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Impressum

„Herr Holle“ – Ein etwas anderes WintermärchenGay RomanceISBN: 9798577667696

Autor: © Akira ArenthAutorenhomepage: www.akira-arenth.comE-Mail: [email protected] für Akira Arenth:S. Walther, Giebelweg 9, 15366 Hoppegarten

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nurmit Genehmigung des Autors! Die Geschichte ist frei erfunden.Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen wären reinzufällig und nicht beabsichtigt! Außerdem haben die Figurendieses Buches ungeschützten Sex, denn sie sind fiktiv und brau-chen sich keinen Kopf um Krankheiten oder Verhütungmachen. Im echten Leben ist das etwas anderes, also immerbrav schützen!

Coverartwork, Layout und Umschlaggestaltung:Kira Yakuza (www.the-art-of-kira.de)E-Mail: [email protected]

Lektorat: Steffi ThorstadtBeta Leser: Kathrin S., Hedwig S., John T.

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Akira Arenth

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INHALT

Kapitel 1 - Melvin 007Der Goldjunge kommt

Kapitel 2 - Memphis 077Ein Pechboy im Himmel

Kapitel 3 - Hardo 129Irren ist göttlich

Extra: Herr Holle in Versen 150von Wilhelmine Blatt

Infos & Free Books 165

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Es war einmal ein frommer Mann,ein Goldjung’, ganz charmant,

der hüpfte durch den Wald und sangerquicklich und entspannt.

Nur zarte achtzehn Jahr er warund allzeit frohen Mutes,

mit ’nem Gemüt so sonnenklarund tat nur immer Gutes.

Das Märchen, das beginnt mit ihmund seiner langen Reise,

doch ihr habt’s sicher im Urin:Bald sitzt er in der Sch****.

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Kapitel 1 - Melvin

Der Goldjunge kommt

Der Zug ruckelt unsanft, als er weiterfährt, dochkaum hat er den Bahnhof verlassen, geht dasGerüttel in ein gleichmäßiges, beinahe sanftesGeschuckel über.Seufzend schließe ich die Galerie meines Handys,nachdem ich mir zum hundertsten Mal die Fotos vonMario angesehen habe sowie die von Steve undLudwig und die von Udo ganz besonders. DerHübschi hat sich nämlich gerade erst ein Analbleaching machen lassen und uns allen das Ergebnispräsentiert.›Hach. Sechs Wochen nur noch Camchat ... ob ich dasdurchhalte?‹Auf jeden Fall werd ich sie arg vermissen, meineBlowbuddies. Aber es ist ja nicht für immer.Ich lehne mich zurück, stelle mir jedoch zuvor denWecker auf meinem Handy, um die Ankunft nichtzu verschlafen, sollte ich einnicken.Die Umgebung wird immer ländlicher. Es sind fastnur noch Felder und Bäume zu sehen, wie ich beimBlick aus dem Fenster feststellen kann. Nervös tippeich auf der winzigen Ablage in der Mitte meinerleeren Vierersitzgruppe herum, wechsle zum hun-dertsten Mal den Überschlag meiner Beine und strei-che mir dann die goldblonden Haare hinters Ohr,ehe ich erneut das Handy heraushole und den Mes-

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senger checke.›Oh Mann ... nur noch eine Station und nach wie vor keinLebenszeichen!‹Schnell stecke ich es zurück in die Jackentasche undreibe mir die schwitzigen Hände an meiner hell-blauen Jeans trocken, während ich tief durchatme.›Hoffentlich denken sie daran, dass ich heute komme.‹Gleich darauf schäme ich mich dafür, dass ich ihnenzutraue, mich vergessen zu haben.›Sie stehen sicher schon am Bahnhof! Mama hat ja nocham Mittwoch mit Papa telefoniert! Wahrscheinlich habensie einfach gerade keinen Empfang ... seit drei Tagen.‹Ich schüttle den Kopf und versuche, alle negativenGedanken loszuwerden.›Nein, nein, es wird alles ganz großartig! Sie werden mirsicher bereits zuwinken, wenn der Zug am Bahnhof ein-fährt, und sobald wir uns gegenüberstehen, umarmen wiruns und es wird sein, als wären wir niemals voneinandergetrennt gewesen!‹ Zumindest hoffe ich das.Ich bin auf dem Weg zu meinem Vater und meinemZwillingsbruder Memphis, die ich beide seit Jahrennicht mehr gesehen habe. Mama hat mir gesagt, dassmein Bruder auf Metalmusik steht, drum schwenktmein Blick immer wieder stolz auf den glitzerndenEd Hardy Totenkopfpullover, den ich für ihn als klei-nes Mitbringsel besorgt habe. Für Paps habe ich nocham Bahnhof ein hübsches Geschenkset mit Duft-cremchen und Eau de Toilette Wässerchen gekauft,das ich ihm direkt ins Gesicht drücken werde, wenn

