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Seite 1 von 14 Hilfe für Äthiopien Todtmoos-Rütte, Dezember 2013 Liebe Freunde und Förderer unserer Äthiopien-Hilfe, endlich ist es soweit, daß ich den Bericht über unsere diesjährige Reise nach Addis Abeba und die da- mit verbundenen Hilfsaktivitäten zugunsten unserer dort lebenden "Schützlinge" vorlegen kann. Es war für mich das achte Mal, daß ich nach Äthiopien geflogen bin, und wiederum war es eine in allen Belan- gen erlebnisreiche und berührende Reise. Doch der Reihe nach! Am Sonntag, den 20. Oktober 2013, flogen wir gegen 22 Uhr von Frankfurt a. M. durch die Nacht di- rekt bis nach Addis Abeba. "Wir" - das sind Azeze, unser äthiopischer Freund, der seit ca. 30 Jahren mit seiner Familie in Weil am Rhein lebt und mich jedes Jahr als Dolmetscher begleitet, und meine We- nigkeit; mit dabei war auch Azezes Mutter Hagushe, die in Addis Abeba ein kleines Lehm-Häuschen besitzt, in welchem wir während unseres Aufenthaltes Gast sein durften. Am Montagmorgen, 21. Oktober, um 6:15 Uhr Ortszeit, landeten wir in der äthiopischen Hauptstadt. Der offizielle Name des Flughafens ist "Addis Ababa Bole International Airport Terminal 2": Die Zeitverschiebung betrug nur eine Stunde, so daß der Flug insgesamt gut sieben Stunden gedauert hatte. Die Fahrt vom Flughafen mit einem klapprigen Transporter zu Hagushes Lehmhaus im Addis- Abeba-Stadtteil "Gofa" nahm nur wenige Minuten in Anspruch, denn Gofa liegt in unmittelbarer Nähe zum Flughafen. In den folgenden Tagen und Nächten "begleiteten" uns folglich die landenden und star- tenden Flieger im Minutentakt...

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Hilfe

für Äthiopien

Todtmoos-Rütte, Dezember 2013

Liebe Freunde und Förderer unserer Äthiopien-Hilfe,

endlich ist es soweit, daß ich den Bericht über unsere diesjährige Reise nach Addis Abeba und die da-

mit verbundenen Hilfsaktivitäten zugunsten unserer dort lebenden "Schützlinge" vorlegen kann. Es war

für mich das achte Mal, daß ich nach Äthiopien geflogen bin, und wiederum war es eine in allen Belan-

gen erlebnisreiche und berührende Reise. Doch der Reihe nach!

Am Sonntag, den 20. Oktober 2013, flogen wir gegen 22 Uhr von Frankfurt a. M. durch die Nacht di-

rekt bis nach Addis Abeba. "Wir" - das sind Azeze, unser äthiopischer Freund, der seit ca. 30 Jahren

mit seiner Familie in Weil am Rhein lebt und mich jedes Jahr als Dolmetscher begleitet, und meine We-

nigkeit; mit dabei war auch Azezes Mutter Hagushe, die in Addis Abeba ein kleines Lehm-Häuschen

besitzt, in welchem wir während unseres Aufenthaltes Gast sein durften.

Am Montagmorgen, 21. Oktober, um 6:15 Uhr Ortszeit, landeten wir in der äthiopischen Hauptstadt.

Der offizielle Name des Flughafens ist "Addis Ababa Bole International Airport Terminal 2":

Die Zeitverschiebung betrug nur eine Stunde, so daß der Flug insgesamt gut sieben Stunden gedauert

hatte. Die Fahrt vom Flughafen mit einem klapprigen Transporter zu Hagushes Lehmhaus im Addis-

Abeba-Stadtteil "Gofa" nahm nur wenige Minuten in Anspruch, denn Gofa liegt in unmittelbarer Nähe

zum Flughafen. In den folgenden Tagen und Nächten "begleiteten" uns folglich die landenden und star-

tenden Flieger im Minutentakt...

