4
Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report über Völker in Not by François Jean Review by: O. Kimminich Archiv des Völkerrechts, 35. Bd., 3. H. (September 1997), pp. 345-347 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40799009 . Accessed: 18/06/2014 14:29 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.229.203 on Wed, 18 Jun 2014 14:29:47 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report über Völker in Notby François Jean

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report über Völker in Notby François Jean

Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report überVölker in Not by François JeanReview by: O. KimminichArchiv des Völkerrechts, 35. Bd., 3. H. (September 1997), pp. 345-347Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40799009 .

Accessed: 18/06/2014 14:29

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archivdes Völkerrechts.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 91.229.229.203 on Wed, 18 Jun 2014 14:29:47 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report über Völker in Notby François Jean

Besprechungen 345

1. Allgemeine Informationen (Unterzeichnungen und Ratifikationen der EMRK, Vor- behalte und Erklärungen, Annahme von Fakultativklauseln usw.); 2. Europäische Men- schenrechtskommission (Informationen über Zusammensetzung, Organisation und Tätigkeit sowie Auszüge aus 12 Entscheidungen und 3 Berichten und schließlich einer Liste der angenommenen Beschwerden); 3. Europäischer Gerichtshof für Menschen- rechte (mit Auszügen aus 40 Entscheidungen, neben den allgemeinen Informationen wie zur Kommission); 4. Aktivitäten des Ministerkomitees bezüglich der Anwendung der EMRK (mit 20 Resolutionen gemäß Art. 12 und 15 Resolutionen gemäß Art. 54 EMRK); 5. Andere Aktivitäten des Europarats bezüglich der EMRK (gegliedert nach den Organen, unter Einschluß der Kolloquien und Seminare); 6. Die EMRK in den Mit- gliedstaaten. Der letztgenannte Abschnitt war bisher noch in keinem der Berichtsbände sehr umfangreich. Im Band 34 füllt er knapp 50 Seiten. Über legislative Akte wird aus 8 Staaten berichtet (Österreich, Belgien, Tschechoslowakei, Finnland, Deutschland, Ungarn, Türkei, Großbritannien), aus 11 Staaten (Österreich, Belgien, Finnland, Deutschland, Ungarn, Italien, Luxemburg, Schweden, Schweiz, Großbritannien, Türkei) finden sich Zusammenfassungen von Gerichtsentscheidungen. Aus den Gremien der Europäischen Gemeinschaften (Europäisches Parlament, Europäischer Rat) ist auch für 1991 wenig zu berichten. Im Mittelpunkt steht die Erklärung des Europäischen Rats über Menschenrechte vom 29. 6. 1991. Wie üblich, gehört zum Berichtsband auch eine Liste der Arbeitspapiere und der Sitzungsberichte der Parlamentarischen Versammlung sowie eine Auswahlbibliographie.

Kimminich

Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report über Völker in Not.

Hrsg. von François Jean. Bonn: Verlag J. H. W. Dietz. 1994, 221 S.

Die beiden Untertitel des Buches geben dessen Inhalt treffender wieder als der Titel. Hier rufen nicht in Bedrängnis geratene Helfer um Hilfe. Zwar ist das Buch tatsächlich von Helfern geschrieben, aber sie beklagen sich nicht, sondern informieren nur über Tatsachen, zeigen die Komplexität und Unzulänglichkeit des geltenden Rechts auf und machen Vorschläge zu Problemlösungen, einschließlich der Fortentwicklung des Völkerrechts. Letztere stehen hier im Vordergrund. Doch benötigen die Völkerrechtler auch die Sach- informationen. Diese werden detailliert über die folgenden Krisengebiete präsentiert: Sudan, Afghanistan, Tadschikistan, Kaukasus, Liberia, El Salvador, Angola, Kambodscha, Bosnien- Herzegowina, Somalia.

Allein die Länderberichte würden die Erwähnung in einer völkerrechtswissenschaftlichen Zeitschrift rechtfertigen. Sie bilden das Kernstück des Buches, dessen besonderer Wert für den Völkerrechtler aber in der Einleitung des Herausgebers und in den 5 Experten-Analysen liegt, die den Länderberichten folgen. Die Autoren dieser Experten- Analysen sind Mitglieder der weltweit bekannten Hilfsorganisationen „Ärzte ohne Grenzen" (Médecins Sans Frontières), der Herausgeher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter dieser Organisation. An den Texten haben ferner erfahrene Wissenschaftler und Journalisten mitgearbeitet, deren Namen im Anhang aufgezählt werden.

Der Vorsitzende des Internationalen Rates von Médecins Sans Frontières, Jacques de Militano, umreißt im Vorwort die Absicht der Publikation. Sie will auf die Probleme auf- merksam machen, die durch den Wandel des Völkerrechts und der politischen Rahmen- bedingungen entstanden sind. Seit der Gründung des Roten Kreuzes haben freiwillige Mitarbeiter der humanitären Organisationen die kriegführenden Armeen auf die Schlacht-

This content downloaded from 91.229.229.203 on Wed, 18 Jun 2014 14:29:47 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report über Völker in Notby François Jean

346 Besprechungen

felder begleitet, um die Opfer zu evakuieren und zu versorgen. „Heute ist es umgekehrt: Die Armeen 'eskortieren' die freiwilligen Helfer! Dieses neue Engagement der Militärs im huma- nitären Bereich hat eine regelrechte Büchse der Pandora geöffnet" (S.8).

