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Der erste Test in Europa:
DynaudioContour
20
hifi& recordshochwertige Musikwiedergabe
Das Magazin für
Ausgabe 4/2016 Sonderdruck
»Die mit Abstand beste
Contour, die es je gab.«
L A U T S P R E C H E R
Das Bessere ist bekanntlich des Guten Feind. Was aber soll
man tun, wenn sich das Gute über viele Jahre bestens
bewährt hat und seinerseits bereits »richtig gut« ist?
Dann wird jede angestrebte Verbesserung zu einer echten Her-
ausforderung und folglich muss alles auf den Prüfstand. Wer es
mit der Technik nicht so genau nimmt, könnte sich im Rahmen
einer Modellpflege auch mit kleineren optischen Korrekturen
behelfen, im Automobilbau ist so ein »Facelift« gängige Praxis,
aber im Lautsprecherbau kommt man mit simplen Eingriffen in
die Formensprache alleine nicht weiter. Dynaudio hat daher den
schwierigeren und steileren Weg gewählt und zuerst einmal das
erfahrene Entwicklerteam um Mark Thorup um junge Univer-
sitätsabsolventen sowie erfahrene Konstrukteure von Wettbewer-
bern erweitert.
Der Aufwand, den die Dänen für ihre neue Contour-Serie be-
trieben haben, ist mit dem Adjektiv »beispiellos« richtig beschrie-
ben. Neue Schallwandler unter Beibehaltung der Dynaudio- und
Contour-DNA sollten es werden, und so wurde in verschiedenen
Gruppen an den Gehäusen, den Chassis, der Weiche und dem De-
sign gearbeitet. Tabus gab es keine, weder beim berühmten Hoch-
töner Esotar2 noch beim Membranmaterial MSP. Alles wurde hin-
terfragt, es wurde argumentiert, gemessen, gestritten, noch einmal
argumentiert, experimentiert, abgefragt – bis dann endlich der er-
ste Prototyp auf dem Tisch stand. Für die Contour-Serie, die exakt
vor drei Jahrzehnten debütierte, bedeuten die Neuerungen den
wohl deutlichsten Entwicklungssprung. Die neue Baureihe um-
fasst die beiden Standlautsprecher Contour 30 und 60, den Cen-
ter-Lautsprecher 25C und die hier vorgestellte kompakte Contour
20, die den Dynaudio »Zweiwege-Klassiker« verkörpert.
Gegenüber der Vorgängerin S 1.4 LE ist der Hochtöner bei der
neuen 20er wieder über dem Tiefmitteltöner angeordnet. Das Ent-
wicklungs-Prozedere hatte ferner ergeben, dass der Esotar2 noch
immer zum Feinsten gehört, weshalb er jetzt auch
in der Contour 20 zum Einsatz kommt. Flankiert
wird er vom neuen Tiefmitteltöner 18W55. Beide
Chassis sind in einer zwei Zentimeter starken Alu-
minium-Schallwand montiert. Diese sitzt auf dem
nach akustischen und optischen Gesichtspunkten
nunmehr gerundeten Gehäuse aus MDF. Ein neu-
es Verstrebungskonzept sorgt dafür, dass der Kor-
pus extrem steif ist und Gehäuseresonanzen damit
wirksam unterdrückt werden. Auf der Rückseite
befinden sich die Bassreflexöffnung und ein
Single-Wiring-Terminal, das mit WBT-Nextgen-Pol-
klemmen bestückt ist. In die Bodenplatte sind
schließlich Gewinde eingelassen, damit die Laut-
sprecher bei der Platzierung auf den Dynaudio-
Stands sicher fixiert werden können.
So weit, so gut. Eines der besten Beispiele, das den
enormen Entwicklungsaufwand dokumentiert, ist
der neue Tiefmitteltöner 18W55. »Wir haben unser
typisches Dynaudio-Chassis geradezu zerlegt, hin-
terfragt, analysiert und mit vielen Detailverbesse-
rungen wieder zusammengesetzt«, berichtet uns
Dynaudio-Produktmanager Roland Hoffmann über
dessen Entstehung. Davon betroffen war beispiels-
weise die aus Magnesium-Silikat-Polymer (MSP)
gefertigte Membran. Deren Attribute wie gute inne-
re Dämpfung bei geringem Gewicht und recht ho-
her Steifigkeit stehen für klangliche Qualität. Weil
sich dieses Material sehr gut bearbeiten lässt, ist es
in der neuen Ausführung an bestimmten Stellen
dünner ausgeformt, was einen positiven Einfluss
auf die Schallabstrahlung und das Resonanzverhal-
ten haben soll. Des Weiteren schildert Hoffmann,
dass das Entwicklerteam unglaublich viel Zeit für
die Optimierung der Zentrierspinne mit Hilfe von
Finite-Elemente-Analysen aufgewendet habe. Da
wir um die Seriosität von Dynaudio wissen, neh-
men wir diese Aussagen mal für bare Münze.
