Hintergrund Belarus 04.08.2014

Embed Size (px)

Citation preview

  • 5/21/2018 Hintergrund Belarus 04.08.2014

    1/7

    Hintergrund: Belarus Nr. 45 / August 2014 |1

    Belarus: Pragmatismus eines vermeintlichen Verbndeten

    Yauheni Preihermann

    Lange wurde Belarus als enger Verbndeter Russlands gesehen. In Autokratie und internationaler Iso-lation gleichen sich Minsk und Moskau. Dass Minsk auch in der Ukraine-Krise die Seite Moskaus ein-nimmt, scheint nur rational. Gleichwohl ist die Lage dort fr Belarus eine unerwartete Herausforde-rung.

    Die Situation vor der Ukraine-Krise

    Seit der letzten Prsidentschaftswahl 2010 haben folgende wesentliche Entwicklungen die belarussi-sche Innenpolitik, Wirtschaft und die internationalen Beziehungen geprgt. Whrend der Wahlkam-pagne vergab die Regierung grozgig sozi-ale Leistungen, um die fr die Wiederwahldes langjhrigen Staatschefs AlyaksandrLukaschenka notwendige Zustimmung zuerkaufen. Die populistischen Manahmendestabilisierten die Wirtschaft und strztendas Land in eine ernste Finanzkrise. Die Fol-

    gen waren 2011 die massive Abwertung desBelarussischen Rubels sowie eine hohe In-flation. Das lie die Umfragewerte des Pr-sidenten wieder dramatisch sinken undfhrte zu einer Reihe ffentlicher Proteste.Als diese an Umfang zunahmen, lsten dieMachthaber sie mit Gewalt auf und began-nen mit Repressionen gegen die aktivstenTeilnehmer. Entsprechend gewarnt, versuchtdie belarussische Regierung seitdem die Gunst des Volkes zu sichern, indem Gehlter und Lhne stei-gen (um 20 Prozentpunkte 2012 bis 2013), ohne dass die Arbeitsproduktivitt Schritt hlt (Anstieg nur2 bis 4 Prozentpunkte). Ende 2011 waren die Zustimmungsraten fr Lukaschenka mit 25% auf dem

    Hintergrund:

    Belarus

    Nr. 45 / 04. August 2014

    Der Unabhngigkeitsboulevard in der Hauptstadt Minsk. /Foto: FNF Kiew

  • 5/21/2018 Hintergrund Belarus 04.08.2014

    2/7

    Hintergrund: Belarus Nr. 45 / August 2014 |2

    Tiefpunkt.1Eine erdrckende Mehrheit der Belarussen machte Lukaschenko fr die Finanzkrise verant-wortlich und misstraute seiner Fhigkeit, die Situation langfristig zu verbessern. Steigende Einkommenfhrten jedoch wieder zu steigenden Zustimmungsraten.

    Fr den nchsten Prsidentschaftswahlkampf von 2015scheinen hhere Sozialausgaben bereits vorprogram-miert zu sein, wobei sinkende Devisenreserven und einsteigendes Auenhandels- und Leistungsbilanzdefizitdie erneute Whlerbestechung deutlich erschweren.Der Regierung bereiten die schwache Wirtschaftsleis-tung und alarmierende Prognosen mehr Sorgen als diepolitische Opposition, die schwach und zersplittert ist.Die Schwche der Opposition ist auch ein Resultat dergewaltsamen Niederschlagung der Proteste durch dasRegime nach der geflschten Prsidentschaftswahl im

    Dezember 2010. Das brutale Vorgehen der Polizei ge-gen eine friedliche Versammlung, ber 700 Festnah-men, darunter aller sieben Gegenkandidaten zu Luka-

    schenka, sowie eine Reihe politischer Gerichtsprozesse und Verurteilungen politischer Fhrer zu lang-jhrigen Haftstrafen haben die Opposition effektiv eingeschchtert. Dies fhrte auch zu einer andau-ernden Eiszeit in den EU-Belarus-Beziehungen. Gegenwrtig sind noch 243 einzelne Beamte und 32belarussische Unternehmen von europischen Sanktionen betroffen.

    Langsame Wendung gen Westen

    Ende 2012 wurde der ehemalige Chef der belarussischen Prsidialadministration, Uladzimir Makej,neuer Auenminister und versuchte sogleich, die Beziehungen zur EU zu normalisieren. Whrend Bela-rus der Hauptforderung der EU, alle politischen Gefangenen freizulassen, noch immer nicht nachge-kommen ist, nahmen die diplomatischen Kontakte zwischen Belarus und der EU deutlich zu. Die dip-lomatische Normalisierung hatte ihren vorlufigen Hhepunkt auf dem Gipfel der stlichen Partner-schaft im November 2013, als Makej die Absicht ankndigte, mit Brssel Gesprche zur Visa-Liberalisierung aufzunehmen. Die EU begrte das berraschende Angebot mit vorsichtigem Optimis-mus, nachdem ihre eigene Bereitschaft lange ignoriert worden war. Zwei Monate nach dem Gipfelunternahmen Belarus und die EU die ersten praktischen Schritte. So schien es, dass sich nach Jahren

    der politischen Konfrontation eine konstruktive Arbeitsagenda herausbildete. Diplomaten beider Ln-der hielten zudem weitere Arbeitstreffen ab, um auf der Regierungsebene ein Forum zur Modernisie-rung ins Leben zu rufen, das sich mit den Themen Wirtschaftspolitik, finanzielle Restrukturierung, Pri-vatisierung und der Frderung kleiner und mittlerer Unternehmen beschftigt.

    Russlandbeziehungen

    Schon lange sind die Belarus-Russland-Beziehungen turbulent. Lukaschenkas EU-Annherung, die inder Einladung in die stliche Partnerschaft ihren Hhepunkt fand im Anschluss an seine Weigerung,

    Sd-Ossetien und Abchasien anzuerkennen beantwortete Moskau mit einer Reihe schmerzhafter1Die wichtigsten Umfrageergebnisse im Dezember 2011, Independent Institute of Socio-Economic and Political Studies,10.12.2011,http://www.iiseps.org/reliz/13.

    Der Unabhngigkeitsboulevard in der Hauptstadt Minsk. /Foto: FNF Kiew

    http://www.iiseps.org/reliz/13http://www.iiseps.org/reliz/13http://www.iiseps.org/reliz/13http://www.iiseps.org/reliz/13
  • 5/21/2018 Hintergrund Belarus 04.08.2014

    3/7

    Hintergrund: Belarus Nr. 45 / August 2014 |3

    Attacken. Eine davon war ein Dokumentarfilm des russischen Staatsfernsehens, der den belarussischenPrsidenten des Mordes an politischen Rivalen bezichtigt. Im Dezember 2010 nur einige Tage vor derPrsidentschaftswahl war es schlielich Druck aus Russland, der Lukaschenka zwang, die Grn-dungsdokumente fr den Gemeinsamen Wirtschaftsraum Russland, Kasachstan und Belarus zu unter-

    schreiben.

    Seither hat das Verhltnis zwischen Moskau und Minsk wieder eine bedeutende eurasische Kompo-nente. Die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Lndern bleiben aber zentral, weil die Zoll-union und der Gemeinsame Wirtschaftsraum unzhlige Ausnahmen von freiem Waren-, Dienstleis-tungs-, Kapitalverkehr usw. enthalten, die nur in bilateralen Verhandlungen mit Moskau zu lsen sind.Hier setzt Minsk die eurasische Karte als Hebel ein, indem es die eigenen Zugestndnisse fr den eura-sischen Integrationsprozess vom Entgegenkommen Russlands im bilateralen Bereich abhngig macht.Eingebunden in die Eurasische Integration muss die belarussische Fhrung zwangslufig die Begren-zung der eigenen staatlichen Souvernitt hinnehmen, weswegen Lukaschenka im Gegenzug zumin-dest so viele wirtschaftliche Zugestndnisse wie mglich von Moskau zu erhalten sucht.