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Wie schon im vergangenen Jahr wurden wir auch dieses Mal sehr herzlich von Negassi, dem in

Hagushes Haus lebenden Neffen von Azeze, sowie weiteren Untermietern herzlich begrüßt. Wir Euro-

päer müssen uns immer wieder vor Augen halten, daß in Äthiopien auf wenigen Quadratmetern un-

gleich mehr Menschen leben, als es bei uns vorstellbar wäre. So sind auch in Hagushes Haus die

Räume untervermietet, und es herrscht dort ein quirrliges Miteinander von vielen Menschen.

Nachdem wir uns ein wenig ausgeruht hatten - die Nacht im Flugzeug ist ja doch nicht wirklich erhol-

sam -, kamen über den gesamten weiteren Tag verteilt zahlreiche Menschen (Freunde, Verwandte,

Nachbarn) zu Besuch, um uns zu begrüßen, willkommen zu heißen, die neuesten Nachrichten auszu-

tauschen und uns wiederzusehen bzw. auch neu kennenzulernen. Da die Äthiopier ein sehr gastfreund-

liches Volk sind, gehören solche Begrüßungs-"Rituale" unbedingt zum Alltagsgeschehen dazu; und als

inzwischen - wie eingangs schon gesagt - zum achten Mal nach Addis Abeba Reisender gehöre ich in

dieser Wohngegend offenbar bereits ein wenig "dazu" und bin bekannt als der "Mann aus Deutschland

von der Äthiopien-Hilfe"...; verständlicherweise ist so mancher Besuch mit der Hoffnung verbunden,

die eigenen Kinder mögen doch bitte auch ins Hilfs-Programm aufgenommen werden. So nachvollzieh-

bar dieser Wunsch und diese Anfrage auch immer sind, so wichtig ist es, erforderlichenfalls "nein" sa-

gen zu können; denn in unserer "Äthiopien-Hilfe" wollen wir einzelnen Kindern und Jugendlichen eine

jeweils mehrjährige Hilfe und Unterstützung zukommen lassen - eine Art "Hilfe zur Selbsthilfe", auf

daß diese Kinder in ihrem eigenen Land mit Hilfe einer qualifizierten Ausbildung ein besseres Leben

führen können. Dieses Konzept würde nicht aufgehen, wenn wir vielen Kindern und Jugendlichen für

nur ein oder zwei Jahre helfen würden; denn nach Ablauf dieser Zeit stünden sie wieder vor dem

Nichts. Erfreulicherweise ist es mir gelungen, dieses Konzept den Besuchern und Anfragenden erläu-

tern zu können, und die meisten zeigten - teilweise zwar ein wenig enttäuscht und traurig - Verständ-

nis und begrüßten schlußendlich sogar unsere Vorgehensweise, weil ihnen die Nachhaltigkeit dieses

Konzeptes einleuchtete.

Am nächsten Morgen machten wir uns gleich auf den Weg, um unsere ersten beiden Schützlinge wie-

derfinden zu können: Yared (6 Jahre alt) und Henok (knapp 8 Jahre alt). Wir hatten die beiden - zu-

sammen mit ihrer Mutter Almaz - im vergangenen Jahr kennengelernt und neu in unser Hilfsprojekt

aufnehmen können. Sie "wohnten" in einem Slum in der Nähe eines Neubaugebietes, das im Entstehen

war. Zur Erinnerung ein Blick in die "Küche" der drei im Oktober 2012:

Wir hatten die Information bekommen, daß das Neubaugebiet inzwischen fertiggestellt sei und die Re-

gierung den alten Slum dem Erdboden gleichgemacht habe, was dazu führte, daß wir nicht wußten, wo

die drei inzwischen leben. Anhaltspunkt war für uns die Schule, in der wir im vergangenen Jahr für bei-

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de Jungen die Gebühren für das Schuljahr 2012/2013 entrichtet hatten, sodaß wir die Hoffnung heg-

ten, über eben diese Schule die Jungen und dann auch ihre Mutter wiederfinden zu können. Und wir

hatten Glück! Auf dem nächsten Foto sehen wir im Eingangstor der Schule die Mutter Almaz (mit ro-

tem Kopftuch), neben ihr Tsehaye (Azezes Schwägerin); hinter der Tür - mit weißem Kittel - eine

Schulangestellte sowie Gebremeskel, ein Mieter in Hagushes Haus, der uns freundlicherweise mit

seinem Auto zur Schule gebracht hatte.

