondern auch,wo es eingesetzt wird und welche De-tails für die spätere Verwendung be-sonders wichtig sind.

Dies erfordert und fördert eine um-fangreichere Kommunikation unterein-ander und mit anderen Stellen unseresBetriebes.

Derzeit fertigen unsere Azubis bei-spielsweise die erste 10er-Serie einerneuen Maschine. Dabei geht es nichtnur um die Einzelteilfertigung, sondernum den gesamten Herstellprozessincl. Montage und abschließenderQualitätskontrolle.

Kostenkontrolle

Wie bereits oben gesagt, werdenpraktisch nur noch wertschöpfendeArbeiten – also konkrete Aufträge –von unseren Azubis geleistet. Da diesenatürlich noch nicht so schnell und ef-fizient sein können wie unsere Fachar-beiter, haben wir spezielle Kostenstel-len eingerichtet. Auf diesen werdensämtliche Arbeiten gebucht.

Auf der anderen Seite werden sämtli-che Unterweisungen unseres Kompe-tenzteams und unserer Mentoren bzw.jeder andere Aufwand erfasst.

Damit wir also unser Ziel einer zumin-destens kostenneutralen Ausbildungerreichen können, erfassen wir sowohlsämtliche Kosten als auch die Erträgeder Ausbildung. Kosten und Erträgewerden monatlich gegenüber gestellt,die Ergebnisse werden allen Beteilig-ten der Ausbildung, also dem Kompe-tenzteam, den Mentoren und den Azu-bis selbst, bekannt gegeben.

Bisherige Erfahrungen undAusblick

Das Projekt läuft seit dem 1.12.2003,die bisherigen Erfahrungen sind aus-gesprochen positiv, sowohl bei unse-ren Azubis als auch beim Mentoren-und Kompetenzteam.

Bislang können wir noch nicht genausagen, ob sich die Ausbildung be-triebswirtschaftlich „rechnet“ – dazuist es noch zu früh und das gesamteControllingsystem ist noch nicht aus-gereift genug. Dies wird sich jedochinnerhalb der nächsten Monate än-dern.

Die bisherigen Zahlen jedoch spre-chen dafür, dass wir unser Ziel, kos -tenneutral auszubilden, erreichen wer-den.

Doch vom ersten Tage an wurde deut-lich, welche sonstigen Vorteile dasneue Modell hat. Der Zuwachs an Ver-antwortung, die geänderte Wahrneh-mung im Gesamtbetrieb und das hoheMaß an eigenen Entscheidungsmög-lichkeiten hat für alle Azubis deutlichspürbare positive Veränderungen ge-bracht, so dass es schon jetzt völligundenkbar scheint, jemals wieder zudem alten, meisterzentrierten Ausbil-dungsmodell zurück zu gehen.

Kommentare unserer Azubis,unzensiert, unbereinigt

Wladimir, 1. Lehrjahr:

• interessant, schön, geil

• jeden Tag was anderes

• man lernt viel mehr

• es ist was besonderes, dass manuns so vertraut

Thomas, „Jung“-Geselle, hat Ende Ja-nuar seine Abschlussprüfung bestan-den:

• auf jeden Fall positiv

• super, dass sich die gesamte Be-legschaft um einen kümmert

• bei Fragen steht immer jemand zuVerfügung

• die Zettel, die jeder ausfüllt, sindsuper (Kommentar: die „Zettel“ die-nen der eigenen Abschätzung derFähigkeiten; es gibt drei „Benotun-gen“: „weiterer Schulungsbedarf“;„weitere Routine erforderlich“ und„alles in Ordnung“; die Mentorengeben ebenfalls eine eigene Ein-schätzung dazu ab)

• Teamarbeit ist gut

• eigener Bereich mit eigenen Ma-schinen ist gut

• mehr Verantwortung ist Ansporn

• schade, dass ich nicht mehr Azubibin – so hätte ich´s auch gern ge-habt

Phillip, 3.Lehrjahr

• jeden Tag Freude an der Arbeit

• viele intensivere Arbeit

• man kommt durch das Konzeptautomatisch in alle Bereiche

• dadurch, dass wir selbstständigeine komplette Maschine bauen,bekommt man alles mit

• besser kann´s nicht sein

• die Zeit geht viel schneller rum

• Vorteil für das spätere Berufsleben,weil man viel mehr kann

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Weiterhin beteiligt sich die ABC-Aus-bildungswerkstatt an der jährlich imBerufskolleg Ennepetal stattfindendenAusbildungsbörse. Hier wird Schüle-rinnen und Schülern, Lehrerinnen undLehrern, sowie Eltern ein Einblick indas heutzutage breit gefächerte Be-rufsfeld gegeben. Die zweite Möglich-keit, Berufe genauer kennen zu lernen,ist ein Betriebspraktikum. Auch hierbietet die Ausbildungswerkstatt vonABC-Umformtechnik interessiertenSchülerinnen und Schülern einen drei-wöchigen Schnupperkurs im Bereichder Metallverarbeitung. Es werdenGrundfertigkeiten wie Feilen, Bohren,Senken, Drehen, Fräsen und Schleifenvermittelt.

Jedes Jahr in der Osterzeit organisiertdie Ausbildungswerkstatt eine Fahrt,an der alle Auszubildenden des ge-werblich-technischen, sowie deskaufmännischen Bereichs teilnehmen.Im Rahmen dieser zweitägigen Fahrtbesichtigen die Auszubildenden undihre Leiter einen Kundenbetrieb. Aufdiese Weise wird der Weiterverarbei-tungsprozess der eigens angefertigtenProdukte veranschaulicht. Es wurdenz. B. die Einsatzbereiche von be-stimmten Radschrauben bei einemdeutschen Automobilhersteller be-sichtigt.

Durch Projekte wie den 45minütigenFilm „Vom Draht bis zur fertigenSchraube“, den die Auszubildendenselbst drehten, Lern- und Arbeitsauf-gaben, die zwischen Schule und Be-trieb stattfinden und die jährliche Aus-bildungsfahrt sind die Auszubildendensehr motiviert, haben Spaß an ihrer Ar-beit und lernen auf diese Weise be-wusst im Team, aber auch jeder fürsich selbstständig zu arbeiten. DieseForm des betrieblichen Lernens ermu-tigt die Berufsanfänger, sich neuenHerausforderungen zu stellen.

In dem folgenden Fallbeispiel wird einneues Konzept des betrieblichen Ler-nens dokumentiert.

men kann. Die ABC-Umformtechnikproduziert hingegen Rad- undSonderschrauben.

Ausbildung bei ABC

Die Ausbildungswerkstatt von ABC-Umformtechnik ist ein modernes, vonjahrelanger Erfahrung in der Metall-technik geprägtes Ausbildungszen-trum. Zur Zeit bildet ABC-Umform-technik 27 junge Leute im gewerblich-technischen Bereich aus. Sie erlernendie Berufe des Industriemechanikers(Fachrichtung Maschinen- und Sys -tem technik, Betriebstechnik, Produk-tionstechnik), des Zerspanungsme-chanikers (FR Frästechnik, Drehtech-nik, Schleiftechnik), des Energieelek-tronikers (FR Betriebstechnik), desWerkstoffprüfers, sowie des Teilezu-richters (FR Produktionstechnik). Je-der Ausbildungsberuf, mit Ausnahmedes Teilezurichters (Ausbildungsdauer2 Jahre) umfasst einen Zeitraum von 31/2 Jahren. In diesen 3 1/2 Jahren wer-den den Auszubildenden nicht nur dieFähigkeiten und die Aufgabenbereicheihrer zukünftigen Berufe vermittelt.

Durch gezielte Projektarbeit wird dieSelbstständigkeit, die Teamfähigkeitund die Verantwortung, Entscheidun-gen zu treffen, vermittelt und gestärkt.Die Ausbildungswerkstatt beteiligtesich z. B. an dem Modellversuch„GAPA-Geschäfts- und arbeitsprozes-sorientierte Ausbildung“, der im LandNordrhein-Westfalen durchgeführtwurde.1 Hier erfolgte eine Zusammen-arbeit mit dem Institut Technik und Bil-dung der Universität Bremen und demVDMA (Verband deutscher Maschi-nen- und Anlagenbau). Im Rahmendieses Modellversuches bildeten inder Region Ennepe-Ruhr-Kreis dieAusbildungswerkstatt von ABC-Um-formtechnik und andere regionaleAusbildungsbetriebe mit der Berufs-schule ein Team, um Ausbildung inno-vativ und zukunftsorientiert zu gestal-ten.

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Praxisbeiträge

Katrin Birr

Betriebliches Lernen aus Sicht einer Auszubildenden

Abb. 1: Spax-S-Schraube

Abb.2: Radschraube

Die Firma ABC

Der Beitrag beschreibt die Ausbildungbei der Firma Altenloh, Brinck & Co.Das Unternehmen wurde bereits 1823gegründet. Neben den zwei Standor-ten in Ennepetal und Gevelsberg(ABC-Verbindungstechnik und ABC-Umformtechnik) und der Tochterfirma„AZ Ausrüstung und Zubehör“ in Hat-tingen zählen zahlreiche Vertriebsge-sellschaften im In- und Ausland zurUnternehmensgruppe.