Was aus dieser Büchse entwichen ist, wird im Vorwort deutlich gesagt, und zwar gleich in Zuspitzung auf die Fragen des Völkerrechts und der internationalen Politik. Die rasant zu- nehmenden Aktivitäten der UNO - in den vier Jahren von 1988 bis 1992 hat die UNO eben- so viele Operationen durchgeführt wie in den davorliegenden 40 Jahren, und seither hat sich die Zahl der Blauhelme nochmals verdoppelt - werden mit den Unzulänglichkeiten der or- ganisatorischen Struktur und der Rechtsgrundlagen der Weltorganisation in Vergleich ge- setzt. „Mangels einer vorbeugenden Politik gewinnt das Problem der Intervention, vor allem des Militäreinsatzes, zentrale Bedeutung. Heute, da die Zahl der Einsätze in Krisengebiete ohne Zustimmung der Kontrahenten wächst, müßte sich die Weltorganisation auf ganz neue Spielregeln einstellen, auf die sie schlecht vorbereitet ist" (S. 24). „Die Nachfrage nach Schutz ist weit größer als das Angebot an Interventionen, und trotz der Universalität der Werte, auf die sie sich beruft, bleibt die internationale Mobilisierung selektiv. Die Kriterien dabei sind politische Interessen, Medienwirksamkeit und der Druck der öffentlichen Meinung" (S. 26). Daß das Urteil über die Vorgänge in Bosnien besonders negativ ausfällt, wird niemanden ver- wundern: „In Bosnien waren die Friedenstruppen machtlos, so daß die humanitäre Hilfe den Prozeß der 'ethnischen Säuberung' eher begleitete als daß sie ihn eindämmte" (S. 31). Aber auch Somalia habe gezeigt, wie schwer humanitäres Vorgehen mit militärischer Logik in Einklang zu bringen ist. In beiden Fällen wurde das Problem noch dadurch verschärft, daß kein klares politisches Konzept vorlag" (S. 31 f.).

Die Länderberichte zeigen die Vielgestaltigkeit der Probleme der humanitären Hilfe in den verschiedenen Regionen, aber auch die Einheitlichkeit der Grundprobleme. Wieder ist die Bilanz in bezug auf Bosnien besonders traurig: „Alle Initiativen der internationalen Staatengemeinschaft zeugen von Unbeweglichkeit, Unentschlossenheit und sind geprägt von der Kluft zwischen dem hehren Anspruch der verabschiedeten Resolutionen und ihrer völlig unzulänglichen Verwirklichung" (S. 125). Als „Paradebeispiel" wird die Resolution 781 des Sicherheitsrats vom 9. Oktober 1982 erwähnt, mit der ein Flugverbot über Bosnien- Herzegowina verhängt wurde. Erst nach 6 Monaten und 500 Verletzungen des bosnischen Luftraums beschloß der Sicherheitsrat, seinen früheren Beschluß anzuwenden.

Die Darstellung und Bewertung der traurigen Tatsachen stellt aber nur den Hintergrund für die bereits erwähnten Experten- Analysen dar, in denen die Rechtsprobleme der huma- nitären Hilfe erörtert werden. Hier geht es zunächst um die Grundproblematik des militäri- schen Schutzes für humanitäre Hilfsaktionen und die Rechtsstellung der nichtstaatlichen Helfer und Hilfsorganisationen. Daß diese Grundproblematik, auf die schon vor Jahrzehnten aufmerksam gemacht worden ist (vgl. Otto Kimminich, Humanitäres Völker- recht - Humanitäre Aktion, München/Mainz 1972) bis heute noch ungelöst geblieben ist, hat katastrophale Folgen. Aber die Probleme sind lösbar, wie auch Jean-Christophe Rufin hervorhebt: „Die neuen Konflikt-Zusammenhänge stellen die NGOs vor Probleme, die nicht unüberwindbar sind. Zunächst glaubte man, daß angesichts so komplexer Situationen wie in Somalia oder Jugoslawien die Zeit der NGOs abgelaufen sei, und daß sich nun - Schutz verpflichtet - die Armeen auf der humanitären Szene durchsetzen würden. Dies ist ein Fehlschluß. Die militärische Sicherung der Hilfsaktionen durch fremde Streitkräfte ist ei- ne tödliche Falle, in der jede humanitäre Arbeit in einer politisch-militärischen Logik unter- zugehen droht, die den Stab über sich bricht" (S. 164). Warum das so ist, wird in dem darauf- folgenden Beitrag, in dem auch die interessante Frage „Wie wird eine Krise zum internatio- nalen Ereignis?" erörtert wird, mit aller Deutlichkeit dargelegt. Im Anschluß daran kommt die Analyse auf den Kern der Sache: die Menschenrechte als Herausforderung für die sou- veränen Staaten. Die in diesem Zusammenhang erhobene Forderung nach einer Zurück- drängung der Staatssouveränität ist in der Völkerrechtsliteratur schon häufig erhoben wor-