In der Schule erfuhren wir dann, daß Yared und Henok ein erfolgreiches Schuljahr absolviert hatten.

Hier ein Blick in das Zeugnis von Henok:

Bezüglich der Altersangabe (Henok ist hier mit " Age 6" eingetragen) muß man berücksichtigen, daß es

in Äthiopien kein Meldewesen gibt und die wenigsten Menschen ihr genaues Geburtsdatum kennen. Da

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Almaz, die Mutter von Henok und Yared, nicht lesen und nicht schreiben kann, hat sie das genaue Ge-

burtsdatum ihrer Kinder nirgendwo eingetragen. Sie sagt aber, daß Henok inzwischen knapp acht und

Yared sechs Jahre alt seien. Die Schulleistung von Henok (obiges rechtes Foto, Zeile "Average", rechte

Spalte "82,3%") liegt im Bereich unserer deutschen Schulnote "Gut". In Yareds Zeugnis (untere Fo-

tos) sehen wir eine Gesamtleistung von sogar "90%", was einem "Sehr gut" ("Excellent") entspricht:

Ja, und dann kamen die beiden aus ihrem Klassenzimmer zu uns ins Schulsekretariat, um uns zu be-

grüßen (auf dem rechten Foto mit Schuldirektor und Klassenlehrerin):

Mit seinen sechs Jahren ist Yared natürlich ein besonders "süßer Fratz". Von der Lehrerin wird er als

außergewöhnlich fleißig und strebsam beschrieben; auch sei der Zusammenhalt zwischen den beiden

Brüdern ausgesprochen eng und hilfreich.

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Bekanntermaßen leidet der ältere Henok seit seinem Kopfunfall im zweiten Lebensjahr an einer links-

seitigen spastischen Lähmung, die - so berichtete die Klassenlehrerin seufzend - mitunter auch zu ei-

nem schwierigen Sozialverhalten gegenüber anderen Kindern führt. Henok erlebe oftmals, daß er sich

nicht so bewegen und mitmachen könne wie seine Altersgenossen, was neben Trauer auch mitunter zu

Wutanfällen bei ihm führe. Auf gutes Zureden vor allem seines kleinen Bruders Yared hin seien solche

Probleme aber relativ selten, und Henok könne meist rasch wieder beruhigt werden.

Mit großer Freude haben wir Henok zwei kindgerechte Geh-Hilfen überreichen können, die im Sommer

2013 von einer Familie im hessischen Dillenburg dankenswerterweise gespendet worden waren. Mit

ihnen kann er nun erstmals ohne fremde Hilfe gehen und stehen:

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Nachdem wir - gegen Ausstellung von entsprechenden Quittungen - die Gebühren für das neue Schul-

jahr (von September 2013 bis Juni 2014; in den Monaten Juli und August sind Sommerferien) entrich-

tet hatten, verabschiedeten wir uns - nicht ohne der Mutter noch eine finanzielle Unterstützung für den

Lebensunterhalt der kommenden Monate zu überreichen; denn nachdem der alte Slum abgerissen

worden war, mußten die drei in einen anderen Slum umziehen, in welchem ihre Lebensbedingungen

weiterhin katastrophal sind, was ich mit eigenen Augen anschauen mußte.

Anschließend machten wir uns auf den Weg, um die drei Mädchen Fana, Martha und Netsanet aufzu-

suchen. Zur Erinnerung zwei Fotos aus dem Jahr 2010, als wir die drei Mädchen zum ersten Mal ken-

nenlernten und sie damals noch in ihrer ärmlichen Stroh- und Holzhütte hausen mußten:

In dem deutlich sicheren und stabileren Häuschen aus Stein, in dem die drei aufgrund unserer "Äthio-

pien-Hilfe" inzwischen leben können, trafen wir zunächst die beiden älteren Mädchen Netsanet (ca.

21 Jahre) und Martha (ca. 19 Jahre) an, die inzwischen zu zwei hübschen jungen Damen herange-

wachsen sind, was besonders deutlich wird, wenn sie (Foto rechts) vom Fotografen zu einem freundli-

chen Lächeln aufgefordert werden... :-))

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Über das Lebensschicksal der drei Mädchen hatte ich ja bereits im Newsletter 2010 berichtet; hier ein

Ausschnitt daraus:

Und da ist noch die kleine Fana (genannt Fruit) - 11 Jahre alt, die mit ihren beiden älteren

Schwestern in einem Holzverschlag haust. Fana war drei Monate alt, als ihr Vater starb; und

2004 ist auch die Mutter an Aids verstorben. In ihrer Verzweiflung war die älteste Schwester

Netsanet schon mehrfach nahe daran, als Prostituierte arbeiten gehen zu müssen; an einen gere-

gelten Schulbesuch war schon gar nicht zu denken. Seit wir im Schulsekretariat waren, können

Fana und ihre 16jährige Schwester Martha regelmäßig die Schule besuchen. Ihre älteste Schwes-

ter Netsanet sorgt als Markt-Verkäuferin für das tägliche Brot.

Zwischenzeitlich haben sich aufgrund unserer "Äthiopien-Hilfe" die Lebensbedingungen der Mädchen

deutlich verbessert: So kann Netsanet momentan eine einjährige Ausbildung zur Kosmetikerin absol-

vieren, um danach mit dieser Arbeit noch mehr als bisher existentiell "auf eigenen Füßen" stehen zu

können. Besonders erfreulich ist, daß Martha im Sommer 2013 die 12. Schulklasse erfolgreich beendet

hat und ein ausgezeichnetes Abitur erlangen konnte. Da sie Freude am Lernen hat, ist ihr größter

Wunsch an uns, die Universität besuchen zu dürfen; und zwar möchte sie gerne Bau-Ingenieurin an

der Hawassa-Universität (ca. 270 km südlich von Addis Abeba) werden. Zunächst - so erzählt Martha

- habe sie den Wunsch verspürt, Medizin zu studieren. Aber im Laufe der Zeit sei ihr klar geworden,

daß sie auf diesem Weg doch zu stark an den Tod ihrer Mutter erinnert werden würde, die ja an AIDS

verstorben war. Deswegen habe sie auf Bau-Ingenieur-Wesen "umgeschwenkt", wobei - wie bei einer

jungen Studentin eigentlich nicht anders zu erwarten - dieser Wunsch sich im Laufe des ersten oder

zweiten Semesters auch evtl. noch ändern wird.

Nun sind die Universitäten in Äthiopien staatliche Einrichtungen, bei denen weder für das Studieren

noch für Unterkunft und Verpflegung in den universitätseigenen Studentenheimen Gebühren entrichtet

werden müssen. Dennoch sind nicht unerhebliche Finanzmittel während eines Studiums erforderlich -

und zwar für Fahrtkosten, für die vorgeschriebene (einheitliche) Studentenkleidung, für einen eigenen

abschließbaren Schrank, sodann für Bettwäsche sowie insbesondere für Bücher, Schreibmaterial und

weitere Utensilien, die für das jeweilige Semester erforderlich sind. Dank der uns zur Verfügung ste-

henden Finanzen unserer "Äthiopien-Hilfe" konnten wir Martha die Zusage geben, daß sie an der Uni-

versität mit dem Studium beginnen kann, worüber sie natürlich überglücklich ist. Studiennachweise

werden wir im kommenden Jahr schriftlich erhalten. Darüberhinaus haben wir den drei Mädchen eben-

falls eine Unterstützung des häuslichen Lebensunterhaltes zugesichert (dieses Geld haben wir aus

Sicherheitsgründen Tsehaye (Azezes Schwägerin) ausgehändigt, die allmonatlich bei den Mädchen

nach dem Rechten schaut und dann jeweils den nächsten Monatsbetrag übergeben wird).

Nachdem wir den Besuch bei Netsanet und Martha beendet hatten, machten wir uns auf den Weg,

um Fana (ca. 14 Jahre), die jüngste der drei Mädchen, in der Schule anzutreffen. Vom dortigen Schul-

direktor erfuhren wir, daß sich Fana im Unterricht sehr bemühe und nach Kräften mitarbeite; ihre Leis-

tungen liegen momentan bei "befriedigend" (siehe rechtes Foto: "70.3%")

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Leider aber hat sich die gesundheitliche Situation von Fana verschlechtert. Wir wissen, daß Fana "HIV

positiv" ist; offenbar hatte sich ihre Mutter zwischen der Geburt des zweiten und des dritten Mädchens

mit dem HI-Virus angesteckt, sodaß Netsanet und Martha gesund sind, Fana hingegen infiziert ist.

