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Der erste Test in Europa: Dynaudio Contour 20 hifi & records hochwertige Musikwiedergabe Das Magazin für Ausgabe 4/ 2016 Sonderdruck »Die mit Abstand beste Contour, die es je gab.«

hifi · 2017. 1. 30. · tour 20 als Nächstes »I Love You Too Much«, ein wunderbares Instrumental-stück von Carlos Santana, einfällt, liegt nahe. Sie bildet das virtuose Gitarren-spiel

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Der erste Test in Europa:

DynaudioContour

20

hifi& recordshochwertige Musikwiedergabe

Das Magazin für

Ausgabe 4/2016 Sonderdruck

»Die mit Abstand beste

Contour, die es je gab.«

L A U T S P R E C H E R

Das Bessere ist bekanntlich des Guten Feind. Was aber soll

man tun, wenn sich das Gute über viele Jahre bestens

bewährt hat und seinerseits bereits »richtig gut« ist?

Dann wird jede angestrebte Verbesserung zu einer echten Her-

ausforderung und folglich muss alles auf den Prüfstand. Wer es

mit der Technik nicht so genau nimmt, könnte sich im Rahmen

einer Modellpflege auch mit kleineren optischen Korrekturen

behelfen, im Automobilbau ist so ein »Facelift« gängige Praxis,

aber im Lautsprecherbau kommt man mit simplen Eingriffen in

die Formensprache alleine nicht weiter. Dynaudio hat daher den

schwierigeren und steileren Weg gewählt und zuerst einmal das

erfahrene Entwicklerteam um Mark Thorup um junge Univer-

sitätsabsolventen sowie erfahrene Konstrukteure von Wettbewer-

bern erweitert.

Der Aufwand, den die Dänen für ihre neue Contour-Serie be-

trieben haben, ist mit dem Adjektiv »beispiellos« richtig beschrie-

ben. Neue Schallwandler unter Beibehaltung der Dynaudio- und

Contour-DNA sollten es werden, und so wurde in verschiedenen

Gruppen an den Gehäusen, den Chassis, der Weiche und dem De-

sign gearbeitet. Tabus gab es keine, weder beim berühmten Hoch-

töner Esotar2 noch beim Membranmaterial MSP. Alles wurde hin-

terfragt, es wurde argumentiert, gemessen, gestritten, noch einmal

argumentiert, experimentiert, abgefragt – bis dann endlich der er-

ste Prototyp auf dem Tisch stand. Für die Contour-Serie, die exakt

vor drei Jahrzehnten debütierte, bedeuten die Neuerungen den

wohl deutlichsten Entwicklungssprung. Die neue Baureihe um-

fasst die beiden Standlautsprecher Contour 30 und 60, den Cen-

ter-Lautsprecher 25C und die hier vorgestellte kompakte Contour

20, die den Dynaudio »Zweiwege-Klassiker« verkörpert.

Gegenüber der Vorgängerin S 1.4 LE ist der Hochtöner bei der

neuen 20er wieder über dem Tiefmitteltöner angeordnet. Das Ent-

wicklungs-Prozedere hatte ferner ergeben, dass der Esotar2 noch

immer zum Feinsten gehört, weshalb er jetzt auch

in der Contour 20 zum Einsatz kommt. Flankiert

wird er vom neuen Tiefmitteltöner 18W55. Beide

Chassis sind in einer zwei Zentimeter starken Alu-

minium-Schallwand montiert. Diese sitzt auf dem

nach akustischen und optischen Gesichtspunkten

nunmehr gerundeten Gehäuse aus MDF. Ein neu-

es Verstrebungskonzept sorgt dafür, dass der Kor-

pus extrem steif ist und Gehäuseresonanzen damit

wirksam unterdrückt werden. Auf der Rückseite

befinden sich die Bassreflexöffnung und ein

Single-Wiring-Terminal, das mit WBT-Nextgen-Pol-

klemmen bestückt ist. In die Bodenplatte sind

schließlich Gewinde eingelassen, damit die Laut-

sprecher bei der Platzierung auf den Dynaudio-

Stands sicher fixiert werden können.