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ich ihn sehe.Ich freue mich auf die zwei, aber ich bin auch super-nervös. Meine Eltern sind leider getrennte Wegegegangen, als meine Großeltern väterlicherseits ver-starben und ihrem Sohn ihr Haus samt Grundstückauf dem Land vererbten. Er packte sofort seineSachen und zog ohne Diskussion dorthin, dochmeine Mutter wollte in unserer Stadtwohnung blei-ben. Genau wie ich liebt sie den Trubel und dievielen Menschen um sich herum und konnte sichnicht vorstellen, ihre Zukunft in einer solchen Einödezu verbringen, wie sie es nannte. Mein Vater hin-gegen war schon immer eher ein Eigenbrötler undnach der Scheidung bekam er über das Gericht auchmeinen Bruder zugesprochen, der in unserer dama-ligen Schule eh große Probleme hatte, Anschluss zufinden.Als Mama einen neuen Mann kennenlernte, brachmein Vater einfach den Kontakt zu uns ab. Siekämpfte lange, um Memphis wieder zu uns zuholen, doch letztendlich entschied das Gericht, er seibei ihrem Exmann besser aufgehoben, da ihr Ein-kommen nicht für zwei Kinder ausreichte. Zwarerhielt sie ein Umgangsrecht, doch für regelmäßigeFahrten in den fast sechshundert Kilometer entfern-ten Ort fehlte ihr einfach das Geld.Nun aber hatte sie entschieden, dass ich dieses Jahr,kurz nach meinem achtzehnten Geburtstag, erstmalsreif genug dafür bin, in den letzten Ferien vor Stu-dienbeginn zu den beiden zu fahren. Als mein Vaterdem zustimmte, war ich überglücklich, die zwei

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nach so vielen Jahren wiederzusehen, und nun hoffeich natürlich, dass er mich so akzeptiert, wie ichgeworden bin.›Heute werde ich endlich erfahren, ob Memphis hetero istoder ob er ebenfalls auf Jungs steht.‹Über die Antwort rätsle ich schon, seit ich mich inder Grundschule in meinen charismatischen Klassen-lehrer verliebt habe. Erst war ich mir ziemlich sicher,dass es so ist, denn ich erinnere mich daran, dass wirbeide lieber mit Puppen als mit Autos gespielthaben, und das schönste Spielzeug, mit dem wir unsstundenlang beschäftigen konnten, war MamasSchminkkasten. Doch seit ich im Fernsehen eineDokumentation über eineiige Zwillinge und ihrepartnerbezogenen Vorlieben gesehen habe, bin ichmir nicht mehr so sicher. Der Inhalt der Studie glichein wenig der ewigen Frage nach dem, was zuerst dawar: die Henne oder das Ei? Sind es die Gene, dieunsere sexuelle Orientierung bestimmen? Sind esHormone oder all die persönlichen Erlebnisse, diesich im Hirn einbrennen?1

Im Endeffekt hoffe ich einfach, dass sie mich nichtverurteilen. Selbst wenn ich es wollte, kann ich bei-leibe nicht verstecken, dass ich schwul bin, denn1 Am Ende kam die Studie zu dem Ergebnis, dass die Genegerade mal zu achtzehn bis neununddreißig Prozent Einflussdarauf nehmen, wen wir später lieben. Damit ist die geneti-sche Prägung zwar immer noch größer als die von Familieund gesellschaftlichem Umfeld, mit null bis siebzehn Pro-zent, aber deutlich geringer als die unserer individuellenErfahrung, mit bis zu sechsundsechzig Prozent.

