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Dr. med. Hans-Michael Schäfer „Herr Doktor – ich habe die Grippe!“ Beratungsanlass: Beschwerden an Kopf und Hals

„Herr Doktor – ich habe die Grippe!“ · Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main Dokumentation „SOAP“ S = Subjektive

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Dr. med. Hans-Michael Schäfer

„Herr Doktor – ich habe die Grippe!“

Beratungsanlass:

Beschwerden an Kopf und Hals

Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Lerninhalte

I. Falldokumentation in der Allgemeinmedizin

II. Häufige Beratungsanlässe kennen

1. Kopfhaut und Haare

2. Kopfschmerzen

3. Augenerkrankungen

4. Erkrankungen der Ohren, LL „Ohrenschmerz“

5. Schwindel

6. Infektionen im HNO-Bereich, LL „Rhinosinusitis“

7. Angina, LL „Halsschmerzen“

Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Dokumentation „SOAP“

S = Subjektive Beschwerden (Patientensicht)

O = Objektiver Befund (Ergebnis der Untersuchung)

A = Assessment (Zusammenfassende Darstellung)

P = Procedere (Planung des weiteren Vorgehens)

Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Fallbeispiel 1

S: Herr B. (53), Verwaltungsangestellter, klagt seit mehreren Stunden über Kopfschmerzen, Halsweh und Fieber.

O: Red. AZ, guter EZ, Rachen gerötet, Tonsillen hypertroph, gerötet, keine Beläge, kein Menigismus, keine zervikalen Lymphknotenschwellungen, Temp. axillär 38,8°C

A: fieberhafter Infekt der oberen Atemwege, Angina

P: Abwartendes Offenhalten? Symptomatische Behandlung? (Lutschtabletten, Schmerzmittel, Fiebersenkung, Bettruhe,) - Antibiotikum? Breitspektrum?

Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

1. Kopfhaut und Haare

Diffuses Effluvium

Effluvium vom

maskulinen Typ

Alopecia areata

Kopfhautekzem

Kopfhautatherom

„Man darf die Haare beglückwünschen, dass sie

diesen Kopf verlassen durften.“

Karl Dall

Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Fallbeispiel 2

S: Frau S., 27 Jahre alt,

seit 3 Monaten zunehmend

Kopfschmerzen, Müdigkeit

und Haarausfall

O: blass, guter AZ und EZ, RR

120/70-72 r.m., brüchige Nägel,

NAP und HWS frei

A: junge Frau mit Kopfschmerzen

P: ???

Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

2. Kopfschmerzen

Orthopädische Ursache

Neurologische Ursache

Internistische Ursache

Psychosomatische Ursache

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2.1 Kopfschmerzen

Orthopädisch:

Zervikozephalsyndrom

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2.2 Kopfschmerzen

Neurologisch:

Migräne

Cluster-Kopfschmerz

Trigeminusneuralgie

(Hirntumor)

(…)

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2.2.1 Kopfschmerzen

Migräne

Aura (Flimmerskotome) 15-60 min vor Anfall

Übelkeit, Brechreiz, vegetative Begleitreaktion

Meist unilateral, fronto-temporal

Klopfend, pochend

6 – 72 Stunden Dauer „Status migraenicus“

Prävalenz: Frauen 12-14%, Männer 6-8%

Familiäre Häufung (60-70%)

Therapie: leichtere Formen: 1. MCP!

2. ASS, Ibuprofen, PCM,

3. Triptane ...

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2.2.2 Kopfschmerzen

Cluster-Kopfschmerz („Bing-Horton“)

primäre Kopfschmerzerkrankung

schwerster, streng einseitig auftretender

Kopfschmerz

anfallsartig mit bis zu 8 Attacken pro Tag/Nacht

Dauer von jeweils 30 Minuten bis zu 3 Stunden

Schmerzen wie „glühender Nagel“, durch das

Auge in den Kopf getrieben, bohrend

episodische und chronische Form

Akuttherapie: Sauerstoff, Triptane, Ergotamin (?!)

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2.2.3 Kopfschmerzen

Trigeminusneuralgie

Focus ???

Therapie

Medikamentös

TENS

Elektro-Ablation

Chirurgisch

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2.3 Kopfschmerzen

Internistisch:

art. Hypertonie, Hypotonie

Eisenmangel

Intoxikationen

Nebenwirkung von

Medikamenten

(Nitrate, Ca-Antagonisten …)

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2.4 sonstige Ursachen von Kopfschmerzen

Augen:

Hyperopie

HNO:

Sinusitis

Psychosomatisch:

Spannungskopfschmerz

Leitfrage ???