So weit, so gut. Eines der besten Beispiele, das den

enormen Entwicklungsaufwand dokumentiert, ist

der neue Tiefmitteltöner 18W55. »Wir haben unser

typisches Dynaudio-Chassis geradezu zerlegt, hin-

terfragt, analysiert und mit vielen Detailverbesse-

rungen wieder zusammengesetzt«, berichtet uns

Dynaudio-Produktmanager Roland Hoffmann über

dessen Entstehung. Davon betroffen war beispiels-

weise die aus Magnesium-Silikat-Polymer (MSP)

gefertigte Membran. Deren Attribute wie gute inne-

re Dämpfung bei geringem Gewicht und recht ho-

her Steifigkeit stehen für klangliche Qualität. Weil

sich dieses Material sehr gut bearbeiten lässt, ist es

in der neuen Ausführung an bestimmten Stellen

dünner ausgeformt, was einen positiven Einfluss

auf die Schallabstrahlung und das Resonanzverhal-

ten haben soll. Des Weiteren schildert Hoffmann,

dass das Entwicklerteam unglaublich viel Zeit für

die Optimierung der Zentrierspinne mit Hilfe von

Finite-Elemente-Analysen aufgewendet habe. Da

wir um die Seriosität von Dynaudio wissen, neh-

men wir diese Aussagen mal für bare Münze.

Im Vergleich zum Vorgängerchassis ist die aus

leichtem Aluminiumdraht gewickelte Spule jetzt

länger und wurde auch mit mehr Windungen ver-

sehen. Damit sie nicht zu schwer wird, wurde ihr

Dynaudio hat viel Zeit, Geld und Hirnschmalz in

die Entwicklung der neuen Contour-Serie ge-

steckt – und seinen Klassiker völlig neu erfunden.

Test: Lautsprecher Dynaudio Contour 20

Meisterleistung4/2016 hifi & records

L A U T S P R E C H E R

auch zu unterschied-

lichen Klangergebnis-

sen. Für diese Versu-

che waren laut Roland

Hoffmann drei Mona-

te angesetzt – gedauert

habe es dann tat-

sächlich ein Jahr, bis

der richtige Klebstoff

gefunden war. 80 Pro-

zent des Forschungs-

und Entwicklungs-

teams könne heute die

unterschiedlichen Kle-

ber eindeutig zuord-

nen, berichtet Ingeni-

eur Daniel Emonts.

Eine weitere Ziel-

vorgabe war ein stärkerer Antrieb. Der

neue 18W55 besitzt nunmehr einen Dop-

pelmagneten (siehe Bild unten), der

durchbohrt ist und dessen Belüftungs-

öffnung auch aerodynamisch geformt

wurde. Die Ventilierung des Schwing-

spulenträgers aus einem Glasfaser-

Material (Bild unten rechts) dient dem

gleichen Ziel, Kompressionseffekte so

gering wie möglich zu halten.

Über den Esotar2-Hochtöner muss

man nicht mehr viele Worte verlieren,

die klanglichen Vorzüge dieser 28-Milli-

meter-Kalotte sind uns aus den größeren

Dynaudio-Modellen wohlbekannt. In der

Contour 20 arbeitet sie ab 2.200 Hertz,

es kommt ein starker Neodymmagnet

zum Einsatz, und der Dom der Kalotte

wird in einem ultrapräzisen Verfahren

beschichtet. Die Absorptionskammer

mit einem kegelförmigen Diffusor sorgt

dafür, dass möglichst viel vom rückwär-

tig abgestrahlten Schall geschluckt wird,

was sich positiv auf die Impulsgenauig-

keit auswirken soll.

Dass die Flankensteilheit der neuen

Contour-Frequenzweiche nicht mehr

erster, sondern zweiter Ordnung (12 dB

pro Oktave) ist, kommt einer kleinen

Kulturrevolution gleich. Zudem setzen

die Dänen neue Kupferspulen, Konden-

satoren und Widerstände ein, deren

Toleranzen sich nur in einem minima-

len Bereich bewegen dürfen. Bei Dyn-

audio ist so eine Aussage nicht etwa Mar-

keting-Getöse, sondern bitterer Ernst.

Auch an der Phasenoptimierung und

der Impedanzlinearisierung hat das

Team um Mark Thorup gearbeitet. Zu

guter Letzt war auch noch die Platine

dran, sie soll nunmehr unempfindlicher

gegen Resonanzen sein. Außer dem

Namen »Contour« ist von den

Vorgängern also nicht viel übrig

geblieben. Ob sich all diese

Maßnahmen auszahlen, muss

sich im Hörraum zeigen – dort

wird die Stunde der Wahrheit

schlagen.

Doch vorher geht es ans Aus-

packen, was nicht weiter der Re-

de wert wäre, wenn nicht auch

die Kartonage in neuem Ge-

wand daherkommen würde.