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man sieht es mir auf hundert Kilometer Entfernungan.Plötzlich erklingt das Glockenspiel zu einer Durch-sage und eine monotone Frauenstimme reißt michaus meinen Gedanken.»Nächster Halt: Kottenheim. Bitte in Fahrtrichtungrechts aussteigen.«Schnell springe ich auf, nehme meinen großen Roll-koffer und schultere meinen Rucksack. Dann laufeich zu einer der Türen und wundere mich, dass ichder Einzige zu sein scheine, der hier aussteigenmöchte. Zumindest in diesem Abteil.›Gleich ist es soweit! Gleich werde ich Papa und Memphiswiedersehen!‹, denke ich und hibbele von einem Fußauf den anderen.Die Bremsen quietschen laut, der Zug verlangsamtseine Fahrt und schließlich hält er mit einem Ruckan. Ich haue schwungvoll auf den leuchtenden Tür-öffner, damit dieser seine Bestimmung erfüllt, undschreite dann auf die kleine, überdachte Plattformdes winzigen Bahnhofs.Niemand da.›Wow. Ich bin wirklich der Einzige, der hier aussteigt.‹Das schrille Pfeifen des Schaffners ertönt nur wenigeSekunden später und mit lautem Getöse fährt derZug weiter. Dann kehrt Ruhe ein. Noch einmalschaue ich mich genauestens um, ob sich vielleichtirgendjemand hinter einer der Säulen versteckt, dochich bin tatsächlich allein.

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›Hm. Anscheinend verspäten sie sich.‹Ich ziehe erneut mein Handy aus der Jackentascheund schaue nach, ob doch noch irgendwelche Nach-richten eingegangen sind oder der Zug vielleicht zufrüh angekommen ist.»Hm. Nein, keine SMS, kein Anruf. Und es ist halbsechs am Samstagmorgen, also genau nach Plan.«Mein halblautes Gemurmel stört niemanden, weil ichhier mutterseelenallein herumstehe. Einen Momentüberlege ich, einfach in Richtung des Hauses loszu-laufen, denn ich weiß, wo es liegt, aber vielleichtnehmen sie ja irgendwelche Abkürzungen und dannverpassen wir uns womöglich. »Nein, besser, ich rufemal an und frage nach!«Schnell suche ich die Nummer aus dem Speicher,doch leider vernehme ich nur monotones Tuten, bissich irgendwann der automatische Anrufbeant-worter einschaltet.›Keiner geht ran ... das ist gut! Also sind sie sicher schonauf dem Weg hierher!‹»Was soll ’s, dann laufe ich einfach noch ein bisschenauf dem Bahnsteig auf und ab, um meine müdenBeine in Schwung zu bringen.«

***Halb neun.So langsam mache ich mir doch ein paar Sorgen,dass ich vergessen wurde, und außerdem knurrtmein Magen, denn ich habe seit gestern Abendnichts mehr gegessen. Erst hatte ich vor, etwas Ver-

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pflegung mitzunehmen, doch dann dachte ich, eswäre vielleicht unhöflich, wenn ich am erstengemeinsamen Morgen nicht mit meinem Vater undMemphis zusammen frühstücke. Doch nun grolltmein Magen im Minutentakt und ich ringe michdazu durch, ein zweites Mal anzurufen, auch wennich eigentlich niemanden drängen will.Abermals tutet es, doch diesmal nimmt jemand ab,kurz bevor der AB anspringt, und eine maulige, ver-schlafene Männerstimme gähnt mir ins Ohr.»Pedersen?« Die Stimme klingt recht alt, auf jedenFall nicht wie die eines Achtzehnjährigen, also kannes nicht mein Bruder sein.»Ja, äh ... Hi, Papa. Hier ist Melvin!«»Und?«, brummt dieser unbeeindruckt und ich höre,wie er sich an einer haarigen Stelle kratzt.»Ähm«, stottere ich verlegen, »also ich bin wie abge-macht am Bahnhof ... äh ... seit halb sechs ... und habmich gerade gefragt, wann ihr mich abholt?«»Ich bin kein Taxi!«, motzt er und scheuert sicherneut. »Vom Bahnhof bis zu uns ist es nicht weit, dakannst du auch laufen! Einfach die Hauptstraße nachlinks, geradeaus über die Kreuzung, an der Ölanlagerechts bis zur Bundesstraße, darüber weg und dannnur noch den Waldweg entlang. Der Ortsteil heißtHausen! Dorfstraße siebenundvierzig! Wirst du dannschon sehen.« Er scheint vergessen zu haben, dassMemphis und ich früher oft bei unseren Großelternwaren und ich daher weiß, wo sie wohnen. Außer-dem hab ich die Adresse natürlich auch vorher