    So erreichte er bisher vor allem dringend notwendige russische Finanzhilfen, die etwa 15 bis 17% desbelarussischen BIP ausmachen und erheblich zur makrokonomischen Stabilitt von Belarus beitragen,etwa durch Preisnachlsse fr l und Gas. Russland gibt zudem Kredite, entweder direkt oder durchden Anti-Krisen Fonds der vom Kreml dirigierten Eurasischen Entwicklungsbank. Diese Art der Unter-sttzung war wesentlich dafr, dass Belarus die Finanzkrise von 2011 berstanden hat.

    Belarussische Reaktionen auf die Ukraine-Krise

    Fr die belarussischen Machthaber ist die Ukraine-Krise angesichts der dargestellten Abhngigkeiteine auerordentliche Herausforderung.

    Erstens ist der offene Konflikt zwischen der Ukraine und Russland eine ernsthafte Bedrohung des Ba-lance-Akts, in dem sich Belarus zwischen Russland und der EU versucht. Es ist nicht im InteresseMinsks, eine klare Anti-Ukraine-Haltung einzunehmen. Das wrde den belarussisch-ukrainischen Be-ziehungen schaden und die von Makej eingeleitete EU-Annherung untergraben.

    Zweitens sind EU-Lnder und die Ukraine fr Belarus wichtige Handelspartner.211,5% der belarussi-schen Exportgter gehen in die Ukraine, wodurch Belarus einen berschuss von $2.1 Milliarden er-wirtschaftet. Das sind fr Belarus wesentliche Einnahmen in Anbetracht seiner derzeitigen Leistungs-bilanz- und Auenhandelsdefizite und schlechter Wirtschaftsaussichten.

    Deshalb hielt man sich zunchst zurck, als die interne Krise in der Ukraine sich abzeichnete und zueiner direkten Konfrontation mit Moskau entwickelte. Schlielich konnten das Auenministerium undLukaschenka selbst es nicht mehr vermeiden, eine offizielle Position einzunehmen.

    Aus einer Reihe widersprchlicher und vager Stellungnahmen lassen sich drei wesentliche Punkte derbelarussischen Position herauslesen, die alle klar russischen Interessen widersprechen:

    Belarus wird mit jeder ukrainischen Regierung zusammenarbeiten.

    22013 machte der Warenhandel mit Russland 50% des belarussischen Auenhandels aus, jener mit der Ukraine 7,8%.Aber im Lnderranking kommt die Ukraine 2013 gleich nach Russland. Der gesamte Handelsverkehr Belarus mit der EU(29% 2013) ist noch deutlich umfangreicher als jener mit der Ukraine.

  • 5/21/2018 Hintergrund Belarus 04.08.2014

    4/7

    Hintergrund: Belarus Nr. 45 / August 2014 |4

    Belarus untersttzt die territoriale Integritt der Ukraine.

    Fderalisierung wrde die Ukraine ins Chaos strzen.

    Zur Abschwchung bedient sich Lukaschenka rhetorischer Tricks. Als er sich fr die territoriale Integri-tt der Ukraine aussprach, fgte er hinzu, dass die Krim de-facto Teil Russlands geworden sei.3Als erseine Bereitschaft erklrte, die Ukraine bei der Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung zu un-tersttzen, ergnzte er, dass Belarus, sollte es vor die Wahl gestellt werden, wegen der gemeinsamenGeschichte und bilateraler Vertrge immer auf Russlands Seite sein wrde.4 In diesem Sinn hat diebelarussische Regierung auch (vergebens) versucht, sich als Vermittler im Konflikt zu etablieren, wohlauch in der Absicht, so die Zustimmungsraten fr Prsident Lukaschenka im eigenen Land zu erhhenund das Image von Belarus in der Welt zu verbessern.

    Inzwischen hat die belarussische Rhetorik den Fokus gewechselt und stellt den Konflikt nicht mehr alsRussland-Ukraine-Konflikt dar, sondern als Konfrontation zwischen Russland und dem Westen. Minsk

    unterstreicht die Rolle der USA und der NATO im Zusammenhang mit den Geschehnissen in der Ukrai-ne und verweist auf die Verletzung russischer Sicherheitsinteressen, die sich daraus ergebe. In diesemKontext hat Lukaschenka Moskau auch MitteMrz die Stationierung von fnfzehn russi-schen Kampfflugzeugen in Belarus angeboten,als Antwort auf NATO-Aktivitten im Baltikumund in Polen. Lukaschenka holte damit denUkraine-Konflikt auf ihm bekanntes Terrain wie lassen sich Spannungen zwischen Ost undWest bestmglich fr eigene Interessen nut-zen.

    Die belarussische Gesellschaft reagierte imVergleich geradliniger auf die Ukraine-Krise.Russische Fernsehsender genieen in Belarushohe Popularitt, und obwohl sie zensiert wer-den, erreicht ihre Anti-Ukraine-Hysterie dasbelarussische Publikum. Deshalb ist es nichtberraschend, dass im Mrz durchgefhrte Meinungsumfragen eine deutliche Zunahme pro-russischerund eine Abnahme pro-europischer Stimmung dokumentieren. Die Zahl derer, die eine Integrationmit Russland gegenber der EU bevorzugen, sprang von 36,6% im Dezember 2013 auf 51,5% im Mrz

    2014, whrend die Zustimmung fr die EU im selben Zeitraum von 44,6% auf 32,9% sank.5

    Aber dieser Stimmungswandel ist nicht im Sinn der belarussischen Machthaber, die zu viel russischenEinfluss frchten. Deshalb widmete der belarussische Prsident in seiner Rede zur Nation im April der

    3Belarus Says Russia's Annexation of Crimea Sets a 'Bad Precedent', The Moscow Times, 24. Mrz 2014,http://www.themoscowtimes.com/news/article/belarus-says-russias-annexation-of-crimea-sets-a-bad-precedent/496633.html.4Alyaksandr Lukaschenka, State of the National Address to the Belarussian People in the National Assembly, President

    oft he Republic of Belarus, 22.4.14, http://president.gov.by/en/news_en/view/alexander-lukashenko-to-deliver-state-of-the-nation-address-on-22-april-8550/.5The Ukrainian Crisis and Lukashenkas Rating, Grigory Ioffe, Eurasia Daily Monitor, Volume 11, Issue 76, 24.4.14,http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews[tt_news]=42266&no_cache=1#.U9pTiKNHsuI .

    Unterfhrung in Minsk: Typische Bilder aus der Sowjetzeit. /Foto: FNF Kiew

    http://www.themoscowtimes.com/news/article/belarus-says-russias-annexation-of-crimea-sets-a-bad-precedent/496633.htmlhttp://www.themoscowtimes.com/news/article/belarus-says-russias-annexation-of-crimea-sets-a-bad-precedent/496633.htmlhttp://www.themoscowtimes.com/news/article/belarus-says-russias-annexation-of-crimea-sets-a-bad-precedent/496633.htmlhttp://president.gov.by/en/news_en/view/alexander-lukashenko-to-deliver-state-of-the-nation-address-on-22-april-8550/http://president.gov.by/en/news_en/view/alexander-lukashenko-to-deliver-state-of-the-nation-address-on-22-april-8550/http://president.gov.by/en/news_en/view/alexander-lukashenko-to-deliver-state-of-the-nation-address-on-22-april-8550/http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews%5btt_news%5d=42266&no_cache=1#.U9pTiKNHsuIhttp://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews%5btt_news%5d=42266&no_cache=1#.U9pTiKNHsuIhttp://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews%5btt_news%5d=42266&no_cache=1#.U9pTiKNHsuIhttp://president.gov.by/en/news_en/view/alexander-lukashenko-to-deliver-state-of-the-nation-address-on-22-april-8550/http://president.gov.by/en/news_en/view/alexander-lukashenko-to-deliver-state-of-the-nation-address-on-22-april-8550/http://www.themoscowtimes.com/news/article/belarus-says-russias-annexation-of-crimea-sets-a-bad-precedent/496633.htmlhttp://www.themoscowtimes.com/news/article/belarus-says-russias-annexation-of-crimea-sets-a-bad-precedent/496633.html
  • 5/21/2018 Hintergrund Belarus 04.08.2014

    5/7

    Hintergrund: Belarus Nr. 45 / August 2014 |5

    Ukraine-Krise viel Aufmerksamkeit.6Er begann mit dem alarmierenden Aufruf, die Nation zu vereini-gen und ihre Unabhngigkeit gegen die wachsende Instabilitt in Osteuropa zu verteidigen.