Neben der Bau- und Möbelindustriesowie der Kunststoff verarbeitendenIndustrie zählen auch verschiedeneAutomobilhersteller zu den Kunden.Die in über 180 Jahren gesammeltenErfahrungen und das gesamte Know-how zur Herstellung von Schraubenund Verbindungselementen steckennach wie vor „in nur einem StückDraht“. Bei ABC-Verbindungstechnikentstehen die präzisen, hochwertigenund immer wieder qualitätsgeprüftenProdukte, wie z. B. die „Spax-S“ Uni-versalschraube, die mit weniger Kraft-aufwand höhere Haltekräfte aufneh-

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Praxisbeiträge

Das Produkt M8x94

Für einen deutschen Automobilher-steller wurde die Schraube M8x94 zurLösung eines verbindungstechni-schen Problems bei der Neuentwick -lung eines Motors konstruiert und ge-fertigt. Anhand der Konstruktionen derTechniker und Ingenieure wurden fürdie Fertigung folgende Schritte vorge-sehen:

1. Kaltverformung aus Draht

2. Vergüten (Mindestzugfestigkeit1150 N/cmm)

3. Konturdrehen an einer CNC-Ma-schine

4. Zusatzelemente werden mittelsVerstemmwerkzeugen hinzugefügt

5. Gewindewalzen

6. Beschichtung

Die Kaltumformung wurde in derMehrstufenpresserei von Facharbei-tern durchgeführt. Dabei wurde ausdem Kaltstauchdraht der Güte 32 CrB4, mit dem Durchmesser 11,80mm,ein Schraubenrohling mit Kopf undSchaft in vier Stufen gepresst.

Nach dem Vergütevorgang übernah-men die Auszubildenden des 2. und 3.Lehrjahres die weitere Fertigung derRohlinge. In der Ausbildungswerkstattwurden die Schrauben auf einer com-

statt. Ein Messprojektor ist ein opti-sches Messinstrument. Diese Quali-tätskontrolle ist wichtig, da die neuenSchrauben im Kurbelwellen-Lagerbe-reich eines sehr leistungsstarken Mo-tors eingesetzt werden und eine feh-lerhafte Schraube den Motor vollstän-dig zerstören könnte.

Insgesamt wurden 2500 Musterteileangefordert, mit denen der Kunde prü-fen kann, ob das Verbindungselementden gestellten Anforderungen ent-spricht.

Einbindung der Ausbildungs-werkstatt in die Fertigung

Die Anfrage an die Ausbildungswerk-statt zur Übernahme der betrieblichenArbeitsaufgabe kam aus der techni-schen Entwicklung. Es ist im Betriebbekannt, dass die Auszubildenden inder Vergangenheit schon häufiger er-folgreiche Musterteile für mehrereKunden gefertigt haben. Es wird gerneauf die Ausbildungswerkstatt zurück -gegriffen, da auf diese Weise die Kos -ten der Ausbildung reduziert werden.Im Fall der Herstellung der M8x94 warebenfalls die fehlende Kapazität undunzureichende Testversuche andererAbteilungen und Betriebe ausschlag-gebend. Die Tatsache, dass die Aus-zubildenden und ihr Ausbilder ein sohochwertiges und anspruchsvolles

putergesteuerten Drehmaschine ge-fertigt. Der Zerspanungsprozess unddas anschließende Messen und Prü-fen der einzelnen Schrauben wurdevon den Auszubildenden durchge-führt. Die Schrauben wurden einer100%-Kontrolle hinsichtlich der Maße,der Koaxialität, der Oberflächenbe-schaffenheit usw. unterzogen. DasMessen fand an einem Messprojektor

Abb. 3: Arbeit an Drehmaschine

Abb. 4: Arbeit am Messprojektor

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Praxisbeiträge

Verbindungselement fertigen sollten,löste enormen Ehrgeiz aus, und dem-entsprechend groß war die Motivation.Unterstützt wurde die Ausbildungs-werkstatt durch den Projekt-verant-wortlichen Techniker und den Vertreterdes Werkzeuglieferanten.

Schwierigkeiten bei der Ferti-gung und deren Lösung

Das Hauptproblem beim Konturdre-hen bestand darin, dass der Werkstoffsich auf Grund des vorhergegangenenVergütevorgangs nur unzureichendzerspanen ließ. Die Fertigungsabfolgeließ allerdings keine Änderung zu, dadie Toleranzen der Koaxialität nachdem Vergüten nicht mehr eingehaltenwerden können.

der Fertigungsphase möglich. Durchden geregelten Informationsaustauschund die 100%ige Qualitätskontrolle je-der Schraube war es möglich, dasProdukt M8x94 im vorgegebenen Zei-traum und mit größter Zufriedenheitdes Auftraggebers zu liefern.

Die Lieferungen à 300 Stück erfolgtenauf Abruf ca. alle zwei Wochen. Insge-samt umfasste die Versuchsphase ei-nen Zeitraum von zwei Monaten.

Resümee

Viele der im Ausbildungsrahmenplangeforderten Fähigkeiten und Fach-kenntnisse wurden hier anhand derEntwicklung und Fertigung einesdurch hohe Anforderungen geprägtenProduktes vermittelt und vertieft.

Es bleibt abschließend festzuhalten,dass an betrieblichen Arbeitsaufgabenein effizienteres Lernen für die Auszu-bildenden möglich ist als durch Ar-beitsaufträge, die kaum oder gar nichtvon Nutzen sind (Edelschrott). DieAuszubildenden erleben ihre Arbeit alseinen wichtigen Bestandteil der Ferti-gung. Die Kosten der Ausbildung wer-den reduziert, da für das Unternehmenproduktiv gearbeitet wird. ABC-Um-formtechnik investiert nicht nur in dieAuszubildenden, sondern erhält aucheine Gegenleistung. Diese Faktorentragen zur Sicherung der Arbeitsplätzebei und motivieren die Auszubilden-den, ihrer Arbeit sorgfältig, mit Fleißund Hingabe nachzugehen.

Anmerkungen

1 Informationen zum ModellversuchGAPA: VDMA NRW, Monika Schuma-cher, Mörsenbroicher Weg 200, 40470Düsseldorf.

Zur Lösung des Problems musstengeeignete Schneidstoffe und Geome-trien gefunden werden, um den gleichbleibenden Spanbruch und die Einhal-tung der Toleranzen zu gewährleisten.Ein gleich bleibender Spanbruch mussgewährleistet sein, da die Fließspänesich sonst um das Werkstück wickelnund somit den Zerspanungsprozesssowie die Maßgenauigkeit negativ be-einflussen. Hierbei arbeitete die Aus-bildungswerkstatt intensiv mit ihremWendeschneidplattenlieferanten zu-sammen, dessen Erfahrungen bereitshäufiger mit Erfolg zur Lösung derProbleme beitrugen. Eine Vielzahl vonSchneidstoffen, Geometrien und ge-eigneten Schnittdaten wurden vondem Lieferanten bei Besuchen in derAusbildungswerkstatt an den Maschi-nen vorgeführt. Auszubildende undAusbilder arbeiteten in einer anschlie-ßenden Testphase intensiv mit denvorgestellten Schneidwerkzeugen, bissich schließlich ein Produkt herauskri-stallisierte, welches die gewünschtenAnforderungen des Kunden erfüllenkonnte.

Für die Auszubildenden war die Zu-sammenarbeit mit dem Wende-schneidplattenlieferanten eine interes-sante Herausforderung. Die angehen-den Zerspanungs- und Industrieme-chaniker hatten so die Möglichkeit, dieEinflüsse verschiedener Schneidstoffeund Geometrien auf den Zerspa-nungsprozess kennen zu lernen.

Zusammenarbeit mit anderenAbteilungen

Durch intensive Absprachen zwischendem Kunden, dem Zulieferbetrieb, denAbteilungen, Ingenieuren, Technikernund der Ausbildungswerkstatt wurdedie Zusammenarbeit ein Erfolg und eswar ein nahezu reibungsloser Ablauf

Abb.5: Schraubenkontur

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Forum

Konkrete Reformschritte

Was bedeuten diese Grundsätze nunfür eine Reform der beruflichen Bil-dung? Sechs Punkte möchte ich her-vorheben.1

Kriterien moderner Beruflich-keit

Gestaltungskompetenz als Leitidee fürdie berufliche Bildung ist ein Ziel, dasmittlerweile vielfältig als Bildungsauf-trag in Bildungsgesetzen und -verord-nungen verankert ist. Zum ersten Malwurde der grundlegende Perspektiv-wechsel von einer anpassungsorien-tierten zu einer gestaltungsorientiertenBerufsbildung auf der Grundlage einerEmpfehlung des ITB von der Enquête-Kommission 2000 des deutschenBundestags aufgegriffen. Danach hatdie KMK 1991 diese Leitidee als Bil-dungsauftrag für die Berufsschule auf-gegriffen: „Die Auszubildenden sollenbefähigt werden, Arbeitswelt und Ge-sellschaft in sozialer und ökologischerVerantwortung mitzugestalten.“ In ei-ner Reihe von Modellversuchen wurdediese Leitidee in ihrer Tragfähigkeit fürdas didaktische Handeln von Ausbil-dern und Lehrern sowie in ihrem Stel-lenwert für die Qualität der Berufsbil-dung vielfältig untersucht und er-probt.2 Eine gestaltungsorientierte Be-rufsbildung legt eine Berufsbildungs-planung nahe, die prospektiv angelegtist. Sie beansprucht, über die betrieb-liche Praxis – und darin eingeschlos-sen die Berufsbildungspraxis – hin-auszuweisen. Die betriebliche Praxiswird nicht nur als eine gegebene, son-dern auch als eine kritik- und gestal-tungsbedürftige begriffen. Berufs- undBerufsbildungsplanung werden da-nach nicht darauf reduziert, die exi-stierende Praxis durch Aufgabenana-lysen und Tätigkeitsstudien zu erfas-sen und zu analysieren sowie Berufs-bilder und Ausbildungspläne darausabzuleiten und zu synthetisieren.