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Fallbeispiel 2

S: Frau S., 27 Jahre alt, seit 3 Monaten zunehmend Kopfschmerzen, Müdigkeit und Haarausfall, Hypermenorrhoe

O: blass, guter AZ und EZ, RR 120/70-72 r.m., brüchige Nägel, NAP und HWS frei

A: junge Frau mit Kopfschmerzen

V.a. Eisenmangel

P: Gynäkologische Untersuchung, BB, Ferritin i.S.

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3. Augenerkrankungen

Hyperopie

Myopie

Glaukom

Cataract

Ablatio retinae, (diabet.)

Retinopathie

Konjunktivitis

Blepharitis

Hordeolum

Allergische

Blepharokonjunktivitis

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Fallbeispiel 3:

S: Frau, 72 Jahre alt, bestellt einen Hausbesuch wegen

starkem Schwindel. Sie könne nicht aus dem Bett

aufstehen.

O: Bettlägerige Patientin, guter AZ und EZ, mehrfaches

Erbrechen, starke Schwindelempfindung beim

Umdrehen im Bett

A: ???

P: ???

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4. Schwindel

Peripherer Schwindel

(vestibulär)

Zentraler Schwindel (z.B.

cerebellär)

Psychogener Schwindel

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4.1 Zentraler Schwindel

Beispiele für Ursachen

cerebellär (ataktisch...)

cerebrovaskulär

vertebrobasilär usw.

Diagnostik

Seiltänzergang

Einbeinstand

Unterberger/Romberg

Blindgang

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4.2 Peripherer Schwindel

Beispiele für Ursachen

Benigner paroxysmaler

Lagerungsschwindel

M. Menière (Trias: …Hypacusis, Tinnitus,

Schwindel)

Acusticusneurinom

Neuropathie des N. vestibulocochlearis

Diagnostik

Lagerungsmanöver

Frenzelbrille

Thermische Prüfung

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4.2 Peripherer Schwindel

Therapie:

Lagerungsmanöver/Lagerungsübungen „Epley-Manöver“

Dimenhydrinat

Betahistin

Sulpirid

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4.3 M. Menière „Menière‘ sche Trias

Kombination:

Drehschwindel

Akute Innenohrschwerhörigkeit

Tinnitus

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Fallbeispiel 3:

S: Frau, 72 Jahre alt, bestellt einen Hausbesuch wegen

starkem Schwindel. Sie könne nicht aus dem Bett

aufstehen.

O: Bettlägerige Patientin, guter AZ und EZ, mehrfaches

Erbrechen, starke Schwindelempfindung beim

Umdrehen im Bett

A: Lagerungsabhängiger Schwindel

P: Dimenhydrinat 150 mg Supp., 62 mg i.v., Epley-

Manöver

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Fallbeispiel 4

S: Schülerin (17), seit dem Vorabend Ohrenschmerzen

und Hörverlust auf dem rechten Ohr, kein Fieber

O: Rachen gerötet, re Trommelfell massiv gerötet,

Ergussbildung, kein Tragus-Druckschmerz, Weber re

lateralisiert, Rinne re negativ

A: ???

P: ???

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5. Erkrankungen der Ohren

(aktinische) Dyskeratosen der Ohrmuscheln

Otitis media

Otitis externa

Gehörgangsekzem

Tinnitus

Hörsturz

M. Menière

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5.1 Dyskeratosen der Ohrmuscheln

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5.2 Otitis media

Ohrenschmerz

Hypacusis

Befund Trommelfell

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5.2.1 DEGAM-Leitlinie „Ohrenschmerz“

- Entwicklung von Leitlinien …

- „A“ beruht auf mehreren randomisierten, kontrollierten

Studien oder Metaanalysen

- „B“ basiert auf sonstigen methodischen Studien

- „C“ basiert auf mehreren internationalen Leitlinien oder

Expertenkonsensus „OBSAT“

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5.2.1 DEGAM-Leitlinie „Ohrenschmerz – Akute Otitis

media“

Abwendbar gefährlicher Verlauf

- seltene Komplikationen: Mastoiditis, Mastoidabszess,

Meningitis, Innenohrbeteiligung (Labyrinthitis),

Fazialisparese

- sehr seltene Komplikationen: intrakranieller Abszess,

Empyem, Sinusvenenthrombose

- Länger anhaltende Hörminderung verzögert

Sprachentwicklung

- Antibiotika-Gabe verhindert Komplikationen nicht „B“

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5.2.1 DEGAM-Leitlinie „Ohrenschmerz“

Diagnose einer akuten Otitis media

- Plötzlich einsetzende, heftige Ohrschmerzen

- Infektion der oberen Atemwege, Fieber, Reizbarkeit,

Hinfassen zum Ohr

- Trommelfellentzündung, -perforation, Erguss

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5.2.1 DEGAM-Leitlinie „Ohrenschmerz“

Therapie einer AOM

- 80% der AOM heilen spontan ohne Antibiotika ab!