Und inzwischen zeigen sich leider die ersten Anzeichen der Erkrankung: So klagt Fana über wiederkeh-

renden Husten, Durchfall und vor allem Schlafprobleme; auch ist sie in ihrer gesamten körperlichen

Entwicklung noch nicht im Stadium eines 14jährigen Mädchens. Über all das ist Fana natürlich sehr

traurig, und sie hat viel geweint, als sie uns alles erzählte. Trotzdem bemüht sie sich intensiv, ihre Le-

bensfreude nicht zu verlieren.

(Fana vor dem Eingang zum Schulsekretariat)

So ernüchternd und tragisch es ist - man muß der Wahrheit ins Auge sehen, daß in Äthiopien "Aids" ein

enormes und landesweites Problem darstellt. Die Zahl der infizierten Menschen (überwiegend Frauen)

hat in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. Das wiederum bedeutet: Wer sich in Äthiopi-

en für Kinder und Jugendliche engagiert, muß evtl. auch dem HIV-Problem begegnen und versuchen,

entsprechende Hilfestellungen zu leisten. Und so ergeht es auch unserer "Äthiopien-Hilfe": Wir bemü-

hen uns, unserer kleinen Fana alle in Äthiopien mögliche ärztliche und medikamentöse Hilfe zukom-

men zu lassen. Konkret heißt das, daß wir mit Fana in verschiedene Kliniken gegangen sind, um ihre

gesundheitliche Verfassung überprüfen zu lassen. Leider hat sich in einem erneuten Aids-Test Fanas

HIV-Infektion bestätigt - allerdings gottlob noch auf einem relativ niedrigen Erkrankungs-Niveau. Das

heißt, die jetzt aufgetretenen Symptome (z. B. der Husten) können mit Medikamenten hoffentlich wie-

der etwas zurückgedrängt werden. Auch bekommt Fana mehrere Aids-Medikamente, um z. B. die

Vermehrung des HI-Virus in ihrem Körper einzudämmen und das Immunsystem zu stärken. Erfreulich

ist, daß die Aids-Medikamente in Äthiopien überwiegend sog. Generika sind; d. h. der Wirkstoff ist

identisch zu den Medikamenten in Europa, jedoch sind die Kosten in Äthiopien deutlich niedriger -

wenngleich für die Ärmsten der Armen immer noch unerschwinglich. Dank unserer "Äthiopien-Hilfe"

können wir für Fana alle diese Medikamente ermöglichen und haben entsprechende Gelder hinterlegt.

Ich werde in den kommenden Monaten versuchen, sowohl in telefonischen wie auch Email-Kontakten

auf dem neuesten Stand bzgl. der Befindlichkeit von Fana zu bleiben, und evtl. weitere Hilfs-Maß-

nahmen einleiten. Selbstverständlich haben wir auch in Fanas Schule die Gebühren für das neue

Schuljahr entrichtet, damit - so gut es möglich ist - der "normale" Lebensablauf für Fana erhalten

bleibt.

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Am Morgen des nächsten Tages wurde für uns zunächst ein Frühstück zubereitet. Auf dem linken Foto

ist Tsehaye gerade dabei, in der Küche unserer Unterkunft das Rührei auf einem kleinen Öfchen zu

brutzeln; rechts zeigt uns Kibrom - ein Flüchtling aus Eritrea und Freund des Hauses - die Spülküche,

in der das Geschirr gewaschen wird:

Ich habe zwei kleine Videos gedreht, auf denen Einblicke in unsere Unterkunft zu sehen sind:

(A) Die Spül-Ecke und die Küche, in der Negassi (Azezes Neffe) eine Mahlzeit vorbereitet; ne-

ben ihm steht Kibrom. In der Küche steht auch das Bett, in dem aus Platzgründen beide Männer

schlafen.