Eine prospektive Berufsbildungspla-nung betrachtet die aktuelle beruflicheund betriebliche Praxis immer auchals eine exemplarische, die im Prozessder Berufs(aus)bildung angeeignetund zugleich in gestaltungsorientierterPerspektive transzendiert wird. Pro-spektivität zielt also nicht auf verbes-serte Prognoseinstrumente zur Vor-hersage zukünftiger Arbeitsstrukturen,sondern auf die Beschreibung der al-ternativen Entwicklungspfade zukünf-tiger Praxis mit dem Ziel, Kompetenzfür die Gestaltung des Wandels zu er-werben.

Offene dynamische Kernberuf-lichkeit zur Erhöhung der loka-len Gestaltungsmöglichkeitenbei der Ausschöpfung betrieb-licher Ausbildungspotenziale

Die Berufsform der Arbeit ist überbe-trieblich definiert und konstitutiv fürFacharbeitsmärkte. Sie ist die Basisfür Mobilität, betriebliche Flexibilitätund Innovationsfähigkeit. ModerneBerufsbilder sind daher entwicklungs-und anwendungsoffen zu normieren.Durch die Rücknahme von verordneterSpezialisierung und die Betonung desPrinzips der Exemplarizität für die be-triebliche Berufsausbildung werdensowohl breitere Aufgabenbereiche zurGrundlage für eine moderne Beruflich-keit als auch die anwendungsspezifi-schen, d. h. betrieblichen Gestal-tungsmöglichkeiten bei der Umset-zung entwicklungsoffener Ordnungs-mittel realisiert. Die Kriterien für einemoderne, international wettbewerbs-fähige Beruflichkeit sind

• Betonung des Arbeitszusammen-hanges und des Arbeitsprozesses:Als Arbeitszusammenhang wird inAnlehnung an ein handwerklichesBerufsverständnis ein klar abgrenz-bares und erkennbares Arbeitsfeldverstanden, das aus umfassendenund zusammenhängenden Arbeits-aufgaben besteht und das einen im

Kontext gesellschaftlicher Arbeits-teilung klar identifizierbaren und be-rufliche Identität stiftenden Arbeits-gegenstand aufweist. Zugleichkann so der Grad der horizontalenAufgabenteilung zurückgenommenwerden;

• Rücknahme horizontaler Speziali-sierung durch die Einführung vonKernberufen;

• Erhöhung des Lebenszyklus vonBerufen durch ihre Ablösung vonder Oberfläche technologischerEntwicklungen;

• Ausrichtung an offenen, dynami-schen Berufsbildern. Offene, dyna-mische Berufsbilder müssen:

– im Qualifizierungs- und Bildungs-prozess als exemplarisch für dieberuflichen Arbeitsaufgaben vonFachkräften erfahrbar werden,

– sich ausweiten können im Zugetechnologischer und arbeitsorgani-satorischer Innovationen,

– neue, auch berufs- und berufsfeld-übergreifende Aufgaben aufneh-men können;

– attraktive und allgemein verständli-che Berufsbezeichnungen sein.

Bei der Berufsentwicklung konkurrie-ren mithin zwei Ordnungsprinzipienmiteinander, die unterschiedliche Aus-wirkungen auf die Ausbildungsqua-lität, die Mobilität der Beschäftigtenund vor allem auf die Ausschöpfungder betrieblichen Ausbildungspotenzi-ale haben.

Variante 1 orientiert sich am Prinzipder Entspezialisierung, der Rücknah-me von Ausdifferenzierungen nachFachrichtungen auf der Ebene derOrdnungsmittel und eröffnet zugleichden ausbildenden Betrieben größereGestaltungsspielräume bei der Einbe-ziehung ihrer konkreten Geschäftsfel-der in die Berufsausbildung. Die Neu-ordnung der fahrzeugtechnischen Be-

Felix Rauner

Reformbedarf in der beruflichen Bildung ausinternationaler Perspektive

– Teil II

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76 183

Forum

rufe, der Elektro- und Metallberufefolgt diesen Prinzipien. Sowohl die Be-rufsprofile als auch die Ausbildungs-rahmenpläne sind offen für die anwen-derspezifische Implementierung bran-chenunabhängiger Berufe.

Variante 2 orientiert sich am Prinzipder anwenderspezifischen Spezialisie-rung. So wurde in den letzten Jahreneine Reihe von kaufmännischen Beru-fen für spezifische Anwenderbereicheneu entwickelt. Kaufleute für den Nah-verkehr, das Gesundheitswesen, denTourismus etc. repräsentieren ein Ord-nungskonzept, nach dem eine nahezuunbegrenzte Zahl von „Berufen“,Fachrichtungen und Ausbildungs-schwerpunkten definiert werden kann.

Lernfeldorientierte Berufsbil-dungspläne

Ein grundlegendes Instrument für einekooperative und gestaltungsorientier-te Berufsbildung, mit dem beide An-forderungen miteinander verbundenwerden können, ist ein integrierter Be-rufsbildungsplan. Die gemeinsamenLehr- und Lerninhalte einerseits sowiezugleich der unverwechselbare Bei-trag der dualen Ausbildungspartnerandererseits müssen im integriertenBerufsbildungsplan ihren Nieder-schlag finden.

Mit dem integrierten Berufsbildungs-plan werden zwei Ziele verfolgt:

1. Der berufliche Bildungsprozesswird entwicklungslogisch struktu-riert.

2. Die Inhalte beruflicher Bildung wer-den arbeitsprozessbezogen formu-liert.

Das Arbeitsprozesswissen ist derDreh- und Angelpunkt für eine entwik-klungslogisch angelegte Berufsbil-dung und für integrierte Berufsbil-dungspläne. Das in der praktischenBerufsarbeit inkorporierte Wissen, daswir in Anlehnung an KRUSE (1986) alsArbeitsprozesswissen bezeichnen, hatseine grundlegende Bedeutung fürjegliche Form praktischer Arbeit – obals Kfz-Mechaniker oder als Arzt – be-halten, ganz unabhängig vom Gradder naturwissenschaftlich-techni-

Abb. 1: Systematisierung beruflicher Arbeitsaufgaben nach Stufen zunehmender Arbeitserfahrung

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184 lernen & lehren (l&l) (2004) 76

Forum

schen Durchdringung des Arbeitspro-zesses (vgl. GARFINKEL 1986).

Der integrierte, entwicklungslogischaufgebaute Berufsbildungsplan glie-dert sich nach vier Lernbereichen.

Die Lernbereiche untergliedern sichnach Lernfeldern. In zahlreichen Ent-wicklungsprojekten wurde diesesKonzept mittlerweile erfolgreich um-gesetzt (RAUNER/SPÖTTL 2002).3 Inte-grierte Berufsbildungspläne erlaubenes den ausbildenden Betrieben undden berufsbildenden Schulen, ihre je-weiligen Stärken in eine gemeinsameBerufsausbildung einzubringen.

Stärken betrieblicher Berufsausbil-dung sind die konkreten betrieblichenProzesse und Aufgaben, das Einmali-ge und Besondere der einzelbetrieb-lichen Praxis, verbindliche Qualitäts-kriterien, zeitgebundene Arbeitspro-zesse, verbindliche Normen für Ar-beitssicherheit, Umweltschutz undKundenanforderungen, betrieblicheInnovationen und betriebliche Brenn-punkte: Es gibt kein aufregenderesund effektiveres „Labor“ als die Ar-beitswirklichkeit, wenn man über einKonzept verfügt, die richtigen betrieb-lichen Aufgaben zum richtigen Zeit-punkt für die berufliche Bildung auszu-wählen und zugänglich zu machen!

Die Stärken schulischer Berufsbildungbestehen in den Möglichkeiten, an-knüpfend an die einzelbetrieblichePraxis diese als eine exemplarischeaufzugreifen und die verallgemeiner-baren Inhalte und Kompetenzen imSinne des Berufsbildes stärker zu be-tonen. Die Labore und Fachräumemüssen daher eine hohe experimen-telle Qualität haben. Unabhängig vombetrieblichen Zeitdruck bei der Aufga-benabwicklung kann die Schule, an-knüpfend an Problemen und Frage-stellungen einzelbetrieblicher Praxis,den Dingen auf den Grund gehen. Dieexperimentelle Praxis der Schule hatden großen Vorteil, dass sie eine Krea-tivität herausfordern kann, die dieGrenzen betrieblicher Praxis über-schreitet.

