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SONDERDRUCK Sonderheft HMI & IPC

HMI & IPC - Industrie Computer | Janz Tec · durch Folgefehler wie korrupte µSD-Karten durch die unzuverlässige ... beispielsweise wird der CAN-Bus auf eine Datenrate von 500 KBit/s

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HMI & IPC

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Sonderdruck HMI & IPC 2017 . www.computer-automation.de

Raspberry Pi für die IndustrieIn der Maker-Szene etabliert, spielt der Raspberry Pi auch in der Automatisierungswelt zunehmend eine Rolle. Doch der Mini-Rechner ist nicht für den 24/7-Betrieb ausgelegt. Eine speziell für das industrielle Umfeld modifizierte Version schafft Abhilfe – sowohl als Embedded-PC- als auch als Panel-PC-Variante.

D er Single-Board-Computer Rasp- berry Pi ist mit über 12 Mio.

verkauften Exemplaren der am dritthäufigsten verkaufte Computer der Welt. Mittlerweile ist er nicht mehr nur im Bereich der Hobbyan-wender der Maker-Szene anzutreffen, sondern auch zu nehmend im industri-ellen Umfeld. Dort verwenden immer mehr Entwickler für Prototypen und Evaluierungen Systeme auf Basis des Open-Source-Mini-Rechners. Das er-folgt oft erst einmal ohne professio-nelles Gehäuse und mit einer Versor-gungsspannung über ein Standard- 5V-USB-Netzteil. Benötigte Schnitt-stellen und Zusatzfunktionen werden

in diesen Fällen mit diversen Pi-Hat-Aufsteckmodulen realisiert. Die jeweils gestellte Aufgabe ist da-mit oft schon gelöst, aber der Aufbau ist entsprechend in keiner Weise für einen 24/7- Produktivbetrieb geeig-net. Ein Beispiel: USB-Netzteile sind häufig zu schwach dimensioniert, wo-durch Folgefehler wie korrupte µSD-Karten durch die unzuverlässige Spannungsversorgung auftreten.

Für den zuverlässigen Betrieb könnten Unternehmen auf klassi-sche Panel- PC- und Steuerungssys-teme zurückgreifen, sind aber oft nicht bereit, dafür den Preis klassi-scher Industrieprodukte zu bezah-

len. Schließlich sind die Einsatzge-biete häufig sehr überschaubar und der Prototyp läuft so gut, dass eine aufwendige Portierung in ein ande-res System gescheut wird. Darüber hinaus sind bei diesen Anwendun-gen der Einsatz im erweiterten Tem-peraturbereich und hohe Langzeit-verfügbarkeit eher nicht im Fokus der Anwender. Entscheidender ist die Softwarekompatibilität zum Raspberry-Pi-Öko system und die damit verbundene Verfügbarkeit ei-ner Vielzahl von Softwarebibliothe-ken, Anwendungsprogrammen und Dokumentationen im Open-Source-Bereich.

André Massow

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Bluetooth- und WLAN- Anbindung Aufgrund vieler Kundenanfragen entwickelte Janz Tec den auf dem Mini-Rechner basierenden Embed-ded-PC emPC-A/RPI3. Die aktuel-len Generationen mit dem Raspber-ry-Pi-3-Model-B sind CE-konform und verfügen über Bluetooth- und WLAN-Anbindung. Diese zwei Funk- schnittstellen eröffnen ganz neue An-wendungsfelder, insbesondere im IoT-Umfeld, beispielsweise zur An-bindung von Bluetooth-basierten Funksensoren.

Doch ein weiteres Themenfeld, das für viele Anwender interessant ist, ist die Kombination mit einem in-tegrierten Display mit Touchbedie-nung. Deshalb entwickelte Janz Tec den Panel-PC emView-7/RPI3. Die-ser bietet durch den Einsatz des Ras-pberry-Pi-3-Model-B in Kombinati-on mit dem offiziellen Raspberry-Pi- Display einen kostengünstigen und schnellen Einstieg in die Realisie-rung industrieller HMI-Anwendun-gen, die Multitouch unterstützen. Das Display bietet eine Auflösung von 800 × 480 Pixeln sowie kapaziti-ve Multitouch-Funktionalität. So wurde das Gerät zum jüngsten Mit-glied der emView genannten Panel-PC-Familie von Janz Tec und stellt das Einstiegsmodell dieser Serie dar.