Zum Anschauen des Videos den nachfolgenden Link klicken: http://s238.photobucket.com/user/Ethiopia2007/media/2013/VideoNegassiKueche_zps7602ed03.mp4.html

(B) Negassi beim Wäsche-Waschen. Der Wasserhahn ist die einzige Wasserquelle für ca. 15 Per-

sonen im gesamten Wohnareal (mich eingeschlossen :-)). Übrigens lernt Negassi ein wenig

Deutsch; deswegen der sein Tun erläuternde Ausruf "der Waschmaschine" (naja, mit den Artikeln

ist es in der deutschen Sprache ja auch wirklich schwer!! :-)

Zum Anschauen des Videos den nachfolgenden Link klicken: http://s238.photobucket.com/user/Ethiopia2007/media/2013/VideoNegassiWaesche_zps7caccfc6.mp4.html

(Hinweis: Sollte das Anklicken nicht klappen, bitte den jeweiligen Link kopieren und in die Adreß-

zeile des Browsers einfügen!)

Unser nächstes Ziel war die Schule von Hannah (ca. 15 Jahre). Sie ist die Schwester von Mikias (ca.

19 Jahre), und beide gehören seit 2010 zu unseren Schützlingen. Beide haben 2004 kurz hintereinan-

der sowohl Vater als auch Mutter verloren, die offenkundig an Aids verstorben sind. Hannahs Schule

war im vergangenen Jahr vom Status einer Privat-Schule übergegangen in eine staatliche Schule, was

zugleich bedeutet, daß keine Schulgebühren mehr entrichtet werden müssen. Da sich aber in Äthiopien

die Verhältnisse mitunter innerhalb weniger Monate ändern können, wollten wir auf jeden Fall Hannah

in ihrer Schule aufsuchen, um uns zu vergewissern, daß die Schule tatsächlich weiterhin in staatlichen

Händen und damit gebührenfrei ist, was sich auch bewahrheitete:

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Sehr erfreulich für uns war, sowohl Hannah als auch Mikias wiederzusehen und dabei erfahren zu

können, wie positiv vor allem Hannah sich im vergangenen Jahr entwickelt hat: Aus dem schüchter-

nen, selbstunsicheren Mädchen, das schulisch einige Schwierigkeiten zu bewältigen hatte, ist eine

deutlich selbstbewußtere Jugendliche geworden, wie die Gegenüberstellung der Fotos von 2010 und

2013 eindrücklich veranschaulicht; auch Mikias ist ein schmucker junger Mann geworden:

(Hannah (links) 2010 mit Opa und Oma und (rechts) 2013 mit Mikias)

Ebenfalls wollten wir für Mikias, der weiterhin die Polytechnische Oberschule (siehe unteres Foto vom

Oktober 2012) besucht, die Gebühren für das neue Schuljahr bezahlen. Allerdings mußten wir hier eine

weitere interessante Erfahrung machen: Als wir an der Pforte der Oberschule ankamen, waren die Tore

verschlossen, weil - so wurden wir unterrichtet - sämtliche Lehrer in einen Streik getreten waren und

deswegen der Schulbetrieb seit vergangenem Montag komplett ruhte. Somit war auch niemand im

Sekretariat erreichbar, und wir konnten die Schulgebühr für Mikias dieses Mal nicht direkt im Sekreta-

riat begleichen. Stattdessen haben wir der Großmutter das Geld überreicht und erhielten einige Tage

später telefonisch die Nachricht, daß die Oma die Gebühren inzwischen hatte bezahlen können; ein

entsprechender Quittungsbeleg liegt uns allerdings momentan noch nicht vor, sondern muß nachge-

reicht werden. Auch was die aktuellen Schulleistungen der beiden Geschwister anbetrifft, konnten wir

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uns leider noch nicht anhand von Zeugnissen ein

Bild verschaffen. Bei Hannah ist das auch nur

noch bedingt erforderlich, alldieweil sie ja zur Zeit

keine Mittel aus unserer "Äthiopien-Hilfe" benötigt;

und bei Mikias ist es dem Vernehmen nach etwas

fraglich, ob er weiterhin den Ansprüchen der Poly-

technischen Oberschule gerecht werden kann oder

evtl. doch in eine handwerkliche Ausbildung wech-

seln wird.

