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Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft Eine neue Weltordnung? Bausteine für ein „nachhaltiges Weltregieren“ Harald Müller Seeheim-Jugenheim Juni 2009

Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft Eine neue Weltordnung? Bausteine für ein nachhaltiges Weltregieren

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Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung

Ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft

Eine neue Weltordnung? Bausteine für ein „nachhaltiges Weltregieren“

Harald Müller

Seeheim-Jugenheim

Juni 2009

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Seeheim-Jugenheim Juni 2009

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Inhalt

• Was heißt „nachhaltiges Weltregieren“?• Wie es nicht geht:

– Hegemonie– Die „Liga der Demokratien“

• Was es zu bewältigen gilt:– Den kommenden Machtwechsel– Die Multikulturalität der Welt– Regionale Konflikte

• Was wir brauchen– Das Mächtekonzert– Die Politik der Anerkennung– Konfliktlösungen– Die Stärkung des Völkerrechts

• Schlussfolgerungen

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Was heißt „nachhaltiges Weltregieren“? I

• Wie uns die Finanzkrise vor Augen führt, ist das Schicksal der Menschen auf der Welt in vielfältiger Weise miteinander verwoben. Neben der Weltwirtschaft gilt das auch

– für die globale Ökologie (Klimawandel!)– für die globale Sicherheit (Terrorismus, nukleare Bedrohung!)

• „Nachhaltiges Weltregieren“ heißt in dieser Perspektive, die politischen Voraussetzungen in der Staatenwelt zu schaffen, damit die Bewäl-tigung der geteilten Probleme erst in Angriff genommen werden kann.

• Die herkömmlichen Wege der Weltpolitik stellen die Staaten global und regional in eine – oft tödliche – Konkurrenz gegeneinander. Misstrauen und wechselseitige Bedrohung herrschen vor.

• Eine radikale Abkehr von dieser Tradition ist vonnöten. Denn der Machtwettbewerb verschlingt die Chancen der Kooperation: Wem man misstraut, mit dem arbeitet man bestenfalls begrenzt zusammen. Für die Weltprobleme ist das nicht gut genug.

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Was heißt „nachhaltiges Weltregieren“? II

• Nachhaltiges Weltregieren– ist möglich, weil die Interessen aller Länder an Sicherheit und Wohlfahrt nicht

mehr auf nationaler Basis gelöst werden können;– ist notwendig, weil das Wachstum globaler Probleme Sicherheit und Wohlfahrt

aller bedroht;– ist schwierig zu erreichen, weil fundamentale Änderungen in den

eingefahrenen Bahnen des nationalen Regierens verlangt werden;– wird nur akzeptabel sein, wenn alle wichtigen Akteure ein Gefühl der

„ownership“ für die fälligen Regeln entwickeln können;– bleibt unmöglich, solange das Damokles-Schwert des gewaltsamen Konflikts

über den Staatenbeziehungen hängt;– verlangt als Grundvoraussetzung, diese Gefahr so weit als möglich

einzudämmen.

• Merke: Andere Akteure sind unerlässlich, um Weltregieren zu ermöglichen. Aber sie haben weder ein so großes Störpotential wie die Staaten, noch verfügen sie über deren umfassende Ressourcen zur Setzung und Durchsetzung von Recht.

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Wie es nicht geht I: Imperium und Hegemonie

• Nach dem 11. 9. 2001 ist der Ruf nach dem „starken Hegemon“, ja, nach einem neuen (US-) Imperium in Mode gekommen.

• Die Erfahrungen sollten auch die Anhänger einer solchen Ordnung ernüchtert haben. Sie kann aus folgenden Gründen nicht funktionieren:

– Der Horizont jedes Hegemons ist begrenzt, seine nationalen Interessen (einschließlich der wirtschaftlichen) kompromittieren seine Politik.

– Hegemonie und Imperialismus beunruhigen andere Mächte, die dann nach Gegenmitteln suchen. Das beeinträchtigt deren Kooperationsbereitschaft.