Hier, in der Rückkehr zu einer Lernort-kooperation, die sich auf die jeweili-gen Stärken der Lernorte besinnt undzugleich den Berufsbildungsprozessals einen gemeinsamen begreift, lie-

gen die Prinzipien einer neuen Dua-lität.

Verstärkung des Lernens imArbeitsprozess

Lehr- und Ausbildungswerkstättengalten beinahe ein Jahrhundert langals eine arbeits- und berufspädagogi-sche Errungenschaft zur Erhöhung derAusbildungsqualität. Anders als in derTradition des Handwerks bestimmtebei der Herausbildung der industriel-len Produktion das Leitbild geteilterZuständigkeiten für die planenden undarbeitsvorbereitenden Aufgabendurch das Management und die aus-führenden Tätigkeiten durch Fachar-beiter den organisatorischen Rahmenfür eine ausgeprägte horizontale undvertikale Arbeitsteilung. Dies schlugsich in einer auf ausführende Tätigkei-ten ausgerichteten Berufsausbildungnieder. Daraus resultierte das Konzeptder systematischen Vermittlung vonGrundfertigkeiten in der Form vonLehrgängen und kontextfreien Ausbil-dungsprojekten. Bei fortschreitenderAutomatisierung und der Erhöhungder technologischen Komplexität in-dustrieller Prozesse setzte sich dieEinschätzung durch, dass eine in dieArbeitsprozesse integrierte Ausbil-dung nur noch sehr eingeschränktmöglich ist und eine systematische,durch Ausbildungsmittel und -syste-me gestützte praktische Berufsausbil-dung eine höhere Ausbildungsqualitätverspricht.

Heute gilt diese Entwicklung hin zu ei-ner kontextfreien Ausbildung in Lehr-werkstätten als Fehler, unter dem dieAusbildungsqualität leidet. Das um-fangreiche Modellversuchsprogrammzum dezentralen Lernen, das erfolgrei-che didaktische Konzept der „Lern-und Arbeitsaufgaben“ (HOWE u. a.2001) sowie die Ergebnisse der inter-nationalen empirischen Bildungsfor-schung zum situierten Lernen bestäti-gen, dass das praktische Lernen inLehrwerkstätten, außerhalb realer Ar-beitsprozesse die Ausbildungsqualitätmindert. Die Herausbildung beruf-licher Identität als einer zentralenGrundlage für das berufliche Lernenwird beeinträchtigt. Lernpotenziale re-aler Arbeitsprozesse wurden bzw.werden arbeitspädagogisch weitunterschätzt. Es ist daher zu empfeh-len, das Lernen in inner- und außerbe-

trieblichen Lehrwerkstätten umzuwan-deln in Service-Abteilungen, in denenunter arbeitspädagogischen Gesichts-punkten betriebliche Aufgaben durchdie Auszubildenden bearbeitet wer-den. Alle anderen Formen des experi-mentierenden und lehrgangsförmigenLernens sollten dem Lernort Berufs-schule überlassen bzw. zugeordnetwerden. Durch die Rücknahme ver-schulter Formen der betrieblichen Be-rufsausbildung und ihre Rückverlage-rung in wertschöpfende Arbeit könnendie Ausbildungskosten deutlich ge-senkt und die Ausbildungsqualität er-höht werden. Zur Umsetzung diesesReformkonzeptes wurde am ITB aufder Grundlage zahlreicher Modellver-suche ein leistungsfähiges Instrumentzur Planung und Durchführung der ar-beitsprozessbezogenen Berufsausbil-dung entwickelt: Schriftenreihe Be-rufsbildung und Innovation (Christiani).

Umsetzung des Kooperations-postulates für eine dual-ko-operative Berufsausbildung

Die duale Organisation beruflicher Bil-dung entspricht eher einem verordne-ten Nebeneinander des schulischenund betrieblichen Lernens. Die Unter-suchungen des Bundesinstituts fürBerufsbildung zur Qualität der Lern-ortkooperation sind ernüchternd. Dieimmer wieder als eine Stärke des dua-len Systems herausgestellte Lernort-kooperation findet in der Praxis kaumstatt. Die häufigste Kontaktaufnahmezwischen Lehrern und Ausbildern be-zieht sich auf disziplinarische Maß-nahmen für Auszubildende. „Fällt einAuszubildender in der Berufsschuleaus dem Rahmen“, dann ruft schonmal der Lehrer den Ausbilder an undverabredet Sanktionsmöglichkeiten,die ihm in der Schule versagt sind.

Bereits auf der Ebene der Ordnungs-mittel – der schulischen Rahmenlehr-pläne und der Ausbildungsrahmenplä-ne für die betriebliche Berufsausbil-dung – fehlt ein Dualitätsansatz. DieRealisierung des Kooperationspostu-lates setzt voraus:

• die verantwortliche Einbeziehungder Berufsschule in die Berufsaus-bildung;

• die Umsetzung des Konzeptes inte-grierter Berufsbildungspläne (dasLernfeldkonzept);

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76 185

Forum

• die gemeinsame Ausgestaltung desneuen Bildungsauftrages für einegestaltungsorientierte beruflicheBildung;

• die Realisierung einer neuenGrundbildung, die sich am Novizen-Experten-Paradigma orientiert;

• die Stärkung der Lernortkoopera-tion auf der Grundlage eines lokalenBerufsbildungsdialoges zur dezen-tralen Ausgestaltung der beruf-lichen Bildung;

• ein schlankes, der konkreten Be-rufsausbildung förderliches Prü-fungswesen;

• Einführung der Vorlehre für einenverbesserten Übergang von derSchule in Arbeitswelt;

• Verzahnung der dualen Berufsaus-bildung mit einer dualen Fachschul-ausbildung.

Europäisierung der Berufsbil-dung

Zur Europäisierung der Berufsbildunggibt es keine Alternative. Am Beispieldes europäischen Projekts Car Me-chatronic (Kfz-Mechatroniker) wurdeneine Reihe interessanter Erfahrungenformuliert:

• Begreift man Europa als eine ler-nende Region, dann kann sie mitder Kumulation von Best-Practicewegweisende Innovationen hervor-bringen, auf die sie im internationa-len Qualitätswettbewerb dringendangewiesen ist.

• Das auch für Experten kaum über-schaubare Dickicht der länderspe-zifisch dicht geregelten Berufsbil-dungs- und Arbeitstraditionen stehtin einem krassen Widerspruch zueiner modernen Berufsbildung, diewettbewerbsfähig nur noch als eineeuropäische – für einen europäi-schen Arbeitsmarkt und eine euro-päische Wirtschaftsregion – entwik-kelt werden kann.

• Die Sektorexperten aus Wirtschaftund Wissenschaft in den beteiligteneuropäischen Ländern waren in derLage, aus höchst unterschiedlichenBerufs- und Berufsbildungstraditio-nen im Kfz-Service-Sektor ein euro-päisches Konzept zu entwickelnund – in einem ersten Schritt – ein-zuführen.

Es wird höchste Zeit für Branchen undWirtschaftszweige, die sich längst alseuropäische – und darüber hinaus glo-bale – etabliert haben, wirksame Ver-fahren und Regeln für eine europäi-sche Berufsbildung zu realisieren. Na-türlich beeinträchtigen die nicht mit-einander kompatiblen Berufsbildungs-systeme der EU-Mitgliedsländer dieberufliche Qualifizierung und Mobilitätder Beschäftigten für das europäischeBeschäftigungssystem und den euro-päischen Arbeitsmarkt. Dass z. B. einVW-Audi-Seat-Skoda-Händler- undServicenetz in den EU-Mitgliedslän-dern mit jeweils anderen Kfz-Berufen –in Griechenland waren es bis vor kur-zem 14 (!), in Deutschland sind es fak-tisch nur zwei – und einer höchstunterschiedlichen Berufsausbildungkonfrontiert wird, ist ein Anachro-nismus. Die nationalen Berufs- undBerufsbildungstraditionen beeinträch-tigen die wirtschaftliche Entwicklungin europäischen Schlüsselindustrienund die Mobilität der Beschäftigten.

Anmerkungen1 Teil I dieses Textes ist in lernen & lehren

75 erschienen (S. 131-137).

