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Home Support – Unterstützung für Dein Zuhause
Evaluationsbericht
Prof. Dr. Harald Ansen
Prof. Dr. Simon Güntner
unter Mitarbeit von Henning Kiani
Hamburg, 30.6.2017
Kontakt
HAW Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Prof. Dr. Harald Ansen / Prof. Dr. Simon Güntner
Alexanderstraße 1, 20099 Hamburg
Home Support - Unterstützung für Dein Zuhause
Reimerstwiete 11
20457 Hamburg
Telefon 040 22 659 44 00
http://www.homesupport-hamburg.de/
1
Inhaltsverzeichnis
1. Das Projekt “Home Support – Unterstützung für Dein Zuhause“: Konzeptionelle Grundlagen und Ziele ...................................................................................................................................... 2 2. Evaluationsdesign ................................................................................................................ 5 3. Das Handlungsfeld „Existenzsicherung und soziale Teilhabe“ ................................................. 7
3.1. Ergebnisse der Befragung der Teilnehmenden ...................................................................... 7 3.2. Ergebnisse der Falldokumentationen .................................................................................... 9 3.3. Ergebnisse der Befragung des Home Support Teams .......................................................... 11 3.4. Zusammenfassende Einschätzung ....................................................................................... 12
4. Handlungsfeld „Wohnbezogene Unterstützung“ ................................................................. 13 4.1. Ergebnisse der Befragung der Teilnehmenden .................................................................... 13 4.2. Ergebnisse der Falldokumentationen .................................................................................. 15 4.3. Ergebnisse der Befragung des Home Support Teams .......................................................... 16 4.4. Zusammenfassende Einschätzung ....................................................................................... 17
5. Soziale Beratung und Case Management ............................................................................. 18 5.1. Ergebnisse der Befragung der Teilnehmenden .................................................................... 18 5.2. Ergebnisse der Falldokumentationen .................................................................................. 20 5.3. Ergebnisse der Befragung des Home Support Teams .......................................................... 23 5.4. Zusammenfassende Einschätzung ....................................................................................... 24
6. Empfehlungen und Ausblick ................................................................................................ 25 6.1. Vorbereitung auf die Zeit nach der Betreuung durch die Jugendhilfe ................................ 25 6.2. Verbesserung der Kooperation unterschiedlicher Sozialleistungsträger und Sozialleistungsanbieter ..................................................................................................................... 26 6.3. Konstruktives Zusammenspiel von Jugendberufsagenturen und Jugendsozialarbeit ......... 27 6.4. Weiterentwicklung der methodischen Ansätze ................................................................... 27
Literatur ..................................................................................................................................... 28 Anhang ...................................................................................................................................... 30
A Befragung der Teilnehmenden im Projekt „Home Support“ ......................................................... 30 1) Fragebogen .......................................................................................................................... 30 2) Ergebnisse in grafischer Darstellung .................................................................................... 31
B Stichworte-Kategorien aus der Quartalsauswertung 4/2016 ........................................................ 42 C Leitfaden zur Erstellung der Falldokumentationen im Rahmen der Evaluation von „Home Support“ ............................................................................................................................................ 43
2
1. Das Projekt “Home Support – Unterstützung für Dein Zuhause“: Konzeptionelle Grundlagen und Ziele
Das Projekt „Home Support“ wird seit dem 1.7.2014 durchgeführt, um Teile des Gesamtkonzepts „Hier wohnt Hamburgs Jugend“ umzusetzen. Bis zum 31.12.2016 wurde es durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) und durch Landesmittel der Freien und Hansestadt Hamburg als „Unterstützungsangebot nach dem housing first Ansatz für junge Volljährige im eigenen Mietwohnraum im Anschluss an Hilfen zur Erziehung / Hilfen für junge Volljährige“ finanziert.1 Ausgangspunkt waren die strukturellen Zugangsschwierigkeiten für diese Zielgruppe, eigenen Wohnraum zu finden.2 Zunächst war geplant, das Projekt mit der Bereitstellung von preiswertem Wohnraum nach dem Gesamtkonzept „Hier wohnt Hamburgs Jugend“ für diese Zielgruppe zu verbinden. Im Projektverlauf wurde das Angebot jedoch vom Bau neuer Wohnungen entkoppelt, da sich dieser verzögerte.
Home Support ist ein offenes, auf freiwilliger Teilnahme basierendes Angebot. Das zentrale Ziel
besteht darin, junge Menschen, die durch Vermittlung über betreuende Einrichtungen oder über
individuelle Bemühungen eine eigene Wohnung gefunden haben, darin zu unterstützen, ihre neue
Wohn- und Lebenssituation nach dem Bezug der eigenen Wohnung zu bewältigen. Hierzu zählen
insbesondere die Begleitung und Unterstützung im neuen Wohnumfeld, in der beruflichen
Orientierung und bei der Bewältigung ganz unterschiedlicher finanzieller, sozialer und persönlicher
Probleme. Der Handlungsansatz basiert auf zwei Säulen: Case Management und Krisenintervention.
Zur Umsetzung werden folgende Angebote bereitgestellt:
Soziale Beratung und Begleitung im eigenen Wohnraum (aufsuchende Arbeit, Geh-Struktur)
Soziale Beratung und Begleitung in der Beratungsstelle (offenes niedrigschwelliges Angebot,
Komm-Struktur)
Berufliche Orientierung.3
Im weiteren Sinn geht es, sozialpädagogisch formuliert, um Lebensbewältigung, die untrennbar mit
Fragen des Selbstwertgefühls, der sozialen Orientierung, des sozialen Rückhalts und der sozialen
Normalität oder Integration in die Bezugsgesellschaft verbunden ist (vgl. Böhnisch 2016).
Home Support richtet sich v.a. an sog. Care Leaver, also an junge Menschen, die aus
unterschiedlichen Formen der Hilfen zur Erziehung nach dem SGB VIII entlassen werden und nun
selbständig in der eigenen Wohnung über die Runden kommen müssen. Dieser Übergang ist
störanfällig und stellt junge Menschen vor besondere Herausforderungen. Im Projektverlauf wurde
die Zielgruppe zwar auf junge Menschen in verschiedenen prekären Lebenslagen erweitert, jedoch
wird Home Support nach wie vor überwiegend von Care Leavern genutzt.
1 Seit dem 1.1.2017 wird das Projekt ausschließlich aus Zuwendungen der Freien und Hansestadt Hamburg getragen. Die Eveluation bezieht sich auf den Zeitraum bis 31.12.1016. 2 Diese Angaben beziehen sich auf die Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_8 (AG3) im ESF Wettbewerbsverfahren 2013. 3 Zielstellung und Angebotsstruktur sind im Projektvorschlag „Home Support“ der Evangelischen Stiftung der Bodelschwingh-Gemeinde vom 8.7.2013 beschrieben.
3
Zielgruppen von Home Support
Da die ursprüngliche Zielgruppe aufgrund der fehlenden Wohnungen nicht erreicht werden konnte,
wurden im Projektverlauf die Zielgruppen erweitert:
(1) Junge Menschen unter 21 Jahren, die aus einer stationären HzE-Einrichtung oder sonstigen
betreuten Wohnform in den eigenen Wohnraum ziehen oder innerhalb der letzten 12 Monate
gezogen sind;
(2) junge Menschen unter 21 Jahren, die aus einer bezirklichen Krisen- oder Gästewohnung in den
eigenen Wohnraum ziehen oder innerhalb der letzten 12 Monate gezogen sind;
(3) junge Menschen unter 21 Jahren, die aus einer intensiven sozialpädagogischen Einzelfallhilfe in
den eigenen Wohnraum ziehen oder innerhalb der letzten 12 Monate gezogen sind;
(4) junge Mütter/Väter mit Kindern und schwangere Frauen, die in den eigenen Wohnraum ziehen
oder innerhalb der letzten 12 Monate gezogen sind;
(5) junge Menschen unter 21 Jahren, die aus einer Pflegefamilie in den eigenen Wohnraum ziehen
oder innerhalb der letzten 12 Monate gezogen sind;
(6) junge Menschen unter 25 Jahren, die durch Projekte des Angebotes „Jugend Aktiv plus“
betreut werden und in den eigenen Wohnraum ziehen oder innerhalb der letzten 12 Monate
gezogen sind;
(7) junge Flüchtlinge, die aus Erstversorgungseinrichtungen des LEB als minderjährige Flüchtlinge
aufgrund bevorstehender Volljährigkeit im Übergang zu einer WUK sind.4
Um die Ergebnisse der Evaluation der unterschiedlichen Arbeitsansätze von Home Support
beurteilen zu können, sind Hinweise auf zentrale Entwicklungsaufgaben junger Erwachsener ebenso
erforderlich wie Kenntnisse über die besonderen Lebensumstände von Care Leavern, die den
ohnehin schwierigen Prozess des Übergangs in die eigene Wohnung und die alltägliche
Selbständigkeit zusätzlich belasten. Die biographische Phase der späten Jugend ist eine
„Statuspassage“, in der sich wesentliche Parameter des Selbstbilds und auch der gesellschaftlichen
Erwartungen verändern. Zu den in diesen Jahren zu bewältigenden Aufgaben zählen die Lösung aus
dem Elternhaus, der Umgang mit körperlichen Veränderungen, die Klärung der eigenen
Geschlechterrolle, der weitere Aufbau sozialer Beziehungen zu Gleichaltrigen, die Entwicklung eines
Werte- und Normensystems sowie die Entscheidung über den schulischen und beruflichen
Werdegang. Angesichts zunehmender Individualisierung sind Jugendliche und junge Erwachsene mit
immer weniger verbindlichen Anschlussstellen, mit Ungewissheiten und Risiken konfrontiert, die es
ihnen schwerer machen, eindeutige Entscheidungen zu treffen und Orientierungspunkte zu finden
(vgl. Baumann 2005). Für die erfolgreiche Bewältigung der multiplen Aufgaben sind ein stabiler und
unterstützender familiärer Hintergrund und eine ausreichende Ressourcenausstattung
ausschlaggebend. Die mit der Lösung aus dem Elternhaus verbundenen psychischen, emotionalen,
sozialen, kulturellen und materiellen Themen werden in der Fachliteratur und Forschung breit
aufgegriffen, während die Zeit nach dem Auszug einschließlich der dann auftretenden
Schwierigkeiten nur wenig beachtet werden (vgl. Höblich/Meuth 2013, S. 293). In der Arbeit von
Home Support geht es um diese eher vernachlässigten Themen: Wie kommen junge Menschen im
eigenen Wohnraum zu Recht, welche Formen der Unterstützung benötigen sie, um sich mit der
neuen Lebenssituation zu arrangieren und allmählich selbständig zu leben? Schließlich bedeutet ein
Leben in der eigenen Wohnung für junge Menschen, die sich auf diesen Weg begeben, dass sie mit
4 Diese Zielgruppe wurde in die Evaluation nicht einbezogen, da diese nicht in einer eigenen Wohnung leben.
4
rechtlichen, organisatorischen, finanziellen und sozialräumlichen Anforderungen konfrontiert sind,
auf die sie allzu oft nicht oder nur schlecht vorbereitet sind.