Was sich übrigens hier im Bericht so "leichtfüßig" anhört - nämlich der Weg durch die Stadt von einer

Schule zur anderen -, hat sich realiter seit meinem Besuch 2012 dramatisch verschlechtert. Der Ver-

kehr in Addis Abeba ist eine einzige Katastrophe. Zum Teil kommt man zwischenzeitlich zu Fuß

schneller voran als mit dem Auto. Hintergrund ist unter anderem, daß die Stadtväter von Addis Abeba

beschlossen haben, eine Untergrundbahn zu errichten, um den Verkehr zu entlasten.

Ein solches Ansinnen ist im Prinzip zweifelsfrei ein zukunftsweisendes und entlastendes Projekt; aber

die Umsetzung ist zunächst mit erheblichen Verschlechterungen verknüpft. Für die Bauarbeiten der

Untergrundbahn müssen für mehrere Jahre einige der befahrensten Verkehrsadern durch die Haupt-

stadt schlichtweg gesperrt werden; und die Umleitung der bislang größtenteils mehrspurig genutzten

Straßen erfolgt auf zumeist einspurigen Feldwegen - mit entsprechend katastrophalem Verkehrsauf-

kommen.

Selbstverständlich haben wir uns trotz dieser Widrigkeiten nicht davon abbringen lassen, als nächstes

unseren kleinen Thomas (ca. 11 Jahre) in seiner Schule zu besuchen. Auch hier zeigt ein Vergleich der

Fotos von 2010 und heute eindrucksvoll, wie der Junge sich entwickelt hat:

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(Thomas 2010 (links) und 2013 (rechts))

Allerdings scheint Thomas, der seinem Lächeln zufolge offenbar kein Wässerchen trüben könnte, leis-

tungsmäßig etwas nachgelassen zu haben und in seinem Verhalten mitunter ein rechter Lausbub ge-

worden zu sein, weswegen in seinem Zeugnis des vergangenen Jahres nur ein "Befriedigend"

("70,2%") bei seinen Leistungsergebnissen zu lesen ist sowie ein "B" für sein Betragen ("Conduct"; A =

gut, B = akzeptabel, C = mangelhaft):

Diesen Umstand berichtete mit hörbarem

Seufzen die Schul-Inhaberin, was unserem

Thomas, der dabeistand, sichtlich peinlich

war. Zugleich ließ die Inhaberin keinen Zwei-

fel an der grundsätzlich positiven Entwicklung

unseres Schützlings; offenbar komme er in

die bei äthiopischen Jugendlichen nicht

unüblicherweise bereits in diesem Alter be-

ginnende Pubertät...

Auch hier haben wir mit unserer "Äthiopien-

Hilfe" selbstverständlich die Gebühren für das

neue Schuljahr entrichtet, nicht ohne unse-

rem lieben Thomas ein ernstes Wort ins Ge-

wissen zu reden, was dieser mit schüchtern-

schelmenhaftem Lächeln entgegennahm.

Unser nächster Besuch galt Hermias (ca. 14 Jahre) und Jerusalem (ca. 11 Jahre), die wir seit Okto-

ber 2011 an unserem Hilfs-Projekt teilnehmen lassen können, nachdem im Mai 2011 der Vater an Aids

verstorben war und die Mutter Haimanoth (sie selbst ist Analphabetin) nicht mehr für die Schul-

gebühren der beiden Kinder hatte aufkommen können. Von der Schulleitung durften wir erfahren, daß

sich beide Kinder in der Schule gut weiterentwickeln, wobei insbesondere Jerusalem sehr gute Leis-

tungen zeigt.

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Bei der Sekretärin der Schule

(hier links im Bild) haben wir für

Hermias und Jerusalem eben-

falls für das neue Schuljahr die

entsprechenden Gebühren ent-

richtet. Mutter Haimanoth

(rechts) ist erleichtert und sehr

dankbar; ausdrücklich hat sie da-

rum gebeten, allen, die an der

"Hilfe für Äthiopien" beteiligt sind

und durch ihre Beiträge das exis-

tentiell unbeschwerte Vorankom-

men ihrer Kinder in der Schule

ermöglichen, auf das Herzlichste

zu danken. Diesen Dank leite ich

auch an dieser Stelle sehr gerne

an die Freunde und Förderer un-

serer Äthiopien-Hilfe weiter!