2 Hier sei v. a. auf vier vom ITB wissen-schaftlich begleitete Modellversuchehingewiesen, in denen das Konzept ei-ner gestaltungsorientierten Berufsbil-dung erprobt und weiterentwickelt wur-de: BLK-Modellversuch „Handlungs-orientierter Fachunterricht in Kfz-Me-chanikerklassen“, Hessen 1982-1986,(WEISENBACH 1988), BLK-Modellver-such „Integration neuer Technologien indem Unterricht berufsbildender Schu-len und Kollegschulen unter besondererBerücksichtigung der Leitidee sozial-und umweltverträglicher Gestaltung vonArbeit und Technik“, 1993-1995 (HEI-DEGGER/ADOLPH/LASKE 1997), BLK-und Wirtschaftsmodellversuche „Ge-staltungsorientierte Berufsbildung imLernortverbund von Klein- und Mittel-betrieben und der Berufsschule“, 1994-1998 (BAUERMEISTER/RAUNER 1996),Modellversuch „Geschäfts- und ar-beitsprozessorientierte, dual-kooperati-ve Ausbildung in ausgewählten Indu-strieberufen mit optionaler Fachhoch-schulreife“ (GAB), Niedersachsen, Hes-sen, Sachsen 1999-2003, gefördertdurch das BIBB (Förderkennzeichen: K2022.00) und die BLK (Förderkennzei-chen: D 2020.00).

3 Vgl. RAUNER/SPÖTTL (2002) und BRE-MER/JAGLA (2000).

Literatur

BAUERMEISTER, L./RAUNER, F.: Berufsbil-dung im Lernortverbund oder Wie manaus der Not eine Tugend machen kann.In: Berufsbildung in Wissenschaft undPraxis (BWP). Jahrgang 25. Heft 6. Bie-lefeld 1996, S. 9 ff.

BREMER, R./JAGLA, H.?H. (Hg.): Berufsbil-dung in Geschäfts- und Arbeitsprozes-sen. Bremen 2000.

GARFINKEL, H. : Ethnomethodological Stu-dies of Work. London u. a. 1986.

HEIDEGGER, G./ADOLPH, G./LASKE, G.:Gestaltungsorientierte Innovation in derBerufsschule. Bremen 1997, S. 19-45.

HOWE, F./HEERMEYER, R./HEUERMANN,H./HÖPFNER, H.-D./RAUNER, F.: Lern-und Arbeitsaufgaben für eine gestal-tungsorientierte Berufsbildung. Berufs-bildung planen und gestalten – Instru-mente und Methoden. Band 1. Bremen2000.

KRUSE, W.: Bemerkungen zur Rolle derForschung bei der Entwicklungs- undTechnikgestaltung. In: Sachverständi-genkommission Arbeit und Technik. Bre-men 1986.

RAUNER, F./SPÖTTL, G.: Der Kfz-Mechatro-niker – Vom Neuling zum Experten. Bie-lefeld 2002.

WEISENBACH, K.: Handlungslernen im Be-rufsschulunterricht. Zur Verbindung vonHandlungs- und Gestaltungsorientie-rung: Ein Beispiel. In: HEIDEGGER,G./GERDS, P./WEISENBACH, K. (Hrsg.):Gestaltung von Arbeit und Technik – einZiel beruflicher Bildung. Frankfurt/NewYork 1988, S. 195–215.

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186 lernen & lehren (l&l) (2004) 76

Forum/Berichte, Rezensionen, Hinweise, Mitteilungen

Schule

Übergang von

der Schule in

die berufliche

Qualifizierung

Übergang in

die Arbeitswelt

(Arbeitsmarkt)

1. Schwelle 2. Schwelle

Abb. 1: Schwellen beim Übergang von der Schule in dieArbeitswelt

Schule

DualeBerufsausbildung

Arbeitswelt(Arbeitsmarkt)

Problemgruppen

1. Schwelle(niedrig)

2. Schwelle(niedrig)

Schüler

Arbeitnehmer

Abb. 4: Modell 3: Regulierter, überlappender Übergang

SchuleSchulische

Berufsbildung

Arbeitswelt(Arbeitsmarkt)

Problemgruppen

1. Schwelle(niedrig)

2. Schwelle(hoch)

Abb. 5: Modell 4: Verschobener Übergang

Hermann Avenarius/JohannesRux:

Rechtsprobleme der Berufs-ausbildung. Zur geltendenRechtslage und zu den Mög-lichkeiten ihrer Änderung

Veröffentlichungen der Max-Traeger-Stiftung, hrsg. von E.-M. Stange, Band41, Juventa Verlag Weinheim undMünchen 2004, ISBN 3-7799-1672-X,104 Seiten, 14,00 EURO.

Vor dem Hintergrund aktueller Re-formdiskussionen im Bereich der be-ruflichen Bildung hat die Max-Traeger-Stiftung auf Initiative der Gewerk-schaft Erziehung und Wissenschaft

setz verankerte Kulturhoheit der Län-der als strikte Begründung dafür, dassdas BBiG nur die Berufsbildung in denBetrieben regeln kann. Alle Versucheeiner Ausweitung bundesgesetzlicherBestimmungen auch auf berufsbilden-de Schulen prallten an diesem starkenArgument ab. Nun zeigen AVENARIUS

und RUX, dass es unter bestimmtenBedingungen und Voraussetzungendurchaus möglich ist, dass der Bunddie Regelungskompetenz auch fürSchulen wahrnimmt.

Dazu analysieren die Autoren im ers -ten Teil des Gutachtens die gegenwär-tig geltenden rechtlichen Rahmenbe-dingungen des Systems der dualenBerufsausbildung. Es zeigt sich eine

(GEW) ein Gutachten über grundle-gende rechtliche Fragen in Auftrag ge-geben. Dieses Gutachten der AutorenHERMANN AVENARIUS und JOHANNES RUX

liegt nunmehr auch als Buchveröffent-lichung vor. Weil in ihm die derzeitnoch gängigen Rechtsauffassungenkritisch beleuchtet werden, ist es fürzukünftige berufsbildungspolitischeEntscheidungen sehr bedeutungsvoll.

Die bekannte Trennung der Hoheitlich-keit dualer Berufsausbildung inBundesrecht für den betrieblichen undLandesrecht für den schulischen Teilberuflichen Lernens wird seit Verab-schiedung des Berufsbildungsgeset-zes (BBiG) 1969 immer wieder betont.Schon damals diente die im Grundge-

Schule

Wenig regulierter(flexibler)

Qualifizierungs-markt

Arbeitswelt(Arbeitsmarkt)

Problemgruppen

1. Schwelle(hoch)

2. Schwelle(hoch)

Schule

Arbeitswelt

(innerbetrieblicher

Arbeitsmarkt)

einzige Schwelle

Abb. 2: Modell 1: Unmittelbarer Übergang Abb. 3: Modell 2: Deregulierter Übergang

Korrigierte Abbildungen aus Teil I dieses Artikels in Heft 75:

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76 187

Berichte, Rezensionen, Hinweise, Mitteilungen

nur schwer zu fassende, weil komple-xe Rechtslage, die zugleich für die„Einmaligkeit“ des deutschen Berufs-bildungssystems wesentlich ist. Im-mer wieder muss hierbei auf dasGrundgesetz Bezug genommen wer-den. Neben weithin bekannten Aussa-gen z. B. zu den Regelungen des Be-rufsbildungsgesetzes und der Hand-werksordnung werden auch Aspektebeleuchtet, die weniger offenkundigsind. So wird beispielsweise auf Grundder Tatsache, dass die Kultusminister-konferenz keine juristische Person desöffentlichen Rechts ist, die diffizile Fra-ge erläutert, „welche Rechtsnatur dievon der KMK gefassten Beschlüssehaben“ (S. 51). Zwar handelt es sichbeispielsweise bei der inhaltlichenGeltung von Rahmenlehrplänen umeine vertragliche Übereinkunft, jedochnicht um Staatsverträge. Man könntesie aber – so die Gutachter – als Ver-waltungsabkommen qualifizieren, dieallerdings, „um wirksam zu werden,noch eines Umsetzungsakts in deneinzelnen Ländern bedürfen“ (S. 52).

Im zweiten Teil des Gutachtens erör-tern die Autoren die neuen Entwick -

lungen im Berufsbildungssystem undden dadurch ausgelösten Normie-rungsbedarf. Sie gehen hierbei vor al-lem der Frage nach, inwieweit „derBund kraft seiner Gesetzgebungs-kompetenz für die berufliche Ausbil-dung Regelungen treffen (kann; Anm.d. Verf.), die auch die der Länderkom-petenz unterworfenen schulischen An-gelegenheiten erfassen“ (S. 67). MitVerweis auf Artikel 72 Abs. 2 desGrundgesetzes diskutieren AVENARIUS

und RUX die beiden grundlegendenBegründungsansätze für eine solcheerweiterte Regelungsbefugnis: wennentweder „die Herstellung gleichwerti-ger Lebensverhältnisse im Bundesge-biet“ oder „die Wahrung der Rechts-und Wirtschaftseinheit im gesamt-staatlichen Interesse eine bundesge-setzliche Regelung erforderlichmacht“ (S. 69). Als Ergebnis resümie-ren die Verfasser, dass dies nur dannzu träfe, wenn es den Kultusministernüber die KMK-Rahmenlehrpläne nichtmehr gelingen würde, dass die Unter-richtsziele und -inhalte in den Ländernim Wesentlichen übereinstimmten (S. 74).

Bevor die Autoren noch die Ergeb-nisse des Gutachtens zusammenfas-sen, erörtern sie einen weiterenAspekt, der auf das deutsche Berufs-bildungssystem künftig wirken wird,bislang aber eher wenig beachtet wur-de: die Konsequenzen aus dem euro-päischen Gemeinschaftsrecht.

Nicht ohne Grund ist dieses Gutach-ten durch die Max-Traeger-Stiftung inihre Veröffentlichungsreihe aufgenom-men worden. Es öffnet den Akteurender Berufsbildungspolitik zum Teil an-dere Sichtweisen und gibt ihnen zu-dem bei Bedarf neue Argumente in dieHand. Die Aktualität der Publikationvor dem Hintergrund z. B. der Diskus-sionen um ein grundlegend novellier-tes Berufsbildungsgesetz und die kriti-sche Sicht auf den vermeintlichen Sta-tus quo sorgen dafür, dass sich derBand von allgemeinen Darstellungenüber das Berufsbildungsrecht deutlichabhebt. Deshalb sollte er auch für ju -ris tische Laien unter den Akteuren derBerufsbildung von großem Interessesein.

Volkmar Herkner

Volkmar Herkner:

Deutscher Ausschuss für tech-nisches Schulwesen. Untersu-chungen unter besonderer Be-rücksichtigung metalltechni-scher Berufe

Studien zur Berufspädagogik, Bd. 7,Hamburg 2003, 465 Seiten, ISBN 3-8300-1032-X.

Um es vorwegzunehmen: Mit diesemBuch von VOLKMAR HERKNER liegt eineaußerordentlich gründlich recherchier-te und detaillierte Untersuchung zumWirken des Deutsches Ausschussesfür technisches Schulwesen(DATSCH) vor – unter besonderer Be-rücksichtigung der metalltechnischenBerufe und Berufsausbildung. Damitwird eine Lücke in der berufspädago-gischen und berufswissenschaftlichenhistorischen Forschung geschlossen.Die Arbeit ist ein Handbuch, das zurGrundausstattung jedes Berufspäda-gogen, ob als Ausbilder oder Lehrer,als Hochschullehrer oder als Berufs-

bildungsplaner sowie jedes Studieren-den der Berufspädagogik, gehört.

Die ordnungsbezogene Berufsdiskus-sion im Berufsfeld Metalltechnik stehtnunmehr auf einem solide historischrecherchierten Fundament. Mit dieserberufswissenschaftlich akzentuiertenUntersuchung gelingt es dem Autor,am Beispiel der Metallberufe und desim 20. Jahrhundert entstandenen Be-rufsfeldes Metalltechnik das Wirkendes DATSCH in einer bisher nicht vor-liegenden Tiefe auszuleuchten. Inso-fern ist diese Forschungsarbeit nichtnur für das Berufsfeld und die gewerb-lich-technische Wissenschaft Metall-technik von größter Bedeutung, son-dern auch für die berufspädagogischeForschung und Diskussion.

Die aktuelle Bedeutung des Buchesliegt vor allem darin begründet, dassam Beispiel der Metallberufe das Kon-zept der Beruflichkeit, wie es sich ineinem großen gewerblich-technischenBerufsfeld im vorigen Jahrhundertherausgebildet hat, sehr viel klarer zu

Tage tritt, als an der Oberfläche dervielfältig ideologisch geprägten Be-rufsdiskussion zur Realisierung vonAnlernberufen in der Form theoriege-minderter Berufe oder der so genann-ten passgenauen Berufe. Von HERKNER

kann man lernen, dass solche Berufs-konzepte allenfalls in die erste Hälftedes vorigen Jahrhunderts passen,aber nicht in eine Gesellschaft und ineine Ökonomie, die sich mit dem Attri-but "Wissen" ("Wissensgesellschaft"und "knowledge-based economy")schmückt.

Am Beispiel "Fräser" rekonstruiertVOLKMAR HERKNER das Konzept der An-lernberufe, wie es unter den Bedin-gungen der Massenproduktion undder verrichtungsorientierten Formender Arbeitsorganisation in der erstenHälfte des vorigen Jahrhunderts füreine ganze Reihe von metallverarbei-tenden Fertigungsverfahren eingeführtund später zu einem Berufskonzeptumgedeutet wurde. Dem DATSCH warbei der Einführung des "Anlerngan-ges" Fräsen (S. 253) bewusst, dass

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188 lernen & lehren (l&l) (2004) 76

Berichte, Rezensionen, Hinweise, Mitteilungen

die Fertigkeit des Fräsens keinen Be-ruf konstituiert. Dagegen verfügte dasBerufsbild des "Maschinenschlos-sers" – heute würde man dieses Be-rufsbild den Kernberufen zuordnen –auch über die Fähigkeit zum Ausfüh-ren von Fräsarbeiten (S. 240 ff.). HERK -NER verweist in diesem Zusammen-hang auf die "Düsseldorfer Arbeitsta-gung des DATSCH" im Juni 1937, beider "Leitsätze für die Festlegung vonSpezialarbeiterberufen" (angelernteFacharbeiter) und von Anlernberufenunter Hinweis auf das Beispiel desFräsers verabschiedet wurden. Damitwurde vom DATSCH unter dem Drucknationalsozialistischer Berufspolitikeine Entwicklung eingeleitet, mit derbeinahe beliebige Teilfertigkeiten derStatus 'Beruf' zugeordnet wurde, zurEinordnung der Beschäftigten in dasvon den Nationalsozialisten begründe-te Konzept einer umfassenden hierar-chisch geordneten Berufsgemein-schaft, an deren Spitze der "Führer"drohend und an deren unteren Ende

sich diese neue Form der verrich-tungsorientierten Anlernberufe wie -derfand. HERKNER zeigt, dass es sichdabei nicht nur um einen politischenProzess handelte (Kapitel 2.3), son-dern dass die nationalsozialistischeBerufsbildungspolitik auch ihrenNiederschlag in der Arbeits- und Be-rufspädagogik, also in den Inhalten,Zielen und Lernformen beruflicher Bil-dung fand (Kapitel 4).

Spätestens beim Lesen des 5. Kapi-tels, in dem HERKNER die Wirkungender Arbeiten des DATSCH auf die Zeitnach dem Ende des 2. Weltkriegesuntersucht, stellt sich beim LeserNachdenklichkeit ein. Er erfährt, wierelativ nahtlos die in den 1930er- und1940er-Jahren durch den DATSCHund das Reichsinstitut für Berufsbil-dung geprägten Berufs- und Berufs-bildungsstukturen sowohl im Ostenals auch im Westen Deutschlandsnachhaltige Wirkungen hinterlassenhaben. Neben den Arbeiten von KIPP,

SEUBERT und WOLSING, um nur einigeBerufspädagogen zu nennen, liegtnun erstmals eine Untersuchung vor,die aus berufswissenschaftlicher Sichtnachweist, wie politische Entwicklun-gen zuletzt auch die Inhalte und For-men beruflicher Bildung prägen. Fürden jüngsten Versuch, unterhalb derneu geordneten KFZ-Berufe einenzweijährigen Anlernberuf einzuführen,lassen sich bei HERKNER jedenfalls we-der berufspädagogische noch berufs-wissenschaftliche Gründe finden.

Es bleibt zu hoffen, dass die Untersu-chung von HERKNER nicht nur viele Le-ser erreicht, sondern dass sie andereWissenschaftler ermutigt, die Ge-schichte der Berufe und Berufsfelderweiter zu erforschen als eine wichtigeVoraussetzung für die Berufsentwick -lung unter den Bedingungen sich be-schleunigender Innovationen und derHerausbildung nationaler Berufsbil-dungsstrukturen.

Felix Rauner

Call for PapersFachtagung der BAG Metalltechnik im Jahr 2005

„Aus- und Weiterbildung in europäischen Bildungsstrukturen“

17. und 18. Juni 2005 in Weilburg

Ort: Staatliche Technikerschule Weilburg

Europäische Perspektiven der Aus- und Weiterbildung stehen im Fokus der Fachtagung 2005. Sie bestimmen die Diskus-sion und die Entwicklung der Ordnungsmittel im Zuge der Umstrukturierung deutscher Berufsbildungslandschaften. Ins-besondere aber haben sie Auswirkung auf die Bedingungen des Lernens für die derzeitigen Lerner bzw. Studierenden, de-ren berufliche Zukunft sich in einem europäischen Arbeits- und Beschäftigungsmarkt abspielt.

Wir rufen dazu auf, bis spätestens zum 29. Januar 2005 interessante Beiträge aus den Hochschulen, Schulen, Betriebenund Projekten zu den Themen

1. Ausbildung im europäischen Kontext – die Folgen des Kopenhagen Prozesses

2. Doppelqualifikation – duales System und Fachhochschulreife

3. Nachhaltigkeit in der beruflichen Bildung durch Systemkompetenzen

4. Weiterbildung zum Techniker – eine Pole-Position in Europa?

5. Selbstständige Schule und unternehmerisches Denken

an die nachfolgende Adresse einzureichen: Prof. Dr. Georg Spöttl, Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik – biat, Auf demCampus 1, 24943 Flensburg, Tel. 0461-805-2149, e-Mail: [email protected]

Bitte schicken Sie eine Kurzfassung Ihres Beitrages von maximal einer Seite mit der Zuordnung zu den Themenblöcken (1.,2., 3. ...), sowie zu den Kategorien wie Versorgungs-, Produktions- und Kfz-Technik. Die Beiträge werden nach Zusendungbis spätestens 12. März 2005 ausgewählt. Zum gleichen Termin erfolgt die Benachrichtigung der Vortragenden.