Während Jugendliche und junge Erwachsene, die aus intakten Familien stammen, auf ihr familiäres
und auch soziales Netzwerk in dieser vulnerablen Zeit zurückgreifen können, trifft dies auf Care
Leaver häufig nicht zu, für die eine Jugendhilfemaßnahme in vielen Fällen mit dem Erreichen des 18.
Lebensjahres abrupt endet. Sie sind überproportional von Armut betroffen und werden in der
Gesellschaft oft (und anders als Kinder in Armut, die Mitgefühl auslösen) als drogenabhängig,
gewalttätig oder kriminell wahrgenommen bzw. stigmatisiert. Viele sind angesichts ihrer kumulativen
biographischen Belastungen, die ihr bisheriges Leben kennzeichnen, erschöpft und auf Unterstützung
angewiesen (vgl. Lutz 2016, S. 83f.). Insbesondere junge Erwachsene nach dem 18. Geburtstag sind
besonders gefährdet, müssen sie doch Sozialleistungen und andere Formen der Hilfe selbständig
beantragen. Jugendliche mit einer prekären Lebensgeschichte, hierzu zählen überwiegend Care
Leaver, drohen im Übergang in das Erwachsenenalter wegen Lücken in ihrer kognitiven und/oder
sozialen Entwicklung, einer nicht ausreichenden ökonomischen Basis und fehlender unterstützender
familiärer und sozialer Netze an rechtlichen, bürokratischen, persönlichen und institutionellen
Herausforderungen zu scheitern (vgl. Deutsches Jugendinstitut 2015). Wohin dieser Weg führen
kann, zeigt die Studie „Straßenjugendliche in Deutschland – eine Erhebung zum Ausmaß des
Phänomens“ (Hoch 2016). Home Support ist mit seinen Angeboten an dieser Übergangsstelle
angesiedelt.
Die Begleitung von Care Leavern in die eigene Wohnung erfordert mehr als Hilfen im unmittelbaren
Bezug auf das Thema Wohnen. Neben dem Umgang mit Behörden und den häufig sehr begrenzten
finanziellen Mitteln sind es persönliche Probleme, die sowohl aktuell als auch lebensgeschichtlich
bedingt sind, die die alltägliche Arbeit von Home Support prägen. Die Relevanz dieses breiten
Arbeitsansatzes wird durch (noch sehr übersichtliche) nationale und deutlich breiter angelegte
internationale Studien bestätigt, nach deren Ergebnissen Care Leaver ein hohes soziales
Exklusionsrisiko aufweisen, das vor allem mit fehlender familiärer und darüber hinausgehender
sozialer Unterstützung, psychischen Problemen, geringeren Bildungschancen und verbreiteter Armut
sowie instabilen Wohnsituationen bis hin zu Wohnungslosigkeit zusammenhängt (vgl. Ehlke 2013, S.
53). In der Gestaltung eines probaten Hilfeprozesses kommt es neben methodischen Ansätzen wie
Beratung und Case Management vor allem auf ein verlässliches Beziehungsangebot an, um den
Übergang besser zu bewältigen (vgl. ebd., S. 54). Der hohe Stellenwert der Beziehung wird deutlich,
wenn man berücksichtigt, dass der Übergang in die eigene Wohnung und damit verbunden ein
Zuwachs an Eigenverantwortung angesichts fehlenden Rückhalts im persönlichen Umfeld und der
unwägbaren Anforderungen vielfach krisenhaft und damit destabilisierend erlebt wird. Inhaltlich
fordert die Arbeit mit Care Leavern eine mehrdimensional angelegte Unterstützung, in der Fragen
der Beziehung, der Bearbeitung biographischer und psychosozialer Themen, der Förderung sozialer
Netze, der Flankierung von Bildung und Ausbildung sowie Erwerbstätigkeit, und Hilfen in der
alltäglichen Lebensführung einschließlich sozialadministrativer Maßnahmen in einem auf Kontinuität
angelegten Prozess eine entscheidende Rolle spielen (vgl. Thomas 2013, S. 44f.).
In diese Richtung weist auch das Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe
(AGJ) unter dem Titel „Junge Volljährige nach der stationären Hilfe zur Erziehung. Leaving Care als
eine dringende fach- und sozialpolitische Herausforderung in Deutschland“ (AGJ 2014). Gewarnt wird
5
u.a. davor, sich von schwierigen Jugendlichen abzuwenden, sie beispielsweise in die
Wohnungslosenhilfe abzudrängen und ihre soziale Ausgrenzung hinzunehmen. Besonderen
Herausforderungen begegnen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die auf eine oft mit vielen
Problemen beladene Biographie zurückblicken und in Deutschland marginalisiert und häufig ohne
Perspektive leben. Diese jungen Menschen sind wie Care Leaver insgesamt besonders auf Hilfen
angewiesen, die nicht mit dem 18. Geburtstag beendet werden. Die AGJ fordert dringend dazu auf,
sozialrechtliche Verschiebebahnhöfe zu vermeiden, die zwischen den Rechtskreisen des SGB II, III,
VIII und XII bereits entstanden sind. Mit dem Aufbau von Jugendberufsagenturen wird dieser
Zersplitterung von Hilfeangeboten institutionell entgegengewirkt. Der zentrale Fokus der Hilfen aus
einer Hand liegt auf Beratung und Unterstützung in der Berufseinmündung, die auch flankierende
Maßnahmen umfasst. Care Leaver wie auch andere Jugendliche mit einem intensiven
Unterstützungsbedarf sind allerdings trotz der Architektur der Jugendberufsagentur auf begleitende
Maßnahmen angewiesen, die die Handschrift der Jugendhilfe tragen, geht es doch um persönlich
ausgerichtete Angebote der Lebensbewältigung, die berufliche Fragen deutlich überschreiten. Die
Jugendberufsagentur macht eine Jugendsozialarbeit, wie sie § 13 SGB VIII mit seiner Ausrichtung auf
den Ausgleich sozialer Benachteiligungen und individueller Beeinträchtigungen vorsieht, keinesfalls
überflüssig (vgl. Beierling 2015, S. 82f., Gehrke/Güntner 2017). Home Support erfüllt mit seiner
Struktur Aufgaben, die Angebote der Jugendberufsagentur für eine besonders belastete Gruppe
junger Menschen sinnvoll ergänzt. Insofern besteht zwischen der Jugendberufsagentur und Home
Support eine Komplementärbeziehung, die infrastrukturell dringend gebraucht wird.
2. Evaluationsdesign
Die begleitende Evaluation ist formativ und klärend angelegt. Sie betrachtet zwei inhaltliche und
einen methodischen Aspekt des Home Support Projekts. Die Lebenslage der Teilnehmenden wird in
den Blick genommen, um ihre soziale Situation zu Beginn und während der Durchführung des
Projekts zu erfassen und so Rückschlüsse auf den Beitrag von Home Support zur Existenzsicherung zu
ermöglichen. Die Fokussierung der Wohnsituation erlaubt Erkenntnisse zum Beitrag des Projekts zur
Wohnstabilisierung. Der methodische Fokus liegt auf dem Case Management. Hier liegt das
Erkenntnisinteresse darin, zu erfassen, was Case Management in der Projektpraxis bedeutet, wie es
umgesetzt wird und welche Funktion ihm im Stabilisierungsprozess zukommt.
Die Evaluation soll prüfen, ob sich die konzeptionellen Annahmen und impliziten Theorien des
Modellprojekts in der Praxis bewähren. Diese Prüfung erfolgt auf Basis quantitativer und qualitativer
Erhebungen. Die für diesen Bericht herangezogenen Datenquellen sind:
a) Daten des begleitenden Projektmonitorings (einschl. einer tabellarischen Erfassung aller
Gesprächsthemen im Quartal 4/2016), in dem 161 Teilnehmende erfasst sind;
b) eine Befragung von 60 Teilnehmenden, die folgende Themen umfasst (Fragebogen und
Antworten im Anhang): Nutzung der Wohnung, Wertschätzung der Wohnung,
Wohnsituation allgemein, Alltagsgestaltung, Arbeitssituation, soziales Umfeld und Erleben
der Unterstützung durch Home Support. Diese Erhebung erfolgte online-gestützt, die Daten
wurden vom Beratungsteam eingegeben. Für 40 Teilnehmende liegen Daten zu zwei
Stichpunkten im Abstand von 6 Monaten vor, so dass Aussagen zum Verlauf getroffen
6
werden können. Die Befragten sind überwiegend im Alter zwischen 19 und 21 Jahren (49 von
60 Personen), männlich (41 Personen) und haben einen Migrationshintergrund (40
Personen); der überwiegende Teil (46 Personen) hat in der Vergangenheit in einer
Jugendwohnung gewohnt;
c) eine Auswertung von 8 Falldokumentationen.5 In diesen Kasuistiken werden Fälle anhand
von vier Dimensionen rekonstruiert: Struktureller Kontext, subjektive Selbsteinschätzung,
lebensgeschichtliche Dimension und Interaktionsgefüge. Die Kasuistiken wurden von den
Beratenden erstellt. Die in den Kasuistiken erfassten Adressat_innen von Home Support sind
ganz überwiegend zwischen 19 und 21 Jahre alt. Erfasst wurden jeweils vier junge Frauen
und Männer, die den Weg zu Home Support über die Jugendhilfe oder die
Jugendberufsagentur gefunden haben. Sechs von ihnen haben einen Migrations- und
Fluchthintergrund. Sie richten an Home Support mit diesen zusätzlichen Belastungen
besondere Anforderungen, beispielsweise in Bezug auf Sprache, Umgang mit Behörden,
Aufenthaltsfragen oder besondere familiäre Konstellationen;
d) eine Befragung des Home Supports Teams in Form von 4 Einzelinterviews. In den Gesprächen
wurden folgende Themen behandelt: Beratungsansatz und Case Management, die
Wohnsituation und wohnbezogene Unterstützungsleistungen sowie Existenzsicherung der
Adressat_innen;
e) jeweils ein Gespräch mit der Projektleitung und Projektsteuerung. Hierbei ging es um die
Rekonstruktion des Projektverlaufs und wesentliche Meilensteine, konzeptionelle Fragen
und die Bewertung der Zielerreichung.
Die Analyse und Interpretation der Daten folgt einem Evaluationsverständnis, das kein statisches und
lineares Wirkungsmodell unterstellt, sondern der Komplexität und Dynamik der zu untersuchenden
Zusammenhänge Rechnung trägt (siehe Preskill und Gopal 2014). So können auch die Veränderungen
von Zielen und Zielgruppen im Verlauf angemessen berücksichtigt werden, aus der sich auch
methodische Anpassungen ergeben. Die Evaluation zielt dabei darauf, die impliziten Theorien der
Implementation zu rekonstruieren und auf ihre Plausibilität hin zu untersuchen. Dabei geht es zum
einen um die Annahmen der Veränderung, die im Zusammenhang mit der Intervention zu erwarten
ist („Change Model“) und zum anderen um das Handlungsmodell, also die fachliche Begründung der
Intervention selbst („Action Model“) (vgl. Chen 2012).
In der Rekonstruktion der handlungsleitenden Konzepte haben die Falldokumentationen eine
hervorgehobene Bedeutung. Sie zeigen, welche fachlichen Strategien im Einzelfall entwickelt
wurden, um die Projektziele zu erreichen. Die acht herangezogenen Fälle stellen dabei keine
besonderen Erfolge dar. Vielmehr wurden Beispiele ausgewählt, an denen sich aus Sicht des
Projektteams der Arbeitsansatz besonders gut ablesen lässt.6 In der Erstellung der Kasuistiken wurde
auf Ansätze des sozialpädagogischen Fallverstehens zurückgegriffen, die für den Zweck der
Evaluation angepasst wurden (Braun / Graßhoff / Schweppe 2011). Thematisiert wurden Fragen des
Prozessverlaufs, der strukturellen Rahmenbedingungen, der subjektiven Perspektive der
Adressat_innen und der Interaktionen in der alltäglichen Unterstützung. Die Kasuistiken liefern
5 Der Leitfaden zur Erstellung der Falldokumentationen befindet sich in Anhang C. 6 Die Kasuistiken werden hier vergleichend und in stark gekürzten, ausschnitthaften Fallbeschreibungen wiedergegeben. Um die Anonymität der Betroffenen zu wahren, wird darauf verzichtet, sie in vollem Umfang zu veröffentlichen.
7
evaluationsrelevante Informationen in einer rekonstruktiven Perspektive und eignen sich so in
besonderer Weise, das Handlungsmodell der begleitenden Beratung zu explizieren.
3. Das Handlungsfeld „Existenzsicherung und soziale Teilhabe“
Der Themenbereich „Existenzsicherung und soziale Teilhabe“ umfasst Ressourcen und Strategien der
Adressat_innen zur Sicherung des Überlebens sowie zur Partizipation am gesellschaftlichen Leben.
Dazu zählen u.a. Einkommen und Erwerbstätigkeit, aber auch gesundheitliche Fragen und die
Einbindung in soziale Beziehungen und Aktivitäten. Die Evaluation betrachtet und bewertet die
Interventionen von Home Support, die darauf zielen, die Adressat_innen unter Berücksichtigung
ihrer persönlichen Ressourcen und Bewältigungsstrategien zu stärken und zu beraten.
3.1. Ergebnisse der Befragung der Teilnehmenden
Um Informationen über Existenzsicherung und soziale Teilhabe der Teilnehmenden zu erhalten,
wurden drei Themenbereiche erörtert. Unter der Rubrik „Ausbildung, Arbeit, Existenzsicherung“
wurde besprochen, in welcher Arbeits-/Ausbildungssituation sich die Personen befinden und ob sie
in diesem Zusammenhang Probleme haben. Mit Blick auf die Gestaltung des Alltags wurde gefragt,
wie sie ihre freie Zeit verbringen, was ihnen Freude oder Schwierigkeiten bereitet und wie sie sich
gesundheitlich fühlen. Das soziale Umfeld wurde mit Fragen zu Freunden, Familien und sozialen
Einrichtungen beleuchtet.
Evaluationsfragen zum Handlungsfeld „Existenzsicherung und soziale Teilhabe“
Ausbildung, Arbeit, Existenzsicherung
Welche Arbeit/Ausbildung hast Du derzeit?
Erlebst Du Probleme im Zusammenhang mit Deiner Arbeit/Ausbildung? Wenn ja: Welche?
Wie erlebst Du die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen (Jobcenter, Ämter, JBA,
andere soziale Einrichtungen u.ä.)?
Suchst Du derzeit aktiv einen Job? (Wenn ja: wer unterstützt Dich da?)
Alltag
Womit verbringst Du gerne Deine Zeit?
Was bereitet Dir Schwierigkeiten im Alltag? (Schulden, Aufenthaltsstatus)
Wie fühlst Du Dich gesundheitlich (psychisch und körperlich)?
Soziales Umfeld
Hast Du gute Freunde, auf die Du Dich verlassen kannst?
Unterstützt Dich Deine Familie?
Gibt es soziale Einrichtungen, die Du als hilfreich erlebst? Welche?
Gibt es Lebensbereiche, in denen Du Dich diskriminiert oder ausgegrenzt fühlst? Wenn ja:
Welche?
Die überwiegende Mehrheit der Befragten befindet sich in Ausbildung, Beruf oder im Prozess der
Bewerbung (vgl. Abb. 5). Etwa die Hälfte dieser Gruppe benennt jedoch Probleme im Zusammenhang
8
mit Arbeit oder Ausbildung (vgl. Abb. 6). 10% (sechs Personen) geben an, keiner Beschäftigung oder
Ausbildung nachzugehen und sich auch nicht aktiv um Arbeit zu bemühen.
Ein Großteil der Befragten hat Schwierigkeiten in der Existenzsicherung, zu den Problemen zählen
v.a. Geldmangel und der Umgang mit Behörden (vgl. Abb. 10 f.). Insbesondere Jobcenter und
Arbeitsagentur werden eher als belastend (15 von 24 Nennungen, vgl. Abb. 8) und nur selten (4 von
24 Nennungen) als förderlich erlebt.
Ausgewählte Aussagen zu Schwierigkeiten im Alltag:
„Das Schlafen und Aufstehen. Ich schlafe momentan viel zu wenig“ (TN_001).
„Schulden durch die Krankenkasse, Jobcenter, Aufenthaltsstatus“ (TN_003).
„Mich zum Lernen Hinsetzen, Kochen“ (TN_007)
„Ich kann teilweise meine Miete nicht bezahlen, da mir das Jobcenter noch kein Geld zahlt. Mein
Kühlschrank ist auch fast leer“ (TN_011).
„Lange Fahrtwege zur Arbeit, Ausbildungsgehalt ist knapp“ (TN_019).
„Meine Gesundheit. Ängste und Ämter“ (TN_025).
„Psychische Probleme, für die ich momentan keine Hilfe in Anspruch nehme. Der Schimmel in der
Wohnung. Finanzielles stresst mich“ (TN_030).
„Psychische Belastung, Schulden. Ich wurde bei der Krankenkasse abgemeldet und jetzt ist das
schwierig“ (TN_032).
„Ich habe wenig Zeit und ich bin viel müde. Außerdem habe ich ein bisschen Schulden. Aber nicht
viel“ (TN_035).
„Ein paar Schulden, meine Sucht die ganze Zeit, das macht depressiv, krieg meinen Po nicht hoch,
aufstehen, einschlafen, durchschlafen“ (TN_045).
„Der Aufenthaltspapierkram stresst mich sehr“ (TN_054).
„Ehrlich gesagt Stress. Ich habe immer viele Termine, das ist sehr stressig“ (TN_061).
„Papierkram und Dinge die mich im Kopf beschäftigen. Ich bin etwas überfordert mit dem Haushalt.
Also aufräumen, putzen. Das schiebe ich viel vor mir her“ (TN_065).
Die gesundheitliche Situation der Befragten ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Während sich knapp
die Hälfte körperlich und mental gut fühlen, geben dreizehn Personen an, sich körperlich nicht wohl
zu fühlen und sechzehn Personen nennen psychische Belastungen (vgl. Abb. 12 f.).7
7 Geschlechtsspezifische Unterschiede lassen sich aufgrund der geringen Fallzahlen nicht ablesen.
9
Während die meisten Befragten Bekannte, Freunde oder Familie haben, an die sie sich mit
Problemen wenden können, geben etwa achtzehn Prozent (10 von 60 Nennungen, vgl. Abb. 14) an,
niemanden zu kennen, auf den sie sich in einer Notsituation verlassen könnten.
Die Bedeutung des Handlungsfelds zeigt sich auch darin, dass sich die meisten Antworten auf die
Frage, was den Teilnehmenden in der Beratung besonders geholfen hat, auf die Erledigung
administrativer Aufgaben beziehen (siehe Kap. 6).
3.2. Ergebnisse der Falldokumentationen
In den Kasuistiken entsteht in einer zusammenfassenden Betrachtung in Bezug auf Fragen der
Existenzsicherung und der sozialen Teilhabe das folgende Bild:
Durchgängig sind Fragen der Grundsicherung nach dem SGB II einschließlich einmaliger Leistungen,
in vielen Fällen ergänzende Klärungen von Ausbildungsvergütungen, Wohngeld, Mitgliedschaft in
einer Krankenversicherung sowie Aufenthaltsfragen bedeutsam. Das Themenspektrum umfasst eine
Fülle von Fragen der sozialen Sicherung in der Übergangsphase vom Jugend- in das
Erwachsenenalter. Die häufig komplizierten Lebenslagen erfordern eine sorgfältige Analyse von
Ansprüchen auf Dienst-, Sach- und Geldleistungen, die einzelne Rechtskreise des SGB sowie
angrenzende gesetzliche Regelungen überschreiten. Deutlich wird in den Kasuistiken, dass das
Auffinden von gesetzlichen Ansprüchen eine sozialarbeiterisch-sozialrechtliche Fallanalyse erfordert,
vor allem wenn es um Ermessensfragen und um kombinierte Leistungen geht. Die dafür
erforderlichen Informationen müssen mühsam erhoben, teilweise erst aufwändig recherchiert
werden. Hinzu kommt die Aufbereitung für ganz unterschiedliche Antragsverfahren, die
Antragsbegleitung der jungen Menschen und bei Bedarf schriftliche Ausführungen, die für die
Ermessensausübung relevant sind. Die Bearbeitung von Fragen der Existenzsicherung erfordert
umfangreiche sozialadministrative Kompetenzen, die neben der Fallanalyse, der Auffindung
möglicher Leistungsansprüche, der Klärung behördlicher und instanzlicher Zuständigkeiten, der
Begleitung im Antragsverfahren auch Übersetzungsleistungen für die leistungsberechtigten jungen
Menschen umfassen, die vielfach mit der Behördenkorrespondenz überfordert sind. Den
Adressat_innen von Home Support fehlt einstweilen die Erfahrung im Umgang mit Behörden und
dem System der sozialen Sicherung, von Sprachbarrieren ganz abgesehen, die zu Missverständnissen
und zusätzlichen Überforderungen und Verunsicherungen führen. Home Support trägt mit seinen
fundierten Hilfen zur Existenzsicherung entscheidend dazu bei, dass ein zunehmend
unübersichtliches soziales Netz von Dienst-, Sach- und Geldleistungen junge Menschen mit multiplen
Problemen auch erreicht.
Fall 1: Flexibilität und Beharrlichkeit in der Lebensweltorientierung
Im Fall einer jungen Frau mit multiplen Problemen nimmt eine ausgeprägte, schon früher in der Biographie
einsetzende Suchtthematik, in der lebensbegleitenden Unterstützung einen breiten Raum ein. Nahezu typisch
für Suchtprobleme sind Folgeschwierigkeiten wie finanzielle Engpässe, Wohnungsprobleme bis hin zum
drohenden und manifesten Verlust der Wohnung, Behördenprobleme, insbesondere auch wegen mangelnder
Mitwirkung und Verlässlichkeit, und rechtliche Probleme. In der Unterstützung durch Home Support werden
diese Herausforderungen mit großer Geduld und weiten Toleranzgrenzen angenommen. Die suchtbedingt
partiell reduzierten Fähigkeiten zur verlässlichen Zusammenarbeit erschweren es in der Unterstützung,
10
behördliche Angelegenheiten, Anträge u.v.m. nach den üblichen Regeln zu lösen. Immer wieder sind
Sonderwege erforderlich, um der jungen Frau eine Perspektive auch hinsichtlich einer Ausbildung zu eröffnen
und zu erhalten. Es kommt darauf an, sich auf die immer wieder begrenzten Handlungsmöglichkeiten der
jungen Frau einzustellen und das Unterstützungsangebot durchzuhalten, immer mit dem Wissen, dass der
weitere Verlauf ungewiss bleibt. Home Support dokumentiert in diesem Fall die große Bedeutung eines
niedrigschwelligen Ansatzes, der sich, soweit es fachlich vertretbar ist, auf die Veränderungsgeschwindigkeiten
der Adressat_innen einlässt und nicht schematisch verfährt. Gerade bei Suchtproblemen ist ein elastischer
Umgang mit den Betroffenen unerlässlich, will man sie nicht durch enge Vorgaben aus dem
Unterstützungsprozess herausdrängen. Die Mitarbeiter_innen benötigen eine große Frustrationstoleranz in
diesen Fällen, die Home Support nicht nur personell, sonder auch institutionell repräsentiert. Dieser Fall
unterstreicht das lebensweltorientierte Vorgehen im Alltag von Home Support, in dem die Sichtweisen der
Adressat_innen in Bezug auf ihr Erleben von Raum, Zeit und Beziehungen eine entscheidende Rolle in einem
partizipativ angelegten Unterstützungsprozess spielen, dessen zentrales Ziel darin besteht, zu einem
gelingenderen Alltag beizutragen (vgl. Grunwald/Thiersch 2016).
Fall 2: Sicherung der Lebensgrundlagen und Ausbildungsmotivation
Im Fall eines jungen Mannes mit Fluchterfahrung, der nach einigen Jahren in der Jugendhilfe eine
eigene Wohnung findet und nun von Home Support begleitet wird, bewegen sich die
Unterstützungsthemen im Horizont des für Home Support typischen Spektrums wie finanzielle
Angelegenheiten, Wohnungsfragen und in diesem Fall vor allem Ausbildungsfragen. Der junge Mann
ist auf eine ausreichende finanzielle Ausstattung angewiesen, um seinen unterschiedlichen
Verpflichtungen, auch familiär unterfüttert, gerecht werden zu können. Im Verlauf der Unterstützung
wird immer deutlicher, dass seine Spielräume für eine Ausbildung durch seine finanziellen Probleme
persönlich als sehr begrenzt wahrgenommen werden. Nur wenn es gelingt, dieses Thema für ihn
befriedigend zu lösen, entstehen die persönliche und damit auch motivationalen Voraussetzung, sich
auf eine Ausbildung einzulassen, die zunächst ein geringeres Einkommen bedeutet als eine ungelernte
Tätigkeit. Im Verlauf der Unterstützung gelingt es, den jungen Mann mit kreativen Maßnahmen so zu
stabilisieren, dass er sich auf eine Ausbildung verbindlich einlässt und diese auch erfolgreich
absolviert. In diesem Fall wird eine regelmäßige sozialpädagogische Beobachtung sehr anschaulich:
Solange junge Menschen durch Alltagssorgen, vor allem im Bereich ihrer elementaren Versorgung
belastet sind, fehlen die inneren Räume und die Bereitschaft, sich auf (Aus-)Bildung einzulassen. Home
Support gelingt es in diesem Fall, über flankierende und unmittelbar entlastende Maßnahmen einen
jungen Mann zu befähigen, seine Ausbildung abzuschließen.
Fall 3: Beziehungsgestaltung und Netzwerkarbeit
Im Fall einer jungen Frau, die vor diversen finanziellen, sozialen und persönlichen Problemen steht, die
früh in ihrer Lebensgeschichte beginnen, hat die Erfahrung von Gewalt und Deprivation Spuren
hinterlassen, die es ihr heute schwer machen, ihre Angelegenheiten selbständig zu erledigen. Im
Unterstützungsprozess spielen wiederholt Fragen der finanziellen Grundsicherung, der
Wohnungssicherung, des Umgangs mit Ausbildungsfragen und insbesondere auch erhebliche
psychische Probleme eine maßgebliche Rolle. In der Sozialarbeit gelingt es immer wieder, die
Existenzgrundlagen der jungen Frau zu sichern, auch unter erschwerten Bedingungen wie etwa
verhängten Sanktionen in der Grundsicherung. Im Verlauf wird immer deutlicher, dass die psychischen
Probleme eine dominante Rolle spielen, um diese herum entstehen soziale Schwierigkeiten wie
Abgrenzungen von teilweise übergriffigen Erwartungen ihres Umfeldes. Home Support bietet dieser
jungen Frau mit einem grundlegenden Beziehungsthema eine Anlaufstelle, die diese auch wahrnimmt,
um ihre alltäglichen Lebensgrundlagen zu sichern. Gleichzeitig ist erkennbar, dass eine grundlegende
Lösung gefunden werden muss, die dem unentwirrbaren Geflecht von sozialen, finanziellen und
persönlichen Problemen gerecht wird. In diesem Fall stößt Home Support an seine Grenzen, wobei es
im Unterstützungsprozess immer wieder gelingt, eine Eskalation der Probleme wie Mittellosigkeit oder
11
Verlust der Wohnung mitunter auf dem letzten Drücker zu verhindern. Diese präventive Wirkung des
Unterstützungsangebots ist deutlich hervorzuheben. Die Überleitung in eine umfassendere Form der
Betreuung wurde im Fallverlauf entwickelt und auch realisiert, so dass die vernetzende Tätigkeit von
Home Support wesentlich dazu beigetragen hat, eine Versorgungsstruktur aufzubauen, die den
Besonderheiten der jungen Frau am ehesten gerecht wird. Mit der Sicherung elementarer materieller
wie auch beziehungsorientierter Lebensbedürfnisse wurde in diesem Fall die Grundlage für eine
weitergehende Vernetzung geschaffen, die am ehesten die Gewähr dafür bietet, dass der begonnene
Prozess der Stabilisierung fortgesetzt werden kann. Home Support, das zeigt dieser Verlauf
eindrücklich, beachtet die Grenzen seiner Interventionsmöglichkeiten, gleichzeitig fungiert es als eine
Anlaufstelle, im weiteren Sinn sogar eine Clearing-Stelle, in der die Weichen für eine längerfristig
tragfähige Hilfe gestellt werden. Der komplexe Hilfebedarf hat sich erst im Prozess genauer
abgezeichnet. Die sozialdiagnostische Begleitung junger Menschen erfordert eine fortlaufende
fallanalytische Reflexion, die im Alltag von Home Support geleistet wird.
3.3. Ergebnisse der Befragung des Home Support Teams
Aus den Gesprächen mit dem Team von Home Support ergibt sich, dass Unterstützung in der
Existenzsicherung im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht. Eine wesentliche Aufgabe wird darin gesehen,
gemeinsam mit den betroffenen Personen die oft komplexen Problemlagen zu strukturieren und
bewältigbare Aufgaben und Handlungsschritte zu bilden.