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gegoogelt. »Du kommst am Ortseingang an einemBäcker vorbei, also bring gleich noch zwölf Kümmel-brötchen mit! Aber nicht die Dinger vom Vortag,sondern frische!«»Ähm ... okay, aber ich -« Bums, hat er aufgelegt.Seufzend schaue ich an meinem schlanken Körperhinunter, der in feinen, weißblauen Flanell gehülltist, und dann auf den großen, schweren Koffer mitden winzigen Rädchen, die allerhöchstens für einpaar glatte Straßen und Rolltreppen in der Stadtgeeignet sind. Doch dann atme ich tief durch undfreue mich einfach auf eine kleine Runde Frühsportan der frischen Luft!

***»Tüddellüütadüddellüüü.«Fröhlich pfeifend und mit beschwingtem Schrittschleife ich mein Gepäck über den schmalen Wald-pfad und genieße die Sonnenstrahlen des neuenTages auf meiner Haut. Obwohl ich bereits ziemlichverschwitzt bin, koste ich es in vollen Zügen aus, malwieder in der Natur zu sein, denn dieses Vergnügenhabe ich in der Stadt nicht allzu oft.»Haaach! Daran könnte ich mich gewöhnen! Ichglaube, ich mache jetzt jeden Morgen einen kleinenSpaziergang, solange ich hier bin.«Inzwischen bin ich fest davon überzeugt, dass meineFerien hier großartig werden. Auf dem Hof meinerGroßeltern gab es immer Tiere: Schafe, Ziegen,Schweine und anderes. Vielleicht haben ja auch mein

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Vater und Memphis noch einige vierbeinige odergefiederte Begleiter, die es zu füttern gilt? Daskönnte mir Spaß machen. Am meisten würde ichmich aber über einen Hund freuen, mit dem ich spa-zieren gehen kann.Schnell schultere ich mein Rucksäcklein auf dieandere Seite und werfe mein güldenes Haar vonlinks nach rechts wie ein äußerst anmutiges, schwu-les Wildpferd, dann beschleunige ich meinengaloppierenden Gang. Trotzdem komme ich nichtumhin, die zwitschernden Vöglein anzuschmachten,die sich auf den Bäumen ihrem Liebesspiel widmenund dabei lautstark trällern.›Ach ja ... genauso liebreizend möchte auch ich klingen,wenn ich das erste Mal Liebe mache!‹Ich gehe weiter und finde ein paar Butterblümchenam Wegesrand, die ich für meinen Vater mitnehme.Sicher freut er sich darüber und wird sie gleich ineinem Krüglein auf seinen Stubentisch stellen! Dannsehe ich auch noch ein paar Rehe in der Ferne aufeiner malerischen Wiese grasen, deren Anblick michso verzückt, dass ich stehen bleibe, die Fäuste anmeine Brust halte und seufzen muss. Doch gerade alsich ein paar gefällige Worte dazu formulierenmöchte, höre ich einen Wagen den Weg entlang-kommen und zucke zusammen.»Oh, auf einem so schmalen Weg fahren Autos? Wieungewöhnlich.« Ich gehe beiseite, damit der Fahrerbesser vorbeikommt, doch als die klapprige kleineMöhre auf meiner Höhe ist, hält sie plötzlich. Eine