Aktualisierte Tagungsinformationen gibt es unter http://www.bag-metalltechnik.de

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lernen & lehren (l&l) (2004) 76 189

Berichte, Rezensionen, Hinweise, Mitteilungen

FACHTAGUNG

Elektrotechnik-Informatik 2005Der Geschäftsprozess als Leitlinie für die Umsetzung

der Lehrpläne in den Elektro- und IT-Berufen

München, 04. und 05. März 2005Die Fachtagung der BAG setzt die zuletzt im Rahmen der Hochschultage Berufliche Bildung in Darmstadt geführte Dis -kussion zur Neuordnung der handwerklichen und industriellen Elektroberufe fort.

Die Ausbildungsrahmenpläne werden nach einer neuen Zeitrahmenmethode und die Lehrpläne nach dem neuen Lernfeld-konzept entwickelt. Viele Fragen sind offen, die einer Beantwortung bedürfen. Hier nur einige:

• Wie können die gemeinsamen Kernqualifikationen bereits nach 18 Monaten geprüft werden?

• Welche Rolle spielen die bis zu diesem Zeitpunkt vermittelten Fachqualifikationen?

• Entsprechen gleiche Lernfelder für alle Berufe im 1. Jahr diesem Modell?

• Wie kann man Unterricht in der Berufsschule organisieren, der dem Modell entspricht?

Wir versuchen, erste Antworten zu geben!

Die Fachtagung wird durchgeführt in Zusammenarbeit mit den beruflichen Schulen an der Bergsonsstraße, Berufsschulefür Informationstechnik, Berufsschule für Industrieelektronik, Berufsschule für elektrische Anlagen und Gebäudetechnik,Technische Universität München und ausgewählten Münchner Betrieben.

Die Fachtagung bietet:

Begegnungen mit Auszubildenden, Ausbildern vor Ort in Betrieben, „Unterricht live“ an den Berufsschulen – Erfahrungs-austausch mit Lehrern, Workshops, Gemeinsames Abendprogramm am Freitagabend

Call for Papersder Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung Elektrotechnik-Informatik

zur Fachtagung am 04. und 05. März 2005 in München

„Der Geschäftsprozess als Leitlinie für die Umsetzung der Lehrpläne in den Elektro- und IT-Berufen“

Der Vorstand der BAG Elektrotechnik-Informatik ruft dazu auf, Beiträge aus Schulen, Betrieben und Projekten zu den Themen der Workshops bis spätestens 15. Januar 2005 an die nachfolgende Emailadresse einzureichen:

[email protected].

Erbeten wird eine Kurzfassung des Beitrages von max. einer Seite mit der Zuordnung zu einem der Workshops.

Die Beiträge werden bis spätestens 30. Januar 2005 ausgewählt. Zum gleichen Termin erfolgt die Benachrichtigung derVortragenden.

Geplant sind Workshops zu geschäftsprozessorientierten Konzepten der Lernfeldumsetzung in Schule und Betrieb in:

• den industriellen Elektroberufen ( Schwerpunkt 2. Ausbildungsjahr)

• den handwerklichen Elektroberufen (Schwerpunkt 2. Ausbildungsjahr)

• den IT-Berufen

Über den aktuellen Stand der Tagungsvorbereitung können Sie sich ab sofort kontinuierlich unterwww.bag-elektrotechnik-informatik.de informieren.

Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft Elektrotechnik-Informatik erhalten bei neuen Informationen über ihre E-Mail-Adresse der BAG einen entsprechenden Hinweis auf die NEWS.

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GTW vergibt Wissenschaftspreis 2004 „Gewerblich-technische Wissenschaften“

Die Arbeitsgemeinschaft Gewerblich-Technische Wissenschaften und ihre Didaktiken (GTW) in der Gesellschaft für Ar-beitswissenschaft e. V. (GfA) hat u. a. sich der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses verpflichtet. Eine erste Ak-tion war die Ausschreibung eines Wissenschaftspreises. Im Rahmen ihrer Herbstkonferenz 2004 wurde der von FESTO ge-sponserte Wissenschaftspreis „Gewerblich-technische Wissenschaften“ verliehen. Ausgewählt wurden je zwei Disserta-tionen und Examensarbeiten, die einen thematischen Schwerpunkt im Bereich der Arbeits-, Bildungs- und Technikwissen-schaften einnehmen. Erfreulicherweise konnten insgesamt 20 Arbeiten, die mit durchweg sehr gutem Ergebnis von unter-schiedlichen Hochschulen vorgeschlagen worden sind, in die engere Wahl aufgenommen werden. Nach Beratung und Be-schlussfassung einer von der GTW gebildeten Auswahlkommission (Prof. JENEWEIN, Magdeburg; Prof. VOLLMER, Hamburg;Prof. PAHL, Dresden; Prof. PANGALOS, Hamburg und Prof. HEINEN, Wuppertal) wurden die folgenden Arbeiten ausgezeichnet:

Vergabe des GTW-Wissenschaftspreises 2004 auf der GTW-Herbstkonferenz an der TU Hamburg-Harburg (von links: Preis-träger Karpe, FESTO-Geschäftsführer Dr. Niehaus, GTW-Sprecher Prof. Jenewein, Preisträger Prof. Becker, Dr. Howe, Looft)

Berichte, Rezensionen, Hinweise, Mitteilungen

190 lernen & lehren (l&l) (2004) 76

Neben der Exzellenz der Arbeiten war Entscheidungskriterium u. a. auch der Aspekt, dass durch die ausgewählten Arbei-ten charakteristische Arbeits- und Forschungsschwerpunkte der gewerblich-technischen Wissenschaften und ihrer Di-daktiken repräsentiert werden. Die Analyse betrieblicher Arbeitsprozesse im Bereich der beruflichen Facharbeit, die Ent-wicklung der Ausbildungsberufe und des beruflichen Ausbildungssystems in einem technischen Berufsfeld, die Bearbei-tung neuer bildungspolitischer Fragestellungen in Verbindung mit einer kompetenzfördernden Medienentwicklung undneuen mediengestützten Lernformen sowie die Umsetzung ordnungspolitischer Modernisierungsstrategien in die Ausbil-dungsarbeit der berufsbildenden Schulen bilden nach Überzeugung der Kommission höchst bedeutsame Handlungsfelderfür wissenschaftliche Praxis- und Untersuchungsfelder in den gewerblich-technischen Wissenschaften und ihren Didakti-ken.

Besonderer Dank der GTW geht an die Firma Festo Didactic GmbH & Co. KG, mit der sich ein namhafter Technologie- undLehrmittelhersteller bereit gefunden hat, die Preisverleihung finanziell zu unterstützen. Die GTW beabsichtigt, die Aus-schreibung des Wissenschaftspreises in Zukunft zu einer festen Einrichtung zu machen und den Preis regelmäßig im Rah-men ihrer zweijährigen Herbstkonferenzen zu vergeben.

Die GTW ruft die an den deutschsprachigen Universitätsstandorten tätigen Fachkolleginnen und -kollegen daher auf, sichin Zukunft noch zahlreicher mit Vorschlägen exzellenter und innovativer Dissertationen und Diplomarbeiten an dem Aus-wahlverfahren zu beteiligen und bittet für das Ausschreibungsverfahren 2006 bereits heute um diesbezügliche Disposition.

Preisträger 2004 im Bereich Dissertationen:DR. FALK HOWE: „Die Genese der Elektroberufe“ (vorgeschla-gen von der Universität Bremen, Institut Technik und Bil-dung, Betreuer: Prof. DR. FELIX RAUNER)

Preisträger 2004 im Bereich Diplomarbeiten:ANDREA LOOFt: „Mit Wänden Räume schaffen – Gestaltungvon Handlungsräumen für Auszubildende im bautechni-schen Lernfeld Planung und Konstruktion von Außenwän-den“ (vorgeschlagen von der Universität Hamburg, Institutfür Berufs- und Betriebspädagogik, Betreuer: Prof. DR.KLAUS STRUVE)

Prof. DR. MATTHIAS BECKER: „Diagnosearbeit im Kfz-Hand-werk als Mensch-Maschine-Problem“ (vorgeschlagen vonder Universität Flensburg, Berufsbildungsinstitut Arbeit undTechnik, Betreuer: Prof. DR. GEORG SPÖTTL)

STEFAN KARPE: „Entwicklung von Kompetenzen zum nach-haltigen Gestalten von Produktionsprozessen – Konzeptionund exemplarische Realisierung eines Lernsystems auf derBasis von Computersimulationen“ (vorgeschlagen von derOtto-von-Guericke-Universität Magdeburg, IBBP, Betreuer:Prof. DR. KLAUS JENEWEIN)

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Autorenverzeichnis

Autorenverzeichnis

Adolph, Gottfried Prof. Dr., Schwerfelstr. 22, 51427 [email protected]

Birr, KatrinIndustriemechanikerin, Altenloh,Brinck & Co., Kölner Strasse 600,58285 Gevelsberg. (zu erreichen überAusbildungsleiter Hans-Jürgen Barth:[email protected]/799227)

Bornefeld, GeroZentrum für Lern- und Wissensma-nagement und Lehrstuhl Informatik imMaschinenbau, RWTH Aachen, Den-newartstraße 27, 52068 Aachen,0241/8091163,[email protected]

Dehnbostel, PeterProf. Dr., Universität der Bundeswehr,Fachbereich Pädagogik, Holstenhof-weg 85, 22043 Hamburg, 040/ 65412801,[email protected]

Haasler, BerndDr., wissenschaftlicher Assistent, In-stitut Technik und Bildung, UniversitätBremen, Am Fallturm 1, 28359 Bre-men, 0421/2189013,[email protected]

Herkner, VolkmarDr. phil., wissenschaftlicher Mitarbei-ter, Institut für Berufliche Fachrichtun-gen, Technische Universität Dresden,01062 Dresden, 0351/[email protected]

Meyer, KerstinUniversität Bremen, Institut Technikund Bildung (ITB), Am Fallturm 1,28359 Bremen,[email protected]

Müller, Dirk John Deere Werke Bruchsal, Indus -triestr. 27, 76646 Bruchsal, 07251/ 9242505, [email protected]

Novak, Hermann Dipl. Soziologe, Projektbüro für inno-vative Berufsbildung, Personal- undOrganisationsentwicklung, HermannNovak + Partner, Osterholzstrasse 64,89522 Heidenheim, 07321/20135,[email protected]

Rauner, FelixProf. Dr., Universität Bremen, InstitutTechnik und Bildung (ITB), Am Fall-turm 1, 28359 Bremen,[email protected]

Rittmeyer, Waltergeschäftsführender Gesellschafter,Feintechnik R.Rittmeyer GmbH, Höl-tenweg 103, 48155 Münster, 0251/961150, [email protected]

Spöttl, GeorgProf. Dr., Berufliche FachrichtungMetalltechnik, BerufsbildungsinstitutArbeit und Technik – biat, UniversitätFlensburg, Auf dem Campus 1, 24943Flensburg, [email protected]

Stuber, Franz Prof. Dr., Professur für Technikwis-senschaft an der FachhochschuleMünster, Leonardo-Campus 7, 48149Münster, [email protected]

Unger, Helga Dr. rer. nat., MA&T Sell und PartnerGmbH, Karl-Carstens Str. 1, 52146Würselen/Aachener Kreuz,02405/45520, [email protected]

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Hinweise

Ständiger Hinweis

Bundesarbeitsgemeinschaft Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik

Alle Mitglieder der BAG Elektrotechnik-Informatik und der BAG Metalltechnik müssen eine Einzugsermächtigung ertei-len oder zum Beginn eines jeden Kalenderjahres den Jahresbeitrag (zur Zeit 27,- EUR eingeschlossen alle Kosten fürden verbilligten Bezug der Zeitschrift lernen & lehren) überweisen. Austritte aus der BAG Elektrotechnik-Informatik bzw.der BAG Metalltechnik sind nur zum Ende eines Kalenderjahres möglich und müssen drei Monate zuvor schriftlich mit-geteilt werden.

Die Anschrift der Geschäftsstelle der Bundes arbeits -gemeinschaft Elektrotechnik-Informatik lautet:

BAG Elektrotechnik-Informatik

Geschäftsstelle, z. H. Herrn A. Willi Petersen

c/o biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik

Auf dem Campus 1

24943 Flensburg

Tel.: 0461 / 805 2155

Fax: 0461 / 805 2151

Konto-Nr. 7424025,

Kreissparkasse Pinneberg (BLZ 221 514 10).

Die Anschrift der Geschäftsstelle der Bundesarbeits -gemeinschaft Metalltechnik lautet:

BAG Metalltechnik

Geschäftsstelle, z. H. Herrn Michael Sander

c/o Forschungsgruppe Praxisnahe Berufsbildung (FPB)

Wilhelm-Herbst-Str. 7

28359 Bremen

Tel.: 0421 / 218 4924

Fax: 0421 / 218 4624

Konto-Nr. 10045201,

Kreissparkasse Verden (BLZ 291 526 70).

Beitrittserklärung

Ich bitte um Aufnahme in die Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung

Elektrotechnik-Informatik e. V. bzw. Metalltechnik e. V.

Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt z. Z. 27,- EUR. Auszubildende, Referendare und Studenten zahlen z. Z. 15,- EURgegen Vorlage eines jährliches Nachweises über ihren gegenwärtigen Status. Der Mitgliedsbeitrag wird grundsätzlichper Bankeinzug abgerufen. Mit der Aufnahme in die BAG beziehe ich kostenlos die Zeitschrift lernen & lehren.

Name: .....................................................................................Vorname: .........................................................................

Anschrift: ..........................................................................................................................................................................

E-mail: ..............................................................................................................................................................................

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Ermächtigung zum Einzug des Beitrages mittels Lastschrift:

Kreditinstitut: ..........................................................................................................................................

Bankleitzahl: .....................................Girokonto-Nr.: ..............................................................................

Weist mein Konto die erforderliche Deckung nicht auf, besteht für das kontoführende Kreditinstitut keine Verpflichtung zur Einlösung.

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Garantie: Diese Beitrittserklärung kann innerhalb von 10 Tagen schriftlich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fach-richtung Elektrotechnik-Informatik e. V. bzw. der Fachrichtung Metalltechnik e. V. widerrufen werden. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügtdie Absendung innerhalb dieser 10 Tage (Poststempel). Die Kenntnisnahme dieses Hinweises bestätige ich durch meine Unterschrift.

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Bitte absenden an:BAG Elektrotechnik-Informatik e. V., Geschäftsstelle:biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik, z. H. HerrnA. Willi Petersen, Auf dem Campus 1, 24943 Flensburg.

BAG Metalltechnik e. V., Geschäftsstelle:Forschungs gruppe Praxisnahe Berufsbildung (FPB), z. H.Herrn Michael Sander, Wilhelm-Herbst-Str. 7, 28359 Bremen.

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lernen & lehren

Eine Zeitschrift für alle, die in

Betrieblicher Ausbildung,Berufsbildender Schule,

Hochschule und Erwachsenenbildung sowieVerwaltung und Gewerkschaften

im Berufsfeld Elektrotechnik-Informatik/Metalltechnik tätig sind.

Inhalte:

- Ausbildung und Unterricht an konkreten Beispielen- Technische, soziale und bildungspolitische Fragen beruflicher Bildung

- Besprechung aktueller Literatur- Innovationen in Technik-Ausbildung und Technik-Unterricht

lernen & lehren erscheint vierteljährlich, Bezugspreis EUR 25,56 (4 Hefte) zuzüglich EUR 5,12 Versandkosten (Ein-zelheft EUR 7,68).

Von den Abonnenten der Zeitschrift lernen & lehren haben sich allein über 600 in der Bundesarbeitsgemeinschaft fürBerufsbildung in der Fachrichtung Elektrotechnik-Informatik e. V. sowie in der Bundesarbeitsgemeinschaft für Be-rufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V. zusammengeschlossen. Auch Sie können Mitglied in einer derBundesarbeitsgemeinschaften werden. Sie erhalten dann lernen & lehren zum ermäßigten Bezugspreis. Mit der bei-gefügten Beitrittserklärung können Sie lernen & lehren bestellen und Mitglied in einer der Bundesarbeitsgemein-schaften werden.

Folgende Hefte sind noch erhältlich:

57: Die Inbetriebnahme

58: Lernfelder in technisch-ge-werblichen Ausbildungsberufen

59: Auf dem Weg zu dem Berufs-feld Elektrotechnik/Informatik

60: Qualifizierung in der Recycling-und Entsorgungsbranche

61: Lernfelder und Ausbildungsre-form

62: Arbeitsprozesswissen – Lern-felder – Fachdidaktik

63: Rapid Prototyping

64: Arbeitsprozesse und Lernfelder

65: Kfz-Service und Neuordnungder Kfz-Berufe

66: Dienstleistung und Kunden-orientierung

67: Berufsbildung im Elektrohand-werk

68: Berufsbildung für den informa-tisierten Arbeitsprozess

69: Virtuelles Projektmanagement

70: Modellversuchsprogramm„Neue Lernkonzepte“

71: Neuordnung der Elektroberufe

72: Alternative Energien

73: Neue Technologien und Unter-richt

74: Umsetzung des Lernfeldkon-zeptes in den neuen Berufen

75: Neuordnung der Metallberufe

Bezug über:Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft GmbHPostfach 1559, 38285 WolfenbüttelTelefon (05331) 80 08 40, Fax (05331) 80 08 58

Von Heft 16: „Neuordnung im Handwerk“ bis Heft 56: „Gestaltungsorientierung“ ist noch eine Vielzahl von Heften erhältlich. Informationen über: Donat Verlag, Borgfelder Heerstraße 29, 28357 Bremen, Telefon (0421) 27 48 86, Fax (0421) 27 51 06