– Hegemonie und Imperialismus rufen Ressentiments und Gegenwehr bis hin zum Terror hervor. Die Bekämpfung des Widerstands verschlingt Ressourcen und produziert neuen Widerstand. In diesem Teufelskreis erschöpft sich der Hegemon.

– Hegemonie und Imperialismus produzieren daher im Endeffekt nicht Ordnung, sondern Chaos.

– Und übrigens: Nie mehr wird ein Staat die relative Macht der USA erreichen (25% des Weltbruttosozialprodukts; 50% der Weltmilitärausgaben).

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Wie es nicht geht II: Die „Liga der Demokratien“

• In der Politik und der politischen Philosophie hat sich in den letzten Jahren die Auffassung breit gemacht, die Welt müsse hier und jetzt nach den Maximen unserer liberalen Demokratie regiert werden.

• Die Versionen dieses Programms variieren von einer „kosmopolitischen Demokratie“ bis zur „Liga der Demokratien“

• Nichtdemokratische Staaten (China! Russland!) haben an einer solchen Ordnung nicht teiL, das Einverständnis früherer Kolonien und, jetziger Demokratien (Indien, Südafrika, Brasilien) wird vorausgesetzt.

• Ihr Ausschluss erzeugt eben jenes Misstrauen und jene Gegenmaßnahmen, die wirksames Weltregieren untergraben.

• Der westliche Anspruch auf Wertedominanz wird auch anderswo als die Fortsetzung des Imperialismus mit anderer Rhetorik verstanden – der Teufelskreis von Bevormundung und Widerstand dreht sich weiter.

• Die Demokratien können die Welt nicht alleine schultern. Sie brauchen die Kooperation der Nichtdemokratien.

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Was es zu bewältigen gilt: Das Sicherheitsdilemma

• Unsere Welt ist „anarchisch“ gestaltet: Im internationalen System gibt es keine Polizei und kein Weltgericht, die Streitigkeiten autoritativ beenden könnten.

• Das Gefühl, bedroht zu sein, ist daher allgegenwärtig: Man kann den übrigen Spielern nicht trauen. Als einziger Ausweg bleibt die Selbsthilfe.

• Wer den Nachbarn misstraut, ist zur Kooperation mit ihnen nur begrenzt bereit – denn Kooperationsgewinne könnten womöglich die Position potentieller Gegner stärken.

• Ohne die Überwindung dieses Sicherheitsdilemmas kann daher kein Rahmen für die nachhaltige Lösung globaler Probleme entstehen. Es bildet das zentrale Hindernis für eine nachhaltige Weltordnung.

• Das gilt für die eher symmetrischen Verhältnisse zwischen den „Großen“, die asymmetrischen zwischen „Großen“ und „Kleinen“, sowie zwischen konkurrierenden Staaten auf regionaler Ebene.

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Der bevorstehende Machtwechsel

• China und Indien wachsen mit deutlich höheren Wachstumsraten als die Vereinigten Staaten, Europa und Japan

• Damit zeichnet sich innerhalb der nächsten Generation ein „Machtübergang“ von der transatlantischen in die asiatische Region ab

• Russland spielt dabei die Rolle eines gewichtigen, aber nicht selbst spielentscheidenden Koalitionspartners. Auf Erdöl und Erdgas alleine kann im 21. Jahrhundert keine Weltmacht gebaut werden.

• Machtwechsel sind nach historischer Erfahrung riskant. Sie führen häufig zu Kriegen.

• Nachhaltiges Weltregieren muss gegenüber den möglichen Verwerfungen des Machtübergangs robust sein: Die neuen Weltmächte müssen reibungslos ihre Verantwortung übernehmen, die herrschenden Weltmächte müssen ihren relativen Machtverlust konstruktiv verarbeiten. Den USA wird das schwer fallen.