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Frau mittleren Alters lässt die Beifahrerscheibeherunter und lächelt mich an.»Guten Morgen.«»Guten Morgen«, grüße ich sie ebenfalls und schiebemeine widerspenstigen Haare zurück.»Du siehst nicht aus, als würdest du aus der Gegendkommen«, sagt sie grinsend und hebt die Augen-brauen. »Was macht denn ein so schicker, jungerMann wie du hier mitten in der Pampa?«»Och, ich genieße einfach die Natur«, antworte ichscherzhaft und bin etwas irritiert, dass sie mich schicknennt. Immerhin trage ich ja kein Haute couture.»Also ich glaube, zum Wandern ist dein Gepäck eherweniger geeignet. Hast du den Bus verpasst?«»Ich wusste gar nicht, dass hier ein Bus fährt.« Dabeilache ich verlegen. »Ich bin zu Besuch bei meinemVater, aber leider ist er ... ähm verhindert und konntemich deshalb nicht vom Bahnhof abholen.«»Ach Mensch«, seufzt sie. »Der Weg zieht sich abernoch eine ganze Weile bis zum nächsten Ort unddein Koffer sieht jetzt schon ziemlich lädiert aus. Sollich dich vielleicht mitnehmen?«»Wenn es Ihnen keine Umstände macht ... dann sehrgerne.«»Ach was, kein Problem. Ich fahre doch eh geradenach Hausen. Schmeiß dein Zeug hinten rein.«Erleichtert atme ich auf, als sie mit dem Zug einesHebels den Kofferraum öffnet, denn wenn ich ganzehrlich bin, tun mir von der ganzen Zieherei doch

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schon ordentlich die Schultern weh. »Wo wohntdenn dein Paps?«»Im Haus meiner Großeltern«, rufe ich leicht keu-chend, während ich das Gepäck in ihren Wagenwuchte. »In der Dorfstraße siebenundvierzig.«»Oh Gott ... ernsthaft?« Sie klingt entsetzt und starrtmich fassungslos an, als ich mich auf den Beifahrer-sitz setze. »Mensch und ich hab mich die ganze Zeitgefragt, woher ich dein Gesicht kenne! Du unddieserMemphis, seid ihr -«»Zwillinge? Ja. Sogar eineiig, aber wir sind trotzdemsehr verschieden.« Ich verstehe gar nicht, warum siedarüber so schockiert ist. Wahrscheinlich gibt es soetwas hier draußen eher selten.»Äh ... ja. Scheint so.« Sie startet den Motor, doch ihrBlick ist plötzlich sehr abweisend und während derFahrt spricht sie kein Wort mehr mit mir.›Anscheinend ist Memphis ziemlich bekannt im Ort ...Schon seltsam. Dabei war er doch früher immer so stillund schüchtern?!‹Meine Aufregung wächst von Sekunde zu Sekunde.

***Als wir auf den Schotterweg zum Haus einbiegen,beschleicht mich ein wehmütiges Gefühl. Nichts hatsich hier verändert. Ich erkenne das Straßenschild,die großen Steine am Wegesrand und das kleine,hölzerne Wartehäuschen an der stillgelegten Bus-haltestelle, auch wenn davon kaum noch was übrigist. So einige schöne Sommer haben Memphis und

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ich bei unseren Großeltern verbracht, glücklicheStunden in der Natur und bei den Tieren, vollerLachen und Sorgenfreiheit.Auch wenn es ohne Oma und Opa nun ganz anderssein wird, so klopft mein Herz doch vor Freude, dassich noch einmal volle sechs Wochen hier verbringendarf.Plötzlich stoppt das Auto abrupt, gut fünfhundertMeter vor dem Hof.»So, Endstation«, verkündet meine Fahrerin undsieht mich auffordernd an. »Ich denke, es ist besser,wenn uns weder dein Bruder noch dein Vaterzusammen sehen. Schließlich wollte er ja, dass duläufst.«»Ähm ... ja«, antworte ich irritiert, denn sie wirktfast, als hätte sie Angst vor meiner Familie. »VielenDank, dass Sie mich mitgenommen haben.«»Schon gut, Kleiner. Na los, hopp, raus mit dir.«Ich nicke und steige aus, hole meinen Trolley ausdem Kofferraum und trete an die Fahrerseite.»Auf Wiedersehen! Ach, wie heißen Sie eigentlich?Ich bin Melvin.«»Schleifer. Marianne Schleifer. Na dann, bis irgend-wann!« Danach brettert sie bereits im Rückwärts-gang zurück auf die Hauptstraße und fährt weiter.»Hm. Seltsame Menschen hier.« Ich drehe mich um,ziehe den Haltegriff meines glitzernden, violettenGroßgepäcks raus und schleife es mutigen Schrittesin Richtung Haus. Schon von Weitem höre ich hefti-

