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I Campus Studium Adrienne Windhoff-Heritier Band 570 Poliey-Analyse Eine Einführung Campus Verlag Frankfurt/New York ,......- I d

Heritier Policy Analyse

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Campus Studium Adrienne Windhoff-Heritier Band 570

Poliey-Analyse

Eine Einführung

Campus Verlag Frankfurt/New York

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Inhalt

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

WlndhoffHen'tler, Adrienne.· Policy-Analyse: e. Einf. / Adrienne Windhoff­Heritier - Frankfurt/ Main; New York: Campus Verlag, 1987.

(Campus: Studium; Bd. 570) ISBN 3-593-32570-5

NE: Campus / Studium

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Vetlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, MikroverEilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Copyright © 1987 Campus Verlag GmbH, Frankfurt/ Main Umschlaggestaltung: Atelier Warminski, Büdingen Satz: Eiling & Roth, Oberkaufungen Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg Printed in Germany

Einführung 7

1. Entstehung und Entwicklung der Policy-Analyse 10 2_Begriffserläuterung 17

Erstes Kapitel Policies ­ Politikinhalte: Versuch einer Klassifizierung 21

1. Policy-Typen: Nominalkategorien 21 2. Policy-Typen: Unterscheidung nach Wirkungen 22

Die distributive Policy (23) . Die redistriburive Policy (23)

3. Policy-Typen: Unterscheidung nach Steuerungsprinzipien 27 Gebot/Verbot (28)' Anreiz (29)' Angebot (31)' Überzeugung / Aufklärung (32) . Vorbild (34)

4. Policy-Typen: Unterscheidung nach Beschaffenheit 35 Materielle Leistungen: Das Einkommens- und Finanzhilfe­programm (35)' Das Infrastrukturprogramm (37)' Das Sachprogramm (37) . Immaterielle Leistungen: Soziale Dienstleistungen (38) . Sachbezogene Dienstleistungen (38) Das verhaltensnormierende Programm ohne Leistungscharakter ­Die regulative Policy (39)

5. Die Merkmalsvielfalt von Policies 41

Zweites Kapitel Policy-Netz und Politikarena 43

1. Das Policy-Netz 45 2. Die Politikarena 47

Das Übersetzungsgelenk zwischen Policy und Arena (54)

3. Die Dynamisierung der Analyse 58 4. Die analytische Zusammenführung von Politikarena

und Policy-Netz 61

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Drittes Kapitel Der Policy-Zyklus 64

1. Problemdefinition 67 2. Agenda-Gestaltung 69 3. Politikformulierung 74

Policies: Folgen des politischen Entscheidungsprozesses (75) . Policies: Voraussetzungen des Entscheidungsprozesses (81) . Politik­formulierung als Rahmenentscheidung (83)

4. Politikimplementation 86 Implementation im Policy-Zyklus (89) . Implementation als Prozeß: Ziel- versus Handlungsorientierung (91) . Implementation und ihre Akteute: Organisation, Gruppen, Individuen (92) . Implementation: Das Programmschicksal (97) . Implementation und Programm­verflechtung (103)

5. Termination 105 6. Policy-Reaktion und politische Verarbeitung 111

Viertes Kapitel Policy-Analyse: Wissenschaftliche Politikberatung 115

1. Problemdefinition und Zielauswahl 117 2. Auswahl von Handlungsalternativen 120 3. Implementationsplanung / »Implementation

Estimate« 121 4. Wirkungsanalyse 126 5. Policy-Analyse und politische Praxis 132

Anmerkungen 138 Literatur 151 Glossar 173 Register 178

Einführung

Public Policy als Gegenstand öffentlichen Handelns ist ein unend­lich weites Feld, das von der Rüstungspolitik über den Brückenbau bis hin zur Obdachlosenhilfe reicht. Auch mit dem größten Aufge­bot an Phantasie sind hier keine »natürlichen« Grenzen zu ent­decken, denn als Substrat politischer Entscheidungen kann jeder Lebensbereich einer Gesellschaft dienen. Damit wird Policy-Analy­se, die die Merkmale und Entwicklung einzelner Policies unter­sucht, jedoch » ... really the study of everything...« (Dye 1975: 283; Brewer, de Leon 1983: 7) und droht als Forschungsgegenstand zu zerfließen. Zur Analyse dieses diffusen Gegenstands, »the study of everything«, fühlen sich viele Wissenschaften berufen, unter ihnen die Politikwissenschaft. Worin liegt ihr besonderer Beitrag zu die­sem breiten und vielfältigen Untersuchungsfeld? Auf welcher Brücke finden Policy-Analyse und Politikwissenschaft zueinander?

Ihre Fragestellungen verschränken sich auf einer festen Grundla­ge, die zugleich geeignet ist, den Konturen der Policy-Analyse ­zumindest aus der Sicht der Politikwissenschaft - mehr Schärfe zu verleihen. Die Politikwissenschaft vermag dies zu leisten, indem sie die Fragestellung der Policy-Analyse nach den »Eigengesetzlichkei­ten« spezifischer Policies mit einem Gerüst »traditioneller« politik­wissenschaftlicher Fragestellungen durchzieht und nach dem Zu­sammenhang zwischen politischen Institutionen, politischem Pro­zess und Politikinhalten fragt. Die klassische politikwissenschaftli­che Fragestellung»Wer regiert« wird ausgeweitet zur Frage: »Wer regiert - mit welchen Folgen?« (Clark 1968: 576)

Nicht, daß dies erst in jüngerer Zeit geschähe. Nein, die Fragestel­lung der Policy-Forschung ist aus politikwissenschaftlicher Sicht alt

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und neu zugleich. Alt ist sie, weil sich die Politikwissenschaft seit eh und je mit Politikinhalten (Policies) als dem Stoff politischen Handeins beschäftigt - man denke etwa an Verfassungs- oder Ver­teidigungspolitik; neu, weil diese nun absolut ins Zentrum rücken und der politische Prozeß und politische Institutionen immer nur in Verbindung mit Politikinhalten, sei es als deren Voraussetzun­gen oder deren Folgen, interessieren.

Die Policy-Analyse steht auf zwei ungleichen Beinen. Sie ist einer­seits beschretbend-erklärend, andererseits beratend orientiert. In den Worten eines Begründers: »Die Poliey Sciences befassen sich mit dem Wissen über und für den Entscheidungsprozeß im öffent­lichen und privaten Sektor ...« (Lasswell1971: 1; eig. Übers.). Dar­aus läßt sich nun das besondere Interesse der politikwissenschaftli­chen Forschung an der Policy-Analyse ableiten: Einzelne Policies sollen sowohl in ihrer Tiefenstruktur und in ihrer Besonderheit, als auch in einer breiten systematisierenden Weise erforscht werden, um den Vergleich zwischen verschiedenen Politikinhalten, deren sy­stematische Einbindung in den politischen Prozeßablauf und die politische Strukturanalyse zu ermöglichen. Die gewonnenen Er­kenntnisse sollen tunliehst auch der politischen Praxis zugute kom­men, indem sie die Informationsgrundlagen für politische Ent­scheidungen verbessern.

Das Anliegen dieser Einführung in die Policy-Forschung richtet sich in erster Linie auf die beschreibend-erklärende Policy-Analyse und nur am Rande auf die praktisch-beraterisch orientierte: Die Darstellung zentraler analytischer Kategorien und Untersuchungs­hypothesen soll es ermöglichen, bei aller Vertiefung in die Beson­derheiten einzelner Policies, einen Politikinhalt aus einigen Schrit­ten der Entfernung zu betrachten, ihn mit anderen Politikinhalten zu vergleichen und ihn auf den politischen Prozeßablauf und poli­tische Strukturen zu beziehen. Immer wieder zeigen Erfahrungen an den Hochschulen, daß Studenten sich oft in die Einzelheiten sektoraler Politikinhalte, wie z. B. der Rentenpolitik, so versenken, daß sie in diesem Gebiet zwar zu »kleinen Experten« werden, sich dabei aber in fachpolitischen Einzelheiten verlieren und die großen Bezüge zu anderen Policy-Typen, politischen Institutionen und zum politischen Prozeßablauf nicht mehr herstellen können. Daher soll mit diesem Buch der Versuch unternommen werden, übergrei­

fende Konzepte, Hypothes,n und Klassifikationen zu vermitteln, die es ermöglichen, verschiedene Policy-Bereiche analytisch zu durchdringen.

Die Forschungsrichtung der Policy-Analyse hatte ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten. Nach mehreren]ahrzehnten der Erfah­rung mit der analytischen Policy-Forschung darf das Interesse, das sie in Deutschland geweckt hat, nicht mehr nur als eine amerika­nisch inspirierte Forschungslaune betrachtet werden, die bald wie­der in Vergessenheit geraten wird. Die Policy-Analyse ist eine For­schungsperspektive, die sich mittlerweile fest e~abliert hat und die mit ihrer Betonung der Politikinhalte die Fragestellungen der mehr )traditionell« orientierten Politikwissenschaft in wesentlicher Form ergänzt. In den Vereinigten Staaten läßt sich dies durch die Exi­stenz einer Vielzahl policy-orientierter Forschungs- und Lehrein­richtungen, Policy-Fachzeitschriften und unzählige einschlägige Publikationen dokumentieren. Nach anfänglichem Zögern setzt sich diese Überzeugung gegenwärtig auch bei einem größeren Kreis deutscher Politikwissenschaftler durch. Die Policy-Forschung ist ei­ne Untersuchungsperspektive von Politik, die heute aus Forschung und Lehre nicht mehr wegzudenken ist. In der Deutschen Vereini­gung für Politikwissenschaft wurde unlängst der Versuch unter­nommen, allgemein das Verhältnis der deutschen sowie der ameri­kanischen Policy-Forschung zur »traditionellen« politikwissen­schaftlichen Forschung zu bestimmen, was den Weg zu einer Viel­zahl fruchtbarer Verbindungen von Policy-Politics-Polity-Fragen wies (vgl. Hartwich 1985).

Angesichts des umfassenden Anspruchs der Policy-Analyse als be­schreibend-erklärende und praktisch-beraterische Tätigkeit ist im Rahmen einer Einführung eine deutliche Selbstbescheidung gebo­ten: Die Policy-Forschung in ihrer ganzen Breite ist ein multidiszi­plinäres Untersuchungsprogramm. Von der Vielfalt der Diszipli­nen, die Informationen über und für die Verbesserung politischer Entscheidungsprozesse beibringen können, wird hier nur auf den Beitrag der Politikwissenschaft und ihre Bemühungen um eine po­litikwissenschaftliche Policy-Theorie eingegangen.

Dies soll in vier Schritten erfolgen: Zunächst wird ein Typisie­rungsversuch von Politikinhalten vorgenommen, sein analytischer Nutzen besprochen und anhand von Beispielen verdeutlicht. In ei­

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nem weiteren Schritt werden die analytischen Raster zur Interpreta­tion von Policies, das Policy-Netz und die Politikarena Gegenstand der Untersuchung sein, um in dem sich anschließenden dritten Schritt dann Politikinhalte, Policy-Netz und Politikarena in Ver­bindung mit den verschiedenen Phasen des Politikzyklus zu disku­tieren und den analytischen Nutzen einer phasenorientierten Poli­cy-Analyse zu erörtern. Sind die drei ersten Kapitel der beschrei­bend-erklärenden Policy-Forschung gewidmet, so wendet sich das letzte Kapitel schließlich der beratungsorientierten Policy-Analyse zu.

Ein wichtiger Hinweis sei hier noch erlaubt: Als junges For­schungsprogramm befindet sich die Policy-Analyse noch in einer ungefestigten, gewissermaßen fließenden begrifflichen und theore­tischen Situation. Dies führt einerseits dazu, daß manche Begriffe unterschiedlich definiert und verwendet werden, erlaubt anderer­seits jedoch noch den gestaltenden Zugriff.

1. Entstehung und Entwicklung der Poliey-Analyse

Als Väter der Policy Sciences und Urheber der Policy-Sciences-Be­wegung gelten Daniel Lerner und Harold D. Lasswell. Sie brachten in ihrem Buch»The Policy Sciences. Recent Developments in Scope and Method« (1951) ihr Unbehagen gegenüber der Zersplitterung wissenschaftlichen Denkens in der Nachkriegszeit zum Ausdruck und riefen im Namen einer verstärkten Policy-Problemorientierung zur Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaften auf. Die Policy Sciences sollten sich nach den Vorstellungen Lerners und Lasswells den grundlegenden Problemen des Menschen in der Gesellschaft widmen, diese theoretisch und interdisziplinär umfassend angehen und sich insbesondere mit der Analyse von sozialem Wandel- In­novation, Diffusion und Revolution - befassen (Lerner, LassweIl

1951: 8). Nun hatte diese von Lerner und Lasswell initiierte und theoretisch

untermauerte Policy-Sciences-Bewegung jedoch wichtige Wegbe­reiter in der amerikanischen Sozialwissenschaft. Mit dem beginnen­den lO.Jahrhundert übernahmen in den Vereinigten Staaten immer

häufiger Universitäten Funktionen der Politikberatung. Schon die Regierung Präsident Wilsons, insbesondere aber die New-Deal-Re­gierung F.D. Roosevelts, öffnete sich zunehmend gegenüber sozial­wissenschaftlichem Beratungswissen (Dunn 1981: 17). Eine beson­dere Rolle spielte in diesem Zusammenhang der Politikwissen­schaftler Chades E. Merriam. dessen späterer Schüler Lasswell war. Er leitete als Politikwissenschaftler das National Resources Planning Board, eines der ersten Regietungsgremien, das Planung als inter­disziplinäre Policy-Forschung betrieb, »...um nationale Ressourcen, Natur und Menschen, optimal zu nutzen« (Merriam 1945: 157; eig. Übers.). Bei diesem Wirken Merriams, dessen akademisches Zen­trum die Universität von Chicago war, trat schon die typische Ver­bindung wissenschaftlich-genauer Methoden und humanistischer Zielsetzung zutage, die dann auch später für seinen Schüler Lass­weIl typisch sein sollte. Damit wurde die Wertefrage wiederbelebt, die die alte Auffassung von Politik als praktische Philosophie be­stimmt.

LassweIl meldete schon früh seine Vorbehalte gegenüber einer kurzatmig anwendungsorientierten Policy Science an, die sich nur der kurzfristigen Verbesserung der Effektivität staatlicher Entschei­dungen widmet. Vielmehr verstand er sie als Wissenschaft, die der »practice of democracy« dienen sollte. »... Die besondere Betonung liegt auf den Policy Sciences der Demokratie, in der die Verwirkli­chung der menschlichen Würde in Theorie und Praxis das überge­ordnete Ziel darstellt«l (Lerner, Lasswell1951: 15; eig. Übers.). Als Vorbild einer solchen Verbindung normativ-problemorientierter Forschung und empirisch-systematischer Forschung galten Lasswell und Lerner Gunnar Myrdals Arbeit über die Bürgerrechtspolitik »An American Dilemma« (1944) sowie Theodor W. Adornos Unter­suchung »The Authoritarian Personality« (1950), die die Vorurteils­forschung über Jahre entscheidend beeinflußte.

Dennoch trugen zum Aufschwung der Policy Sciences im prak­tisch-beraterischen Sinn in den 50erJahren dann anwendungsorien­tierte Forscher außerhalb der Sozialwissenschaften (Ingenieure, Sy­stemanalytiker, Mathematiker und Ökonomen) in nicht-staatlichen Organisationen in besonderem Maße bei. Eine hervorragende Rolle kam der Rand Corporation zu, in der beispielsweise das Planning Programming Budgeting System (PPBS) unter Charles Hitch ent­

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wickelt wurde (Dunn 1981: 22). Die einseitig auftragsorientierte Policy-Forschung wurde in den späteren Auseinandersetzungen in der Politikwissenschaft dann abwertend als »Handmaiden Ap­proach« (»Handlangerfunktion« ) der Policy Sciences bezeichnet (Horowitz, Katz 1975: 156/157).

Diese Vorwürfe sind nur vor dem Hintergrund der Auseinander­entwicklung zu verstehen, die in die politikwissenschaftliche Policy­Forschung der 50er und 60er Jahre den Dualismus der synoptischen und neopluralistischen (Garson 1980/81: 538) Richtung brachte. Die synoptische Orientierung bemühte sich um eine ganzheitliche Sicht von Policies, ihr Widerpart hingegen, die Neopluralismusfor­schung, betonte eher die Grenzen oder Unmöglichkeit der rational­analyti~chen Erfassung ganzer Handlungszusammenhänge. Wäh­rend die synoptische Orientierung die Systemtheorie ihren Arbei­ten zugrundelegte, mit statistisch-empirischen Methoden arbeitete und die Optimierung von Zielen anstrebte, legte die anti-synopti­sche neopluralistische Orientierung ihren Analysen die Pluralismus­Theorie zugrunde, strebte nach der Integration unterschiedlicher Interessen und arbeitete methodisch mit Fallstudien. Die anti­synoptische Orientierung etablierte sich in der Politikwissenschaft schnell als dominierende Richtung, die synoptische Tradition faßte stärker in der Verwaltungswissenschaft und der Public-Policy-For­schung Fuß.

Normative und quantitativ empirische Orientierung standen in der synoptischen Tradition anfangs nebeneinander, fanden dann in den Arbeiten Lasswells eine Verbindung und trugen zur Konzi­pierung des Policy-Zyklus bei. Eastons Systemtheorie lieferte das theoretische Fundament. Hinzu traten die nationalen Planungs­modelle von Etzionis »Aktiver Gesellschaft« (1968) und die verfei­nerten ökonomischen Planungsmethoden (Ranney 1968). Diese stärkten die synoptische Tradition und trugen zu ihrer zunehmen­den Anwendung und ihrem Einfluß in der US-Bundesregierung bei.

Politische Verstärkung erfuhr sie darüber hinaus durch die soziale und politische Aufbruchsstimmung der 60er Jahre (die »New Fron­tier« der Kennedy-Administration und »Great Society« von Präsi­dent Johnson), die gleichzeitig zur scharfen Pluralismuskritik ge­riet. Man warf diesem vor, die Führungschwäche der politisch Ver­

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anrwortlichen und mangelnde Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns unterstrichen und damit die Unfähigkeit zur Bekämpfung sozialer Mängel gefördert zu haben (Lowi 1967: 5ff.). Eben dieser Fragmentierung sollten zentrale Planungsmodelle und -methoden zur rationalen Steuerung gesellschaftlicher Entwicklun­gen entgegenwirken, die theoretisch und empirisch von der synop­tischen Tradition der Policy Sciences geliefert werden. 2

Die neopluralistisch orientierten Policy-Forscher nahmen diese Kritik nicht kommentarlos hin, sondern geißelten ihrerseits den »Empirismus« und allumfassenden Systemansatz der synoptischen Orientierung, so beispielsweise Robert A. Dahl (1967) und Charles E. Lindbiom (1968), die den Wert umfassender rationaler Planung und Kontrolle im politischen Entscheidungsprozeß grundsätzlich in Frage stellten und auf die Vorteile fragmentierter Politik, ihre An­passungs- und Integrationsfähigkeit verwiesen. Was die Analyse or­ganisatorischer Entscheidungsprozesse betrifft, konnten sie sich da­bei auf March und Simon (1958), Kaufman (1973) und Etzioni (1967) stützen, die die Bedeutung irrationaler Faktoren für die Funktionsweise von Organisationen und deren Problemlösungen betonten. Auch das klassische Modell rationaler Entscheidung, wie es von Max Weber entwickelt worden war, war nicht unumstritten geblieben (Barnard 1938). So betonte Downs (1967), daß die bei einzelnen Entscheidungen anfallenden Informationskosten so hoch sind, daß viele Entscheidungen notgedrungen unter hoher Unge­wißheit gefällt werden müssen.

Nicht nur die Tragfähigkeit umfassender rationaler Planungspro­zesse im Policy-Entscheidungsprozeß wurde grundsätzlich in Frage gestellt, dazu gesellte sich die Kritik an der pragmatischen Veren­gung der synoptischen Policy-Forschung. Entgegen dem ursprüng­lichen Engagement Lasswells für eine Policy Science, die der dreifa­chen interdisziplinären Aufgabe der Erforschung demokratischer Werte, der Theoriebildung sowie der Befriedigung des Informa­tionsbedarfs von Regierungen genügen sollte, hatte sich in der Poli­cy-Forschung die theorielose Auftragsforschung für vorgegebene Regierungszwecke breitgemacht. An akademischer Forschung we­nig interessiert, trägt sie eher den Charakter einer Beratungsindu­strie, ohne sich um die Frage der Wertsetzung zu kümmern. 3

Die Diskussion um Wertorientierung und Theorielosigkeit dieses

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Zweiges der Policy-Forschung (vgl. Dolbeare 1975; Lazarsfeld 1975; Garson 1980/81) dauert fort und damit die Auseinandersetzung zwischen unmittelbar praxisbezogener und analytisch-erklärender Policy-Analyse. Die anwendungsorientierte Policy-Analyse erhielt durch den Beratungsbedarf der reformorientierten 70er Jahre zu­sätzlichen Aufschwung und prosperiert aufgrund der anhaltenden Nachfrage in Regierungen und Verwaltungen. Ihre Bedeutung kommt auch darin zum Ausdruck, daß manche Autoren, so Quade (1982) und Mac Rae (1976), Policy-Analyse mit beratungsorientier­ter Forschung einfach gleichsetzen.

Die Entwicklung der beschreibend-erklärenden Policy-Forschung vollzog sich in mehr Distanz zum politischen Alltagsgeschehen und mündete in verschiedene theoretische Fragestellungen: Die Policy Output-Forschung analysiert unter Zugrundelegung des Easton­schen Systemmodells mit empirisch-quantitativen Methoden politi­sche und ökonomische Bedingungsfaktoren, die bestimmte Policy­Ergebnisse hervorbringen, und vergleicht diese Zusammenhänge zwischen verschiedenen Städten, Einzelstaaten und Gesamtstaaten. Dies erfordert eine relativ hohe Abstraktionsebene in den vergliche­nen Merkmalen (Dye 1976, Clark 1968, Sharkansky 1967, Hoffer­bert 1974, Jacob und Lipsky 1968). Sie erfahren eine wichtige Er­gänzung. durch qualitative Fallstudien, in denen en detail Entschei­dungsprozesse in Regierungsinstitutionen und deren Auswirkun­gen auf Politikinhalte erforscht werden (Heclo 1977; Hanf, Scharpf 1978). Auch diese arbeiten häufig auf der Basis des internationalen

,

'i' ,Vergleichs, was sich als besonders fruchtbar erwies, um die Frage zu I

beantworten: Wie beeinflussen unterschiedliche politische Institu­tionenarrangements und die Anwendung unterschiedlicher Pro­gramminstrumente Policy-Ergebnisse (Heidenheimer u. a. 1983;

Jones 1984)? Auch von der rational-planerisch orientierten Policy-Forschung

gingen Impulse zur Herausbildung eines weiteren Forschungszwei­ges aus, der an die praktischen Planungserfahrungen in den 60er und 70er Jahren anknüpfte und seinerseits wieder theoretische Am­bitionen entwickelte: die Implementations- und Evaluationsfor­schung. Sie entdeckt die institutionellen Grenzen wieder, auf die die Verwirklichung von Policy-Zielen stößt, und setzt die logische Fragekette im Policy-Zyklus fort, indem sie nach den Ursachen des

zuweilen nur bescheidenen Erfolges politisch rational geplanter ge­sellschaftlicher Veränderung fragt. Beginnend mit der klassischen Studie Pressmans und Wildavskys über die Durchführung des »Eco­nomic Opportunity Act« in Oakland (1973) erlebte die Implemen­tationsfragestellung eine beinah hektische Forschungsblüte , die vie­le Fallstudien hervorbrachte, die sich den durchführungsbedingten institutionellen und prozessualen Ursachen eines mangelnden Pro­grammerfolges widmen. Während die Implementationsforschung versucht, den Programmvollzug und die Veränderungen von Poli­cy-Inhalten im Verlaufe der Durchführung nachzuzeichnen, be­grifflich zu fassen und theoretisch zu erklären (Mazmanian, Saba­tier 1981), stellt die Evaluations- oder Wirkungsforschung die meß­baren Resultate eines Programmes den ursprünglich formulierten Soll-Vorstellungen gegenüber. Sie erlebte einen schnellen Aufstieg und eine relativ lange Blüte in den 70er Jahren. Seit der Verschär­fung der Finanzkrise der öffentlichen Haushalte sind Fragen der Programmterminierung (siehe S. 105ff) und De-Implementation in den Vordergrund getreten (Hansen 1983: 30).

Da die deutsche Politikwissenschaft mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der politischen Erfahrungen und Folgen des Natio­nalsozialismus befaßt war und Politikwissenschaft zunächst bewußt als »Demokratiewissenschaft« betrieb, entwickelte sich die Policy­Forschung in der Bundesrepublik zeitlich verzögert, durch eine po­litische Entwicklung angestoßen, nach einem ähnlichen Muster wie in den USA. Allerdings stand am Anfang keine Policy-»Bewegung« mit umfassendem interdisziplinären Anspruch, wie dies ursprüng­lich der Vision von Merriam und Lasswell entsprach. Die deutsche Policy-Forschung erwuchs in Anlehnung an die synoptische Policy­Forschung, die sich eine ausgreifende rationale Planung und politi­sche Steuerung gesellschaftlicher Entwicklung zum Ziel gesetzt hat­te. Der analytische Akzent lag daher zunächst auf der Politikformu­lierung. Auch hier war es der gestiegene Planungsbedarf einer re­formorientierten Regierung, der den Ruf nach einer bewußteren und umfassenderen Gestaltung von Gesellschaft, nach »Aktiver Po­litik« (Mayntz, Scharpf 1973) aufkommen ließ. Daran knüpfte sich die Forderung nach einer Neustrukturierung von Regierung und Behörden, die erst eine umfassende, sektorenübergreifende Ziel­planung ermöglichen sollte. Wegweisend war hier die Arbeit der

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Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform, die 1968 einge­setzt wurde (Mayntz, Scharpf 1973). Der Einfluß der amerikani­schen Planungskonzepte und -praxis, insbesondere des Planning Programming Budgeting Systems (PPBS), machte sich in dieser Phase stark geltend. Aber auch in der Bundesrepublik mündete die Planungsbegeisterung nach einigen Jahren der Erfahrung in eine re­lative Ernüchterung und die Möglichkeiten einer gezielten, inte­grierten Planung von Policies werden skeptischer beurteilt (Mäding 1986). Ehrgeizige Planungsziele werden immer bescheidener ange­sichts der vielzähligen Hemmnisse, auf die die praktische Umset­zung stößt, und die nur in alltäglicher administrativer Kärrnerar­beit überwunden werden können.

Aus dem Bedürfnis, die Steine aus dem Wege zu räumen, die der glatten Durchführung der anspruchsvollen Programme einer »aktiven Gesellschaftspolitik« im Wege stehen, erwuchsen dann auch die deutsche Implementationsforschung und Wirkungsanaly­se. Eine der einflußreichsten theoretisch angeleiteten empirischen Untersuchungen war in diesem Zusammenhang die Arbeit von Scharpf, Reissert und Schnabel (1976) über die Politikverflechtung in der Bundesrepublik, die die Durchführung und den Erfolg der gemeinsamen Planungsaufgaben von Bund und Ländern unter­suchte. Eine Vielzahl weiterer Implementationsanalysen werfen Licht auf die jeweils besonderen Umsetzungschwierigkeiten in so unterschiedlichen Policy-Bereichen wie Umweltschutz (Mayntz 1980, 1983), Sozialpolitik (Kaufmann, Grunow, Hegner 1976), Städtebauförderung und Wohnungspolitik (Hellstem, Wollmann 1982) sowie Arbeitsschutz (Windhoff-Heritier 1980).

Während Impiementations- und insbesondere Evaluationsfor­schung schon von ihrer Fragestellung her geeignet sind, den Gra­ben zwischen der praxisorientierten und der praxisfernen Policy­Analyse zu überbrücken, haben sich auch in der deutschen Policy­Forschung Fragestellungen entwickelt, die sich von der politischen Beratungspraxis bewußt distanzieren. Auch hier existiert eine Policy-Output-Forschung, die mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren Aggregat-Daten analysiert, um die relative Bedeutung 'I

ökonomischer und politischer Variablen für die Erklärung von Re­gierungsmaßnahmen zu erforschen (Schmidt 1982). In diesen Zu­sammenhang sind auch die Arbeiten der deutschen Neokorporatis­

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musforschung zu stellen, die die wirtschaftspolitischen Erfolge neo­korporatistisch strukturierter politischer Systeme westlicher Prägung untersuchen (Lehmbruch, Sehmitter 1982, Czada 1986, Arminge­on 1983).

2. Begriffserläuterung

Die Begriffliehkeit der Poliey-Analyse ist durch eine verwirrende Vielfalt gekennzeichnet. Zum einen spiegelt sich darin die Hilflo­sigkeit der deutschen Sprache bei der Übersetzung des Begriffes Po­liey wider, zum anderen der Umstand, daß Begriffs- und Theorie­bildung sich noch im fluß befinden. Während wir im Englischen auf die handliche Begriffsrriade Policy, Politics und Polity zurück­greifen können, um Politikinhalte, politischen Prozeß und politi­sche Institutionen und formale Regeln voneinander abzugrenzen, verfügen wir im Deutschen nicht über eine so handliche Differen­zierungsmöglichkeit. Dies war nicht immer so. Der alte Begriff »Po­liceyen« steht erst nicht mehr zur Verfügung, seit er im liberalen Staatsverständnis des 19. Jahrhunderts auf die Herstellung innerer und äußerer Sicherheit und schließlich auf »Polizei« reduziert wur­de (Maier 1966, von Beyme 1985). Damit enthält die deutsche Sprache keinen gesonderten Begriff mehr zur Bezeichnung von Po­litikinhalten. Beide Bedeutungsinhalte, Politics und Policy, sind heute im Begriff der Politik vereint.

Darüber hinaus wird jedoch versucht, mit Hilfe verschiedener Begriffsbildungen Policy auf deutsch zu übersetzen: »Politikinhal­te«, »Politikfelder«, »sektorale Politik«, »Politiken«, »materielle Po­litik« sollen dies gleichermaßen leisten. Häufig wird auch einfach der englische Begriff Policy oder Policies selbst verwendet. Wäh­rend die übrigen genannten Begriffe als Synonyme verstanden wer­den können, beziehen sich die Begriffe Politikfeld und sektorale Politik auf die Abgrenzung von Policies nach nominellen Kriterien wie beispielsweise Sozialpolitik, Verkehrspolitik, Bildungspolitik ete. (zur Unterscheidung von nominellen und analytischen Policy­Typen siehe S. 21). Im folgenden werden im wesentlichen die Be­griffe Policy, Politik oder Politikinhalt verwendet.

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Wie aber wird nun inhaltlich Policy bzw. Politikinhalt definiert? Gegenüber dem englischen Begriff bietet der deutsche Begriff ~Po­litikinhalte« den Vorteil, daß unmittelbar deutlich wird, daß Inhal­te staatlichen oder öffentlichen Handelns, also Public Policy, ge­meint sind. Der Pionier der Policy Sciences, Harold Lasswell, defi­niert Policy als »public order decisions«, aber auch »civic order deci­sions« , also auch Entscheidungsinhalte gesellschaftlicher Organisa­tionen und betont die fließende Grenze zwischen beiden (Lasswell 1971: 1). Dye beschränkt sich bei seiner Definition von Policy ein­deutig auf öffentliche Entscheidungen, auf die Tätigkeit von Regie­rungen und öffentlichen Verwaltungen: »Public Policy is whatever governments choose to do or not t9 do« (1976: 1). Auch wir bezie­hen uns schwerpunktmäßig auf die »Public« Policy, in all ihren ab­gestuften Konkretisierungen als politischer Entwurf, Plan oder Programm und Einzelentscheidung zur Gestaltung gesellschaftli­cher Verhältnisse, als Strategie und konkretes Handeln (Blanken­burg, Schmid, Treiber 1974: 38). Die Beschränkung auf öffentliche Entscheidungen ist aber nur soweit möglich, als öffentliche Ent­scheidungsträger involviert sind; private Entscheidungen müssen dann miteinbezogen werden, wenn es um die Durchführung dieser Entscheidungen geht und gesellschaftliche Organisationen, Grup­pen und Individuen beteiligt sind.

Der Policy-Begriffunterliegt auch einer zeitlichen Differenzierung im Verlaufe des Politikzyklus. Das Ergebnis des formalen Entschei­dungsprozesses, der Politikformulierung, sind die Politikinhalte, Programme oder Policy-Outputs; die Resultate des unmittelbaren Durchführungshandelns werden als Policy-Ergebnisse oder Policy Outcomes bezeichnet; diese schlagen sich schließlich in mittel- und langfristigen Policy-Wirkungen oder Policy Impacts, in Verände­rungen menschlichen Verhaltens und der längerfristigen Verände­rung der Lebensumgebung nieder.

Die zweite zentrale Definition, die uns zu beschäftigen hat, ist das Forschungsprogramm selbst, die Policy Sciences oder die Policy­Analyse. Schon die Vielfalt der Begriffe Policy Analysis, Policy Stu­dies, Public Policy Research, Policy Sciences mit sich überlappen­dem Bedeutungsinhalt (Wollmann 1984: 28) weist auf die Un­schärfe der Abgrenzung dieser Begriffe hin sowie auf den Umstand, daß in diesem jungen Forschungszweig noch vieles in Bewegung ist.

Schaubtld 1: Policy im Politikzyklus

. ( Politiktnhalte (Policy Outputs) PolitikformuiJerung Programm (z. B.: Gesetze, Verordnung,

Erlaß)

Policy-Ergebmsse (Policy Outcomes) z.B.: - Allokation von

Finanzmitteln

- Einstellung von Personal

Implementation Policy- Wirkungen (Policy Impacts) z.B.: - Veränderung

menschlichen Ver­haltens

-- langfristige Verän­derung der Ver­haltensumgebung

Wie erwähnt, bestimmt LassweIl, daß das Forschungsprogramm der Policy Sciences »... sich mit dem Wissen über und für den Entschei­dungsprozeß im öffentlichen und privaten Sektor befaßt« (Lasswell 1971: 1; eig. Übers.). Damit sind - so Lasswell - systematische problem-orientierte Studien gemeint, die sich zum einen der Ent­stehung, Bedingung und Entwicklung von Policies widmen, zum anderen aber auch die Bereitstellung von relevanten Informationen für den politischen Entscheider vorsehen, indem sie »... den Bedarf der politischen Entscheidungsträger antizipieren und Informatio­nen, dann und da beschaffen, wo es sich als nützlich erweist« (Lass­well 1971: 2; eig. Übers.).

Während bei Lasswell die analytisch-beschreibende Orientierung der Policy-Analyse gleichberechtigt neben der präskriptiv-normati­ven Orientierung steht, dominiert aus der Sicht eines anderen klas­sischen Vertreters der Policy-Forschung, Yehezkel Dror, die prak­tisch-beratende Funktion der Policy-Analyse: Policy Sciences sind ein »... übergeordneter Begriff, der eine weite Spanne von Studien, Disziplinen und Professionen umfaßt, die sich alle um die Anwen­dung von Wissen und Rationalität bei der Behandlung sozialer Pro­

1918

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bleme bemühen« (Dror 1971: 49; eig. Übers.). Er unterscheidet zwischen den Policy Sciences als Gesamtprogramm und der Policy Analysis im engeren beratenden Sinn, die wesentlich auf der Mana­gementtheorie und der Systems Analysis basiert, deren Ziel es ist, Policy-Alternativen und -Entscheidungskriterien zu entwickeln (Dror 1971: 55). Noch weiter geht ein anderer bekannter Vertreter der Policy-Forschung, E. S. Quade, der Policy-Analyse Insgesamt mit der praktisch beratenden Forschung gleichsetzt, di( Tnformatio­nen erhebt und aufbereitet, um die Urteilsbasis für dCI' politischen Entscheider zu verbessern (Quade 1982: 4).

Die definitorische Unterscheidung zwischen Policy Sciences als Gesamtforschungsprogramm und Policy-Analyse als beratende Va­riante dieser Forschungsrichtung entwickelte sich in der deutschen Policy-Forschung nicht so ausgeprägt, inhaltlich zum Teil jedoch gerade umgekehrt zu Drors Definition: Policy Sciences wird als wissenschaftliche Politikberatung und Policy-Analyse als beschrei­bend-erklärende Forschungsrichtung (Hartwich 1985) definiert. Dies erklärt sich aus der uneinheitlichen Begriffsverwendung in der amerikanischen Literatur. In dieser Einführung wird unter dem Be­griff Policy-Analyse sowohl die analytisch-erklärende als auch die praktisch-beraterische Tätigkeit erfaßt und im einzelnen jeweils als präskriptive oder deskriptive Variante gekennzeichnet.

Erstes Kapitel Policies - Politikinhalte : Versuch einer Klassifizierung

Policies lassen sich unter einer Vielzahl von Gesichtspunkten klassi­fizieren, und theoretisch sind hier der Phantasie keine Grenzen ge­setzt. Aus der Vielfalt der Klassifizierungen haben sich einige her­auskristallisiert, die unter analytischen Gesichtspunkten besonders interessant erscheinen. Es handelt sich um die Zuordnung nach der nominellen Bezeichnung, nach der Wirkung einer Policy, nach dem zugrundeliegenden Steuerungsprinzip sowie der »Beschaffen­heit« einer Policy. Die vier Aspekte ergeben in ihrer wechselseitigen Ergänzung ein relativ vollständiges und umfassendes Bild, indem sie verschiedene Facetten ein- und derselben Policy beleuchten. Die Policy als Nomina/kategorie verbindet sich analytisch mit dem zu­ständigen Institutionengefüge, die Klassifizierung nach Wirkungen mit der Struktur der politischen Arena, die Klassifizierung nach dem Steuerungsprinzip mit den Funktionszusammenhängen des Implementationsprozesses, und die Frage nach der Beschaffenheit wirft Licht auf die konkrete (physische) Gestalt der Policy. In ihrem Zusammenwirken ermöglichen diese Gesichtspunkte die taxonomi­sche Erfassung einer Policy unter strukturell und prozessual interes­santen Fragestellungen.

1. Policy-Typen: Nominalkategorien

Banal, jedoch nicht unwichtig sind die der Alltagssprache ent­nommenen Nominalkategorien von Policies wie Sozialpolitik, Energiepolitik, Agrarpolitik. Sie bezeichnen einzelne Politik/eider,

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deren Grenzen durch bestimmte institutionelle Zuständigkeiten und eine sachliche Zusammengehörigkeit gezogen werden. Sie um­reißen also mehr oder weniger genau die Gegenstandsbereiche von Policies. (Manche Nominal-Policies erhalten ihren Namen von den Zielgruppen ihrer Politik, z.B. Ausländerpolitik, und benennen damit die Klientel als wichtigen Aktor in diesem Politikfeld.) Für die politik- und verwaltungswissenschaftliche Analyse sind sie wich­tig, weil sie häufig auf die institutionellen Grenzen der Bearbei­tung hinweisen, also beispielsweise Ministerien, Dezernate und Ämter identifizierbar machen, die für eine Policy zuständig sind. (Eindeutige institutionelle Hinweise bieten diejenigen nominellen Policies, die direkt die politische Ebene bezeichnen, auf der sie im wesentli(hen formuliert werden: Landespolitik, Kommunalpoli­tik. ) Sie heben auf »Polity« ab. Oder anders formuliert: Nominell bezeichnete Policies stellen das Ausgangsfeld dar für die Analyse institutioneller Zuständigkeiten und Handlungsgeflechte . Denn die Herausbildung staatlicher Aufgaben, die die Nominalkategorie bezeichnen, vollzog sich in Wechselwirkung mit der Herausbildung institutioneller Kompetenzen, und beide sind nicht voneinander zu trennen. Sie stellen also den definitorischen Rahmen dar, von dem ausgegangen werden muß, um die Zuständigkeiten von be­stimmten Institutionen in diesem Gebiet »suchend« festzustellen.

2. Policy-Typen: Unterscheidung nach Wirkungen

Die Diskussion über die Wirkungen einer Policy wird von der Di­chotomie distributiv - redistributiv beherrscht4, die ebensoviel Faszinationskraft ausübt, wie sie zu Kritik veranlaßt. Diese Unter­scheidung von Lowi (1964) trifft einen zentralen Nerv des politi­schen Geschehens, weil sich Politik wesentlich um die Frage dreht: »Wer erhält was auf welche Weise?« und gesellschaftliche Gruppen und Individuen, wenn sie sich mit einer geplanten Policy befassen, immer die Frage stellen: Cui bono? Wem nützt es? Ist etwas zu ge­winnen? Die Antwort auf diese Frage ist ausschlaggebend - so Lo­wi - für die Reaktion des einzelnen auf eine Policy und damit be­deutsam für die politische Szene, in der eine Policy entsteht.

Die distributive Poliey

Wesentlich ist, daß Lowi die Bestimmung, ob eine Policy distribu­tiv oder redistributiven Charakter hat, davon abhängig macht, wie der einzelne die damit verbundenen Nutzen und Kosten (durchaus subjektiv) betrachtet. Distributive Politik besteht danach aus teil­baren Leistungen, teilbaren Ressourcen (es können auch Rechtsti· tel, z.B. Patente sein), die einzelnen Empfängern oder Empfänger­gruppen zugedacht werden, ohne daß dies auf Kosten eines ande­ren Beteiligten geht. Distributive Policy gibt in den Augen der Öf­fentlichkeit jeder Gruppe das, was sie haben möchte, ohne daß eine andere Gruppe dadurch einen Nachteil erleiden würde. Sie ist ein Spiel, bei dem alle gewinnen. Zumindest vordergründig erscheinen die vorhandenen Ressourcen unerschöpflich zu sein (Lowi 1974: 320). Staatlicher Zwang, der einen wichtigen Aspekt staatlichen Handelns im Rahmen von Policy erfährt, wirkt bei distributiver Po­licy nur ganz entfernt oder fehlt ganz (Lowi 1972: 300). Als klassi­sches Beispiel distributiver Policy gilt Andrew Jacksons Landvertei­lungspolitik im 19. Jahrhundert (Beer 1973: 60), als weitere sind Zuschüsse an Universitäten für Forschungsaktivitäten, Zuschüsse an Kommunen für Infrastrukturmaßnahmen, Steuerbefreiungen für den Eigenheimbau oder Patente für Erfinder zu nennen.

Über Lowi hinausgehend ist auf die distributive Policy hinzuwei­sen, die sich nach dem Gleichbehandlungsprinzip an alle Personen in einem regionalen Umkreis oder einer Gruppe richtet,jedoch nicht teilbar und dem einzelnen zurechenbar ist. Dies sind die kol­lektiven Güter, Einrichtungen für die Allgemeinheit, deren Nut­zung allen offen steht und deren distributiver Charakter eben darin besteht, daß keiner ausgeschlossen werden kann.

Die redistributive Poliey

Redistributive Politik hingegen schichtet aus der Sicht der Betroffe­nen Nutzen und Kosten zwischen Gruppen um. In der Perzeption der Betroffenen etabliert die politische Maßnahme eine deutliche Kosten-Nutzen-Relation: Eine Gruppe kann nur deswegen einen Nutzenzuwachs erfahren, weil gleichzeitig eine andere Gruppe ei­

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nen Verlust erleidet (Lowi 1964: 711). Den gleichen Sachverhalt meinen Riker, wenn er von Null-Summen-Politik (Riker 1962), und Beer, wenn er von Klassenpolitik (Beer 1973: 71) spricht. In der öffentlichen Diskussion werden beispielsweise die progressive Besteuerung und die Gewährung von Sozialhilfe als redistributiv eingestuft und lösen entsprechende Befürwortung und Kritik aus. Diese beiden Beispiele machen deutlich, daß in einem Fall (pro­gressive Besteuerung) nur die Belastung, der Kostenaspekt, hervor­tritt, jedoch nicht der Nutzenaspekt; die Frage »Wem kommen die zusätzlichen Steuereinnahmen zugute?« wird ausgespart. Beim zweiten Beispiel, der Sozialhilfe, wird umgekehrt nur der Nutzen­aspekt und die Zuteilung des Nutzens beleuchtet. Dennoch lösen diese »halbierten« Umverteilungsmaßnahmen in der Öffentlichkeit deutliche Pro- und Contra-Reaktionen aus, auch wenn die Kosten­und Nutzen-Umschichtung nur zur Hälfte offengelegt wird. Ihren Umverteilungscharakter gewinnt diese »halbierte« Maßnahme dar­aus, daß nur einige Bürger als Nutzen-Empfänger oder, häufiger, als Kostenträger genannt werden (Windhoff-Heritier 1982a: 78). Eine relativ klare Kosten-Nutzen-Umverteilungsrelation wird bei dem aktuellen Beispiel des »Wasserpfennigs« in Baden-Württem­berg etabliert: Alle Steuerzahler werden in Form des Wasserpfen­nigs belastet, um die zusätzlichen Ressourcen den Landwirten als »Belohnung« für die geringere Verwendung von Dünge- und Spritzmitteln zukommen zu lassen.

Eine weitere Besonderheit redistributiver Policy beleuchtet die Einführung der Gesamtschule. Hier werden nicht materielle Res­sourcen umverteilt, sondern immaterielle Güter (die sich mittel­und langfristig jedoch in materiellen Nutzen bzw. Kosten nieder­schlagen können). Die Einführung der Gesamtschule ruft den Pro­test der bildungsprivilegierten Eltern hervor, weil sie befürchten, daß diese neue Schulform nicht die gleiche Qualität der Ausbil­dung wie das traditionelle Gymnasium gewährleiste und daher die Lernchancen ihrer Kinder beeinträchtige, während gleichzeitig die weiterführenden Bildungschancen bildungsferner Gruppen stei­gen. Indem überdies vermehrt Abiturienten aus unteren sozialen Schichten auf den Arbeitsmarkt drängen, verliert das Positionsgut5

Abitur an Wert, was wiederum einen Nutzenverlust traditionell ge­

bildeter Gruppen bedeute.

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Die Rentenversicherung, die nach dem Umlageprinzip finanziert wird, bietet ein weiteres Beispiel von Umverteilungspolicy: Die jün­gere Generation zahlt Beiträge an die Rentenversicherung, die zur Finanzierung der Rentenzahlungen an Alte, Hinterbliebene etc. verwendet werden. Allerdings verläuft hier die Konfliktlinie, die aus der Nutzen-Umschichtung fließt, nicht nach den Kriterien »arm« und »reich«, sondern »jung« und »alt«. Umverteilung kann sich somit auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Formen abspielen: als Umlenkung von Finanzmitteln, als normative Rege­lung (z.B. Quotensystem) und als Infrastrukturleistung (Hicks, Swank 1984: 266). Ebenso unterschiedlich sind die Bezugspole der Umschichtung: Während »Arme« und »Reiche« als die klassischen Umverteilungspartner gelten dürfen, sind ebenso eine Vielzahl an­derer Adressaten denkbar.

So verführerisch es ist, Reaktionen auf politische Maßnahmen mit Hilfe der analytischen Begriffe distributiv / redistributiv zu deu­ten, so unübersehbar sind die methodischen Untiefen eines solchen Versuchs. Die Kritik entzündet sich in erster Linie daran, daß der Charakter eine Policy nur aus ihrer subjektiven Wahrnehmung als distributiv oder redistributiv abgeleitet wird. Die Gefahr besteht, daß redistributive und distributive Policy sich in Subjektivität auf­lösen: Was dem einen seine Verteilungspolitik, ist dem anderen sei­ne Umverteilungspolitik - je nach dem, wie er Kosten und Nutzen subjektiv einschätzt. In dieser Subjektivität liegt die Schwäche, aber auch die Stärke des analytischen Begriffspaars. Der individuellen Wahrnehmung des Nutzens kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn sich die Frage stellt: Wie reagieren Individuen und Gruppen auf vorgeschlagene Policies?

Daher wurde in den letzten Jahren zunehmend versucht, die analytischen Nachteile in Vorteile umzumünzen und die Begriffe zu objektivieren, indem subjektiv wahrgenommene und objektiv anfallende Kosten und Nutzen - so weit möglich - in die Erörte­rung einbezogen und einander gegenübergestellt werden (Green­berg u.a. 1977). Gerade das Spannungsverhältnis zwischen beiden Aspekten vermag interessante Schlaglichter darauf zu werfen, ob die politische Diskussion dieser Policies gefühlsbeladen , kontrovers oder sachlich verläuft.

Praktisch bedeutet dies, daß bei einem in der öffentlichen Diskus­

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sion als distributiv oder redistributiv gehandelten Problem subjekti­ve und objektive Betroffenheit verschiedener Gruppen ausgelotet werden müssen. So kann beispielsweise eine Erhöhunng der Steuer­progression wegen der zusätzlichen Kostenbelastung der höheren Einkommensgruppen als Umverteilungsmaßnahme zugunsten so­zial Schwacher bekämpft werden. Sie kann sich jedoch aufgrund ei­ner Gesamtbilanz, die alle Belastungen und Nutzenzuwächse auf­rechnet, als verteilungsneutral erweisen. Diese objektive Aufrech­nung von Kosten und Nutzen stößt, wie wir von den Bemühungen der Transferkommission her wissen, auf erhebliche Hindernisse (Transfer-Enquete-Kommission 1981: 18). Sie ist insbesondere dann schwierig, wenn - wie im Fall der Gesamtschule - Kosten und Nutzen nicht leicht zu quantifizieren sind und erst nach langer Zeit anfallen. Unproblematischer ist sie, wenn die Verbindung zwi­schen dem Nutzenzuwachs und der Kostenbelastung deutlich her­gestellt wird (z.B. Wasserpfennig). Auch für distributive Policy gilt: Was sich - vordergründig betrachtet - als Gleichverteilung aus unerschöpflichen Ressourcen darstellen mag, braucht nicht den objektiven Tatsachen zu entsprechen, wenn man eine genaue und umfassende Rechnung über Finanzierungslast und Nutzeninzidenz

aufstellt. 6

Über eine analytische Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Betroffenheit hinaus gilt es auch, die Veränderung einer Policy im Verlaufe der Zeit im Auge zu behalten. Was zunächst als redistributive Maßnahme gilt, kann sich nach einiger Zeit als distri­butive Maßnahme entpuppen oder umgekehrt. So stellen sich Si­cherheitsvorkehrungen im Arbeitsschutz zu Beginn als redistributi­ve Maßnahmen zugunsten der Belegschaft dar. Treten jedoch weni­ger Arbeitsunfälle auf, so werden die Beiträge zur Unfallversiche­rung gesenkt, damit reduzieren sich die Kosten für die Arbeitgeber und Arbeitsschutzmaßnahmen verlieren unter Umständen ihren Umverteilungscharakter. Umgekehrt kann im Laufe der Jahre die Betrachtung einer Policy als distributiv verloren gehen, wenn in der öffentlichen Diskussion auf Nachteile kostentragender Gruppen hingewiesen wird. Sie wird dann als redistributive Policy wahrge­nommen, die den Ruf nach entsprechenden Gegenmaßnahmen laut werden läßt (Mann 1975: 117). So kann die distributive Maß­nahme der Bundesbezuschussung des Straßenbaus mit steigendem

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Volumcll lind zunehmenden negativen Auswirkungen des Auto­verkehrs auf die Umwelt zu einer veränderten, redistributiven Sicht dieser Poliey führen, die die Kosten der Nichtautomobilisten und ökologisch Bewußten betont.

Schaubtfd 2: Klassifizierung von Politikinhalten nach Wirkungen

Wirkungsart Beispiele

distributiv - Zuschüsse des Staates an Kommunen - Zuschüsse an Universitäten für Forschung

redisrributiv --

Investitionsabgabe Sozialhilfe

--

Rentenversicherung Gesamtschule

3. Policy-Typen: Unterscheidung nach Steuerungsprinzipien

Nach den Wirkungen einer Policy zu fragen eröffnet zwar den ana­lytischen Einstieg in die Prozesse der Politikarena, sagt jedoch über die konkrete Gestalt einer Policy noch wenig aus. Aufschlußreicher ist da die Beschreibung des Steuerungsprinzips, das einer Polic}' zu­grundeliegt. Es gibt Auskunft darüber, wie, mit Hilfe welcher In­strumente, die Wirkung erzielt werden soll: beispielsweise mittels Zwang und Strafe, bloßer Ermunterung oder eines guten Vorbil­des? Der analytische Akzent wird hier primär auf die Art der Ein­wirkung gesetzt und nur sekundär auf die damit erzielte Wirkung.

Es ist kein Zufall, daß die Steuerungsprinzipien oder verschiede­nen »Programme«7 im wesentlichen in der Implementationsfor­schung entwickelt wurden, bezieht sich deren Frage doch eben dar­auf, aufgrund welcher staatlicher Einwirkungsweisen bestimmte Verhaltens- und Umgebungsveränderungen hervorgerufen werden. Unterschieden werden im wesentlichen die Steuerungstypen des Gebots/Verbots, des Anreizes, des Angebots, der Überzeugung/ Information/ Aufklärung sowie des Vorbilds.

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Steuerung durch Gebot/Verbot

Gebote/Verbote, die häufig mit regulativer Politik gleichgesetzt werden, wollen Verhalten direkt beeinflussen und enthalten zu die­sem Zweck Verhaltensvorschriften (»directives«; Mitnick 1980: 383) oder bedingte Erlaubnisse, die für alle Angehörige einer Gruppe verbindlich sind. Häufig werden sie mit einer Sanktionsdrohung , einer Strafe, verbunden (Balch 1980: 45), um dem Gebot/Verbot Nachdruck zu verleihen. Strafen sind direkt in gesellschaftlichen Wertvorstellungen verankert und konstituieren den »moralischen Aspekt des Gesetzes« (Sedgwick 1980: 89/90).8

Die Gebots- / Verbotssteuerung wird in der Regel dann als ange­messen erachtet, wenn nur wenige Handlungsmöglichkeiten ver· fügbar sind, um das angestrebte Verhalten herbeizuführen, und das angestrebte Verhaltensziel klar bestimmt und leicht kalkulier­bar ist (Balch 1980; 59). Adressaten der Gebots-/Verbotssteuerung sind beispielsweise Wirtschaftsunternehmen (Arbeitsschutz und Verbraucherschutz), einzelne Bürger (Straßenverkehrsordnung) so­wie Behörden (inneradministrative Verfahrensvorschriften) (Mayntz 1983: 52). Die an den einzelnen Bürger gerichteten Gebote/Verbo­te gehören im wesentlichen zu den Aufgaben der Ordnungsverwal­tung (Mayntz 1983: 52).9 Häufig wenden sich Gebote/Verbote an einen zweigestuften Adressatenkreis: Problematische Verhaltensfol­gen werden direkt bei den Verursachern unterbunden, richten sich in ihrem Nutzeneffekt jedoch an andere Zielgruppen. Wenn etwa Unternehmen im Verbraucherinteresse Kennzeichnungspflichten auferlegt werden, dann soll damit zwar letztlich das Verbraucher­verhalten (indirekt) geregelt werden, »aber >normiert< wird das Ver­halten der Unternehmen« (Mayntz 1983: 53).

Die staatliche Intervention qua Gebot / Verbot kann zu unter­schiedlichen Zeitpunkten ansetzen: vor der Durchführung einer Tätigkeit, wenn diese ganz allgemein untersagt wird (z.B. Abbiege­verbot) oder nur unter bestimmten Bedingungen aufgenommen werden darf (bedingtes Überholverbot). Die bedingte Erlaubnis kann entweder allgemein formuliert sein oder von einem Genehmi­gungsverfahren abhängig gemacht werden, so bei der Baugenehmi­gung für ein privates Eigenheim (Mayntz 1983: 54). Gebote und Verbote, die während des Vollzugs als gesetzte Standards ihre Wir­

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kung entfalten, beziehen sich dagegen oft auf Merkmale laufender Tätigkeiten oder Prozesse, so die Geschwindigkeitsbegrenzung im Straßenverkehr oder Qualitäts- und Verfahrensvorschriften für be­stimmte Produktionsprozesse (Mayntz 1983: 59), jedoch auch auf die negativen Folgen solcher Prozesse, wie die Gesundheitsgefähr­dung bei bestimmten Arbeitsprozessen.

Die Qualität dieser direkten Beeinflussung von Verhalten wird mit Hilfe verschiedener empirischer Merkmale ausgelotet (Mayntz u.a. 1982, Senn 1983). Mit der Eingriffsbreite wird die Spannweite der Intervention ermittelt, die sich im internationalen Vergleich »... aus einem Vergleich möglicher, abgrenzbarer Eingriffsbereiche innerhalb eines Problemfeldes mit den in einem Land tatsächlich geregelten ...« (Mayntz u.a. 1982: 18) ergibt. Die Eingriffsdichte gibt Aufschluß über die Anzahl der Kontrollpunkte . Schließlich wird durch die Eingriffsintensität beurteilt, wie präzise die Verhal­tensnormen vorgeschrieben sind (ebd.).

Die umverteilende Policy operiert mit Geboten und Verboten, wie die Beispiele »progressive Besteuerung« oder »Mitbestimmung« klar machen, in denen obligatorische Leistungsanforderungen und Verhaltensweisen formuliert werden. Im Rahmen distributiver Poli­cy wird dieses Steuerungsprinzip sehr viel seltener angewandt; hier kommt mehr die Anreizsteuerung zum Tragen.

Steuerung durch Anreiz

Im Unterschied zum Gebot/Verbot, dem mittels Strafen Nach­druck verliehen wird, sucht die Steuerung durch Anreiz Verhalten nur indirekt zu beeinflussen, indem bei Verhaltensentsprechung Belohnungen, meist materieller Art10 , in Aussicht gestellt werden. »Positive Anreizprogramme sollen das Verhalten ihrer Adressaten beeinflussen, indem sie es im Sinne der Programmziele verändern oder indem sie unerwünschte (aber andernfalls wahrscheinliche) Verhaltensänderungen verhindern« (Scharpf 1983: 101). Analytisch lassen sich eine »Regelungskomponente« und eine «Motivations­komponente« unterscheiden (Dahme u.a. 1980: 163). Die Rege­lungskomponente beschreibt das von den Adressaten erwartete Ver­halten und die Förderungsvoraussetzungen . Die Motivationskom­

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ponente defin ien den dafür gebotenen (zumeist finanziellen) An­reiz. Damit Anreize wirksam sind, müssen die bei den Komponen­ten genau austariert werden, so daß das angestrebte Verhalten we­gen des zusätzlich gebotenen Anreizes bei den Adressaten zum Tra­gen kommt. »Verhaltensunwirksam bleibt das Programm sowohl dann, wenn das erwünschte Verhalten trotz des gebotenen Anreizes unterbleibt, als auch dann, wenn der Adressat das erwünschte Ver­halten auch ohne zusätzlichen Anreiz aus eigenem Interesse ge­wählt hätte (>Mitnahme-Effekt<)« (Scharpf 1983: 102). Die Wirk­samkeitskalküle basieren auf einer Kombination von Lerntheo­rie (Skinner 1966) und Kosten-Nutzen-Theorie (Utility Theory; Brown, Stover 1977), wonach Individuen sich für diejenige Verhal­Iensalt~rnative entscheiden, die ihnen den höchsten Nutzen ver­spricht.

Das Anreizprogramm basiert auf einer Vertragsbeziehung: Der Mittelempfänger muß als Gegenleistung für die Bezuschußung be­stimmte Aktivitäten einleiten (Stone 1980: 254). Die Adressaten sind frei, ob sie auf den Anreiz eingehen wollen oder nicht. Die Annahme geht jedoch mit der Erwartung des Finanzgebers einher, daß der Empfänger die Leistung erbringt, die im öffentlichen Inter­esse liegt. Durch das Setzen von Anreizen soll also ein bestimmtes Verhalten erzeugt werden.

Die Vergabe von Finanzhilfen als Anreiz ist an relativ aufwendige Auflagen, Bedingungen und Voraussetzungen gebunden, mittels derer eine Mittelverwendung im Sinne des Programmzwecks gesi­chert werden soll (Hucke 1983: 76ff). Aus der Sicht der Adressaten liegt der Vorteil der Finanzhilfe als Anreizprogramm im Umstand, daß er in den Genuß zusätzlicher Mittel gelangt. Die Einschrän­kung der eigenen Handlungsmöglichkeiten durch Verhaltensange­bote wird insoweit in Kauf genommen, als die finanziellen Vorteile die Kosten der Auflagen überwiegen. Prinzipiell unterliegen die Empfänger bei der Verwendung der Fördermittel einer Kontrolle der Vollzugsbehörde, verfügen jedoch über einen gewissen Spiel­raum des Mitteleinsatzes. Die Auflagen für die Mittelverwendung werden nicht so präzise formuliert, daß die Annahme der Förder­mittel nur eine Handlungsmöglichkeit des Empfängers offen läßt (Hucke 1983: 80).

Die Umgestaltung von staatlichen Maßnahmen weg von der Ge­

botssteuerung hin zu auf Kosten-Nutzen-Überlegungen basieren­den Anreizen wurde von Sch uItze (1977) und Levine (1972: 19) her­vorgehoben und theoretisch begründet. Anreize werden als beson­ders geeignet betrachtet, das Verhalten dezentraler Entscheidungs­strukturen zu beeinflussen (Schultze 1977: 13). Indem der Staat ei­nen preisähnlichen Mechanismus für die erwünschten Güter, Dienstleistungen und Verhaltensweisen einführt, fädelt er sich in das Marktgeschehen ein und überläßt es im übrigen den Produzen­ten und Konsumenten, die Höhe von Angebot und Nachfrage zu bestimmen (BaIch 1980: 46). Über seine Bezuschußungspraxis be­einflußt er jedoch die Preis-Kosten-Verhältnisse (Stone 1980: 256).

Auch bei der Steuerung durch Anreiz finden wir einen zweistufi­gen Adressaten-Zielgruppenkreis, wobei die staatliche Steuerung primär den Nutzen der letzten Zielgruppen im Auge hat (Neimann 1980: 36). Mittels Anreizen wird das Verhalten bestimmter Adres­saten beeinflußt, die letztlich intendierte Wirkung soll aber »...

nicht bei den unmittelbaren Programm-Adressaten eintreten, son­dern bei einer durch deren Verhalten begünstigten >Zielgruppe< ­etwa bei den Arbeitslosen, die von den Arbeitgebern (den unmit­telbaren Adressaten) wegen des Angebots von Lohnkostenzuschüs­sen eingestellt werden« (Scharpf 1983: 102). Gang und gäbe ist das Setzen von Anreizen bei distributiver Policy, so beispielsweise im Fall der regionalen Winschaftsförderung.

Steuerung durch Angebot

Abweichend von der Anreizsteuerung, bei der ein bestimmtes er­wünschtes Verhalten der Adressaten gefördert werden soll, wird bei der Steuerung durch Angebot eine Leistung direkt zum Nutzen der Zielgruppen bereitgestellt, die in Anspruch genommen werden kann (oder auch nicht), ohne daß sich damit spezifische Verhaltens­wünsche verbinden. Vielmehr soll das individuelle Wohl in einem sehr allgemeinen Sinn gesteigert werden. So werden Sozialhilfelei­stungen dem in Not Geratenen als letzte finanzielle Unterstützung angeboten, die der Bedürftige in Anspruch nehmen kann, ohne daß er in der Regel sein Verhalten staatlich gesetzten Zielen anpas­sen muß.

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Die Angebote haben jedoch nicht nur Geldcharakter. Häufig handelt es sich auch um Infrastruktureinrichtungen oder Dienstlei­stungs- oder Sachangebote wie beispielsweise Beratungsstellen oder Kleiderkammern . Im Fall eines konkreten Angebotes wird aller­dings der Nutzungszweck definiert.

Im Unterschied zur Steuerung durch Anreiz wendet sich das An­gebot direkt an den Letztadressaten. Der Wirkungscharakter einer Policy nach dem Angebotsprinzip kann redistributiv (Sozialhilfe, Bafög) oder distributiv (öffentlicher Park) sein.

Steuerung durch Überzeugung / Aufklärung

Im Unterschied zu den Geboten/Verboten, den Anreizen und den Angeboten wird bei dieser vierten Steuerungsform nicht versucht, qua rechtlicher Normierung, durch Geld, Naturalien oder Dienst­leistungen Verhalten mit mehr oder weniger staatlichem Zwang zu steuern. Vielmehr beruht dieser Versuch, ein bestimmtes Verhalten hervorzurufen, auf der Vermittlung von sachbezogenen oder emo­tional eingefärbten Informationen. Überzeugung läßt sich definie­ren als »... politische Interventionsform ... , die das Verhalten der (End- )Adressaten ausschließlich oder überwiegend mit Hilfe von Aufklärung, Informations- und Überzeugungsarbeit steuern will« (Dahme, Grunow 1983: 119), wobei individuelle und kollektive Nutzenkriterien deutlich benannt werden. Zu diesem Zweck wer­den Informationen angeboten, aber auch mittels »... Angst- oder Furchtappellen, indirekten Zwangsandrohungen, der Aktivierung latenter Vorurteile u. ä. Einstellungs- und Verhaltensänderungen zu bewirken versucht« (ebd.). Die verfügbaren Methoden reichen von dem Setzen großer Signale (»idiot lights«), z.B. über die Ge­fährlichkeit bestimmter Produkte, bis hin zur anspruchsvollen Ver­mittlung wissenschaftlicher Informationen (Balch 1980: 53). Bei staatlichen Überzeugungsprogrammen sind die Ziele und Instru­mente einer solchen Einflußnahme nicht beliebig, sondern unter­liegen einer öffentlichen Kontrolle. Klassische Beispiele für Über­zeugungsstrategien stellen die Gesundheitserziehung und die Ver­braucherberatung dar.

Überzeugungsprogramme haben in der Regel präventiven Cha­

raher (z.B. 100 km/h -Tempolimit), d.h. sie sollen der Entstehung oder Verschärfung eines Problems vorbeugen. Charakteristisch ist die individuell-präventive Orientierung, die auf die Veränderung individuellen Verhaltens abstellt und nicht auf gesellschaftliche Veränderungen, die möglicherweise den zu behebenden Problem­zuständen zugrundeliegen. So gehen beispielsweise die Überzeu­gungsprogramme im Gesundheitsbereich überwiegend von selbst verschuldeten Gesundheitsrisiken aus (Dahme, Grunow 1983: 127). Redistributive Policy-Ziele lassen sich mit Hilfe dieser sanften staatlichen Steuerung schwerlich einlösen, denn die Programmver­lierer werden sich hüten, freiwillig auf Nutzen zu verzichten, um ihn anderen zukommen zu lassen.

Dem Überzeugungsprinzip kommt jedoch eine wichtige Funk­tion als Komplementärstrategie zu: Es soll die Wirkung eines ande­ren Steuerungstyps erhöhen. So werden beispielsweise beim Gebot, Rundfunkgebühren zu bezahlen, periodisch Überzeugungskam­pagnen durchgeführt, dieser Verpflichtung nachzukommen. Auch Anreizprogramme werden, um ihre Effektivität zu erhöhen, häufig von einer Überzeugungsstrategie begleitet (Scharpf 1983: 102), so beispielsweise arbeitsmarktpolitische Programme zur Fort- und Weiterbildung.

Häufig gelangen die verschiedenen Instrumente in zeitlicher Fol­ge zur Anwendung: Zeitigt der sanfte staatliche Druck durch Über­zeugung keine Erfolge, so wird zu materiellen Anreizen gegriffen; zeigen diese keine Wirkung, so kommen schließlich Zwang und Strafandrohung zur Anwendung. Ein klassisches Beispiel dafür bie­tet die Anschnallpflicht mit Sicherheitsgurten für Autofahrer. Wenn ein schwaches Instrument sich in seiner Wirksamkeit er­schöpft hat, folgt das nächst stärkere (»exhaustion of tools«; In­gram, Ullery 1980: 670).

Allerdings darf diese Sequenz des Instrumenteneinsatzes nicht als zwangsläufig betrachtet werden. Es lassen sich Beispiele des um­gekehrten Ablaufs finden. So weist die gegenwärtig postulierte De­regulierung in vielen Policy-Bereichen eher darauf hin, daß man von Geboten/Verboten Abstand zu gewinnen sucht, um mehr an die Verantwortung und freiwillige Initiative des einzelnen zu ap­pellieren.

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Schaubtfd 3: Klassifizierung von Policies nach Steuerungsprinzip

Steuerungsprinzip Beispiele

Gebot/Verbot

Anreiz

Angebot

Überzeugung / Information

Vorbild

- Straßenverkehrsordnung - Baurecht - Umweltschutz - Arbeitsschutz

- Sozialstationen - Eingliederungsbeihilfen nach Arbeitsför­

derungsgesetz - Katalysatorauto (Senkung der Kraftfahr­

zeugsteuer für Katalysatorautos)

- Sozialhilfe - Erziehungsberatungsstelle

- Verbraucherberatung - Gesundheitserziehung

- Staatliche Lehrwerkstätten

Steuerung durch Vorbild

Bei der Steuerung durch Vorbild handelt es sich, ebenso wie im Fall der Überzeugungsstrategie , um eine milde Form der staatlichen Steuerung. Sie versucht allein dadurch Verhaltensänderungen her­beizuführen , daß sie sich von einer staatlichen Modellmaßnahme oder -einrichtung einen Nachahmungseffekt auf nichtstaatliche Träger erhofft. So beispielsweise in Form der Einstellung von Be­hinderten in öffentlichen Betrieben, der Einrichtung staatlicher Lehrwerkstätten für jugendliche Arbeitslose und die Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

4. Policy-Typen: Unterscheidung nach Beschaffenheit

Die Gestalt einer Policy wird nicht nur durch die angewendeten Steuerungsprinzipien bestimmt, sondern ebenso durch die konkre­te Beschaffenheit eines Programms. Hier stellt sich die ebenso tri­viale wie zentrale Frage: Woraus besteht eigentlich die Policy? Han­delt es sich um eine materielle oder immaterielle Leistung oder be­steht sie in einer verbalen Regulierung menschlicher Interaktion? Unter dein Gesichtspunkt der Beschaffenheit lassen sich die mate­riellen Leistungen unterscheiden, die sich in Geld-, Infrastruktur­und Sachprogramme aufgliedern, die immateriellen Leistungen, die sich in Humandienstleistungen und sachbezogene Dienstlei­stungen aufteilen lassen, sowie schließlich der Typ der verhaltens­normierenden Programme ohne Leistungscharakter.

Materielle Leistungen

Das Einkommens- und Finanzhi/feprogramm

Der Kern eines positiven Einkommensprogrammes besteht darin, daß seitens des Staates oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften direkt an Einzelpersonen , sei es in periodischer Form oder einmalig, eine bestimmte Geldsumme bezahlt (bzw. als Steuervergünstigung gewährt) wird. Die Empfängergruppen und die Leistungsvorausset­zungen sind genau definiert. Die Verwendung der vermittelten Geldleistung ist nicht zweckgebunden - oder nur in einem sehr allgemeinen sektoralen Sinn: So werden beispielsweise Ausbil­dungsförderungsmittel nur für Personen ausgegeben, die sich in der Ausbildung befinden, sind also an diese Aktivität gekoppelt. ll

Verbindet sich die positive Einkommensleistung mit keiner präzi­sen Verhaltensauflage, kann sie als »angebotsgesteuert« betrachtet werden. Die Inanspruchnahme des positiven Einkommensprogram­mes ist demzufolge freiwillig. Grundsätzlich kann jeder Bürger der anspruchsberechtigten Merkmalsgruppe einen Antrag auf eine sol­che individuelle Einkommensleistung stellen, allerdings muß er sei­ne Anspruchsberechtigung nachweisen. Rein (1972: 688) nennt das angebotsgesteuerte Einkommensprogramm eine »universal-formale

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Strategie«, die durch gleichmäßige Allokation von Ressourcen die Handlungsmöglichkeiten der Bürger zu erweitern such t, ohne de­ren Verhalten im einzelnen beeinflussen zu wollen.

Die positive Einkommensleistung in der Richtung Staat - Bürger gelangt insbesondere in der Sozialpolitik zur Anwendung, so bei­spielsweise im Bereich der Sozialversicherung (Renten), der Versor­gungsleistungen (Wohngeld, Ausbildungsförderung) und Fürsor­geleistungen (laufende Hilfe zum Lebensunterhalt). Ihnen liegt die Überlegung zugrunde, daß der Staat oder parastaatliche Instituti­onen den einzelnen für einen erlittenen Schaden entschädigen (z. B. Kriegsopferversorgung), in einer Notsituation auffangen (Sozialhil­fe) oder in Lebensphasen ohne Erwerbstätigkeit ein Ersatzeinkom­men anbieten sollen (Arbeitslosengeld, -hilfe). Von Experten wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob angebotene Einkommens­leistungen geeignete Mittel sind, um sozialpolitische Ziele zu ver­wirklichen, oder ob das Angebot von Sach- und Dienstleistungen nicht angemessener sei.

Vom positiven Einkommensprogramm ist das negative zu unter­scheiden. Beim negativen Einkommensprogramm fließen die Fi­nanzmittel nicht vom Staat zum einzelnen Bürger, sonderr~ der Staat nimmt dem einzelnen Bürger finanzielle Mittel weg. So muß der einzelne Bürger nach genau spezifizierten Bedingungen eine bestimmte Summe seines Einkommens in Form einer Steuer oder einer Abgabe an den Staat entrichten. Diese Leistung des Bürgers. basiert auf einem Gebot. Die Abgabe ist meist nicht zweckgebun­den, sondern fließt ins allgemeine Steueraufkommen.

Nur ein subtiler Unterschied liegt zwischen Einkommens- und Finanzhilfeprogramm vor. Beide vermitteln finanzielle Leistungen vom Staat an private Personen. Während jedoch Einkommenspro­gramme Angebote darstellen, sind Finanzhilfemaßnahmen anreiz­gesteuert. Adressaten sind größere Organisationen privatrechtlicher oder öffentlicher Natur, hinter denen als Zielgruppe des öffentli­chen Handelns nochmals die Bürger als Adressaten (zweistufiger Adressatenkreis) stehen. Ein Beispiel dafür bietet die Mietwoh­nungsbauförderung. Den unmittelbaren Empfängern werden Fi­nanzmittel zur Verfügung gestellt, damit diese Aktivitäten unter­nehmen, »... deren Aufnahme, Erhaltung oder Ausweitung im öf­fentlichen Interesse liegt ...« (Hucke 1983: 76), wie auch beispiels­

weise die Durchführung arbeitsintensiver Investitionen zur Schaf­fung von Arbeitsplätzen. Die Förderung kann die Form verlorener Zuschüsse von Darlehen, Zinszuschüssen oder aber der Steuerver­günstigung annehmen (Hucke 1983: 77).

Das Infrastrukturprogramm

Im Rahmen des Infrastrukturprogramms bieten der Staat oder halb­öffentliche oder private Träger (im Auftrag des Staates) Einrichtun­gen als kollektive Güter an, die der Nutzung durch die Allgemein­heit oder einer spezifischen Bevölkerungsgruppe offen stehen. Das Infrastrukturprogramm beschränkt sich auf sogenannte »harte« In­frastrukturen, also Einrichtungen, Anlagen, Straßen, Verkehrsmit­tel usw. und schließt soziale Dienstleistungen und Personal nicht mit ein. Klassische Infrastruktureinrichtungen sind beispielsweise Verkehrswege und -mittel, Schulgebäude (vgl. Mäding 1978: 27), zu den neueren Infrastrukturen zählt beispielsweise das Fernmelde­netz.

Die Infrastruktureinrichtungen werden in der Regel zur freiwilli­gen, eigentätigen Nutzung (Kaufmann 1979: 273) angebotenY Häufig sind sie von marginalen Dienstleistungen (Park mit Auf­sichtspersonal, Schwimmbad mit Bademeister) begleitet. Werden sie jedoch umgekehrt durch Dienstleistungsangebote erst nutzbar, kommt den Einrichtungen selbst nur randständiger Charakter zu (Schulen und Unterricht, Theater und Schauspiel).

Aufgrund des statischen Charakters vieler Infrastrukturen sind die Möglichkeiten der Inanspruchnahme lokal gebunden. Ihre räumliche Nähe spielt für die Nutzung daher eine wichtige Rolle.

Das Sachprogramm

Das Sachprogramm wird - im Unterschied zur Infrastruktur ­nicht als kollektives Gur angeboten, sondern in Form individueller, teilbarer Güter, die zur Nutzung »nach Hause« mitgenommen wer­den. Sachleistungen sind beispielsweise die Bereitstellung von Lern­mitteln, die Einrichtung von Kleiderkammero für Sozialhilfeem­

36 37

Page 19: Heritier Policy Analyse

pfänger, die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln durch die Krankenkassen. Nicht ausgeschlossen ist eine gewisse Eigenbe­teiligung in einzelnen Fällen (Arzneimittel).13 Die Adressaten sol­cher Sachprogramme sind jeweils genau spezifizierte Gruppen. Als Anbieter fungieren Staat und Kommunen, öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie private und freigemeinnützige Organisatio­nen.

Immaterielle Leistungen

Soziale D/enstleistungen

Von ihrer Programmbeschaffenheit her stellen die Humandienstlei­stungen das Gegenteil der materiellen Leistungen dar, denn sie sind physisch nicht greifbar. Diese sozialen Dienstleistungen wer­den in der Kommunikation und Interaktion zwischen Programm­an bieter und Programmklient erbracht. Das Resultat der Pro­grammdurchführung schlägt sich im Verhalten des Programmklien­ten nieder (Uno-actu-Prinzip). Der Klient handelt als Ko-Produzent bei der Leistungserbringung. Humandienstleistungen werden ent­weder freiwillig in Anspruch genommen (ErziehungsberatungssteI­len), oder aber ihre Nutzung ist obligatorisch (Schulunterricht).

Abgestützt werden Humandienstleistungen häufig durch Fi­nanzhilfeprogramme des Staates, die qua Anreizprinzip und Rege­lungsauflagen versuchen, die Art der Leistungserbringung zu be­einflussen .

Sachbezogene Dienstleistungen

Soziale Dienstleistungen sind immer in zwischenmenschliche Kom­munikation eingebunden. Dies trifft für sachbezogene Dienstlei­stungen nicht zu, denn diese erstrecken sich in erster Linie aufDin­ge. Kommunikation zwischen Personen spielt, wenn überhaupt, nur eine randständige Rolle für die Leistungserbringung, die als freiwilliges Angebot (Altpapiersammlung) oder aber als obligato­risch zu nutzende Dienstleistung (Müllabfuhr) erbracht werden

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kann. Weitere Beispiele sind Reparaturarbeiten am Telefonan­schluß durch die Post, Bauarbeiten zum Anschluß an das öffentli­che Kanalnetz, Straßenteinigung etc. Der Adressatenkreis dieser sachbezogenen Dienstleistungen ist breit und diffus, jedoch häufig regional und örtlich gebunden. Sachbezogene Dienstleistungen werden durch Staat und Kommunen oder aber vom Staat beauf­tragten privaten Organisationen erbracht. 14

Verhaltensnormierende Poliey ohne Leistungseharakter ­Die regulative Poliey

Viele staatliche Maßnahmen implizieren überhaupt keine Leistun­gen irgendwelcher Art, sondern versuchen mit verschiedenen Steu­erungsinstrumenten menschliches Verhalten zu regulieren. Zu die­sem Zweck werden auf der prozeduralen und inhaltlichen Ebene allgemeine Verhaltensnormen gesetzt, die nicht im Hinblick auf viele kleine Einzelforderungen zerkleinert werden können (Lowi 1964: 694). Sie richten sich an einzelne Bürger und Organisationen (Mitnick 1980: 383).

Viele solcher Normierungen zwischenmenschlichen Verhaltens werden unter den Begriff »sozialregulative« Policy gefaßt (Smith 1975: 90), so Diskriminierungsverbote gegenüber Frauen, religiö­sen und rassischen Minderheiten. Dazu gehören auch die Straf­rechtsnormen, als »... staatlich sanktionierte Sittennormen ... und Ausdruck eines nicht weiter begründungsbedürftigen Werts« (Mayntz 1983: 53).

Als »alte« oder »kompetitiv-regulative« Policy (Ripley, FrankEn 1982: 109), die als erste erforscht wurde, gelten Maßnahmen zur Regelung der Bedingungen des Marktverhaltens, in erster Linie des Marktzutrittsverhaltens (Wilson 1980, Salarnon 1981a: 150, Lehner u.a. 1983: 361f.), z.B. die Schutzzollpolitik, die Vergabe von Ei­senbahnlizenzen. Die »neuere« regulative Policy oder »protektiv­regulative« Policy (Ripley, Franklin 1982: 132) hingegen konzen­triert sich mehr auf die negativen Konsequenzen der Produktions­weise (Lilley, Miller 1977; Wilson 1980), und sucht bestimmte Per­sonengruppen, wie Frauen, Arbeitnehmer und jugendliche Ver­braucher vor den Folgen wirtschaftlicher Produktionstätigkeit und

39

. Ioc

Page 20: Heritier Policy Analyse

Schaubild 4: Klassifizierung von Policies nach Beschaffenheit

Beschaffenheit Beispiele

moderner Technik zu schützen (Maynrz 1983: 53). Unmittelbar er­strecken sich diese Verhaltensregulierungen nicht auf die Interak­tion zwischen Menschen, sondern auf den Umgang mit Sachen (Bayer, Hochhausen 1985: 14).

Eine andere Gruppe verhaltensnormierender Maßnahmen, zu denen beispielsweise die Mitbestimmung gehört, bezieht sich auf die Gestaltung von Entscheidungsprozessen und die relative Vertei­lung von Entscheidungsrechten zwischen verschiedenen gesell­schaftlichen Gruppen (entscheidungsprozedurale Policy, »consti­tuent policy«; Lowi 1972: 300, Mitnick 1980: 383). Einen besonde­ren Fall stellt der Typ der selbst-regulativen Policy (Salisbury, Heinz 1970: 39) dar, die gesellschaftlichen Organisationen Selbständig­keit und Freiheit von staatlicher Intervention garantiert und damit das Recht auf die eigenständige Regelung ihrer Angelegenheiten. Beispiele dafür bieten soziale Selbstverwaltung in der Sozialversi­cherung und das Tarifvertragsgesetz. Staatlich geregelt werden hier durch prozedurale Verhaltensvorschriften nur die Formen der Ent­scheidungsfindung, jedoch nicht die Inhalte der Entscheidungspro­zesse.

5. Die Merkmalsvielfalt von Polieies

Eine Policy ist ein vielschichtiges Gebilde, das analytisch nie restlos bestimmt werden kann. Jedoch eröffnen die Merkmale Nominalbe­zeichnung, Wirkung, Steuerungsprinzip und Beschaffenheit wich­tige Einsichten: Jeder Policy lassen sich entsprechend vier Merkmale !I'

zuordnen, die ihrerseits wiederum als Ausgangspunkt rur die Ana­ li lyse politisch-administrativer Prozesse und Institutionen dienen. I1

Während die Nominalkategorien zur Analyse von Policy-Netzen 11

geeignet sind. dienen die. Wirkungskategorien zur Untersuchung der politischen und administrativen Arena, in die ein Programm e1rtgebettet ist. Die Klassifizierung nach Steuerungsprinzipien ist in erster Linie wichtig rur die Analyse des Implementationsprozesses,

!I"aber auch relevant für Prozesse der Politikformulierung. Die Be­schaffenheit schließlich ist eine notwendige Voraussetzung rur die Analyse der Durchführungsprozesse. Gewisse Schwierigkeiten erge­

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Materielle Leistungen

positives Transfer- / Einkommensprogramm

negatives Transfer- / Einkommensprogramm

Finanzhilfeprogramm

Infrastrukturprogramm

Sach-Programme

Immaten'e/le Leistungen

Human-Dienstleistungen (soziale Dienstleistungen)

Sach-Dienstleistungen

Verhaltensnormierung , ohne Le/~rtungseharakter/

Regulative Poliey

- Sozialhilfe - Rentenversicherung - Bundesausbildungsförderung

- Steuern - Abgaben

- Subventionen - kommunale Wirtschafts­

förderung

- Schulen - Straßen

- Kleiderkammer - Arzneimittelversorgung durch

durch Krankenkassen

- Ausbildung - Drogenrehabilitation - Sozialpsychiatrische Dienste

- Müllabfuhr - Straßenreinigung

- Arbeitsschutzvorschriften - Kartellrecht - Leihmütter-Frage I

40

Page 21: Heritier Policy Analyse

ben sich bei der Zuordnung nach Wirkungen, weil in erster Linie auf die subjektive Kosten-Nutzen-Einschätzung, aber auch die ob­jektive Bilanzierung von Kosten und Nutzen abgehoben wird.

Die Vidschichtigkeit einer Policy hat überdies zur Folge, daß auch auf einer Ebene zwei oder gar mehr Merkmale kombiniert auf­treten können, so die Verbindung von Geboten und Überzeugung bei der Anschnallpflicht, von Anreizen und Geboten bei Sozialsta­tionen. Regulativ verhaltensnormierende Elemente - etwa für die administrative Durchführung - finden sich fast in allen Policies, auch wenn sie im übrigen einen reinen Leisrungscharakter aufwei­sen. 15 .

I 42

Zweites Kapitel Poliey-Netz und Politikarena

Die Beschreibung und Erfassung von Politikinhalten ist kein Selbst­zweck für die Policy-Analyse, vielmehr sucht sie die systematische Rückbindung von Policies an zentrale Fragen der politikwissen­schaftlichen Disziplin und ist bestrebt, ZusammeQ.hä~~~~~tLen

Policies und politischem V{:rhir!~!},~~};;:Ji,~1?~nl~~li.~ic=~_}:g!<i""RQJ!Ji:_ sehen Institutionen zu ~rgründen, Eine Schlüsselrolle spielen dabei dieanalytischeii Begriffe des Poiicy-Netzes und der Politikarena, Während sich der Begriff Policy-Netz auf die J\~!"el1f..e.l1!1_ci"iE§tj!:td.: tionalisierten Beziehungen-iwlsche-n.Akteuren in eine!p_p.Qlitikf.eld.. beziehr, hebtder-'13eg'fiffaef"P?titikarel1aäurae~"p~litischen.:P.r9: zess, Konfli'tcrund'Kodsensus während Entstehung une! Ou~i.~biüh:: .. 'rung el"ner Pül'icy ab,--",_ ..,"

Laufen wir mit der Verwendung dieser Begriffe Gefahr, einer amerikanisch inspirierten Forschungsmode aufzusitzen, oder han­ddt es sich um tragfähige analytische Konzepte, die dabei behilf­lich sein können, komplexe politische und administrative Prozesse in verschiedenen Politikfeldern zu erschließen und zu systematisie­ren? Bergen diese a;nalytischen Schemata nicht die Gefahr, der komplexen politischen Wirklichkeit übergestülpt zu werden, sich diese gewaltsam anzupassen und damit mehr zu verhüllen als zu enthüllen?

Man muß den neuen analytischen Bemühungen zugutehalten, daß sie in verfeinernd differenzierender Absicht unternommen wer­den: Gemeinsam ist ihnen die Abkehr von einer zentralen politi­schen Bühne, einem einheitlichen politischen Prozess. Der Blick richtet sich auf einzelne Nebenschauplätze der Politik, auf verschie­dene Policy-Bereiche, wie z.B. die Krankenhausfinanzierung oder

43

Page 22: Heritier Policy Analyse

die Agrarpolitik u.a.m. Leitend ist der Gedanke, daß man der Vielfalt und Komplexit~it politischer Prozesse nicht gerecht wird, wenn man im Sinne des traditionellen politikwissenschaftlichen Lehrbuchs nur den wichtigsten politischen lnstiturionen wie Re­gierung, Parlament, Parteien und Verbänden Aufmerksamkeit zollt, daß es in verschiedenen Politikfeldern vielmehr unterschied­liche Konflikt- und Kooperationsmuster zwischen den beteiligten Gruppen und Institutionen gibt, deren Bedeutung nur erfaßt werden kann, wenn die Kamera auf die einzelnen Policy­Schauplätze einschwenkt. So ist etwa die Einflußnahme der Indu­strie eher auf der kleinteiligen Ebene einer Policy, wie bei der Aushandlung von DIN-Normen, festzustellen als in einer Debatte über den Bundeshaushalt (Hucke 1985: 103). Während der Be­griff »Policy-Netz« relativ einfach die Akteure, die an der Entste­hung und Durchführung einer Policy beteiligt sind und deren Be­ziehungen umfaßt, erweisen sich die analytischen Probleme, die mit dem Konzept der Politikarena verbunden sind, als sehr viel schwieriger, weil der Arenabegriff sich daraus ableitet, wie Betrof­fene die Wirkungen öffentlicher Maßnahmen betrachten und dar­auf reagieren. Er schließt damit dynamische Konflikt- und Kon­

sensusprobleme ein. Frühe Vorläufer findet die Diskussion um Policy-Netz und Poli­

tikarena in den Arbeiten der amerikanischen Pluralismusforscher. Sie beschreiben »politische Entscheidungsinseln« in Gemeinden und meinen damit unterschiedliche Politikarenen und Akteur­Netze in den Grenzen funktionaler Policybereiche. Diese sind re­lativ autonom und werden nur durch die Aktivitäten einiger »ge­samtkommunaler« Parteipolitiker und Verbandsfunktionäre ver­bunden. »Jedes (politische System, A.W.H.) setzt sich aus ver­schiedenen Entscheidungsinseln zusammen. Von jeder solchen Insel geht ein Strom von Entscheidungen und Handlungen aus. Die Ströme sind nur locker miteinander verbunden, alle sind rela­tiv autonom. Jede >Insel< besteht aus einer Gruppierung von Be­teiligten, die sich besonders mit den Entscheidungen befassen, die von dieser >Insel< ausgehen« (Kauman 1963; 110; eigene Über­

setzung). Unter Policy-Vorzeichen wurde die Diskussion um die Politik­

arena von Lowi (1964) weitergeführt, der Begriff des Policy-Netzes

erst etliche Jahre sp;iter wieder aufgegriffen. Als dem analytisch ein­facheren Konzept wenden wir uns zuerst dem letzteren zu.

1. Das Policy-Netz

Der Begriff des Policy-Netzes (Policy Network oder Issue Network) wurde von Heclo 16 entwickelt und definiert als Zusammenwirken der unterschiedlichsten exekutiven, legislativen und gesellschaftli­chen Institutionen und Gruppen bei der Entstehung und Durchfüh­rung einer bestimmten Policy (Heclo 1978: 102).17 Auf der Vertika­len erstrecken sich Policy-Netze über verschiedene Ebenen des poli­tisch-administrativen Systems, auf der Horizontalen reichen sie von legislativen und exekutiven Institutionen und Interessensverbänden bis tief in die Gesellschaft hinein.

Die Frage nach der Beteiligung in einem Policy-Netz entscheidet sich nach dem funktionalen Beitrag zur Entstehung und Durchfüh­rung einer Policy. In der Literatur finden sich in dieser Hinsicht ver­schiedene Auffassungen. Heclo grenzt den Kreis der Teilnehmer weit ab und bezieht auch interessierte Wissenschaftler mit ein, während Jordan und Richardson (1983: 609), die von der Policy Community18 in einem Policy-Sektor sprechen, die Grenzen etwas enger ziehen. Beim Begriff des »policy subgovernment« (bezogen auf den »Iron Triangle« von Kongreßfachausschuß, Fachbehärde und Fachverband in den USA) ist die Vorstellung der Exklusivität gegeben. 19

Die Exklusivität eines Policy-Netzes wird auch durch die Bezeich­nung »abgeschottetes«, »geschlossenes« Policy-Netz20 zum Aus­druck gebracht, das durch die relativ geringe Zahl von Beteiligten und den erschwerten Zugang zu diesem Kreis charakterisiert ist. Die Beziehungen zwischen den wenigen Beteiligten sind intensiv, eingeschliffen und häufig institutionalisiert (z.B. Geldpolitik). »Such ,internalized< decisions ... do not emerge from group-depart­mental machinery ... , but are evolved by competition inside go­vernment« 00rdan, Richardson 1983: 610). Schon vor längerer Zeit haben Stokes und Miller auf die relative Abschottung der Entschei­dungsprozesse in der US-Außenpolitik hingewiesen, bei denen sich

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Page 23: Heritier Policy Analyse

Abgeordnete des Kongresses von ihrer Wählerschaft lösen. Bezogen auf kommunale Enlscheidungsprozcsse hob Kjellberg die Exklusivi­tät komplexer Planungsprozesse hervor (Kjcllberg 1977: 566).

Das Gegenstück zum engen Policy-Netz mit exklusivem Charak­ter ist dasoffene Policy-Netz mit vielen Akteuren und einem relativ hohen Grad an Fluktuation und kaum institutionalisierter Zusam­menarbeit. Jordan und Richardson beschreiben das offene Netz als »external disorder«, bei dem eine Vielfalt von Interessen auftreten, deren Beteiligung nicht regelmäßig institutionalisiert ist21 Oordan, Richardson 1983: 610) und eine dominante Koalition fehlt (Heclo 1978: 192).

Auf welchen Policy-Aspekt läßt sich der Begriff des Policy-Netzes analytisch beziehen? In der Regel werden die Akteure eines Politik­feldes, deren Zahl und die Häufigkeit ihrer Kontakte nach nomi­nellen Politikfeldcrn dargestellt. Man spricht vom Policy-Netz der Gesundheitspolitik und meint damit die Gesamtheit der in diesem Bereich an der Policy-Entstehung und -Durchführung Beteiligten. Wir finden hier jedoch deutliche Unterschiede in der Reichweite von Policy-Netzen: »Issue networks« beziehen sich auf relativ schmale, präzis abgesteckte Policy-Fragen (wie z.B. den § 218 StGB), »Policy-Netze« auf breitere Policy-Gebiete (wie z.B. Kran­kenhauspolitik).

SchaubzJd 5: Bezugsfeld Policy

Poliey (nominell) Netz

Beispiele - Gesundheirspolitik - Community

- Bildungspolitik - Subgovernment

Was aber bringt dies aus politikwissenschaftlicher Sicht? Analytisch interessant sind die Policy-Netze nur, wenn sie als Faktoren politi­scher Konflikt- und Koalitionsprozesse auftauchen. Und dies wird in der politischen Wirklichkeit westlicher Demokratien immer häu­figer beobachtet. 22 Intern - innerhalb eines Policy-Netzes - riva­lisieren die Akteure durchaus miteinander, nach außen solidarisie­ren sie sich jedoch.

1()

Der Umstand, daß sich Angehörige verschiedener politischer In­stitutionen und Verwaltungseinrichrungen in der Interessen-Sphäre eines Policy-Bereiches bewegen, ihre wechselseitige Kontrolle ver­mindern und nach außen zusammenhalten, hat zu einer Erstarrung und gegenseitigen Abschottung von Policy-Netzen geführt. So wehren Politiker und Verwaltungen, die sich einem Programmsek­tor verpflichtet fühlen, gemeinsam Kürzungsangriffe auf ihr Lei­stungssystem ab. 23

Die Entstehung von Policy-Netzen wird im wesentlichen auf die Neigung gewählter Politiker zurückgeführt, größere Policy-Blöcke in Einzelleistungen zu disaggregieren, diese »gleichbehandelnd« auf verschiedene Gruppen zu verteilen, um damit die befriedende politische Wirkung der distributiven Policy zu erzielen und die Stimmen der Leistungsempfänger zu gewinnen (Lowi 1964: 677f.). Daher wird distributive Policy als der fruchtbarste Boden betrach­tet, auf dem diese Netze gedeihen und wahre Leisrungsseilschaften bilden. Im Laufe der Zeit wurde die Anwendung des Begriffs je­doch auf sämtliche Policy-Typen ausgedehnt.

Die Ausrichtung politischen Handeins an einzelnen Poliey­Netzen, die Überlagerung von Partei- und Organ-Loyalitäten durch Policy-Loyalitäten haben zur Folge, daß die wechselseitige Kontrol­le vermindert wird. Allerdings wirken in parlamentarischen Demo­kratien die verbindende Funktion der Volksparteien sowie hetero­gene Interessen integrierende Verbände (z.B. Industriegewerk­schaften) einer allzu starken Verselbständigung von Policy-Netzen entgegen.

2. Die Politikarena

Bildet das Policy-Netz die Akteure und die Beziehungen zwischen diesen Akteuren in einem Politikfeld ab, so hebt der Begriff der Po­litikarena stärker auf die politischen Konflikt- und Konsensuspro­zesse innerhalb eines Policy-Bereichs ab. Will man das Konzept »Politikarena« verstehen, so wie es Lowi entwickelt hat, muß man die Wirkung einer Poliey im Auge behalten. Denn dem Arenabe­griff liegt die These zugrunde, daß öffentliche Maßnahmen auf­

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Page 24: Heritier Policy Analyse

grund ihrer antizipierten Wirkungen bei den Betroffenen bestimm­te Reaktionen und Erwartungen auslösen, die dann die politische Auseinandersetzung, den politischen Entscheidungsprozeß (aber auch den Durchführungsprozeß) prägen. Zentrale Bestimmungs­faktoren einer Politikarena sind somit Kosten und Nutzen, die von den Betroffenen erwartet werden, sowie die Steuerungsstrategie , mittels deren Kosten und Nutzen vermittelt werden. Damit sind wir wieder bei dem Begriffspaar distributive / redistributive Policy angelagt, die Lowi eben unter dem Gesichtspunkt der Arenastruk­

tur entwickelt hat. Da distributive Policy Leistungen vermittelt, um bestimmte (pri­

vate) Aktivitäten zu steigern, und häufig mittels Anreizen und An­gebote~ arbeitet, impliziert sie ein geringes Maß an Zwang. Sie wird in der Öffentlichkeit als Maßnahme angesehen, die nur Nut­zen verteilt und keine Kosten für irgendeine Gruppe verursacht. Dies erklärt, warum in der Politikformulierung distributive Policies nicht als miteinander konkurrierend beurteilt werden (Ripley, Fran­klin 1982: 71) und die Politikarena, in die sie gebettet sind, durch Konsensus und freundliche Gleichgültigkeit geprägt sind. Es arti­kuliert sich keine Opposition gegen einzelne distributive Maßnah­men. SoUte dies unerwarteterweise doch geschehen, so werden po­tentielle Opponenten in die Leistungsverteilung einbezogen. Wil­son nennt Policies, die Nutzen breit verteilen, wie beispielsweise das Kindergeld, »majoritarian politics« (Wilson 1980: 366). Im poli­tischen Prozeß ergeben sich kaum Auseinandersetzungen, kämpfe­rische, widerstreitende Organisationen treten nicht auf, weil eine große Zahl von Adressaten in nur gerin'gem Umfang begünstigt

wird. 24

Handelt es sich nicht um gleichartige, sondern unterschiedliche Leistungen an verschiedene Gruppen, die auf niemandes Kosten gehen, so entfaltet sich die distributive Policy in einer ebenso ge­ruhsamen politischen Szene, in der verschiedene Forderungen friedlich nebeneinander stehen und die Empfänger sich wechselsei­tig unterstützen, um in den Genuß öffentlicher Zuwendungen zu gelangen. Es ist die Situation des klassischen »Kuhhandels« der »Pork-Barrel-Politik«: Vielfältige Einzelforderungen werden in ei­nem Paket zusammengeschnürt und nach dem Prinzip der »wech­selseitigen Nichteinmischung« (Schattschneider 1935: 135) gemein­

sam verabschiedet. »... is a politics of every man for hirnself« (Lowi 1964: 692); es sind Geschäfte auf Gegenseitigkeit. 2~

Im Unterschied dazu strebt redistributive Policy die bewußte Umlenkung und Verlagerung von finanziellen Mitteln, Rechten oder anderen Werten zwischen sozialen Schichten und Gruppen der Gesellschaft an. Zwangsläufig werden einige zu Gewinnern, an­dere zu Verlierern dieses Umverteilungsspiels. Um die Umvertei­lung durchzusetzen, sind »highly coercive techniques« (Lowi 1964), d.h. staatliche Zwangsmaßnahmen erforderlich. Daher versteht es sich von selbst, daß der politische Prozeß bei Umverteilungsent­scheidungen sich nicht harmonisch und konsensual gestaltet, son­dern konfliktreich und polarisiert verläuft. Dauerhafte, tiefgreifen­de Widersprüche zwischen Arm und Reich, die weltanschaulich un­termauert sind, geben ihr das Gepräge. Das Abstimmungsverhal­ten der Parlamentarier bleibt konstant innerhalb der festgefügten, ideologisch überformten Strukturen und ist leicht kalkulierbar. Es gibt selten wechselnde Koalitionen.

Auch regulative Policies - obwohl ohne Leistungscharakter ­bringen mittelbar bestimmte Kosten-Nutzen-Verwerfungen her­vor. Indem sie die Bedingungen setzen, unter denen private Aktivi­täten stattfinden dürfen, implizieren sie eine Einschränkung oder Ausweitung von Handlungsmöglichkeiten, die einigen zum Nut­zen, anderen zum Schaden gereichen (Ingram, Ullery 1980: 666). Die Konfliktlinien, die sich in der Politikarena herausbilden, wech­seln jedoch häufig - je nach Regulierungsbetroffenheit - und verlaufen nicht nach den klassischen Konfliktlinien von »Haves« und »Have-Nots«.

Konzentrieren sich Kosten und Nutzen auf kleinere Einheiten, deutlich abgrenzbare Gruppen, Industriezweige oder Regionen, gedeihen Konflikte zwischen kleinen, schlagkräftigen Organisatio­nen. Regulierungen zugunsten abgrenzbarer, durchsetzungsfähiger Gruppen setzen für diese Anreize, sich zu organisieren und für den Nutzen bzw. gegen die Belastung zu kämpfen. Die breite Öffent­lichkeit verhält sich in solchen Fällen indifferent (Wilson 1980: 368). Als Beispiel einer solchen gruppenkonzentrierten KostenNut­zen-Umschichtung läßt sich die Auseinandersetzung um die Tarif­gesetzgebung anführen, auch die Regelung des Marktzugangs von Unternehmen und deren Preisverhalten, die »alte regulative Politik«

49 48

Page 25: Heritier Policy Analyse

(Salamon 1981a: 1')0). Zwischen den abgrenzbaren Betroffenen­gruppen werden mittelbar Kosten und Nutzen umgeschichtet. Von den »Verlierern« werden diese Maßnahmen als (mittelbar) redistri­butive Politik bekämpft.

Eine breite Verteilung von Kosten bei gleichzeitiger Konzentra­tion des Nutzens veranlaßt die Gewinner, sich zu organisieren, während die Masse der in geringem Maße negativ Betroffenen kei­nen Anreiz sieht, sich in organisierter Form zu wehren. Jedoch hat­te die Entstehung von »Public Interest Groups«, die für die vielen Betroffenen handeln, ohne daß sich diese organisieren, zur Folge, daß der »normale« Nutzen der Nutznießer-Gruppe geschmälert wird (Wilson 1980: 369). Als Beispiel dieser Kosten-Nutzen-Vertei­lung lassen sich Umwelt-, Konsumenten- und Arbeitsschutz anfüh­ren; sie ist die »neue regulative Politik«, die vor allem die Folgen in­dustrieller Produktionsprozesse für die Allgemeinheit zu regeln sucht (Salamon 1981a: 150).

Streut ein relativ geringer Nutzen breit, und kumulieren sich die Kosten bei einer relativ kleinen Gruppe, so ist das Interesse der letz­teren hoch, sich zur Bekämpfung dieser Maßnahmen zu organisie­ren. Ein politischer Entrepreneur26 muß sich als Mentor der Maß­nahme bestätigen, die einer breiten Mehrheit Nutzen verschaffen soll. Beispiele seiner solchen Politik sind Umwelt- und Konsumen­tenschutz (Wilson 1980: 370).

Es würde nun jedoch zu kurz greifen, wenn man die Auswirkun­gen regulativer Politik und die dadurch ausgelösten politischen Re­aktionen nur auf der Ebene materiellen Nutzens und materieller Kosten sehen würde. So im Falle der sozial-regulativen Policy. Die­se Art von Politik sucht gesellschaftliche Wertvorstellungen, Nor­men z~ischenmenschlichenVerhaltens und institutionellen Verhal­tens zu beeinflussen, etwa durch die Gesetzgebung zur gesellschaft­lichen Gleichstellung der Frau, und ruft so emotionale Unterstüt-' zung und Ablehnung für tief verankerte gesellschaftliche Werte hervor (Smith 1975: 90).

Die politische Szene der sozialregulativen Policy ist durch ihre ideologische Orientierung, das Auftreten von »Single Issue Groups«, die herausragende Rolle der Justiz (Tatalovich, Daynes 1984: 209-212) sowie das Fehlen eingespielter Policy-Netz-Interak­tionen gekennzeichnet. Aufgrund der emotionalen Aufladung sind

Konflikte häufig und heftig in dieser Arena. Da es schwieriger ist, in moralischen Fragen Kompromisse zu schließen als in Fragen der Verteilung von Leistungen, ist Konsensus nur schwer herzustellen.

Einige formale Policy-Aspekte tragen wesentlich dazu bei, die Wirkungen von Maßnahmen zu erhöhen oder abzuschwächen, den Programmwiderstand zu verstärken oder zu mildern. So die Sicht­barkeit einer Policy: Eine »sichtbare« Umverteilungsmaßnahme löst in der Politikarena mehr Kritik seitens der Programmverlierer aus als eine unauffällige Maßnahme. So erlangte das Bundesausbil­dungsförderungsgesetz als Umverteilungsprogramm Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit, weil es eine bestimmte Summe Geldes pro Mo­nat an Schüler und Studenten bezahlt, und wurde dadurch poli­tisch verletzbarer als die Umverteilung von Ressourcen, die durch Kinderfreibeträge in der Steuergesetzgebung ermöglicht wird. Die­se vollzieht sich »im Versteckten« und damit unangefochtener. Dar­über hinaus spielt bei der Entstehung der »Sichtbarkeit« auch die klare soziale Abgrenzbarkeit der Empfänger eine Rolle, wie bei­spielsweise ein Vergleich von Bafög und Wohngeld deutlich macht. Edelman bewertet die Unsichtbarkeit von staatlichen Maßnahmen als den wichtigsten Grund für die relative Unfähigkeit relativ großer Gruppen, ihre materiellen Forderungen in der Politik durchzuset­zen. Er geht davon aus, daß »... staatliche Maßnahmen der Marktre­gulierung , z. B. die Erlangung von Vorteilen durch idenrifizierbare, organisierte Gruppen auf Kosten von Steuerzahlern, Verbrauchern und sonstigen nichtorganisierten Gruppen letztlich begünstigen, nur möglich sind, weil letztere überhaupt nicht wissen, was gespielt wird. Was für sie unsichtbar ist, stößt weder auf Interesse noch auf politische Sanktionen« (Edelman 1976: 32).

Ebenso abschwächend bzw. verstärkend auf die Konflikte in det Politikarena wirkt die Langfristigkeit bzw. Kurzfristigkeit einer Maßnahme. Ist eine Umverteilungsmaßnahme erst langfristig ge­plant, so verliert sie an Brisanz. Soll sie jedoch kurzfristig in Kraft gesetzt werden und von langer Dauer sein, so wird sie leicht zum Zündpunkt von Auseinandersetzungen.

Auch die Abgrenzbarkeit einer Policy beeinflußt die politischen Reaktionsmöglichkeiten. Ist sie faßbar, so ist die unmittelbare Re­aktion, die Artikulation von Befürwortung und Widerspruch leich­ter. Schneidet eine Maßnahme jedoch durch viele nominelle Poli­

~ 50 l _ 51

Page 26: Heritier Policy Analyse

Schaubz/d 6: Poliey und Politikarena

Poliey Aren<l Poliey Arena

distributiv - konsensual regulativ - wechselnde Koalitionen und

Steuerungsprinzzp: Anreiz - keine Opposition, weil keine

SteuerungsprinzIp: - ~~aatlicher Zwang

Konfliktlinien

Kosten gesehen werden - Uberzeugung Merkmale: (- Vorbild)

Unendliche Teilbarkeit der Leistungen

Beispiele:

- potentielle Opposition wird in Leistungsspektrum integriert (Pork Barrel Politics)

Merkmale: Allgemeine Verhaltensregeln für Gruppen oder Allgemeinheit Beispiele: - Kartellrecht

- Forschungszuschüsse an - Dominanz von Policy Commu­ - Preisregulierung

-Universitäten Zuschüsse an Kommunen

nities (Subgovernments) »Leistungsgemeinschaften«

--

Arbeitsschutz Frauenrechte

- Steuererleichterungen Auf klar abgrenz bare, kleinere - konfliktintensiv für Hausbau Gruppen (Einheiten) entfallende - starker Anreiz, sich zu

- Patente an Erfinder Nutzen und Kosten orgal11S1eren Beispiele: - »General Public« indifferent

Nutzen (distributiv) und Kosten breit streuend

Beispiele: - Kindergeld - Krankenversicherung

- »Mehrheitspolitik« (Wilson 1980) - keine kämpferischen

Organisationen

- Krankenhausfinanzierung - Tarifgesetzgebung

--------­Breite Streuung relativ geringer Kosten; Konzentration von Nutzen auf eine kleine Gruppe (kompetitiv-regulative Politik)

- Nutznießer organisiert - Masse relativ indifferent,

wenn nicht »Public interest«­Gruppe versucht, Nutzen

Beispiel: zu reduzieren - Kartellrecht

redistributiv - konfliktorientiert

Steuerungspn"nZlp: - Polarisierung zwischen Breite Streuung eines relativ geringen Nutzen; Konzentration

- kostentragende Gruppe organisiert

staatlicher Zwang »Gewinnern« und »Verlierern« der Kosten - Große Nutznießergruppe - Gebot, Verbot

Merkmale:

(protektiv-regulative Politik) Beispiele: - Konsumentenschutz

durch politischen Entrepreneur mobilisiert

Relation zwischen Kosten - ideologisch untetmauert - Umweltschutz und Nutzen deutlich

sozial-regulativ - konfliktreich Betip/ele: nicht auf materielle Nutzen - ideologisiert - Progressive Besteuerung - Sozialhilfe - Rentenversicherung - Gesamtschule

- von organisierten Gruppen (z.B. Gewerkschaften und Ar­beitgeberverbänden dominiert)

und Kosten bezogen, sondern auf Formen der sozialen Interaktion Betipiele: - Bürgerrechtspolitik

----

geringe Konsensusfähigkeit »Single Issue Groups« soziale Bewegung zentrale Rolle der Gerichte

- Mitbestimmung - Abtreibungspolitik

')2 53

Page 27: Heritier Policy Analyse

eies hindurch, wird die politische Reaktion erschwert, die Möglich­keit, die Betroffenen zu mobilisieren, ist begrenzt (Sheffer 1977: 535), so z.B. bei der Verwaltungsvereinfachung.

Ähnliches bewirkt eine hohe sachliche Interdependenz von Poli­eies. Sie behindert die Herausbildung einer politischen Arena um einen Issue. Wenn dies unter Umständen dennoch geschieht, so deshalb, weil die Betroffenen die Verflochtenheit nicht wahrneh­men. Ebensowenig politisch aktivierend wirkt die vage Rahmenre­gelung einer Policy, denn diese ermöglicht es allen Beteiligten, sich als Nutznießer einer öffentlichen Maßnahme zu sehen oder zumin­dest nicht als explizite Verlierer. Die heikle und konfliktträchtige Präzisierung von Maßnahmen wird auf den Durchführungsprozeß verschoben. Eine Rahmengesetzgebung läßt sich beschreiben als »... verbale Formel, die die Mehrheit der Kongressmitglieder als Ba­sis akzeptieren, um weitere Auseinandersetzungen auszutragen. Sie setzt neue Grundregeln fest, nach denen der Konflikt um eine Sa­che ausgefochten wird« (Bauer, Dexter, Pool 1963: 426f.; eig. Übers.) Durch das Abtreten breiter Gestaltungskompetenz an die durchführenden Verwaltungen und Gruppen sind die Volksvertre­ter nicht gezwungen, zwischen konfligierenden Interessen zu wäh­len und die »Strafe« eines Verlustes an Wählerstimmen hinzuneh­men. Gleichzeitig können sie diejenigen zufriedenstellen, die nach einer Veränderung von Politik rufen, indem sie dem Rahmenbe­schluß eine Note von Reformpolitik verleihen (Lowi 1971: 59). So kann das Rahmengesetz auch von widerstreitenden Beteiligten je­weils als »Sieg« verbucht werden.

Das Übersetzungsgelenk zwischen Policy und Arena

»It is not the actual outcomes but the expectations as to what the outcomes can be that shape the issues and determine their politics« (Lowi 1964: 707). Die Behauptung, daß ein Zusammenhang zwi­schen der Perzeption einer bestimmten Policy durch die Betroffe­nen und der Struktur der Politikarena besteht, basiert auf der An­nahme, daß die Betroffenen Kosten oder Nutzen mit dieser Maß· nahme verbinden. Je nach dem drückt der Bürger/Wähler öffentli­chen Protest / öffentliche Zustimmung oder ein positives oder nega­

tives Votum in Sachplebisziten aus oder aber entzieht seinem Re­präsentanten oder seiner Partei die Stimme. Nun gibt es verschiede­ne Verfremdungsmomente, die den glatten Ablauf dieser Überset­zungslogik stören. So hat die Kritik der ökonomischen Kosten-Nut­zen-Theorie politischen Verhaltens auf die geringe Sachbezogen­heit und häufige Irrationalität des Wählerverhaltens hingewiesen und die Orientierung der Wähler an Persönlichkeitsmerkmalen von Politikern und diffusen Parteibildern (Butler, Stokes 1969) betont. Im Fall der sozialregulativen Policy liegen die Grenzen einer mate­riellen Kosten-Nutzen-Überlegung offen auf der Hand. Trotz aller Einschränkungen bilden materielle Kosten-Nutzen-Kalküle für weite Bereiche politischen Verhaltens eine wichtige Erklärung für die Reaktion auf verschiedene Policies, deren Grenzen jedoch im Auge behalten werden müssen.

Außer der »Irrationalität« politischen Verhaltens tragen noch wei­tere »Verfremdungs- oder Störfaktoren« dazu bei, den einfachen Zusammenhang von Kosten-Nutzen-Erwartung und politischer Re­aktion zu verwischen. Sie liegen zum einen im Charakter von Poli­eies selbst, zum anderen in bestimmten institutionellen Merkmalen des politischen Prozesses begründet.

Policies sind nur schwer in analytisch eindeutige und unter­scheidbare Kategorien einzuteilen. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß eine Policy vielschichtig ist, mehrere Aspekte umfaßt, die jeweils unterschiedlichen Policy Kategorien zugeordnet werden können. Von den verschiedenen Merkmalen erweist sich in der politischen Auseinandersetzung ein Element als dominant und bestimmt die politische Reaktion auf die Policy. So kann eine Maß­nahme gleichzeitig manche Gruppen begünstigen und andere bela­sten, sie kann Steuerungsprinzipien kombinieren, um zu einer be­stimmten Nutzen- oder Kostenverteilung zu gelangen. Welches Element dies ist, ist eine Frage der politischen Definitionsmacht (Windhoff-Heritier 1983b: 355). Denn in politischen Konflikten einigen sich die Gegner nicht wie in akademischen Auseinanderset­zungen relativ früh auf die Definition von Fragen. Im Gegenteil, die Definition von Alternativen stellt das entscheidende Machtin­strument dar. Die Gegenspieler finden selten Konsensus darüber, welches eigentlich die zentralen Fragen sind, weil die Definition Macht impliziert. »Derjenige, der bestimmt, worum es in der poli­

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tischen Auseinandersetzung geht, regien das Land, denn die Defi­nition von Alternativen ist gleichzeitig die Wahl von Konflikten und die Wahl von Konflikten verteilt Macht ... « (SchattSchneider

1967: 68; eig. Übers.) Die Sichtweise einer Policy kann sich im Verlaufe der Zeit än­

dern. Allerdings bieten nicht alle Policies gleichviel Spielraum zur beliebigen Interpretation und Perzeption eines »dominierenden« Elementes. Einfache, ))harte« Programme bieten weniger, »weiche«, komplexe Programme bieten mehr Möglichkeiten für Umdefini­tion. Gruppenkonflikte verschränken sich mit der Definition von Policies, einmal geschaffene »harte« Policy-Elemente wirken auf den politischen Prozeß zurück. So analysiert Eckstein am Beispiel des britischen Gesundheitssystems, wie der Umverteilungsimpetus des Programms geschwächt wurde durch die Abhängigkeit der Nutznießer von den ))Programmverlierern«, den Ärzten. Unbe­merkt verlor das Programm im Verlaufe der Durchführung einige seiner redistributiven Stacheln. Jedoch schränkten umgekehrt die einmal gefällten gesundheitspolitischen Entscheidungen auch die Handlungsmöglichkeiten der Ärzteverbände ein (Eckstein 1963: 408).27 Gerade bei Umverteilungspolitik läßt sich beobachten, daß sich - soweit möglich - kontinuierlich ein behutsamer Umdefi­nierungsprozeß vollzieht, dessen Ziel es ist, Umverteilung in vertei­lende Politik abzuwandeln.

Häufig wird redistributiven Programmen dadurch die Spitze ge­nommen, daß ihnen distributive Elemente hinzugefügt werden, um Widerstände gegen das Programm abzubauen. Der Begriff des »legitimatorischen Umverteilungsparadoxon« (Grortian) bringt die­sen Zusammenhang zum Ausdruck,wonach Umverteilungspolitik nur dann politisch durchsetzbar ist, wenn sie selbst nicht als Umver­teilungsmaßnahme thematisiert und politisch diskutiert wird. Schweisfurth stellt anhand des Beispiels Bundesausbildungsförde­rung die reformpolitische oder umverteilungspolitische »Umweg­Thematisierung« dar. Erst die letztere bietet Chancen der politi­schen Realisierung: ))Umverteilende Ausbildungsbeihilfeprogram­me wie BAFöG (werden) nur dann politisierungs- und durchset­zungsfähig ... , wenn der Umverteilungsaspekt gerade nicht zum Gegenstand des Politisierungsprozesses wird und mittels Issue­Labeling in ein krisenlösendes Spill-over-Programm umdefiniert

werden kann (Umweg-Thematisierung)« (Schweisfurth 1985: 32). Das Umetikettieren, das ))Issue-Relabeling«, erfolgt so, daß eine möglichst breite Legitimationsbasis geschaffen wird (Nelson 1978: 20). Im Falle der Ausbildungsförderung versuchte man nach dem »Sputnikschock« 1957 die breite Förderung als Maßnahme darzu­stellen, die zur Mobilisierung von Begabungsreserven und zur Ga­rantierung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit der Bundesre­publik nötig sei (Schweisfurth 1985: 64). Das Beispiel macht deut­lich, daß der Kosten-Nutzen-Aspekt einer Policy nicht immer klar hervortritt, zuweilen gar bewußt verhüllt wird.

Ein klarer Zusammenhang zwischen Kosten und Nutzenaspekten einer Policy und deren politischer Ablehnung oder Unterstützung wird nicht nur durch die Vielschichtigkeit von Policies verwischt, sondern auch durch bestimmte institutionelle Momente des politi­schen Prozesses. Rein theoretisch ließe sich argumentieren, daß der politische Entscheider, der Volksvertreter, die individuellen Nut­zenperspektiven seiner Wähler aggregiert und in seinen Entschei­dungsprozeß münden läßt, weil er nach dem Prinzip der Stimmen­maximierung handelt. Die »Reinheit« dieses Zusammenhangs wird allerdings durch die Parteigebundenheit und die Fraktionsdisziplin getrübt, denen der einzelne Repräsentant Rechnung tragen muß, was nicht immer auch eine Unterstützung seiner Wählerinteressen bedeutet. Außerdem fühlen sich manche Repräsentanten von eini­gen Fragen nicht berührt, weil sie nicht zentrale Interessen ihrer Wählerschaft tangieren. Sie nutzen in dieser Situation ihre Unter­stützungsbereitschaft als politische Ressource, die sie Kollegen an­bieten, um wiederum deren Unterstützung in sie unmittelbar be­treffenden Fragen zu gewinnen. Auch hier wird die individuelle Stimmenmaximierungslogik des einzelnen Repräsentanten ver­wischt.

Werden Zusammenhänge zwischen Policies und Struktur der Entscheidungsarena betrachtet, so müssen bei der Analyse einzel­ner Issues diese möglichen Verfremdungseinflüsse bedacht und Aussagen entsprechend differenziert werden.

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3. Die Dynamisierung der Analyse

Eine Policy ist keine statische, konstante Größe, vielmehr ein flie­ßendes, ungefestigtes Phänomen, das sich im Verlaufe der Zeit wandelt. Diese Veränderung gilt es nachzuvollziehen, damit auch die Struktur der Politikarena und des die Policy tragenden Netzes. So kann das Policy-Netz der Politikformulierung bei der Imple­mentation anders aussehen: Manche Akteure treten in den Hinter­grund, andere tauchen auf oder spielen eine gewichtigere Rolle als vorher, was für die Policy-Substanz von großer Bedeutung ist. So mag ein Policy-Netz in der Formulierungsphase tragfähig und ko­härent sein, fällt aber in der Implementation auseinander, insbe­sondere dann, wenn fundamentale Fragen während der Politikfor­mulierung ausgeklammert und in die Durchführungsphase ver­schoben wurden Gordan, Richardson 1983: 608). Ein neues Netz bildet sich heraus; damit kann sich auch der Inhalt der Policy verän­

dern. Auch die Politikarena ist Veränderungen unterworfen. Ur­

sprünglich auf die Politikformulierung bezogen, ist es durchaus sinnvoll, den Begriff auch auf die Durchführung anzuwenden und den Prozeß der politischen Auseinandersetzung zwischen verschie­denen Implementationsakteuren um die Ausgestaltung des Pro­grammes nachzuzeichnen. So läßt sich beobachten, daß das, was auf Bundesebene als distributives Programm konzipiert wurde, sich in der Durchführung auf der regionalen Ebene als redistributives Programm darstellt, weil beispielsweise eine begrenzte Summe von Zuschüssen an eine große Zahl von Bewerbern verteilt werden muß, die um die Mittel konkurrieren (Gemeindeverkehrsfinanzierung).

Vollziehen sich diese Veränderungen im Verlaufe eines Politik­zyklus, so läßt sich ein Wandel auch über mehrere Politikzyklus­Durchläufe feststellen. Im Verlaufe der »Lebensgeschichte« einer Policy werden verschiedene Instrumente eingesetzt, die sich in der Struktur der Politikarena niederschlagen. Wir erinnern an die »ex­haustion of tools« (Ingram, Ullery 1980: 670), die eine Anwendung immer »stärkerer« Politikinstrumente impliziert. Diese gehen je­weils mit einer Erhöhung der Anwendung staatlichen Zwanges ein­her. Wird beispielsweise zunächst mittels Anreizen und distributi­ver Politik versucht, ein bestimmtes Verhalten zu induzieren, und

bleibt dies erfolglos, so bietet sich als nächster Schritt die Verhal­tensvorschrift an, die noch durch distributive Anreize »versüßt« werden kann, um dann von den Anreizen ganz abzusehen und zu einer strengen regulativen Politik mit entsprechenden Sanktionen fortzuschreiten.

Veränderungen in der Policy-Entwicklung lassen sich auch durch das Konstrukt »Arenawechsel« erklären. Das Konzept setzt voraus, daß wir uns von der Vorstellung lösen, daß in einem Policy-Bereich nur ein Policy-Netz entscheidungsrelevant ist. Vielmehr können zwei oder mehrere Policy-Netze dafür zuständig sein, eine Policy ei­ner abschließenden Entscheidung zuzuführen. Die Arenen werden in unterschiedlichen Phasen der Entwicklung einer Policy aktuali­siert. Ein Wechsel wird von denjenigen herbeigeführt, die sich in einer Politikarena als»Verlierer« sehen oder die die Policy-Entwick­lung als zu langsam und stagnierend empfinden. Durch den Arena­wechsel können diese Betroffenen unter Umständen eine günstige­re Handlungsposition gewinnen und in der Auseinandersetzung das Policy-Ergebnis stärker beeinflussen.

Wilsford setzt dem offenen, fragmentierten Policy-Netz28 das ge­schlossene Policy-Netz gegenüber: In der offenen Arena tummeln sich eine Vielzahl von Akteuren, die konfligierende Interessen ver­folgen und sich in einem offenen Entscheidungsprozeß auseinan­dersetzen. Dies hat zur Folge, daß nur inkrementale Policy-Verän­derungen herbeigeführt werden können, was manche Akteure ver­anlassen kann, aus dem offenen Policy-Netz »auszusteigen« und die Entscheidung in einem alternativen geschlossenen Policy-Netz vor­anzutreiben. Denn in der geschlossenen Arena können substantiel­le Entscheidungen leichter herbeigeführt werden, weil die Zahl der Teilnehmer begrenzt ist (Wilsford 1984: 431). Als Beispiel für eine Flucht aus der »Stalemate«-Situation der offenen Politikarena läßt sich die Einschaltung der Gerichte in den Entscheidungsprozeß nennen. Durch diesen Arenawechsel wurde beispielsweise in den USA die Bürgerrechtspolitik für die Schwarzen gefördert. Die Öff­nung der Politikarena in den 60er Jahren zog das Auftreten einer Vielzahl von politischen Gruppen nach sich, brachte jedoch keine subtantiellen Policy-Fortschritte. Erst mit der Aktualisierung einer alternativen, geschlossenen Arena, die vom Obersten Gerichtshof (und nachher von einzelnen Präsidenten) beherrscht wurde, gelang

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selbständige: Netze mit entsprechenden Arena-Strukturen verfüg­eine Beschleunigung der Policy-Entwicklung. Umgekehrt wird bar sind, die einen Enrscheidungsprozeß zum Abschluß bringen durch die bewußte Erweiterung des Policy-Netzes, das Umsteigen können. Die Teilnahme an den zwei oder mehr Netzen (Arenen) in eine offene, pluralistisch strukturierte Arena, die Policy-Entwick­ J

lung bewußt verlangsamt. Allerdings kann die damit verbundene Publizitätserhöhung auch eine Beschleunigung der Policy-Entwick­lung vorbereiten, indem sie den Bekanntheitsgrad der Policy und das diesbezügliche Problembewußtsein erhöht. Zu dieser Auswei­tung eines Konflikts, »the socializing of conflict« (Schattschneider 1967: 36) nehmen häufig schwache »Verlierer» einer Politik Zu­flucht, indem sie sich neue politische Verbündete suchen, die durch die Umdefinierung eines Issues oder die Hervorhebung bis­lang wenig berücksichtigter Aspekte gewonnen werden, also durch die Umetikettierung einer Policy.

Der gängigen Auffassung, daß fragmentierte politische Systeme nur kleine Policy-Veränderungen herbeiführen können, stellt die These vom möglichen Arenawechsel die Perspektive gegenüber, daß die weite Streuung von Ressourcen und Entscheidungsszenen Gelegenheiten bieten und auch die Motivation fördern, Policy-In­novationen zu erproben. Ein fragmentiertes offenes Policy-System eröffnet mehr Chancen, in diesem Feld Reputation, Einfluß und Fachkompetenz zu entwickeln (Ingram, Ullery 1980: 672). Bauen sich in einer Arena bedeutsame Widerstände gegen Neuerungen auf, wenn der angestrebte Wandel Kosten für eine Betroffenen­gruppe impliziert, stehen immer alternative Policy-Arenas als Aus­weichmöglichkeiten offen. 29 So können die»Verlierer« in einer Are­na sich in einer anderen Entscheidungsszene »trösten« lassen: Nach­dem die Ausbildungsförderung auf Bundesebene reduziert wurde, legten einzelne Länder neue Förderprogramme auf. Auf diese Wei­se kann das fragmentierte Policy System mehr und vielfältigere In­teressen einbinden, als dies in einem integrierten, hierarchischen politischen System möglich ist. Die Verteilung kompensierender Leistungen » ... is often more feasible for aseparate organization .. , rather than the organization which allocates costs« (Ingram, Ullery

1980: 677). Insgesamt erscheint das Konzept des Arena- oder Policy-Netz-

Wechsels durchaus brauchbar, um Veränderungen, Brüche, Be­schleunigungen oder Verlangsamungen von Policy-Entwicklungen zu erklären. Voraussetzung dafür ist, daß zwei oder mehr relativ

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kann sich bei einigen (wenigen) Akteuren auch überlappen. Für die Langzeitentwicklung von Policy-Netzen und Politikare­

nen sind somit drei analytische Perspektiven wichtig: Erstens muß die Entwicklung eines Policy-Netzes und einer Politikarena im Rah­men des Politikzyklus (siehe S. 64ff) untersucht werden und nach Veränderungen während der Politikformulierung gegenüber der Politikimplementation gefragt werden. Zweitens müssen typische Policy-Sequenzen und Instrumenteabfolgen über mehrere Politik­zyklen hinweg herausgearbeitet werden. Drittens erscheint es inter­essant, Policy-Veränderungen unter dem Gesichtspunkt des Policy­Netz- bzw. Arenawechsels wichtiger Akteure zu analysieren.

4. Die analytische Zusammenführung von Politikarena und Poliey-Netz

Es erscheint wünschenswert, das Policy-Netz als die objektive Struk­, tur, das »Skelett« einer Policy, und die Politikarena als Ausfluß sub­

jektiver Erwartungen der Betroffenen gegenüber einer Policy und der dadurch ausgelösten politischen Reaktionen stärker aufeinander zu beziehen. Denn die Politikarena - ohne harten, objektivierba­ren Kern - steht in Gefahr, zwischen den Händen zu zerfließen: Die analytischen Policy-Kategorien distributiv / redistributiv konsti­tuieren keine Policy »an sich«, sondern ergeben sich nur aus den Perzeptionen von Betroffenen und deren politischen Reaktionen (Unterstützung oder Widerstand).30 Ebenso wie bei der Analyse der Policy-Wirkungen vorgeschlagen wurde, diese so weit wie möglich zu konkretisieren, erscheint es sinnvoll, dem Arenabegriff Lowis ei­nige »objektive Streben« einzuziehen, d.h. die konkreten Elemente des Policy-Netzes mit den aus Erwartungen fließenden politischen Verhaltensweisen der Arena zu verbinden. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die konkreten Elemente, also die beteiligten Akteure und Institutionen, deren Zahl und Art der formalisierten Bezie­hungen (Policy-Netz) zu analysieren. Diese objektive Struktur wird

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den politischen Reaktionen gegenübergestellt, die aus der Perzep­tion bestimmter Kosten und Nutzen oder allgemeiner Wirkungen einer Policy resultieren. Sie stellen sich als Zustimmung, Wider­spruch, Gleichgültigkeit dar und machen die Verhaltensdemente der Arenastruktur aus.

Was bringt eine solche Zusammenfassung und Gegenüberstel­lung objektiver und subjektiver Elemente von Policy-Netz und Are­na? Die Arena wird nicht nur durch das Konflikt- und Konsensus­verhalten bestimmt, sondern auch durch objektive Akteure und In­stitutionen und deren formalisierte Beziehungen, erhält dadurch ein festes Gerüst. Die Darstellung der ganzen objektiven und sub­jektiven Merkmalsvielfalt einer Policy und einer Arena kann deut­lich machen, an welchen strittigen Elementen einer Policy sich die politische Diskussion emotional entzündet und politische Reaktio­nen auslöst, welche Elemente stillschweigend akzeptiert werden. Gerade in einer Langzeitanalyse von Policy-Entwicklungen kann mit Hilfe dieser Gegenüberstellung von subjektiv perzipierten und objektiven Policy- und Arenaaspekten nachvollzogen werden, wie sich die Wahrnehmung einer Policy und die Arena verändert.

Die Unterscheidung zwischen Akteuren- und Institutionenstruk­tur und politischem Verhalten einer Arena mag auch erklären, wa­rum im internationalen Vergleich die gleichen Policies von sehr un­terschiedlichen, historisch gewachsenen Institutionen und Institu­tionengefügen getragen werden. Damit wird nicht die These wider­legt, daß Policy-Merkmale die Arena prägen können (Ashford 1978), denn auf der subjektiven Arenaebene des politischen Ver­haltens lassen sich durchaus ähnliche politische Reaktionen auf ver­gleichbare Policy-Probleme konstatieren, wie in der deutschen und amerikanischen Diskussion über die Finanzkrise der Rentenversi­cherung. Obwohl institutionell unterschiedlich gestaltet, fielen die politischen Reaktionen auf die Kürzungsbestrebungen ähnlich aus. In beiden Ländern stießen sie auf vehementen politischen Wider­stand seitens der Betroffenen und aller Parteien, führten zur politi­schen Patt-Situation und zur Bildung einer Allparteienkommission zur Lösung der Rentenfinanzierungsfrage. Schließlich wurde eine politische Lösung auf der Ebene des kleinsten gemeinsamen Nen­ners zwischen den Optionen der Beteiligten herbeigeführt.

So sehr der Arena-Begriff analytisch-methodische Stacheln hat, so

wenig ist er zukünftig aus der poJitikwissenschaftlichen Diskussion wegzudenken , weil er den Blick auf policyspezifische Nebenschau­plätze der Politik lenkt, die bisher von der Politikwisscnschaft zu wenig beachtet wurden.

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Drittes Kapitel Poliey-Zyklus

Die Policy-Analyse richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Verände­rung von Politikinhalten, indem sie eine dynamische, prozeßorien­tierte Sicht von Policies einnimmt und nach der Entstehung, Durchführung und eventuellen Neuformulierung oder Beendigung einer Policy fragt. Diese zyklusorientierte Analyse von Palieies und politischem Handeln und die schwerpunktmäßige Untersuchung bestimmter Policy-Entwicklungsphasen haben die politikwissen­schaftliche Diskussion der letzten Jahre - man denke beispielswei­se an die Implementations- und die Evaluationsforschung - stark geprägt.

Eingebettet ist dieses Phasenmodell in eine allgemeine System­Umwelt-Theorie: Das politisch-administrative System erbringt Steuerungsleistungen gegenüber dem soziokulturellen und ökono­mischen System, während die soziokulturellen und ökonomischen Umweltbedingungen ihrerseits wiederum prägend auf Strukturen und Verhalten des politischen Syste'ms einwirken. Das politisch-ad­ministrative System besteht nicht nur aus den verfassungsmäßigen politischen Institutionen, sondern auch aus intermediären Organi­sationen der politischen Willensbildung wie Interessenverbänden (vgl. Scharpf 1974: 4). Herausgehoben aus dem politisch-admini­strativen System wird der engere ·Begriff des »Policy Making«-Sy­sterns, das den engeren staatlichen Entscheidungsapparat umfaßt, an den Bürger, Parteien und Verbände ihre Wünsche herantragen und der verbindliche Entscheidungen fällt (Konversionsprozeß) (Easton 1969: 1058f.).

Welches sind denn nun im einzelnen die Entwicklungsstadien ei­ner Policy, die deren Lebensgeschichte kennzeichnen? Jenseits aller

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terminologischen Vielfalt zcid1l1el sich in der Literatur ein Konsen­sus ab, folgende Phasen zu unterscheiden: die Problemformulie­rung, die Agenda-Gestaltung, die Politikformulierung, die Poli­tikimplementation sowie die PoJitik-Novellierung oder -Terminie­rung, die von einer Politik-Evaluation,l begleitet werden können, Konkreter ausgedrückt: Ein Problem tritt als solches ins öffentliche Bewußtsein, wird aufgrund der Forderungen bestimmter Gruppen und dominanter gesellschaftlicher Wertvorstellungen als hand­lungsrelevantes Problem definiert und auf die politische Entschei­dungsagenda gesetzt. Begleitet von Auseinandersetzungen und Aushandlungsprozessen zwischen verschiedenen politischen Grup­pen wird »das Problem« in die Form einer politisch-administrativ verbindlichen Entscheidung gebracht, die dann im Durchführungs­prozeß durch nachgeordnete politische und administrative Akteu­re, gesellschaftliche Gruppen und Organisationen sowie Einzelbür­ger ihre konkrete Ausgestaltung erfährt. Die daraus resultierenden konkreten Policy-Ergebnisse und -Wirkungen (die wissenschaftlich untersucht werden können: Evaluation) schließlich rufen eine poli­tische Reaktion der Zustimmung oder Ablehnung hervor, die wie­derum politisch umgesetzt wird und zur Weiterführung, Verände­rung oder Beendigung der Policy führt.

Schaubtld 7: Phasen des Politikzyklus

Problemdefinition

! Agenda-Gestaltung

! Politikformulierung

! Politikimplementation

'\. Evaluation

Politik-Terminierung / Policy-Reaktion oder Neuformulierung und politische

Verarbeitung

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I Über der Verlockung, mirrels dieses Phascnmodells den Poli,y- 11 1. Problemdefinition Ablauf säuberlich zu ordnen, vergißt man leicht, daß in der politi­schen Wirklichkeit die einzelnen Stadien nicht klar unterschieden und deutlich getrennt werden können. Zwar treten die Phasen ten­denziell und in der Regel in der beschriebenen Abfolge auf, jedoch überschneiden sie sich häufig und laufen teilweise parallel. Die komplexe Realität sperrt sich im konkreten Fall gegenüber einer eindeutigen phasenmäßigen Untergliederung.

Dennoch bietet die Unterscheidung von Policy-Phasen große analytische Vorteile. Die dynamische Prozeßsicht von Policies ver­hindert, daß Policies als etwas Statisches, Feststehendes verstanden werden und gebietet es, diese als sich wandelnde, interpretationsfä­hige Phänomene zu sehen. So legt die Phasenunterscheidung den Vorher-Nachher-Vergleich eines Politikinhaltes nahe, der in die Frage mündet: Wie verhält sich das Wollen zur Wirklichkeit? Was ist aus der statuierten Policy, sei es Gesetz, Verordnung oder Erlaß, im Verlaufe einer langwierigen, hürdenreichen Implementation ge­worden? Welche konkrete Gestalt hat die ursprünglich formulierte Policy letztendlich gewonnen?

In eben diesen analytischen Vorteilen gründen auch die metho­dischen Untiefen der Prozeßsicht in der empirischen Einzelanalyse: Was ist denn nun eigentlich die Policy? Das, was ein Parlament als Maßnahme verabschiedet hat, oder das, was der Bürger schlußend­lich an der eigenen Person erfährt (Greenberg U.a. 1977: 1536)? »Sowohl als auch« lautet die Antwort: Sowohl der rechtlich verbind­liche Beschluß des verfassungsmäßig zuständigen Organs als auch die organisatorischen Maßnahmen und Bürger-Verwaltungs-Inter­aktionen konstituieren ein und dieselbe Policy, nur in jeweils unter­schiedlicher Gestalt zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt. Die rechtlichen Bestimmungen werden als Bezugsrahmen analytisch mitgeführt, der Akzent liegt in späteren Phasen jedoch auf organi­satorischen, interpersonellen Elementen der Policy. Im folgenden seien daher die verschiedenen Policy-Phasen in ihren Grundzügen dargestellt und die typischen Fragestellungen und Forschungsper­spektiven skizziert, die ihnen zugrundeliegen.

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Während der Problemdefinition , die logisch am Anfang eines Poli­cy-Zyklus steht, allerdings nie endgültig abgeschlossen ist, kristalli­siert sich heraus, welches von einer unendlich großen Zahl von Pro­blemen als politisch handlungsrelevant betrachtet werden soll und einer politischen »Lösung« zugeführt wird. Indem einigen gesell­schaftlichen Problemen die Würde politisch handlungsrelevanter Fragen verliehen wird, erfolgt gleichzeitig die Ausgrenzung eines »Nichtentscheidungsbereichs« (Bachrach, Baratz 1970: 39ff.), wer­den andere gesellschaftliche Probleme in den Vorhof der politi­schen Entscheidung nicht eingelassen.

Obwohl die Problemdefinition immer selbstverständlich als inte­graler Bestandteil des Policy-Zyklus verstanden wird, gibt es - im Unterschied zu anderen Phasen des Policy-Zyklus - kaum systema­tische Untersuchungen darüber. Ein Grund dafür mag darin liegen, daß die Problemdefinition nur schwer faßbar ist, sie läßt sich keinen institutionellen Strukturen zuordnen, die für »Problemformulie­rung« zuständig sind. Vielmehr beteiligen sich beliebige gesell­schaftliche Gruppen, Individuen und Institutionen an diesem Pro­zeß, der sich auf subtile, fließende, informelle und schwer objekti­vierbare Weise im öffentlichen Bewußtsein vollzieht, ohne daß klar gesagt werden kann, wer daran in welcher Rolle mitwirkt. Die ge­ringe Institutionalisierung der Problemdefinition hebt diese von der Politikformulierung und der Politikimplementation ab, die durch vergleichsweise hochgradig verfestigte Entscheidungs- und Durchführungsstrukturen gekennzeichnet sind.

Unsicheres analytisches Terrain ist die Problemdefinition darüber hinaus, weil Probleme keine objektiven Größen sind oder, differen­zierter ausgedrückt, neben objektiven, erhärtbaren Bestandteilen auch immer subjektive Elemente aufweisen, die subjektive Über­zeugung, daß eine Situation geändert werden sollte (Etzioni 1976: 5). Probleme entstehen, weil private und staatliche Tätigkeiten nicht beabsichtigte Folgen zeitigen (Offe 1975: 160). Diese Folgen aber werden durch Individuen und Gruppen unterschiedlich und selektiv perzipiert. Probleme existieren nicht »an sich« und bedür­fen einer bloßen Feststellung. Was wir vor dem Hintergrund einer unendlichen Vielfalt sozialer Phänomene als »Problem« wahrneh­

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men, ergibl sich aus einem normativ bestimmten Auswahlprozcß. Nach bewußten und unbewußten Auswahlkriterien fügen wir spe­zifische gesellschaftliche Einsichten in der Definition eines Policy­Problems zusammen, und zwar in der Weise, daß sich ein Ansatz­punkt zum politischen Handeln bietet. Durch dieses Merkmal der politisch-administrativen Handlungsrelevanz unterscheiden sich Probleme in einem rein »analytischen« Sinn32 von »Policy-Proble­men«. Erst die Überzeugung, daß ein gesellschaftliches Problem politisch-administrativ zu bewältigen ist, läßt dieses zum »Policy­Problem« werden.

Wie stellt sich gemäß solchen Überlegungen »Armut« als Policy­Problem dar? Wird sie »selektiv« als niedriges Einkommen verstan­den? Wenn ja: Welches sind die Ursachen des geringen Einkom­mens, die einen Ansatz zum Handeln bieten, um eine so definierte Armut zu bekämpfen? Basiert es auf mangelnder persönlicher Ini­tiative, auf regionalen ökonomischen Ungleichgewichten oder auf Bildungsmangel? Entscheidet man sich für das letztere, so muß Ar­mut auf dem Wege von Bildungsrnaßnahmen bekämpft werden, trifft das zweite zu, müssen strukturelle wirtschaftspolitische Maß­nahmen eingeleitet werden (Ritte!, Webber 1973: 161).

Die Definition von Policy-Problemen und die Festlegung von handlungsrelevanten Problemaspekten wird durch normgeleitete Auswahlprozesse bestimmt, und es hängt vom politischen Durch­setzungsvermögen ab, wer sich mit seiner »Auswahl« durchsetzt. Hinter einer Problemdefinition stehen jeweils die politischen For­derungen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen (Schatt­schneider 1967: 68). Ein Policy-Problem bezeichnet also einen ge­sellschaftlichen Zustand, aus dem Teilaspekte hervorgehoben und als politisch lösbar und lösungsnotwendig erachtet werden. Da­durch wird es zum »Policy Issue«.33

Es gibt verschiedene Motive, die den Bemühungen, eine gesell­schaftliche Situation als Policy-Problem zu definieren, zugrundelie­gen. Häufig gibt die Überzeugung den Anstoß, daß eine ungleich­gewichtige Verteilung von Ressourcen oder Positionen zwischen verschiedenen Gruppen vorhanden ist. Oder ein Politiker oder eine politische Gruppe heftet sich einen Issue auf die Fahnen und för­dert ihn in der Öffentlichkeit, um den eigenen Nutzen zu erhöhen und ein öffentliches Amt zu gewinnen. Eine Issue-Initiierung kann

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auch durch ein unvorhergesehenes Ereign is erzwungen werdcn. Schließlich steht bei der Propagierung eines Policy-Problems zuwci· Ien schlicht cine Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl im Vordergrund (Cobb, Eider 1983: 82ff.)34 oder aber, wie die Diffu­sionshypothese behauptet: Gleichartige politische und gesellschaft­liche Systeme »lernen« voneinander und gleichen sich im Zuge des­sen in ihrer Perzeption und politischen Bearbeitung von Policy-Pro­blemen an.

Die Aufmerksamkeit der Medien, spezielle Meinungsumfragen, programmatische Erklärungen von Parteien und Verbänden sowie die Entstehung von »Single Issue Groups«, d.h. politischen Grup­pierungen, die sich ausschließlich dieser Policy-Frage widmen, deu­ten darauf hin, daß einem Problem in der Öffentlichkeit zuneh­mendes Gewicht zukommt (Enloe 1975: 27/28).

2. Agenda-Gestaltung

Ein gesellschaftliches Problem als Policy-Problem zu verstehen, ist also gleichbedeutend mit der Aufforderung, politisch und admini­strativ zu handeln und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Damit rückt das Problem in die Nähe der politischen Entscheidungsorga­ne, ist aber noch nicht in den engen Kreis derjenigen Probleme vor­gedrungen, über die dann rechtlich verbindliche Entscheidungen gefällt werden, denn es steht noch nicht auf der politischen Tages­ordnung. Hier wird ein weiteres Filter wirksam, in dem viele Policy­Probleme verbleiben und damit nie zum Gegenstand offizieller po­litischer Entcheidung werden. Im Politikzyklus bildet die Agenda­Gestaltung die Brücke zwischen der Problemdefinition und der Po­litikformulierung, der formal verbindlichen Entscheidungsfin­dung.

Die institutionelle, formelle oder »governmental« Agenda wird definiert als »diejenigen Fragen, die für die politischen Entscheider zur aktiven und ernsthaften Behandlung anstehen« (Cobb, Eider 1983: 86).35 Theoretisch lassen sich eine Vielzahl von Agenden der verschiedensten politischen und administrativen Institutionen un­terscheiden.

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Page 35: Heritier Policy Analyse

Politische Agenden umfassen eine reiche Vielfalt von lssues. »Al­te« Fragen, für die schon Handlungsalternativen aufgezeigt wur­den, lassen sich wiederum in Fragen aufteilen, die jährlich zur Ent­scheidung anstehen (»habitual items«), und solche, die von Zeit zu Zeit, aber unregelmäßig behandelt werden (»recurrent issues«; Walker 1977: 423). Der größte Teil einer Agenda setzt sich aus wie­derkehrenden und Routinefragen zusammen, die bei den politisch Entscheidenden Vorrang genießen. Allerdings drängen sich zuwei­len, durch plötzliche, äußere Ereignisse bedingt, Entscheidungen vor. Gesellschaftlich kanalisierte neue Fragen, die sich langsam aus einer breiten politischen Diskussion herausschälen, Konturen ge­winnen und sich langsam Zutritt zur Agenda verschaffen, bilden ei­ne kleine Minderheit auf den politischen Tagesordnungen. 36 Neue Fragen werden, weil sie als Handlungsalternativen noch unerprobt sind, häufig in die Form von Ermessensfragen (»discretionary issues«) gebracht, die für eine flexible Interpretation Spielraum bie­ten (Walker 1977: 423):

Hat ein »neues« Policy-Problem einmal erfolgreich den Zugang zur politischen Agenda gefunden, bereitet es damit den Weg für verwandte Fragen, so daß neue Policies häufig als })Cluster« auftre­ten (Nelson 1978: 30; Walker 1977: 435ff.). Denn ist eine neue Po­licy einmal »arriviert«, besteht die Neigung, sie in Einzelfragen auf­zugliedern. Noch wichtiger aber: Der Agendaerfolg einer politi­schen Koalition veranlaßt andere Gruppen mit ähnlichen Proble­men, dieselbe Koalition wieder für ihre eigenen Zwecke zu aktivie­ren. 37

Warum einige })neue« Policy-Probleme bis in den Innenhof politi­eher Entscheidung vordringen, andere aber nicht, erklärt sich wie­derum aus normativen Auswahlprozessen. Politische Agenden re­flektieren gesellschaftliche und institutionelle Präferenzen, doch nicht in einem einfachen Abbildungsvorgang. Um einem Policy­Anliegen zum Status einer formalen Entscheidungsfrage zu verhel­fen, müssen politische Ressourcen verfügbar sein, mittels derer eini­ge Schlüsselakteure im Entscheidungsprozeß gewonnen werden können ..Diese »Handwerker der Macht« verhandeln mit anderen Politikern über den Inhalt der Agenda. Von der Vielzahl möglicher Issues, die um ihren politischen Einsatz und ihre Aufmerksamkeit konkurrieren, schieben sie einige in den Vordergrund und bauen

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milreis Überzeugen und Überreden, Drohung und Bargaining eine politische Koalition auf, die die lssues »trägt«.

Jedoch gehen mannigfache Policy-Anregungen auch von politi­schen Organen selbst aus. 38 Als erfolgversprechend gilt die Metho­de, einen Policy-Vorschlag aus einer Behörde heraus auf den Weg zu bringen (Cobb u.a. 1976: 128).39 Das Vorhandensein brachlie­gender, insbesondere personeller Ressourcen kann eine Behörde veranlassen, in die Rolle des politischen Entrepreneurs zu schlüpfen (Walker 1977: 445), Policy-Probleme in Policy-Vorschläge zu klei­den und diese auf die politische Agenda zu bringen 00hansen 1984: 74). Solche Initiativen verbinden sich oft mit dem spekulati­ven Blick auf einflußreiche Behördenklientele. Zunächst stuft die Behörde den Issue als potentiellen Handlungsgegenstand (Erken­nung), dann als aktuelles, zu beförderndes Handlungsproblem ein. Maßnahmen werden geplant (Annahme). Zwei Voraussetzungen müssen zu diesem Zweck allerdings erfüllt sein: Die Behörde ist für das Politikfeld zuständig und der Überzeugung, daß das Problem angemessen behandelt werden kann. Ist dies der Fall, werden klare Prioritäten gesetzt und die behördliche Entscheidungsagenda neu geordnet. Schließlich wird abgetastet, ob das Problem längerfristig Aufmerksamkeit binden kann (Aufrechterhaltung). Wenn ja, wird darüber entschieden (Nelson 1978). Auch wenn diese Entscheidung positiv ausfällt, muß die Lösung des Policy-Problems auch län­gerfristig auf Akzeptanz stoßen, um zum Bestandteil der politi­schen Agenda zu werden.

Es bedarf also der politischen Macht und des politischen Einflus­ses, um neue Policy-Fragen auf die Entscheidungsagenda zu hieven. Dies ist der insttumentelle Aspekt. Dieser läßt sich nicht von dem kulturell-normativen Aspekt eines Policy-Anliegens trennen. Denn nur ein Vorschlag, der sich innerhalb eines normativen Konsensus bewegt, kann Agendawürde erlangen. Kulturell geprägte Auswahl­mechanismen bewirken, daß Policy-Probleme in politische Pro­gramme aufgenommen und in die Nähe der Entscheidungszentren transportiert werden. Je stärker ein Policy-Problem zentrale Grund­werte eines gesellschaftlichen Systems tangiert, umso dringlicher er­scheint die Problembearbeitung durch den Staat (Cobb, EIder 1983). Die positive Selektion von Policies stellt sicher, daß system­notwendige Politikinhalte auch auf die Tagesordnung und zur Ent­

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scheidung gelangen. In der Sicht des einzelnen Politikers nehmen sie die Form einer »Policy-Landkarte« an. Sie besteht aus wahrge­nommenen Problemen, akzeptierten Zielen und beschlossenen Policy-Positionen (Moskowitz 1978: 67).

Der Eintritt in die Agenda, die über eine Behörde führt, ist nur eine der erfolgreichen Zugangsstrategien . Eine andere Vorgehens­weise wird durch das »Policy-Labeling« eröffnet, das von der Überle­gung ausgeht, daß die »Darstellung« eines Policy-Problems in der Öffentlichkeit ausschlaggebend ist für seine politischen Überlebens­chancen. Wenn eine Policy »schön eingekleidet« wird, erhöhen sich deren Aufnahmechancen in die Politikagenda. Schön einklei­den heißt in aller Regel, daß einer Policy zumindest der Anschein verliehen wird, einer breiten Öffentlichkeit zu nutzen, auch wenn sie nur kleineren Gruppen zugute kommt. Policy-Etiketten richten sich daher nicht nur an die direkt Betroffenen, sondern enthalten auch eine Botschaft für diejenigen, die nur mittelbar von der Policy tangiert werden (Nelson 1978: 36). Bei der gegebenen Vielschich­tigkeit einer Policy ist es meist kein Kunststück, diejenigen Aspekte in der politischen Diskussion besonders hervorzuheben, die kon­sensusträchtig erscheinen. So wird häufig an zentrale gemeinsame Wertvorstellungen und Emotionen appelliert, die auch bei dem nicht unmittelbar interessierten Publikum eine Saite erklingen las­sen und so die Unterstützung für die Policy ausweiten. Policies mit einer umverteilenden Zielsetzung bedürfen - wie schon erwähnt - einer solchen populären Einkleidung besonders dringlich: Sie werden in ihrer Wirkung als distributiv dargestellt, um sie einer breiteren Öffentlichkeit schmackhaft zu machen. Die Einkleidung als »distriburive Policy« liefert eine Handhabe, um öffentliche Mit­tel in einer fragmentierten Gesellschaft zu verteilen; denn mit dem Glanz einer »gerechten«, gleichbehandelnden staatlichen Aktivität versehen (Mann 1975: 117), stellt sie den Kitt dar, der partikulare Interessen zusammenhält.

Jedoch hat die Policy-Etikettierung auch ihre Tücken. So zweck­dienlich sie sein kann, um zumindest kurzfristig einen Konsensus in der politischen Arena herzustellen, so ambivalent kann sie sich erweisen, wenn die verliehene Werteetikette mittelfristig als unecht empfunden wird oder die apostrophierte Wertvorstellung ihre Zug­

kraft vetl iert (Nelson 1978: 37). Di(' tragende Koal it ion bröckelt ab. Die Policy gerät ins Abseits.

Es wäre falsch, die allgemeine Übung, Policies schön und mehr­heitsbildend einzukleiden, als konspiratives Unterfangen zu wer­ten, bei dem eine Gruppe von politischen Drahtziehern der naiven Öffentlichkeit eine Policy mittels einer falschen Etikette unter­schiebt. Vielmehr handelt es sich um den schlichten Umstand, daß bei vielschichtigen Policies diejenigen Elemente in der Öffentlich­keit hervorgehoben werden, die konsensusfähig sind. Angesichts solcher Inszenierungen sei vor einer politikwissenschaftlichen Ana­lyse gewarnt, »... die politische Ereignisse sozusagen zu ihrem Nennwert akzeptiert und darauf verzichtet, deren verschwiegene Dramarurgie aufzudecken, eben jenen laufend miterzeugten Strom von Realitätsdeurungen und Relevanzmustern, den man sehr wohl als >Propaganda der Tat< der herrschenden Klasse kennzeichnen könnte ...« (Offe 1976: VIII). Nur die Erfassung beider Facetten des politischen Geschehens, »Machtkampf und Täuschung über diesen Machtkampf, Nachricht und Deutung der Nachricht, strategische Rationalität und symbolische Mystifikation« (ebd.) wird der Zwie­spältigkeit der Auseinandersetzung um eine Policy, wie Edelman sie mit seiner symbolischen Politik beschrieben hat, gerecht.

Von diesen Erklärungen, warum und wie Policies sich in den Kreis entscheidungswürdiger Fragen reihen, weicht die Betonung einer relativeigendynamisch verlaufenden Entwicklung von Policies und deren Politisierungsfähigkeit ab. Policy-Probleme - so die Annahme - durchlaufen spezifische Karrieren, sie unterliegen ei­nem zyklischen Aufstieg und Niedergang in der öffentlichen Auf­merksamkeit (»Issue-Attention-Cycle«; Downs 1972: 42f.), die stark von den Medien beeinflußt werden. Daher sind Policy-Fragen kontinuierlich einer krisenhaften Entwicklung ausgesetzt, nämlich dann, wenn ein Issue 1. auf ein relativ geringes Problembewußtsein stößt, weil die breite Bevölkerung davon nicht betroffen ist, wenn dieser Issue 2. die Interessen einflußreicher Gruppen berührt und wenn 3. die Medien sich wieder von dem Issue abwenden, weil ihm die dauerhafte »aufregende Qualität« fehlt. 40

Während im Zuge der Problemdefinition Policy-Netz und Politik­arena nur in schwachen Umrissen erkennbar sind, kristallisieren sie sich während der Auseinandersetzungen um den Agendazutritt,

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der gleichbedeutend mit dem Eintritt in die Politikarena ist, klarer heraus. Es zeichnen sich die mutmaßlichen politischen und admini­strativen Zuständigkeiten ab, die sich bei einer Verwirklichung der Policy ergeben würden, ebenso wie die wahrscheinlichen Kosten und Nutzen, die für verschiedene Betroffene auftreten würden. Be­fürwortung und Widerstand gegen die diskutierte Policy-Maßnah­me formieren sich und Konfliktlinien werden erkennbar.

In der nächsten Phase, der Politikformulierung, verfestigen sich die Strukturen und die Auseinandersetzungen, die sich zunächst nur darauf erstreckten, ob einem Issue überhaupt die Chance einer formalen Entscheidungsfindung geboten werden soll. Nunmehr konzentrieren sie sich auf die konkrete Ausgestaltung der Policy oder den Versuch, ihn aus der Agenda zu entfernen.

3. Politikformulierung

In der Politikformulierung ziehen die politischen Entscheider all die Fäden, die vorbereitend geknüpft und gespannt worden waren, zusammen. Eine Policy wird beschlossen. Informationen werden gesammelt, verarbeitet und zu Programmvorschlägen verdichtet, die sodann einem politischen Organ zur Entscheidung vorgelegt werden. Aus Konflikt- und Einigungsprozessen geht schließlich ei­ne Mehrheitsentscheidung hervor, die dem Programm einen recht­lich-verbindlichen Charakter und Legitimität verleiht.

Der Politikformulierung gilt seit jeher das besondere Interesse der politikwissenschaftlichen Forschung: Auf die Gestalt und Funk­tionsweise von Regierungsystemen und deren normative Grundla­gen, die Dynamik von Machtprozessen, die der Entstehung von Po­licies zugrundeliegen, richten sich klassische Fragen der Politikwis­senschaft. Vielzählig sind die Untersuchungen, die sich auf die Re­geln und den Ablauf von Entscheidungsprozessen in politischen Gremien beziehen, seien sie legislativen oder exekutiven Charak­ters. Ebenso zahlreich die Arbeiten, die sich mit der Struktur inter­mediärer Organisationen wie Parteien und Verbänden befassen und die formale Entscheidungsfindung in den zuständigen Gremien zu beeinflussen suchen. Doch obwohl sie sich den normativen, institu­

tionellcn und MaclHaspekten der Polilikformulierung widmen, gehören sie nicht zur Policy-Analyse, weil sie nicht immer die syste­matische Verbindung zwischen dem Wie und Warum der Entschei­dung einerseits und den subStantiellen Policy-Folgen und Policy­Voraussetzungen anderseits suchen.

Policies: Folgen des politischen Emscheidungsprozesses

Die Erforschung der politischen Prozeß- und Institutionenanalyse und deren Entscheidungsresultate ist es insbesondere, die typisch für die politikwissenschaftliche Policy-Forschung in der Politikfor­mulierung ist.

I

Ein traditionsreicher Forschungszweig widmet sich hier der Fra­ge: Welcher Zusammenhang existiert zwischen politisch-institutio­nellen Strukturen und konkreten Policy-Entscheidungen? Sind bei­spielsweise zentralistisch regierte Gemeinden reformfreudiger als dezentral strukturierte Kommunen? Fallen Entscheidungen durch Parlamente? Wie wirken sich die parteipolitische Zusammenset­zung einer Regierung, die Form der Interessenmediation, das Wäh­lerverhalten u.a. politische Strukturvariablen auf die Politikinhalte aus? So widmen sich beispielsweise die amerikanische und die deut­sche Gemeindernachtforschung dem Zustandekommen konkreter

I Policy-Entscheidungen (Dah11967; Bachrach, Baratz 1970; Mayntz 1958; Zoll u.a. 1975; Kevenhörster u.a. 1980). Sie mündet in zwei gegenläufige Thesen: Während die eine behauptet, daß eine kom­munale Elite die Entscheidungen bestimmt, geht die andere davon aus, daß ein Ausgleich unterschiedlicher Interessen stattfindet.

Die Fallstudien über einzelne Entscheidungsprozesse und deren Ergebnisse wurden zunehmend von breiten Untersuchungen abge­löst, durch Querschnittsvergleiche, in deren Rahmen eine größere Zahl von Städten und Einzelstaaten im Hinblick auf bestimmte Entscheidungsleistungen verglichen werden (Policy-Output-For­schung) (Clark 1968; Dye 1975; Windhoff-Heritier 1977: 325ff.). Im Vordergrund der Analyse steht die Frage, welche Auswir­kungen der Parteienwettbewerb und die Einparteien-Dominanz auf Politikinhalte, gemessen an der Höhe der Wohlfahrtsausgaben, zeigen. Gleichzeitig wird aber auch die Bedeutung sozioökonomi­

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scher Bedingungen (z.B. Pro-Kopf-Einkommen) für das Zustande­kommen bestimmter Policy-Entscheidungen anerkannt (Sharkans­ky, Hofferbert 1969: 867 ff.; Sharpe, Newton 1984).

In jüngerer Zeit wird dieser Fragezusammenhang durch die Neo­korporatismus-Forschung aufgegriffen, die sich mit den Auswir­kungen politischer Ordnungen und Willensbildungsprozesse auf die Substanz und Folgen politischer Entscheidungen beschäftigt. so die Untersuchungen über die neokorporatistische Interessenver­mittlung durch Gewerkschaften, Unternehmensverbände und Staat in liberal-kapitalistischen Staaten (»Tripartism«) und wirtschafts­und sozialpolitischen Handlungsinhalten (Lehmbruch , Schmitter 1982; Schmidt 1982; von Alemann, Heinze 1981). International ver­gleiche'nd gemessen werden die Erfolge. die OECD-Länder in ver­schiedenen sektoralen Politikbereichen erzielen, und in Zusam­menhang mit »starkem« (Österreich, Schweden, Norwegen, Nieder­lande), »mittlerem« (Irland, Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Finnland) und »schwachem« (Großbritannien, Italien) Korporatismus sowie »pluralistischen« (USA, Kanada, Australien, Neuseeland) politischen Strukturen (Armingeon 1983; Czada

1986; Lehmbruch 1985: 88) gestellt. Was die obigen Untersuchungen von anderen Policy-Untersu­

chungen unterscheidet, ist das Fehlen der Zyklus-Perspektive, die über einen längeren Zeitraum die Entstehung und Entwicklung ei­ner Policy verfolgt. Unter dieser Langfristperspektive ist die Politik­formulierung interessant, weil sie die Weichen stellt für das Policy­Handeln in der sich anschließenden Implementation, Termination und Novellierung. Die Forschungsfrage lautet: Wie schlagen sich Konflikte und Einigungsbemühungen zwischen den Akteuren, die die Problemdefinition und die Agenda-Gestaltung bestimmten, auf die Politikformulierung und die weitere Entwicklung der Policy

nieder? Dieses Langzeitschicksal einer Policy beschäftigt die Forschungs­

richtung , die sich staatlichen Steuerungstätigkeiten und der aktiven Gestaltung von gesellschaftlichen Lebensverhältnissen widmet. Hierbei stehen nicht - wie bisher - Legitimations- und Konsen­susaspekte im Vordergrund, sondern die bürokratische Steuerung längerer Policy-Entwicklungen. Diese vollzieht sich in Büros, Kon­ferenzräumen, Restaurants unter Beteiligung von parlamentari­

sehen und exekutiven Experten, wissenschaftlichen Stäbtn, Ver­bandsrepösemanten, wobei die Spezifika der Maßnahmen erarbei­tcr werden, mit denen eine Regierung ein öffentliches Problem in Angriff nimmt und gesellschaftliche Entwicklungen längerfristig zu beeinflussen sucht. 41

Insbesondere interessieren die organisatorischen Aspekte der po­litisch-administrativen Entscheidungsstfuktur und deren mangeln­de Fähigkeiten, zusammenhängende gesellschaftliche Probleme (Scharpf 1973: 73ff.) zu verarbeiten (Mayntz, Scharpf 1973: 115f.). Zentral ist die These, daß das politisch-administrative System nur beschränkt und selektiv Interessen zu berücksichtigen vermag und die Organisationstruktur von Regierung und Verwaltung den ver­flochtenen Charakter vieler Probleme, die sie bearbeitet, nicht wi­derspiegelt (ebd.: 122f.). So werden Informationen nach dem Prin­zip der negativen Koordination, nur in »Störungsfällen«, zwischen administrativen Einheiten ausgetauscht und nicht nach dem Prin­zip der positiven Koordination. Dies erlaubt es nicht, sachlichen Problemzusammenhängen Rechnung zu tragen, hat vielmehr ihre ressortmäßige Fragmentierung zur Folge und behindert die Vertei­lung von Ressourcen aus der Sicht einer zentral-rationalen Aufga­benplanung (Scharpf 1973: 135ff.).

Während dieser Erklärungsansatz sich in erster Linie auf binnen­und zwischenorganisatorische Restriktionen der zentralen länger­fristigen Steuerung von Policyentwicklungen konzentriert, befaßt sich die politökonomisch orientierte Steuerungstheorie staatlichen Handelns mit den Schranken, die im ökonomischen System be­gründet liegen (Offe 1975; Schmid, Treiber 1975). Sie schätzt die Handlungsspielräume des politischen Systems zur Steuerung von Policy-Prozessen aufgrund der funktionalen Abhängigkeit von wirt­schaftlichen Interessen als relativ gering ein (Offe 1975).

Die Analyse der organisatorischen Probleme, die einer zielgerich­teten, an Rationalitätskriterien orientierten Policy-Steuerung entge­genstehen, wurde später ausgeweitet auf die Fragmentierung des politischen Handlungssystems der Bundesrepublik, die aus den de­zentralisierten, föderalistischen Strukturen resultiert. Die Vielzahl von Handlungszentren bringen eine Entscheidungsvielfalt hervor, die mit Hilfe von »Politikverflechtung« abgeschwächt wird. Ausge­hend von verschiedenen Dezentralisierungsproblemen wie Niveau­

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fixierungsproblemen , Verteilungsproblemen und lnleraktionspro­blemen (Scharpf u.a. 1976: 25)42 werden logisch verschiedene Steu­erungsinstrumente entwickelt, die für die Lösung dezentralisie­rungsbedingter Probleme geeignet sind. Das normative Steue­rungskonzept »Politikverflechtung« kommt in der fragmentierten politischen Wirklichkeit jedoch nicht hinreichend zur Anwendung, insbesondere weil die Neigung, Konflikte zu vermeiden und ein­vernehmlich zu entscheiden, sehr ausgeprägt ist. Steuerungsdefizi­te sind die Folge (ebd.: 21f ),43 die beispielsweise die Durchsetzung von Umverteilungszielen erschweren.

Die Gemeinschaftsaufgaben und Investitionshilfen des Bundes als wichtige Beispiele der Politikverflechtung zeigen dies auf So lie­ßen sich beim Städtebauförderungsgesetz die ursprünglichen Um­verteilungsziele des Bundes nicht erreichen: Nach dem Prinzip der Gleichbehandlung setzten die Länder einen weitgehend konstanten finanziellen Verteilungsschlüssel durch (ebd.: 153). Auch die Er­fahrungen mit dem »Kooperativen Föderalismus« im Bildungssek­tor zeigen, daß das politische Konflikmiveau gerne dadurch ge­senkt wird, daß konfliktträchtige Entscheidungsfragen auf das Ni­veau distributiver Politik heruntergezont wurden (Lehmbruch 1976: 153).44 Auch in den USA brachen sich Umverteilungsziele des Bundes im Rahmen der Mischfinanzierung am Widerstand der Einzelstaaten, die auf einer distributiven Politik beharrten. Die­ser Widerstand ließ sich nur in der Zeit des New Deal beugen, in der der Bund die politische Szene stärker beherrschte (Beer 1973:

69f). Die Frage nach dem Zusammenhang von politischer Institutio­

nenstruktur und daraus fließenden Politikinhalten stellt sich nicht nur unter dem Gesichtswinkel Zentralisierung / Dezentralisierung, Form der Interessenvermittlung und parteipolitischer Mehrheiten. Analysiert wurde sie auch unter dem Aspekt: Welches sind die typi­schen Unterschiede zwischen Entscheidungen demokratisch ge­wählter Parlamente und Entscheidungen, die durch die Bürger di­rekt gefällt werden? Dieser systematische Vergleich ist noch weitge­hend politikwissenschaftliches Neuland, so daß sich nur grobe Ten­denzen andeuten lassen: Die Ergebnisse direktdemokratischer Poli­tik sind »konservativ«, die Bürger neigen dazu, innovative Maßnah­men zu verwerfen. Umverteilungsentscheidungen zugunsten be­

nachlciligter Minderheiten werden häufig abgelehnt. In ihren Ent­scheidungen orientieren sich die Abstimmenden an der kleinräumi­gen sozialen und kulturellen Lebensumwelt. Die These vom Kon­servatism us der Bürger, der sich als mangelnde Innovations bereit­schaft, Umverteilungsfeindlichkeit und parochiale Tendenzen (»Kirchturmpolitik«) äußert, basiert im wesentlichen auf empiri­schen Untersuchungen über plebiszitäre Erfahrungen in den Verei­nigten Staaten, der Schweiz sowie einzelnen Ländern der Bundesre­publik. In den amerikanischen Kommunen und Einzelstaaten er­weist sich »das Volk« - trotz gegenteiliger Befürchtungen - nicht als radikaler politischer Entscheider linksradikaler oder ultra-kon­servativer Natur. 45 Vielmehr zeigt sich direktdemokratische Politik als eine gemäßigt beharrende Kraft und beschränkt sich auf gering­fügige Veränderungen schon bestehender Politikinhalte (vgl. be­reits Cottrell 1939: 38).46

Auch die Geschichte der Volksinitiativen in der Schweiz zeigt, daß innovative Vorschläge in 90% der Fälle der Ablehnung unter­liegen. Erst wenn sie in stark abgemilderter Form durch die Regie­rungen vorgelegt werden, haben sie in den Volksabstimmungen ei­ne Erfolgschance . Ein reger Gebrauch des Bürgerenrscheids in den Gemeinden Baden-Württembergs wurde im Zeitraum von 1950-70 nur dann gemacht, wenn es um die Verhinderung von Re­formen der kommunalen Neugliederung und der Verfassungsände­rung ging (Ardelt, Seeger 1973: 115).

Ebenso gering wie die Neuerungsfreude direktdemokratischer Politik erweist sich ihre Neigung, sich zum Anwalt der Armen und schwachen Minderheiten zu machen und eine Politik der Umvertei­lung zu betreiben. Im Gegenteil, über lange Jahre hinweg wurden in den amerikanischen Einzelstaaten liberal-progressive Entschei­dungen von Parlamenten mit Hilfe von Volksentscheidungen wie­der aus den Angeln gehoben (Wolfinger, Greenstein 1968: 753ff). Ein klassisches Beispiel des Konfliktes von »parlamentarisch-pro­gressiver« und »direktdemokratisch-konservativer Politik« stellt die Aufhebung der Rassentrennung im Wohnungswesen dar. »Fair Housing« impliziert eine Umverteilung materieller und immateriel­ler Güter zwischen den Rassen, rührt damit an tief verwurzelte Ge­fühle und Vorurteile und besitzt dadurch eine besondere Brisanz. Während das kalifornische Parlament dieses Gesetz einstimmig be­

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fürwortete, erlitt diese Entsc!Jridu ngsvorlage in vielen Kommunen eine Niederlage.

Die Schwierigkeit, Umverteilungsentscheidungen auf dem Wege der direkten Demokratie zu verwirklichen, läßt sich auch aus den Funktionsmechanismen dieser Institution erklären. Der Bürger als politischer Entscheider wird in erster Linie durch Überlegungen, die seine persönlichen Interessen berühren (»self-regardingness«), gelei­tet. Der Parlamentarier als Volksvertreter hingegen ist aufgerufen, auch die Belange des gesamten Volkes (»public regardingness«) wahrzunehmen (Wilson, Banfield 1964: 876ff.). Dies hat zur Fol­ge, daß das »Intensitätsproblem« der Demokratie (Kendall, Carey 1968: 5ff.), die Tatsache, daß manche Wählergruppen durch ein Problem besonders stark betroffen, ihre Stimmen im Entschei­dungsprozeß jedoch nicht stärker gewichtet werden, durch parla­mentarische Gremien eher lösbar ist, als im Rahmen von Volksab­stimmungen.47 Im parlamentarischen Entscheidungsprozeß kann die besondere Problem betroffenheit einer Gruppe in Rechnung ge­stellt und im Rahmen langer Verhandlungsprozesse bei den politi­schen Lösungsvorschlägen mitbedacht werden (Kendall, Carey 1968: 16).48

Der beharrende Charakter direktdemokratischer Policies spiegelt sich auch in der Neigung wider, an hergebrachten sozialräumlichen Strukturen festzuhalten. So erwies sich die unmittelbare Demokra­tie als wirksame Waffe zur Verteidigung kleinräumig orientierter Lebensweise (Neidhart 1977: 56). In Baden-Württembergs Ge­meinden wurden, bei einem sonst eher schwachen plebiszitären In­teresse, während der Territorialreformen von 1971 und 1974 eine ganze Welle von Bürgeranträgen initiiert (Ardelt, Seeger 1977: 115). Auch in der Schweiz, in der die »politische Miniaturisierung« der Kommunen besonders ausgeprägt ist, fällt die kleinräumig-pa­rochiale Orientierung ins Auge. Lange Jahrzehnte wurden Gemein­dezusammenlegungen als »Verrat an der überlieferten Selbständig­keit betrachtet« (Neidhart 1977: 59) und mit Hilfe des Referen­dums erfolgreich verhindert. In den Vereinigten Staaten gilt das di­rektdemokratische J acksonsche Politikverständnis als das entschei­dende Hindernis für eine Vereinfachung und Rationalisierung der politisch-administrativen Strukturen in den Stadtregionen (Greer 1962). Schon in den 20er Jahren wurde die mangelnde Bereitschaft

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der Bürger beklagt, das Gemeindtgcbiet zu reformieren und öffent­liche Einrich tungen zu zentralisieren, obwohl Sparüberlcgu ngen und die Umlandverflechtung dies nahelegten (Reed 1923: 419).

Zurückhaltung gegenüber Policy-Neuerungen und Umvertei­lungspolitik ebenso wie die Verhaftung in der unmittelbaren sozial­räumlichen Umgebung stellten sich somit als typische Merkmale der Politikinhalte heraus, die durch direktdemokratische Struktu­ren erzeugt werden.

Policies : Voraussetzungen des Entscheidungsprozesses

Haben wir bislang immer die Fragerichtung verfolgt: »Welche poli­tischen Strukturen bringen typischerweise welche Policies hervor?«, so gilt es den Blick nun zu wenden und gemäß der pointierten Aus­sage Lowis zu fragen: »00 policies determine politics« (Lowi 1972: 299)? Lowis Begriff der Politikarena ist der Kristallisationspunkt der analytischen Perspektive, die Policies als die unabhängige, Politics als die abhängige Variable betrachtet, denn er basiert auf der An­nahme, daß Kosten- und Nutzenmerkmale einer Policy ablehnen­des oder zustimmendes politisches Verhalten bei den Betroffenen auslösen. So wurde die These von der polarisierten Arena im Falle der redistributiven Politik und dem freundlich gleichgültigen Ver­halten der Akteure in der befriedeten distributiven Arena ent­wickelt, in der der individuelle Nutzen einzelner Gruppen unter Umständen durch wechselseitige politische Unterstützung gesichert wird.

Nun darf dieser Zusammenhang nicht als einseitiger Determinis­mus und schon gar nicht als Automatismus verstanden werden. Vielmehr sind Prägendes und Geprägtes im Wechselspiel zu sehen, denn der einfache und glatte Zusammenhang zwischen Politikin­halt und politischer Reaktion wird, wie wir gesehen haben (vgl. S. 54ff.), durch institutionelle und Gruppen-Loyalitäten gebrochen. So kann beispielsweise ein umverteilendes Programm, das von einer konservativen Partei zur Verabschiedung vorgeschlagen wird, allein aufgrund dieser Tatsache von der »linken« Oppositionspartei abge­lehnt werden. Die inter-institutionelle Eigendynamik verbietet es, vom Politikinhalt direkt auf das politische Verhalten zu schließen,

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sondern erfordert'ein sorgfältiges Nachzeichnen politischer Pro- und Kontra-Gruppierungen bei der Verabschiedung eines Programmes. Ein Beispiel mag diesen Zusammenhang verdeutlichen. Das Be­triebsverfassungsgesetz von 1952 wurde gegen die Stimmen der So­zialdemokraten im Bundestag verabschiedet. Isoliert betrachtet er­staunt diese Tatsache zunächst, da das Gesetz durch verhaltensnor­mierende Politik den Arbeitnehmern und ihrer Vertretung neue Entscheidungsrechte, einen immateriellen Nutzen, einräumt, der auf Kosten der Entscheidungsrechte der Unternehmer geht. Die So­zialdemokraten, unterstützr vom Deutschen Gewerkschaftsbund, verwarfen die Gesetzesvorlage aber, weil sie die Reichweite der Um­verteilung als zu gering erachteten. Die einfache logische, isolierte Zuordnung von Policy-Inhalt und Konfliktlinien hätte also die wirklichen politischen Mehrheitsverhältnisse nicht getroffen. Die logische Zuordnung nach individuellen Kosten-Nutzen-Überle­gungen muß also durch eine differenzierte Prozeßanalyse (Vorstel­lungen den Partei X - Gegenvorstellungen der Partei Y - Verab­schiedung von - gemessen an den Maximalforderungen - be­scheidenen Maßnahmen) ergänzt werden.

Diese Verkehrung von Positionen, die rationalen Kosten-Nut­zen-Überlegungen der Beteiligten zu widersprechen scheint, kann auch durch einen Prozeß der Eskalierung herbeigeführt werden. Konfrontiert mit einer drohenden »radikalen« Alternative von Um­verteilungsbefürwortern, kann ein zentraler kostentragender Akteur plötzlich einen Seitenwechsel vollziehen, um »das Schlimmste zu verhüten«. So wurde die 1984 verabschiedete Vorruhestandsrege­lung von den Arbeitgebern, die die Kosten dieser Regelung zum Teil zu tragen haben, solange bekämpft, bis die Alternative »35­Stundenwoche« von den Gewerkschaften in die politische Debatte eingebracht wurde, was wiederum dem Vorschlag Vorruhestandsre­gelung nützte, den die Arbeitgeber nun stärker befürworteten, »um größeres Übel« zu vermeiden. Auch bei diesem Beispiel würde eine rein logische Folgerung aus den Kosten-Nutzen-Aspekten zu einer falschen Einschätzung der Konfliktstruktur in der Politikarena führen, würde sie nicht von einer, den Prozeßablauf genau abbil­denden Analyse sich wandelnder Positionen und Gegenpositionen begleitet. Ist vom prägenden Einfluß, den Policy auf Politics hat, die Rede, so müssen diese Vorbehalte bedacht werden.

H2

Politikformulierung als Rahmenentscheidung

In der Politikformulierung wird ein »llandlungsauftrag« für die Ak· teure der folgenden Phase, der Implementatioll, erteilt. Dieser Handlungsauftrag kann vom vagen Aufruf bis hin zu präzisen Vor­schriften reichen. Gerade bei Umverteilungsentscheidungen dient eine nur vage, rahmenähnliche Gestaltung der Policy häufig dazu, den politisch Entscheidenden die Last der KonfliktauStragung ab­zunehmen. Unter der Decke vordergründiger Programmharmonie jedoch lauern Konflikte und die politische Brisanz solcher Rahmen­entscheidungen entdeckt erst, wer diese Leitsätze in konkrete Poli­tik umgießen muß. Denn die Entscheidung darüber, wem diese Po­litik in welchem Umfang nützt und wer welche Kosten zu tragen hat, wird den Durchführenden überantwortet. Politische Gremien neigen angesichts widerstreitender Interessen häufig dazu, keine endgültige Kosten-Nutzen-Verteilung zu beschließen, sondern nur die Grundregeln, nach denen diese Verteilungsentscheidungen durch die Betroffenen herbeigeführt werden sollen (Bauer u.a. 1976: 426f.).49 Dieses legislative Fluchtverhalten ist als »Policy­Wirhout-Law« bezeichnet worden (Lowi 1969: 125), die das Parla­ment dazu veranlaßt, breite Gestaltungsmöglichkeiten an die Ver­waltung abzutreten. Der »regelungsfreien Policy« wird die Policy entgegengestellt, die explizite Ausführungsstandards und damit die Kosten- und Nutzenverteilung klar festlegt (»Rule of Law«) (ebd.).

Der politische Nutzen der Rahmenregelung liegt auf der Hand: Der Parlamentarier muß sich nicht zwischen konfligierenden Inter­essen entscheiden und läuft nicht Gefahr, sich bei der redistributi­ven Politik den Zorn der »Verlierer« zuzuziehen. Er kann sich auch die Aura des Reformwilligen verleihen (Lowi 1971: 59), weil die Schmerzlichkeiten des Wegnehmens der Aufmerksamkeit der zen­tralen Politikarena entzogen und in die unübersichtlichen Pfade der administrativen Durchführung verlagert werden. Das Verschie­ben materieller Entscheidungsbefugnisse in die Implementation birgt darüber hinaus den Vorteil, daß keine Fraktion sich als Verlie­rer versrehen muß, sich vielmehr alle Gruppierungen in der politi­schen Öffentlichkeit als Gewinner darstellen können. So hatte die Errichtung großer Wohlfahrtsbürokratien mit weitreichenden

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!, Kompetenzen während des »Krieges gegen die Armut« in den USA eben diese Entlastungsfunktion : Angesieh ts widerstreitender Forde­rungen der politisch organisierten Armen und der konservativen Mittelschicht wurde die Entscheidungsgewalt darüber, ob und in welchem Maße umverteilt wird, vertrauensvoll in die Hände der Wohlfahrtsbürokratie gelegt (Piven, Cloward 1982: 7ff.).

Einige rechtliche Begriffe eignen sich vorzüglich dafür, Kosten­und Nutzenentscheidungen der Politikformulierung in der Schwe­be zu halten. So eröffnen Bestimmungen wie »nach dem gegenwär­tigen Stand der Technik« im Umweltschutz oder »soweit wirtschaft­lich vertretbar« im Arbeitsschutz den durchführenden Bürokratien weite Handlungsspielräume. »Die Zweideutigkeit juristischer Spra­che ist weder nebensächlich noch Zufall. Für Anwälte und ihre or­ganisierte Klientel ist sie der allernützlichste Bestandteil der juristi­schen Sprache. Für die direkt Beteiligten unterliegt die Bedeutung

'l !" des Rechts einer dauernden und beobachtbaren Wandlung je nach 11 veränderten Machtpositionen der beteiligten Gruppen« (Edelman 11

1976: 175). Jedoch darf Politikformulierung in der Form vager Rahmenge­

setzgebung nicht nur als Bemühen verstanden werden, politische Kosten zu vermeiden, sondern muß ebensosehr als Ergebnis einer Ratlosigkeit in der Sache gesehen werden, des Unwissens darüber, wie ein Problem bei vielfältigen Lebensverhältnissen angemessen gelöst werden kann. In der nicht unbegründeten Hoffnung, daß problemgerechte Lösungen eher in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Bürgern als aus der Ferne durch die Zentralregierung zu lösen sind, werden nachgeordneten Verwaltungsinstitutionen Ge­staltungskompetenzen eingeräumt (Wollmann 1983; Fürst, Hesse

1978; Windhoff-Heritier 1983). Wie gezeigt, bezieht sich der Begriff Politikarena in erster Linie

auf die Phase, in der politische Entscheidungen entstehen und for­mal verbindlich gestaltet werden, also auf die Politikformulierung. Auch der Begriff des Policy-Netzes spielt eine wichtige Rolle bei der Interpretation von Handlungszusammenhängen, die einer Policy zum Durchbruch und zur schließlichen Verabschiedung verhelfen. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf die Akteure, die an der Formulie­rung einer Policy beteiligt sind und das Feld beherrschen, darauf,

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ob eingespielte Netze sich wechselseitig bei der politischen Durch­

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setZlIng einn Poliey erg;inZCll. Der Umstand, daß neue Poliey-ha­gen hiiufig in »C1ustns« auf die politische Bühne treten, deutet dar­auf hin, daß ähnliche Akteur-Netze in verwandten Fragen die über Jahre hinweg gewobenen Machtfäden dazu benutzen, um verwand­ten Policy-Issues zum politischen Durchbruch zu verhelfen. Die Größe der tragenden Koalition, deren Stabilität und die Tragfähig­keit des Konsensus über die zu ergreifenden Maßnahmen (Naka­mura, Smallwood 1980: 40) sind ausschlaggebend für das Schicksal einer Policy.

Für das Langzeitschicksal einer Policy ist es von zentraler Bedeu­tung, daß die sie tragenden Elemente eines Policy-Netzes ihre Auf­merksamkeit dem Programm nicht entziehen, auch wenn es die Hürden in den politischen Entscheidungsgremien glücklich über­wunden hat, sondern sie ihre wohlwollende Unterstützung aufrecht erhalten, jederzeit bereit, bei allfälligen Durchführungsstörungen zu intervenieren (Bardach 1977: 268).

Da zuweilen alternative Policy-Netze vorhanden sind, um einen Issue zur politischen Verabschiedung zu bringen (Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts, Verlagerung von der Bundes- auf die Länderebene und umgekehrt) muß sich das analytische Interesse auch darauf richten, ob die Schauplätze der politischen Auseinan­dersetzung sich verändern. Ein Beispiel für das »Umsteigen« in ein alternatives Policy-Netz und eine alternative Politikarena bietet die experimentelle Politik (Hellstern, Wollmann 1983). Sie wird in der Absicht unternommen, einen politischen Konflikt um eine Policy zu dämpfen, so bei Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobah­nen oder bei der Anwendung kostspieliger Technologien wie im Fall der Verkabelungstechnik (Baumheier 1985) oder der Magnet­schwebebahn (Gräbener 1984). Die Policy-Vorhaben werden be­wußt in einen kleinen regionalen Rahmen, auf eine kleine politi ­sche Bühne verlagert und probeweise angewendet, damit finanziel­le Risiken und politische Konflikte abgeschwächt werden.

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4. Politikimp1ementation

Was wird aus einem Gesetz, nachdem es die politische Bühne ver­lassen hat? Welche Hemmnisse muß es überwinden, bis es prakti­sche Wirklichkeit wird? Dies sind die Fragestellungen der Imple­mentationsforschung. Das Interesse an der Politikimplementation als systematischer Forschungsfrage erwachte zuerst in den Vereinig­ten Staaten, und zwar aus aktuellem politischen Anlaß: Anfang der 70er Jahre verbreitete sich zunehmend die Überzeugung, daß vie­len der ambitiösen Programme zur Bekämpfung der Armut der 60er Jahre vor allem deswegen geringer Erfolg beschieden war, weil man die bürokratischen Schwierigkeiten der Durchführung zu we­nig bedacht hatte.

Als Implementation, wörtlich Erfüllen, Ausfüllen, wird in der Politikwissenschaft die Durchführung von rechtsverbindlichen Ent­scheidungen bezeichnet, die durch politische und administrative Organe beschlossen wurden, seien es Gesetze, Verordnungen, Er­lasse u.a.m. Die Entscheidungen, in vager oder präziser Weise for­muliert, werden unter Beteiligung verschiedener öffentlicher und privater Organisationen, von Gruppen und Einzelpersonen mit durchaus divergierenden Zielen, konflikthaft oder konsensual, schematisch oder frei gestaltend in die Praxis umgesetzt. Im Policy­Zyklus stellt sich Implementation, idealtypisch gesehen, als diejeni­ge Phase dar, deren Handlungsauftrag durch die vorangehende Phase der Politikformulierung gesetzt wird, und die ihrerseits wie­derum bestimmte Policy-Ergebnisse und -Wirkungen hervorbringt.

Über diese rudimentäre inhaltliche Bestimmung des Begriffes Implementation herrscht Konsensus. Über die Art und Weise frei­lich, wie konkrete Implementationsprozesse analytisch angegangen werden sollen, herrscht eine Meinungsvielfalt, wenngleich es sich mehr um unterschiedliche Akzentsetzungen als um tiefgreifende Differenzen theoretischer Natur handelt. so So spielt die Zielorien­tiertheit in der Analyse von Politikimplementation eine unter­schiedliche Rolle: In einem Fall bildet die zentrale Normsetzung, das Programm, den Ausgangspunkt der Untersuchung, aus dem sich die Frage ableitet: Wieviel von dem »oben« beschlossenen Auf­trag wird »unten« erfüllt? Ein Soll-1st-Vergleich wird angestellt, ge­setzlicher Auftrag und Durchführungswirklichkeit werden einander

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kritisch gegenübergestellt und den impkmentalionsbedingten Ur­sachen der Ziclabweichung wird nachgegangen (Ripley, Franklin 1982: 10) (programmon'cntierter AnJatz).~l Im anderen Fall wird Imple­mentation als ein Prozeß verstanden, in dessen Verlauf ein nur vage definierter Programmauftrag Schritt für Schritt unter Mitwirkung der Durchführenden ausgestaltet wird. Auf induktiv-empirische Weise wird beschrieben, was sich vollzieht, welche Akteure mit welchen Motiven und welchen Ergebnissen handeln (struktur- oder akteuron'entierter Ansatz). Einmal steht also die Frage nach dem Grad der Einhaltung von geplanten Durchführungsschritten, Zeit­und Finanzplänen durch die implementierenden Akteure im Vor­dergrund, das andere Mal einfach die Beschreibung des »Wie« und

/ die Erklärung des »Warum« eines bestimmten Implementationsver­laufes.

Diese in den Policy-Zyklus eingebetteten prozessualen Sichtwei­sen der Implementation, die das »Programmschicksal« aus entge­gengesetzten Perspektiven verfolgen, sind jedoch ergänzungsbe­dürftig: Sie erfordern darüber hinaus eine strukturell-institutionelle Analyse der handelnden Organisationen, Personen und Gruppen (Policy-Netz), deren Handeln und Zusammenwirken die Policy-Er­gebnisse während der Durchführung erst hervorbringen. Auch hier divergieren die analytischen Perspektiven: Die zentrale Steuerungs­perspektive untersucht die strukturellen Voraussetzungen eines möglichst effektiven Regierens, »Durchsteuerns von oben nach un­

I ten«. Die Sicht »von unten« hingegen betont die Notwendigkeit ei­ner lockeren (»loosely-coupled«; Weick 1976) Implementations­struktur, weil nur diese den örtlichen Besonderheiten bei der Pro­grammsetzung gerecht werden könne. Die Struktur- und Pro­grammanalyse sucht ein weiterer Forschungsansatz zu verbinden, der Programmerkmale idealtypischen Durchführungsstrukturen so zuordnet, daß der Programmerfolg optimiert wird.

Alle diese grob skizzierten analytischen Fragestellungen, die uns im weiteren noch beschäftigen werden, nähern sich dem komplexen Untersuchungsgegenstand »Implementation« auf ihre eigene Weise. Die erste Welle der Implementationsforschung in den Vereinigten Staaten brachte zunächst eine Vielzahl von Fallstudien, die akri­bisch und informativ die jeweiligen Gründe für das Scheitern ein­zelner armutpolitischer Programme erforschten. Die Ausbeute an

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verallgemeinerungsfähigen Aussagen über den Implementations­verlauf generell blieb mager, wenn man von relativ trivialen Fest­stellungen absieht wie beispielsweise: Je höher die Zahl der Ent­scheidungsstellen, die ein Programm zu durchlaufen hat, umso ge­ringer dessen Durchführungschancen (Pressman , Wildavsky 1973). Schon relativ früh existierten allerdings einige sehr umgreifende sy­stemtheoretische Erklärungsansätze für den Implementationspro­zeß, die jedoch so weitmaschig waren, daß ihre Erklärungskraft wie­derum gering blieb: Der Programmerfolg ist von den investierten Ressourcen der Durchführungsorganisationen sowie von deren Zie­len abhängig (van Meter, van Horn 1975). In jüngerer Zeit gestal­ten sich die theoretischen Erklärungsversuche differenzierter (Maz­manian, Sabatier 1981; Ripley, Franklin 1982) und bieten präzisere Hypothesen über den Zusammenhang zwischen Programmtyp, Im­plementationsstruktur, -prozess und Programmerfolg an.

Der Weg, den die deutsche Implementationsforschung ein­schlug, war genau umgekehrt. Auf Theorie erpicht, suchte sie zu­nächst, möglichst viele zusammenhängende, empirisch überprüf­bare Aussagen über den Implementationsprozess schlechthin zu entwickeln. So wurde relativ früh sowohl ein Katalog von Pro­gramminstrumenten entwickelt, die den Verlauf des Implementa­tionsprozesses mitbestimmen (Mayntz 1980, Mayntz 1983), als auch Programmziele , -instrumente und Implementationsstruktu­ren typisiert und miteinander verbunden (Windhoff-Heritier 1980). Die immer zahlreicher werdenden empirischen Fallstudien über einzelne Implementationsverläufe, die die Singularität von Programmschicksalen hervortreten ließen, und die Unmöglichkeit, breite repräsentative Untersuchungen über gleichartige Implemen­tationsprozesse durchzuführen, schwächten jedoch den ursprüngli­chen Theorieimpetus und legten die resignative Frage nahe, ob man sich nicht lieber auf individuelle institutionelle Untersuchun­gen von Implementationsverläufen beschränken solle (Mayntz

1983: 8).

Implemenration im Policy-Zyklus

Das praktische Anliegen, die durrhführungsbedingten Ursachen für den mangelnden Erfolg von Reformprogrammen Zu ergründen, legt nahe, das Phasenmodells zugrunde zu legen: Aus der Politik­formulierung geht ein Policy-Auftrag hervor, der von den Dutch­führenden in der Folge genau befolgt, gestaltend interpretiert oder ignoriert wird. Doch läßt sich in der politischen Wirklichkeit eine klare Abgrenzung von Politikformulierung und -implementation nicht finden, vielmehr stoßen wir regelmäßig auf eine Überlap­pung der beiden Phasen; die Grenze zwischen ihnen ist eine offe­ne. Dies gilt sowohl für die beteiligten Akteure als auch für die Po­licy-Entwicklung: Akteure des Implementationsprozesses versuchen häufig, schon während der Politikformulierung Einfluß auf die Ge­staltung des politischen »Auftrags« zu nehmen, und umgekehrt fällt auf, daß Konflikte, die den Politikformulierungsprozess bestimm­ten, nicht ausgetragen oder nur notdürftig überdeckt wurden und sich daher während der Durchführung neu entzündeten. Werden Konflikte aber umgangen, erhöht sich während der Implementa­tion52 (Lowi 1969, 1971; Derthick 1972) das Gewicht der durchset­zungsstarken Gruppen mit präzisen Interessen, der administrativen Akteure und der Gerichte. Politikformulierung plus Legitimation und Implementation streng als logisch und chronologische Sequenz zu verstehen, würde somit eine unzulässige Vereinfachung der komplexen Wirklichkeit bedeuten, die insbesondere die Bedeu­tung von hohen Verwaltungsbeamten in der Programmkonzipie­rung verkennt (Hedo 1977; Aberbach u.a. 1981).

Die wechselseitige Durchdringung besteht auch auf der Ebene der Politikinhalte: Dies macht schon die einfache Frage »Was wird implementiert?« deutlich. Gegenstand der Implementation sind ­idealtypisch gesehen - die Policies, die in der Politikformulierung beschlossen wurden. Sie erfahren jedoch während der Durchfüh­rung eine entscheidende Mitgestaltung. Das gesamte Ergebnis der Aktivitäten beider Phasen schlägt sich im Policy-Ergebnis (outcomes) und in den Policy-Wirkungen (impacts) nieder. Die Einflüsse aus der politischen Entscheidungs- und der Durchführungsphase ver­knäueln sich untrennbar und erschweren die Beantwortung der Fra­ge: Woran liegt es denn nun eigentlich, daß ein Programm miß­

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lang? An der Konzipicrung des Programms, an der Politikformulie­rung oder aber an den Unzulänglichkeiten der Durchführung? So können zwar Ineffektivitäten entdeckt, deren Ursachen, seien es Programmfehler oder bürokratische Ineffizienzen, aber nicht sicher geortet werden (Derlien 1984: 269). Die enge Verflechtung beider Phasen läßt es als geboten erscheinen, die Akteure und Policy-Inte­ressen entlang des gesamten Prozesses zu erfassen (KnöpfeI, Weid­ner 1980: 86). Implementationsforschung darf mithin nicht erst einsetzen, wenn ein politisches Programm vorliegt, sondern muß die Konflikte und Einigungen des politischen Entscheidungspro­zesses mit berücksichtigen. Dies bedeutet nicht, daß die Implemen­tationsfragestellung unter den Händen zerfließt, denn die Politik­formuEerung stellt nur eine wichtige Voraussetzung des eigentli­chen Untersuchungsfeldes »Implementation« dar.

Die wechselseitige Durchdringung fällt bei verschiedenen Pro­grammen jedoch unterschiedlich aus. Werden nach turbulenten Kontroversen in der Politikformulierung die Leinen festgezurrt, in­dem das Programm in eine präzise Form mit rigider Steuerung ge­gossen wird, so erschwert dies erheblich das Wiederaufleben von politischen Konflikten. Während der Durchführung besteht dann wenig Gestaltungsspielraum. So wurde beim Ausbildungsförde­rungsgesetz versucht, die Implementation von den Konflikten der Politikformulierung mit Hilfe der Programmkonstruktion abzu­schotten: Nach jahrelangen Auseinandersetzungen um Ziele und Kompetenzaufteilungen zwischen Bund und Ländern (Schweis­furth 1985) wurde schließlich das Programm so »hart« und präzise gezimmert, daß eine Neuauflage der »alten« politischen Auseinan­dersetzungen in der Durchführung und eine Abwandlung des Pro­grammzieles in den Nischen der Implementation nicht erfolgen konnten. Eine Veränderung mußte über die Programmnovellie­rung, also die Korrektur in einer erneuten Politikformulierung vor­genommen werden, was beim Bafög ja auch häufig geschah. Im Gegensatz dazu ist der Übergang zwischen den beiden Phasen bei nur weich formulierten Rahmenprogrammen, wie beispielsweise dem Arbeitssicherheitsgesetz , fließend, so daß Programmgestal­tung und -durchführung fast ineinanderfallen. Die politischen Ein­flußmöglichkeiten ragen tief in die Implementation hinein. Hier wird die tatsächliche Kosten -Nutzen-Verteilung bestimmt. 53

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,

Implementation als Prozeß: Ziel- versus Handlungsorientierung

Der Soll-Ist-Vergleich und die Analyse der Gründe, warum wäh­rend der Durchführung von Zielvorgaben abgewichen wurde, kennzeichnen die »traditionelle« Sicht der Implementationsfor­schung. Sie verknüpft sich eng mit der Evaluationsforschung , der Wirkungsforschung, will jedoch nicht eine methodisch anspruchs­volle Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Werten von Policies lei­sten, sondern ergründen, auf welche Weise die Umsetzung gesetz­ter angestrebter Ziele erfolgt. Die priiskriptiv orientierte Implemen­tationsforschung unterstellt idealtypisch einen einheitlichen Willen mit klaren Präferenzen und daraus ableitbaren Durchführungsmaß­nahmen (Scharpf 1978: 346). Präzise Standards werden genannt, mit deren Hilfe die Programmleistung gemessen wird. Aus der Ein­sicht in Umsetzungsschwierigkeiten soll geschlossen werden, wie ein zukünftiges Programm von vornherein so gestaltet werden kann, daß seine Ziele besser zu verwirklichen sind.

Es liegt auf der Hand, daß diese ehrgeizigen Steuerungsabsichten schnell in schwieriges Gelände geraten. Denn die Ziele, die in der Politikformulierung ihre Legitimation erfahren, weisen häufig dif­fusen, vielfältig deutbaren, zum Teil gar widersprüchlichen Cha­rakter auf (Ripley, Franklin 1982: 28).54 Darüber hinaus sind die Umstände, die ein Programm mißlingen lassen, nicht sämtlich im Durchführungsprozeß anzusiedeln. Äußere Rahmenbedingungen wie konjunkturelle Einflüsse oder ein starker Trend in der öffentli­chen Meinung können ebenso bedeutsam sein. Die Trennlinie zwi­schen ihnen und den institutionell-prozessualen Bedingungen der Implementation ist nicht klar zu ziehen. Sind schon die institutio­nellen Durchführungsbedingungen nicht leicht beeinflußbar , so gilt dies in noch viel stärkerem Maße für die allgemeinen Bedingun­gen des gesellschaftlichen Umfeldes.

Die deskriptiv orientierte Implementationsforschung übt sich in Selbstbescheidung und begnügt sich damit, mittels empirisch-ana­lytischer Methoden den Programmablauf nachzuvollziehen, ohne sich um dessen Verbesserung zu bemühen. Die Handlungsstränge der unterschiedlichen Implementations-Beteiligten werden ver­folgt, in ihrer Verflechtung und ihrem Zusammenwirken mit dem

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Handeln und den Zielen anderer nachgezeichnet. Dennoch kann auch hier nicht von einer totalen Zid- unJ Praxisabstinenz gespro­chen werden, denn die Vernachlässigung des Zides würde jedes Kriterium für die Auswahl relevanter Aspekte aus den erdrücken­den empirischen Daten eliminieren (Scharpf 1978: 349). Also auch hier liegt - wenn auch in sehr zurückgenommener Form - eine Auswahl von zu analysierenden Elementen des Implementations­prozesses vor, die sich an einem vagen Programmziel orientieren. Ebensowenig lassen sich praktische Wirkungen ganz ausschließen: »... Praktischer Nutzen ließe sich ... schon ... aus der Berücksichti­gung der in exemplarischen Studien identifizierten Voraussetzun­gen und Restriktionen wirksamer staatlicher Intervention ziehen« (Mayntz 1983: 87). Der Unterschied zwischen der zielorientierten und rein handlungsbeschreibenden Implementationsforschung ist somit nicht grundsätzlicher, sondern gradueller Natut: Eine ­wenn auch im letzten Fall nur implizite- Orientierung an Zielen, die in der Politikformulierung gesetzt werden, ist immer vorhan­

den.

Implementaüon und ihre Akteure: Organisationen, Gruppen, Individuen

Im Mittelpunkt des struktut- oder akteurorientierten Ansatzes ste­hen die Organisation, Gruppen und Individuen, die mit ihren Ak­tivitäten, ihren wechselseitigen formalisierten oder nicht formali­sierten Beziehungen den Prozeß der Implementation tragen (Naka­mura, Smallwood 1980: 18). Der strukturelle Ansatz hebt auf das Policy-Netz der Implementation ab. Implementation wird auch be­stimmt dutch die Zahl der Ebenen, der Behörden und der Beteilig­ten, die etwas bei der Gestaltung dieses Prozeßes zu sagen haben oder ihn gar blockieren können (Rein, Rabinovitz 1978).

Nach ihrem Handlungsbeitrag lassen sich grundlegend drei ver­schiedene Gruppen unterscheiden, die am Implementationsprozeß beteiligt sind: erstens die Programmkonzipierer oder »Politikfor­mulierer«, die eine Policy gestalten und rechtsverbindlich be­schließen; zweitens die Durchführenden, die eine »Zulieferer­funktion« erfüllen, indem sie eine Programmleistung für eine wei­

lne Cruppe erbringen. Der »lrnplclllenlationsmanager« errichtTl die Koalit ion, die die Implemental ion tr;igt, formuliert Hand­lungsrichtlinien und -anweisungen, verteilt finanzielle Mittel für die Durchführung (Sorg 1983: 391), schließt Verträge ab, sammelt und verteilt Informationen, stellt Personal ein und schafft neue or­ganisatorische Einheiten (Edwards, Sharkansky 1978: 203). Die Durchführenden »vor Ort« hingegen, die »Straßenbürokraten« (»Streetlevel Bureaucrats«; Lipsky 1980) oder »Frontline Implemen­ters« (Sorg 1983: 391), wie beispielsweise Lehrer, Sozialarbeiter, Po­lizisten etc., setzen die Policy in direktem Kontakt mit den Ziel­gruppen um. 55 Schließlich sind drittens die Adressaten oder eigent­lichen Zielgruppen eines Programms zu nennen, denen der Nut­zen oder generell die Botschaft eines Programmes zugedacht ist (Empfängerklientele). Am Beispiel der laufenden Hilfe zum Le­bensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz lassen sich folgen­de Akteure unterscheiden: Bundesregierung und Bundestag sind die Programmkonzipierer oder Politikformulierer, auch der Deut­sche Verein für öffentliche und private Fürsorge, der auf die Wa­renkorbdiskussion Einfluß nimmt; Durchführende sind die Landes­regierungen, die kreisfreien Städte und Kreise als örtliche Träger ~

I der Sozialhilfe und deren Sozialämter; zur Gruppe der Adressaten

1 schließlich gehören die einzelnen Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt.

Öffentliche Programme stiften so einen Handlungszusammen­hang, ein Interaktionsnetz zwischen verschiedenen Akteuren. Da­bei greifen sie häufig auf schon bestehende Organisationen zurück, aber rufen auch neue Organisationen ins Leben. 56 In diesen Netzen entwickeln sich häufig Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Gruppen; so ist es zur nicht seltenen, traurigen Übung geworden, daß der eigentliche Programmnutzen häufig in den Netzen der durchführenden Zulieferklientele hängenbleibt und die Empfänger oder Letztadressaten nur unzureichend von einern Leistungspro­gramm profitieren. 57 Denn in der Regel wissen die Zulieferer­klientele sich besser zu organisieren und ihre Interessen zu artiku­lieren als die Empfängerklientele.

Insbesondere den Durchführungsorganisationen wurde in der Implementationsforschung viel Aufmerksamkeit gewidmet. Ihnen kommt große Bedeutung zu, weil sie häufig ein kräftiges Eigenle­

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ben entfalten, das das Programmschicksal entscheidend beeinflus­sen kann. Der Politiker muß dem (;ewicht der Einze!organisatioll und deren Handlungskalkülen daher Rechnung tragen, wenn er das Programm plant. Jede Organisation ist darum bemüht, ihre Res­sourcen zu vermehren, um ihr Weiterbestehen zu garantieren und die Unsicherheit in ihrer Umwelt zu reduzieren. Zu diesem Zweck unterhält sie Tausch beziehungen zu anderen Organisationen (White u.a. 1975: 185). Tauschobjekt sind Ressourcen im weitesten Sinn, d.h. also Informationen, Legitimität, Rohstoffe, Halb- und Fertigwaren, Geld, Dienstleistungen personaler und technischer Art und Personen. Eine Organisation ist von einer anderen umso ab­hängiger, je weniger sie deren Ressourcen die für sie von Bedeutung sind, substitutieren kann. Entspricht das Personal einer Organisa­tion in Ausbildung, Expertenturn und organisatorischem Status nicht dem Personal der Bezugsorganisationen, so ist die Durchset­zungsfähigkeit der ersten gemindert (Evan 1972: 196). Nicht am Markt orientierte Organisationen beziehen ihre Ressourcen über­wiegend von staatlicher Seite und nur zum Teil von ihrer Klientel (White u.a. 1975: 189). Bei profitorientierten Organisationen ver­hält es sich gerade umgekehrt: Die Mehrheit ihrer (Geld- )Ressour­cen stammt von den Adressaten ihrer Leistungen, wodurch sie ge­genüber staatlichen Steuerungsversuchen im Implementationspro­zeß resistenter werden (Evan 1972: 183).

Wie wird das Handeln der verschiedenen Akteure koordiniert? Eine wechselseitige Anpassung kann im Rahmen gemeinsamer Zie­le erfolgen (einfaches Koordinationsspiel , Schelling 1963; »mutual adaptation«, McLaughlin 1978). Nach dem Verhandlungsszenario werden gemeinsame und divergierende Ziele festgelegt und durch Verhandeln eine für alle relativ günstige Policy definiert. Im »poli­tischen Macht«-Szenario wird ein Konflikt durch die einseitige Aus­übung von Macht gelöst: Die Policy-Präferenzen eines Akteurs wer­den dem anderen auferlegt; er muß sich fügen (Nakamura, Pinder­hughes 1980: 1096 f.). So herrscht, spiel theoretisch gesprochen, ex­treme Kooperationsfeindlichkeit bei einem Null-Summen-Kon­flikt, weil die Verwirklichung der Ziele von A die Nichterfüllung der Ziele von B voraussetzt (Thompson 1967: 138), wie im Falle der

f einander umgehen, bßl ul1tCfschiedliche idealtypische interorgani­satorische Strukturen entstehen. Im koalitillllsähnlichelllmplemen­tationskollLext wirken mehrere Organisationen öffentlicher oder pri­vater Natur zusammen, um ein gemeinsames Programm zu realisie­ren. Die Zusammenarbeit ist vorübergehend und nicht institutio­nalisiert (Waffen 1967: 407), so bei der vertraglichen Verpflichtung eines Transportunternehmens im Rahmen der kommunalen Abfall­beseitigung . Die »föderalistische Implementationsstruktur« umfaßt ein längerfristiges gemeinsames Entscheidungsorgan für einen be­stimmten Zweck. Jede Entscheidung erfordert die Zustimmung al­ler oder zumindest der Mehrheit der Beteiligten. Als Beispiel sei die Selbstkoordinierung der Länder und die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Rahmen des »Kooperativen Föderalismus« bei der Bewältigung von Gemeinschaftsaufgaben genannt. 59 Im hierarchischen Handlungszusammenhang werden die Grundzüge eines Programmes allein durch die Zentralinstanz vorgegeben, je­doch nicht in allen Einzelheiten, sondern in Form allgemeiner Be­stimmungen und Restriktionen (Scharpf u.a. 1976: 35). So voll­zieht sich die Ausführung mancher Bundesgesetze durch die Län­der, die Bundesauftragsverwaltung , im hierarchischen Kontext. Der Bund übt die Rechts-, Gesetz- und Zweckmäßigkeitskontrolle über den Vollzug aus. Im Rahmen der zentralistischen Implemen­tationsstruktur zieht die übergeordnete Instanz die Mehrzahl der Entscheidungen an sich, so daß der einzelnen Suborganisation kei­ne nennenswerten Entscheidungsfreiräume bleiben. Die Unterein­heiten, für die Erledigung präzis bestimmter Aufgaben geschaffen, arbeiten in strenger Arbeitsteilung nach detaillierten Anweisungen (Waffen 1967: 404). Zentralistische oder unitaristische Implemen­tationsstrukturen finden wir im Rahmen der bundeseigenen Ver­waltung' beispielsweise im Post- und Fernmeldewesen, der Steuer­verwaltung. So wird aus Gründen der Gleichbehandlung und der Einheitlichkeit des Wirrschafts- und Finanzsystems eine einheitli­che (unitarische) Implementation der Steuergesetze angestrebt.

Idealtypische Implementationsstrukturen werden unterschie­den, um diese ex ante bestimmten Programmtypen zuzuordnen und so im vornherein einen möglichst störungslosen Ablauf der

klassischen redistributiven Policy. 58 Durchführung zu sichern. In Abweichung von diesen Überlegun­Die Art, wie Organisationen während der Implementation mit­ gen geht die Netzwerk-Analyse davon aus, daß formale Struktur-I

jI

d94 95

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muster der Implementation die vielschichtig verf10chtenen Bezie­hungen zwischen den Beteiligten nicht widerzuspiegeln vermögen. Um die Vielzahl der unübersichtlich angeordneten Akteure im Im­plementationsfeld zu erfassen, sei es vielmehr sinnvoll, von einem »kollektiven Aktor«60 auszugehen, der in Funktion tritt, wenn ein Programm Signalwirkungen erzeugt (Müller 1985: 101), so daß ein selbstorganisiertes Gebilde zur Durchführung öffentlicher Pro­gramme entsteht, das wiederum auf das Programm einwirkt. 61

Diese Art von Netzwerk-Analyse (Hjern, Porter 1978) bietet Vorteile bei der Beschreibung eines unübersichtlichen Implemen­tationsfeldes, das den Durchführenden viel Gestaltungsspielraum eröffnet, wie beispielsweise bei sozialen Dienstleistungen. Es gibt jedoch Programme, bei denen einer solchen Selbstselektion bei der Teilnahme enge Grenzen gesetzt sind und bei denen die Durch­führungskompetenzen von Anfang klar und präzise feststehen, wie in der Straßenverkehrsordnung oder in der Steuergesetzgebung. So wichtig es ist, empirisch das tatsächliche Feld der Implementa­tionsbeteiligten Schritt für Schritt abzubilden, so unumgänglich ist es für den Politiker, die Eignung bestimmter Implementations­strukturen für spezifische Programme ex ante einzuschätzen. Es liegt auf der Hand, daß ein umverteilendes Besteuerungspro­gramm in der Planung nicht ohne die Vorstellung einer angemes­senen organisatorischen Implementationsstruktur auskommt, in der die Beteiligten durch das gewählte Steuerprinzip verbunden werdtn. Sinnvoll erscheint es daher, beide analytischen Ansätze zu kombinieren: Die präskriptive Zuordnung von Programm und Im­plementationsstruktur erfolgt durch den Programmplaner. Wer an der Durchführung dann tatsächlich beteiligt ist, wird mittels der Netzwerk-Analyse herausgearbeitet und der ex ante-Einschätzung

gegenübergestellt. Bei dem Versuch, Durchführungsstruktur und Programmtyp ein­

ander anzupassen und eine zielgerechte Implementation zu si­chern, lassen sich zwei Sichtweisen unterscheiden: Die Sicht von oben: »Wie können Programm und Durchführung gestaltet wer­den?« wird immer häufiger durch die »Sicht von unten« ergänzt: Sollten zentrale Steuerung und Kontrolle nicht möglichst stark zu­rücktreten, um Spielraum für eine klientengerechte Durchführung vor Ort zu gewähren? Diese Entwicklung wurde gefördert durch die

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Erkenntnissc, die aus einer schnell wachsendeIl Zahl von lmpk­I11Clll at iOllsstud ien gewonncn wurdcll. Sic verstjrkt Cll d jc Einsich t , daß die Ziele vieler politischer Maßnahmen, wje die sozialer und personeller Dienstleistungen, diffus sind und zentral nicht präzise vorgegeben werden können, vielmehr erst wiihrend des Durchfüh­rungsprozesses individuell spezifisch und örtlich variabel Gestalt gewinnen.

Über das Trügerische der »Top-Down«-Sicht und die Notwendig­keit einer zumindest programmspezifischen Relativierung dieser Perspektive62 herrscht heute in der Implementationsliteratur weit­gehend Übereinstimmung. 63 Die Programmgestaltung während der Durchführung, auf die alle möglichen Beteiligten Einf1uß neh­men, wird mit den unterschiedlichsten Umschreibungen versehen: wechselseitige Anpassung von Programmzielen und örtlicher Durchführung (»mutual adjustment«; McLaughlin 1978), »auf den Kopf gestellte Implementation« (Lipsky 1980), »adaptive Imple­mentation« (Berman 1980), Politikimplementation als »Lernerfah­rung vor Ort«, als »kreativer Prozeß im Rahmen eines lose gekoppel­ten sozialen Netzes«, als »backward mapping« (Elmore 1979/80). Immer deutlicher schälte sich die Schlüsselfunktion der Durchfüh­rungsträger »vor Ort«, der »Straßenbürokraten« (Lipsky 1980) bei der Gestaltung staatlicher Politik heraus.

Implementation: Das Programmschicksal

Nicht Organisationen, sondern die Veränderung der Policy wäh­rend der Durchführung interessieren beim programmorientierten Ansatz in erster Linie. Schon früh wurden in der deutschen Imple­mentationsforschung Programminhalte nach den ihnen zugrunde­liegenden Steuerungsinstrumenten klassifiziert, denn diese bieten die Antwort auf die Königsfrage der Implementationsforschung: Wie versucht der Staat, bestimmte Verhaltenswirkungen bei den Zielgruppen hervorzurufen? Geschieht dies durch Gebot/Verbot, Anreiz, Angebot, Information, Überzeugung oder Vorbild? Auch die Art der intendierten Wirkungen (distributiv / redistributiv) und die Beschaffenheit von Programmen (Einkommensprogramm, ver­

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haltensregulierendes Programm etc.) bietet Aufschluß über die Konflikthaftigkeit und den organisatorischen Aufwand während der Durchführung (vgl. Kapitel 1).

Welche Erkenntnisse über typische Implementationsschicksale hat die empirische Forschung zutage gefördert? Die Durchführung distributiver Programme gestaltet sich problemlos und konsensual, wenn auf allen politischen Ebenen der gleichbehandelnd verteilen­de Charakter aufrecht erhalten wird, Mittel afonds perdu zur Ver­fügung stehen. Übersteigen auf der untersten Implementationsebe­ne jedoch die Nachfragen der Leistungsbewerber die verfügbaren Ressourcen, verliert die Policy ihren distributiven Charakter und wird zum Null-Summen-Spiel (Ripley, Franklin 1982: 71). So re­sultiert keine Konkurrenz unter den Bauern, wenn ein agrarpoliti­sches Programm jede produzierte Milcheinheit bezuschußt, verfügt jedoch eine Stiftung nur über eine begrenzte Summe, um universi­täre Forschung zu fördern, so entsteht zwischen den vielen Antrag­stellern ein Umverteilungskonflikt.

Die distributive Policy trifft in der Durchführungsphase auf ein aktives Gestaltungsinteresse , das sich um die Aufrechterhaltung des Leistungsflusses an die Adressaten konzentriert. Denn die Lei­stungsverteilung ist dazu geeignet, politische Sympathien zu ge­winnen und zu pflegen. Das Interesse an der Durchführung mün­det in wahre Leistungsseilschaften zwischen staatlichen Behörden, kommunalen Ämtern, Ausschüssen, interessierten Klienten sowie deren Verbänden.

Wenn distributive Politik auf geringen Implementationswider­stand trifft, so gilt für r~distributive Politik genau das Gegenteil. Der Dutchführungsweg eines Umverteilungsprogrammes ist voller Gefahren und Untiefen. Entweder bleibt es ein Torso der Politikfor­mulierung, das nie in die Praxis umgesetzt wird, oder es wird unter der Hand mit Elementen »angereichert«, die es in die Nähe eines gleichbehandelnden distributiven Programmes rücken. Denn die Programmverlierer, die die Kosten der Umverteilung zu tragen ha­ben, mobilisieren - sofern Spielraum besteht - erneuten Wider­stand gegen die Umverteilungsziele. Dies fällt dann leicht, wenn ein Programm nur als Rahmengesetz formuliert wurde, das der Konkretisierung während der Implementation bedarf. Unter der Decke der vordergründigen Harmonie des Rahmengesetzes lauern.

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Konflikte und Zwist, die sich zwischen »Programmverlierern« und »Programmgewinnern« im Verlauf der Durchführung erneut ent­zünden. 64

So würde die konsequente Anwendung des Bundesimmissions­schutzgesetzes wirklich eine Umverteilung von Kosten zu Lasten der Industrie bedeuten, wenn nicht großzügige Abschreibungsmög­lichkeiten und staatliche Zuschüsse für Umweltinvestitionen wäh­rend der Durchführung diese Last breiter streuen würden. 65 Insbe­sondere eine »sanfte« staatliche Steuerung mittels Anreizen, Ange­boten oder Überzeugung öffnet den Abwandlungsbemühungen der Programmgegner Tür und Tor und läßt die Realisierungschan­cen redistributiver Politik von vornherein als gering erscheinen, es sei denn, die Nutznießer der Umverteilungspolitik üben organisier­ten Druck aus, um in den Genuß des ihnen zugedachten Nutzens zu gelangen. Ein Beispiel dafür bietet das Arbeitssicherheitsgesetz , das Leistungen von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten vor­sieht, die vom Arbeitgeber finanziert werden und den Arbeitneh­mern zugute kommen. Diese Leistungsansprüche werden umso besser erfüllt, je nachdrücklicher der Betriebsrat und die gewerk­schaftlichen Vertrauensleute sich dafür stark machen. Dies gilt ins­besondere für die prävenriven Dienstleistungen des Betriebsarztes und die Mitwirkung der Sicherheitsfachkräfte bei geplanten Pro­duktionsanlagen, weniger für präzise vorgeschriebene Arbeitssi­cherheitsmaßnahmen, wie beispielsweise die obligatorischen, perio­disch vorgeschriebenen Kontolluntersuchungen (Windhoff-Heri­tier 1980: 200).66 Chancen zur Abwandlung redistibutiver Policy während der Implementation sind geringer, wenn Umverteilungs­politik mit genauen Vorschriften arbeiten, wie im Fall der Steuer­gesetzgebung. Es fällt dann schwerer, während der Durchführung gegen die Politik zu wühlen, denn das Programm gleitet auffesten, vorgelegten Schienen.

Jedoch ist eine detaillierte Gebotssteuerung, wie dies bei einem standardisierten Einkommensprogramm geschieht, nicht immer möglich, so beispielsweise bei Humandienstleistungen. Sie werden an der Person erbracht und schlagen sich im Verhalten der Person nieder, setzen also deren freiwillige Mitwirkung voraus. Bei diesen Programmen stoßen wir dann häufig auf die Tatsache, daß sie nicht primär durch die Bedürftigsten genutzt werden, sondern durch

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sprach- und kommunikationsstarke Mittelschichtskliemcn (Keven­hörster, Windhoff-Heritier 1981: 248 f.). Dies kann auch durch die Verwaltungspraxis des »Creaming« bedingt sein, den Umstand, daß Verwaltungsangehörige Leistungen häufiger den relativ Begünstig­teren einer Zielgruppe zukommen lassen. 67

Die zielgerechte Durchführung regulativer Policy hängt von ei­ner Vielzahl von Bedingungen ab, wie der Vielfalt und Größe der zu beeinflussenden Zielgruppen und dem Ausmaß der gewünsch­ten Verhaltensveränderung (Mazmanian, Sabatier 1981: 7 f.): Je verschiedenartiger das zu regulierende Verhalten und je umfassen­der die angestrebte Veränderung, umso geringer die Wahrschein­lichkeit der Zielerreichung. Je kleiner und leichter abgrenzbar die Gruppe, .deren Verhalten beeinflußt werden soll, umso höher die Implementationschancen.

Häufig verbinden sich Strafandrohungen mit Verhaltensgebo­ten, deren Wirksamkeit von zwei Bedingungen beeinflußt wird: Das geforderte Verhalten muß von einem normativen Grundkon­sensus in der Öffentlichkeit getragen werden. Denn wirksame Ver­haltensangebote sind immer stark in sozialen Wertvorstellungen verhaftet (Handberg 1980: 104). Entsprechend kommt der Strafe nicht nur ein instrumenteller Abschreckungscharakter zu, sondern auch die Funktion der »sozialen Verdammung«, die klar macht, daß sozialen Normen zuwidergehandelt wurde (Brigham, Brown 1980: 13 ).68

Auf der Ebene der Abschreckung hängt di'e Gesetzeskonformität von der Wahrscheinlichkeit, Schnelligkeit, Häufigkeit und Strenge der Bestrafung ab, die bei Nichtbeachtung der Vorschrift ausge­sprochen wird. Ebenso bedeutsam sind die Kosten, die der Ziel­gruppe bei Nichtberücksichtigung der Vorschrift erwachsen (Maz­manian, Sabatier 1981: 22; Rodgers, Bullock 1976: 5; Tullock 1974). Die Anwendung von Strafen setzt einen erheblichen Auf­wand an behördlicher Kontrolle voraus, deren Kapazität jedoch nie den Anforderungen der zu überwachenden Umwelt entspricht. Da­her muß der Staat sich weitgehend auf den freiwilligen Gehorsam (»self-compliance«) der Gesetzesadressaten verlassen; umso mehr fällt die normative Bejahung der regulativen Vorschrift durch die Zielgruppe ins Gewicht. So macht das Beispiel der Straßenverkehrs­ordnung, die sich an cin breites Publikum wendet, deutlich, daß

eine wirksame lmplememation nicht auf dem Kontrollvermögen der Behörden beruhen kann, sondern auf die freiwillige Befolgung der Verhaltensvorschriften durch die Adressaten angewiesen ist.

Im Fall protektiv-regulativer Policy wie Umwelt- und Arbeits­schutz nehmen die »Regulierten« eher eine abwehrende Haltung ein, suchen unauffällig zu bleiben, in der Hoffnung, daß die Be­hörden gar nicht oder nur langsam aktiv werden. Oder die Unter­nehmen entfalten Widerstand gegen die regulativen Maßnahmen und versuchen die Behörden über Verhandlungen zu Zugeständ­nissen zeitlicher oder sachlicher Art zu bewegen, indem sie gute Be­ziehungen zu ihnen pflegen, gar Versuche der »Inbesitznahme« un­ternehmen und eigenes Personal in die Bürokratie einschleusen (Frankfurter 1930: 45; Bernstein 1955; Wilson 1980: 364).

Genau umgekehrt verhält es sich bei der Durchführung kompeti­tiv-regulativer Policy, die den Marktzugang und das Marktverhalten gestalten will. Hier sind es die Klienten, die an einer aktiven Imple­mentation interessiert sind. Die Implementation schafft ein Kon­kurrenzverhälrnis zwischen den Adressaten, denn es gibt immer mehr Interessenten als angebotene regulierte Güter und Dienstlei­stungen, wie beispielsweise Radiofrequenzen und Fernsehkanäle: pie »Gewinner« werden ausgewählt, erhalten damit eine verkappte Bezuschussung, wobei allerdings ihre Standards der Leistungser­bringung überprüft werden. Die Quasi-Bezuschussung zieht die Pflicht der Lizenzinhaber nach sich, eine Leistung auch zu erbrin­gen, enthält also ein Zwangselement (Franklin, Ripley 1982: 73).

Wider Erwarten zeigt die empirische lmplementationsforschung auch, daß Behörden, auch wenn sie hoheitliche Anweisungen ertei­len können, darauf verzichten und mit den Klienten verhandeln, um eine gütliche Einigung zu suchen. Statt Gebote/Verbote wer­den Handlungsanreize gesetzt. So erweist sich die imperative Steue­rung in einem Problembereich wie dem Umweltschutz oder dem Arbeitsschutz, der dutch Komplexität, Technizität und Interessen­konflikte bestimmt ist, als nicht angemessen. Denn die Anordnung von Maßnahmen setzt eine genaue Kenntnis der Problemsituation und deren möglichen Lösungen voraus, Spezialkennrnisse, über die die Behörden häufig nicht verfügen (Bohne 1978: 9). Die Ressour­cen (Personal, Spezialwissen) der kontrollierenden Instanzen ent­sprechen somit häufig nicht denjenigen der kontrollierten Klien­

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ten. Folglich ist die Bürokralic auf den freiwilligen Gesetzesgehor­sam der Adressaten angewiesen oder muß sich auf Verhandlungen mit den »mächtigen« Klienten einlassen.

Haben wir bisher Gebot/Verbot in ihrer praktischen Anwendung betrachtet, so stellt sich dieselbe Frage nun für die Steuerung durch Anreize, Angebote, Information und Überzeugung: Die Wirksam­keit von Anreizen kann nur über eine individuelle Kosten-Nutzen­Bilanz eingeschätzt werden. Heben sich Kosten und Nutzen eines Programms gerade auf, bedarf es einer Verstärkung der Nutzen­komponente, um eine Verhaltenswirkung zu erzielen (Scharpf 1983: 101); jedoch werden Kosten-Nutzen-Überlegungen durch in­dividuelle Lernerfahrungen überlagert. Die Steuerung durch An­reiz gilt als wenig aufwendige Steuerungsform, weil der Vollzug im wesentlichen der Entscheidung des Nutznießers überlassen bleibt (Baich 1980: 61). »Anreize verringern die Notwendigkeit, komple­xe Informationen darüber zu beschaffen, was wem wieviel wert ist, denn die Produzenten und Konsumenten lösen dies durch den Tausch, den sie vornehmen« (Balch 1980: 62; eig. Übers.). So glie­dert sich die Steuerung per Anreiz in marktwirtschaftliche Mecha­nismen ein und vollzieht sich in einem dezentralen Handlungskon­text. Sie ist insbesondere in Gestalt der Steuerbefreiung politisch unauffällig und viel weniger sichtbar als die Steuerung durch Ge­bot/Verbot mit ihrem administrativen Überwachungsapparat. Ein­mal geltendes Recht, gerät ein Anreiz in Form einer Steuerbefrei­ung nicht so schnell in die Schußlinie der Kritik wie eine imperative Verhaltenssteuerung , die sichtbar mit der Kontrolltätigkeit einer Behörde verbunden ist (Neiman 1980: 39).

Auch die Durchführung von Angeboten beruht auf der freiwilli­gen Entscheidung der Adressaten, einen Nutzen in Anspruch zu nehmen, ohne daß damit spezifische Verhaltensauflagen verbun­den wären. Die mangelnde Ausschöpfung solcher Angebote ist durch mangelnde Information, Unsicherheit im Umgang mit Be­hörden und Formularen, zuweilen auch die stigmatisierende Wir­kung bedingt, die die Inanspruchnahme eines Angebots-Program­mes (z.B. Sozialhilfe) nach sich ziehen kann. Zahlreiche Vorschläge wurden formuliert und praktisch angewendet, um Verwaltungen bürgernäher zu gestalten (Grunow u.a. 1978; Windhoff-Heritier

1982) und die Nutzung angcbolsgesl tuteter Programme in der So­zialpolitik zu erhöhen.

Eine erfolgreiche Verhaltenssteuerung durch Überzeugung und Information hängt in erster Linie von der Klarheit und Angemes­senheit der gesendeten »Botschaft« ab. Ihre Wirksamkeit beim indi­viduellen Adressaten ist dann am höchsten, wenn das »Problem« in einem ausgeprägten Informationsmangel liegt (BaIch 1980: 54) und wenn die Information die Werthaltung des einzelnen ver­stärkt. Organisatorisch sind Aufklärungs- und Überzeugungsstrate­gien dann wenig aufwendig, wenn sie sich im Verteilen von Infor­mationsmaterial erschöpfen (»Der Bundesminister für Gesundheit macht darauf aufmerksam: Rauchen ist gesundheitsschädlich«); sie sind jedoch mit erheblich größerem Aufwand verbunden, wenn sie in Form einer personellen Dienstleisrung, als Erziehungsmaßnahme (Beispiel: Verbraucherberarung) durchgeführt werden.

Implementation und Programmverflechtung

Die ebenso simple wie unleugbare Tatsache, daß die Verdichrung und Verkettung bestehender Policies selbst einen wichtigen Faktor erfolgreicher Politikimplementation darstellen, hat als systemati­scher Aspekt der Implementationsforschung bisher wenig Interesse geweckt. Dies ist umso erstaunlicher, weil politische Maßnahmen sich mit der zunehmenden Dichte von Maßnahmen wechselseitig behindern, widersprechen, neutralisieren oder negativ verstärken. Programme als isolierbare, autonome Größen zu analysieren - ei­ne Versuchung, wozu die Prozeß-Perspektive verleitet - ist daher trügerisch, weil die möglichen Störfaktoren in der Policy-Umge­bung nicht berücksichtigt werden (Marvel, Marvel 1984: 204; Heclo 1975: 404f.).

In jedem Fall ist die Verflechtung so zu verstehen, daß durch eine Maßnahme externe Wirkungen erzeugt werden, die als positive Er­gänzung gelten kann, sofern eine inhaltliche Abhängigkeit von Maßnahmen im Rahmen einer gemeinsamen Zielsetzung besteht. Bei sequentiellen Verflechtungen liegt eine zeitliche Abhängigkeit ähnlicher Leistungen vor, bei einer Pool-Interdependenz addieren

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sich die Maßnahmen gleichartig bis zu einem gewissen Niveau mit

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positiver Wirkung. Im negativen Fall können sich Pol icics in ihrer inhaltlichen Zielsetzung widersprechen. Schwerer festzustellen ist die nicht intendierte widersprüchliche Wirkung. Ein Beispiel stellt die negative Pool-Interdependenz dar, in deren Rahmen sich ver­schiedene Policies in der gleichen Weise addieren, über ein ge­wünschtes Maß hinausgehen und damit die Stoßrichtung der Policy ins Negative verkehren.

Schaubzld 8: Policy-Verflechtung

Positive Verflechtung Beispiele

inhaltlich - Park- and-Ride-System

zeitlich /sequentiell - Lohnfortzahlung / Krankengeld

Pool - Verschiedene Subventionen für die Landwirtschaft (Flurbereinigung, Wirt­schaftswege u.a.m.)

- Arbeitslosengeld/-hilfe / Sozialhilfe

Negative Verflechtung Beispiele

inhaltlich - Kürzung der Kranken- und Rentenver­sicherungsbeiträge von Arbeitslosen / Kostendämpfung im Gesundheitswesen

zeitlich /sequentiell - Ausbildungsanmeldungstermine Betriebe / Studienplatzvergabe

Pool - Verschiedene Qualifikationsangebote für

(zuviel/zuwenig) jugendliche Arbeitslose; gemeinsamer Bezugspunkt: knappe Stellen

- Bau von Untergrundbahnen und im Zuge der Bauarbeiten Erneuerung der Straßen, die darüberführen

Die Unstimmigkeit von Policy-Maßnahmen wiegt nicht auf allen politischen Ebenen gleich schwer. Lassen sich in der Politikformu­lierung Ziele noch so wolkig darstellen, daß deren mögliche Wider­sprüchlichkeit zu anderen Policy-Zielen nicht auffällt, schälen sich Unstimmigkeiten auf der Strategieebene schon deutlicher heraus

und lassen sich auf der konkretcn Anwclldungsebene vor Ort schließ­lich nicht mehr leugnen. So können inkongruente Programrnstrate­gien, die aufein ähnliches Programmziel ausgerichtet sind, sich in ih­rer Wirkung aufheben. Ein Anreiz, neben ein Gebot / Verbot gesetzt, verliert seine Wirkung, denn der stärkere Steuerungsmechanismus stellt den schwächeren in Frage. Bei den konkreten Programmanwei­sungen fallen Widersprüche schließlich ganz deutlich ins Auge.

Da Behörden in der Regel mehr als eine Programmaßnahme durchführen, fließen bei ihnen konkrete Policy-Anforderungen zu­sammen, die in Widerstreit stehen können. Sie müssen eine Viel­zahl von Programmbestimmungen kennen, simultan verarbeiten (SprouIl1981: 455) und wirken so als Clearingstellen unterschiedli­cher Policy-Anforderungen, indem sie manche Regelungen ab­schwächen, manche ganz herausfiltern, um neue Maßnahmen in das Policy-Umfeld einzuführen (O'Brien 1980: 85). Damit wächst ihr Entscheidungsspielraum.69

Die eigentlich Leidtragenden mangelhaft abgestimmter Policies sind die Zielgruppen, denen Leistungen zukommen sollen oder an die sich Verhaltensanforderungen richten. Sie haben den Schaden (oder den Nutzen), wenn sich Maßnahmen in ihrer Wirkung nega­tiv oder positiv kumulieren. Sie müssen zwischen Programmen wählen, die sich wechselseitig ausschließen, und die jeweiligen Op­portunitätskosten tragen. Richtet die Implementationsforschung ihren Fokus nur auf ein Einzelprogramm und ignoriert alle inhalt­lich verbundenen Policy-Maßnahmen, mit denen sich eine Organi­sation auseinanderzusetzen hat, werden die Programmverwirkli­chungschancen falsch eingeschätzt.

5. Termination

Die Beendigung eines Programmes, die Programmtermination, entwickelte sich als Fragestellung »aus eigenem Recht« mit der Krise der öffentlichen Haushalte und dem zunehmenden Druck, öffent­liche Mittel einzusparen. Erst dann begann man sich systematisch der Frage zuzuwenden: Welches sind die Voraussetzungen, Rah­menbedingungen und Mechanismen der Programmbeendigung?

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Ein Grund für da~ späte Interesse an der Termination als For­schungsgegenstand liegt zum einen darin, daß die Beendigung und Veränderung einer Policy implizit in vielen Implementationsstu­dien angesprochen wird, zum andern darin, daß Termination sich häufig als schleichender Prozeß auf Katzenpfoten vollzieht, der sich über viele Jahre erstreckt und wenig greifbar ist (Bothun, Corner 1979: 542). In vielen Fällen geht er auch mit der Konzipierung ei­ner neuen alternativen Policy einher, die als solche einen attraktive­ren Untersuchungsgegenstand darstellt als die Programmbeendi­gung (de Leon 1978: 281f.).

Logisch schließt sich die Frage der Termination an diejenige der Implementation an. Sofern diese von einer Erfolgskontrolle beglei­tet wurde, kann deren Ergebnis als eine Entscheidungsgrundlage dafür dienen, ein Programm oder einige Programmteile auslaufen zu lassen. Ebenso beeinflußt die Reaktion der Öffentlichkeit das weitere Policy-Schicksal. Zeitlich können Implementation und Ter­minierung/Veränderung eines Programmes sich durchaus gleich­zeitig vollziehen: Artikuliert sich während der Durchführung Un­zufriedenheit mit Qualität und Handhabung einer Maßnahme, so kann dies Anlaß bieten, bereits vor einer natürlichen Zäsur (Ende der Legislaturperiode, Ende des Haushaltsjahres) Programmände­rungen in die Wege zu leiten.

Unschärfe kennzeichnet »Termination« auch als Begriff, denn er umfaßt das vollständige Einstellen eines Programmes ebenso wie die Veränderung von Programmteilen und deren Neugestaltung. Die partielle Veränderung bildet somit einen fließenden Übergang zur Politikformulierung. Nur wenn das Programm als ganzes »stirbt«, endet der Policy-Zyklus mit ihm.

Was konkret ist denn nun Gegenstand von Terminierungsbestre­bungen? Es sind Policy-Maßnahmen, hinter denen sich jedoch Or­ganisationen verbergen, denen die Durchführung obliegt. Pro­gramme als solche sind viel verletzbarer gegenüber Kürzungsbestre­bungen als Organisationen, die sich deutlich resistenter gegenüber Abbaubemühungen erweisen. Denn an sie knüpfen sich mannig­faltige individuelle und organisatorische Interessen, die diesen ein zähes Leben bescheren und die Auflösung einer bestehenden Insti­tution zu einem schwierigen Unterfangen geraten lassen. Insbeson­dere sind die Organisationen wenig anfechtbar, die für mehrere

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Programme verantwortlich sind. Geriit nämlich eines in die Schuß­linie politischer Kritik oder läuft auf natürliche Weise aus, indem beispidsweise die Klienten ausstnben (z. B. Lastenausgleichspro­gramm), so kann die Organisation, um ihre Existenz zu legitimie­ren, sich auf die Abwicklung der übrigen berufen.

Terminierungsbemühungen gründen auf den unterschiedlich­sten Ursachen und Motiven. Daß Maßnahmen eines »natürlichen Todes« sterben, weil ihr Zweck erfüllt und das Problem »gelöst« ist, darf als Ausnahme gelten. Denn die meisten Probleme, mit denen ein Staat sich auseinandersetzt, zeichnen sich durch ein langes Le­ben aus. Terminierungen stellen daher oft Substitutionen dar: Eine Maßnahme löst die andere ab. Woraus resultiert der Wunsch, eine Policy partiell oder ganz zu beenden? Verschiedene Gründe sind dafür ausschlaggebend: so der Wunsch, neue Problemlösungen auszuprobieren (Bothun, Corner 1979: 542), finanzielle Engpässe, Effektivitätsüberlegungen und politisch-ideologische Motive (de Leon 1983: 634). Auch technische Forschritte drängen zu neuen Problemlösungen (z.B. TBC-Impfung). Im konkreten Fall treten diese Ursachen häufig in vermischter Form auf. Insbesondere die sich ausweitenden Haushaltsdefizite stellen seit mehreren Jahren ei­ne wichtige Triebkraft für Programmeinschränkungen dar, denen häufig durch politisch-ideologische Überzeugungen zusätzliche Schubkraft verliehen wird.7°

Im Prozeß der Beendigung treten typische Verfahrensweisen und »Schicksale« hervor. Bei Kürzungsangriffen auf ein Programm läßt sich zunächst häufig eine Solidarisierung unter den Angehörigen des Policy-Netzes feststellen 71. Dieser Schulterschluß resultiert nicht aus dem selbstlosen Wunsch, Klienteninteressen zu verteidi­gen, die in diesen Leistungen eingebunden sind. Handfeste Eigen­interessen der beteiligten Organisationen spielen auch eine Rolle, denn ihr Schicksal ist eng verknüpft mit dem Bestand von Lei­stungsprogrammen. Die Kontinuität und Stabilität bürokratischer Organisationen, die normalerweise als deren Vorzüge gelten müs­sen (Ellwein 1981: 240), können sich in Zeiten finanzieller Knapp­heit und schwindenden Aufgabenbestands als Nachteile erweisen. Institutionen wehren sich gegen Mittelkürzungen, Personalabbau und Aufgabenreduzierung, denn eine schrumpfende Organisation, zumal wenn sie nicht mit vielfältigen Aufgaben beauftragt ist

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(Lambright, Sapolsky 1976: 213), gil t als eine erfolglose Organisa­tlon.

Aus diesen Gründen ist es leichter, das Messer bei »freischweben­den« Klienten anzusetzen, die nicht im Schutz einer starken Durch­führungsorganisation stehen und deren Widerstand gegen Kürzun­gen gering ist. Die institutionelle Einbindung in eine Leistungsor­ganisation dagegen erleichtert die Kommunikation über die Kür­zungsbetroffenheit und Gegenmaßnahmen. Ein Beispiel dafür bie­tet die Wiederaufhebung der Kürzung des Taschengeldes für AI­tenheiminsassen.

Es sind die »schwachen Schwestern« unter den Programmen, die die Kürzungsaxt am meisten zu fürchten haben; »Schwäche« be­deutet geringe politische und administrative Unterstützung, die sich typischerweise mit folgenden Policy-Merkmalen verbindet:

dem »Querschnittsaspekt« einer Maßnahme bzw. die erschwerte Zuordnung zu einer Gruppe, der Dauer eines Problemzustandes, der sozialen (latenten oder manifesten) Stigmatisierung eines Problems sowie der »Neuheit« oder fehlenden Tradition.

Interessen sind leichter organisierbar und durchsetzbar, wenn sie deutlich abgrenzbaren, exklusiven Charakter haben. Treten sie hin­gegen gleichmäßig verteilt und breit gestreut auf, so handelt es sich um inklusive, schwer organisierbare und durchsetzbare Interessen (Olson 1965). Als Beispiel einer quer durch die gesamte Bevölke­rung verteilten Leistung kann das Kindergeld genannt werden. Kei­ne Elternlobbies bildeten sich 1981, um gegen die Kürzung des Kindergeldes zu kämpfen. Ebenso gering ist Organisationsbereit­schaft, wenn die Betroffenen ihr Problem als vorübergehendes be­trachten, wie beispielsweise die Arbeitslosigkeit.

Da Empfänger spezifischer Leistungen häufig Minderheiten in der Bevölkerung darstellen, sind sie auf die Unterstützung anderer gesellschaftlicher Gruppen angewiesen, um sich politisch durchzu­setzen. Die Bereitschaft in der Öffentlichkeit, sich für »Fremdinter­essen« einzusetzen, hängt nun weitgehend von der normativen Ein­schätzung von Problemen ab. Rührt die Forderung nach einer

Leistung aus dem Durchlaufen einer »normalen« Lebensphase oder eines »normalen« Zustandes wie Alter LInd Krankheit, so ist die Un­terstützungsbereitschaft hoch. Fließt der Leistungsbedarf aus einem manifest oder latent stigmatisierten sozialen Zustand, wie Obdach­losigkeit, Drogenabhängigkeit (oder auch Arbeitslosigkeit), so fällt die öffentliche Solidarität mit den Problemträgern gering aus. Die­ser Nachteil könnte nur durch eine schlagkräftige Organisation kompensiert werden. Gerade diese fehlt jedoch häufig bei diesen Gruppen.

Gegenüber Beendigungsbestrebungen resistenter zeigen sich auch alte im Vergleich zu jungen Programmen, denn in der Regel schafft sich ein Programm mit Leistungscharakter einen Stamm von Klientelen, die nicht nur aus den direkten Nutznießern von Lei­stungen bestehen, sondern auch aus den Erbringern von Leistungen im Rahmen dieser Maßnahme (Zuliefererklientele). Gerade die Zu­liefererklientele, für die staatliche Leistungsprogramme, wie bei­spielsweise Gesundheitsleistungen, Einkommensquellen ersten Ranges darstellen, wehren sich besonders vehement gegen die Aus­dünnung oder gar Beendigung von Programmen (Piven, Cloward 1982: 5). Ist eine Gruppe erst in jüngerer Zeit in den Genuß öffent­licher Bezuschussungen gekommen, ist die Chance, daß sie aus dem Kreis der Alimentierten bald wieder herausfällt, größer als bei alten, etablierten Problemgruppen. Die Zuletztgekommenen lau­fen eher wieder Gefahr, aus dem Verteilungssystem ausgeschlossen zu werden, sofern dem nicht Rechtsansprüche im Wege stehen. Er­fordert ein Programm hohe Kosten, um es überhaupt in Gang zu setzen, so ist es besonders schwierig, dieses wieder außer Kraft zu setzen. Man denke an innovative Maßnahmen nicht-inkrementalen Charakters, die anfangs beträchtliche Summen binden, um über­haupt in Funktion treten zu können. Eine Terminierung stellt alle bisherigen Investitionen in Frage (Schulmann 1980: 140).

Welche Strategien der Programmbeendigung kommen nun zur Anwendung, um Terminierungshemmnisse zu überwinden? Wird von vornherein die Geltungsdauer eine Policy auf einen bestimm­ten Zeitraum festgelegt (»sunset legislation«), erübrigen sich poli­tische Auseinandersetzungen um deren Fortbestand. Dasselbe gilt für die »experimentelle Policy« mit ihrem vorläufigen Charakter. Auch kann ein Programm selbst die Kriterien für seine Beendigung

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oder Weiterführung liefern, welln ihm durch Gesetzgebung Er­ 6. Policy-Reaktion und politische Verarbeitung folgsmaßstäbe »eingebaut« werden, beispielsweise als statistischeI' Erfassung der behandelten Fälle, Werden bestimmte Schwellenwer­I, te nicht überschritten und das Programm-Soll nicht erfüllt, läuft

I, die Maßnahme »automatisch« aus (de Leon 1978: 294f). Muß je­doch eine politische Entscheidung über die Beendigung /Weiter­j, führung herbeigeführt werden, so werden zu diesem Zweck meist

j'

I die »natürlichen Abbrechpunkte« (wie ein Regierungswechsel) be­nutzt.

Ein Programm langsam auslaufen zu lassen bietet den Vorteil,j !~ , daß sich Zulieferer- und Empfängerklientele daran gewöhnen kön­! (nen, sich in ihren Forderungen und Bedürfnissen umzuorientieren, a

und daß die politische Unterstützung des Programmes kontinuier­~' lich abnimmt (Bardach 1977: 125). Diese dekrementalistische Stra­

tegie läßt den betroffenen Durchführungsorganisationen auch Zeit, sich neuen Aufgaben zuzuwenden und neue Ressourcen zu er­schließen. Der plötzliche Abbau eines Programmes hingegen stößt häufig auf mehr Widerstand und erfordert eine sorgfältige Vorbe­reitung. So muß das Personal der durchführenden Organisationen darauf vorbereitet und alternativen Aufgaben zugeführt werden, so daß die Programmbeendigung nicht gleichbedeutend mit ihrer Entlassung wird (Lambright, Sapolsky 1976: 202f).

Diskussionen um eine Programmbeendigung sind häufig von ei­ner ideologischen Aufheizung des politischen Klimas begleitet. Verfolgt man Terminierungsabsichten, so erweist es sich als zweck­dienlich, die betreffenden Maßnahmen in der Öffentlichkeit »ideo­logisch zu delegitimieren«, sie als Gefahr für zentrale gesellschaftli­

o,! che Werte darzustellen und ihnen damit die Existenzberechtigung abzusprechen und ihre politische Unterstützung zu vermindern. 72

Das Mobilisierungspotential der Ideologie wird dann genutzt, um die Programme zu reduzieren oder abzubrechen.

Noch weitgehend im Dunkeln liegt die Frage: wie reagieren Teile der Öffentlichkeit auf bestimmte Policies? Wie bringen sie Zustim­mung oder Mißfallen gegenüber dem Programm in ihrem politi­schen Verhalten zum Ausdruck, um es erneut in die Politikformu­lierung einfließen zu lassen (Müller-Rommel 1985: lOsE.)? Policy­Reaktionen und deren politische Verarbeitung - nicht die Imple­mentation - sind heute das »fehlende Glied« (Hargrove 1975) in der Policy-Zyklus-Forschung.

Bei genauer Betrachtung handelt es sich bei diesem Problem, das in der Systemtheorie schwungvoll als »Feedback-Loop« bezeichnet wird, um mehrere, miteinander verflochtene Fragestellungen. Wie nehmen Zielgruppen eine ihnen zugedachte Maßnahme auf? Äu­ßern sie sich zustimmend, ablehnend oder indifferent? Dieser Frage geht die Evaluationsforschung nach. Auch die Programmreaktion weiterer Bevölkerungskreise, die nur mittelbar betroffen sind, wer­den unter Umständen von ihr noch unter die Lupe genommen. Mittels verschiedener Methoden werden Programmklienten darauf­hin befragt, wie sie die Qualität einer Policy und deren administra­tive Vermittlung beurteilen. Die Untersuchungsergebnisse können den politisch Verantwortlichen als Entscheidungsgrundlage die­nen. 73 In den 60er Jahren beauftragten die großen Städte in den USA häufig Institutionen wie die »Urban Observatories«, das Urteil der Bürger über verschiedene kommunale Dienstleistungen auf breiter empirischer Basis zu erforschen. So ergaben frühe Erhebun­gen,74 daß das Angebot von Dienstleistungen in ethnisch und ras­sisch unterschiedlichen Wohngebieten in ihrer Qualität erheblich auseinandergehen, nach der Formel »Mehr Schulen, Parks und Stra­ßenreinigung für die Reichen«, oder »Wer hat, dem wird gegeben« (Mladenka 1975, Rich 1979). Folgeuntersuchungen jedoch bestä­tigen diese Diskriminierung nicht (Rosentraub, Thompson 1981: 990). Auch in der Bundesrepublik wurde im Zuge der Bemühun­gen, die Bürgernähe der öffentlichen Verwaltung zu verbessern, ana­lysiert, wie verschiedene Verwaltungsleistungen von betroffenen Bürgern beurteilt werden. Darüber hinaus waren auch objektive Merkmale der Leistungserbringung, wie die räumliche Verteilung

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von Infrastruktureinridll ungen, Gegenstand von Untersuch ungen (Kaufmann 1979).

Stellt die Frage »Wie perzipiert der Bürger eine Leistung und de­ren Vermittlung?« ein noch relativ einfaches analytisches Problem dar, so erweist sich die daran anschließende Frage »Wie schlägt sich die Reaktion auf eine einzelne konkrete Policy im politischen Ver­halten des Bürgers nieder?« als dorniges Untersuchungsproblem. Welche politische Artikulationsform wählen Betroffene, wenn überhaupt, um ihre Programmreaktion in den politischen Entschei­dungsprozeß einfließen zu lassen? Werden dadurch ihre Wahlent­scheidungen beeinflußt? Schließen sie sich einer »Single-Issue«­Gruppe oder einem Verband mit vielfältigen Zielsetzungen an? Oder benutzen sie Parteikanäle, um ihrer Meinung Ausdruck zu verleiheu ? Damit sind nur einige mögliche Wege der Artikulierung genannt. Eine partielle Antwort auf diese Frage bietet u.a. die Er­forschung des retrospektiven Wählerverhaltens (Fiorina 1981): Wie reagieren Wähler auf einzelne Policy-Issues der vergangenen Legis­laturperiode und wie auf die politischen Entscheidungen regieren­der Parteien? Die Schwierigkeit, die hier interessierenden Pro­grammeinflüsse analytisch von anderen Einflüssen zu trennen, liegt auf der Hand. Es mag in den Fällen gelingen, in denen einer politi­schen Frage in einem Wahlkampf überragende Bedeutung zu­kommt, wie es tendenziell bei der Ostpolitik der sozialliberalen Bundesregierung im Wahlkampf von 1972 war. Auch die Wähler­reaktion auf staatliche Konjunkturpolitik wurde erforscht (Schmidt 1983). Jedoch »antwortet« der Bürger auf nur wenige Programme intensiv und deutlich. Da er Adressat einer Vielzahl staatlicher Maßnahmen ist, vermischen sich diese in ihrer Bedeutung für seine Wahlentscheidung. Darüber hinaus beeinflussen traditionelle Par­teibindungen und -bilder sowie die Persönlichkeiten von Politikern seine Entscheidung, die überdies durch das soziale Gefüge geprägt ist, in dem sich der Wähler bewegt. Programmerfahrungen und den politischen Reaktionen darauf liegen somit komplizierte Wech­selwirkungen zugrunde, die auf keine einfache Formel gebracht werden können.

Zu dem komplizierten Übersetzungsschritt Policy-Erfahrung ­politische Meinungsäußerung gesellt sich ein weiterer: Was macht der politisch Entscheidende mit einer Policy-Stellungnahme von Be­

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troffenen t Wie deutet und selzt er sie in rechtlich verbindliche Be­schlüsse um? Auch dieser Zusammenhang basien auf komplexen Transformationsprozessen und einer Vielzahl von Einflüssen, die verschiedene Forschungsansätze analylisch zu erfassen suchen: So stellen die Wählerpräferenzen einen wichtigen unabhängigen Ein­flußfaktor des Entscheidungsverhaltens der politischen Repräsen­tanten dar (Luttbeg 1968; Eulau, Prewitt 1973; Cnudde, McCrone 1966; Miller, Stokes 1963). Jedoch machen sie sich auf mittelbare Weise bemerkbar (Zeigler, Jennings 1974) und werden durch die individuelle Einstellung des Politikers, die Haltung des politisch aufmerksamen Publikums und durch die Parteien und deren Pro­grammatik gefärbt. Das Verhältnis zwischen Wählermeinung und politischem Entscheidungsverhalten von Parlamentariern ist eine Königsfrage der Demokratieforschung, die ihren Bogen von der Diskussion über valante generale und valanti de taus über das freie und imperative Mandat bis hin zur responsiven Demokratie schlägt.

Mit der Terminierung und der Policy-Reaktion/Verarbeitung kommen wir ans Ende des Policy-Zyklus. Natürlich verläuft dieser Prozeß nicht so glatt, wie die Darstellung der logischen Phasense­quenz dies nahelegt. Weder geordnet, indem ein Phasenschritt dem anderen folgt, noch störungslos, sondern zögerlich und schwerfällig vollzieht sich die Entwicklung einer Policy in unserem fragmentierten politischen Entscheidungssystem . Policy-Initiativen entstehen aus den unterschiedlichsten Quellen, werden versuchs­weise in der Öffentlichkeit thematisiert und verschwinden häufig wieder in der Vergessenheit. Einigen jedoch gelingt es, Zutritt zu einer politischen Bühne zu gewinnen und damit in den Strom der politischen Entscheidungen einzumünden. Diese Klippe kann leichter überwunden werden, wenn ein äußeres Ereignis zu schnel­lem politischen Handeln drängt. In der Regel bedarf es jedoch vie­ler politischer Vorstöße, eines vorsich tigen Abtastens der Mehrheits­fähigkeit einer Frage und vieler Abstriche an den ursprünglichen Policy-Forderungen, um sie politisch durchzusetzen. Während der Politikformulierung treten die Kräfte, die sich für eine Policy inter­essieren, gebündelt auf und wirken zusammen, um die ursprüng­lich zerstreuten Policy-Initiativen im Rahmen einer Entscheidung in den zentralen Politikfluß Eingang finden zu lassen. Danach ­

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während der Implementation - verzweigt sich die Poliey-Entwick­',r lung erneut. Denn die Notwendigkeit, eine Policy-Entscheidung an

Tausende oder Millionen von Adressaten heranzutragen und sie an ihnen zu verwirklichen, führt erneut zu einer vielfachen Ausdiffe­renzierung des Policy-Flusses, wobei die einzelnen Entwicklungen - je nach Programm - durchaus variabel sein können. Während die einen in der Dutchführung munter weiterfließen, verdünnen sich andere zu kleinen Rinnsalen, die schlußendlich austrocknen und zum unbemerkten Policy-Stillstand führen: Ob der Policy neu­er Schwung verliehen wird durch eine Neuformulierung oder neue Mittelzuweisung, oder ob sie insgesamt gestoppt und die damit ver­

I, bundenen Mittel in neue Bahnen gelenkt werden, entscheidet sich fi'li aus der Policy-Reaktion der Durchführenden und Adressaten und

der allgemeinen Haushaltslage. In dem Maß, als eine Policy nicht als statisches, sondern als dyna­

misches Phänomen betrachtet wird, entsteht die Notwendigkeit, auch begriffliche Formen und analytische Schemata anzubieten, die eine Policy in ihrer Veränderlichkeit erfassen. Im Verlaufe ihres »Lebens« tritt sie in unterschiedlichen »Gewändern« auf. Zwischen ihnen besteht jedoch ein Zusammenhang im Sinne einer logischen Fortentwicklung. Einige Hypothesen darüber, warum sich eine Po­licy in einer bestimmten Weise wandelt, wurden hier dargestellt.

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Viertes Kapitel Policy-Analyse: Wissenschaftliche Poliükberatung

Die Policy-Analyse hat zwei Gesichter. Das eine ist der Beschrei­bung von Policies und der Erklärung ihrer Entstehung, Entwick­lung und Veränderung zugewandt; das andere der praktischen Be­ratung von Politik, dem Bereitstellen von wissenschaftlichen Infor­mationen für den politischen und administrativen Entscheidungs­prozeß. Erinnern wir uns an die Worte Lasswells: »Die Policy Scien­ces befassen sich mit dem Wissen über und für den Entscheidungs­prozeß im öffentlichen und privaten Sektor ...« (Lasswell 1971: 1; eig. Übers.). Das Wissen für den politisch Handelnden ist es, was uns hier nun interessiert.

Welche Ziele und welche Methode impliziert das Bereitstellen von »Wissen für den politischen Entscheidungsprozeß«? E.S. Qua­de, einer der führenden Theoretiker der Policy-Analyse und frühe­res Mitglied der Rand Corporation, macht die Vielfalt der Ziele und Instrumente deutlich: »Das Wort Analyse umfaßt den Gebrauch von Intuition und Urteil und bedeutet nicht nur die Erforschung ei­ner Policy, indem man sie in ihre Teile zerlegt, sondern auch der Entwurf und die Synthese von Handlungsalternativen. Die Aktivitä­ten, die damit einhergehen, reichen von der wissenschaftlichen For­schung, um Einsicht in einen antizipierten Issue oder ein Problem zu gewinnen, bis hin zur Evaluation eines abgeschlossenen Pro­grammes. Einige Policy-Analysen sind informell und stellen nicht mehr dar als hartes und sorgfältiges Denken, während andere eine breite Datenbeschaffung und elaborierte Berechnungen verlangen, die auf komplizierten mathematischen Methoden basieren« (Quade 1982: 4).

Die präskriptiv orientierte Policy-Analyse läßt sich somit als eine

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angewandte sozialwissenschaftliche Forschung definieren, die eine Vielfalt von Forschungsmethoden verwendet, um polieyre!evante In­formation hervorzubringen und so aufzubereiten, daß diese in einer politischen Entscheidungssituation benutzt werden kann, um vor­liegende Policy-Probleme zu »lösen« (MacRae 1976: 277f.). Es liegt auf der Hand, daß diese Probleme sich nicht den Grenzen der fach­wissenschaftlichen Erkenntisse einfügen, sondern nur interdiszipli­när zu »lösen« sind. Das Ziel der Rationalisierung politischen Han­delns ergibt sich häufig aus aktuellen Problemen, kann aber auch ein Element oder einen mittelfristigen Schritt in einem übergrei­fenden innovativen Handlungsplan darstellen Oantsch 1970: 31f.).

Die beraterische Tätigkeit der Policy-Analyse läßt sich grob in vier analytische Schritte aufgliedern:

- die Problemdefinition und Zielauswahl, - die Darstellung alternativer Methoden zu Erreichung dieser

Ziele, - die Einschätzung der Durchführungschancen der vorgeschlage­

nen Lösungswege , und - die simultane oder nachträgliche (ex post) Erfolgskontrolle über

die durchgeführten Programme.

Logisch und sachlich laufen diese analytischen Schritte, die die Be­ratungspraxis strukturieren, parallel zum dargestellten Policy-Zy­klus. Wenn also in der ersten Phase des Policy-Prozesses Probleme thematisiert, definiert und damit Ziele festgelegt werden, so gilt dies auch für die Beratungstätigkeit. Allerdings vollziehen sich hier Problem- und Zielformulierung auf wissenschaftlich-systematischer Basis und erfüllen als wissenschaftliche Entscheidungshilfe nur eine Zulieferfunktion im politischen Entscheidungsprozeß.

Im Idealfall erstreckt sich die wissenschaftliche Beratung »aus ei­nem Guß« von Frühinformationen über gesellschaftliche Entwick­lungen über ein Instrumentarium zur rationalen Entscheidungsfin­dung bei aktuellen Problemen bis hin zur Einschätzung der Durch­führungschancen der beschlossenen Maßnahmen und der Erfolgs­kontrolle, die die Übereinstimmung von angestrebter und tatsächli­cher Policy untersucht. Während die mittlere Phase der rationalen Entscheidungsvorbereitung , der Analyse von Handlungsalternati­ven und deren Konsequenzen viel wissenschaftliche Aufmerksam­

keit gezollt wurde, entwickelte sich die Abstimmung von Politik­formulierung und Vollzug nur zögernd.

1. Problemdefinition und Zielauswahl

Die Auffassungen darüber, was die Policy-Analyse in der Zieldis­kussion zu leisten hat, divergieren. Wird einerseits postuliert, die Policy-Analyse solle bei der Suche und Festlegung erstrebenswerter politischer Handlungsziele aktiv mitwirken, wird andererseits em­phatisch davor gewarnt, daß Policy-Analytiker sich in politische Wertdiskussionen einschalten. So empfiehlt der normativ orientier­te Ansatz, durch die Erforschung von Werten und alternativen Handlungswegen, die der Zielerreichung dienen, praktische Vor­schläge zu entwickeln (Dunn 1981: 36). In dieser Funktion einer »Policy Advocacy« sollten die Forscher jedoch Zurückhaltung üben und sich vor emotional-ideologischem Aktivismus hüten, um be­stimmten Policy-Zielen zur Durchsetzung zu verhelfen. Denn die Entwicklung von Empfehlungen darüber, was getan werden könn­te, sei nicht gleichzusetzen mit der Aufforderung, etwas zu tun (Baier 1969: 53).

Von der »Policy Advocacy« abzuheben sind diejenigen normativ orientierten Theoretiker, die eine kreative, in den Beratungsprozeß integrierte Wertediskussion für nötig halten. So sprechen sich Yarmolinsky, Etzioni, Wildavsky und ]antsch dafür aus, daß der Wissenschaftler sich der Neubeurteilung von Problemen, damit der etwaigen Neufestsetzung von Werten innerhalb des demokrati­schen Grundkonsensus (»mixed efficiency«) nicht entziehen sollte. Auch Dror betrachtet es als eine Chance für die Policy-Analyse, die Spanne möglicher Handlungsalternativen phantasievoll zu erwei­tern (»Policy Preferization«)l5. »Dies weist auf die Notwendigkeit hin, ganz neue Techniken und Methoden zu entwickeln, um Policy durch rationale Mittel und nicht-rationale Prozesse zu verbessern, die damit ein integrales Element der präskriptiven Policy-Analyse darstellen« (Dror 1975: 251; eig. Übers.).

Als tragische Verwirrung bezeichnet es ]antsch, die systemanaly­tischen Entscheidungstechniken (Ziel-Mittel-Strategien) mit Policy­

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Analyse gleichzusetzen, »... tragisch, weil wir in der mächtigen Dy­namik linearen Denkens und Handclns verhafteT bleiben, wenn wir nicht lernen, unsere Werte und Normen in einer Weise neu zu ord­nen, die es uns erlaubt, die problematischen Situationen zu bewäl­tigen, die sich aus der Komplexität unserer sozialen Systeme erge­ben« Gantsch 1970: 31f.; eig. Übers.). Wenn kein Konsensus über Zielvorstellungen bestehe und das Problemverständnis diffus sei, liefen die raffiniertesten analytischen Techniken ins Leere. Daher sei die vornehmste Aufgabe der Policy-Analyse diejenige der »intel­lektuellen Innovation« (ebd.: 38f.), das Planen nach dem »Human Actions«-Modell (Ozbekhan 1969) im Gegensatz zum mechanisti­schen Modell. Während beim mechanistischen Planungsmodell die Werte und Ziele von außen vorgegeben werden, bildet nach dem »Human Actions«-Modell die Zieldefinition ein integrales und alle weiteren Schritte prägendes Element der Beratung. Bei der De;­finition von Werten werden alternative Modelle für die Zukunft entworfen (Dror 1970: 143). Durch die systematische Berücksichti­gung der Wertebasis soll die Policy-Analyse nicht Gefahr laufen, »... immer besser die falschen Dinge zu tun« (ebd.; eig. Übers.).

Im Gegensatz dazu vertritt die wertabstinente Richtung die Auf­fassung, daß es nicht Aufgabe des Policy-Analytikers sei, gesell­schaftliche Probleme antizipativ zu umreißen und konkrete Ziele zu empfehlen (Coleman 1972: 10), seine Sache sei es nur, vorgege­bene Ziele und Probleme zu analysieren, die innere Konsistenz der Ziele und der daraus abgeleiteten operativen Maßnahmen zu disku­tieren sowie solche Strategien auch aufzuzeigen. Die Auswahl der Ziele und Methoden aus dieser Sicht jedoch sei ausschließlich den politischen Entscheidern zu überlassen. »Die Policy-Analyse sollte von der Vertretung bestimmter Policy-Positionen [Policy Advocacy, A.W.H.] unterschieden werden. Im Gegensatz zur Policy-Analyse, die sich mit der systematischen Untersuchung, Erklärung und der Entwicklung von theoretischem und Tatsachenwissen befaßt, ist es das Anliegen der Policy Advocacy, zu bestimmen, was Regierungen tun sollten, und politische Unterstützung für spezifische Policies zu schaffen ...« (Anderson 1976: 2, eig. Übers.; vgl. Quade 1982: 21). Insbesondere die frühe Policy-Analyse war es, die sich diese Forde­rung nach wertfreien Untersuchungen zu eigen machte. Dies war unter anderem dadurch bedingt, daß sie sich überwiegend mit

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leicht quanrifizierbaren lnvestitionsprojekten befaßte. Je stärker die Beratungspraxis sich jedoch »weichen« Problemen, wie der Armuts­problematik, zuwandte, umso deutlicher traten die Bezüge zu übergeordneten Wertvorstellungen hervor (Nelson 1974: 382). Darüberhinaus erweist sich in manchen Beratungssituationen »Task Order Research«, die Auftragsforschung mit genau umrissener Auf­gabensteIlung , als unmöglich, weil der Auftraggeber oft nur vage weiß, daß »etwas nicht stimmt«, ohne die Gründe dafür zu kennen und präzise Fragen formulieren zu können. Erst im Laufe der Zeit findet der Berater heraus, was zu tun ist, um dem Klienten zu hel­fen. Ein »Task-Order«-Vertrag hätte den Policy-Analytiker mögli­cherweise an eine Strategie gebunden, die dem »Problem« wenig angemessen gewesen wäre (Lowry 1972: 57).

Die Problemerörterung, sofern sie als Aufgabe des Policy-Analy­tikers betrachtet wird, findet in der »Inventions- oder Initiations­phase« (Brewer 1974: 240) statt. Es werden Probleme analysiert und mögliche Problemlösungen gesichtet. Ein Policy-Problem re­sultiert aus einer nicht realisierten Wertvorstellung , einem nicht be­friedigten Bedürfnis. Es wird als Problem erkannt, das zu öffentli­chem Handeln herausfordert Gones 1984: 41f.). Die Entscheidung darüber, welches Problem zu lösen ist, setzt Informationen über die Problementstehung und Kenntnisse über gesellschaftliche Werthie­rarchien voraus. Die Bestimmung und Beschreibung des Policy­Problems ist weichenstellend für die Policy-Gestaltung, denn die Art und Weise der Problemdefinition steckt den Handlungsrahmen für die Lösungsvorschläge weitgehend ab.

Für die Beratungspraxis stellt sich damit eine doppelte Überset­zungsaufgabe. Das Problem muß »aus der Wirklichkeit« in die Form einer wissenschaftlich-systematischen Problemdefinition übertragen werden. Dann muß diese Problembestimmung an die Gegebenheiten und Zwänge des politischen Alltagsgeschäfts ange­paßt werden. An beiden Übergängen droht die Gefahr der Pro­blemverzerrung. 77 Um eine Übersetzungsschwierigkeit aufzuheben - und hier stoßen wir wieder auf die Wertediskussion - sprachen sich manche Policy-Analytiker dafür aus, die Bestimmung des Un­tersuchungsproblems der auftraggebenden Verwaltung (»Task Or­der Research«) zu überlassen (Coleman 1972: 10).

Zur Ermittlung und Diskussion von Zielen gibt es eine Vielzahl

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analytischer Methoden, die in der Planungsliteratur im einzelnen dargestellt und erörtert werden (Böhret 1975), so die Inhalts- und Dokumentenanalyse, die Befragung (z.B. Delphi-Methode), das Morphologische Verfahren oder die Entwicklung eines Zielbaumes zur Systematisierung von Zielen und andere mehr (vgl. Jantsch 1970, Böhret 1975). Die wissenschaftliche Analyse des Zielsystems setzt voraus, daß relativ präzise Zielbestimmungen gegeben sind (Hellstem, Wollmann 1977: 25).

2. Auswahl von Handlungsalternadven

An die wissenschaftliche Diskussion von Problemen und daraus ab­geleiteten Policy-Zielen schließt sich die Frage nach den Handlun­gen an, die geeignet sind, diesen Zielen näherzukommen. So wich­tig es ist, daß man sich bei der Konzipierung eines Programms über die Entstehungsursachen eines Problems im klaren ist, so häufig lie­gen sie außerhalb des Bereichs der politischen Einwirkungsmöglich­keiten und scheiden daher als Gegenstand politischen Handelns aus. Was als machbar erscheint, wird durch den gesellschaftlichen Wertekonsensus, die Ressourcenlage und die politischen Kosten­Nutzen-Überlegungen von Schlüsselakteuren bestimmt.

Im verbleibenden Gestaltungsspielraum werden auf der Stufe der strategischen Planung dann verschiedene Handlungsalternati­ven formuliert, die im Hinblick auf eine optimale Ressourcenallo­kation und ihre Systemeffektivität beurteilt werden. Zur Anwen­dung kommen in diesem ersten Schritt Methoden wie die System­Simulation und integrative Planungsansätze (wie das Planning-Pro­gramming-Budgeting System) sowie Entscheidungstheorien. »Die explizite Aufgeschlossenheit gegenüber Policy-Strategien ist ein wichtiges Merkmal der Policy-Analyse, dadurch unterscheidet sie sich von der gegenwärtigen Systemanalyse« (Dror 1970: 143; eig. Übers.).78

An die Phase der übergeordneten strategischen Planung schließt

lytischen Methoden der Managell1enttheorie, linearer ökonomi­scher Prognosen, der Ökonornetrie, verschiedener Arten von Ko­sten-Nulzen-Analysen und der Operalions Research verglichen und bewertet werden. 79

3. Implementationsplanung / »Implementation Estimate«

Zumindest dem Anspruch nach unterscheidet sich die Policy­Analyse von Systems Analysis/Operations Research dadurch, daß sie bei der Bewertung von Handlungsalternativen nicht nur deren Kosten und Nutzen ermißt, sondern auch deren Durchführbarkeit einschätzt, um Wollen und Erreichen zusammenzuführen (Dror 1970: 140). In der Implementationsliteratur wurde allerdings viel mehr Aufmerksamkeit darauf verwendet, den Implementationsver­lauf eines Programmes expost zu beschreiben und zu erklären als ex ante die Programmabwicklung mit Hilfe analytischer Raster und Mo­delle zu antizipieren. Doch hängt der Programmerfolg wesentlich davon ab, ob man die politischen Gegebenheiten und administrati­ven Zwänge bedenkt, mit denen eine Policy bei ihrer Umsetzung zu rechnen hat. Innerhalb der Grenzen, die durch die Durch­führungsmöglichkeiten gezogen werden, gibt es »bessere« und »schlechtere« Maßnahmen zur Erreichung eines gesetzten Policy­Zieles (Hargrove 1976: 14).

Um die Durchführungschancen eines Policy-Vorschlages einzu­schätzen, ist es notwendig, systematisch Fragen zu formulieren, die sich auf mögliche Engpässe und kritische Stellen des Implemen­tationsprozesses erstrecken. Eine Prüfliste für den Hindernis-Par­cours, den ein Programm durchlaufen muß, müßte folgende Fragen umfassen:

1. Sind die Programmziele präzise formuliert und - wenn es sich um mehrere Ziele handelt - in eine klare Rangordnung gebracht worden? Stimmen die Entscheidungsregeln in dem Programm mit den allgemeinen Programmzielen überein? Wird beispielsweise die

sich die konkrete operationale Planung an, die sich in den Rahmen der übergeordneten Ziele einfügt. Die formulierten Strategien wer­den in operative Maßnahmen übersetzt, die dann mit Hilfe der ana-

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Genehmigung von Lizenzen und Erlaubnissen von Befunden ab­hängig gemacht, die sich den übergeordneten Programmzielen lo­gisch einfügen? Liegen der Zielformulierung Konflikte zugrunde,

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die nur vorläufig beigelegt wurdl'n;> Besteht die Gl'fah r, daß sie sich während der Durchführung erneut entzünden? 2. Beruht das Programm auf einer tragfähigen Wenn-Dann-, oder Ursache-Wirkungs-Annahme oder bestehen Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit der Programmtechnologie ? 3. Kann die Verantwortung für die Durchführung des Programms einer Institution übergeben werden, die die Programmziele unter­stützt und dem Programm hohe Priorität einräumt? Welchen Stel­lenwert hat dieses neue Programm im gesamten Aufgabengefüge der Behörde? Soll das Programm einer neu zu schaffenden Behörde anvertraut werden oder einer schon bestehenden Organisation? 4. Verfügen die Vollzugsinstitutionen über ausreichende finanziel­le Ressourcen, um das geplante Programm durchzuführen und die allgemeinen Programmziele auf Tausende von Einzelfällen anzu­wenden und den Gesetzesgehorsam (»Compliance«) der Adressaten zu kontrollieren (Mazmanian, Sabatier 1981: 25)? 5. Wie viele Behörden und andere Organisationen müssen zusam­menarbeiten, F um die Maßnahmen durchzuführen (Hatry u.a. 1976: IOO)? Ist deren Kooperation bereits eingespielt? Sind Domä­nenkonflikte oder Koordinationsschwierigkeiten zu erwarten (Gor­harn 1970: 170)? 6. Wie verhalten sich die Handlungsbeteiligten auf anderen poli­tisch-administrativen Ebenen? Welche sind die staatlichen Parame­ter für kommunale Akteure und umgekehrt (Linebery, Masotti 1975: 319)1 7. Fügt sich das neue Programm in die organisatorische Arbeitsrou­tine der zuständigen Organisationen leicht ein oder setzt es be­träch tliche Verhaltensänderungen der Organisationsangehörigen voraus (Hatry u.a. 1976: IOO)? 8. Über welche Sanktionsmöglichkeiten (positive und negative) verfügen Organisationsangehörige, die die Policy unterstützen, um sie gegen den eventuellen Widerstand ihrer Kollegen und von Ziel­gruppen durchzusetzen (Mazmanian, Sabatier 1981: 25)? 9. In welchem Maß setzt sich die Organisationsspitze für die Durch­führung der neuen Maßnahme ein (Gross u.a. 1971: 203)? 10. Welche Programm-Klientele schafft die Policy? Stehen sie dem Programm befürwortend oder ablehnend gegenüber? Über welche Ressourcen verfügen die verschiedenen Klientele?

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11. Welche Voraussetzungl'n (AntTize, Drohungen) sind notwen­dig, um sie zum Handeln zu veranlassen (Wortmann 1975: 42). In welchem Maße räumen die Programmbestimmungen den Klienten die Möglichkeit ein, Einfluß auf die Gestaltung des Implementa­tionsprozesses zu nehmen? 12. Wie können Klientele, die die Policy befürworten, aktiviert werden und dazu befähigt werden, die Implementation kritisch zu verfolgen und sich aktiv daran zu beteiligen? 13. Sehen die Programmbestimmungen verbindliche Erfolgskon­trollen durch unabhängige Organisationen vor? 14. Wie kann sichergestellt werden, daß Parlamentarier und exeku­tive Politiker, die dem Programm wohlwollend gegenüberstehen, die Durchführung aktiv begleiten und, wenn nötig, im Implementa­tionsprozeß intervenieren, sofern eine unerwünschte Zielverschie­bung droht? Ist ein Akteur bereit, als »Fixer« (Bardach 1977: 268f.) aufzutreten und verfügt er über die notwendigen Ressourcen, um dies in effektiver Weise zu tun?

Eine Beantwortung der aufgeführten Fragen, die sich aUe auf neu­ralgische Stellen des Durchführungsprozesses beziehen, lassen das Implementationsschicksal einer Policy erahnen. Aus dem »Imple­mentation Estimate« werden dann Rückschlüsse für eine geeignete Implementationsstrategie gezogen. Sie berechnet die politische und administrative Unterstützung, mit der eine Programmvariante rechnen kann und ermißt die Opportunitätskosten, mit denen eine Entscheidung verbunden ist (Allison 1975: 369f.).

Aus der zentralen Steuerungsperspektive sind es also in erster Li­nie die Präzision und Stärke einer rechtlichen Regelung, das Maß der hierarchischen Integration der Durchführungsstruktur , das En­gagement der Durchführenden, die Anwesenheit eines »Fixers« im Falle der Programmstagnation sowie die Ressourcen der verschiede­nen Adressaten, die den Durchführungserfolg eines Programms be­stimmen. Eine ebenso wichtige RoUe spielen die Unterstützung der Programmzielgruppen, eine wohlwoUende oder zumindest freund­lich-gleichgültige Haltung der breiten Öffentlichkeit sowie günsti­ge sozioökonomische Rahmenbedingungen (Mazmanian, Sabatier 1981: 28).

Der »Maßnahmenplanung von oben« (»Forward Mapping«) steUt

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Elmore die »Maßnahmenplanung von unten« (»Backward Map­ping«) entgegen. Sie geht von örtlich auftreteOlkn Problemen aus und definiert aus lokaler Sicht den staatlichen Handlungsbedarf. Die Programmplanung beginnt an der Nahtstelle, an der admini­stratives und privates Handeln zusammenstoßen, und entwickelt daraus in verschiedenen analytischen Schritten das Gesamtpro­gramm:

- Zunächst wird das Problem, so wie es sich »vor Ort« präzisiert, beschrieben.

- Danach wird das Handlungsziel, das durch die Maßnahme er­reicht werden soll, präzise definiert.

- Diesem Ziel werden organisatorische Maßnahmen zur Seite ge­stellt, dann werden die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwi­schen den Zielgruppen und zuständigen Organisationen ein­geschätzt.

- Erst dann richtet sich der Blick »nach oben« mit der Frage: Wel­chen Beitrag können verschiedene überörtliche Instanzen zur er­folgreichen Problem bewältigung »vor Ort« beisteG~ern?

- Schließlich wird der Ressourcenbedarf geschätzt und nach Fi­nanzierungsquellen Ausschau gehalten (Elmore 1979/80: 604).

Neue Akzente werden bei der Planung »von unten«, insbesondere bei der Einschätzung der Durchführungsorganisation gesetzt. 80 Or­ganisationen gelten nicht als mögliche Usurpatoren einer glatten Implementation, sondern als deren »Kapital«: Der organisatorische Handlungsspielraum bietet eine Chance, die Problemgerechtigkeit und Bürgernähe von Politik zu erhöhen (Elmore 1979/80: 604). Um einzuschätzen, ob eine Organisation willens und in der Lage ist, eine neue Aufgabe durchzuführen, muß die Bedeutung der Programmanforderung aus ihrer Sicht, aus ihrem spezifischen Handlungskontext heraus beurteilt werden. Wie erlangt die neue Aufgabe .die Aufmerksamkeit der Organisation, und wie wird sie verarbeitet? Kann sie standardisierten Arbeitsvorgängen eingeglie­dert werden, oder erfordert sie die Einrichrung neuer Problemlö­sungseinheiten (Sproull 1981: 455)?81

Welche analytischen Instrumente stehen nun zur Verfügung, um Informationen über das wahrscheinliche Durchführungsverhalten von Organisationen und anderen Programmakteuren zu gewinnen?

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Der Irnplementationsverlauf kann mitlels Planspielen wie Compu­tcr-Simulationen, Szenarien und Rollenspielen antizipiert werden. Alternatives Enrscheidungsverhalten und dessen Konsequenzen las­sen sich auch mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes erfassen und beurteilen (Böhret 1975: 193). Obwohl immer nur einer begrenz­ten Zahl von Handlungsmöglichkeiten und deren Folgen nachge­gangen werden kann, deckt das Vordenken einiger Handlungs­stränge Lücken und Widersprüche in der Programmgestaltung auf, die zunächst der Aufmerksamkeit entgingen.

In der Bundesrepublik wurden schon häufiger Planspiele veran­staltet, um die Durchführbarkeit von Gesetzen zu erproben. Diese Praxistests (Böhret, Hugger 1977) von Gesetzen bezogen sich vor al­lem auf die administrative Handhabung dieser Programme. Im Planspiel zur »Novelle des Bundesbaugesetzes« beispielsweise wur­de mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet, so im Bereich der »Planungsintegration« und »Bürgerbeteiligung« mit Rollenspielen, bei der Analyse der Auswirkungen des Planungswertausgleichs mit aufwendigen Datenerhebungen (Schäfer 1978: 385f.). »Das Durch­spielen der Entwürfe bis in letzte verwaltungstechnische Details för­derte Probleme zutage, die von den Gesetzesformulierern, aber auch von den kommunalen Spitzenverbänden trotz ihres Praxishin­tergrundes so nicht gesehen worden waren« (Schäfer 1978: 401). Als vorteilhaft erwies sich, daß das Implementationsplanspiel bereits im Referentenstadium des Gesetzes begonnen wurde. Denn damit be­stand die Möglichkeit, noch Veränderungen vorzunehmen und de­ren Auswirkungen in weiteren Untersuchungen zu beobachten.

Wird das systematische Vordenken des Durchführungsprozes­ses zum integralen Bestandteil der Policy-Analyse, so müssen in die Kosten-Nutzen-Analyse über die verschiedenen Programmop­tionen konsequenterweise auch die Kosten eventueller Implernenta­tionsschwierigkeiten einfließen. Programminhalte werden dann auch unter dem Gesichtspunkt alternativer Durchführungsstrate­gien analysiert und beurteilt und die Programmoptionen auf einer Durchführbarkeitsrangskala angeordnet.

Von der ex-ante-Beratung anläßlich der Vorbereitung eines Pro­grammes ist die begleitende wissenschaftliche Politikberatung bei der Programmdurchführung zu unterscheiden. Im Rahmen der Si­multanberatung werden Interimskontrollen über den bisherigen

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-Implementationsverlauf vorgenommen und die Programmresultate laufend überprüft. Treten eindeutige lmplementationsrnängel zu­tage, werden unter Umständen korrigierende Maßnahmen wiihrend der Durchführung vorgenommen (Williams 1971: 270).

4. Wirkungsanalyse

Yehezkel Dror, einer der Begründer der Policy-Analyse, stellte 1968 nüchtern fest, daß in der Politik systematisches Lernen aus Er­fahrung selten sei. Trotz der allgemein verbreiteten Neigung, poli­tische Maßnahmen mit Hinweis auf Erfahrungen zu rechtfertigen, habe Lernen aus Erfahrungen nur sporadischen und zufälligen Cha­rakter, da nur wenig systematische Evaluationen politischen Han­delns vorliegen (Dror 1968).

Dies hat sich gründlich geändert82 , und die Wirkungsforschung

stellt ­ zumal in den USA ­ mittlerweile eine prosperierende For­schungsindustrie dar. Während anfänglich ein starker Optimismus die Evaluationsforschung (Rivlin 1971; Campbelll975) durchdrang und man auf eine deutliche Verbesserung von Policies in einer »Ex­perimentiergesellschaft« hoffte, traten im Verlaufe der Zeit jedoch immer stärker die methodischen Schwierigkeiten hervor, die mit Wirkungsanalysen insbesondere bei weichen Programmen mit dif­fusen Zielsetzungen verbunden sind, und trugen zu einer relativen Ernüchterung bei.

Ziel der wissenschaftlichen Erfolgskontrolle ist es, öffentliche Programme anhand verschiedener Indikatoren zu überprüfen und an ihren ursprünglichen Zielsetzungen zu messen. Programmeva­luation »... mißt (1) die Wirksamkeit eines laufenden Programmes bei der Erfüllung der gesetzten Ziele, arbeitet (2) mit wissenschaft­lichen Untersuchungsmethoden, um Wirkungen, die auf das Pro­gramm zurückzuführen sind, von Wirkungen zu unterscheiden, die durch andere Situationsvariablen bedingt sind, und strebt (3) eine Verbesserung des Programmes an, indem laufende Programm­handlungen verändert werden« (Wholey u.a. 1970: 23; eig. Übers.).

Das Überwachen der Programmergebnisse kann parallel zur Pro­grammabwicklung laufen (»Monitoring«) oder nach einer bestimm­ ,

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ten Dauer der Programmerfahrung, nach einer ersten »Abwicklungs­phase« stattfinden. Aus der Zyklus-Perspektive gesehen wird ent­weder eine Vorher-Nachher-Aufnahme gemacht (Ergebnis- und Wirkungsevaluation) oder aber der Abwicklungsprozeß, also die Implementation, in die Analyse der Programmergebnisse einbezo­gen (Prozeß-Evaluation oder »comprehensive evaluation«; Bern­stein, Freeman 1975: 13).

Da alle Policy-Empfehlungen auf hypothetischen Wenn-Dann­Annahmen über die Auswirkung spezifischer Policy-Maßnahmen basieren (»Wenn A getan wird, resultiert daraus B«), stellen sie so­lange informierte Vermutungen dar, bis sie durch Programmerfah­rungen bestätigt oder widerlegt werden (Dunn 1981: 277). Die methodischen Möglichkeiten, Programmergebnisse und Pro­grammwirkungen zu untersuchen, sind so vielfältig, daß deren Darstellung leicht zum Nachschlagewerk über Methoden der em­pirischen Sozialforschung geraten kann. Alle Systematisierungsver­suche der methodischen Optionen strukturieren zwar die Vielfalt, verschärfen aber auch die Meinungsunterschiede zwischen verschie­denen »Schulen« (Maynard-Moody, McClintock 1981: 644). Grob lassen sich vier Forschungsstränge unterscheiden: Das »social syste­ms accounting«, soziale Experimente, das »social auditing« (die soziale Rechnungskontrolle) sowie die Auswertung vorhandener Er­gebnisse der Sozialforschung zur Überprüfung vermuteter Kausal­zusammenhänge (Sekundäranalyse) (Dunn 1981: 277f.).

Die vier Untersuchungsansätze unterscheiden sich dadurch, daß nur beim sozialen Erxperiment die politische Steuerung und deren Auswirkungen auf Policy-Ergebnisse bewußt beeinflußt wird. Die anderen drei Ansätze kontrollieren die politische Intervention (Programm-Inputs) nur indirekt, indem sie feststellen, wieviel einer beobachteten Policy-Veränderung auf eine politische Maßnahme zurückzuführen ist. Dritte »äußere« Einflüsse, die nicht direkt mit der Programmhandlung verbunden sind, werden konstant gehal­ten. Bei der Durchführung sozialer Experimente und des »social auditing« bedarf es der Erhebung eigener Daten, während dies im Falle der Sozialbilanzen (Sozialindikatoren) (Sheldon, Freeman 1970: 97f.). nicht unbedingt erforderlich ist und bei der Sekundär­analyse nur auf vorhandene Forschungsresultate zurückgegriffen wird (Dunn 1981: 285).

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Die Sozialbilanz oder das Sozialindikatoren-System sind für die Policy-Forschung, die sich für die Analyse von Einzelprogrammen interessiert, nicht so wichtig, weil sie die aggregierten Wirkungen einer Vielzahl von Policy-Maßnahmen im Hinblick auf bestimmte soziale Zustände mißt. Diese werden mittels Indikatoren über län­gere Zeit hinweg periodisch untersucht. Hingegen sind soziale Ex­perimente zur Messung der Wirkungen von Einzelprogrammen geeignet: Es wird beobachtet, wie sich die Manipulation einer Va­riable, die Einführung der Policy-Maßnahme, auf bestimmte Merk­male auswirkt. Die Programmhandlungen werden entweder direkt beeinflußt und so stark wie möglich variiert, um eventuelle abwei­chende Auswirkungen zu beobachten. Oder es werden Kontroll­gruppen verwendet: Die experimentelle Gruppe erfährt eine beson­dere Behandlung, während die anderen Gruppen, die Kontroll­gruppen , keiner Behandlung oder einer stark abweichenden Be­handlung unterzogen werden. Faktoren, die außerhalb der interes­sierenden Programmeinwirkung Veränderung hervorrufen könn­ten, werden dadurch konstant gehalten, daß die Mitglieder der Experiment- und Kontrollgruppen nach Zufallsprinzip ausgewählt werden und die experimentellen Stimuli, die Programmbehand­lung , nach dem Zufallsprinzip innerhalb dieser Gruppen erfolgen (Campbell, Stanley 1966; Riecken, Boruch 1974). Im Idealfall wer­den Daten über den Zustand vor und nach der Intervention erho­ben. Wenn die Datenerhebung zu verschiedenen Zeitpunkten möglich ist, wird dies in einer unterbrochenen Zeitreihenanalyse (Roos 1974: 109) getan. 83 Eine &-post-facto-Untersuchung (mit Kontrollgruppen) wird gewöhnlich durchgeführt, wenn Daten über den Zustand vor der Intervention nicht verfügbar sind (Roos 1974: 109) (»cross-sectional comparison«; Jones 1973: 110).

Soziale Experimente und Quasi-Experimente werden in den USA seit dem New Deal angewandt (Stephan 1935: 515f), verstärkt je­doch nach dem Zweiten Weltkrieg zur Überprüfung der Wirkun­gen sozialpolitischer Programme. Das soziale Experiment ermög­licht es, relativ präzise die Wirkungel1 einer Programmhandlung zu messen. Die Methode zeichnet sich durch ihre Stärke in der kausalen Inferenz (Programmhandlung - Programmergebnis/Wir­kung) aus oder durch ihre hohe »interne Validität« (Campbell, Stanley 1966: 5f; Hellstern, Wollmann 1983a). Ihre externe Validi­

tiit hingegen ist kritischer zu beurteilen: Die Möglichkeit, ihre kau­salen Folgerungen über das enge Untersuehungsfeld hinaus zu ver­allgemeinern, ist begrenzt. Darüberhinaus stößt die methodisch bedingte Notwendigkeit, Gruppen ungleich zu behandeln, häufig auf ethische Bedenken. Auch sind viele Poliey-Maßnahmen in ihrer Abwicklung zwischen Bürgern und Behörden so komplex, daß sie in sozialen Experimenten nur gewaltsam vereinfacht abgebildet und untersucht werden können.

So stellt der Umstand, daß Policies häufig mit breiter diffuser Zielsetzung (»Broad-Aim«-Programme) verabschiedet werden, um politisch mehrere Gruppen zu bedienen, ein Hindernis für eine streng experimentelle Ursachen-Wirkungs-Überprüfung dar (Weiss, Rein 1971: 287ff). »Viele Programm-Durchführende ha­ben ... im wesentlichen eine >Programm-Enveloppe< erhalten, die nur wolkige Wünsche und Geld enthielt. Nun waren detaillierte Zielbeschreibungen nicht nötig, um das Geld auszugeben, jedoch sind sie unabdingbar, um den Programmprozeß und das Pro­grammergebnis auszuwerten« (Nay u.a. 1974: 303; eig. Übers.). Entsprechend müssen die Evaluatoren das Programm ziel aus der Sicht unterschiedlicher Zielgruppen interpretieren (Hofferbert 1982: 290) und mit Hilfe subjektiver Indikatoren deren Zufrieden­heit messen (Shin 1981: 981). Die verschiedensten Methoden der empirischen Sozialforschung von der teilnehmenden Beobach­tung, Gruppen-Interviews bis hin zu Delphi-Befragungen (Patton 1976; Hellstern, Wollmann, 1977) werden herangezogen, um überdies die Zielvorstellungen wichtiger Positionsträger im Pro­grammprozeß zu ermitteln. Alternativ bieten sich dem Forscher somit verschiedene Meßlatten: die Gesetzesvorschriften, die Ge­setzgebungstradition im Politikfeld, die Interpretation der Policy durch betroffene Gruppen und andere »aufmerksame Publika« (Radin 1977). Orientierungspunkte stellen auch die Ziele dar, die Durchführungsbeteiligte während der Implementation ent­wickeln, die Policy-Ziele, die sich für technische Evaluationsme­thoden besonders gut eignen (van Meter, van Horn 1975: 445), so­wie das aktuelle Verständnis eines Policy-Ziels durch Politiker (Na­kamura, Smallwood 1980: 74).

Der dritte Ansatz der »sozialen« Rechnungskontrolle (»social au­diting«) stellt Maßnahmen, insbesondere die Allokation von Fi­

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nanzmitteln84 , Durchführungsprozeß und Programmwirkungen ini einen Zusammenhang. Sie mündet in eine enge Verzahnung voni Evaluation und Implementation und eine Überwachung der admi­~i nistrativen Durchführung, das »monitoring«.8~ Im Unterschied zumi " sozialen Experiment und Quasi-Experiment wird die »Black Box« I der institutionellen Durchführung systematisch in die Analyse

einbezogen. Die Wirkungsanalyse mit Hilfe der Auswertung vorhandener so­

zialwissenschaftlicher Forschungsresul tate (sekundäranalytischei Evaluation) basiert nicht auf der eigenen quantitativen und qualita­

I tiven Erhebung von Daten, sondern impliziert die systematische Zusammenstellung, den Vergleich und die Beurteilung von Implementations- und Wirkungsanalysen. Als Informationsquellen stehea primär einzelne Fallstudien zur Verfühgung, die sich mit der Entstehung, Verabschiedung, Implementation und Wirkung einzelner Programme befassen. Im Rahmen der »Case Survey-Me­thode« werden die Faktoren herausgestellt und analysiert, die Ver­änderungen in der Entstehung, Durchführung und Wirkung von Policies erklären (Yin, Heald 1975: 371ff.; Lucas 1974). Ein Fall­Codierungsschema mit seinen Kategorien /Indikatoren bildet die wesentlichen Merkmale der Programmformulierung , der Imple­mentationsergebnisse und -wirkungen ab. 86 Die Verwendung von Fallstudien eröffnet die Chance, vielfältige Dimensionen des Poli­cy-Prozesses zu beleuchten und eine Vielzahl von Faktoren zu erfas­sen, die für die Entstehung bestimmter Policy-Ergebnisse verant­wortlich sind. Werden umfassende empirische Untersuchungen se­kundäranalytisch ausgewertet, muß ein Raster konstruiert werden, das ihren Vergleich möglich macht: Die gemessenen Variablen und verwendeten Methoden werden systematisiert, um die Forschungs­ergebnisse vergleichend zu bewerten (Dunn 1981: 298).

Die Entscheidung für eine Evaluationsmethode erfolgt unter Be­rücksichtigung der besonderen Programmerkmale, die es zu unter­suchen gilt. Allzu oft wird jedoch versucht, »viereckige Bolzen in runde Löcher zu stecken« (Maynard-Moody, McClintock 1981: 644f.). So läßt die Anwendung harter quantitativer Methoden bei der Evaluation von Humandienstleistungen den Erfolg des Unter­nehmens als fraglich erscheinen, und allzu oft werden Studien ohne ausreichende einschlägige Fakten- und Theoriekenntnisse durchge­

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führt (ebd.: 645). Mit Rücksicht auf den »weichen« Programmcha­rakter schlagen Weiss LInd Rein anstelle der experimentellen Wir­kungsanalyse für politische Programme mit diffuser Zielsetzung die »Comprehensive Evaluation« vor, also eine Evaluation und Imple­mentationsanalyse. Obwohl sie eine prozeßorientierte, qualitative, historische Einzelfall- oder Mehrfälle-Vergleichsstudie ist, »... brau­ehen quantitative Daten nicht ausgeschlossen werden« (Weiss, Rein

1971: 105). Ebenso unerläßlich ist es für den Analytiker, sich mit dem politi­

schen und organisatorischen Kontext vertraut zu machen, in dem eine Evaluation entsteht und (hoffentlich) Verwendung findet (Na­gel 1975),87 Als Gegenstand von Erfolgskontrollen besonders be­liebt sind umfassendere, innovative Policy-Maßnahmen. Der politi­sche Alltag bringt jedoch in der Regel nicht diese spektakulären Maßnahmen hervor, sondern nur geringfügige Veränderungen ge­genüber dem Status quo, die im Hinblick auf ihre Auswirkungen schwerer zu erfassen und damit undankbare Gegenstände von Wir­kungskontrollen sind 00nes 1973: 110). Auch gehen die beraten­den Wissenschaftler oft fälschlicherweise davon aus, daß Entschei­dungen durch klar identifizierbare Personen zu präzisen Zeitpunk­ten gefällt werden. Jedoch sind Policy-Entscheidungen das Resultat schrittweisen Vorankommens ; sie fügen sich aus kleinen Einzelent­scheidungen zusammen, auf einige kleine Optionen wird verzich­tet und das Spektrum der Alternativen allmählich eingeengt. So entsteht eine Policy oft aus kleinen Einzelentscheidungen, die als einzelne wenig spektakulär sind und sich mit scheinbarer Unver­meidlichkeit zu der Veränderung verdichten, die unter den gegebe­nen Umständen als einzig machbare erscheint (Weiss 1976: 226). Diese Wirklichkeit des politischen Entscheidungsprozesses, die glatte und klare Policy-Neuerungen nur in den seltensten Fällen er­laubt, kann den geduldigsten wissenschaftlichen Berater der Ver­

zweiflung nahe bringen. Natürlich ist die Haltung der Organisation, die eine Untersu­

chung in Auftrag gibt, nicht neutral gegenüber deren Resultaten. Sie verfolgt vielmehr institutionelle und programmatische Interes­sen und ist als verantwortliche Durchführungsorganisation auf Er­folg bedacht. Natürlich ist es für den Praktiker in erster Linie inter­essant, diejenigen Programmelemente auswerten zu lassen, deren

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Durchführung er auch beeinflussen kann. Häufig sind daher für ihn kurzfristige, qualitative Programmevaluationen aufschlußrei­cher als langfristige, elaborierte, quantitative Erfolgskontrollen (Nielsen 1975: 386). Politiker, die ein Programm unterstützen, zie­hen prozeßorientierte Erfolgskonrrollen vor, da sie ihnen Rück­schlüsse darüber erlauben, wie die Programmdurchführung verbes­sert werden kann (Clark 1976: 15).88 Den Programmgegnern hinge­gen ist eine umfassend-präzise, an Einzelheiten orientierte Evalua­tion willkommen, deren Ergebnisse unter Umständen geeignet sind, ein Programm in der Öffentlichkeit in einem ungünstigen Licht erscheinen zu lassen. 89

5. Policy-Analyse und politische Praxis

Die Diskrepanz zwischen dem hohen wissenschaftlichen For­schungsaufwand und der geringen Nutzung dieser Informationen in der Praxis wird nicht nur für die Evaluationsforschung beklagt, sondern für die Policy-Analyse insgesamt. Woran liegt das? Der Erfolg der wissenschaftlichen Politikberatung hängt wesentlich von der Fähigkeit ab, komplexe Zusammenhänge zu erfassen und die Datenanalyse auf diejenigen Faktoren zu konzentrieren, die durch politische Handlungen gestaltbar sind. Da wir es aber kaum je mit »einfachen« Fragen zu tun haben, sind selten erschöpfende syste­matische Daten oder deduktive Modelle gerade dann zur Hand, wenn in unserem schwerfälligen politischen Entscheidungsprozeß das Eisen heiß ist und geschmiedet werden kann. Auch auf metho­discher Ebene bestehen häufig Meinungsunterschiede, und die Po­litiker kritisieren, die Wissenschaftler würden die Sauberkeit und Rigorosität der angewandten empirischen Methode hochhalten auf Kosten der Nützlichkeit der Informationen für das Programm (McGowan 1976: 243f.). Skepsis erweckt oft auch die Ungewißheit darüber, welche normativen Annahmen in die Analyse eingeflossen sind. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Praktiker mit ab­strakten, komplizierten analytischen Modellen und statistischen Auswertungsmethoden konfrontiert werden (Wolanin 1976: 390). Obwohl sich auch die Wissenschaftler eingestehen müssen, daß die

Anwendbarkeit der elaborierten quantitativen Methoden sehr be­schränkt ist, dominieren diese dennoch in Curricula und Publika­tionen. »Der Grund hierfür dürfte darin liegen, daß sie der Policy­Forschung eine Aura von Objektivität, Expertise und gleichzeitig Professionalität ... verschaffen« Gann 1986: 31). Allerdings sieht sich der Policy-Analytiker auch einem Dilemma ausgesetzt: Folgt er streng wissenschaftlichen methodischen Standards, unterschätzt er politische und administrative Zwänge, trägt er oft zur politischen Nutzlosigkeit seiner Analyse bei. Paßt er sich jedoch zu stark Pro­grammideologien und organisatorischen Eigeninteressen an, so ge­raten seine wissenschaftlichen Maßstäbe und sein professionelles Selbstverständnis in Gefahr.

Die häufig frustrierenden Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis boten Anlaß, sich über dieses Verhält­nis Gedanken grundsätzlicher Natur zu machen. Weiss unterschei­det verschiedene Modelle der Zusammenarbeit: Forschung kann zunächst in einem breit angelegten Rahmen betrieben werden (»knowledge-driven«), die für Policy-Entscheidungen relevant sind, dann zu angewandter Forschung führen, die die Erkenntnisse testet. Bestätigen sich diese, werden daraus Handlungstechnologien abgeleitet (Weiss 1976: 427). Das »Problemlösungsmodell« zielt unmittelbar auf die Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse im politischen Entscheidungsprozeß hin. Danach ist es die Hauptauf­gabe des Analytikers, angemessene Mittel anzubieten, um ein spe­zifisches Ziel zu erreichen. 90 Das »Enlightenment«(Aufklärungs)­Modell bescheidet sich damit, das allgemeine Policy-Wissen von politisch Handelnden zu erweitern und nur sehr mittelbar auf Poli­cy-Entscheidungen einzuwirken.

Den drei Modellen entsprechen drei Beratertypen : Der streng »akademisch« orientierte Policy-Analytiker betreibt seine Arbeit nach rigoros wissenschaftlichen Maßstäben und kümmert sich nur wenig um die praktische Verwertung der Resultate. Der »klinisch« orientierte Policy-Analytiker behandelt den Praktiker-Kunden wie einen »Patienten« und bezieht dessen organisatorische und politi­sche Situation in seine Analyse mit ein. Der Berater als »Stratege« schließlich strebt danach, eine Brücke zwischen systematisch wissen­schaftlicher Recherche und praktischen Handlungszwängen, denen sich der Klient ausgesetzt sieht, zu schlagen (Archibald 1970: 7ff.).

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Bei der wissenschaftlichen Politikberatung stoßen somit zwei un­terschiedliche Handlungsrationalitäten aufeinander (Caplan 1lJ76: 233), die in Einklang gebracht werden müssen, ohne daß die wis­senschaftliche Seite zur Selbstaufgabe gezwungen wird. Während die »innere Logik« sozusagen im luftleeren Raum beschreibt, wie die Policy »funktionieren« könnte oder sollte, bezieht die »externe Logik« demgegenüber politische, ideologische und ethische Zusam­menhänge mit ein, in die eine Policy gebettet ist. Der Politiker kann sich bei der Verwertung von Informationen an verschiedenen Gesichtspunkten orientieren: Häufig sucht er einen Kompromiß zwischen konkurrierenden Gruppenforderungen herbeizuführen oder von der mutmaßlichen Reaktion der Durchschnittsbürger auf eine Policy-Maßnahme auszugehen. Er kann aber auch akribisch Kosten und Nutzen einer Maßnahme kalkulieren, nach seinen eige­nen normativen und ethischen Maßstäben entscheiden oder sich den Erwartungen von Fraktionskollegen und/oder der Exekutive anpassen. Jeder dieser Entscheidungsmodi erfordert eine unter­schiedliche Mischung von Informationen, eine unterschiedliche Mi­schung von »interner« und »externer« Logik in einem Policy-Issue (Caplan 1976: 23of.).

Bei aller Schwierigkeit, die Handlungsrationalitäten von Wissen­schaft und Praxis in Übereinstimmung zu bringen, lassen sich doch einige praktische Maßnahmen, zum Teil durchaus trivialer Natur, denken, mit deren Hilfe diese Zusammenarbeit erleichtert wird: So sollten die Untersuchungsergebnisse am Schluß für den Praktiker klar und kurz zusammengefaßt werden, Policy-Studien einerseits kurzfristig und zeitgerecht vorgelegt werden, gleichzeitig aber auch als Longitudinalanalysen weitergeführt und in ihrer Validtät ver­bessert werden. Zumal die »klinisch« orientierte Policy-Analyse soll­te möglichst enge Arbeitsbeziehungen zwischen Beratern und Pra­xis herstellen: Die Forschungsaufgabe wird möglichst präzis ge­meinsam mit dem Auftraggeber definiert und ein kontinuierlicher Informationsfluß zwischen Klient und Berater aufrechterhalten (Ballard u.a. 1976: 265).

Wichtig ist auch, daß die wissenschaftliche Beratungstätigkeit die Unterstützung der betroffenen Durchführungsorganisationen ge­nießt. Nicht nur ist der Rückhalt durch die Organisationsspitze zen­tral; als ebenso unverzichtbar muß auch die gedeihliche Zusam­

menarbeit mit Organisationsangehörigen auf unteren Ebenen gel­ten. Unter keinen Umständen darf sich der Policy-Analytiker in der Organisation, die er berät, isolieren lassen; vielmehr muß er das Gespräch mit allen Beteiligten suchen, an Haushaltsgesprächen und möglichst vielen internen administrativen Besprechungen teil­nehmen. Nur auf diese Weise kann er auch an Informationen ge­langen, die nicht schriftlich fixiert, sondern nur in den Köpfen der Beamten vorhanden sind, die häufig eifersüchtig über ihre Ein­flußsphäre wachen (Lowry 1972: 57).

Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Politik voll­zieht sich unter sehr unterschiedlichen institutionellen Rahmenbe­dingungen. Policy-Analytiker, die in der Hochschule verankert sind, haben den Vorteil, daß durch die Autonomie der Hochschule die Unabhängigkeit ihrer wissenschaftlichen Arbeit erleichtert wird91 . Allerdings tendiert der Hochschulforscher zu weitreichen­den, innovativen Änderungsvorschlägen, weil das akademische Sanktionssystem neue Perspektiven und Originalität belohnt. So sehr dies der wissenschaftlichen Reputation des einzelnen Forschers zugute kommt, so wenig fügen sich solche Änderungsvorschläge dem zähflüssigen politischen Alltagsgeschehen ein, denn dieses er­laubt nur Veränderungen der kleinen Schritte (Weiss 1976: 226). Die Analyse von Policy-Problemen setzt die Zusammenarbeit ver­schiedener Fachdisziplinen voraus, die die Sttuktur der Universitä­ten zwar ermöglicht. Sie setzt jedoch keine besonderen Anreize, um die Barrieren zwischen den Disziplinen zu überwinden (Bickner 1972: 195). Das Prinzip der Veröffentlichung von wissenschaftli­chen Arbeiten, das für die individuelle berufliche Karriere im Hochschulsektor unverzichtbar ist, kann mit dringenden Interessen der zu beratenden Klienten in Konflikt geraten (Coleman 1972: 12). Die unabhängige Forschungsinstitution des »Think Tank« ist eine nicht-profitorientierte Organisation zur wissenschaftlichen Po­litikberatung. Da diese Art von Organisation nicht an das Veröf­fentlichungsprinzip gebunden ist, hat sie Zugang zu einer größe­ren Spannbreite von Entscheidungsproblemen als die Universität. Auch erlaubt die hierarchische Struktur dieser Forschungsinstitu­tion eine genauere und zuverlässigere Zeitplanung und eine eindeu­tige Verankerung der Forschungsverantwortung , als dies in der Hochschule möglich ist. Wissenschaftliche Beratungsorganisatio­

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nen in der Verwaltung verfügen über den Vorteil, dem administra­tiven Entscheidungsprozeß näher zu sein und mehr Informationen gewinnen zu können, als dies externen Beratern möglich ist. Dem steht der Nachteil gegenüber, daß sie in ihrer wissenschaftlichen Gutachterrätigkeit nicht so unbefangen sind wie die beiden ersten Institutionen und Gefahr laufen, selbst in organisatorische Ausein­andersetZungen hineingezogen zu werden oder sich dem Willen der Organisationsspitze anbequemen zu müssen.

Die Analyse der unterschiedlichsten Policy-Probleme von der Ge­sundheitserziehung bis zum Straßenbau setzt Spezialkenntnisse aus den verschiedensten Fachwissenschaften voraus. Folgerichtig wurde in der Policy-Analyse die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit besonders betont. Welche Rolle kommt nun der Politikwissenschaft im Kreis der Fachdisziplinen Zu? Ist die resigna­tive Schlußfolgerung Lowis: »In Policy-Fragen wird auch der beste Politikwissenschaftler schnell zum Amateur« (Lowi 1973: 61) ge­rechtfertigt oder verkennt sie die besondere Chance, durch politik­und verwaltungswissenschaftliche Analysen die Beratungstätigkeit der Policy-Analyse wirklichkeitsnäher zu gestalten? Ich meine ja, denn durch die politikwissenschaftliche Erforschung der politischen Mehrheitsfähigkeit und die verwaltungswissenschaftliche Erfor­schung der praktischen Umsetzbarkeit einer Policy leisten diese Disziplinen einen unverzichtbaren Beitrag dazu, einen Policy­Vorschlag vom Schreibtisch in die Politikarena und durch das wag­nisreiche Gelände der Implementation zu geleiten, um ihn prakti­sche Politik werden zu lassen. Gerade die frühe Policy-Beratungs­praxis, die in den USA stark von den Ökonomen92 dominiert wur­de, zeichnete sich durch eine bemerkenswerte Naivität gegenüber den möglichen Fallstricken und Untiefen der politischen und admi­nistrativen Durchführung aus (Foss 1975: 276).93

Eine wichtige Domäne für Politik- und Verwaltungswissenschaft­ler kann die beratende Policy-Analyse zumal dann werden, wenn sich zum politik- und verwaltungswissenschaftlichen Grundlagen­wissen, den quantitativen Methodenkenntnissen, mikro-ökonomi­schen Modellen und Managementtheorien noch Spezialkenntnisse in einzelnen Problembereichen gesellen (ebd.). So wichtig es je­doch für den Politikwissenschaftler sein mag, Fachkenntnisse in einzelnen Bereichen, wie beispielsweise dem Gesundheitswesen, zu

erwerben, so unerläßlich ist es für ihn, zunächst sich politikwissen­schaftliche Grundkenntnisse anzueignen - »those who do not start out with the !arger perspective, are not likely to get it all ...« und diese »giößere Perspektive» entwickelt nur, wer sich zunächst in die klassischen Fragestellungen der Politikwissenschaft einarbeitet, in die politische Theorie und die politische Soziologie, und sich harte politische Institutionenkenntnisse aneignet. 94 Nur dann wird es ihm möglich sein, nicht nur die Durchführbarkeit von Policy-Vor­schlägen zu ermessen, sondern darüber hinaus - was jedem Poli­tikwissenschaftler am Herzen liegen sollte, will er seine Wissen­schaft nicht auf die Analyse des »Machbaren« reduzieren - die Rückwirkungen bestimmter Policy-Veränderungen auf die länger­fristige Politik einer Regierung, auf einzelne politische Institutio­nen und das politische System insgesamt einzuschätzen.

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Anmerkungen

»The policy approach is not to be confounded with the superidea that social scientists ought to desert science and engage full time in practical polities. Nor should it be confused with the suggestion that social scien­tists ought to spend most of their time advising policy-makers on imme­diate questions.« (Lerner, LassweIl 1951: 7)

2 Obwohl die Aufgabenplanung (insbesondere das Planning Program­ming Budgeting System) später in der Bundesregierung wieder abge­schafft wurde, werden auch heute noch die Methoden der Kosten-Nut­zen-Berechnung und der Programmevaluation aus der Sicht vieler Re­gierungen auf den verschiedensten Ebenen mit Policy-Analyse gleichge­setzt.

3 Schon 1952 kritisierte der langjährige Herausgeber der »Public Admini­stration Review«, Dwight Waldo, den kurzatmigen Empirismus der mächtigen synoptischen Tradition in der Policy-Forschung, die sich da­zu verleiten läßt, die Frage der Werte zu vernächlässigen und sie dem politischen Auftraggeber zu überlassen (Waldo 1952).

4 Lowis Klassifizierung ist nicht die einzige, die unter dem Gesichtspunkt der Wirkungen vorgenommen wurde. Jedoch stellt sie, was ihren Ein­fluß auf die Policy-Diskussion anbelangt, alle anderen in den Schatten. So unterschied beispielsweise Froman zwischen »segmentären« und »flä­chenhaften« Auswirkungen von Policies in einer Gemeinde, die ein un­terschiedliches Konfliktpotential bergen (Froman 1967).

5 Ein Positionsgut definiert die Stellung auf einer implizit~n oder explizi­ten Hierarchie. Gewinne sind nur durch Verlust des anderen möglich (Hirsch 1980: 84).

6 Die Forderung nach der Differenzierung in subjektive und objektive Betroffenheit gibt Anlaß zur Frage, wie diese beiden Ebenen der Wir­kungsweise von Policies denn empirisch-methodisch erfaßt werden sol­len. Die Ebene der subjektiven Betroffenheit läßt sich aus positiven und negativen Stellungnahmen von Gruppen ermitteln, wie sie sich in der

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Presscberichlerstattung lind Diskussion in poli,ischen Entscheidungs­gremien niederschlagen. Repr;isenlative Befragungen können darüber hinaus Widerstand und Befürwortung von Maßnahmen bedeuten. Die objektive Dimension distributiver und redistributiver Politik hingegen kann nur mittels genauer Erhebung und möglichst realistischer Schät­zung der Höhe von Kosten und Nutzen für verschiedene Betroffenen­gruppen ermittelt werden, sei es auf der Basis von amtlichem Dokumen­tenmaterial, sei es auf der Basis wissenschaftlicher Gutachten.

7 Das Progtamm ist aus der Sicht des Politikzyklus unter die »policy out­puts«, d.h. die Politikinhalte zu subsumieren, die zur Durchführung an­stehen.

8 »The long-term effectiveness of law in modifying social behavior de­pends on the ability of law to create and nurture a sense of morality or right and wrong that transcends immediate self-interest or fear of pu­nishment« (Sedgwick 1980: 89f.).

9 Das Verhalten des Regulierenden selbst kann jedoch auch anreizgesteu­ert sein. »In the regulator's general organizational setting, there may be in practice a variety of incentives and directives that may be manipula­ted to influence his or her behavior. They may, however, be scarce; the controlling principals may face an >economy of incentives< in which ne­cessary >inducemenrs< must be carefully distributed and balanced with >contributions< received in return. The inducements would include sta­tus reward, covered assignment or task rewards, organizations facilities, threats of removal of any of the above ... « (Mitnick 1980: 386).

10 Es sind aber auch Belohnungen immaterieller Art denkbar. Um bei der Planung des Kabelpilotprojekts in Ludwigshafen Angriffe auf die Kom­merzialisierung des Fernsehens abzuschwächen, wurde ein »Offener Ka­nal« eingerichtet, der vor allem als Mittel zu einer verbesserten Bürger­partizipation, aber auch als Möglichkeit zur Entwicklung individueller Kreativität propagiert wurde (Baumheier 1985: 8i.).

11 Eine genauere, aber seltene Zweckbindung eines Einkommensprogram­mes ist bei der »Hilfe zur Pflege« im Rahmen des BSHG bei Altenheim­bewohnern gegeben.

12 Eine Ausnahme stellt die Einrichtung Schule (plus Dienstleistung) dar, deren Besuch auf einem Gebot beruht.

13 In Ausnahmefällen gibt es auch Sachprogramme, deren Inanspruch­nahme durch Gebot gesteuert wird, so beispielsweise die Versorgung mit Lernmitteln in Schulen.

14 Es gibt auch »negative« sachbezogene Dienstleistungen, die von den Bürgern an den Staat erbracht werden müssen, so bei einer Volkszäh­lung, in der den Bürgern Informationen abgefordert werden (Hart­mann 1985: 7).

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15 Manche Autoren unterscheiden zwischen »administrativer« und »sub­stantieller« regulativer Policy (Dubnick, Gitelson 1982: 43).

16 »lssue networks ... comprise a large number of participants with quite variable degrees of mutual commitment or of dependence on others in their environment; in fact it is almost impossible to say where a network leaves off and its environment begins« (Hedo 1978: 102).

17 Policy lssue-Netze sind an spezifische Issues gebunden, nicht an allge­meine Policy-Bereiche, wie z.B. die Umweltpolitik (Kirst u.a. 198: 29).

18 »We use the term ... to denote those individuals and groups (be they public or private) who regularly interact in a given policy area« Oordan, Richardson 1983: 609).

19 »The notion of iron triangles and subgovernmems presumes small circles of participams who have succeeded in becoming largely autonomous ... lron triangles and subgovernments suggest a stabil' set of participants coalesced to control fairly narrow public programs which are in the di­rect economic interest of each party to the alliance ... Issue networks are almost the reverse image in each respecL Participants move in and out of the network constantly. Rather than groups united in dominance over a program, no one, as far as one can tell, is in control of the policies and issues. Any direct material imerest is often secondary to commitment« (Heclo 1978: 102).

20 Genauigkeitshalber muß hier darauf hingewiesen werden, daß einige Autoren dafür den Begriff der geschlossenen bzw. offenen Politikarena gebrauchen (z.B. Wilsford 1984), d.h. Policy.Netz und -Arena als Syno­nyme verwenden.

21 Als typischerweise offenes Policy-Netz mit relativ freiem Zugang und einer Vielzahl wechselnder Akteure kann die Schulpolitik verstanden werden.

22 ») ... it is now widely accepted that the sectorization and segmentation of policy-making and implementing is a well-established feature of the modern state. We ourselves have earlier characterized the British policy process as exhibiting strang boundaries between subjeet mauers and in· distinct, merged relationsships between departments and relevant groups within individual policy areas« Oordan, Richardson, 1983: 603).

23 Derselbe Partikularismus reproduziert sich auch im Sozial bereich zwi­schen den einzelnen Leistungssystemen. So wehren sich beispielsweise Renten- und Krankenversicherung vehemem gegen die geplante Kür­zung der Beiträge des Staates zur Kranken- und Rentenversicherung der Arbeitslosen. Die AOKs und die Angestellten-Ersatzkassen, die sich in­nerhalb des Policy-Netzes als Konkurrenten gegenüberstehen, sind sich bei diesem Angriff von außen einig. In Zeiten wirtSchaftlichen Wach­stu ms respektieren die Akteure der verschiedenen Leistungssysteme

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w('chselseirig ihrc Dorn;incn une! ßCSiIZSI;il1c!t- und achtcn darauf, daß finanzielle Mittel tunliehst distributiv-gleich behandelnd auf die Sckto­ren verteilt werden.

24 In umgekehrter Richtung können auch die Kosten, die eine Policy im­pliziert, gleichbehandelnd distributiven Charakter haben, wie z.B. die Abgaben für die Müllabfuhr.

25 Der »Pork-Barre!«-Mechanismus und die damit verbundene Politik der Einzelfragen (unrelated interests) wurde von einem Mitglied des US­Kongresses als »Männlichkeitsritual« bezeichnet, das alle neuen Kon­greßmitglieder durchlaufen müssen. »Every new member '" must bring his projeets to the appropriate chairman, who will welcome the legisla­tion and attach it to a giant omnibus bill. But there's one rule of thumb

. You keep your mouth shut and all other projects in the bill. The sy­stem thrives on the quid pro quo« (Newsweek 1982/8). Zur Diskussion standen Bundeszuschüsse für die Sanierung der öffentlichen Infrastruk­tur (Brücken, Straßen, Abwassersysteme ete.) in den verschiedenen Staaten: Einzelne Abgeordnetengruppen und Senatoren setzten sich für Zuschüsse in ihren Wahlbezirken und Staaten ein. Es handelt sich also um typisch distributive Issues: »Our state wants such a small per­cemage that it doesn' t count, and it means so much to our state« (Newsweek 1982/9). Dieses Entscheidungsverhalten - als »congressio­nal back-scratching« ironisiert - konvergiert mit den Verteilungsinte­ressen abhängiger Behörden, deren Selbsterhaltungswillen die Pflege ihrer Klientelgruppen gebietet.

26 »Po!icy Entrepreneurship« umfaßt Handlungen von Beamten, Gruppen oder Individuen mit leichtem Zugang zu Verwaltungsangehörigen, die die Formulierung neuer Programme anstreben, die dem breiten Publi­kum zum Nutzen gereichen, obwohl kein nennenswerter Teil des Pu­blikums dies explizit fordert (Brimnall 1979: 577 f.).

27 Ähnlich das Schicksal einer Gesundheitsreform in den Vereinigten Staaten: Medicare, zunächst deutlich als redistributive Maßnahme kon­zipiert, die - mit Hilfe einer zusätzlichen Lohnsteuer finanziert _ Ge­sundheitsleistungen für Alte vorsieht, wurde durch die »American Me­dical Association« in der Öffentlichkeit als Versuch dargestellt, das ame­rikanische Gesundheitswesen staatlicher Lenkung zu unterwerfen. Die allgemeine Perzeption dieser Policy wurde durch diese Kampagne des einflußreichen Ärzteverbandes nicht unerheblich beeinflußt (Greenberg u.a. 1977: 1535).

28 Wilsford (1984) differenziert nicht zwischen Policy-Netz und Politik. arena, sondern spricht nur von »Politikarena«.

29 Darüber hinaus kann eine gewisse Konkurrenz der Institutionen die Leistungsqualität erhöhen. Wird einer Institution der Entscheidungs­

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vorrang in einem Feld streitIg gemacht, sucht sie mit Poliry-Änderun­gen zu reagieren (lngram, Ullery 1980: 676).

30 KitscheIr spricht in diesem Zusammenhang vom »sclbstzerstörenden i Relativismus der Lowischen Theorie« (1980: 15).

31 Brewer und de Leon (1983) sprechen vom Zyklus der »initiation, estima­tion, selection, implementation , evaluation, termination«; vgl. auch May, Wildavsky (1978); Ruß-Mohl unterscheidet, in Anlehnung an Downs, Problementstehung , Problemidentifikation, Prioritätenbil­dung, Alternativauswahl, Implementation und Evaluierung. Bezogen auf den typischen Zyklus einer Reformpolitik spricht er von dem Vor­stadium, der Initialphase, der Aufschwungphase, Umschwungphase, Abschwungphase und dem Terminalstadium (1981: 73).

32 Werden problematische Zustände unter einer möglichst breiten und umfassenden Einbeziehung der wahrscheinlichen Entstehungsursachen analysiert, so führt dies nicht zwangsläufig zur Darstellung eines »Policy Problems«, denn in der Regel sind nur eine geringe Anzahl der problem­beeinflussenden Faktoren politisch manipulierbar (Dery 1984:

62/63). 33 Der Begriff »Policy Issue« wird allerdings nicht einheitlich definiert. Für

van der Ejk und Kok (1975: 282) ist ein Policy-Problem erst dann ein »Issue«, wenn es auf einer politischen Entscheidungsagenda steht.

34 Cobb und EIder sprechen in diesem Zusammenhang von der »öffentli­chen Diskussionsagenda« (1983): »It consists of all issues that are com­monly perceived by members of the political community as meriting public attention and as involving matters within the legitimate jurisdic­tion of existing governmental authority« (Cobb, EIder 1983: 85). Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Policy-Problem Zugang zu dieser Agenda der öffentlichen Diskussion findet: Eine weitverbrei­tete öffentliche Problemaufmerksamkeit muß vorhanden sein, die sich mit der Überzeugung verbindet, daß politisches Handeln erforderlich ist. Darüber hinaus muß Konsensus herrschen, daß die Angelegenheit ein Problem ist, die in den Zuständigkeitsbereich der politischen Ebene fällt, die angesprochen ist.

35 Aktiv und ernsthaft wird besonders betont, um diese Issues von Fragen abzuheben, die als »pseudo agenda items« bezeichnet werden, da sie nur eine symbolische Funktion erfüllen und zur bloßen Legitimationssi­cherung, nicht aber zur konkreten Durchführung bestimmt sind.

36 Ein Policy-Problem kann auf die politische Tagesordnung gesetzt wer­den, ohne daß es davor in der Öffentlichkeit groß diskutiert wurde. Soll es jedoch als Issue von manifester sozialer Tragweite länger auf der Agenda verbleiben, so ist dies nur mit Hilfe der unterstützenden Aner­kennung in der öffentlichen Diskussion möglich (Cobb, EIder 1983: 87).

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)7 »Thlls the arreptal1ce 01' one issue 011 the ... agenda may substamially li­mit the sizc and tlexibility of that agenda, not only because of the dirert consequences of the first isslle, but also because the first issue's sibling may demand attentions« (Nelson 1978: 38).

38 »Congress is not a passive body, registering already existent public views forced on its attention by public pressures. Congress, second only to the presidents, is, rather the major institution for initiating and creating political issues and projecting them into anational civic debate« (Bauer u.a. 1963: 478).

39 »Inside-access model of policy development« Uohansen 1984: 74). 40 »Each will rise into public view, capture center stage for a while, and

then gradually fade away as is replaced by more fashionable issues mo­ving into their erisis phase« (Downs 1972: 43)

41 Während die Legitimation viele Akteure involviert, die nicht unbe­dingt über Expertenwissen in diesem Bereich verfügen, stützt sich die Programmkonzipierung und -ausformulierung auf ein Netz der direkt Interessierten und Sachkundigen, der administrativ und politisch Zu­ständigen (Heclo 1978, Robertson 1984: 395).

42 Niveauprobleme erfordern eine globale Steigerung oder Verminderung des Leistungsniveaus dezentraler Einheiten, Niveaufixierungsprobleme die Variation oder Kontingentierung des Leistungsniveaus, Verteilungs­probleme die Kontingentierung und Interaktionsprobleme die gemein­same Planung (Scharpf u.a. 1976: 21/22).

43 Schon LindbIom (1968) hatte die typischen Merkmale eines pluralisti­schen, fragmentierten Entscheidungsprozesses in westlichen Demokra­tien beschrieben und auf den Begriff des »disjointed incrementalism« gebracht. Dieser Typ von Entscheidungsprozeß erlaubt keine systemati­sche Planung, die an einer Zielhierarchie orientiert ist. Vielmehr sind die einzelnen Entscheidungschritte das Resultat eines »Bargaining«-Pro­zesses zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen oder politi­schen Einheiten mit divergierenden Zielsetzungen. Programmentschei­dungen basieren auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner der divergie­renden Zielsetzungen aller Beteiligten und können damit nur bedingt

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~ innovativen Charakters sein. Vielmehr stellen sie meist eine nur gering­fügige Veränderung gegenüber dem Ist-Zustand dar. LindbIom ver­weist aber - im Unterschied zu den Politikverflechtungsautoren '---- auf die Vorteile des Entscheidungsfocus des »muddling through« für ein politisches Gemeinwesen, die er in der geringen Interessenverletzung und der hohen Integrationskraft sieht.

44 Dies zeigt der erste Rahmenplan für den Hochschulbau. Formal war er am Konzept der Gesamthochschule orientiert, ließ aber einen breiten Wahlspielraum. Die Möglichkeiten reichten von der integrierten Ge­

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samthochschule über die Verbindung der Hochschulen durch gemein­same Organe bei Aufrechterhaltung ihrer Selbständigkeit bis zum blo­ßen Zusammenwirken in den Fällen, in denen Gesamthochschulen nicht oder noch nicht gebildet werden konnten (Feuchte FJ72: 212).

45 Trotz einhelliger Befürwortung durch die Kommunalparlamente und die Fachwelt stieß beispielweise die Fluorisierung des Trinkwassers (Clark 1968: 558) - eine wissenschaftlich-innovative Entscheidung ­in den Städten mit hohem sozioökonomischen Niveau und hohem Par­tizipationsgrad auf Widerstand. Die Gegner der Fluorisierung erzwan­gen Volksabstimmungen, die in vielen Fällen zur Verwerfung der Ent­scheidung führten. Auf diese Weise scheiterten viele ehrgeizige Pläne kommunaler Eliten zur industriellen Entwicklung der Stadt, zur Re­form der Gemeindeverfassung u.a.m. an der plebiszitären Hürde (Ha­milton 1970: 136).

46 Diese Zurückhaltung direktdemokratischer Politik gegenüber Innova­tionen wird durch Ergebnisse der Policy-Output-Forschung bestätigt, die darauf hindeuten, daß in Gemeinden mit zentralisierter Macht­struktur eher innovative Entscheidungen gefällt werden als mit Ge­meinden mit dezentraler Machtstruktur und einem hohen Grad von Bürgerbeteiligung (Crain, Rosenthai 1966: 169f.).

47 »Its [populistic democracy, A. W.-H.] ...only possible answer to the question ,Suppose the majority doesn't much care, while the minority cares »intensely«l< is: ,So much the worse for the minority. If it feels so strongly about the matter, let it get out and let it win the majority over to its side.<<< (Kendall, Carey 1968: 10)

48 »The condition does not require that a democratic system weigh ,prefe­rences< instead of counting them.« Jedoch: »The system must have built-in facilities for correct reciprocal anticipations, on the part of groups ... of the intensity of each other's reactions, favorable or un­favorable, to the alternative courses, of political action open to each« (Kendall, Carey 1968: 16).

49 »The ground rules will refleet the balance of forces, but the minority is seldom so weak on a major issue that it has to accept a once-and-for-all decision. The formula must usually offer them the change of a later re­versal, keeping the big issue alive ... « (Bauer u.a. 1972: 455).

50 So unterscheidet Elmore zwischen vier verschiedenen institutionellen Modellen zur Erklärung des Implementationsprozesses: das Systems­Management-Modell, das den Implementationsprozeß als geordneten, zieloriemierten Prozeß versteht; das bürokratische Prozeßmodell, das Implementation als administrative, kontinuierliche Routinekontrolle von Handlungsräumen versteht; das Organisationsentwicklungsmodell ,

rnenteure sich das Programm zu eigen machen und es nach eigenem Gutdünken ausgestalten; das Konflikt- und Verhandlungsmodell, das Implcmentation als konflikthaften Prozeß und wechselseitige Annähe­rung dureh Verhandlungen versteht (Elmore 1978: 168ff.).

51 »Students of implementation warn policy architeets against the expecta­tions of program dreams becoming reality, for the realisation of policy hopes depends upon implementars tao overburdened, hurried, self­inrerested, and involved to execute programs as designers intend« (Ro­bertson 1984: 391).

52 »The bargaining and maneuvering, the pulling and hauling of the policy-adoption process carries over into the policy implementation pro­cess. Die-hard opponents of the policy who lost out in the adoption sta­ge seek to find means to continue their opposition when, say, admini­strative regulations and guidelines are being written. Many who suppor­ted the original policy proposal did so only because they expected to be able to twist it in the implementation phase to suit purposes never con­templated or desired by others who formed part of the original coalition« (Bardach 1977: 38).

53 Einen Sonderfall der Phasengleichschaltung oder gar Umkehrung fin­den wir bei der experimentellen Politik. Als riskant beurteilte Policy-In­novation, deren Auswirkung und politische Unterstützung in der Öf­fentlichkeit als fraglich erscheinen, werden zuweilen im begrenzten, re­gionalen Raum zunächst »erprobt«, um deren Folgen und politische Akzeptanz »im kleinen« zu überprüfen. Vor der endgültigen Festle­gung der Policy wird eine regionale oder lokale Politikarena bestimmt, in der die Policy durchgeführt und gleichzeitig gestaltet wird (Nakamu­ra, Pinderhughes 1980: 1089). Als Beispiele einer experimentellen In­frastrukturpolitik seien hier die Magnetschwebebahnprojekte des Bun­desverkehrs- und Bundesforschungsministeriums genannt, eine experi­mentelle Politik, die bis heute nicht auf breiter Basis gefahren wird (Gräbener 1984). Ein anderes Beispiel der regionalen Experimentierung mit einer als einschneidend empfundenen regulativen Policy stellt das Tempolimit auf Bundesautobahnen dar. Die Parallelität von Imple­mentation und Politikformulierung mag in einem Fall dazu dienen, die politische Unterstützung für eine Politik auszuweiten, »den Fuß in die Tür zu schieben«, im anderen Fall um energische Forderungen einer ar­tikulationsstarken Gruppe zumindest in einem begrenzten Rahmen Folge zu leisten und gleichzeitig Argumente aus dem Experiment zu gewinnen, die bei der Politikgestaltung auf breiter Basis dienlich sein können.

54 »Congress, in an attempt to respond to the demands of various groups, and working within a context of limited resourses, formulates a bill that

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das Implementation als Beteiligungsprozeß versteht, in dem die Imple­

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sceks to kill two, three, or more birds with one stone by packihg a num­ Schwachstellen des intergouvernementaJen Handelns hin und fordene, ber of goals or objectives inta thc same program. Limitcd attention can der Bundesstaat müsse vor Ort intervenieren, um die Programmerfül­be given to the question of whether the goals are compatible during the lung zu gewährleisten (1 Y72: 84), gleichzeitig sei jedoch nichl sklavisch legislative stage of the programs development because the major hurdle an der zelllralen Zielsetzung festzuhalten : »In the process of adjust­to be faced at this point is securing passage of a bill that adresses as ma­ me nt to local inrerests, purley )federal, purposes are compromised: ide­ny of the demands as possible. It then becomes the uneviable task of fe­ als expressed at the federallevel are revised to suit local realities« (Dert­deral officials in the department responsive for implementing the pro­ hick 1972 97). gram to devise regulations and strategies that will ensure that the pro­ 64 So waren die Hilfen für die Armen in der »Great Society« Johnsons nur gram is implemented in a way that satisfied congressional objectives. It als vage Ziele vorgegeben, die sich zum Teil als in sich widersprüchlich is almost inevitable that at this point one or more of the principal goals erwiesen (Ripley, Franklin 1982: 160). Die Investitionen involvierten zu of the program will be emphasized at the expense of the others« (Bau­ einem bedeutenden Anteil die einzelstaatliche und lokale Ebene sowie mer 1978: 192). private Organisationen. Gerade weil neue Problemläsungesmethoden

55 Diese klientennahen Durchführenden ». .,interact direcdywith citizens in erprobt werden sollten, war Spielraum erforderlich. the course of their jobs. Typically, personal and organization resources 65 Die Chance, Kosten abzusetzen, verbessert sich für die Industrie mit ars severely limited ... and the demand for their services is always greater zunehmender Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedin­than their ability to supply services .... They must find ways of accomo­ gungen. dating the demands on them ... They do this by routinizing, modifying 66 »Where programs seem likely to have a chance of success almost inevita­goals, rationing their services, redefining or limiting the dienteIe to be ble someone - probably at the locallevel - has taken the lead in buil­served, controlling dients, asserting priorities... « (Weatherly 1979: 5f.). ding a network of supporting actors and institutions and simultaneously

56 »... An imputed interest group organizes as a result of government ac­ in neutralizing at least much of the potential opposition ... Such net­tion ... and acts to maintain the program in existence once the program work building is essential in the redistributive arena« (Ripley, Franklin has been adopted« (Colarulli, Berg 1983: 13). 1982: 186).

57 So kritisieren Piven und Cloward 1971, daß die Armutsprogramme in 67 Als Standardbeispiel dürfen hier psychotherapeutische Beratungspro­den USA u.a. den Wohlfahrtsbürokratien, jedoch nicht den Armen gramme gelten. Hier wird den Startvorteilen der Mittelschicht durch nützten. ein selektiv-begünstigendes Verhalten des professionellen Personals

58 Vgl. typische Spielsituationen im Implementationsprozeß bei Bardach Nachdruck verliehen. Das YAVIS-Syndrom bietet besonders gute Be­1977 teiligungsvoraussetzungen »Therapist like people who are Young, At­

59 Zur Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern nach tractive, Verbal, Intelligent and Successful« (Gruber 1980: 70). Oder Art.91a Abs.1 GG werden durch eine besondere Institution, den Pla­ bei Arbeitsmarktprogrammen in den USA: »Throughout its history nungsausschuß, die Rahmenpläne für das zukünftige Investitionsver­ and in virtually all programs its (Comprehensive Educational Training halten festgelegt (Laufer 1974: 115). Act's, A. W .-H.) funds ... natural tendency has been to serve the relative­

60 »A collective actor is a set of members of public or private organizations Iy least disadvantaged part of the eligible population in most, but not who made decisions on how to use combined resources in some dass of all, localities« (Ripley, FrankIin 1982: 171). problems, having a widely shared set of constraints and who are in a 68 »At one level the law is an expression of the society' s central moral va­communication network with one another (Hjern 1978: 22). lues; at that level, law must reply primarily on coercion, not incentives«

61 Ausführlich dazu: Hjern, Porter 1980: 15ff. (Handberg 1980: 104). Die Steuerung durch Anreize kann eine solche 62 Der Widerstand gegenüber zentralstaatlicher Steuerung ist insbesonde­ Ausrichtung an positiv formulierten Normen nicht ersetzen. »... Vie­

re dann groß, wenn lokal-administrative Routinen verändert werden wing coercion versus noncoercion as only alternative techniques obscures sollen: »... well-defined procedures that preceded decisions . ., they often the moral and ethical dimension of human affairs and the role of rule lead decision-makers to ignore innovation inputs« (Sharkansky 1970: 9). making and punishment as important sources of a moral consciousness,

63 Schon Martha Derthick wies 1972 mit einer Untersuchung auf die Fähr­ something that the ethics of economic transaetions cannot provide« nisse bundesstaadicher Steuerung in den USA und die typischen (Neiman 1980: 33).

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6(} »In most public welfare departmellts regulations are encydopedic, yet at the same time, they are constantly beillg changed with such rules adhe­rence w anything but the most basic and fundamental precepts of eligi­bility cannot be expected ... Federal civiJ rights compliance officers have so many mandated responsibilities in comparison to their resources that they have been free to determine their own priorities« (Lipsky 1980: 30),

70 »Tbe necessary impetus for a significant redirection in policy is provided by ideology« (Cameron 1978: 305).

71 So klagen jüngst die Sozialpolitiker einer Bundestagsfraktion darüber, daß der Ressort- und Policy-Partikularismus auch die Arbeit der Frak-

I tion beherrsche. »Wenn im Sozialbereich zur Konsolidierung des Haus­\ halts kräftig gestrichen wird, ist man in anderen Bereichen froh dar­

über, nicht selbst getroffen zu sein« (Süddeutsche Zeitung, 23. 6. 1982).

72 So konnten beispielsweise die staatlichen psychiatrischen Anstalten in Kalifornien nur geschlossen werden, weil die Befürworter sich auf die Frage konzentrierten, ob dem Staat das Recht eingeräumt werden darf, Bürger gegen ihren Willen in solchen Institutionen unterzubringen. Die zentrale Frage war »individuelle Freiheit und Selbstbestimmung« und nicht die Schließung der staatlichen psychiatrischen Anstalten (Ca­meron 1977: 24f.). Cameron fragt im Unterschied zu anderen Autoren nach den Auswirkungen der Programmbeendigung, der De-Implemen­tation und der De-Institutionalisierung (Cameron 1978: 324).

73 »... Subjective indicators are useful in making government officials mo­re responsible to citizen-consumers and rendering their effortS more pu­blicly accountable« (Shin 1981: 983).

74 Z. B. durch die National Commission of Civil Disorders (1968) 75 Der wissenschaftliche Policy-Vorschlag besteht den »Preferization Test«

dann, wenn der materielle Policy-Gehalt ohne die Vorschläge der Stu­die schlechter ausfallen würde als mit der Studie.

76 »Primary methods of value analysis include: testing of value consistency, checking the completeness of a value set, explication of tacit value di­mensions, value mapping, consideration of value futures, design of va­lues andgoal taxonomies ... « (Dror 1975: 251).

77 Konflikte zwischen Politikern und Policy-Analytikern ergeben sich leicht daraus, daß die letzteren ihre Wertmaßstäbe in eine leicht opera­tionalisierbare Form bringen, und damit die Ziele aus Politikersicht verfälschen. So werden Erziehungsziele beispielsweise in Form der da­mit verbundenen Verdienstmöglichkeiten gemessen (Nelson 1974: 383).

78 Obwohl die Policy-Analyse als Instrument der Entscheidungshilfe viel

mit der Syslems Analysis gemeinsam hat, we-ist sie - über die strategi­sche Gesamtplanullg hinaus - überdie-s den Vorteil auf, sich analytisch auch mit komplexen sozialen Situationen zu befassen, »weiche« soziale Variablen in Betracht zu ziehen, den institutionell-politischen Hinter­grund der vorgeschlagenen Handlungsalternativen und deren Durch­führungschancen mit zu berücksichtigen sowie innovative Handlungs­möglichkeiten zu untersuchen.

79 Vgl. dazu die umfangreiche Planungsliteratur, so beispielsweise Böhret 1970, 1975; Jantsch 1970; Kaiser 1965ff.

80 Die traditionelle Policy-Anaylse mit ihren zentralen Steuerungsabsich­ten ist mißtrauisch gegenüber den Durchführungsorganisationen. Sie sieht in ihnen leicht die potentiellen »Zielabweicher« von politischen Programmzielen. Ein klassisches Beispiel für einen solchen analytischen Ansatz bietet Herbert Kaufmans »organizational feedback«, der in strategische Überlegungen darüber mündet, wie die organisatorische Spitze Organisations.»Pathologien«, d.h. abweichendes Verhalten der unteren Organisationsebenen, unterbinden kann (Kaufman 1973).

81 Sofern informelle organisatorische Prozesse tangiert sind, entstehen für den Policy-Analytiker jedoch erhebliche Probleme. Wie soll er sich als Außenstehender Informationen über subtile Mechanismen und wech­selseitige Abhängigkeiten verschaffen? Trotz dieser Vorbehalte kann davon ausgegangen werden, daß die lokalen Akteure besser darüber in­formieren können, ob eine örtliche Organisation imstande ist, eine Aufgabe befriedigend zu erfüllen, als dies politischen Akteuren der zentralen Ebenen möglich ist.

82 Während schon die New Deal-Programme zum Teil einigen Effektivi· tätskontrollen unterzogen wurden (Stephan 1935), ist die Evaluations­forschung im ausgedehnten Maßstab ein Produkt der 60er und 70er

Jahre. 83 »The time series design are by far best suited for major policy changes.

Such designs need a minimum of three time-series observations of the dependent variable both before and after the introduction of the new po­licy. Yet budgetary and personnel changes oceur so frequently that the­re are rarely more than one or impact measure observation between one budgetary or personnel shift and the next.« Gones 1973: 110)

84 »... from the point at which they are disbursed to the point at which they are experienced by the ultimate intended recipient of those resour­ces« (Coleman 1972: 18).

85 »Moniroring answers the question ,What happened?< Evaluation, by contrast, is addressed to the question >Has policy made any difference?<<< (Gibbons 1984: 478).

86 Beispielsweise der Einfluß der Bürger (oder anderer Prozeßvariablen)

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auf die Erbringung kommunaler Dienstleistungen (Yates 1978: J ') 7f.). 87 »As a matter of record, relatively few evaluation srudies have had a noti·

ceable effect on the making and remarking of public policy~ (Weiss 1973: 181; Bernstein. Freeman 1975: 5). Sysrematische empirische Un­tersuchungen über die Inanspruchnahme von wissenschaftlichen Eva­luationsergebnissen wurden von Rothman (1980). Patton (1978) durch· geführt. Allerdings variiert der empirische Befund über das 'Ausmaß der Nutzung mit dem zugrundeliegenden »Nutzen«-Begriff (Pat­ton 1978: 20). der häufig zu schmal ist.

88 Im Gesamtzusammenhang des Policy-Zyklus sind die Zugangsmöglich­keiten für wissenschaftliche Erfolgskontrollen sehr unterschiedlich und müssen jeweils auf der Basis der Handlungsmotive der Beteiligten in den verschiedenen Stadien klar kalkuliert werden (Nachmias. Felbinger 1982: 30of.).

89 Verwaltungsbeamte auf der kommunalen Ebene, iflsbesondere in klei­nen und mittelgroßen Kommunen, betrachten die Meßinstrumente der wissenschaftlichen Programmevaluation in der Regel mit Mißtrauen. Sie ziehen die Messung von »Arbeitsbelastung« und »Output« der Mes­sung von Effektivität, Effizienz, Angemessenheit und Gleichbehand­lung vor (Daily 1983: 292). Als Verwertungshindernis erweist sich häu­fig der Umstand, daß der Policy-Beratungsauftrag von einer Behörde vergeben wird (z.B. einer Bundesbehörde), die bei der Umsetzung der Erkenntnisse der Studie auf dezentraler Ebene wenig zu sagen hat (Co­leman 1972: 4ff.).

90 Weiss (1976), Caplan u.a. (1976: 229f.) nennen dieses Modell das »In­strumentelle Verwendungsmodelk

91 Die Unabhängigkeit des Forschenden an der Universität vermindert al­lerdings auch den Zwang, sich dem Zeitplan des politischen Handlungs­ablaufs anzupassen.

92 Tullock und Wagner sprechen vom ökonomischen Imperialismus in der Policy-Analyse (1976: 408).

93 »One cannot help but take note of the fact that Policy Sciences are in danger of falling inro the same trap that plagued classical management theorists and Business Policy theorists, with their illusion of an Olympic decision maker who sets policy that is executed by personnel below« (Radnor 1971: 4')4).

94 Die feste Rückbindung von fachspezifischen Policy-Fragen aus dem Grundkanon politikwissenschaftlicher Fragestellungen bewahrt die Po­licy-Analyse auch davor, auszuufern und ihr Profil zu verlieren. Schon immer lief sie Gefahr, daß die Untersuchung von Public Policy »... is really the srudy of everything« (Dye 1975: 283).

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Glossar

Agenda-Gestaltung bezeichnet eine Auseinandersetzung und Eini­gung darüber, welche Policy-Probleme zum Entscheidungsgegen­stand eines politischen oder administrativen Organs erhoben wer­den und welche nicht.

Angebot als Steuerungsprinzip stellt Leistungen zum Nutzen von Zielgruppen zur Verfügung, ohne daß damit eine spezifische Ver­haltensweise gefördert werden soll.

Anreiz als Steuerungsprinzip basiert auf einer indirekten Verhal­tenssteuerung, indem Belohnungen meist materieller Art in Aus­sicht gestellt werden, um ein bestimmtes Verhalten auszulösen.

Beschreibend-erklärende Policy-Analyse setzt sich das Ziel, Policies zu klassifizieren, sie in ihrer Entstehung, Entwicklung und Verän­derung im Zusammenhang mit dem politischen Prozeß und politi­schen Institutionengefügen zu beschreiben und erklären.

Einkommens- und Finanzhtlfeprogramm: Das positive Einkom­mensprogramm sieht eine Leistung des Staates an einzelne Empfän­ger vor, ohne daß damit spezifische Verhaltensauflagen verbunden sind. Dies steht im Unterschied zum Finanzhilfeprogramm, das be­stimmte Verhaltenserwartungen nach sich zieht. Beim negativen Einkommensprogramm muß der einzelne umgekehrt eine be­stimmte Summe an den Staat bezahlen.

Entscheidungsprozedurale Policy regelt den Ablauf und die relati­ven Entscheidungsanteile von Gruppen und Personen, im Rahmen eines Entscheidungsprozesses.

173

"

I "

172

Page 87: Heritier Policy Analyse

i Gebot/Verbot als Steuerungsprinzip (häufig mit regulativer Politik gleichgesetzt) sucht Verhalten direkt zu beeinflussen, indem es Verhaltensvorschriften setzt, die im Falle ihrer Mißachtung mit

Strafen verbunden werden.

Infrastrukturprogramm: Hier bietet der Staat Einrichtungen als kol­lektive Güter an, von deren Nutzung der einzelne (als Angehöriger einer Gruppe oder der Allgemeinheit) nicht ausgeschlossen werden

kann (z.B. Straßen).

Kompetitiv-regulative Policy umfaßt Maßnahmen, die das Marktver­halten und Marktzutrittverhalten von privaten Unternehmen re­geln (z.B. Kartellrecht).

Neopluralistische Orientierung der Poliey-Analyse betont die Gren­zen oder Unmöglichkeit der rational-analytischen Erfassung ganzer Handlungszusammenhänge, legt ihrer Analyse die Pluralismustheo­rie zugrunde, strebt nach der Integration verschiedener Interessen und arbeitet methodisch mit Fallstudien.

Nominalkategorie der Policy bezeichnet ein Politikfeld, dessen Grenzen durch bestimmte institutionelle Zuständigkeiten und Isachliche Zusammengehörigkeit gezogen werden.

Policy-Etikettierung bezeichnet den Umstand, daß derjenige Aspekt einer Maßnahme, die zur Entscheidung ansteht, hervorge­hoben wird, der am ehesten akzeptiert wird und mehrheitsfähig ist. Da Policies immer eine Vielfalt von Aspekten umfassen, liegt hier eine normativ bestimmte Auswahlentscheidung zugrunde.

Policy-Netz: Es besteht aus verschiedenen exekutiven, legislativen und gesellschaftlichen Institutionen, Gruppen und Individuen, die bei der Entstehung und Durchführung einer Policy zusammenwir­

ken.

Policy-Problem: Seine Definition fügt nach bestimmten Auswahl­kriterien gesellschaftliche Einsichten so zusammen, daß sie einen Ansatz zum politischen und administrativen Handeln bietet.

Pollcy-Reaktion und politische Verarbeitung bezeichnet die Phase, in der die Bürger auf eine bestimmte Programm-Maßnahme reagie­ren, und diese Reaktion wiederum in das Entscheidungsverhalten

der Verantwortlichen einfließt.

174

Policy-Zyklus: Die Poliey-Entwicklung unterscheidet verschiedene Phasen, die von der Problemformulierung, Agendagestaltung, Po­litikformulierung, Implementation über die Termination / Novel­lierung bis zur Policy-Reaktion und politischen Verarbeitung rei­chen.

Politikarena: Sie bildet sich in den politischen Konflikt- und Kon­sensusprozessen bei der Entstehung und Durchführung einer Policy heraus. Objektiviert wird der Begriff durch die gleichzeitige Dar­stellung des Policy-Netzes, d.h. der institutionellen Struktur und Akteurkonstellation eines Programms.

Politikformulierung ist die Phase im Policy-Zyklus, in deren Rah­men ein Entscheidungsvorschlag ausgestaltet, verbindlich entschie­den und legitimiert wird.

Politikimplementation stellt die Phase dar, in deren Rahmen eine politische oder administrative Entscheidung durch die Beteiligung verschiedener öffentlicher und privater Organisationen, von Grup­pen und Einzelpersonen mit u.U. durchaus divergierenden Zielen konflikthaft oder konsensual, schematisch oder frei gestaltend in die Praxis umgesetzt wird.

Praktisch beratende Policy-Analyse setzt sich das Ziel, Informatio­nen über politische Entscheidungen wissenschaftlich aufzubereiten und sie dem Politiker als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu stellen.

Programm bezeichnet eine Policy-Maßnahme, die von den zustän­digen Entscheidungsgremien beschlossen wurde und die zur Durchführung ansteht.

Programmverflechtung bezeichnet die Tatsache, daß viele politi­sche Maßnahmen sich in ihren Zielen, Durchführungsstrategien und Wirkungen überlappen. Die horizontale Verflechtung ver­schiedener Maßnahmen kann sich positiv oder negativ auswirken.

Protektiv-regulative Policy konzentriert sich auf die Regulierung der negativen Konsequenzen wirtschaftlicher Produktionstätigkeit und versucht, bestimmte Personengruppen davor zu schützen (z.B. Arbeitsschutz, Umweltschutz).

175

Page 88: Heritier Policy Analyse

Redistn'butive Policy schichtet aus der Sicht der Betroffenen Kosten und Nutzen zwischen Gruppen um. Eine deutliche Kosten­Nutzen-Relation wird gesehen: Eine Gruppe erfährt einen Nutzen­zuwachs, weil gleichzeitig eine andere Gruppe Kosten auf sich nImmt.

Sachbezogene Dienstleistungen erstrecken sich auf Dinge, an de­.nen eine Veränderung vorgenommen wird; die Kommunikation 'zwischen Personen spielt nur eine randständige Rolle (z.B. Müllab­fuhr).

Sachprogramm: Es wird als individuelles, sachliches, teilbares Gut angeboten (z.B. Arzneimittelversorgung).

Selbst-regulative Policy überträgt gesellschaftlichen Organisationen und Gruppen das Recht, Angelegenheiten eigenständig zu regeln und zu entscheiden (z.B. Tarifvertragsrecht).

Soziale Dienstleistungen basieren auf der Kommunikation und In­teraktion von Programmanbieter und Programmklient. Das Resul­tat der Programmdurchführung schlägt sich im Verhalten des Emp­fängers nieder (z.B. Drogentherapie).

Sozial-regulative Polz'cy erstreckt sich auf die Normierung zwischen­menschlichen Verhaltens (z.B. Diskriminierungsverbote).

Steuerungsprinzip einer Policy: Die Frage nach dem Steuerungs­prinzip gibt Auskunft darüber, mit Hilfe welcher Instrumente eine Programmwirkung erzielt werden soll.

Synopttsche Onrmtierung der Policy-Analyse bezeichnet einen ana­l lytischen Ansatz, der sich um eine ganzheitliche Sicht von Policies bemüht, die Systemtheorie seinen Arbeiten zugrundelegt, mit statistisch-empirischen Methoden arbeitet und die Optimierung von Zielen anstrebt.

Termination ist die Phase im Politikzyklus, in der ein Programm ganz ausläuft oder Teile dieses Programmes beendet werden.

Überzeugung / Aufklärung als Steuerungsprinzip vermittelt sachbe­zogene oder emotional gefärbte Informationen, um bestimmte Verhaltensweisen bei den Adressaten hervorzurufen.

Vaha/temregu/ierendn Programm: Regulative Policy geht nicht mit der Erbringung einer LeisLUng einher, sondern sucht mt"l1schli­ches Verhalten mit verschiedenen Steuerungsmitteln zu beeinflus­sen.

Vorbtld als Steuerungsprinzip versucht durch staatliche Modell­maßnahmen einen Nachahmungseffekt bei privaten Organisatio­nen und Personen auszulösen.

176 177

Page 89: Heritier Policy Analyse

Register

Adressaten 28, 30, 38, 101, 102 - kreis, zweistufiger 28, 31 Agenda 72, 74 - Gestaltung 65,69,76 »Aktive Gesellschaft« 12 Aktor, kollektiver 96 Angebot 27, 31f., 48, 97, 100,

I 102 . Anreiz 27,29-32,36,38,42,48,

52, 58f., 97, 100, 102,105, 123 programme 33

- steuerung 29 Arbeitssicherheitsgesetz 90, 99 Arbeitsschutz 16, 26, 28, 50 Arena, distributive 81 Arenawechsel 59f. Armut 68 Aufklärung 27, 32 Auftragsforschung 13 Auftragsorganisation 131

Backward-Mapping 97, 124 Baden-Württemberg 79f. Befragung 120 Behörden 28, 72 Belohnung 29 Beobachtung, teilnehmende 129 Beratungsbedarf 14

1 178

Beratungspraxis 119 Besteuerung, progressive 24, 26,

29 Betriebsverfassungsgesetz 82 Betroffenheit, subjektive! ob­

jektive 26 »Broad-Aim«-Programm 129 Bühne, politische 85 Bund 16 Bürger 28, 39 Bürgerentscheid 79 Bundesausbildungsförderungsge­

setz 51, 5M., 90 Bundesimmissionsschutzgesetz 99 Bundessozialhilfegesetz 93

Comprehensive Evaluation 127, 131

Creaming 100

De-Implementation 15 Delphi-Methode 120 - Befragung 129 Demokratie - parlamentarische 47 - responsive 113 Deutsche Vereinigung für Politi­

sche Wissenschaft 9 Deutschland (Bundesrepublik) 9,

1(" I I I, 12) Dezentralisierung 78 Dienstleisrungen 36f. - sachbezogene 35, 58 Dienstleistungsangebot 32 Dokumentenanalyse 120 Domänenkonflikte 122 Durchführbarkeit 121, 125 Durchführungschancen 116

erfolg 123 organisation 124 prozesse 41, 130 struktur 96

Effektivität 11, 33 Eingriffsbreite 29 - dichte 29 - intensität 29 Einkommensleistungen 36 - programme 35f., 97, 99 Empfängerklientel 93, 110 Entrepreneur, politischer 50, 71 Entscheidungen, öffentliche!

private 17 Entscheidungsagenda 71

arena 57 - theorien 120 - vorbereitung 116 Erfolgskontrolle 116, 131 Erlaß 66, 86 Evaluation 132 - sekundäranalytische 130 Evaluator 129 Evaluationsmethode 129f. Experimente 129 - soziale 127f., 130 Experimentiergesellschaft 126

Fair Housing 79 Finanzhilfen 30 Finanzhilfeprogramme 35f., 38, 40 Fixer 123

Föderalismus, koorerativer 78, 95 Forward Mapping 123

Gebot 27-29, 32f., 36,42 52, 97, lOH., 105

Geldprogramme 35 Gemeindemachtforschung 75 Gemeinschaftsaufgabe 78 Gesamtschule 24, 26 Gesellschaftspolitik , aktive 16 Gesetz 66, 86 Gesetzesgehorsam 102, 122 Gesetzeskonformität 100 Gesundheitserziehung 32 Great Society 12 Gruppen-Interview 129 Güter

kollektive 23, 37 private 37 immaterielle 24

Handlungsalternativen 116 Humandienstleisrungen 35, 38,

40, 99

Implementation 15, 21, 27,41, 58,67, 86f., 89f., 92f., 97, 99, 101, 103, 106, 114, 130

- koalitionsähnlich 95 adaptive 97

Implemation Estimate 123 Implementationsanalyse 131 I. -ergebnis 130 I.-forschung 14, 16, 64, 66, 92 - akteur- bzw. strukturorien­

tiert 87, 92 - deskriptiv! präskriptiv 91

empirische 101 programmorientiert 87

I.-planung 121 I.-prozeß 88, 123 I. -struktur 88, 96

179

Page 90: Heritier Policy Analyse

- färderalistisch/ zentralistisch 95 I.-verlauf 125 Inbesitznahme 101 Indikatoren 128 Information 27, 97, 102f. - wissenschaftliche 15 Infrastruktur 32 - einrich tung 112 - programm 35, 37, 40 Inhaltsanalyse 120 Institutionen 21, 41 - politische 7f., 17, 43 Instrument 27 Instrumenteneinsatz 33 Interaktion 35 Intervention, staatliche 28 Investitionshilfen 78 Iron-Triangle 45 Issue 74 Issue-Attention-Cycle 73 lssue-Labeling 56 Issue-Initiierung 68 Issue-Network 45f. Issue-Relabeling 57

Klassenpolitik 24 Klient 38 Klientel 22, 123 - interesse 107 Komplementärsrrategie 33 Konfliktprozesse 47 Konsensusprozesse 47 Konsumentenschutz 50 Kontrolle, behördliche 100 Kontrollvermägen 101 Koordination 94 Konversionsprozeß 64 Koordinationsschwierigkeiten 122 Ko-Produzent 38 Kosten 23f., 26, 31,42,48-50,

52-55,57,81-84,90, 100, 102, 121

Kosten-Nutzen-Theorie 230 Krieg gegen die Armut 84

Länder 16 Langzeitanalyse 61 Leistungen, materielle / imma­

terielle 35, 38, 40

Majoritarian Politics 48 Managementtheorie 20, 121 Mandat 113 Maßnahmenplanung 123f. Mitnahmeeffekte 30 Modell - Human-Actions-Modell 118 - mechanistisches 118 Monitoring 126 Morphologisches Verfahren 120 Motivationskomponente 29 Mutual Adjustment 97

National Resources Planning Board 11

Neokorporatismusforschung 16 Netzwerk-Analyse 95f. New-Deal 11, 78, 128 New-Frontier 12 Nominalbezeichnung 41 Nominalkategorien 21, 41 Nominal-Policies 22 Null-Summen-Konflikt 94 Nullsummenspiel 24, 98 Nutzen 23f., 26, 31f., 42, 48­

50-52, 55, 58, 81-83,90, 100, 102, 122

Ökonometrie 121 Operations Research 121 Organisation 39 - in termediäre 64

Parteien 44, 74

Parlamcnt 14, 0(, Planning Programming Budgeting

System 11, 16, 120 Plan ung, strategische / operatio­

nale 120 Planungsansatz, integrativer 120 Planungsbedarf 15 Planungsverfahren 14 Planungsliteratur 120 Planungsmodell 12, 13 Planspiel 125 Pluralismus 44 Policeyen 17 Policy - analytisch 17, 42

constituent 41 direktdemokratische 80 distributiv 22f., 25f., 29, 32, 47f., 52, 61, 78, 97f. entscheidungsprozedural 41 experimentell 129 kompetitiv-regulativ 39, 53 nominell 17, 20, 51 protektiv-regulativ 53, 101

- redistributiv 22-27, 29, 32, 48f., 61, 97, 100 regulativ 39, 49, 100 selbst-regulativ 41 sozialregulativ 39, 50, 53, 55 umverteilende 29

P.-Advocacy 117 P. -Alternativen 20 P.-Analyse

anwendungsorientiert 14 - beschreibend-erklärend

8f., 19f. präskriptiv-normativ 20, 115, 117 praktisch-beratend 8-10, 20

P.-Analytiker 117, 119, 133 P.-arena 60, 62 P.-Beendigung 65

P.-lkrcich 43,47, 59 P.-beschaffenheit 21 P.-Comrnunity 45 P. -EOlscheidungskriterien 20 P. -Erfahrung 112 P.-Ergebnis 14, 18,65, 8M., 89 P. -Etiketten 72f., P.-Forderungen 113 P. -Forschung

amerikanische 9 auftragsorientierte 12 beratungsorientierte 14

- deutsche 9, 15f. interdisziplinäre 11 neopluralistische 12f. synoptische 12f., 1)

P.-Impact 18 P .-Initiativen 113 P.-Issues 85f., 112, 134 P.-Labeling 72 P.-Landkarte 72 P.-Making-System 64 P.-Merkmale 108 P.-Netz 10,44, 54, 58,60-62,

73, 84f., 87, 92, 107 - geschlossen 59 - offen 46, 59 P.-Ouccomes 18 P.-Output 18 P.-Output-Forschung 14, 16, 75 P.-phasen 65 P.-problem 68f., 71,73, 119 P.-Reaktion 111, 113 P.-Sciences 13 P.-Sciences-Bewegung 10 P. -Sektor 45 P.-Subgovernmenr 45 P.-typen 47 P. -verdichtung 103 P.-wirkung 21, 27,41, 65, 86,

89 P.-Ziel 129

181

~

180

Page 91: Heritier Policy Analyse

P.-Zyklus 12, 64, 67, 8M., 89, 106, 111, 113, 116

Politisch -administratives System 64, 77

Politik alte regulative 49, 59 direktdemokratische 78f. experimentelle 85 neue regulative 50

P.-agenda 72 P.-arena 10, 27, 41, 44, 47f., 54,

58f., 73f., 81, 84f., 136 P.-beratung 11, 20, 132 p.-feld 17, 21, 43 - nominell 46 P.-formulierung 15, 18,48,65,

67,86,89,90, 113,41,58, 69, 74f., 76, 83f., 92, 106

P. -inhalte 9, 17 P.-Novelliening 65 P.-terminierung 65 P.-verflechtung 16, 77f. P. -wissenschaft 7, 9, 12, 15,

43, 86, 136 P.-zyklus 10, 18, 58, 61, 69 Politiken 17 Polity 22 Polizei 17 Pool-Interdependenz 103 Pore-Barrel-Politik 48 Positionsgut 24 Praxis, politische 8 Praxistest 125 Problemdefinition 67, 69, 76, 116 Problemformulierung 65 Programme 18, 96

angebotsgesteuert 103 - distributiv 58

redistributiv 58 verhaltensnormierend 35

Programm, politisches 90

182

P.-beendigung 105, JO()

P.-durchführung 132 P. -erfolg 15, 87f., 12 I P.-ergebnis 128 P. -formulierung 130 P.-inhalt 17, 97 P.-instrumente 14, 88 P.-klient 111 P. -klientele 122 P.-leistung 91 P.-novellierung 90 P.-schicksal 87, 97 P.-strategie 105 P. -terminierung 15 P.-typ 88, 95f., P.-wirkung 130 P.-ziel 88, 121, 129 P.-zielgruppe 123 Prognosen 121 Prozeß, politischer 7f., 17, 41, 43 Prozeßanalyse 75 Public Interest Groups 50 Public-Regardingness 80

Quasi-Experiment 128, 130

Rahmengesetzgebung 83f., 98 Rahmenprogramm 90 Rahmenregelung 54 Rand Corporation 11, 115 Reformprogramm 89 Rechnungskonrrolle, soziale 127,

129 Regeln, formale 16 Regelungskomponente 29 Regierung 44 - reformierte 15 Regulierung 49 Rentenversicherung 25, 40 Repräsentant 57 Ressourcen 24 Rollenspiel 125

Sachangebot)2 Sachdienstleistungen 40 Sadlleiscungen 36 Sachprogramme 35, 37, 40 Sanktionen 8, 59, 122 Sanktionsdrohung 28 Schweiz 79f. Selbstverwaltung, soziale 41 Self-Compliance 100 Self-Regardingness 80 Sekundäranalyse 127 Simulationen 125 Single-Issue-Group 50, 69, 112 Social Auditing 127 Social Systems Accounting 127 Sozialbilanz 128 Sozialhilfe 24, 31, 40, 102 Sozialindikatoren 128 Sozialpolitik 16 Sozialversicherung 36 Sozialwissenschaften 11 Städtebaufärderung 16, 78 Steuer 36, 40 Steuerung 99 Steuerungsinstrument 39, 97

mechanismus 105 prinzip 21, 27, 29, 35, 41, 52

- strategie 48 - typ 33 Strafandrohung 33, 100 Strafe 27f. Straßenbürokratie 93 Streetlevel Bureauerats 93 Strukturen, politische 8 Subventionen 40 Sunset Legislation 109 Systemanalyse 20, 120f. Systemsimulation 120 Systemtheorie 12 System-Umwelt-Theorie 64 Szenario 125

Tarifvemagsgcserz 41, 49 Task-Order-Research 119 Termination 105, 106 Terminierung 107 Territorialreform 80 Top-Down-Sicht 97 Transfer 40 Transfer-Enquete-Kommission 26

Überzeugung 27, 32,42, 53, 97, 99, 102f.,

Überzeugungsprinzip 33f. Umverteilung 56, 78, 83, 99 Umverteilungskonflikt 98 U. -paradoxon, legitimatorisches

56 U. -feindlichkeit 79 U.-maßnahmen 24, 51 U.-policy 26 Universität 11, 135 Untersuchungsprogramm, multi­

disziplinäres 9 Uno-actu-Prinzip 38 Urban Observatories 111 Utility Theory 30

Validität, externe / interne 128 Verbände 44, 74 Verarbeitung, politische 111 Verbot 27-29,32,52,97, 10If.,

105 Verbraucherberatung 32 Verbraucherschutz 28 Vereinigte Staaten 9f., 15, 59,

78, 80, 84, 111, 126, 128 Vergleich, internationaler 14, 29 Verhaltensauflagen 102 Verhaltensgebot 100 Verordnung 66, 86 Verwaltung, auftraggebende 119 Volksinitiativen 79 Vollzugsinstitutionen 122

183

Page 92: Heritier Policy Analyse

Volonte generale 113 Volonte de tous 113 Vorbild 27, 34, 53, 97 Vorruhestandsregelung 82

Wählermeinung 113 Wählerpräferenzen 113 Wählerschaft 57 Wählerverhalten , retrospektives

112 Wahrnehmung, subjektive 25 Wertediskussion 117, 119 Werrorientierung 13 Werrvorstellungen 28, 50 Wirkungen 42, 41f., 44, 47f.,

126, 128 Wirkungsanalyse 16, 126 Wirkungsforschung 15, 91 Wirrschaftsunternehmen 28 Wissenschaft, interdisziplinär 10

Zentralisierung 78 Zielauswahl 116 Zielbaum 120 Zielgruppenkreis 31 Ziel-Mittel-Strategie 117 Zielverschiebung 123 Zuliefererklientel 93, 109, 110 Zwang 27,33,48,53,58 Zweiter Weltkrieg 128

184