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374 E. ME:~E~ und L. Pt~SC~EL: eindrueksvoll das Sprachverst~ndnis (Spraehaudiogramm) erhSht wird. Das spricht gleiehfalls fiir zentrale StSrungen bei der Altersschwerh6rigkeit, zumindest bei den Spraehverst~ndnisschwierigkeiten. Daneben findet allerdings auch im peripheren Neuron ein funktionell bedeutsamer regressiver ProzeB im Laufe des Lebens start, wie aus histologischen Untersuchnngen der Sehnecke ersich$lich ist. K. SCHUBERT-Bonn. Der zentrale Einflug aufdie altersbedingte SchwerhTrigkeit tritt bei all den ttSrpriifmethoden zutage, die an den HTrapparat erhShte Anforde- rungen stellen. Sehon 1949 wies ieh darauf hin, dag bei erhShter Spreehgesehwhldig- keit eine zentrale Xomponente der SehwerhSrigkeit sich in einem vergrSgerten Ful3punktabstand yore Normalspraehaudiogramm manifestiert und dab zu den Fgllen, die dies Symptom zeigen, AltersschwerhSrige gehSren. Anch bei der Ha]l- audiometrie (1955) besti~tigt sich wiederum, dal~zentrale SchwerhSrigkeiten auffgllig sehleehte ttallaudiogramme aufweisen und dab AlterssehwerhSrige wesentlieh schlechtere Hallaudiogramme zeigen als jiingere. Auch bei Frequenztransformierter Sprache zeigen sich ghnliche Ergebnisse. ]~ei der Untersuehung yon Aphasikern wies ieh eine Form der HSrermiidung nach, die typiseh fiir zentrale Genese ist. Es gib~ also eine ganze l~eihe yon Methoden zur Festste]lung zentraler Schwerh5rigkeit. Die Zukunft wird zeigen, welche der Methoden die klarste Untersuchung und Ab- grenzung yon anderen Komponenten erm5glicht. 70. E. M]~ER und L.PiJSCnEL-I-Iamburg: Hiir, und Gleiehgewichts- schlidcn naeh Commotio cerebri Bei der Begutachtung yon Patienten, dig eine Sch~idelverletzung erlitten haben, werden wir h~ufig vor die Frage gestellt, ob eine unfall- bedingte Sch~digung des I-ITrnerven oder des Vestibularapparates vor- liegt. Falls es sich um eine Felsenbeinfraktur handelt, ist die Beurteilung des Zusammenhanges einfach und eventuelle p~thologisehe Befunde werden entweder durch die Fraktur selbst, durch die posttraumatische Blutung oder dureh direkte Sch~digung der Sinneszellen erkl~rt. Sehwie- riger wird die Deutung yon Ausfiillen des VIII. I-Iirnnerven, wenn nur eine einfache Gehirnerschiitterung vorliegt. Bekanntlich gehen die Meinungen fiber den Begriff der ,,Commotio labyrinthi", den SCKWAl~TZE geprs hat, auseinander. W~hrend ULRIC~ das Vorhandensein trau- matiseher IITrstSrungen ablehnt, wenn eine Kontinuitgtstrennung der Seh~de]kapsel in gewisser Nghe des Felsenbeins fehlt, wird doeh heute allgemein die Anschauung vertreten, dab Labyrinthsch~digungen nach Sch~ideltraumen vorkommen kTnnen, auch wenn keine Sch~delfraktur vorliegt. Obwohl vor WITTMA-kCI~ bereits Liquordruckschwankungen im Innenohr als Ursache solcher Sch~digungen angenommen wurden, ver- danken wir ihm doch in erster Linie die Theorie der ,,Liquordruck- schiidigung", die auch tierexperimentell untermauert wurde und bei s~rkeren Traumen zu einer organisehen Sch/~digung, zur traumatisch bedingten Cochleardegeneration ffihrt.

Hör- und Gleichgewichts-schäden nach Commotio cerebri

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Page 1: Hör- und Gleichgewichts-schäden nach Commotio cerebri

374 E. ME:~E~ und L. Pt~SC~EL:

eindrueksvoll das Sprachverst~ndnis (Spraehaudiogramm) erhSht wird. Das spricht gleiehfalls fiir zentrale StSrungen bei der Altersschwerh6rigkeit, zumindest bei den Spraehverst~ndnisschwierigkeiten. Daneben findet allerdings auch im peripheren Neuron ein funktionell bedeutsamer regressiver ProzeB im Laufe des Lebens start, wie aus histologischen Untersuchnngen der Sehnecke ersich$lich ist.