    Ich wende mich in schweren Zeiten an Sie. Die uns umgebenden Staaten haben sich in Bewegung

    gesetzt. In der Ukraine brodelt es, die Russische Fderation versucht, ihren vollen historischen Statuswieder einzunehmen. Staatsgrenzen geraten vor unseren Augen in Bewegung. () Wir mssen unserenkostbarsten Wert verteidigen die Unabhngigkeit von Belarus. Er fgte hinzu, dass Belarus in jegl i-

    chem externen Konflikt ruhig und unbeteiligtbleibe. Lukaschenka uerte, Belarus habe aberGrnde zur Sorge, ohne diese Grnde zu nennen.Die Essenz seiner Rede war, sich als Beschtzerder belarussischen Souvernitt zu prsentieren,die von allen Seiten bedroht werde.

    Die belarussische Opposition und eine Reihe

    zivilgesellschaftlicher Organisationenschlielichreagierten ebenfalls auf die Entwicklung in derUkraine. Viele Oppositionsfhrer und Aktivistenreisten nach Kiew, um sich der Majdanbewegunganzuschlieen. Die belarussische Zivilgesellschaftbekundete rasch ihre Untersttzung fr die Kie-

    wer bergangsregierung. Ein belarussisches Solidaritts-Komitee mit der Ukraine wurde gestartet. 7Die traditionellen Oppositionskundgebungen am 25. Mrz (dem inoffiziellen Freiheitstag) und 26. April(dem Jahrestag der Tschernobylkatastrophe) zeigten massenhaft ukrainische Fahnen. Die belarussi-schen Behrden versuchten nicht, diese Solidarittskundgebungen zu unterbinden.

    Bereits sichtbare Wirkungen der Ukraine-Krise Ausbau der EU-Beziehungen als Konsequenz!

    Mit seiner wirtschaftlichen Abhngigkeit von Russland und den ausgesetzten Beziehungen zur EUdrften die belarussischen Machthaber keine neue, weitgehende EU-Annherung verfolgen. Stattdes-sen unterzeichnete Lukaschenka am 31. Mai den Grndungsvertrag der Eurasischen Wirtschaftsunion,nachdem der Kreml dafr, so der belarussische Prsident, einem neuen Kredit von $2,5 Milliarden und

    Einnahmen Belarus in Hhe von $1,5 Milliarden durch den Export von lprodukten zugestimmt hat.

    8

    Russlands aggressive Politik in der Ukraine schrt die ngste der belarussischen Fhrung. Lukaschenkaist ein autoritrer Staatsfhrer, der alles frchtet, was seine Macht einschrnken knnte. Dass Russ-land die eigenen Interessen ber alle anderen im postsowjetischen Raum stellt, lsst Lukaschenka

    6Die Zustimmung fr Lukaschenka scheint durch die Ukraine-Krise zugenommen zu haben. Fortlaufenden wirtschaftlichenSchwierigkeiten und verlangsamtem Wachstum zum Trotz stieg seine Zustimmungsrate nach Umfragen des IISEPS von34,8% im Dezember 2013 auf 39,8% im Mrz 2014.

    7Ein frhes Beispiel ist die ffentliche Erklrung einer breiten Reihe von belarussischen Nichtregierungsorganisationen(NRO) vom 24.1.14,http://belngo.info/2014.belarus-unites-in-support-of-ukrainian-civil-society.html .Das Solidarittsko-mitee macht seine Informationsarbeit mit Hilfe der Sozialen Medien, darunter Facebook:

    https://www.facebook.com/groups/218388188359907/ .8Erklrung Lukaschenkas vom 9.5.14, zitiert in Belarus intends to sign Eurasian Economic Union treaty on May 29, MinskCapital Television, 9.5.14,http://www.ctv.by/en/belarus-russia-reach-agreement-on-gradual-abolition-of-oil-export-duties.

    Hausaufschrift: Der Ruhm [abgeschnitten] des sowjetischen Volkesist unsterblich. / Foto: FNF Kiew

    http://belngo.info/2014.belarus-unites-in-support-of-ukrainian-civil-society.htmlhttp://belngo.info/2014.belarus-unites-in-support-of-ukrainian-civil-society.htmlhttp://belngo.info/2014.belarus-unites-in-support-of-ukrainian-civil-society.htmlhttps://www.facebook.com/groups/218388188359907/https://www.facebook.com/groups/218388188359907/http://www.ctv.by/en/belarus-russia-reach-agreement-on-gradual-abolition-of-oil-export-dutieshttp://www.ctv.by/en/belarus-russia-reach-agreement-on-gradual-abolition-of-oil-export-dutieshttp://www.ctv.by/en/belarus-russia-reach-agreement-on-gradual-abolition-of-oil-export-dutieshttp://www.ctv.by/en/belarus-russia-reach-agreement-on-gradual-abolition-of-oil-export-dutieshttp://www.ctv.by/en/belarus-russia-reach-agreement-on-gradual-abolition-of-oil-export-dutieshttp://www.ctv.by/en/belarus-russia-reach-agreement-on-gradual-abolition-of-oil-export-dutieshttps://www.facebook.com/groups/218388188359907/http://belngo.info/2014.belarus-unites-in-support-of-ukrainian-civil-society.html
  • 5/21/2018 Hintergrund Belarus 04.08.2014

    6/7

    Hintergrund: Belarus Nr. 45 / August 2014 |6

    argwhnen, Putin knne die Eurasische Union in eine neue UdSSR umwandeln. Wenn alle Entschei-dungen im Kreml getroffen werden und die Souvernitt der Partnerlnder beschrnkt wird, wre dasdas Ende von Lukaschenkas persnlicher Macht.

    Gegenber mglichen Risiken will sich Belarusdoppelt absichern. Es wird noch zgerlicher wer-den, wenn es darum geht, nationale Kompetenzenzugunsten supranationaler Institutionen der Eura-sischen Wirtschaftsunion aufzugeben. Und eswird gleichzeitig stabile Beziehung zur EU nach-suchen (aber keine wirkliche Re-Orientierung), umdie Russlanddominanz in den eigenen Auenbe-ziehungen abzuschwchen.

    Die Europische Union sollte die Lage nutzen, um

    neue Brcken nach Belarus zu schaffen und be-reits bestehende auszubauen. Dafr bieten sichdie fnf folgenden Ebenen an:

    Zivilgesellschaftliche Organisationengenieen bereits die Untersttzung des Westens. Den-

    noch gilt es, ihre Mglichkeiten, die Bevlkerung zu erreichen und in der Bevlkerung Wirkungzu erzielen, noch zu steigern. Es muss zur Kenntnis genommen werden, dass auch Russlandversucht, die Zivilgesellschaft in seiner Nachbarschaft zu erreichen. Der Kreml plant, die eigeneStrategie der internationalen Zusammenarbeit zu berholen und bilaterale Projekte zu strken,die nationale russische Interessen frdern. Gerade in diesem zivilgesellschaftlichen Bereich

    werden Russland und der Westen in den Lndern der stlichen Nachbarschaft in einen neuensoft power-Wettbewerb treten, fr den die EU bereit sein sollte.

    Der politischen Oppositiondroht durch die Ukraine-Krise weitere Marginalisierung, weil der

    Groteil der Bevlkerung westliche Krfte hinter dem ukrainischen Chaos sieht. Das ist vor al-lem das Werk russischer und belarussischer offizieller Propaganda, aber die Opposition tut we-nig, solchen Wahrnehmungen entgegenzutreten. Die EU knnte die belarussische politischeOpposition ermutigen, sich weniger symbolischen Aktivitten zu widmen und stattdessen derGesellschaft konkrete politische Ideen und Programme zu prsentieren. Solch programmati-sche Arbeit wird vielleicht nicht das autoritre System ndern, aber dabei helfen, eine Genera-

    tion von Oppositionsfhrern heranzuziehen, die die Fhigkeit haben werden, mit knftigenHerausforderungen umzugehen, die Belarus nicht weniger als die Ukraine zu bewltigen habenwird.