Im Vergleich zum Vorgängerchassis ist die aus
leichtem Aluminiumdraht gewickelte Spule jetzt
länger und wurde auch mit mehr Windungen ver-
sehen. Damit sie nicht zu schwer wird, wurde ihr
Dynaudio hat viel Zeit, Geld und Hirnschmalz in
die Entwicklung der neuen Contour-Serie ge-
steckt – und seinen Klassiker völlig neu erfunden.
Test: Lautsprecher Dynaudio Contour 20
Meisterleistung4/2016 hifi & records
L A U T S P R E C H E R
auch zu unterschied-
lichen Klangergebnis-
sen. Für diese Versu-
che waren laut Roland
Hoffmann drei Mona-
te angesetzt – gedauert
habe es dann tat-
sächlich ein Jahr, bis
der richtige Klebstoff
gefunden war. 80 Pro-
zent des Forschungs-
und Entwicklungs-
teams könne heute die
unterschiedlichen Kle-
ber eindeutig zuord-
nen, berichtet Ingeni-
eur Daniel Emonts.
Eine weitere Ziel-
vorgabe war ein stärkerer Antrieb. Der
neue 18W55 besitzt nunmehr einen Dop-
pelmagneten (siehe Bild unten), der
durchbohrt ist und dessen Belüftungs-
öffnung auch aerodynamisch geformt
wurde. Die Ventilierung des Schwing-
spulenträgers aus einem Glasfaser-
Material (Bild unten rechts) dient dem
gleichen Ziel, Kompressionseffekte so
gering wie möglich zu halten.
Über den Esotar2-Hochtöner muss
man nicht mehr viele Worte verlieren,
die klanglichen Vorzüge dieser 28-Milli-
meter-Kalotte sind uns aus den größeren
Dynaudio-Modellen wohlbekannt. In der
Contour 20 arbeitet sie ab 2.200 Hertz,
es kommt ein starker Neodymmagnet
zum Einsatz, und der Dom der Kalotte
wird in einem ultrapräzisen Verfahren
beschichtet. Die Absorptionskammer
mit einem kegelförmigen Diffusor sorgt
dafür, dass möglichst viel vom rückwär-
tig abgestrahlten Schall geschluckt wird,
was sich positiv auf die Impulsgenauig-
keit auswirken soll.
Dass die Flankensteilheit der neuen
Contour-Frequenzweiche nicht mehr
erster, sondern zweiter Ordnung (12 dB
pro Oktave) ist, kommt einer kleinen
Kulturrevolution gleich. Zudem setzen
die Dänen neue Kupferspulen, Konden-
satoren und Widerstände ein, deren
Toleranzen sich nur in einem minima-
len Bereich bewegen dürfen. Bei Dyn-
audio ist so eine Aussage nicht etwa Mar-
keting-Getöse, sondern bitterer Ernst.
Auch an der Phasenoptimierung und
der Impedanzlinearisierung hat das
Team um Mark Thorup gearbeitet. Zu
guter Letzt war auch noch die Platine
dran, sie soll nunmehr unempfindlicher
gegen Resonanzen sein. Außer dem
Namen »Contour« ist von den
Vorgängern also nicht viel übrig
geblieben. Ob sich all diese
Maßnahmen auszahlen, muss
sich im Hörraum zeigen – dort
wird die Stunde der Wahrheit
schlagen.
Doch vorher geht es ans Aus-
packen, was nicht weiter der Re-
de wert wäre, wenn nicht auch
die Kartonage in neuem Ge-
wand daherkommen würde.
Die erinnert trotz ihrer Größe
an die Verpackung eines Smart-
phones: Nach dem Abnehmen
der zusammenhaltenden Um-
Durchmesser um zwei auf jetzt 5,5 Zenti-
meter verringert. Diese Modifikation soll
auch bei sehr hohen Lautstärken und tief-
sten Frequenzen symmetrische Ein- und
Ausschwingvorgänge gewährleisten – der
Lautsprecher soll seine Klangeigenschaf-
ten schließlich unabhängig vom Pegel
bewahren. An dieser Stelle passt dann
noch die Anekdote, dass Dynaudio für die
Verklebung von Spule und Membran auch
noch einen neuen Klebstoff gesucht hat,
denn unterschiedliche Kleber führen
hifi & records 4/2016
Der neue Tiefmitteltöner 18W55 (links)
mit Doppelmagnet und belüftetem
Schwingspulenträger (Bild rechts). Die
Anschlussklemmen liefert WBT (oben).
hüllung lässt sich der Karton in zwei
Teilen auseinandernehmen. Ein elegan-
tes Konzept, welches das Bild der neuen
Contour harmonisch abrundet.
Im Hörraum nahm die 15,5 Kilo-
gramm schwere Contour 20 auf sand-
gefüllten Füßen von Audio Magic Platz.
Aus Erfahrung weiß ich, dass Dynaudio-
Schallwandler einiges an Einspielzeit
benötigen. Bevor ich mich also zum
ersten Hören vor den Lautsprechern ein-
fand, hatten die bereits gute 70 Stunden
an den Audionet-Monoblöcken AMP
gespielt. Allan Taylor, der Mann mit der
sonoren Stimme und der Gitarre, ist
meist solo zu hören. Doch auf seinem
neuen Album »There Was A Time«, das
Stockfisch als SACD veröffentlicht hat,
wird er vom Göttinger Symphonie Or-
chester unter der Leitung von Christoph
Mathias Müller begleitet. »For What It’s
Worth« beginnt mit einer zarten Strei-
chersequenz, welche die Contour 20
hervorragend zeichnet. Taylors Stimme
bildet sie mit einer Akkuratesse ab, die
mich zunächst irritiert. Denn die räum-
liche Abbildung ist so holographisch, wie
man das von Elektrostaten kennt, aber
die Dynaudio fügt dieser Leichtigkeit
jetzt auch noch den korrekten Körper
hinzu. Was ein gutes Stichwort ist, denn
Tief- und Grundton sind so sauber aus-
geprägt, wie man das von einem hervor-
ragenden Standlautsprecher erwartet –
die Contour 20 ist
jedoch nur 44
Zentimeter hoch.
Während das Al-
bum läuft, korri-
giere ich ein paar
Mal den Grad der
Einwinkelung, bis
das Klangbild »ein-
rastet« – jetzt sind
L A U T S P R E C H E R
4/2016 hifi & records
die Vorbereitungen für das Musikhören
abgeschlossen.
Warum mir beim Blick auf die Con-
tour 20 als Nächstes »I Love You Too
Much«, ein wunderbares Instrumental-
stück von Carlos Santana, einfällt, liegt
nahe. Sie bildet das virtuose Gitarren-
spiel hochgradig präzise ab: Zu hören ist
das, was sich auf dem Tonträger befin-
det. Weder Gehäuse noch Chassis fügen
dem Signal Anteile hinzu oder halten
gar etwas von der akustischen Informa-
tion zurück. Davon profitiert auch »Cha-
sing Shadows« von den Maximum Groo-
ves. Das Klangbild erstrahlt in voller
Größe und mit perfekter Durchzeich-
nung bis in die Tiefe. Hier zeigt sich er-
neut, dass das neue Tiefmitteltonchassis
dank Bassreflexunterstützung in der La-
ge ist, auch tiefste Töne ohne das klein-
ste Anzeichen einer Anstrengung zu re-
produzieren. So treibt die Dynaudio den
Beat voran und überlässt der Trompete
mit ungebremster Energie das Feld. Im
Vergleich zu anderen Schallwandlern
besticht die Glaubwürdigkeit, mit der
die Contour 20 das Instrument abbildet.
Man könnte wirklich meinen, dass der
Musiker im meinem Hörraum spielt.
Großes akustisches Kino inszeniert
die Contour 20 auch mit Arvo Pärts
Komposition »Lamentate« – sicher kei-
ne Musik für jeden Geschmack. Aber
wer eine Antenne für die feinen, kleinen
Töne des estländischen Komponisten
hat, der will sie in bester Qualität hören.