„Oft kommen die Leute in einer Situation, in der es voll brennt (...) Oftmals kommen sie mit einem
großen Bündel Probleme zu uns (...) Oft erkennen die Klienten die Muster hinter ihren Problemen nicht,
dass es da noch eine andere Seite gibt, die angeschaut werden müsste“ (Fachkraft 3)
Aus dieser kollaborativen „Problemarbeit“ (Groenemeyer 2010) ergeben sich nicht nur
Bewältigungsstrategien, sondern sie ist ebenso Grundlage für den Aufbau einer Beziehung.
„In der Regel hat der Betroffene keinen Überblick mehr darüber, was eigentlich los ist. Oft fällt den
jungen Leuten das Amtsdeutsch schwer, z.B. weil Sie keine Muttersprachler sind (…). Die erste Aufgabe,
die ich den Menschen gebe, ist es, möglichst alle Unterlagen und Briefe, die mit diesem Thema zu tun
haben, zusammenzusammeln, um einen Überblick zu bekommen. Oft schicke ich ihn denjenigen dann
mit kleinen Hausaufgaben nach Hause, wenn z.B. Telefonate geführt werden müssen oder wenn schnell
ein Brief geschrieben werden muss, dass ein Gläubiger die Füße stillhalten soll (…), zum Teil unterstütze
ich da dann auch, wenn derjenige zum Beispiel nicht alleine ein Schreiben verfassen kann. Wenn das
ganze komplexer ist, dann schau ich mir das in Ruhe an, rechne Sachen durch, schaue in die
Gesetzbücher, berate mich unter Umständen mit Kollegen, rufe eventuell bei anderen Stellen an, die
man heranziehen kann und versuche möglichst schnell eine Idee zu entwickeln, was man machen kann
um das Problem zu lösen. Meistens gibt es da nicht so viele Wahlmöglichkeiten (…) Wenn ich mir das
erschlossen habe, versuche ich das dann möglichst schnell dem Klienten verständlich zu machen, auch
in seine oder ihre Sprache zu übersetzen (…), um ihn dann möglichst selber seine Probleme lösen zu
lassen und mich abrufbar anzubieten bzw. unterstütze ich ihn bei den Sachen wo er sagt ‚das schaffe
ich nicht, das traue ich mir nicht zu‘, das geht bei vielen schon damit los, dass sie sich nicht trauen beim
Amt anzurufen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie nicht verstanden werden, andere sind
da ganz tough und denen reicht schon mein Rat, das ist ganz unterschiedlich (…)“ (Fachkraft 3).
12
Der Aufbau einer Beziehung zu den Betroffenen wird als zentraler Ansatzpunkt und auch
Erfolgsfaktor eingeschätzt, da die Probleme in der Regel nicht mit einer einmaligen Intervention zu
beheben sind. Das Team beschreibt, dass die Kompetenzen der jungen Menschen insbesondere in
der Erledigung administrativer Aufgaben oft kaum ausgebildet sind. In Einzelfällen ist nicht bekannt,
dass Briefe frankiert werden müssen, als typisch wird eine Haltung der „erlernten Hilflosigkeit“
beschrieben: Wer in die Beratung kommt, erwartet, sich dort seiner/ihrer Probleme zu entledigen
und ist nicht darauf eingestellt, an der Bearbeitung mitzuwirken.
„Es gibt bei mir welche, die inzwischen ganz gut alleine laufen (…), die ich auch mal eine Weile nicht
sehe (…), die ich manchmal so ein bisschen aus dem Nest schmeiße (…) und sage jetzt gehst Du da mal
alleine hin (…), und es gibt aber auch welche bei denen ich weiß, mit der Geschichte, da klappen die
mir zusammen wenn die da alleine beim Amt sitzen (…)“ (Fachkraft 4)
„Manchmal denke ich mir, die müssten eigentlich mit 20 bis 21 Jahren was die Verselbständigung
angeht, schon auf einem anderen Stand sein (...) und häufig habe ich auch Klienten, die wirklich
multiple Problemlagen haben (...) die Ausbildung ist in Gefahr, die Wohnung ist in Gefahr, (...) die hat
Schulden, da habe ich das Gefühl gar nicht die Möglichkeit zu haben, ihre Bereiche zu übergeben, die
sie selbständig machen kann, weil es dann gar nicht funktionieren würde“ (Fachkraft 2)
Andererseits zeigt sich auch, dass die Probleme der Existenzsicherung oft äußerst komplex sind und
detaillierte Kenntnisse des nicht immer schlüssigen Sozialrechts nötig sind, um den Betroffenen zur
Durchsetzung ihrer Rechte zu verhelfen. Die Klärung der Sachverhalte erfordert vom Home Support
Team oft zeitaufwändige und anspruchsvolle Recherchen.
3.4. Zusammenfassende Einschätzung
Die Einblicke in die alltäglichen Bemühungen der Mitarbeiter_innen von Home Support zur Sicherung
der Existenzgrundlagen der jungen Erwachsenen, die sich ihnen anvertrauen, zeigen, dass die
Realisierung von Sozialleistungsansprüchen einen breiten Raum einnimmt. Auch in der Befragung der
Teilnehmenden wurden häufig Schwierigkeiten in der Erledigung administrativer Aufgaben und
negative Erfahrungen im Umgang mit Ämtern und Behörden angeführt. Dies deutet auf
Zugangsbarrieren zum System der sozialen Sicherung, abweisendes Verhalten und
Anspruchsverwehrung, falsche und mangelhafte Beratung seitens der Leistungsträger sowie
Informationslücken, fehlende bürokratische Kompetenzen und persönliche Verunsicherung der
jungen Menschen im Umgang mit Behörden hin. Die Erschließung existenzsichernder
Sozialleistungen in komplex belasteten Lebenslagen ist weit mehr als eine rein juristische Tätigkeit.
Immer wieder müssen die Besonderheiten der Einzelfälle in einem längeren Prozess, in dem
persönliches Vertrauen eine große Rolle spielt, erst aufgehellt und dann hinsichtlich möglicher
Sozialleistungen interpretiert werden, wobei es nicht nur um Geldleistungen, sondern auch um Sach-
und Dienstleistungen geht. Hinzu kommt, dass die jungen Erwachsenen vielfach nicht nur befähigt,
sondern auch motiviert werden müssen, ihre Rechte auf Sozialleistungen auch in Anspruch zu
nehmen. Die Rechtsdurchsetzung in diesem umfassenden Verständnis ist eine Grundlage für die
Teilhabe an den Errungenschaften unserer Gesellschaft. Teilhabe setzt in vielen Bereichen
Eigenaktivitäten voraus, die die Zielgruppe von Home Support angesichts ihrer biographischen
Belastungen nicht auf Anhieb und auch nicht ohne professionelle Unterstützung entfalten kann. Das
13
Austarieren von Motivierung zur selbständigen Bewältigung und der advokatorischen Übernahme
und Erledigung der Aufgaben rückt dabei immer wieder in den Mittelpunkt der Arbeit. Dazu ist die
Verfügung über Zeitressourcen ebenso notwendig wie sozialpädagogische, psychologische und auch
administrative Kompetenzen. Home Support trägt im Sinne von § 1 SGB I mit seinen Beiträgen zur
Sicherung eines menschenwürdigen Daseins, zur Entfaltung der Persönlichkeit insbesondere von
jungen Menschen, zur Förderung der Selbsthilfe und zur beruflichen Qualifizierung, die es erlaubt,
den eigenen Lebensunterhalt mit einer frei gewählten Tätigkeit zu sichern, an einer entscheidenden
Stelle zur Umsetzung des Sozialstaatsprinzips bei.
4. Handlungsfeld „Wohnbezogene Unterstützung“
Die Unterstützung im selbständigen Wohnen ist ein expliziter Schwerpunkt von Home Support. Das
Projekt richtet sich an junge Menschen, die in einer eigenen Wohnung leben. Es ist kein Angebot zur
Wohnungssuche oder -beschaffung. Mit Bezug auf das sog. housing first Konzept wird indes davon
ausgegangen, dass der „Einzug in ein unbefristetes Wohnverhältnis (...) ein erhebliches
Stabilisierungspotenzial für den Mieter“ bedeutet.8 Zugleich birgt der Schritt in die Eigenständigkeit
auch im Wohnbereich Risiken des Scheiterns. Im Rahmen der Evaluation ist somit zu klären, ob die
Annahme der Stabilisierung durch eigenständiges Wohnen zutrifft bzw. welchen Beitrag das Wohnen
zur sozialen Integration leistet. Sie soll auch zeigen, welche Formen und Wege der Unterstützung
dazu beitragen können, Belastungen und Herausforderungen in der frühen Phase des erstmalig
selbständigen Wohnens zu bewältigen.
4.1. Ergebnisse der Befragung der Teilnehmenden
Die Teilnehmenden wurden im Rahmen dieser Evaluation nach ihrer Wohnsituation, nach der
Nutzung und Wertschätzung ihrer Wohnung gefragt.
Evaluationsfragen im Handlungsfeld „Wohnbezogene Unterstützung“
Wohnsituation
Wie wohnst Du? (z.B. alleine, in WG, mit Freund_in)
Welche Aspekte des Wohnens erlebst Du als erfreulich? (z.B. Ruhe, Sicherheit, selbst
entscheiden)
Welche Aspekte des Wohnens sind für Dich problematisch? (z.B. Sauberkeit, Einsamkeit,
Reparaturen)
Hast Du Sorge Deine Wohnung zu verlieren? (Wenn ja: warum?)
Welche Wohnsituation würde Dir mehr zusagen als die jetzige?
Nutzung und Wertschätzung der Wohnung
Wie gerne bist Du in Deiner Wohnung?
Bekommst Du gerne Besuch? (von wem und wie oft?)
Wie gern kochst Du zuhause?
Wie kommst Du mit Deinen Nachbarn klar?
8 Siehe Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_8 (AG3) im ESF Wettbewerbsverfahren 2013, S.4.
14
Die Befragten wohnen überwiegend alleine (41 von 60 Nennungen, vgl. Abb. 17). Eine deutliche
Mehrheit ist mit ihrer Wohnsituation zufrieden, hält sich auch gerne in der Wohnung auf (40 von 60
Nennungen, vgl. Abb. 23) und bekommt auch gerne Besuch (42 Nennungen).9 Zu den als positiv
erlebten Aspekten des selbständigen Wohnens zählen v.a. die Möglichkeit, sich zurückzuziehen (29
Nennungen, vgl. Abb. 18) und das mit der Wohnsituation verbundene Gefühl von Selbstbestimmung
und Freiheit (23 Nennungen).
Ausgewählte Aussagen zu erfreulichen Aspekten des Wohnens:
„Ich kann die Tür zuschließen, keiner kann stören und ich hab meine Ruhe“ (TN_007).
„Ich habe meine Ruhe und kann selbst entscheiden was ich mache“ (TN_014).
„Vor allem aus der Jugendwohnung raus zu sein. Das war als Notlösung okay, aber nicht wirklich
schön“ (TN_017).
„Ich liebe zuhause sein. Ich kann XBOX-Spielen, lesen und es ist ruhig“ (TN_026).
„Eigene Entscheidungen treffen und selbst bestimmen was man wann macht. Ich bin mein eigener
Chef“ (TN_031).
„Lesen, Schreiben, Deutsch weiter lernen, Sport zuhause, Kochen, die Ruhe zum schlafen“ (TN_036).
„Dass ich alleine bin, machen kann was ich will, mal Musik laut hören, Freunde einladen stört
niemanden. Anders als bei HzE“ (TN_038).
„Dass ich meine Ruhe habe, dass ich keine Angst haben muss um meine Sachen“ (TN_063).
Allerdings nennen auch einige (25 von 60 Nennungen, vgl. Abb. 19) Belastungen durch ihre
Wohnsituation, insbesondere Mängel der Wohnung (z.B. Schimmel oder Ausstattung, vgl. Abb. 20)
oder ein schwieriges Wohnumfeld (z.B. Nachbarn oder Lage). 14 Personen nennen Schwierigkeiten
im Zusammenhang mit der selbständigen Haushaltsführung, z.B. durch Einsamkeit oder fehlende
Struktur im Alltag. Ein Drittel der Befragten kann sich keine bessere Wohnform vorstellen als ihre
aktuelle (vgl. Abb. 22). Wünsche nach Verbesserung beziehen sich v.a. auf Ausstattung und Lage (10
Nennungen) oder Größe (7 Nennungen). Nur vereinzelt wird eine andere Haushaltsform gewünscht.
Ausgewählte Aussagen zu schwierigen Aspekten des Wohnens:
„Manchmal ist es einsam alleine zuhause. Ich muss alles selbst machen“ (TN_001).
„Einsamkeit, Reparaturen und selbst entscheiden müssen“ (TN_003).
„Reparaturen und an Miete zu denken“ (TN_005).
9 Auffällig ist, dass bei denjenigen, die mit Kindern oder Partnern zusammen leben, deutlich höhere Anteile an
Unzufriedenheit zu verzeichnen sind (die Fallzahlen sind jedoch zu gering für belastbare Aussagen).
15
„Seit längerem fühle ich mich nicht mehr wohl. Es ist ruhig, aber Schimmel in der Wohnung“
(TN_006).
„Ich kann nicht so gut mit den Ãmtern. Es ist noch nicht alles 100% eingerichtet und viel gleichzeitig
aufräumen fällt mir schwer“ (TN 007).
„Die dazugehörigen Kosten, teure Miete. Zudem sind meine Nachbarn sehr laut und stören mich .
Briefe kann ich nicht alles alleine machen, brauche Hilfe. Vieles kann ich alleine, aber nicht alles“
(TN_009).
Manchmal fühl ich mich allein und überfordert, dann wird mir alles zu viel“ (TN_010)
„Viel Schimmel, die Nachbarn sind manchmal laut. Mir geht es schlecht wegen dem Schimmel und
wenn meine Tochter zu Besuch kommt ist das nicht gut für sie. (TN_036).
„Laute Nachbarn und die Finanzierung. Ich muss das selbst regulieren und ich verliere leicht den
Überblick über Ausgaben“ (TN_044).
„Wohnung ist zu klein und im 9. Stock und manchmal ist der Fahrstuhl kaputt. Und der Stadtteil ist
nicht so gut“ (TN_047).
„Dass man mit den Dingen alleine ist, mit Vermieter und so. Habe Angst dass es eine Mieterhöhung
gibt wenn ich was sage“ (TN_063).
Etwa ein Drittel der Befragten hat Schwierigkeiten mit der Wohnungssicherung durch Geldmangel,
Konflikte mit Vermietern oder Behörden (vgl. Abb. 19 f.). Achtzehn Personen befürchten einen
Wohnungsverlust (vgl. Abb. 21). Hinsichtlich der Wohnsituation zeigen sich Unterschiede zwischen
den Zielgruppen, so erscheint der Wohnungserhalt v.a. für die aus dem Programm „Jugend Aktiv
plus“ vermittelten Personen problematisch (vgl. Abb. 26).
4.2. Ergebnisse der Falldokumentationen
Hinsichtlich der Wohnstabilisierung führt die Auswertung der acht Kasuistiken zu folgenden
Einblicken in die Arbeit von Home Support:
Alle acht berücksichtigten jungen Menschen verfügen mittlerweile über eine eigene kleine Wohnung.
Soweit Wohnungsversorgungsprobleme während der Unterstützung aufgetreten sind, ist es
gelungen, diese erfolgreich zu bewältigen. Die Mitarbeiter_innen von Home Support verfügen auch
in diesem Bereich über fundierte Systemkenntnisse, die sie fallbezogen so einsetzen, dass keine
Wohnungslosigkeit entsteht. In den Fallschilderungen wird deutlich, dass die jungen Menschen keine
gravierenden Probleme mit der selbständigen Haushaltsführung haben, in diesem Bereich werden
zumindest in den erfassten Fällen keine signifikant gehäuften Hilfen abgerufen. Teilweise wird Home
Support eingebunden, wenn es um die Einrichtung der Wohnung einschließlich dafür erforderlicher
Anträge sowie kleinere handwerkliche Herausforderungen geht. Die Nutzer_innen von Home
Support sind insbesondere auf Unterstützung im Zusammenhang mit dem Wohnen angewiesen,
wenn sie sich nicht ausreichend von häufigen Besuchen in der Wohnung und
16
Übernachtungswünschen abgrenzen können oder wenn atypische Probleme wie Miet- und
Energieschulden oder Schimmelbefall auftreten. Home Support, so kann man an dieser Stelle
resümieren, steht für Fragen der Wohnstabilisierung zur Verfügung. Entsprechende Leistungen
werden insbesondere bei der Anbahnung eines Mietverhältnisses, das üblicherweise mit einer Reihe
von administrativen Anforderungen verbunden ist, und bei punktuellen Problemen in Anspruch
genommen. Es ist davon auszugehen, dass Home Support mit den vorgehaltenen Hilfen jungen
Menschen das Gefühl von Sicherheit vermittelt, in der eigenen Wohnung zurecht zu kommen und bei
Bedarf unkompliziert und niedrigschwellig auf Unterstützung zurückgreifen zu können. Dieser
„weiche Wirkfaktor“ sollte nicht unterschätzt werden, denn der stabilisierende Hintergrund, den
Home Support darstellt, verhindert, dass die jungen Menschen in Problemlagen rasch überfordert
sind und irrational reagieren, was leicht zu einem Wohnungsverlust führen kann. Mitunter sind es
kleine Hinweise, Einschätzungen oder auch die Erledigung von Korrespondenz, die das Leben in der
häufig ersten eigenen Wohnung erleichtern und festigen. Auf diesem Weg werden Kompetenzen
erworben, die in späteren Mietverhältnissen, in denen die Betroffenen ihre Angelegenheiten
selbständig regeln müssen, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden können.
Fall 4: Integrationsorientierte Alltagsbegleitung
In der Schilderung des Unterstützungsprozesses für einen jungen Mann mit Flucht- und
Migrationshintergrund, der 2015 einsetzt, standen zunächst Fragen um die Themen
Behördenangelegenheiten und Wohnung im Mittelpunkt. Der junge Mann lebt in seiner ersten
eigenen Wohnung und absolviert eine Ausbildung. Die Themen streuen in diesem Fall breit, sie reichen
von wohnungstechnischen Problemen über Korrespondenz, Freizeitgestaltung bis hin zu
Weiterbildung und allgemein formuliert der gesellschaftlichen Platzierung. Die unterstützenden
Gespräche und Interventionen werden anfänglich regelmäßig und im weiteren Verlauf nur noch
punktuell von dem jungen Mann nachgefragt, der ansonsten eigenständig zurechtkommt.
Insbesondere in Zeiten, in denen Probleme und Herausforderungen kumulieren, greift er häufiger auf
Home Support zurück. Die Beobachtung, dass er mittlerweile deutlich seltener kommt, verweist auf
eine zunehmende Selbständigkeit im Umgang mit den Themen Wohnen, Existenzsicherung
einschließlich der Erwerbstätigkeit und alltägliche formelle Anforderungen wie
Behördenangelegenheiten sowie die Lebensgestaltung. Auf dem Weg in die Selbständigkeit waren
insbesondere die alltagsbegleitenden Unterstützungsangebote von Home Support in einem auf der
Grundlage einer persönlichen Beziehung erfolgenden Prozess erfolgreich. In diesem Fall waren die
Themen der Gespräche und unterstützenden Maßnahmen breit gestreut. Er zeigt exemplarisch einen
lebensweltorientierten Ansatz der Sozialen Arbeit, in dem es darum geht, möglichst niedrigschwellig in
der Breite der Lebensweltdimensionen von Raum, Zeit und Beziehungen für den Adressaten verfügbar
zu sein. Die alltägliche Lebensführung wird begleitet, um dort, wo es notwendig ist, für Entlastungen
durch Gespräche und konkrete unterstützende Handlungen zu sorgen.
4.3. Ergebnisse der Befragung des Home Support Teams
In den Gesprächen mit dem Home Support Team zeigte sich, dass das Thema „Wohnen“ im Vergleich
zu anderen Fragen der Existenzsicherung deutlich weniger Raum in der Beratung und Begleitung
ausmacht.
„Bei meinen Klienten spielt das kaum eine Rolle (...) ich kenne oft die Wohnung gar nicht“
(Fachkraft 3)
17
Die Fachkräfte beschreiben, dass die Ratsuchenden durchaus in der Lage sind, einen eigenen
Haushalt zu führen. Probleme ergeben sich eher aus Wohnungsmängeln oder durch finanzielle
Schwierigkeiten, in Einzelfällen auch aus Nachbarschaftskonflikten.
„Themen sind nicht wie koch ich was oder wie staubsauge ich (...) sondern eher im Rahmen
von jetzt muss ich Strom zahlen und Wasser und die Miete muss ich auch noch zahlen“
(Fachkraft 4)
Bisweilen haben Ratsuchende und auch andere soziale Einrichtungen die Erwartung, dass Home
Support auch praktische Hilfe im Haushalt anbietet, wie z.B. Wände streichen und Lampen
anbringen. Das wird vom Team weitgehend abgelehnt außer wenn die Hilfe mit einem befähigenden
Anspruch verbunden ist:
„Ich halte es für wichtig, dass es Möglichkeiten gibt wie z.B. sich Werkzeug auszuleihen, aber
nicht ihnen das dann abzunehmen“ (Fachkraft 4)
Eigenständiges Wohnen, so lassen sich die Aussagen des Home Support Teams zu diesem
Handlungsfeld zusammenfassen, ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Beratung und Begleitung. Das
Wohnen an sich bereitet den Teilnehmenden indes wenig Probleme und insofern besteht hier auch
kaum Beratungsbedarf. Die Beratung bezieht sich v.a. auf wohnungssichernde Fragen wie das
regelmäßige Bezahlen der Miete.
4.4. Zusammenfassende Einschätzung
Home Support flankiert junge Erwachsene in ihrer ersten eigenen Wohnung mit einem
sozialpädagogischen Angebot, das bedarfsorientiert auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen
werden kann. In diesem Handlungsfeld dominieren organisatorische Themen wie Mietzahlungen,
Mietschuldenregulierung und wohnungslogistische Fragen. Ebenfalls (aber deutlich seltener) geht es
um Fragen der Haushaltsführung, der Gestaltung des Wohnens und der Organisation handwerklicher
Tätigkeiten. Auch hier bietet Home Support konkrete Unterstützung an. Für die jungen Menschen
bedeutet dies ein verlässliches Hintergrundangebot, auf das sie jederzeit zurückgreifen können, das
ihnen Sicherheit verleiht und Ängste vor Überforderungen nimmt. Sozialökologisch formuliert wird
die Passung von Person und Umwelt (hier: Wohnung) dergestalt gefördert, dass die jungen
Menschen ihre elementaren Wohnbedürfnisse in angemessener Weise befriedigen können. Sie
finden in ihren Wohnungen einen geschützten Raum, in dem sie sich entwickeln können, der erst die
Basis für eine Ausbildung und Erwerbstätigkeit darstellt, der es ihnen erlaubt, Beziehungen und
Partnerschaften aufzubauen und der nicht zuletzt für ihre persönliche und soziale Identität
bedeutsam ist.
In diesem Handlungsfeld zeigen sich jedoch auch Probleme, die aus der Offenheit des Angebots
resultieren. In Einzelfällen wurde die Erwartung geweckt und dann auch eingelöst, dass Home
Support auch alltagspraktische Unterstützung anbietet, wie z.B. Tapezieren oder kleinere
Renovierungsarbeiten. Solange diese Form der Hilfe ein Vehikel der Beziehungsarbeit und
18
Befähigung der Adressat_innen darstellt, kann dies zielführend sein. Ebenso besteht jedoch die
Möglichkeit, dass solch ein Angebot zwar genutzt wird, sozialpädagogische Effekte jedoch
ausbleiben. Wie auch im Handlungsfeld Existenzsicherung macht das Ausloten und Verhandeln von
Grenzen einen erheblichen Teil der Arbeit aus.
5. Soziale Beratung und Case Management
In der Projektausschreibung formulierte die auftraggebende Behörde folgende Erwartungen an das
Unterstützungsprojekt: „Die Unterstützungsleistungen werden durch ein multiprofessionelles Team
angeboten. Das Team soll auch Möglichkeiten einer Einbindung von Betroffenen (peer support) und
Ehrenamtliches Engagement eröffnen. Es wird nach der Methode des case-managements gearbeitet,
welches Mitwirkung erwartet, Ziele über Zielvereinbarungen trifft, diese in einem Hilfeplan
beschreibt und ihre Zielerreichung kontinuierlich anpasst und laufend überprüft. Mit der
Zusammenführung der verschiedenen Beratungsleistungen in einem Team gehen eine enge
Zusammenarbeit und der Aufbau von Netzwerken mit den Anbietern spezieller Beratungsangebote
einher“.10
Diese Erwartungen und die darin zum Ausdruck kommenden konzeptionellen Bezüge sind für Home
Support handlungsleitend. Im Projektvorschlag der Evangelischen Stiftung der Bodelschwingh-
Gemeinde wird der offene Begriff der „Unterstützungsleistung“ als „Soziale Beratung und
Begleitung“ konkretisiert, die sowohl im Wohnraum wie auch in einer Beratungsstelle angeboten
wird.11 Aufgabe der Evaluation ist es zu klären, wie die Leitkonzepte „Soziale Beratung und
Begleitung“ und „Case Management“ in der Praxis umgesetzt werden und welchen Beitrag sie zur
Stabilisierung der Adressat_innen leisten.
5.1. Ergebnisse der Befragung der Teilnehmenden
Um zu erfahren, wie die Teilnehmenden Beratung und Case Management erlebten, wurden sie
gefragt, was ihnen in der Beratung durch Home Support geholfen hat und inwiefern ihnen hilfreiche
Kontakte zu anderen Angeboten vermittelt wurden. Zudem wurde gefragt, wie das Angebot
verbessert werden könnte.
Evaluationsfragen zu Beratung und Case Management
Was hat Dir in der Beratung besonders geholfen?
Hast Du von Home Support hilfreiche Kontakte vermittelt bekommen?
Wie könnte Home Support Dich besser unterstützen?
Die Befragten schätzen an der Begleitung durch Home Support insbesondere die Unterstützung in
administrativen Angelegenheiten (31 von 60 Nennungen, vgl. Abb. 27). Dazu zählen u.a. Hilfe beim
Beantworten von behördlicher Post und die Begleitung bei Behördengängen. Desweiteren wird die
10 Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_8 (AG3) im ESF Wettbewerbsverfahren 2013, S.2. 11 Vgl. Projektvorschlag „Home Support“ der Evangelischen Stiftung der Bodelschwingh-Gemeinde vom 8.7.2013, S.3ff.
19
Unterstützung im Zusammenhang mit Wohnen und Wohnungserhalt genannt (11 Nennungen). Fünf
Personen fühlen sich durch die Unterstützung in Arbeit und Arbeitssuche gestärkt.
Ausgewählte Aussagen zur Unterstützung durch Home Support:
„Dass ich immer direkt Antworten bekommen habe und ich konnte mit allen Problemen
herkommen. Wichtig war für mich die Hilfe bei Formularen“ (TN_001).
„Gerade die Vielfalt des Know-Hows und dass er jederzeit erreichbar ist. Besonders hilfreich waren
die Infos und die Hilfe mit der Wohnung und dem Schimmel“ (TN_006).
„Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, damit ich finanziell abgesichert bin und meine Miete
zahlen kann“ (TN_008).
„Dass es jemanden gibt wenn ich Schwierigkeiten habe. Ohne HS hätte ich nicht gewusst wo und
wie ich meine Gelder beantragen muss. Und dass sie mir auch mal meine Ruhe lassen“ (TN_010).
„Mir wurde sehr gut zugehört und sehr individuell geholfen. Außerdem ging alles super schnell“
(TN_017).
„Dass mit mir nochmal der Mietvertrag durch geschaut wurde und ich meine rechtlichen Fragen
einbringen konnte. Zudem hat mir Home Support bei handwerklichen Tätigkeiten wie Streichen und
Laminat verlegen geholfen“ (TN_018).
„Die Unterstützung bei Problemen bei der GEZ und Behördenangelegenheiten, sowie bei Briefen,
wo ich nicht weiter wusste“ (TN_020).
„Naja, also generell hilft mir, dass meine Beraterin mir hilft, wenn ich irgendwelche Probleme habe
und dass es immer schnell geht und nicht zwei Wochen oder so dauert, bis ich `ne Antwort
bekomme“ (TN_025).
„Bewerbung und Lebenslauf schreiben, Papierkram, Termine“ (TN_026).
„Überblick bekommen über die Dinge, die geregelt werden müssen“ (TN_028).
„Die Begleitung zum Jobcenter war sehr hilfreich“ (TN_038)
„Eigentlich haben die sehr viel geholfen. Briefe verstehen, Anträge stellen, Papiere bei der
Ausländerbehörde“ (TN_054).
„Dass die Anträge Stück für Stück durchgegangen wurden, so dass ich sie auch verstanden habe“
(TN_063).
Vermittlung und Verweis an andere Einrichtungen scheinen im Vergleich zu Beratung und
alltagspraktischer Unterstützung in der Wahrnehmung der Nutzer_innen von geringerer Bedeutung
(11 Nennungen, vgl. Abb. 28). Angesichts des komplexen Beratungs- und Unterstützungsangebots,
das Home Support vorhält, überrascht dieser Befund nicht. Die Mitarbeiter_innen arbeiten sich
fallbezogen in ganz unterschiedliche Themen ein und vermeiden damit eine zu rasche Delegation an
andere Stellen, die immer auch mit dem Risiko verbunden ist, dass ein Hilfeprozess ins Stocken
20
kommt. Auch im Verlauf des Prozesses tritt in Bezug auf diesen Punkt keine grundlegende
Veränderung ein. Lediglich fünf der Personen, die bei einem ersten Gespräch in dieser Evaluation
angaben, noch keine Vermittlung erfahren haben, gaben bei dem zweiten Messzeitpunkt der
Evaluation nach 6 Monaten an, inzwischen Kontakte vermittelt bekommen zu haben. Gleichwohl
spielen Elemente des Case Management eine grundlegende Rolle, schließlich geht es nicht nur
darum, auf Hilfe angewiesene Menschen an andere Stellen zu verweisen, sondern ganz
unterschiedliche Sozialleistungen und Unterstützungsarrangements zu koordinieren und zu
erschließen.