    Die Business Communitymuss ebenfalls eine Prioritt fr die EU sein. Als Teil der Zollunion

    haben belarussische Firmen eine natrliche Orientierung zu Russland. Das hat nicht nur wirt-schaftliche, sondern auch soziale und politische Implikationen, etwa fr die Wirtschaftskulturund die Rolle von Unternehmen in gesellschaftlichen Prozessen. Die EU sollte Programme undzwischenstaatliche Abkommen frdern, die intensive Kooperation und Austausch zwischen Un-ternehmen aus Belarus und der EU leichter machen.

    Universittenhaben ein noch nicht ausgeschpftes Potential fr mehr Kooperation mit Bela-rus. Die EU sollte nicht nur mehr Studienmglichkeiten fr belarussische Brger schaffen, son-dern auch den Austausch in die umgekehrte Richtung intensivieren, etwa indem EU-

    In Minsk vor dem Gipfel der stlichen Partnerschaft 2013. /Foto: FNF Kiew

  • 5/21/2018 Hintergrund Belarus 04.08.2014

    7/7

    Hintergrund: Belarus Nr. 45 / August 2014 |7

    Professoren an belarussischen Universitten unterrichten und Studierende aus der EU an bela-russischen Universitten studieren. Das ist zunehmend wichtig speziell vor dem Hintergrund,dass Russland seinen Einfluss auf die Zivilgesellschaften der Lnder in seiner Nachbarschaftverstrkt.

    Die belarussische Regierungist ebenfalls ein wichtiger Partner fr die EU. Zwar ist Kooperati-

    on auf der Regierungsebene eine Frage politischer Erwgung, aber gemeinsame Projekte undProgramme der internationalen staatlichen Zusammenarbeit mit belarussischen Beamten soll-ten nicht vom gegenwrtigen Stand der politischen Beziehungen abhngig sein. BelarussischeEntscheidungstrger sollten wissen, wie sich die Zusammenarbeit mit der EU gestaltet und se-hen, dass es die EU-Alternative fr sie tatschlich gibt. Diese Zusammenarbeit kann unter-schiedliche Formen in unterschiedlichen Bereichen haben. Die andauernden Verhandlungen zur

    Visa-Liberalisierung und Themen, die im Rahmen des Modernisierungsforums (s.o.) behandeltwerden, knnten der Ausgangspunkt fr eine solche Annherung sein.

    Yauheni Preihermanist Policy Director der belarussischen NRO "Liberal Club",(http://liberalclub.biz/?page_id=153).

    Seine Analyse wurde in voller Lnge und auf Englisch am 9. Juli 2014 vom Ger-man Marshall Fund im Rahmen des Europe Policy Paper 3/2014: Regional Re-percussions of the Ukraine Crisis Challenges for the Six Eastern PartnershipCountries verffentlicht, s.http://www.gmfus.org/archives/regional-repercussions-of-the-ukraine-crisis.

    bersetzung aus dem Englischen von Oleg Friesen, Praktikant der FNF Kiew.

    Impressum

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit (FNF)Bereich Internationale Politik

    Referat fr QuerschnittsaufgabenKarl-Marx-Strae 2D-14482 Potsdam

    http://liberalclub.biz/?page_id=153http://liberalclub.biz/?page_id=153http://liberalclub.biz/?page_id=153http://www.gmfus.org/archives/regional-repercussions-of-the-ukraine-crisishttp://www.gmfus.org/archives/regional-repercussions-of-the-ukraine-crisishttp://www.gmfus.org/archives/regional-repercussions-of-the-ukraine-crisishttp://www.gmfus.org/archives/regional-repercussions-of-the-ukraine-crisishttp://www.gmfus.org/archives/regional-repercussions-of-the-ukraine-crisishttp://www.gmfus.org/archives/regional-repercussions-of-the-ukraine-crisishttp://liberalclub.biz/?page_id=153