K. SCHUBERT-Bonn. Der zentrale Einflug aufdie altersbedingte SchwerhTrigkeit tritt bei all den ttSrpriifmethoden zutage, die an den HTrapparat erhShte Anforde- rungen stellen. Sehon 1949 wies ieh darauf hin, dag bei erhShter Spreehgesehwhldig- keit eine zentrale Xomponente der SehwerhSrigkeit sich in einem vergrSgerten Ful3punktabstand yore Normalspraehaudiogramm manifestiert und dab zu den Fgllen, die dies Symptom zeigen, AltersschwerhSrige gehSren. Anch bei der Ha]l- audiometrie (1955) besti~tigt sich wiederum, dal~ zentrale SchwerhSrigkeiten auffgllig sehleehte ttallaudiogramme aufweisen und dab AlterssehwerhSrige wesentlieh schlechtere Hallaudiogramme zeigen als jiingere. Auch bei Frequenztransformierter Sprache zeigen sich ghnliche Ergebnisse. ]~ei der Untersuehung yon Aphasikern wies ieh eine Form der HSrermiidung nach, die typiseh fiir zentrale Genese ist. Es gib~ also eine ganze l~eihe yon Methoden zur Festste]lung zentraler Schwerh5rigkeit. Die Zukunft wird zeigen, welche der Methoden die klarste Untersuchung und Ab- grenzung yon anderen Komponenten erm5glicht.

70. E. M]~ER und L.PiJSCnEL-I-Iamburg: Hiir, und Gleiehgewichts- schlidcn naeh Commotio cerebri

Bei der Begutachtung yon Patienten, dig eine Sch~idelverletzung erlitten haben, werden wir h~ufig vor die Frage gestellt, ob eine unfall- bedingte Sch~digung des I-ITrnerven oder des Vestibularapparates vor- liegt. Falls es sich um eine Felsenbeinfraktur handelt, ist die Beurteilung des Zusammenhanges einfach und eventuelle p~thologisehe Befunde werden entweder durch die Fraktur selbst, durch die posttraumatische Blutung oder dureh direkte Sch~digung der Sinneszellen erkl~rt. Sehwie- riger wird die Deutung yon Ausfiillen des VII I . I-Iirnnerven, wenn nur eine einfache Gehirnerschiitterung vorliegt. Bekanntlich gehen die Meinungen fiber den Begriff der ,,Commotio labyrinthi", den SCKWAl~TZE geprs hat, auseinander. W~hrend ULRIC~ das Vorhandensein trau- matiseher IITrstSrungen ablehnt, wenn eine Kontinuitgtstrennung der Seh~de]kapsel in gewisser Nghe des Felsenbeins fehlt, wird doeh heute allgemein die Anschauung vertreten, dab Labyrinthsch~digungen nach Sch~ideltraumen vorkommen kTnnen, auch wenn keine Sch~delfraktur vorliegt. Obwohl vor WITTMA-kCI~ bereits Liquordruckschwankungen im Innenohr als Ursache solcher Sch~digungen angenommen wurden, ver- danken wir ihm doch in erster Linie die Theorie der ,,Liquordruck- schiidigung", die auch tierexperimentell untermauert wurde und bei s~rkeren Traumen zu einer organisehen Sch/~digung, zur traumatisch bedingten Cochleardegeneration ffihrt.

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H6r- und Gleichgewichtsschgden nach Commotio cerebri 375

Auch M~dax und KaAsssIG sprechen yon einer Commotio labyrin~hi, B~VN~E~ Yon einer Commotio auris internae. Eine endgiiltige Klarung des Begriffs Commotio labyrinthi ist deshalb kaum m6glich, weft patho- logisch-anatomische Befunde beim Menschen begreiflicherweise fehlen, wenn man nicht auf F~lle zurfickgreift, bei denen das Trauma lange Zeit zuriickliegt (WITTMAACK, NASSUI~HIS). Zur weiteren Abgrenzung dieses Krankheitsbildes ist es wichtig, Genaueres fiber die H/~ufigkeit dieser Schadigungen zu wissen. Man ist dabei auf Funktionsprfifungen des VIII. Hirnnerven bei einem mSgliehst groBen Unfallmaterial angewiesen. Uns interessierte besonders die Frage, wie h~ufig naeh einfachen Gehirn- ersehfitterungen Sch~den ira Bereieh des Coehlearis and Vestibularis objektiv naehweisbar sind. In zweiter Linie versuchten wir zu kl~ren, ob sich bei einer Nachuntersuchung eine Besserung oder Verschlimmerung der frfiher festgestellten Sch~den erheben 1Lilt, oder ob erst jetzt Be- sehwerden angegeben werden, die auf die Gehirnerschfitterung znrfick- geffihrt werden.

Material und Methodik In Znsammenarbeit mit der Chirurgischen Universit/~tsklinik (Direk-

tor Prof. Dr. ZVKSCHWEaDT) warden alle Patienten, die in den letzten 3 Jahren eine Schadelverletzung erlitten hatten und deshalb in statio- n/irer Behandlung der ehirurgisehen Klinik waren, in unserer Poliklinik vor der Entlassung untersueht. F/Jr unseren Untersuehungszweek w/~hlten wir davon 225 Patienten aus, die yon 1954--1956 eine Commo- tie eerebri durchgemaeht hatten. ]3ei allen 225 hatte eine BewuBtlosigkeit vorgelegen, eine Seh~delfraktur war in keinern Falle naehweisbar; auch hatte die neurologische Untersuchung in keinem Falle gr6bere patholo- gisehe Befunde ergeben, die den Verdaeht anf eine Contusio eerebri nahegelegt h~tten. Auf die sehwierige Differentialdiagnose zwisehen einer Comraotio und einer Contusio eerebri kommen wir gleieh noeh zurtiek. In rund 75% unserer F/~lle war die Gehirnersehfitterung dureh Verkehrsunf/~lle verursacht worden, die fibrigen 25~o verteilen sieh auf Arbeitsunf/flle, Sportunfalle (FuBball, Sehwimmen usw. 12real) und Unf~lle infolge einer bewuBten Schlagverletzung.

Alle Patienten wurden vor ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus in unserer Poliklinik untersueh~, also meist in der 2. bis 6. Woehe nach dem Trauma. Naeh der Erhebung des klinischen HNO-Befundes wurden in jedem Falle, neben der Pr~ifung yon Fliister- und Umgangssprache beiderseits, ein Audiogramm (Atlas-Audiometer EM 40) angefertigt und eine Vestibtflarisfunktionsprtifung durehgefiihrt, ttierzu wurde die ealorische Sehwachreizprfifung (Wasser 20~ 20 cm s in 5 sec, Auszahlen der Nystagmussehlage und der Nystagmusdauer unter Be- obaehtung der Amplitude) und die Priifung auf Spontan- oder latenten Nystagmus nach Kopfschfitteln unter der Lenehtbrille verwendet, bei

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376 E. MEYEI~ und L. P0SCHEL:

pathologischen Befunden auch entsprechende Heil~spiilung. W~hrend alle HSrpriifungen immer yon derselben Assistentin vorgenommen wurden, waren bei der poliklinischen Untersuchung verschiedene if~rzte beteiligt.

Die Altersverteilung unserer Patienten lag zwischen 5 und 80 Jahren mit einem Gipfel um das 20. Lebensjahr, 12 Kinder waren unter 10 Jahre alt. 169 Patienten waren miinnlichen, 56 weiblichen Geschlechtes.

Es erschien notwendig, eine Aufteilung unseres 1VIaterials je nach der Schwere des Unfalls vorzunehmen. Die Commotio cerebri stellt bekannt- lich ein lflinisches Syndrom dar, das durch eine schlagartig einsetzende StSrtmg des Bewu]3tseins und vegetat iver Funktionen infolge einer plStzlichen ,,BetriebsstSrung" best immter I-Iirnstammgebiete bedingt wird (BAY). DaB nicht nur der Hirnstamm, sondern immer das ganze Gehirn betroffen wird, betonen besonders H ~ L ~ V O R D ~ und QV~D- ~ECK. Ws die Krankheitserscheinungcn bei der Commotio grund- s~tzlich reversibel sind und keine organischen Dauersch~den dabei zur/ickbleiben, mull bei einer Contusio cerebri immer eine anatomische Substanzsch~digung angenommen werden, die pathologisch-anatomisch sparer als gliSse oder bindegewebige Narbe nachweisbar bleibt. Es liegt auf der I tand, da~ eine sichere Trennung beider Krankheitsbilder un- mSglich ist. Besonders bei einer stundenlang andauernden BewuBt- losigkeit liegt der Verdacht auf eine Contusio cerebri nahe. Nach BA~ ~ gibt die Dauer der Bewul~tseinstrfibung gewisse Anhaltspunkte ffir die Schwere der Verletzung. Wir haben deshalb ffir unser material folgende 3 Gruppen aufgestellt:

Schwerega4 Bewul~tseiustrfibung

1. Leichte Commotio . . . . . . . 2. mittelschwere Commotio . . . . 3. schwere Commotio . . . . . . .

bis 5 rain bis 1 Std fiber 1 Std

Dazu ist noch zu sagen, dal3 sich die Dauer der Bewul3tlosigkeit seltcn exakt best immen lieB, d~ die meisten Pat ienten mi t dem Unfall- wagen in die Klinik kamen und sich zum anderen der Ubergang yon einer v611igen Bewul~tlosigkeit zur Bewul3tseinsaufhellung allm~hlich vollzieht. Der Unfallgesch~digte gibt aus verschiedenen Gr~nden er- fahrungsgemiil3 sp~tcr viel l~ngerc Zeiten fiir die Dauer der Bewul~t- losigkeit an, als es den Tatsachen entspricht.

Wir haben deshalb alle chirurgischen Krankengeschichten clurch- gesehen 1, soweit sie verfiigbar waren, und unsere Einteflung besonders nach den dort gefundenen Angaben vorgenommen, wie Tab. 1 zeigt.

1 Unseren besonderen Dank ffir die lJ-berlassung der Krankengeschiehten mSehten wit Herrn Oberarzt Doz. Dr. K~u (Chirurgische Universitgtsklinik Hamburg-Eppendorf, Direktor Prof. Dr. ZUKSCHWE~DT) an dieser Stelle aus- spreehen.

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ttSr- und Gleichgewichtsschhden nach Commotio eerebri 377

Alle Patienten, bei denen Sch~digungen objektiv nachweisbar waren, wurden jetzt, also 1---3 gahre nach dem Unfall, nachuntersucht (6 davon nicht erreichbar). Dartiber hinaus haben ~ ebenfalls 50 Patienten ohne besondere Auswahl nachuntersucht, die bei tier ersten

Tabelle 1

1. Gruppe leichte Commotio 2. Gruppe mittelsehwere Commotio 3. Gruppe schwere Commo$io

138 F/~lle 60 F/~lle 27 F/~lle

62,3% 26,7% 12 %

Untersuchung nach dem Trauma keinerlei I-I6rstSrungen angegeben bat ten und bei denen auch keine Ausf/ille bei den Funktionspr/ifungen gefunden worden waren.

Besprechung der Befunde Es ergaben sich folgende pathologischen Befunde bei unseren

225 Patienten als Ergebnis der ersten Untersuchung nach dem UnfaU:

Tabdle 2

Coehlearis Vestibularis

1. Gruppe: Leichte Commotio (138) ~ 1 2. Gruppe: Mittelschwere Commotio (60) 2 5 3. Gruppe: Schwere Commotio ( 27) 3 5

(225) 5 = 2,2% 1~ = 5%

Ein Brick auf die Tab. 2 l/~l~t erkennen, dab objektiv nachweisbare Sch/tden mit der Schwere des Unfalls zunehmen und da]3 die patholo- gischen Vestibularisbefunde iiberwiegen.

Wir wollen zunitchst auf die HSrstSrungen nach Commotio naher eingehen, weft wir auf diese Ergebnisse das meiste Gewicht legen. Es liegen bisher nut wenige Untersuchungen nach Commotio bei einer grSSeren Anzahl yon F/tllen vor, bei denen die GehSrpr/ifungen audio- metrisch vorgenommen wurden. Die einzelnen pathologischen Befunde sind in der Tab. 3 aufgef/ihrt.

Bei 128 Patienten mit einer leichten Commotio fanden sich keine unfallbedingten tt6rsch/~den. In dcr zweiten Gruppe (60 F/ille) waren die ~6rsch/iden als sehr gering zu bezeichnen: Ein 14j/ihriger Junge (Fall 2), der dutch Verkehrsunfall fast eine Stunde bewuBtlos gewesen war, hat te linksseitig im Bereieh yon C ~ eine Senke his 60 db. Er be- merkte keine Schwerh6rigkeit, die F1/istersprache war auch nut gering erniedrigt (4 m anstat t 6). Bei ihm bestanden aber noch pathologische Vestibularisbefunde. Der zweite Pat ient dieser Gruppe (Fall 3), der ebenfalls dutch Verkehrsunfall mindestens ~ Stunde bewuBtlos war, hatte nur einen Abfall oberhalb C 4 bis 50 db. UFF]~NOI~D~, WITT~_ACK

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378 E. M~Y~I~ und L. ]~iTscHEL:

I

~Commo- ~ir.! ~io

I t !

1 L I 19

Alter ' schGleecht

2 M 14

3 M ! 32

4 M ~ 2 - - - -

5 / M 58

6 M L

Tabelle 3

_ r ( _ _ _ _

7 S 72

9

- - - - V - -

10 S ;~

Coehlearis

Li. Senke C 6 60 db

Bds. Abfall ab C r bis 50 db

Li. taub

Li. taub

Abfall ab C 5 bds. bis 60 db

Vestibularis

Spon- calorisch San-

]zeichen

re. unter- erregbar I

re. unter-

erregbar

re. unter-

erregb~r

~ach- untersuchung

nicht er- Z schienen

Coehl. und + Ves~ib.

idem

wohnt ausw~r~s

Vestibul- Ausfall bds

+ S1 ~176 nystagmus

li. un~er- erregbar

Vestibul.- k Ausf~ll li. +

L' nicht n: erschienen mils I

V Coehl. u.Ve- stib. idem, Spontan- nystagmus

nicht erschienen

wohnt auswi~rts

Spontan- nys~agmus 2. Gr.

11 S 3 ~ - ~ t (

Zeiehenerkl~rung" L = leiehte Commotio M = mittelsehwere Commotio S = sehwere Commotio

re. unter- erregbar

Vestib. idem

wohnt i auswfi, rts

Page 6: Hör- und Gleichgewichts-schäden nach Commotio cerebri

H6r- und Gleichgewichtssch~den nach Commotio cerebri 379

und Ese~EB haben sehon darauf hingewiesen, dab Seh/~deltraumatiker //hnliehe I-I6rausf~lle haben k6nnen, wie sie dureh ein L/~rm- oder Knall- t r auma verursaaht warden (l~t~Em u. FunR~I~). V o n 27 Patienten mit schwerer Commoti0 waren 2 einseitig taub. Eine 72j/~hrige Frau (Fall 7) war yon einem Motorrad ungefahren worden und erlitt links einen totalen Coehlearis, und Vestibularisausfall. Desgleiehen wurda ein 20j~hriger M a n n durah Motorradunfall linksseitig taub (Fall 8). Obwohl bei beiden rSntgenologisch keine Fraktur naehweisbar war, muB man u. E. doch die MSgliehkeit diskutieren, dab eine latente, r6ntgenologisch nieht faBbare Felsenbeinfraktur oder zumindest Sprengungsfissuren im Labyrinthbereich bier das Krankheitsbild verursaehten. Die 3. Patientin dieser Gruppe (Fall 9), eine 34j/~hrige Frau, wies nur einen AbfM1 ober- ha]b C 5 beiderseits auf (bis 60 db), der nieht anders als unfallbedingt zu arkl/iren war.

Es fanden sich insgesamt also nur 2,2% objektiv nachweisbarer I-I6rseh~den bai allen Gruppen zusammen. Dabei muB noeh berfick- siehtigt warden, dab bei 3 yon diesen 5 F/~llen die H6rst6rung nur sehr gering war, sogar ohne subjektive Beeintr~chtigung des H6rverm6gens. Wenn man diese F~lle abzieht, so kommen wir also unter 1% an ernsteren H6rseh~den.