100 % kompatibelDer emView-7/RPI3 besitzt die glei-chen Schnittstellen wie der Embed-ded-PC emPC-A/RPI3. Er ist 100-prozentig kompatibel zu den frei verfügbaren Standard-Raspberry-Pi-Betriebssystemen: Linux-Distributi-on Raspbian und Microsoft-Win-dows-10-IoT-Core. Ein wesentliches Feature ist die von Janz Tec entwi-ckelte Basisplatine, welche die stabi-le 5V-Spannungsversorgung des Mo-duls sicherstellt. Der Eingangsspan- nungsbereich liegt bei 9 bis 32 V und ist somit ideal für den 24- und 12-V-Betrieb geeignet. Dabei werden die Versorgungspannung und die indust-riellen Schnittstellen CAN Bus, seri-elle Schnittstelle RS232/RS485 so-wie die je vier digitalen Ein- und Ausgänge auf einer gemeinsamen 24-poligen I/O-Buchse realisiert.

Über eine D-Sub-Buchse wird eine serielle Konsole bereitgestellt, so dass Debug- und Wartungsarbeiten über eine Terminalverbindung mög-lich sind. Der Einsatztemperaturbe-reich zwischen 0 und +45 °C ist ein wenig eingeschränkter als bei man-chen anderen industriellen Raspber-ry-Pi-basierten Produkten, aber der Fokus von Janz Tec liegt auf dem möglichst zuverlässigen Dauerbe-trieb des Systems unter Berücksich-tigung der Limitierungen des Mo-duls.

Schon bei der Entwicklung der Ba-sisplatine stand die spätere Soft-warekompatibilität zu Mainline-Li-nux-Treibern im Vordergrund. Aus diesem Grund wählte man für die industriellen Schnittstellen elektroni-sche Bauteile aus, die auch auf ande-ren Hat-Erweiterungsplatinen zu fin-den sind. Der Microchip-MCP2515- CAN-Controller steuert den galva-nisch getrennten CAN-Bus-Anschluss und ein NXP-SC16IS740-UART stellt die zwischen RS232 und RS485 umschaltbare serielle Schnittstelle bereit. Angesprochen werden die Schnittstellen über Standard-Linux-Techniken, wie die SocketCAN-Bib-liothek für den CAN-Bus und dem Linux-Gerätenamen /dev/ttySC0 für

die serielle Schnittstelle. Die je vier digitalen Ein- und Ausgänge und die zwei Benutzer-LEDs sind intern an die GPIO-Anschlüsse angeschlos-sen. Damit steht eine Vielzahl an frei verfüg-baren Bibliotheken und An-wendungen zu deren Programmie-rung und Ansteuerung bereit.

Warum nicht das Compute-Module?Die Softwarekompatibilität war auch einer der ausschlaggebenden Punkte für die Verwendung des Standard-Rasp-berry-Pi-3-Model-B-Moduls anstatt der ebenfalls beliebten Com-pute-Module. Auch wenn diese Mo-dule eine höhere Integration und kom-paktere Bauformen erlauben, ist die Software-Unterstützung hier nicht so umfassend wie für die Standard-Vari-anten. Außerdem wären populäre Features, wie WLAN und Bluetooth, nicht so einfach realisierbar gewesen.

Eine der häufigsten eingesetzten Erweiterungen ist die RTC-Platine. Sie stellt die beim Modul nicht ent-haltene Echtzeituhr bereit. Auf der Basisplatine emView-7/RPI3 wird die batteriegepufferte Echtzeituhr mit dem Microchip MCP7940N rea-lisiert. Die verwendete Knopfzelle vom Typ CR2032 stellt der Uhr für

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Das Blockschalt-bild der Basis-platine des Embedded-PC emPC-A/RPI3.

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ruf ‚apt-get install mosquitto‘ instal-lieren.

Die Flexibilität beginnt schon bei der Auswahl der gewünschten Li-nux-Distribution. Soll beispielsweise statt der speziell angepassten und vorkonfigurierten Distribution, die Janz Tec mitliefert, die Standard-Raspbian-Distri-bution von der Ras-pberry-Pi-Webseite verwendet wer-den, so können Anwender die Treiber für CAN-Bus, serielle Schnittstelle und RTC einfach nachinstallieren. Da nicht jeder Benutzer Kenntnisse in Linux-Treiberentwicklung und Compilierung mitbringt, hat Janz Tec auf GitHub (https://github.com/janztec/empc-arpi-linux-drivers) ein Treiberinstallations-Skript veröf-fentlicht. Dieses lädt automatisiert die Linux-Kernel-Quelltexte für die aktuell installierte Kernelversion he-runter und compiliert und installiert die Treiber als Kernelmodule. Stan-dardeinstellungen an Linux-Konfi-gurationsdateien lassen sich eben-falls automatisch vornehmen, beispielsweise wird der CAN-Bus auf eine Datenrate von 500 KBit/s voreingestellt und die grüne LED als µSD-Aktivitätsanzeige konfiguriert. Das Skript liegt im Quelltext vor, so dass die jeweils vorgenommen Ein-stellungen genau nachvollziehbar und damit auch individuell anpass-bar sind.

Der Raspberry Pi bildet kaum Ein-stiegshürden zur Entwicklung eige-ner Software. Je nach Kenntnisstand und Vorlieben des Software-Ent-wicklers, können diverse Program-miersprachen genutzt werden, ange-fangen von einfachen grafischen Programmiersprachen – wie Scratch, Perl oder Python – bis hin zu klassi-schen Hochsprachen wie C, C++ und Java.

Eine Reihe im Internet frei verfüg-barer Anleitungen und Softwarebib-lio-theken aus dem Maker-Umfeld, sind bereits durch die große Gemein-schaft an Nutzern so ausgereift, dass

sie oft rei- bungslos im industriellen Einsatz laufen. Hier sind beispiels-weise die Projekte zum Zugriff auf GPIOs (http://wiringpi.com/), auf serielle Schnitt-stellen (http://eli-nux.org/Serial_port_programming) und den CAN-Bus sehr interessant (http://public.pengutronix.de/soft-ware/libsocketcan/).

Durch die Nutzung freier Soft-ware lässt sich potenziell viel Zeit und Geld bei der Entwicklung der eigenen Anwendung sparen, so dass mehr Ressourcen in die Verbesse-rung der eigenen Produkte investiert werden können. Die damit verbun-dene Verkürzung von Produktein-führungszeiten ist ein weiterer Vor-teil. Auf der anderen Seite stellt Linux mit seinen vielfältigen Li-zenzbedingungen, die sich von Soft-warepaket zu Softwarepaket unter-scheiden können, für viele Unter- nehmen auch eine Hürde dar. Die Gefahr von unbewussten Lizenzver-letzungen steht dem Einsatz von Li-nux außerhalb von Prototypen häu-fig im Wege. Die von Janz Tec standardmäßig ausgelieferte Distri-bution basiert daher auf Raspbian Lite. Sie enthält ausschließlich Soft-warepakete, die unter freien Soft-warelizenzen stehen und damit auch im professionellen Umfeld genutzt werden dürfen.

Die AlternativenBei anspruchsvolleren Anforderungen von Kundenseite bezüglich des Umge-bungstemperaturbereichs oder der Langzeitverfügbarkeit kann es sinn-voll sein, vom Einsatz einer Rasp- berry-Pi-basierten Lösung abzuraten und alter-nativ die anderen seit Jahren erprobten und bewährten Industrie- und Panel-PC-Lösungen der emPC- und emView-Serien zu wählen.

Hardwareseitig liegen andere Sys-teme in der gleichen Leistungsklasse wie der Raspberry Pi, sind dazu aber modular aufgebaut und können um zusätzliche Schnittstellen erweitert werden. Die klassischen industriel-len Rechner verfügen bei Bedarf über eine aufwendige passive Kühl-lösung für den zuverlässigen Betrieb bei Umgebungstemperaturen von –40 bis +60 °C.

viele Jahre die notwendige Energie zur Verfügung.