This content downloaded from 91.229.229.203 on Wed, 18 Jun 2014 14:29:47 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Helfer im Kreuzfeuer. Humanitäre Hilfe und militärische Intervention. Ein Report über Völker in Notby François Jean

Besprechungen 347

den. Im Einklang mit der herrschenden Völkerrechtslehre steht aber auch die in diesem Buch eindrucksvoll belegte Warnung vor einem „humanitären Interventionismus", der einzelnen Staaten oder Staatengruppen das Recht zum militärischen Eingreifen auf dem Territorium ei- nes souveränen Staates gibt. Also spitzt sich das Problem wieder auf die Organisation der kollektiven Machtausübung durch die Vereinten Nationen oder ihrer Regionalorgani- sationen zu. Und hier bietet das Buch dann doch eine Überraschung: Friedensmissionen und humanitäres Recht werden - aus der Erfahrung der bisherigen Aktionen heraus - als Widerspruch bezeichnet. Man darf sich nicht wundern, daß diejenigen, die solche Aktionen selbst miterlebt haben, zu dem Ergebnis kommen, daß es humanitäre Aktionen gibt, „die ge- gen das humanitäre Recht verstoßen" (S. 193). Aber an keiner Stelle beschränken sich die Analysen auf das Lamentieren. Das Buch ist voll konkreter Vorschläge. So wird z. B. die Rolle der internationalen Gemeinschaft beim Wiederaufbau von Gesundheitssystemen mit Blick auf die Zukunft realistisch untersucht. Die Völkerrechtler, die sich mit allen diesen Problemen beschäftigt haben, könnten sich freuen, daß die von kenntnisreichen Praktikern in ihren Auffassungen bestätigt werden. Aber die Sache selbst bietet keinen Anlaß zur Freude. Trotzdem führt das Buch nicht zwangsläufig zum tiefsten Pessimismus. Nicht nur die Völkerrechtler haben den Ärzten dafür zu danken, daß sie so selbstlos helfen und die bei ihrer Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse auch denjenigen zugänglich machen, die ihre Informationen sonst nur über die Massenmedien beziehen können.

Kimminich

Anne Peters: Das Gebietsreferendum im Völkerrecht. Seine Bedeutung im Licht der Staatenpraxis nach 1989. (Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik und Wirtschaft, hrsg. von Jürgen Schwarze, Bd. 179), Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft. 1990, 562 S.

Auch ohne den im Untertitel enthaltenen Hinweis auf die Aktualität des Buches wäre die- sem das Interesse eines breiten Leserkreises sicher gewesen. Der Völkerrechtler knüpft daran besondere Erwartungen; denn er weiß, wie unsicher, fließend und verworren die Diskussion derjenigen Fragen geworden ist, die mit der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Völker zusammenhängen. Die bewaffneten Konflikte, die im Anschluß an Unab- hängigkeitserklärungen von Teilrepubliken oder autonomen Gebieten früherer Bundes- oder Zentralstaaten ausgebrochen sind, haben die Gegner des Selbstbestimmungsrechts der Völker erneut auf den Plan gerufen und viele Zweifler auf die Seite der Gegner gezogen. Die alten Argumente, mit denen bereits in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg operiert worden ist, werden auf der Grundlage der seither im Völkerrecht vollzogenen Wandlungen und zum Teil mit veränderter Terminologie erneut vorgetragen. Neue Argumente sind hinzugekom- men.

In einer solchen Situation muß zunächst die Terminologie in Ordnung gebracht werden. Dann müssen Rechtslehre und Staatenpraxis der zurückliegenden 75 Jahre mit Blick auf den Wandel der gesamten Völkerrechtsordnung analysiert werden und erst dann kann versucht werden, einen völkerrechtsdogmatischen Rahmen für die Bewältigung der theoretischen und praktischen Probleme der Gegenwart und Zukunft zu finden. Alle diese Aufgaben hat die Autorin mit ihrem Buch - einer preisgekrönten Freiburger Dissertation - glänzend gelöst.

Ein erstes Verdienst dieser auf höchstem wissenschaftlichen Niveau stehenden Arbeit liegt in der Begriffsklärung. Es ist anzunehmen, daß sich von jetzt an der Begriff „gebietsbezoge- nes Referendum", den die Autorin konsequent verwendet, im völkerrechtswissenschaftli- chen Schrifttum durchsetzen wird. Er ist weitgehend identisch mit dem traditionellen Begriff des Plebiszits, deckt sich aber nicht mit dessen salopper Verwendung. Die Gebiets-

This content downloaded from 91.229.229.203 on Wed, 18 Jun 2014 14:29:47 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions