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Erasmus Herold Und dein Lohn ist der Tod

Herold Und dein Lohn ist der Tod:Krimilayout Inhalt€¦ · Für euch drei Über den Autor: Erasmus Herold wurde 1969 in Bonn-Beuel geboren. Aufgewachsen in Pader-born, wohnt er heute

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Erasmus HeroldUnd dein Lohn ist der Tod

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Der Roman spielt hauptsächlich in allseits bekannten Stätten in Westfalen, dochbleiben die Geschehnisse reine Fiktion. Sämtliche Handlungen und Charakteresind frei erfunden.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internetabrufbar über http://dnb.ddb.de

© 2013 CW Niemeyer Buchverlage GmbH, Hamelnwww.niemeyer-buch.deAlle Rechte vorbehaltenDer Umschlag verwendet ein Motiv von shutterstock.comMysterious beautiful face Lucky Luke 2013Druck und Bindung: AALEXX Buchproduktion GmbH, GroßburgwedelPrinted in GermanyISBN 978-3-8271-9564-7

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Erasmus Herold

Und dein Lohn istder Tod

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Für euch drei

Über den Autor:Erasmus Herold wurde 1969 in Bonn-Beuel geboren. Aufgewachsen in Pader-born, wohnt er heute in Stromberg (beiOelde), ist verheiratet und Vater vonzwei Töchtern. Nach dem Abitur undeiner Ausbildung zum Datenverarbei-tungskaufmann arbeitete er erst in Pa-derborn, später in Gütersloh. Derzeit istHerold in einem mittelständischen Un-ternehmen als IT-Leiter angestellt. Be-

reits in jungen Jahren schrieb Erasmus Herold Berichte für ortsan-sässige Computermagazine, machte sich später mit dem Program-mieren von Onlinespielen (darunter Space-Intrusion.de und Insel-Pirat.de) einen Namen. Im Oktober 2009 erschien sein Debütroman„Krontenianer - Rendezvous am Bogen“, ein spannender Zu-kunftskrimi. Beim „Deutschen Science Fiction Preis 2010“ wurde ernominiert und erlangte mit seinem Debütroman Platz 5. Im Herbst2012 hat Erasmus Herold seinen WestfalenKrimi „Und ich vergebedir nicht“ im CW Niemeyer Verlag, Hameln, veröffentlicht. ImHerbst 2013 folgte die Fortsetzung „Und dein Lohn ist der Tod“,ebenfalls im CW Niemeyer Verlag, Hameln.

Zusätzliche Informationen und Leseprobe unter: www.ErasmusHerold.de

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1. Besuch / 05. März 2013 / 22:06

Ein kleines Geräusch hatte ausgereicht, um Victoriaaufzuschrecken. Kurz nach zehn. Es war bereits dun-kel und sie beinah eingeschlafen. Doch das Schlageneiner Tür oder Luke genügte, um hellhörig zu werdenund sofort aufrecht im Bett zu sitzen. Obwohl Victoriasich in dieser Wohnung seit Langem heimisch fühlte,war es nicht das eigene Zuhause und sie reagierte sen-sibel auf die Laute, die um sie herum erklangen. IhrFreund, Niclas Klohse, war ausgegangen. Männer-abend mit Freunden. Sie dagegen hatte entschieden,zu warten, wollte sich später in der Nacht an ihn ku-scheln und den nächsten Tag mit ihm verbringen.

Genau genommen übernachtete die Sechsund-zwanzigjährige nie mehr als drei Tage pro Woche inden eigenen zwei Zimmern an der Körnerstraße,Küche und Bad inklusive.

„Gib deine Wohnung auf“, hatte Niclas schon mehr-fach zu ihr gesagt, doch irgendwie fand Victoria bis-her nicht den Absprung, glaubte so, ihre Selbststän-digkeit aufgeben zu müssen.

Abermals ein ungewöhnliches Knarzen. Vor demHaus, am Carport. Irgendwer oder irgendwas gehörtedort nicht hin, da war Victoria sich absolut sicher. Einkurzes Zögern, dann verließ sie das Bett. Verängstigtund zugleich neugierig huschte sie zum Fenster, rafftemit einer Hand diskret den Vorhang beiseite undspähte auf den Weg zum Haus. Rechts parkte Niclas’Audi, er selbst hatte das Fahrrad genommen. Um bes-ser sehen zu können, wechselte die junge Frau denStandort. Als ob aus diesem Grund aufgehangen, eig-

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nete sich der sandfarbene Store hervorragend als Sicht-schutz. Der unvermutete Anblick der offen stehendenMotorhaube ließ Victoria zusammenfahren, der Scheineiner Taschenlampe ließ sie erstarren. Ein gelb schim-merndes Licht erhellte den Carport, leider zu schwachund zu kurz, um den Träger der Lampe im Lichtkegelzu zeigen. Victorias Herz raste, Adrenalin aktivierteihren Körper in Vorbereitung auf den zu erwartendenStress.

Hastig und ohne ihren Blick abzuwenden, fingertesie über das Sideboard neben dem Bett. Irgendwohatte ihr Handy gelegen, da war sie sich sicher. Solltesich doch die Polizei des nächtlichen Besuchers an-nehmen. Ihre Suche verlief erfolglos.

Vor drei Monaten hatte Niclas das Festnetztelefongekündigt.

„Wer braucht so etwas im Zeitalter von Handyflat -rates?“, hatte er gefragt.

Ich!, dachte Victoria in diesem Moment.Sie erwischte sich in Gedanken mit der Frage be-

schäftigt, wie es nun weitergehen würde? Alarm schla-gen und so versuchen den Angreifer zu vertreiben?Oder Hilfe organisieren, hinten raus, über die Ter-rasse? Vielleicht würde ein Nachbar auf ihr Klingelnhin öffnen und in ihrem Namen die Polizei alarmie-ren? Zu so später Stunde? Für Erfolg versprechendhielt Victoria diesen Gedanken nicht.

Also selbst zur Tat schreiten oder verharren und kapitu-lieren, wog sie ab.

Auf Zehenspitzen eilte sie vom Schlafzimmer hinü-ber zum Flur. Der Wechsel in den benachbarten Raumwurde belohnt mit der durch das Fenster gefundenenAussicht auf einen Mütze tragenden Eindringling indunkelblauen Jeans und brauner Lodenjacke. Leider

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fehlten markantere Merkmale. Nervös wischte Victoriaihre rötlichen Fransen beiseite, die nach vorne ins Ge-sicht gefallen waren, und rieb sich die Augen. Ein lei-ser Schlag, schon hatte der Unruhestifter die Motor-haube nach unten gedrückt und verschlossen.

Der nächtliche Besucher hat Niclas’ Audi sabotiert!, fürVictoria die einzig logische Erklärung.

Und genau diese Erkenntnis bereitete ihr Angst,sogar große Angst, denn es zeigte, wie einfach jemandAußenstehendes Victorias und Niclas’ gemeinsamesGlück gefährden konnte. Sie erschauderte. Wenigstenszwei weitere Stunden würden vergehen, bevor ihrFreund nach Hause käme.

Eine lange Zeit voller Ungewissheit.Ohne Umschweife griff Victoria zum ersten Mantel

auf dem Garderobenhaken, suchte ein Paar Schuhe, daverließ die fremde Person bereits das Grundstück. Er-staunt über das abgebrühte Verhalten, sich bei der Sabotage weder umzuschauen noch die Hauptstraßeim Auge zu behalten, öffnete Victoria vorsichtig dieHaustür. Sie blieb in der absoluten Dunkelheit, Schrittfür Schritt folgte sie der Deckung der Lebensbäum-chen. Ein unbekannter Lieferwagen parkte quer vorder Einfahrt, ein Transporter, vielleicht von Ford oderVW. Mit Autos kannte Victoria sich nicht besondersaus, aber das Logo auf der Beifahrerseite war ihr nichtunbekannt: Reinigungsdienste Kroschewski prangtedort in blaugrünen Buchstaben, darunter einige fun-kelnde, gelbe Sternchen inklusive Handynummer. Kal-ter Wind zerzauste Victorias rötliches Haar. Sieknöpfte den Mantel bis oben zu, und auch wenn sieden Winter mochte, in Schlafanzughose und mit dennackten Füßen in Turnschuhen war es kühl. Die Wet-terstation hatte zwölf Grad gezeigt, frei von Regen. Für

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diese Nacht eine gute Prognose. Unterdessen kehrteihr Herzschlag zu einem gemäßigten Rhythmus zu-rück, doch die Anspannung blieb. Und genau dasspürte sie, als die Tür des Lieferwagens zugeschlagenwurde und ihr Herz von Neuem zu rasen begann. DerMotor wurde gestartet, die Scheinwerfer sprangen an.

Dies war der Moment, ein letztes Mal abzuwägen. Verdammt, wohin habe ich nur das Handy gelegt?Sie überdachte ihre Situation und wusste sogleich,

wie sich viele andere Frauen in ihrer Situation verhal-ten hätten. Aber genau so wollte sie selbst nicht sein.Dann war es so weit, der Transporter fuhr an. Ohne zuzögern, tastete Victoria nach unten unter die Sitzbankihres Piaggio-Motorrollers und erhaschte den Schlüs-sel. Zündung, Motorstart. Für den Griff in das Stau-fach unter dem Sitz blieb keine Zeit, würde es halt eine Verfolgung ohne Helm werden. Surrend und mitausgeschaltetem Licht verließ sie das Grundstück, bog nach rechts ab und folgte den roten Rücklichtern.

Nummernschild: GT RK 383. Typisch!, dachteVictoria. RK für Reinigungsdienste Kroschewski.

Ohne zu bremsen, steuerte der Lieferwagen über diekommenden Kreuzungen und Victoria tat es ihmgleich. Die Verfolgung aufrecht zu halten, gestaltetesich einfach. Hielt der Fahrer doch konsequent die er-laubte innerstädtische Geschwindigkeit und das, ob-wohl die Stadt wie ausgestorben war. Eine Passantinmit Hund, zwei entgegenkommende Autos, ein Jungeauf einem Fahrrad. Gütersloh schlief. Endlich begannder Motor des Piaggio-Rollers, Hitze vom Antrieb ab-zustrahlen und die Beine der jungen Frau wärmtenauf. Hin und wieder vergrößerte Victoria ihren Ab-stand und verließ den Sichtbereich der Außenspiegeldes Lieferwagens. Auch ohne eigenes Scheinwerfer-

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licht reichte die Straßenbeleuchtung aus, um entdecktzu werden und einem besonnenen Fahrer aufzufallen.Nun aber holte sie auf, denn sie wusste, bis zu Kroschewskis Firmensitz verblieben wenige hundertMeter.

Halb elf Uhr, und inzwischen kannte Victoria dasNummernschild, besaß den Namen des Geschäftsin-habers und war im Bilde über Statur und Größe desEindringlings, der an Niclas’ Audi hantiert hatte.

Kein schlechtes Ergebnis für ein paar Hobbyrecherchen,dachte sie. Noch ein paar Informationen zum Täter, viel-leicht die Haarfarbe oder andere markante Merkmale des Ge-sichts, dann kann die Polizei übernehmen, ermitteln und denAudi auf Verdachtsmomente überprüfen.

In ihren Gedanken verloren setzte die Rollerfahre-rin den Blinker zum Abbiegen. Orange pulsierendesLicht erhellte den dunklen Asphalt. Victoria fuhr er-schrocken zusammen. Innerlich ohrfeigte sie sich fürihre Unüberlegtheit und riss den Richtungshebel aufNullstellung. Vorsichtig bremste sie ab. Warum hattesie nicht gleich die Hupe gedrückt, um auf sich auf-merksam zu machen? Was für ein Kardinalfehler!

Unabhängig von der Frage, ob Victoria bemerktworden war oder nicht, setzte der Transportwagen sei-nen eigenen Blinker, die Bremslichter flackerten rotund er bog nach links auf den kleinen Vorhof derFirma Kroschewski Reinigungsdienste. Victoria wech-selte die Straßenseite, an einer abgesenkten Einfahrtbefuhr sie den Bürgersteig und ließ den Roller auslau-fen. Noch bevor sie einen ersten Blick auf den Firmen-parkplatz werfen konnte, parkte sie den türkisfarbe-nen Scooter und stieg ab.

An dieser Stelle ihrer Verfolgung kam sich Victoriadas erste Mal albern vor. Wie sie geschätzte zwei

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Kilometer von Niclas’ Wohnung entfernt an der Wandeines fremden Hauses lehnte, in ihrer notdürftigen Be-kleidung aus naturfarbenem Wintermantel, gestreifterPyjamahose und Turnschuhen. Die Haare zerzaustund die Wangen wahrscheinlich gleißend rot vomkühlen Fahrtwind.

Nun ist es an der Zeit, meine Recherche abzuschließen.Wie Drillinge reihten sich die Kastenwagen von

Kroschewskis kleiner Fahrzeugflotte hintereinander,glichen einander in ihrer schlichten Standardausstat-tung und mit dem blau-grünen Schriftzug samt Ster-nen bis aufs Nummernschild. Einen Augenblick ver-harrte die Verfolgerin an der Ecke zum Grundstückund versuchte, den Fahrer ausfindig zu machen.Doch da war nichts außer Stille. Also begann Victoriaihre Spurenaufnahme. Das letzte Fahrzeug schiedaus. GT RK 388, falsche Zulassung. Die beiden ande-ren Wagen waren quer zum Gebäude geparkt wor-den. Ohne den Standort zu verlassen, war keine Un-terscheidung möglich. Über die Hauptstraße nähertesich ein Pkw. Um in ihrer fragwürdigen Kleidungnicht aufzufallen, zwängte Victoria sich zwischendem ersten Transporter und der Hauswand hin-durch. Das Geräusch einer knarrenden Wagentür ließsie aufhorchen.

Die rothaarige Frau holte tief Luft und hinterfragteein weiteres Mal, was sie hier tat. Ihre ursprünglicheAngst war verflogen, inzwischen war es vielmehr Neu-gier gepaart mit kribbelnder Anspannung, die sie vo-rantrieb. Das zweite Fahrzeug war seit Stunden nichtbewegt worden, die Hand auf der Motorhaube lieferteden Beweis. Fehlender Platz zwischen Kühler undHauswand zwang Victoria nach rechts. Ein verstohle-ner Rundumblick, da erklang ein weiteres Geräusch.

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Was habe ich schon zu befürchten?, überlegte Victoria.Wenn ich bemerkt werde, erzähle ich von der Suche nachmeinem davongelaufenen Hund. Niemand blickt den Zu-sammenhang zu Niclas’ Wohnung.

Erwartungsvoll trat sie aus ihrer Deckung heraus.Die Heckklappe des letzten Lieferwagens stand offen.Neugierig trat die junge Frau näher und entdeckte imInnern ein komplettes Sortiment an Reinigungsmate-rialien, daneben eine Klappleiter, Besen, Haken undeine Wanne voller Tücher. Besonderes Interesse er-weckte der Werkzeugkasten, der vollständig ausein -andergeklappt worden war und so gar nicht in dasBild der ansonsten so aufgeräumten Ablagefläche pas-sen wollte. Schritte hinter ihr ließen Victorias Puls nachoben schnellen. Ihre Beine zitterten, der Hals schnürtesich zusammen.

Es war anders gelaufen als geplant. Der Täter hattesie überrascht.

Sie drehte sich um. Die Zeit, die ihr blieb, reichtekaum aus, um die Person zu identifizieren. Der Ham-mer, der von oben auf sie zuschoss, zerschmetterte ihrStirnbein und drang beim ersten Schlag bis ins Gehirnein. Blut spritzte strahlartig nach oben. Doch davonbekam Victoria nichts mehr mit.

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2. Auge in Auge / 05. März 2013 / 22:14

... geschätzte vierzehntausendzweihundert Zuschauer sahenam heutigen Abend das Zweitligistspiel Paderborn gegenden 1. FC Kaiserslautern. Ein anfänglich ruhiges Spiel, dochbereits auf die ersten Tore folgten Verwarnungen. Nach ins-gesamt sieben gelben Karten, und wer wollte sich darüberwundern, kippte die Stimmung im Stadion. Viele Zuschauerkritisierten die Objektivität des Unparteiischen. Derzeit be-müht sich die Polizei ...

Ahmet Yilmaz deaktivierte den kleinen Radioempfän-ger, den er bei sich trug und verfluchte den fünftenMärz, diesen Abend. Warum nur hatte Ackermann ihnnach Paderborn ausgeliehen, und seit wann war es Ah-mets Job, eine wilde Meute Fußballfans zu kontrollie-ren?

Verdammt!, dachte er, doch diese Frage war diereinste Makulatur, und er wusste das. So war es halt,wenn ein Polizeihauptkommissar aus Gütersloh einemanderen aus Paderborn einen Gefallen schuldete,einen, den Ahmet Yilmaz nun ausbaden durfte.

Seit einer Dreiviertelstunde zogen die Fans oder bes-ser gesagt Randalierer durch die Straßen der Univer-sitätsstadt und feierten und pöbelten – ihren Sieg undvor Frust. Nicht weniger frustriert, aber gänzlich un-interessiert an Fußball, hockte Ahmet auf einem Mau-ervorsprung an der Hathumarstraße. Den Anschlussan seine Paderborner Kollegen hatte er bereits voreiner Stunde verloren. Den Gütersloher zumindestschien dieser Umstand nicht weiter zu stören. Solltendoch die anderen in erster Reihe kämpfen, er obser-

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vierte stattdessen diese ein oder zwei Straßen in derNähe der Paderquellen. Morgen würde er einen Be-richt schreiben, und sollte jemand fragen, so war erhalt von seiner Gruppe getrennt worden. Schließlichkannte er sich in Paderborn nicht besser aus als die zu-gereisten Fans. Missgelaunt zerrte er ein PäckchenKaugummis aus der Jackentasche hervor, nahm dasletzte und warf das Papier gleichgültig zu Boden. Vierweitere Stunden Dienst, so kalkulierte Ahmet, und sooft er auch auf seine Armbanduhr starrte, die Zeit ver-rann in gleichbleibend eintönigen Sekunden. Um derKälte entgegenzuwirken, sprang er auf und lief einigeSchritte umher. Es wurde Zeit auszutreten, irgendwowürde er sich erleichtern müssen. Da Ahmet nicht ge-rade zur Gruppe der Männer gehörte, die sich überalleinfach so an eine Ecke oder Mauer stellen konnten,schaute er nach einem passenden Unterschlupf. Einpaar Meter die Straße Auf den Dielen entlang, ent-deckte er viel freien Raum, geschützt von Hecken undBäumen.

Zufriedenheit!Von einem unerwartet hell-rot gleißenden Licht ir-

ritiert sowie einem handfesten Streit irgendwo hinterihm, besser gesagt, hinter den Bäumen, aufgeschreckt,schloss Ahmet die Hose und kontrollierte die Umge-bung.

Bengalisches Feuer, war sein erster Gedanke.Ohne zu zögern, überwand der Einzelgänger die

blickdichte Hecke, gewappnet, dem Grund des Tumultes auf den Zahn zu fühlen. Genauso hastig, wieer gestartet war, bremste er ab. Sie waren zu dritt, diezwei schrankgroßen Rocker, die ihm den Weg ver-sperrten und ein Fußballfan des 1. FC, den sie zwi-schen sich drängten. Während der Dickbäuchige dem

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offensichtlich zufällig ausgewählten Opfer das benga-lische Feuer vor den Augen schwenkte, zerrte der an-dere ein Messer hervor.

„Was is’n los? Scheiß Türke!“, schrie der erste.„Soll ich aus dir Döner schnitzen?“, setzte der zweite

nach. Ihr Opfer, ein mittelgroßer hagerer Mann, Typ

Familienvater, wirkte vollends eingeschüchtert. SeineAugen tränten vom hellen Licht, doch er traute sichnicht, ein einziges Wort zu sagen.

„Ihr habt euch den Falschen ausgesucht!“, fauchteAhmet zurück. „Seid ihr mutig genug, euch mit einemBullen anzulegen?“

Im gleichen Augenblick zog er den Dienstausweisund hielt ihn der kleinen Gruppe entgegen.

„Eine türkische Bullensau! Wirst du uns jetzt ver-haften?“ Die Stimme des zweiten Rockers klang selbst-bewusst und siegessicher.

„Versuchen wir einen zweiten und letzten Anlauf!“,konterte Ahmet gereizt. „Ihr lasst den Kerl in eurerMitte laufen, sofort und ohne ihm nachzusetzen.“Ahmet räusperte sich. „Und mach’ diese Scheißfackelaus! Anschließend verschwindet ihr in das Loch, ausdem ihr gekrochen kamt.“

„Du wirst uns nichts tun? Darfst du uns denn ein-fach laufen lassen?“ Mit diesen Worten riss der erstedas bengalische Feuer nach oben und rammte es demKaiserslauterer auf den Oberkörper. Binnen Sekundenstand das Polyester der Windjacke in Flammen. DasOpfer schrie aus Leibeskräften, rüttelte sich frei undwarf sich zu Boden. Ohne Unterlass, sich von einer aufdie andere Seite werfend, versuchte der Mann denBrand seiner Kleidung zu löschen. Die Absicht, dieFlammen mit den Händen zu ersticken, bereute er

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mehr, als den beiden Hooligans in die Arme gefallenzu sein. Sofort klebte das geschmolzene Plastik an sei-ner Haut fest und ließ ihn schmerzverzerrt zusam-menbrechen. Fassungslos hatte Ahmet den Übergriffauf einen Wehrlosen beobachtet. Hier hatte jeder Spiel-raum gefehlt, um eingreifen zu können.

Überrascht von der echten Brutalität seines Kolle-gen, warf der zweite Rocker sein Messer auf den Geh-steig und ergriff Hals über Kopf die Flucht. Ohne überdie nächsten Schritte nachzudenken, riss Ahmet seineLederjacke vom Körper und stürmte auf das glim-mende Opfer zu.

Wenn ich jetzt nicht handele ..., diesen Gedankendachte er nicht zu Ende, da versetzte ihm der Feuer-teufel einen herben Tritt und nutzte den Sturz des Polizisten, um seine eigene Flucht vorzubereiten.Ahmet raffte sich auf, erstickte das Feuer des amBoden Liegenden mit der Jacke und kontrollierte denErfolg seines Einsatzes. Doch der Mann war übel zu-gerichtet. Diese Brandverletzungen würden ihn seinweiteres Leben lang begleiten. Der Griff zum Handy,der Krankenwagen war alarmiert. Ein beruhigendesWort, dann richtete Ahmet sich auf und inspizierte dasUmfeld.

In fünfzig Metern Entfernung glimmte der beschei-dene Rest der Fackel. Die Fluchtrichtung des Täterswar markiert und der Polizist bereit, seine Jagd zu be-ginnen.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er keine Angst ver-spürt. Erregung, Nervenkitzel, Adrenalinausschüttung- ja. Aber vor den beiden Riesen zu bestehen, dafürwar er ausgebildet worden. Zur Not blieb ihm der Zu-griff auf die gehalfterte Dienstwaffe. Doch da warenandere Gefühle in seinem Kopf und in seinem Bauch:

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Gefühle von Wut und Aggression und der Wunschnach Vergeltung. Mit einer Hand über die Stirn wischend lief der kleingewachsene Türke los, schobwährenddessen sein kurzes schwarzes Haar nach hin-ten und schreckte angewidert zusammen, als er denGeruch von verkohltem Fleisch witterte. SchnellenSchrittes spurtete er die nördliche Gasse entlang.Größe war kein Indikator für Geschwindigkeit. Dashatte er schon in seiner Schulzeit bewiesen. Und sotrieb Ahmet seinen Körper zu Höchstleistung. Nachvierhundert Metern galt es die erste Entscheidung zutreffen, links oder rechts.

„Scheiße!“, fluchte Ahmet in sich hinein. „Wo lang?Wo lang?“

Ohne lange Zeit zu verschwenden, wandte er sichnach rechts dem Weg zu, den er als Flüchtender auchselbst gewählt hätte. Und wieder jagte er los, kreuztelinks, kreuzte rechts. Ein erster Sichtkontakt zumflüchtenden Ziel ließ ihn frohlocken. Voraus nur einerder beiden Rocker, aber zumindest war es sein Feuer-teufel.

Zeit für Gerechtigkeit!Mit jedem Schritt verkürzte sich der Abstand zwi-

schen den beiden Kontrahenten, und so dauerte esnicht lange, bis der Vorweglaufende sich umschauteund die drohende Gefahr bemerkte. Von der Verfol-gung geschwächt, brach dieser seine Flucht ab und be-reitete sich darauf vor, dem Polizisten entgegenzutre-ten. Den Kleinen, Ahmet, erfüllten keine Zweifel, alsSieger aus dem bevorstehenden Kampf hervorzuge-hen. Ein Kämpfchen würde es geben, denn eine einfa-che Verhaftung erschien ihm wie die fehlende Alterna-tive. Voller Wut sprang er auf den Gegner zu. DerGroße, der Rocker, glaubte an seinen eigenen Erfolg.

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Und so begann der Schlagabtausch. Einige Jabs, einCross und zwei Haken, dann lag Ahmet am Bodenund rang nach Luft. Sein Mund schmeckte nach Blut,doch es war die Lippe, die aufgeplatzt blutete.

„Voll auf die Neun!“, schrie der Mann von einemSchrank. „Ich mache dich zu Türkenmus!“

Ahmet fluchte, kreiste den Kopf, suchte Orientie-rung, registrierte, was so eben geschehen war. Es warwichtig, dem Gegner keine Zeit zu lassen, um nach-zutreten. Sich neu auf das Ziel einzustimmen. DenErfolg fest vor dem inneren Auge zu visualisieren.Schon ging es in Runde zwei. Ahmet teilte aus undsteckte ein. Inzwischen hatte er gelernt, sich vor desRockers kräftigen Rechten in Acht zu nehmen undseine eigene Geschwindigkeit zum Einsatz zu brin-gen. Ein Diagonalgang, ein Seitenhaken zum Kopf,schon warf es Ahmet erneut zu Boden. Seine Sichtschwand, der Kopf schmerzte.

„Wirst du jetzt deine Kollegen rufen?“, spotteteder Rocker verächtlich. „Irgendwer sollte dich ret-ten.“

„Das Einzige, was ich rufen werde, ist deinen Kran-kenwagen.“ Ahmet stand auf, angeschlagen, aber un-gebrochen kampfeslustig. „Vielleicht haben die auchetwas gegen deine Xenophobie?“

„Xeno ... was? Red’ deutsch, du Arsch!“„Xenophobie ist deutsch.“ Er stockte, am Arm deu-

tete sich eine Prellung an, vom Magenschlag war ihmübel. „In dem Land, in dem meine Eltern geboren wur-den, würden wir sagen: yabancı düşmanlığı. Du bistja nicht nur dick, du bist auch doof!“

Die Provokation schlug ein. Schnaufend griff derRocker zur Innentasche seiner Jacke, danach zierte einSchlagring die Hand.

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„Wollen wir mal schauen, wie lange du noch denSchlaumeier markierst?“ Mit diesen Worten stürmte erauf Ahmet zu, holte aus und zielte ins Gesicht. DerKleine sackte zu Boden, machte sich kleiner, als er ohnehin schon war, sodass der Schlag des Gegners imNichts verlief. Sofort wirbelte er herum und platzierteeinen gestreckten, geraden Gegenschlag. Schnell undkraftvoll. Es knackte hörbar, als das Nasenbein brach.Unüberhörbar auch der Schmerzensschrei. Blut ranndurch die hilflos geformten Hände des Rockers; Re-signation in den Augen, die mit Tränen gefüllt waren.

„Wann sollte man aufhören?“ Ahmets Stimme klangruhig, obgleich es in ihm drin anders aussah. „Wo istdie Grenze, die du für menschlich hältst?“

Auf die Knie gegangen hatte der Rocker eine Posi-tion gefunden, in der er die Nase stützen konnte. Un-übersehbar die Schmerzen, die ihn quälten. SeineJacke, die Schuhe, der Boden um ihn herum, mittler-weile erschien alles in dunklem Rot.

„Wer ist nun das Opfer?“ Ahmet erwartete eine Ant-wort. Vergeblich.

„Glaubst du, die Balance wurde wieder hergestellt?“Sichtbar wütend ging der kleine Polizist auf den Knienden zu.

„Ist das fair?“, schrie er los. „Verbrennungen am ge-samten Oberkörper! Und das bei einem unschuldigenFußballfan.“

Rocker und Polizeibeamter, Auge in Auge.„Was ist dagegen ein Nasenbeinbruch? Denkst du,

du hast genug in die Waagschale geworfen?“Ahmet horchte in sich hinein, doch da war nur Zorn

wegen der eigenen Hilflosigkeit, Wut auf die gesche-hene Ungerechtigkeit, Tobsucht aus Unausgeglichen-heit. Ohne zu zögern, holte er aus und trat zu.

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3. Alles Gute / 05. März 2013 / 22:29

Ein Pfiff, dazu ein Wink mit den Fingern, das reichteaus, um die Freunde zu informieren. Jonas würde deneingehenden Anruf nebenan entgegennehmen. GefüllteGläser, verschiedene Dinge zum Schnupfen und Rau-chen, das Ganze vervollkommnet durch die Anwesen-heit der offenherzigen Lulu. Eine Frau in einem Körperbebend vor Lust, bereit zu geben und ebenso gerne ge-nommen zu werden. Wenn Jonas feierte, dann richtig,und ganz offensichtlich sprangen Lulus Funken auf dieAnwesenden über. Aus welchem Grund also sollte derGastgeber Einspruch erwarten, als er das Zimmer ver-ließ? Sein Freundeskreis war hier, um zu feiern. Mitihm, zur Not aber auch ohne ihn.

„... happy birthday lieber Jonas ...“, schallte es ihmnach wenigen Schritten aus dem Hörer entgegen.

Er war genervt und ärgerte sich über den verspäte-ten Anruf. Trotzdem riss er sich zusammen und ant-wortete seiner Anruferin, was sie hören wollte: „Eva!Schön, dass du dich meldest. Wie geht es dir?“

„Aber wie geht es dir?“, gab Eva gutgelaunt und zu-gleich müde die Frage zurück. „Heute an deinem Ehrentag! Schließlich wird man nicht jeden Tag zwei-undvierzig Jahre alt.“

„Wir feiern ein bisschen. Schade, dass du zum Arbeiten nach Amsterdam fahren musstest.“

„Finde ich auch“, bedauerte Eva. „Sind Helga unddie anderen Frauen auch da?“

„Ich habe entschieden, wenn du keine Zeit hast undschuften musst, machen wir einen Männerabend. Duweißt, Roland und die anderen Jungs.“

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„Heute war echt anstrengend!“, gestand Eva. „Unddann diese abendlichen Geschäftsessen. Ich bin froh,wenn ich gleich schlafen gehen kann. Ach so! Wie duwolltest, habe ich ein paar der Coffee-Shops abgeklap-pert. Ist bestimmt ’ne nette Mischung für dich dabei!“

„Okay, verstehe. Ganz nach dem Motto: Vorfreudeist die schönste Freude.“

„So ungefähr“, lachte Eva herzhaft. „Wenn du liebbist, gibt’s Donnerstag das Geburtstagsgeschenk,denn Mittwoch komme ich erst gegen Mitternacht zu-rück.“

„Ist gut“, stimmte er zu. Kurz hielt er inne. „Eva?Du hörst dich so nah an, fast, als ständest du im Raumnebenan.“

„Weißt du was?“, hauchte sie. „Ich hatte sogar über-legt, nach Hause zu kommen und gleich morgen frühzurückzufahren. Aber auf der A 2 ist so eine riesigeBaustelle. Das hat mich auf dem Hinweg über eineStunde aufgehalten.“

„Ich freue mich, dass du an mich gedacht hast“,blockte Jonas den restlichen Smalltalk ab. „Alles an-dere holen wir am Donnerstag nach.“

Durchtriebenes Lachen schallte an Evas Ohr. Irgendwo in ihrer Nähe schlug eine Turmuhr halb elf.Jonas stutzte.

„Was ist?“, fragte sie.„Ich dachte, ich hätte den Halb-elf-Schlag der Hl.

Christ Kirche gehört. Du weißt, diesen melodischenDreiklang?“

„Hast du eine Ahnung, wie viele Kirchen es in Amsterdam gibt? Weit über fünfzig.“

„Verstehe! Die Jungs rufen! Wahrscheinlich Not-stand beim Bier!“

„Dann feiert noch schön, bis übermorgen.“

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„Ich vermisse dich“, flüsterte Jonas. Ich vermisse dei-nen Körper, dachte er.

Ohne Evas Antwort abzuwarten, legte er auf.

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4. Neuer Einsatz / 06. März 2013 / 07:37

Gemächlich, und seit Tagen nur noch auf drei Zylin-dern laufend, bog der silberne Honda Concerto vomGrenzweg in die Mozartstraße ein. Die Sonne ließ sichZeit, erhob sich schließlich strahlenlos und ohne Glanzund ersetzte nach und nach die Straßenbeleuchtungder Kreisstadt. Bisher war es ein milder Winter gewe-sen, der Gütersloh vor Schnee bewahrt hatte, alles inallem so ganz nach Sarahs Geschmack. In einem Zu-stand zwischen Wachen und Schlafen parkte die brü-nette Frau entlang der Straße, beendete die MP3-Wie-dergabe ihres Autoradios und stieg aus. Eine Zeit langmusterte sie das gegenüberliegende Mehrfamilien-haus, dann lief sie auf den zweiten Aufgang zu.

Nächste Woche würde Sarah zweiunddreißig Jahrealt werden, und noch war ihr unklar, wie sie auf diesenspeziellen Tag reagieren sollte. Seit einiger Zeit ver-spürte sie ein unbekanntes, befremdliches Unwohl-sein, vielleicht, weil viele ihrer Freundinnen bereitsschwanger waren, einige sogar mit einem zweitenoder dritten Kind. Sarah dagegen hatte nicht einmalden passenden Mann. Nach ihrem Umzug von Ems-detten nach Gütersloh hatte sie etliche Freunde gefun-den, sowohl im Kollegenkreis, als auch in der Nach-barschaft. Nur der rechte Partner war nicht in ihrLeben getreten.

Als sie die Briefkästen erreichte, verwischte Sarahihre privaten Gedanken, wie die braunfarbene Haar-strähne, die sie hinter das Ohr klemmte, und über-prüfte die Namensschildchen. Sie klingelte. Viermal.Ahmet Yilmaz reagierte nicht. Der Versuch, mittels

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Handy Kontakt aufzunehmen, verendete auf derMailbox. Unerwartet öffnete sich die Haustür, undeine ältere Dame trat, skeptisch das Wetter prüfend,ins Freie.

„Guten Morgen“, grüßte Sarah. „Das trifft sich gut.Da können Sie mich ins Haus lassen.“

„Na, hören Sie mal. Ich kenne Sie doch gar nicht!“„Mein Name ist Sarah Berger, Kriminalpolizei

Gütersloh. Ich möchte zu Ahmet Yilmaz. Dritte Etage,ist richtig, oder?“

„Zum Ahmet?“, stutzte die Hausbewohnerin. „Wis-sen Sie, ich sage ihm laufend, er hat die Musik zu laut.Das hat er nun davon!“

Überzeugt trat sie beiseite, nach draußen zum Bür-gersteig.

„So schlimm wird’s wohl nicht werden“, scherzteSarah und verschwand im Treppenaufgang.

Die Klingel funktionierte, das zeigte ein weitererVersuch an der Wohnungstür. Doch erst nach hart- näckigem Klopfen schwang die Tür auf.

„Herr Yilmaz?“Schlaftrunkene Augen blickten Sarah entgegen.„Gegen Sie wurde die Anschuldigung erhoben,

durch zu laute Musik rücksichtslos auf die GefühleIhrer Nachbarn einzuwirken.“

„Ach Scheiße!“, fluchte der kleine Mann und öffnetedie Tür vollends. „Ist dir die alte Meyner im Treppen-haus über den Weg gelaufen?“

„Sie hat mir unten aufgemacht.“„Okay.“ Yilmaz rieb über seine dunklen Haare, ver-

suchte wach zu werden.„Komm rein, Sarah. Und schließ die Tür.“„Was ist mit deinem Gesicht passiert?!“ Ungläubig

musterte Sarah Ahmets unübersehbare Verletzungen

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an Lippe und Wange. Ahmet wandte sich ab und liefden Flur entlang. „Humpelst du?“

„Aische hat sich letztes Wochenende von mir ge-trennt. Ehrlich gesagt, ich fühle mich nicht so beson-ders.“ Ahmet verschwand im Bad und überließ Sarahsich selbst. Als er kurz darauf in das Wohnzimmer trat,trafen ihn fragende Blicke.

„Was ist?“, fluchte er genervt.„Aische? Die Spuren in deinem Gesicht? Bestimmt

nicht!“„Habe ich das behauptet?“, antwortete Ahmet, wäh-

rend er ein frisches T-Shirt überstreifte, die Jeans wech-selte und Strümpfe und Schuhe zusammentrug.

„Aische, das war Sonntag. Mein Gesicht, das wargestern.“

Da Sarah sich keinen Reim auf die Worte ihres Part-ners machen konnte, fragte sie nach.

„Was ist passiert?“„Die Kurzfassung?“Sarah nickte.„Bengalisches Feuer, Fußballfan in Flammen, Rocker

auf der Flucht.“„Und du mitten drin ... Richtig?“Ahmet überlegte, bevor er antwortete.„Das Ganze ist ausgeartet. Ich fürchte, ich bin der-

zeit etwas unausgeglichen.“„Ich weiß, was du meinst“, stimmte Sarah zu, zu-

gleich dachte sie an die ein oder andere Freundin, obnun verheiratet oder schwanger, und seufzte in sichhinein.

Ahmet verschwand zur Küche und kehrte mit einerLaugenbrezel in der Hand zurück.

„Mein Frühstück! Willst du auch?“Sarah schüttelte den Kopf.

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„Ich gehe davon aus, wir haben einen neuen Fall?“Ahmet prüfte die Zeit an seinem Handy. „Es ist kurzvor acht und man wird nicht jeden Tag von seiner hüb-schen Kollegin abgeholt.“

„Lass den Scheiß, du Schwätzer! Wenn du fertigbist, bringe ich dich auf den aktuellen Stand.“

„Schieß los!“„Wir haben eine tote Frau, Mitte zwanzig. Vermut-

licher Todeszeitpunkt: gestern Abend. Kennst du denReinigungsdienst Kroschewski?“

Ahmet überlegte. „Hinterm Franz-Birkhan-Ring?“„Genau genommen Gneisenaustraße. Wahrschein-

lich ist die Frau selbst dorthin gefahren, ihr Rollerparkte an der Hauptstraße. Seltsamerweise trug sie un-term Mantel eine Schlafanzughose. Ackermann sagt,es ist unser Fall und wir sollen sofort rüberfahren. Des-halb bin ich hier.“

Deshalb bist du hier, wiederholte Ahmet in Gedankenund suchte sein Schlüsselbund. Er griff zur Jacke, fanddort auch die Schlüssel und öffnete die Wohnungstür.„Dann lass uns starten.“

„17:00 Uhr, länger arbeiten wir eigentlich nie.“Herr Kroschewski, ein Mann Ende fünfzig, mit

grauem Haarkranz und schelmischem Grinsen, wirktenett und hilfsbereit. Er war bereits von einer Streifevernommen worden, doch es machte ihm nichts aus,das Wenige, das er wusste, erneut zu erzählen.

„Was bedeutet ,eigentlich‘? Wie lange haben Sie ges-tern Abend gearbeitet?”, hakte Ahmet nach.

„Drei Mitarbeiter benutzen die Reinigungsfahr-zeuge, Vronie macht die Abrechnungen und ich binverantwortlich für die Kundenakquise. Macht genaufünf Mitarbeiter, wir sind halt ein kleiner Betrieb. Ges-

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tern Abend war ich der Letzte. Habe abgeschlossen um..., warten Sie.“

Herr Kroschewski griff zu seinem Mobiltelefon undprüfte die eingegangenen Anrufe.

„Es war um drei Minuten nach fünf. Ich hatte geradeden Hauptschlüssel eingesteckt, da klingelte meineFrau durch.“

Er zeigte das Handy zuerst Ahmet, anschließend derKollegin.

Nachdenklich betrachtete Sarah den Notizzettel,den einer der Streifenpolizisten ihr bei der Ankunftübergeben hatte.

„Niemand von Ihnen kannte Frau Victoria Lirot?“„So haben wir es zu Protokoll gegeben“, bestätigte

Herr Kroschewski.„Kennen und gesehen haben sind ja bekanntlich zwei-

erlei“, griff Ahmet ein. „War Frau Lirot möglicher-weise eine Kundin? Vielleicht ist sie Ihnen oder denanderen in den letzten Tagen hier in der Nähe derFirma aufgefallen?“

„Würde ich ausschließen. Zumindest kann ich michnicht erinnern.“

„Wir benötigen eine vollständige Kundenliste, zu-sätzlich eine Aufstellung aller Reinigungseinsätze derletzten vier Wochen.“ Sarah zerrte eine Visitenkarteaus der Manteltasche hervor und reichte diese HerrnKroschewski. „Sollten Sie oder Ihre Kollegen sich anReibereien mit Kunden erinnern oder Ihnen fällt nochetwas Neues ein, lassen Sie es uns wissen.“

„Werden eigentlich die Wagen untereinander ge-tauscht?“, bohrte Ahmet nach. „Oder nutzt jeder Mit-arbeiter einen fest zugewiesenen?“

„Jeder hält sein eigenes Fahrzeug in Schuss. So weißich, wer für welche Schäden verantwortlich ist.“

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Kroschewski wies in Richtung seines Büros. „Soll ichdie entsprechenden Akten raussuchen lassen?“

„Gerne“, bestätigte Sarah. „Wir sehen uns in derZwischenzeit auf dem Grundstück um.“

Kroschewski verschwand und Stefan Wagner, Kol-lege der Spurensicherung, tauchte auf.

„Hallo Leute! Ist eine üble Sache. Der Hammer gingdirekt durch bis ins Gehirn. Lirot war auf der Stelletot.“

„Hammer?“„Ein Schlosserhammer, das wohl in Deutschland am

weitesten verbreitete Modell. Quadratische Bahn mitabgerundeter Pinne quer zum Stiel. Das Kopfgewichtschätze ich auf vierhundert Gramm. Ein Schlag hatvollends ausgereicht.“

„Abgerundete Pinne?“, lachte Ahmet auf. „Hast dudas auf deiner Uni gelernt?“

Stefan war vorbereitet und konterte: „Wusstest dueigentlich, dass die Türken im Jahre 1060 erstmals denSchafsdarm als Kondom benutzten?“

Ahmet lächelte.Stefan fuhr fort: „Und 1872 revolutionierten es die

Engländer, indem sie den Darm vorher aus dem Schafentnahmen.“

Sarah lachte erheitert auf und grinste Ahmet spitz-bübisch an. Dessen auf Stefan gerichteter Blick sprachBände.