Auf diesem Foto konnte ich in

einem Klassenzimmer neben dem

Sekretariat drei Erstklässlerinnen

beim Lunch "einfangen". Die Äthi-

opier essen übrigens jede Mahl-

zeit mit den Fingern...

Aufgrund der guten finanziellen Ausstattung unserer Äthiopien-Hilfe konnten wir in diesem Jahr zwei

weitere Kinder bzw. Jugendliche - zunächst probeweise - in unser Projekt aufnehmen: Keleab

(12,5 Jahre) und Dawit (14,5 Jahre). Beide leben mit ihrer Mutter Alganesh in einer erbärmlichen

Hütte, die schätzungsweise 12 qm mißt. Der Vater hat die Familie verlassen, als die Mutter mit dem

zweiten Jungen schwanger war; seither müht sich Alganesh, mit Putzen und Waschen in fremden

Haushalten sich und die beiden Kinder zu ernähren. Auf den Fotos sieht man der Mutter die Sorgen

wahrlich "ins Gesicht geschrieben" an (übrigens schlafen alle drei in eben diesem einen Bett; und dort,

wo rechts der Wasserkocher steht, ist bereits die gegenüberliegende Wand:

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Obgleich insbesondere Keleab gute schulische Leistungen zeigt, konnte es die Mutter bislang den Kin-

dern nicht ermöglichen, von der staatlichen (mit deutlich schlechterem Unterricht) auf eine private

Schule zu wechseln. Im Gegenteil müssen die beiden Jungen täglich mehrere Stunden Erwerbsarbeit

verrichten, um zum Lebensunterhalt der kleinen Familie beizutragen. Wir haben die Hilfe für Keleab

und Dawit nun so gestaltet, daß wir für zunächst ein Jahr einen monatlichen Betrag zur Unterstützung

der Lebenshaltungskosten hinterlegt haben - eben jenen Betrag, den bislang die Jungen hinzuverdie-

nen mußten. Sollte sich im weiteren Verlauf zeigen, daß diese Erleichterung zu einer Verbesserung

ihrer schulischen Leistungen führen kann, wollen wir im kommenden Jahr beide Jungen auf einer Pri-

vatschule mit deutlich besserer Unterrichtsqualität anmelden.

Liebe Freunde und Förderer unserer Äthiopien-Hilfe! An dieser Stelle endet mein diesjähriger Bericht

über die jüngste Reise nach Addis Abeba. Dank Ihrer und Eurer großherzigen und großzügigen Hilfe

konnte auch in diesem Jahr wiederum "unseren" Kindern und Jugendlichen ein weiteres Stück auf ih-

rem WEG geholfen werden. Es ist "Hilfe zur Selbsthilfe"; es ist eine Unterstützung, die Räume und

Möglichkeiten schafft, auf daß die Kinder ihr Leben langfristig eigenständiger und unabhängiger führen

und gestalten können. Unsere inzwischen mehrjährige Erfahrung bestärkt uns in unserem Konzept:

angemessene und gut eingeteilte "Hilfe auf dem WEG" über mehrere Jahre hinweg, sodaß Schulab-

schlüsse und Ausbildungen, Begabungen und Talente langsam heranreifen können. Die Kinder dürfen

in ihrer Heimat verwurzelt und verankert bleiben und können zugleich - von erniedrigender Straßen-

und Sklavenarbeit befreit - ihre individuellen Fähigkeiten entfalten, um für sich selbst, ihre Familien

und ihre Heimat eine bessere Zukunft zu erwirken.

Die Dankbarkeiten, die uns auch in diesem Jahr mit Worten und vielmehr noch mit fröhlichen Gesich-

tern und in glücklichen Blicken entgegengekommen sind, kann ich hier unmöglich in angemessener

Weise wiedergeben. Nur soviel sei gesagt: Mit Ihren und Euren Spenden schenken wir Zuversicht,

Hoffnung und Perspektive für zumindest einige Menschen in einem der ärmsten Länder der Welt.

DANKE!

Herzlich grüße ich alle Freunde und Förderer am Beginn des diesjährigen Advents und wünsche eine

gesegnete und erfüllende Advents- und Weihnachtszeit!

Ihr und Euer

Josef Robrecht