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ges Hundegebell. Als ich vor dem Grundstück stehe,fällt mir zum ersten Mal etwas Neues auf: Ein riesi-ges, blickdichtes Holztor mit zwei Flügeln versperrtdas, was früher eine offene Durchfahrt war. Anschei-nend wollen die beiden ein wenig mehr Privat-sphäre.Ich spüre, wie ich zu zittern beginne, und nehme allmeinen Mut zusammen, um schließlich die Klingelzu betätigen, auf der, in äußerst archaischen Buch-staben, Pedersen steht.»Ja?«, mault eine Stimme, die ich als die meinesVaters identifiziere.»Hallöchen«, antworte ich umso freundlicher, umgute Stimmung zu verbreiten. »Ich bin es, Melvin!Ich hab’s geschafft!«»Wow, toll. Kriegst gleich ’n Orden aus Pappe.«Ich lache verlegen, weil ich nicht weiß, was ichdarauf sagen soll. Mit dem seltsamen Humor diesesMannes muss ich erst mal umgehen lernen, doch daswird mir sicher leichter fallen, wenn ich seine Mimikdazu sehe.»Ja ... ähm ... also, lässt du mich rein? ... Bitte?«»Ich schick dir Memphis raus, der muss die Köterabhalten. Die zerfleischen dich sonst.«Wie nett. »Oh ... äh, ja ... danke.«In der nächsten Sekunde höre ich, wie er den Namenmeines Bruders brüllt, doch mittendrin scheint erden Knopf der Gegensprechanlage loszulassen, dennes schnarrt nur noch kurz und dann verschwindet

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seine Stimme.›Er ist garantiert viel netter, als er klingt‹, versuche ichmich selbst aufzubauen, um nicht sofort auf demAbsatz kehrtzumachen. ›Harte Schale, weicher Kern.Sicher ist er tief im Inneren ein ganz warmherziger, liebe-voller Mensch. Mama wird sich ja damals aus gutemGrund in ihn verliebt haben!‹Die Hunde bellen in einem fort und irgendwannhalte ich mir die Ohren zu, weil mir schon richtig derSchädel brummt. Ich habe das Gefühl, eine halbeEwigkeit zu warten, ehe ich, zwischen all demGetöse, doch noch das Quietschen einer alten Türvernehmen kann. Schlagartig verstummen die Vier-beiner und scheinen fiepsend das Weite zu suchen.Mein Puls beschleunigt sich abermals, mein Herzspringt mir fast aus der Brust, und während das Tor-schloss entriegelt wird, bin ich mir sicher, dass ichmeinem Bruder gleich heulend um den Hals fallenwerde. Doch als er öffnet, versteift sich jeder Muskelin meinem Körper und ich bin zu keiner Bewegungmehr fähig, denn ich erkenne ihn fast nicht wieder.Er sieht müde aus, seine zottelig ungeschnittenenHaare sind pechschwarz gefärbt und sein Kleidungs-stil ist ... gelinde gesagt schauerlich! Seine schwarzeHose ist völlig zerfetzt und auf seinem gleichfarbi-gen Band-Shirt sind Leichen in libidinösen Positionenabgebildet! Man sollte die Buchstaben in seinemNamen neu arrangieren und ihn in Mephistoumbenennen, denn genauso schaut er aus: wie derSohn des Teufels!

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Erst starrt Memphis mich ebenso fassungslos an wieich ihn, doch dann beginnt mein einstiges Ebenbildplötzlich zu lachen. »Ach du Scheiße! Was ist dennmit dir passiert?«

Ende der Leseprobe.