Denn das Verhältnis von emotionaler
Wirkung und Klangqualität ist fraglos
proportional. Je genauer der Lautspre-
cher die Pegelunterschiede wiedergeben
kann, je besser er die räumliche Abbil-
dung beherrscht, desto eindrucksvoller
wird das Hörer-
lebnis. Wer das
nachvollziehen
möchte, dem
empfehle ich
den Einstieg bei
»VII. Striden-
do«. Strahlende
Bläser, Pauken-
schläge und ein
aufgeregtes Kla-
vier verschmel-
zen zu einem
schräg-reizvol-
len Ganzen und
enden dann im
entspannten »VIII. Lamentabile«. Es ist
erstaunlich, wie die Contour Luft in das
Geschehen bringt. Sie befreit die Töne
aus der Konserve und erweckt sie reali-
stisch zum Leben – ein größeres Kom-
pliment gibt es kaum. Und es ist nicht
die klangliche Qualität alleine, die be-
geistert, sondern vor allem ihre Fähig-
keit, den Hörer mit in die Musik zu neh-
men, ihm die Botschaft mitzuteilen und
damit schlussendlich eine wertvolle Er-
fahrung zu liefern.
Mit dem Tausch des Orchesters gegen
das Schweizer Duo Yello ändert sich
musikalisch alles, aber die feinen Eigen-
schaften der Contour 20 bleiben erhalten.
Hier ging es mir noch einmal darum,
ihren Umgang mit den tiefen Oktaven
zu testen. »Kiss In Blue« blubbert bei
Möchtegern-Tieftonspezialisten undefi-
niert vor sich hin, doch die Dynaudio
setzt klare Maßstäbe, wie dieser Titel zu
klingen hat. Zunächst sind es die ener-
L A U T S P R E C H E R
Der enorme Aufwand
für die neu entwickel-
te Contour-Serie hat
sich gelohnt, Dynaudio hat mit der Con-
tour 20 einen Schallwandler geschaffen,
der einem bei völliger Genre-Freiheit
Klangerlebnisse auf höchstem Niveau
liefert. Selten habe ich einen Lautspre-
cher gehört, der eine so kultivierte tona-
le und räumliche Balance bietet. Der bis
ins kleinste Detail gehende Entwick-
lungsextremismus hat die mit Abstand
besten Contour-Lautsprecher hervorge-
bracht, die es je gab. Olaf Sturm
FazitDynaudio
Contour 20
BxHxT 21,5 x 44 x 35,5 cm
Garantie 8 Jahre
Preis 4.500 Euro
Vertrieb Dynaudio Germany
Ohepark 2
21224 Rosengarten
Telefon 04108 - 4180-0
getischen Bassschläge, die tief und nicht
übertrieben erklingen – erstaunlich bei
dieser Gehäusegröße. Hinzu kommt
auch hier die Stimmenabbildung, die
ganz deutlich zeigt, welche Arbeit im
Studio für diese Qualität notwendig war.
Die Contour hegt keinerlei Neigung,
auch nur eine Kleinigkeit zu schönen.
Stammt eine Aufnahme aus den 60er-
Jahren, dann hört man das genauso wie
ein sauber produziertes Recording von
heute. Entscheidend ist aber, dass die
Musik beim Hörer ankommt, und die-
ser Anforderung leistet die Dynaudio
Contour 20 hundertprozentig Folge.
Labor-Report
Mit der Contour 20 ist Dynaudio er-
neut ein überaus neutraler Laut-
sprecher gelungen. Die Frequenzgänge
sind bei leicht zurückgenommenen Prä-
senzlagen sehr ausgewogen. Über das
horizontale Abstrahlverhalten gemittelt,
liegt die Linearität bei erstklassigen
±2,0dB, unter 15 Grad sogar bei exzel-
lenten ±1,7dB. Die Bassreflexunterstüt-
zung ist tief abgestimmt (siehe Raum-
akustik-Frequenzgang). Die Empfindlich-
keit liegt bei 84 Dezibel (2,83V /1m und
500 -5.000 Hz), die Impedanz exakt auf
Vier-Ohm-Niveau. Erstklassig gemacht.
Frequenzgang horizontal 0°/15°/30°
Impedanz Dynaudio Contour 20
Wasserfall Dynaudio Contour 20
Tonale Balance im Raum, auf Achse
Messabstand 1,0 Meter, 1/1 Oktave
Minimum: 4,0 Ω @ 275 Hz
Die Contour 20 erhielt den besten Dyn-
audio-Hochtöner. Der Esotar2 ist nach
wie vor eine der feinsten großen Gewe-
bekalotten, die der Markt zu bieten hat.
blaue Kurve:Bassreflex geschlossen
© monomedia Verlag, Schwabstraße 4, D-71106 Magstadt, Telefon 07159 / 949853, Fax 949530, www.monomedia.dehifi & records erscheint viermal jährlich, Jahres-Abonnement Inland v 46, Ausland v 56hifi & records 4/2016