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Wachstumsprojektion China/USAdes BIP mit den durchschnittlichen Wachstumsraten der letzten 5 Jahre bis 2029

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Wachstumsprojektion Indien/USAdes BIP mit den durchschnittlichen Wachstumsraten der letzten 5 Jahre bis 2029

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Mögliche Konfliktszenarien

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Die Multikulturalität der Welt als Herausforderung

• Der „Westen“ geht häufig irrig davon aus, seine Werte seien bereits weltweit akzeptiert.

• Anderswo werden diese Werte z.T. abgelehnt, z.T. als Vorwand für ganz anders motivierte Interessen diskreditiert.

• Die Tendenz des Westens, zwischen „guten“ und „bösen“ Staaten zu unterscheiden und Regeln für alle zu setzen (Demokratie/ Menschen-rechte; Neoliberale Wirtschaftsordnung) trifft auf Kritik und auf Widerstand.

• Staaten und Völker anderer Kulturen verlangen, dass auch ihre Werte in einem globalen Ordnungssystem gebührende Berücksichtigung finden. Sie erheben den Anspruch, dass die Verteilung globaler Güter und die Teilhabe an globalen Entscheidungen gerecht verteilt sein soll.

• Kulturelle Missachtung schafft Brutstätten für den Terror.• Merke: Der „Kampf der Kulturen“ ist kein Naturgesetz, sondern ein

Ergebnis von törichter Politik

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Regionale Konflikte wirken als Hindernis für Governance-Versuche

• Sie vernichten Ressourcen, treiben Migrationsströme an und destabilisieren ganze Regionen.

• Sie stellen Versuchungen für die Großmäche dar, sich um marginaler geostrategischer Gewinne Willen auf einer der Seiten (gegeneinander) zu engagieren.

• In strategisch wichtigen Regionen (Persischer Golf!) stellen sie ein hohes Gefährdungspotential für die Weltwirtschaft dar.

• Wo sie an kulturellen Bruchlinien lokalisiert sind, erhöhen Sie das Potential terroristischer Rekrutierung. Der Nahostkonflikt ist das Paradebeispiel.

• Sie vergiften die Agenda internationaler Politik, die sich infolgedessen nicht auf die langfristigen Aufgaben konzentrieren kann.

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Gewaltsame und nichtgewaltsame Konflikte 2008 Heidelberg Institut für internationale Konfliktforschung

„Konfliktbarometer 2008“

0

50

100

150

200

250

300

350

EUR AFR AM ASI ME/NA Total

gewaltsam

nicht gew.

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Lösungen I: Das Mächtekonzert

• Eine Feinabstimmung der Politik der Großen Mächte (USA, China, Indien, Russland, EU, Japan) würde dem Modell des „Europäischen Konzerts“ in der ersten Hälfte des 19. Jh. folgen, das für mehr als eine Generation den Großmächtekrieg verhindert hat.

• Die Regeln des Konzerts sehen so aus:– Anerkennung der Gleichstellung aller Beteiligten– Respektierung der vitalen Interessen der anderen Mächte– Ständige Konsultationen über strategische Fragen– Intensivierung dieser Konsultationen in Krisen– Keine einseitige militärischen Interventionen– Keine einseitigen Zugewinne auf Kosten anderer

• Diese Prinzipien sind auch heute aktuell. Sie würden helfen, das Sicherheitsdilemma zwischen den Großmächten zu entschärfen. Entscheidender Schritt wäre der Verzicht der USA auf militärische Überlegenheit über alle anderen.

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Lösungen II: Die Politik von Anerkennung und Respekt

• Die Mitwirkung der wichtigen Akteure kann nur erwartet werden, wenn sie ernst genommen und in ihrer Eigenheit anerkannt werden.

• Zwischen völkerrechtstreuen Demokratien und Nichtdemokratien darf es keine Unterschiede in Souveränität und Partizipation an weltpolitisch oder regionalwichtigen Entscheidungen oder Belangen geben.