- Analgesie mit Ibuprofen „A“

- Keine sofortige antibiot. Therapie, Abwarten 24-48h

gerechtfertigt „A“

(Aufklärung der Eltern, Beobachtung des Kindes,

Stand-by Antibiose: Rp. aushändigen)

- Bei hohem Fieber/Erbrechen sofortige Antibiose

erwägen

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5.2.1 DEGAM-Leitlinie „Ohrenschmerz“

Therapie einer AOM

wenn keine Besserung oder Verschlechterung in 48h:

- Amoxicillin (Erwachsene: 3x500 mg/d) 5 Tage lang

- oder Makrolid (z.B. Azithromycin 250-500 mg) 3 Tage

- Mittel der Reserve: Cefuroxim 2x500 mg 5 Tage lang

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Fallbeispiel 4

S: Schülerin (17), seit dem Vorabend Ohrenschmerzen

und Hörverlust auf dem rechten Ohr, kein Fieber

O: Rachen gerötet, re Trommelfell massiv gerötet,

Ergussbildung, kein Tragus-Druckschmerz, Weber re

lateralisiert, Rinne re negativ

A: Akute Otitis media rechts

P: Ibuprofen 600-800 mg 3xtgl.

Standby Antibiose?

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5.3 Otitis externa

Ohrschmerz

Tragus-Druckschmerz

meist keine

Hörbeeinträchtigung

Ohrmuschelphlegmone

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5.4 Gehörgangsekzem

„Jucken im Ohr“

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5.5 Tinnitus aurium

Ohrgeräusch

Akut, chronisch

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5.6 Hörsturz

Akuter Hörverlust einseitig

Evtl. verbunden mit Tinnitus

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Fallbeispiel 5

S: Studentin (23), seit Tagen erkältet, seit gestern auch

Kopfschmerzen, Geruchs- und Geschmacksverlust,

eitriger Schnupfen, kein Fieber

O: guter AZ, Rachen gerötet, Schleimeiterstraße an der

Rachenhinterwand, behinderte Nasenatmung, DS und

KS der Kieferhöhlen, Temp. ax. 36,8°C

A: ???

P: ???

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6. Rhinosinusitis ... Leitlinie der DEGAM

Definition und Ursachen

Klinische Einteilung

Diagnosestellung

Gefährliche Verläufe

Therapie

Empfehlungen zur rationalen

Vorgehensweise

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Definition und Ursachen

meist viraler Atemwegsinfekt als Auslöser

Sekretstau in Nasen – und Nebenhöhlen

Unterteilung in:

Akute Rhinosinusitis

Akut rezidivierende Rhinosinusitis

Chronische Rhinosinusitis

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Klinische Einteilung beim Erwachsenen

Akute RS: Symptome < 8 Wochen, nur in 30% im

unselektierten hausärztlichen Krankengut bakterieller

Erregernachweis

90% Kieferhöhle, 76% Siebbeinzellen, 40% Frontal - /

27% Sphenoidalsinus

Akut rezidivierende RS: > 4 Episoden/Jahr, jeweils

vollständige Rückbildung der Symptomatik

Chronische Rhinosinusitis (CRS): > 8 Wochen oder

> 4 Episoden/Jahr + Restsymptomatik

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Diagnosestellung - Symptome

Mindestens 2 Hauptsymptome:

- Gesichtsschmerz, Stauungsgefühl im Gesicht,

Verstopfung der Nase, eitriger Schnupfen, gestörter

Geruchssinn

- oder:

1 Hauptsymptom plus 2 Nebensymptome:

- Kopf- oder Ohrenschmerzen, Fieber, Foetor,

Erschöpfung, Zahnschmerzen, Husten

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Diagnosestellung - Befund

Eitriger Schnupfen

Verlegte Nasenatmung

Einseitiger Druck – und Klopfschmerz der Maxillen und

Stirn

Schleim-Eiterstrasse an der Rachenhinterwand

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Gefährliche Verläufe

Selten!