„Ach, fick dich!“, fluchte er. „Ich überprüfe die Lieferwagen. Versuch du, Sarah mit deinem Hammerzu beeindrucken.“

Mürrisch stampfte er davon.„Ist nicht seine Woche“, prognostizierte Sarah. „Was

habt ihr ansonsten gefunden? DNA-Spuren, Fingerab-drücke, gibt es eine Überwachungskamera?“

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Gelassen winkte Stefan ab und überspielte denWortwechsel mit Ahmet.

„Wir konnten bisher nur das Fahrzeug untersuchen,hinter dem Victoria Lirot tot aufgefunden wurde. VomFahrer Sven Körner habe ich bereits Abdrücke ge-nommen. Im Innenraum gibt es unzählige Spuren.Doch ich bin nicht sicher, ob uns das weiterhilft.Schließlich ist der Transporter ein alltägliches Arbeits-mittel. Zumindest konnte ich zwei Haare sicherstellen,die gehen gleich ins Labor. Videoüberwachung, hier?“Stefan zeigte über das Grundstück. „Glaube ich nicht,musst du aber noch selbst überprüfen.“

Sarah und Stefan hatten sich eine Zeit lang unter-halten, da kehrte Ahmet zurück. Die Finger der rech-ten Hand hatte er schützend in einem leeren Tütcheneiner Packung Taschentücher vergraben, zwischen sei-nen Fingerspitzen klemmte ein länglicher Zettel.

„Was hast du entdeckt?“, interessierte sich Sarah so-fort. „Einen Kassenbon?“

„Datiert auf gestern Abend, 19:03 Uhr. Von meinemLieblingsbaumarkt im Westen Güterslohs.“

„Also hat Kroschewski gelogen!“„Oder, er weiß nicht alles, was auf seinem Grund-

stück passiert.“Der Kriminaltechniker öffnete einen leeren Klar-

sichtbeutel, um das Beweisstück zu sichern, fischtenach dem Kassenbon und verschloss den Zippver-schluss.

„Auf jeden Fall solltet ihr mit Sven Körner reden,dem Fahrer des Wagens“, schlug Stefan vor. „Viel-leicht hat er später noch einen Ausflug gestartet.“

„Ich hole ihn her, bin gleich wieder da“, mit diesenWorten ließ Ahmet die beiden Kollegen stehen undverschwand ein zweites Mal.

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Das Büro von Herrn Kroschewski roch nach Ziga-rettenrauch und Reinigungsmitteln, die zuhauf ent-lang einer Wand aufgetürmt standen. Der Teppichbesaß Stellen, die so abgetreten waren, dass der gum-mierte Boden sichtbar wurde. Sein Schreibtisch warüberfrachtet mit Dokumenten. Offensichtlich fehltenLust oder Zeit, in den eigenen Räumen die vorhande-nen Reinigungskenntnisse anzuwenden. Trotz alle-dem waren Sarah und Ahmet froh, diesen Raum nut-zen zu dürfen, um Sven Körner ungestört zu verhören.

„Sieht jetzt gerade nicht so gut aus für Sie!“Körner reagierte befangen auf die Aussage von

Kommissar Yilmaz und rutschte unruhig über die Sitz-fläche des Stuhls. Sein Gesicht wirkte unscheinbar. Ge-prägt von einer etwas zu großen Nase, waren die hel-len Augen und der Mund so durchschnittlicher Stan-dard, dass das Gesicht wenig zu bieten hatte, waseinem im Gedächtnis haften bleiben sollte. Das ihm eigene, dunkelblonde Haar war kurz geschnitten undsah aus, als würde er selbst daran Hand anlegen. Be-kleidet mit einem grauen Arbeitsanzug seiner Firma,ließ er ein Bein nervös über den Boden zappeln.

„Gewebeklebeband, ein großes Bund Kabelbinder,ein Baumwollbeutel, ein komplettes Pannen-Werk-zeugset, ein Schokoladenriegel“, las Ahmet die Artikeldes Kassenbons vor. „Ich denke, wir werden die Scho-kolade bei einer Darmspiegelung finden.“

Sarah riss überrascht über Ahmets Vorschlag dieAugenbrauen nach oben. Sven Körner verkrampftesich und brachte die Arme schützend vor seinen Bauchin Stellung.

„Kasse 2, steht hier. Ob die Kassiererin sich an Sieerinnern wird?“

Verhalten schüttelte der Befragte den Kopf.

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„Ist Ihnen klar, was da draußen passiert ist?“, fragteSarah mit ruhiger Stimme. „Wir haben eine tote Frau aufdem Grundstück Ihrer Firma gefunden. Direkt hinterIhrem Transporter. Dessen Heckklappe stand offen, dasMordwerkzeug stammt aus Ihrem Werkzeugkasten.“

Betroffen blickte Körner auf.„Und dann dieser Kassenbon, den wir vorne zwi-

schen den Sitzen gefunden haben“, fügte Ahmethinzu.

„Liefern Sie uns eine bessere Geschichte, wenn Siekönnen.“ Sarah lehnte sich an Kroschewskis Schreib-tisch, überkreuzte die Beine und wartete auf eine Ant-wort.

„Ich ...“, stotterte Körner. „Ich ... habe mir heimlichetwas dazuverdient.“ Schnappte nach Luft und fuhrfort. „Sie werden es doch nicht dem Boss erzählen?“

Gleichzeitig griff er zu seinem Portemonnaie, öffnetedas Scheinfach und beförderte zwei Hunderteuro-scheine hervor.

„Das habe ich gestern Abend verdient.“Weder Sarah noch Ahmet reagierten.„Da war ein Mann. Er erklärte mir, dass er spät in

der Nacht einen Schrank zu transportieren habe“,führte Körner angespannt aus. „Ich bekam das Geldund legte, nach Feierabend, den Autoschlüssel auf daslinke Vorderrad. Heute Morgen stand der Transporterwieder an seinem Platz, dahinter, in einer Lache ausBlut, die tote Frau. Es war schrecklich, sie dort so lie-gen zu sehen! Bevor ich den Fund melden konnte,suchte ich den Schlüssel. Er war vom Rad abgerutschtund lag unter dem Fahrzeug.“

„Geben Sie uns einen Namen ...“, forderte Sarah teil-nahmslos, „... und überlassen Sie meinem Kollegen dieScheine.“

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