• Das gilt für China, Indien und Russland und für die Länder mit moslemischer Mehrheitsbevölkerung, vor allem die arabischen Länder.

• Ihnen müssen angemessene Teilhaberechte zugesprochen werden, z.B. in der G-8 oder im Zuge einer Reform der Vereinten Nationen.

• Außer in Fällen massiven Verstößen gegen die Menschlichkeit sind die inneren Angelegenheiten Sache der Staaten und ihrer Gesellschaften.

• Die – wünschenswerte – Demokratisierung ist Sache der inneren Entwicklung. Hilfe von Außen muss sanft und unaufdringlich sein.

• Vom „Westen“ erfordert dies die Erinnerung an eine lange verdrängte christliche Tugend: die Demut.

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Lösungen III: Die Beilegung der gefährlichsten Konflikte

• Die weltpolitisch riskantesten Konflikte toben im Mittleren Osten, in Südasien und – mit abnehmender Tendenz – in Ostasien.

• Sie sind am riskantesten, weil der Einsatz von Kernwaffen nicht auszuschließen ist.

• Im Nahen Osten geht es darum, das Lebensrecht Israels mit dem Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser zu versöhnen. Die antiisrealische Vernichtungsrhtethorik der gegenwärtigen iranischen Regierung verdient massiven Widerstand.

• In Südasien geht es um eine Beilegung der territorialen Streitigkeiten auf der Grundlage des Status Quo. Dafür muss sich v.a. China bewegen, um ein Einlenken Pakistans zu erwirken. Die anscheinend geplante Lieferung deutscher Jagd U-Boote an Pakistan ist töricht.

• In Ostasien geht es um Anreize für Nordkorea, sich auf den Reformpfad nach dem Modell Chinas oder Vietnam zu begeben. Gegenwärtig entscheidend ist Druck Chinas auf Pjöngjang.

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Lösungen IV: Stärkung des Völkerrechts

• Von allen Steuerungsmedien – Macht, Markt, Moral, Recht – wird das Recht das ür die internationalen Verhältnisse am meisten gebraucht.

• Nachhaltiges Weltregieren wird nur funktionieren, wenn es nach frei vereinbarten Rechtsgrundsätzen geschieht.

• Dabei gilt – wie im Innern von Staaten auch – dass alle Akteure dem Recht unterworfen sind. Das absolutistische Prinzip, dass der Monarch über dem Recht steht, führt in die Konfrontation und ist damit ineffizient – auch wenn George W. Bush das anders gesehen hat.

• Die Mitwirkung an der Rechtssetzung bezieht auch Internationale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen ein. Dennoch bleibt der zwischenstaatliche Vertrag die wichtigste Quelle des Völkerrechts.

• Völkerrecht braucht die Loyalität seiner Subjekte, v.a. der Großmächte• Wenn sie ihre Macht hinter der Rechtsordnung versammeln, ist

Ordnung möglich. Aber auch nur dann.

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Schlussfolgerungen

• Nachhaltiges Weltregieren im 21. Jahrhundert verlangt eine grundlegende Umkehr im Verhalten der Staaten zueinander.

• Die westliche Arroganz, Relikt der imperialen Epoche, muss der Vergangenheit angehören. Aber auch nichtwestliche Weltmächte müssen ihrer Verantwortung gerecht werden.

• Ein konzertiertes Verhältnis zwischen den Großmächten, energische Anstrengungen zur Beilegung der brisantesten regionalen Konflikte und die grundlegende Anerkennung, dass alle – ungeachtet ihrer politischen Ordnungen – ein Recht zur Mitwirkung haben, sind Grundprinzipien einer nachhaltigen Ordnung.

• Über der Macht muss das Recht stehen. Sonst geht es schief.

• Die Zukunft der Welt liegt trotz aller angeblichen Sachzwänge in unserer Hand. Wir können sie sichern – oder für immer verspielen.

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