Viele Tests haben gezeigt, dass die Zuverlässigkeit des Systems neben der Spannungsversorgung ganz we-sentlich von der Qualität der verwen-deten µSD-Karte abhängt. Diese muss zwingend für den Einsatz in industriellen Umgebungen ausge-legt sein; normale Consumer-µSD-Karten fallen oft nach kurzer Zeit aus. Daraufhin sind sie entweder nicht mehr lesbar oder zeigen gravie-renden Datenverlust. Der verwende-te µSD-Kartentyp muss daneben das Ausschalten der Versorgungsspan-nung ohne vorheriges Herunterfah-ren des Betriebssystems mehrere tausend Male ohne Probleme über-stehen. Der emView-7/RPI3 ist ab Werk mit einer entsprechenden µSD-Karte eines darauf spezialisierten Markenherstellers ausgestattet.Häufig ist bei Systemen aus dem Em-bedded-Umfeld die Installation von Zusatzsoftware sehr kompliziert. Feh-lende Funktionen müssen zunächst bei kommerziellen Anbietern ange-fragt und erworben oder zumindest aufwendig für die jeweilige Hard-wareplattform mit einer C/C++-Toolchain compiliert werden.

Flexibilität bei der SoftwareBeim emView-7/RPI3 können An-wender mit Linux als Betriebssys- tem und der Raspbian-Linux-Dis- tribution frei verfügbare Open-Sour-ce-Projekte mit Hilfe des enthaltenen Paketmanagers nachinstallieren. Wird beispielsweise die Funktion eines MQTT-Brokers auf dem System be-nötigt, können Anwender das da- für notwendige Paket mit dem Auf-

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Der Panel-PC emView-7/RPI3 ist mit Anschlüssen für Versorgungs-spannung, I/O, CAN-Bus, RS232/RS485, Netzwerk, USB und serieller Konsole ausgestattet.

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Von der Softwareseite sind die notwendigen Anpassungen beim Wechsel von Raspberry-Pi-basier-ten Systemen auf ein weiteres Sys-tem der emPC-Serie, zum Beispiel dem emPC-A/iMX6, ebenfalls sehr überschaubar. Raspbian auf dem Raspberry Pi und Debian auf dem emPC-A/iMX6 unterscheiden sich nur in Details und für viele Anwen-dungen lassen sich die gleichen Pa-kete über den jeweiligen Paketma-nager nachinstallieren. Ist etwa eine C/C++-Toolchain für ARM zur Software-Entwicklung im Einsatz, so ist diese auf beiden Systemen gut  vergleichbar, weil der gleiche ARM-HardFloat-Compiler verwen-det werden kann. Eine indivi duelle Beratung der Kunden je nach An-

wendungsbereich ist hier wichtig, um zu klären, wann ein Wechsel auf alternative emPCs oder emViews sinnvoll ist.

Kürzere EntwicklungszeitenBisher waren die Entwicklungszyk-len für Hard- und Software im indust-riellen Umfeld eher langwierig. Be-trachtet man dazu noch die Zeit, die eine Anwendung im Produktivbetrieb im Einsatz ist, so ging es bisher um Zeiträume von fünf bis zehn Jahren und mehr. Mit dem Eintritt der ‚Pro-fessional Maker‘ in dieses Berufsfeld wird immer mehr der Wunsch nach kürzeren, agileren Entwicklungszyk-len und dem Einsatz von immer aktu-ellerer Technologie geäußert. Zur Be-urteilung der Chancen und Risiken

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dieses Trends können jetzt mit den Raspberry-Pi-basierten Systemen in-dustrielle Anwendungen mit Hilfe der vielen frei verfügbaren Softwarebib-liotheken, Programmiersprachen und Anleitungen realisiert und im Einsatz erprobt werden. Auf einfache Art kann so jeder selber beurteilen, ob die Veränderung zu zuverlässigen Lösun-gen und Produkten führt und für wel-che Einsatzgebiete diese in Frage kommen. ld

AndréMassow

ist Software-Entwickler bei Janz Tec.