Die erinnert trotz ihrer Größe

an die Verpackung eines Smart-

phones: Nach dem Abnehmen

der zusammenhaltenden Um-

Durchmesser um zwei auf jetzt 5,5 Zenti-

meter verringert. Diese Modifikation soll

auch bei sehr hohen Lautstärken und tief-

sten Frequenzen symmetrische Ein- und

Ausschwingvorgänge gewährleisten – der

Lautsprecher soll seine Klangeigenschaf-

ten schließlich unabhängig vom Pegel

bewahren. An dieser Stelle passt dann

noch die Anekdote, dass Dynaudio für die

Verklebung von Spule und Membran auch

noch einen neuen Klebstoff gesucht hat,

denn unterschiedliche Kleber führen

hifi & records 4/2016

Der neue Tiefmitteltöner 18W55 (links)

mit Doppelmagnet und belüftetem

Schwingspulenträger (Bild rechts). Die

Anschlussklemmen liefert WBT (oben).

hüllung lässt sich der Karton in zwei

Teilen auseinandernehmen. Ein elegan-

tes Konzept, welches das Bild der neuen

Contour harmonisch abrundet.

Im Hörraum nahm die 15,5 Kilo-

gramm schwere Contour 20 auf sand-

gefüllten Füßen von Audio Magic Platz.

Aus Erfahrung weiß ich, dass Dynaudio-

Schallwandler einiges an Einspielzeit

benötigen. Bevor ich mich also zum

ersten Hören vor den Lautsprechern ein-

fand, hatten die bereits gute 70 Stunden

an den Audionet-Monoblöcken AMP

gespielt. Allan Taylor, der Mann mit der

sonoren Stimme und der Gitarre, ist

meist solo zu hören. Doch auf seinem

neuen Album »There Was A Time«, das

Stockfisch als SACD veröffentlicht hat,

wird er vom Göttinger Symphonie Or-

chester unter der Leitung von Christoph

Mathias Müller begleitet. »For What It’s

Worth« beginnt mit einer zarten Strei-

chersequenz, welche die Contour 20

hervorragend zeichnet. Taylors Stimme

bildet sie mit einer Akkuratesse ab, die

mich zunächst irritiert. Denn die räum-

liche Abbildung ist so holographisch, wie

man das von Elektrostaten kennt, aber

die Dynaudio fügt dieser Leichtigkeit

jetzt auch noch den korrekten Körper

hinzu. Was ein gutes Stichwort ist, denn

Tief- und Grundton sind so sauber aus-

geprägt, wie man das von einem hervor-

ragenden Standlautsprecher erwartet –

die Contour 20 ist

jedoch nur 44

Zentimeter hoch.

Während das Al-

bum läuft, korri-

giere ich ein paar

Mal den Grad der

Einwinkelung, bis

das Klangbild »ein-

rastet« – jetzt sind

L A U T S P R E C H E R

4/2016 hifi & records

die Vorbereitungen für das Musikhören

abgeschlossen.

Warum mir beim Blick auf die Con-

tour 20 als Nächstes »I Love You Too

Much«, ein wunderbares Instrumental-

stück von Carlos Santana, einfällt, liegt

nahe. Sie bildet das virtuose Gitarren-

spiel hochgradig präzise ab: Zu hören ist

das, was sich auf dem Tonträger befin-

det. Weder Gehäuse noch Chassis fügen

dem Signal Anteile hinzu oder halten

gar etwas von der akustischen Informa-

tion zurück. Davon profitiert auch »Cha-

sing Shadows« von den Maximum Groo-

ves. Das Klangbild erstrahlt in voller

Größe und mit perfekter Durchzeich-

nung bis in die Tiefe. Hier zeigt sich er-

neut, dass das neue Tiefmitteltonchassis

dank Bassreflexunterstützung in der La-

ge ist, auch tiefste Töne ohne das klein-

ste Anzeichen einer Anstrengung zu re-

produzieren. So treibt die Dynaudio den

Beat voran und überlässt der Trompete

mit ungebremster Energie das Feld. Im

Vergleich zu anderen Schallwandlern

besticht die Glaubwürdigkeit, mit der

die Contour 20 das Instrument abbildet.

Man könnte wirklich meinen, dass der

Musiker im meinem Hörraum spielt.

Großes akustisches Kino inszeniert

die Contour 20 auch mit Arvo Pärts

Komposition »Lamentate« – sicher kei-

ne Musik für jeden Geschmack. Aber

wer eine Antenne für die feinen, kleinen

Töne des estländischen Komponisten

hat, der will sie in bester Qualität hören.

Denn das Verhältnis von emotionaler

Wirkung und Klangqualität ist fraglos

proportional. Je genauer der Lautspre-

cher die Pegelunterschiede wiedergeben

kann, je besser er die räumliche Abbil-

dung beherrscht, desto eindrucksvoller

wird das Hörer-

lebnis. Wer das

nachvollziehen

möchte, dem

empfehle ich

den Einstieg bei

»VII. Striden-

do«. Strahlende

Bläser, Pauken-

schläge und ein

aufgeregtes Kla-

vier verschmel-

zen zu einem

schräg-reizvol-

len Ganzen und

enden dann im

entspannten »VIII. Lamentabile«. Es ist

erstaunlich, wie die Contour Luft in das

Geschehen bringt. Sie befreit die Töne

aus der Konserve und erweckt sie reali-

stisch zum Leben – ein größeres Kom-

pliment gibt es kaum. Und es ist nicht

die klangliche Qualität alleine, die be-

geistert, sondern vor allem ihre Fähig-

keit, den Hörer mit in die Musik zu neh-

men, ihm die Botschaft mitzuteilen und

damit schlussendlich eine wertvolle Er-

fahrung zu liefern.

Mit dem Tausch des Orchesters gegen

das Schweizer Duo Yello ändert sich

musikalisch alles, aber die feinen Eigen-

schaften der Contour 20 bleiben erhalten.

Hier ging es mir noch einmal darum,

ihren Umgang mit den tiefen Oktaven

zu testen. »Kiss In Blue« blubbert bei

Möchtegern-Tieftonspezialisten undefi-

niert vor sich hin, doch die Dynaudio

setzt klare Maßstäbe, wie dieser Titel zu

klingen hat. Zunächst sind es die ener-

L A U T S P R E C H E R

Der enorme Aufwand

für die neu entwickel-

te Contour-Serie hat

sich gelohnt, Dynaudio hat mit der Con-

tour 20 einen Schallwandler geschaffen,

der einem bei völliger Genre-Freiheit

Klangerlebnisse auf höchstem Niveau

liefert. Selten habe ich einen Lautspre-

cher gehört, der eine so kultivierte tona-

le und räumliche Balance bietet. Der bis

ins kleinste Detail gehende Entwick-

lungsextremismus hat die mit Abstand

besten Contour-Lautsprecher hervorge-

bracht, die es je gab. Olaf Sturm

FazitDynaudio

Contour 20

BxHxT 21,5 x 44 x 35,5 cm

Garantie 8 Jahre

Preis 4.500 Euro

Vertrieb Dynaudio Germany

Ohepark 2

21224 Rosengarten

Telefon 04108 - 4180-0

getischen Bassschläge, die tief und nicht

übertrieben erklingen – erstaunlich bei

dieser Gehäusegröße. Hinzu kommt

auch hier die Stimmenabbildung, die

ganz deutlich zeigt, welche Arbeit im

Studio für diese Qualität notwendig war.

Die Contour hegt keinerlei Neigung,

auch nur eine Kleinigkeit zu schönen.

Stammt eine Aufnahme aus den 60er-

Jahren, dann hört man das genauso wie

ein sauber produziertes Recording von

heute. Entscheidend ist aber, dass die

Musik beim Hörer ankommt, und die-

ser Anforderung leistet die Dynaudio

Contour 20 hundertprozentig Folge.

Labor-Report

Mit der Contour 20 ist Dynaudio er-

neut ein überaus neutraler Laut-

sprecher gelungen. Die Frequenzgänge

sind bei leicht zurückgenommenen Prä-

senzlagen sehr ausgewogen. Über das

horizontale Abstrahlverhalten gemittelt,

liegt die Linearität bei erstklassigen

±2,0dB, unter 15 Grad sogar bei exzel-

lenten ±1,7dB. Die Bassreflexunterstüt-

zung ist tief abgestimmt (siehe Raum-

akustik-Frequenzgang). Die Empfindlich-

keit liegt bei 84 Dezibel (2,83V /1m und

500 -5.000 Hz), die Impedanz exakt auf

Vier-Ohm-Niveau. Erstklassig gemacht.

Frequenzgang horizontal 0°/15°/30°

Impedanz Dynaudio Contour 20

Wasserfall Dynaudio Contour 20

Tonale Balance im Raum, auf Achse

Messabstand 1,0 Meter, 1/1 Oktave

Minimum: 4,0 Ω @ 275 Hz

Die Contour 20 erhielt den besten Dyn-

audio-Hochtöner. Der Esotar2 ist nach

wie vor eine der feinsten großen Gewe-

bekalotten, die der Markt zu bieten hat.

blaue Kurve:Bassreflex geschlossen

© monomedia Verlag, Schwabstraße 4, D-71106 Magstadt, Telefon 07159 / 949853, Fax 949530, www.monomedia.dehifi & records erscheint viermal jährlich, Jahres-Abonnement Inland v 46, Ausland v 56hifi & records 4/2016