Es liegt nahe, unsere Befunde mit fr/iheren Ergebrdssen anderer Autoren zu vergleichen. GROVE (zit. bei BOURCEOIS) fand bei 832 F/~l- len (ohne Seh/~delfraktur) in 27,5% eine Schwerh6rigkeit. PIqVET kommt aber nur auf 5 - -6%, wenn man nur die F~lle berfieksichtigt, die eine vom sozialen Gesichtspunkt aus st6rende Sehwerh6rigkeit zu- rfiekbehalten. Untersuehungen an einem groBen Material verdanken wit aueh ALeXAnDeR U. SCROLL, die aus dem gesamten Unfallkrankengut der I. ChirurgisehenUniv.-KlinikWien yon 1924--1934 u.a. 231 Com- motio-Patienten ein bis seehs Jahre naeh dem Trauma naehunter- sueht haben. Wghrend 11% aller Patienten noeh subjektive H6rst6run- gen angaben, waren nur in 1,7 % noeh It6rseh/tden naehweisbar. Es wird allerdings nieht fiber die Untersuehungsmethoden und fiber den Grad der H6rst6rung beriehtet. In rund 7% fanden sieh noeh pathologisehe Vestibularissymptome. Die 1944 yon BART~ angestellten Untersuehun- gen an 400 Sehs k6nnen wit zum Vargleieh nieht heran- ziehen, da B. alle Arten yon Seh/~deltraumen unter dem Begriff ,,Kopf- prellungen" zusammengefagt hat. ESTHER beriehtete 1948 einmal fiber 8 F~lle yon posttraumatisehen, einseitigen Innenohrsehwerh6rigkeiten oder Ertaubungen ohne Seh/~delfraktur, zum anderen wurden yon ihm 28 Patienten mit Commotio eerebri bald naeh dem Unfall untersueht, yon denen 8 tI6rst6rungen, meist Senken zwisehen 3000 bis 6000 Hz hatten, die z.T. reversibel waren. Weitere Untersuehungen s tammen yon ]3RUNNER U. K o e m Wie BOURGEOIS sehon hervorhebt, muB man bei

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380 E. Mv, y~,R und L. Pi#SCHEL:

der tIShe maneher Prozents/~tze berficksichtigen, dab der Ohrenarzt meist ein ausgew/ihltes Unfallmaterial zu sehen bekommt.

Selbstverst/indlich haben wir in unserem Material noch mehrfach tt6rst6rungen gefunden, die aber nach genauer Prfifung der Anamnese nicht alls unfallbedingt angesehen werden konnten. Beziiglich der Alters- Cochleardegeneration haben wir uns an die Erfahrungen anderer Autoren (DE r~ ROS]~, L~ISTI, WAON~) und an unsere eigenen gehalten. Bet 5 jfingeren Patien~en zeigten sieh typisehe symmetrisehe CS-Senken beiderseits, in allen Fgllen mnl3te man abet einen L/~rmsehaden als Ursaehe annehmen (Schlosser, Nieter usw.).

Vestibul/ire St6rungen waren h~ufiger nachweisbar als tt6rseh/iden. Wie Tab. 2 zeigt, fanden sieh bet allen Patienten zusammen l lma l pathologische Vestibularisbefunde bei der ersten Untersuehung, (rund 5%). Da in Tab. 3 alle Befunde aufgefiihrt sind, wollen wir nieht jeden Fall einzeln anffihren, sondern nur einige Punkte herausgreifen. Zun/iehst zeigt sieh, dab alle Patienten mit I-I6rsch/iden aueh vestibul/ire Ausfall- erseheinungen haben, mit Ausnahme yon Fall 8 (links taub), der leider nieht zur NachuntersUchung ersehienen ist. 2 Patienten (Fall 1 nnd 11) klagten nieht fiber Sehwindel, obwohl eine calorisehe Unterregbarkeit deutlieh naehweisbar war, die bet Fall 11 auch jetzt noeh bet der Naehunter- suchung, 2 �89 Jahre naeh dem Trauma, vorhanden war. Bet Fall 3 und 11 bestand ein pos. Heig-Kaltkontrast , der ffir eine zentrale StSrung sprieht.

Wit haben die subjek~iven Sehwindelangaben bet der ersben Unter- suchung bewnBt nieht mit verwertet, weft es sieh immer um Patienten handelte, die kfirzere oder langere Zeit im Bett gelegen hat ten und zur Zeit der Untersuehung erst gerade wieder aufgestanden waren, so dab ein Sehwindel anderer Ursache nicht sicher abzugrenzen war.

Leider konnten wir nut 6 yon den 11 Patienten mit vestibul/iren St6rungen naehuntersuchen; bet allen 6 fanden sich jedoch dieselben pathologisehen Befunde aueh noeh 1--3 Jahre naeh dem Trauma, 4 Patienten klagten aueh noeh tiber Schwindel. Besonders eindrueksvotl war ein 52j~hriger Mann (Fall 10), der vor 2 Jahren bet der Arbeit dutch einen umstiirzenden Balken eine schwere Gehirnerschfitterung erlitten hatte. Er hat seitdem wetter gearbeitet, klagt abet fiber st/indigen Sehwindel und konnte jetzt aueh bet der Naehuntersuchung nut schwan- kend gehen. Es fand sich ein stark positiver Spontannystagmus 2. Grades. Bet einem anderen Patienten (Fall 4), der ebenfalls erst seit dem Unfall (Verkehrsunfall, 15 rain bewugtlos) fiber Sehwindel klagte, waren beide peripheren Vestibularapparate aueh mit Eiswasser ealorisch nicht erreg- bar. Die neurologische Untersuehung ergab keinen krankhaften Befund, Wa.I~. negativ. Dutch einen unglfickliehen Zufall ist gerade bei diesem Patienten die Ves~ibularisuntersuehung gleich nach dem Unfall unter- blieben.

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HSr- und Gleiehgewichtsseh~den nach Commotio cerebri 381

Wi r sehen in unserem Mater ia l - - eigentl ich gegen unsere E r - w a r t u n g - - dab bei al len 138 P a t i e n t e n m i t ]eichter Commotio p r ak t i s ch keine nachweisbaren Sch~iden vo rhanden s ind (mAt A u s n a h m e yon Fa l l 1). Schon Voss h a t be ton t , dab bei Ver le tzungen durch s tumpfe Gewal t , , leichte T r a u m e n sehwerste uncl schwerste T r a u m e n le ichte Funk t ions - s tSrungen hervor rufen k 6 n n e n " ; a l lerdings sag t er auch, dab es sich bei schweren Sch/ idigungen doch wohl racis t auch um schwere Ver le tzungen hande ln dfirfte.

Versehiedent l ich i s t schon d a r a u f hingewiesen worden, d a b die Ar$ der Kopfver le tzung , insbesondere die Stelle, an der die S toSver le tzung erfolgte, yon Wieh t igke i t ffir evtl . T raumafo lgen i s t (WI~MAACK, BARTH, KOCH, VOGEL, Voss) . So ve ru r sach te nach W x ~ c K ein h a r t ge~rorener Schneebal l , de r den Seh/~del h in te r ctem l inken Ohr t raf , eine l inkssei t ige Taubhe i t . W i r konn t en bei unserem Mater ia l dieser F r a g e le ider n ieh t n~her naehgehen, da es sieh in de r Mehrzahl ~ m Verkehrs- unfal le hande l t e und die E rhebungen durch die r e t rograde Amnesie schlecht ve rwe r tba r waren.

W i r h a b e n noeh 50 P a t i e n t e n aus al len Gruppen ohne besondere Auswah l nachun te r sueh t , die bei de r ers ten Unte r suehung keine pa tho- logisehen Befunde gezeigt und aueh keine Besehwerden geau~er t ha t t en . Es l ie~en sieh auch j e t z t keiner le i k r an kha f t e Bef lmde erheben, die A u d i o g r a m m e s t i m m t e n ziemlich genau m i t den zuers t au fgenommenen fiberein. Es wurde also in ke inem Fa t le e~ne Sch~digung des 17. coehlearis oder des N. ves t ibu lar i s gefunden, die sich erst seeunds nach l~ngerem symptomf re i en I n t e r v a l l en twicke l t ha t . Aueh eine Progredienz einer unfa l lbed ing ten SchwerhSrigkei t , wie sie yon Vo~EL u . a . besehr ieben worden ist , fehl t in unserem Mater ia l .

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382 F .K. WILD~AGEN:

433 (1935). - - VOGEn, K.: HNO-Wegweiser 4~, 161 (1954). - - Voss, 0.: Arch. Ohren- usw. Heilk. 138,264 (1934).--WAGSER, Cm : Inaug. Diss., Hamburg 1955.-- WIT~rMA.aC!~, K.: Arch. Ohren- usw. Heilk. 1~1, 59 (1932).

Dis]cussion zu Vortrag 70 E. ttAAS-2C[ainz. Wie der Herr Vortragende ausftihrte, hat er nach der Commotio

cerebri verschiedensten Schweregrades verh~ltnismggig mehr vestibul~re StS- rungen als coehle~re Funktionseinbugen beobachtet. Diese Feststellung ist insofern erstaunlieh, da ja im allgemeincn das phylogenetisch altere Vestibnlarorgan widerstandsfghiger ist als der phylogenetisch jfingere and damit aueh vulnerablere Cochlearapparat. Es dih'fte die Bcantwortung der Frage interessieren, ob es sieh bei den gefundenen VestibularisstSrungen um StSrungen des peripheren oder zen- tralen Vestibularapparates gehandelt hat.

K. SCHUBERT-Bonn. Die yon demVortragenden heransgestellteTatsache, dab bei Commotiones Sch~den des phylogcnetisch i~lteren Gleichgewiehtsorgans h~u- tiger nachgewiesen werden als solche des phylogenetisch ]iingeren HSrorgans, gilt nicht mehr so eindeutig, wcnn start dcr Tonaudiogramme dem H5rapparat schwie- rigere Aufgaben gestellt werden, z. B. in Form verhallter Sprachteste oder in Form frequenztr~nsformierter oder verzerrter Spraehteste oder bei Tonh5henunter- schiedssehwellenmessungen. D~nn treten Seh~den and Minderleistungen des tISrorgans bei Commotiones zutage, die bei den reinen Tonaudiogrammen nieht auffallen. Sic zeigen sieh auch gelegentlieh in F&llen, wo der Gleiehgewiehtsapparat in Ordnung ist. Deshalb habe ich auch gerade bei Begutachtungen die Forderung erhoben, hallaudiometrisehe Priifungen aueh dann durchzuffihren, wenn das Ton- audiogramm normal ist.

IL I,EICHER-3gainz. Nach Comm0tio eerebri ist oft noch Monate lang mit Hilfe der Stimmgabel beim Sehwabachsehen Versueh eine hochgradige Verktirzung der Xopf-Knochenleitung naehweisbar, z.B. SOmVABAC~ 2/~s set. Nattirlieh ist diese sehlechte Knoehenleitung aueh im Audi~amm zu erkennen. Die HSrfghigkeit ftir Flfister- and Umgangsspr~che braueht dabei keineswegs erheblich herabgesetzt zu .sein. So wurde die oben angegebene erhebliche Verkiirzung der Kopf-Knoehen- leitung wiederholt bei Patienten nach Commotio cerebri festgestellt, die ein I-I5r- verm6gen fiir Fliisterspraehe yon fiber 6 m beiderseits aufwiesen. Derartig hoch- gradige Verkiirzungen der Kopf-Knochenleitung sind gelegentlich aueh bei Him- ttmaoren, bei Hirn~bseeg, bei Lues cerebri und multipler Sklerose zu beobachten.

L.P~SCHEL-Hamburg (SehluBwort). Zur Frage einer evtl. zentrMen Sch~di- gung l~gt sieh sagen, dab gerade die vestibul/i.ren StSrungen (Spontan-, latenter Nystagmus, positiver I-[eig-Kalt-Kontrast} zum (]:eft fiir eine zentrale Genese zu- mindest dieser St6rungen spreehen; inwieweit es die cochle/~ren Ausfhlle sind, liege sieh vielleicht mit der Nethcde yon Herrn MaTZKE~ naehweisen, die uns noeh nicht zur Verffigung stand.

71. F. K. W I g D n i ~ N - H a m b u r g : ldber den Wert der calorischen und rotatorischen Reizung bei der Nystagmographie. (MR 4 Textabbi ldungen)

Die elektrische Aufzeichnung yon Bewegungen des Buibus, die ers tmals mi t Hilfe eines Sei tengalvanometers yon SCJ~OT~r n 1922