Bei Erwachsenen 1 : 10 000 in der Allgemeinpraxis

Intracerebrale Abszesse, Meningitis, Orbitaphlegmone,

Osteomyelitis, Sinusvenenthrombose

Warnzeichen: starke Schmerzen, anhaltendes Fieber,

Gesichtsschwellungen, Lethargie, neurologische

Symptome

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Therapie – akute RS

Dampfinhalation (42-47°C) „B“

Cineol bzw. Gentianaextrakte „B“

Corticoid-Nasenspray (bei V.a.

Allergie) „A-B“

Lokale Antikongestiva, niedrig und

selten dosiert, möglichst ohne

Benzalkoniumchlorid „B“

Schmerzmittel „C“

Akupunktur „B“

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Therapie akute RS

Antibiotika 5-10 Tage nur bei:

drohenden Komplikationen (starke Kopfschmerzen,

Lethargie, Schwellungen)

starken/sehr starken Schmerzen plus serologischen

Entzündungszeichen (CRP>10 mg/l, BSG > 10 mm/h

bei Männern, > 20 mm/h bei Frauen)

Moraxella, Pneumokokken, Häm. influencae im

Abstrich

Sekretnachweis im CT, ggf. postnasal drip + starken

Schmerzen

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Therapie akute RS

Antibiotika der 1. Wahl:

Amoxicillin 3 x 500 mg, Azithromycin 500 mg/d für 3

Tage, Cefuroxim 2 x 250 mg/d

Antibiotika der 2. Wahl:

Makrolide oder Amoxicillin + Clavulansäure oder

Doxycyclin oder Cotrim

andere Antibiotika nach Resistogramm

bei chron. Sinusitis: Versuch mehrere Wochen

Roxithromycin, Cefuroxim oder Amoxiclav

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Empfehlungen zur rationalen Vorgehensweise

klin. Verdacht akute/ akut rez. RS:

Cineol/Myrtol/Gentianaextrakte/Dampfinhalationen

abschwellendes Nasenspray, Schmerzmittel

bei drohenden Komplikationen oder starke Schmerzen

plus erhöhte Entzündungsfaktoren oder

Abstrich/CT/Röntgen „positiv“: zusätzlich Antibiose

keine Besserung: ggf. Wechsel des Antibiotikums

Allergie oder Hinweise auf chron. oder chron. rez. RS:

zusätzlich Cortison-Nasenspray 2x tgl.

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Empfehlungen zur rationalen Vorgehensweise

Komplikationen/ >4 Rezidiven

pro Jahr/ chron. RS,

Therapieresistenz:

erweiterte fachärztliche

Diagnostik (Endoskopie, CT,

Allergietestung)

und ggf. OP/ Einweisung

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Fallbeispiel 5

S: Studentin (23), seit Tagen erkältet, seit gestern auch

Kopfschmerzen, Geruchs- und Geschmacksverlust,

eitriger Schnupfen, kein Fieber

O: guter AZ, Rachen gerötet, Schleimeiterstrasse an der

Rachenhinterwand, behinderte Nasenatmung, DS und

KS der Kieferhöhlen, Temp. ax. 36,8°C

A: Akute Rhinosinusitis

P: Ibuprofen 600-800 mg 3xtgl., Abschwellendes NS,

Cineol

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..und weiter durch das HNO-Fachgebiet!

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Fallbeispiel 6

S: Herr B. (53), Verwaltungsangestellter, klagt seit

mehreren Stunden über Kopfschmerzen, Halsweh

und Fieber.

O: Red. AZ, guter EZ, Rachen gerötet, Tonsillen

hypertroph, gerötet, keine Beläge, kein

Menigismus, kein Husten, keine zervikalen

Lymphknotenschwellungen, Temp. axillär

38,8°C

A: ???

P: ???

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7. Angina/Halsschmerzen/Pharyngitis

DEGAM-Leitlinie „Halsschmerzen“

Erreger:

ca. 20% Rhinoviren

mehr als 5% Coronaviren

ca. 5% Adenoviren

ca. 1% Epstein-Barr-Virus

ca. 15-30% ß-hämolysierende Streptokokken der

Gruppe A (GAS)

5-10% ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppen

C und G

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7. Angina/Halsschmerzen/Pharyngitis

Hausärztliche Diagnostik:

Virale und bakterielle Pharyngitiden sind nicht sicher

unterscheidbar

Scores (Centor Score) ermöglichen ein Abschätzen

der Wahrscheinlichkeit einer GAS-Pharyngitis „A“

GAS-Nachweis im Rachenabstrich: keine sichere

Unterscheidung zwischen Erreger- und Trägerstatus

Schnelltests auf GAS-Antigen im Rachenabstrich

gegenüber Kultur: Spezifität ca. 95%, Sensitivität 70-

90% „A“

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7. Angina/Halsschmerzen/Pharyngitis

Centor Score zur Einschätzung GAS:

Fieber in der Anamnese

Fehlen von Husten

Geschwollene vordere Halslymphknoten

Tonsillenexsudate

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7. Angina/Halsschmerzen/Pharyngitis

Centor Score zur Einschätzung GAS:

Kriterien Zahl der

Kriterien

Wahrscheinlichkeit

GAS im

Rachenabstrich

Fieber in der Anamnese 4 ca. 50-60%

Fehlen von Husten 3 ca. 30-35 %

Geschwollene vordere

Halslymphknoten

2 ca. 15%

Tonsillenexsudate 1 ca. 6-7%

0 ca. 2,5%

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Fieber Körperkerntemperaturen und Fieber

Spezies Basaltemperatur / °C Temperatur bei Fieber / °C

Mensch 36,0–37,4 38–41

Pferd 37,5–38,2 38,3–39,3

Hund 38,1–39,2 39,3–42,2

Katze 38,0–39,0 39,4–40,9

Schwein 39,3–39,9 40,5–41,1

Ratte 37,9–38,2 38,6–39,4

Maus 36,5–37,2 37,8–39,3

Taube 39,7–40,7 41,0–41,5

Eidechse 34,0–37,0 39–42

Frosch 25–28 35–39

Goldfisch 27,9 (Mittelwert) 32,7 (Mittelwert)

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7. Angina/Halsschmerzen/Pharyngitis

Therapieentscheidung:

bei klin. Zeichen einer GAS-Pharyngitis bringen AB eine

Krankheitsverkürzung um 1-1,5 Tage „A“

bei klin. Zeichen GAS-Pharyngitis und GAS-positiver

Rachenabstrich: Krankheitsverkürzung um 1-2,5 Tage „A“

0-2 Centor Score: GAS-Pharyngitis eher unwahrscheinlich, keine

Untersuchung auf GAS, keine Antibiose „A“

3-4 Centor Score, Kontakt zu GAS-Pharyngitiden: GAS eher

wahrscheinlich, je nach klin. Befund sofort oder nur bei

Verschlechterung AB (Penicillin V 7d, Erythromycin) „A“

Allen Patienten Paracetamol oder Ibuprofen 3xtgl. 2-3d „A“

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7. Angina

Einordnung aufgrund des Untersuchungsbefundes

Angina simplex

Angina follicularis/lacunaris

Seitenstrangangina

Angina Plaut-vincenti

Angina herpetica

Scharlachangina

Mononukleose

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7.1 Angina simplex

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7.2 Angina follicularis/lacunaris

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7.3 Seitenstrangangina

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7.4 Angina Plaut-vincenti

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7.5 Angina herpetica

Abwendbar gefährlicher Verlauf ... !!!

Aphthen als Hinweis auf Agranulozytose!

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7.6 Scharlachangina

PSGN

Endokarditis

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7.7 Komplikationen der Streptokokkenangina

Peritonsillarabszess

Rheumatisches Fieber

Akute Glomerulonephritis

Endocarditis rheumatica

OP-Indikation (chronische Tonsillitis):

Häufig rez. (3-4x jährlich)

ASL-Titer > 400 IE/ml, BSG erhöht

Tonsillenhyperplasie mit mechanischer Behinderung

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7.8 Mononukleose

Hohes Fieber

Fibrinbelegte Tonsillen

Exanthem

Lymphknotenschwellung

Splenomegalie,

Leberbeteiligung

Lymphomonozytoide Zellen

im Differentialblutbild

Erreger: Eppstein-Barr Virus

Serolog. Nachweis von AK

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Fallbeispiel 6

S: Herr B. (53), Verwaltungsangestellter, klagt seit

mehreren Stunden über Kopfschmerzen, Halsweh

und Fieber, kein Husten

O: Red. AZ, guter EZ, Rachen gerötet, Tonsillen

hypertroph, gerötet, keine Beläge, kein

Menigismus, kein Husten, keine zervikalen

Lymphknotenschwellungen, Temp. axillär 38,8°C

A: fieberh. grippaler Infekt, Angina, Centor-Score = 2

P: Ibuprofen, Paracetamol 3xtgl., 2-3 Tage lang

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Beschwerden an Kopf und Hals …

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!