Die Antworten auf die Frage, wie die Unterstützung durch Home Support verbessert werden könnte,
lassen auf eine hohe Zufriedenheit mit dem Angebot schließen. Jedoch scheinen die Räumlichkeiten
nur bedingt für Beratungsgespräche geeignet. Sie bestätigen auch die Beobachtung, dass die
Zielgruppen einen hohen Unterstützungsbedarf im Umgang mit Ämtern und Behörden zur
Durchsetzung ihrer sozialen Rechte haben und gerade in diesem Bereich die Unterstützung als
unersetzbar ansehen und wertschätzen.
5.2. Ergebnisse der Falldokumentationen
Die Kasuistiken liefern wichtige Hinweise über die methodischen Arbeitsweisen von Home Support.
Das Methodenspektrum der Mitarbeiter_innen von Home Support streut breit, was angesichts der
komplexen Fallkonstellationen, mit denen sie befasst sind, nicht sonderlich überrascht. Ex- und
implizit geht es in den Fallschilderungen immer um den Aufbau von Vertrauen und die Gestaltung
einer Beziehung. Ohne einen persönlich tragfähigen Zugang würden die jungen Menschen sicherlich
weniger offen mit den Mitarbeiter_innen sprechen, wichtige, vor allem persönliche Informationen
würden ggf. nicht zur Sprache kommen, so dass die Hilfe nicht im gebotenen Umfang geleistet
werden könnte. In den Kasuistiken kommt gleichwohl nicht zum Ausdruck, inwieweit die
Mitarbeiter_innen bestimmten Grundsätzen der professionellen Beziehungsgestaltung folgen, die
Arbeit wird an dieser Stelle eher intuitiv und erfahrungsgesättigt mit offenbar sehr guten Resultaten
geleistet. In nahezu allen Fallschilderungen wird darauf aufmerksam gemacht, dass in den
Beratungsgesprächen die Erläuterung von Behördenschreiben, allgemeiner formuliert von formellen
Schreiben, einen breiten Raum einnimmt. Wie schon im Kontext der Existenzsicherung ausgeführt,
verfügen die Nutzer_innen von Home Support offenbar über keine ausreichenden Kompetenzen im
Umgang mit Behörden und formellen Abläufen, die den Alltag heute umfänglich prägen. Nicht nur
Übersetzungs- und Erläuterungshilfen sind im Beratungs- und Unterstützungsprozess gefordert,
einen mindestens ebenso großen Raum nehmen die Vermittlung und Organisation von Hilfen
jedweder Art ein (beispielsweise Zugänge zu Dienstleistungen am Arbeitsmarkt oder zur gesetzlichen
Betreuung). Hierzu zählen Anträge, vermittelnde Telefonate und die Koordination von Hilfen. Dieser
Bereich der Unterstützung entspricht dem Case Management Ansatz, der in der täglichen Arbeit von
Home Support zunehmend eine zentrale Rolle spielt, auch wenn er nicht immer so benannt wird. Die
methodische Arbeit kreist in den dargestellten Fällen auch regelmäßig um entlastende oder, fachlich
formuliert, psychosoziale Gespräche, in denen Themen wie der alltäglich erlebte Rassismus,
biographische Belastungen, aktuelle Fragen etwa in Bezug auf Schwangerschaft und
Familiengründung, Krankheit, Zukunftsängste oder auch Motivationslücken im Umgang mit
alltäglichen Herausforderungen im Mittelpunkt stehen. Die Mitarbeiter_innen schildern diese
21
Themen in den Kasuistiken anschaulich. Deutlich wird, dass die Nutzer_innen bei Bedarf auf dieses
Hilfeangebot zurückgreifen. Es umfasst die gemeinsame Reflexion der Lebensumstände der
Nutzer_innen sowiedie Vermittlung von alltagsrelevanten Informationen und
handlungsbefähigendem Wissen, beispielsweise im Umgang mit Behördenangelegenheiten, und die
stellvertretende Wahrnehmung von Interessen gegenüber Einrichtungen und Behörden. Den zuletzt
genannten Punkt könnte man auch als sozialanwaltlichen Arbeitsansatz bezeichnen. Home Support
leistet mit diesem Angebot eine entscheidende Stabilisierung der jungen Menschen, die bis zur
Krisenintervention reicht. Die methodischen Anforderungen der Mitarbeiter_innen von Home
Support umfassen sowohl prozessbezogene Kompetenzen, die auf die Planung von Hilfeprozessen,
auf die Gestaltung der Kommunikation und Interaktion und die Reflexion des eigenen Handelns
bezogen sind, als auch bereichsbezogenen Kompetenzen, in denen Systemkenntnisse und der
Umgang mit komplexen Fallkonstellationen eine entscheidende Rolle spielen.
Fall 5: Gesundheitsorientiertes Case Management
Ein junger Mann mit Migrationshintergrund wird von Home Support in verschiedenen Fragen der
Existenzsicherung unterstützt, u.a. in der Regelung finanzieller Angelegenheiten, einschließlich
Schulden und der Klärung seiner Ausbildungssituation. Neben diesen eher alltagsorientierten Themen,
die viele Adressat_innen von Home Support einbringen, sticht in diesem Fall die Auseinandersetzung
mit gesundheitlichen Problemen heraus. Der junge Mann hat ein mittlerweile chronisches
Schmerzproblem, für das bisher keine wirksame medizinische Behandlung gefunden wurde. In den
Gesprächen mit Home Support nimmt dieses Thema im Verlauf einen zentralen Platz ein. Hier
besticht, wie sorgfältig auf die gesundheitliche Beeinträchtigung eingegangen wird und wie motiviert
unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten sowie deren mögliche Finanzierung recherchiert und im
Ergebnis auch erfolgreich eingeleitet werden. Die Auseinandersetzung mit Schmerzbehandlung zählt
nicht zu den Themen der Sozialen Arbeit, sie wird jedoch mit Blick auf die Förderung der
Alltagsbewältigung in ihrer Relevanz erkannt und in den Unterstützungsprozess aufgenommen. Home
Support als zentrale Anlaufstelle für den jungen Mann stellt sich dieser Aufgabe fundiert. Damit wird
eine Beratungslücke geschlossen, denn für atypische gesundheitliche Probleme mit weitereichenden
Ausstrahlungen auf den Alltag eines Betroffenen, der Mühe hat, sich in dem komplexen Gefüge des
Sozial- und Gesundheitswesens zu orientieren, bestehen keine Angebote, die ausgehend von den
gesamten Lebensumständen nach Lösungen suchen, die nicht in den etablierten Säulen des
Versorgungssystems gefunden werden können, sondern in einer übergreifenden und koordinierenden
Perspektive. Home Support erweist sich, wie diese Kasuistik unterstreicht, als flexibel im Umgang mit
auch unerwarteten Themen ohne die eigenen Kompetenzen zu überschreiten.
Fall 6: Administrative Bildung und sozialrechtliche Beratung
In einem sehr anspruchsvollen Fall geht es um eine junge Frau mit Migrationshintergrund, die in einer
Beziehung lebt und ein Kind erwartet. Die junge Frau befindet sich in der Ausbildung und steht vor
gravierenden Veränderungen in ihrem Alltag. Sie ist damit insbesondere mit Blick auf administrative
Abläufe auch angesichts fehlender Dokumente überfordert. In der Unterstützung durch Home Support
geht es insbesondere um sehr komplexe Fragen der sozialen Sicherung angesichts geringer finanzieller
Mittel und der Schwangerschaft. Die junge Frau ist mit den behördlichen Angelegenheiten völlig
überfordert. Auch die vorhandenen Kenntnisse im Team von Home Support reichen nicht aus, um die
vielfältigen Sozialleistungsansprüche punktgenau zu erschließen. Die Mitarbeiter_innen, das zeichnet
Home Support aus, eruieren mögliche Berechtigungen, sie kooperieren mit einschlägig ausgewiesenen
Fachstellen und behalten zugleich die so genannte Fallführung. Fragen von Mutterschaftsgeld,
Mehrbedarfe, Erstausstattung, Unterkunftskostenübernahme, Kindergeld, aber auch Möglichkeiten
eines Sprachkurses und die medizinische Versorgung während der Schwangerschaft, um nur die
zentralen Themen zu nennen, müssen geklärt werden. Das Zusammenspiel der Leistungsträger klappt
22
nur begrenzt, in diesem Fall ist sogar die sozialgerichtliche Durchsetzung eines Leistungsanspruchs Teil
der Unterstützung. Die junge Frau würde ohne die kompetente und kooperative Form der
Unterstützung, die Home Support gewährleistet, im unübersichtlichen Leistungssystem vollständig
scheitern. Home Support, das zeigt dieser Fall eindrücklich, ist auch eine Instanz, die der
Rechtsdurchsetzung im Sozialstaat dient. Ohne eine solche Form der Unterstützung würden gerade
Menschen mit geringen Kenntnissen bzw. Erfahrungen im Umgang mit komplexen bürokratischen
Konstellationen und administrativen Aufgaben nicht zu ihrem Recht kommen.
Fall 7: Motivationsarbeit zur Durchsetzung sozialer Rechte
Eine junge Mutter mit Migrationshintergrund, die vor diversen Problemen insbesondere mit
Sozialleistungsträgern steht, wird von Home Support unterstützt. Ausschlaggebend für ihre
Schwierigkeiten in der Existenzsicherung sind nicht nur Sprachbarrieren, sondern auch höchst
komplexe sozialrechtliche und sozialadministrative Zusammenhänge, die auch Menschen ohne
Spracheinschränkungen sehr leicht massiv überfordern. Im vorliegenden Fall geht es um Fragen der
Ausbildung einschließlich der Vergütung und ergänzender Sozialleistungen, um Möglichkeiten der
Betreuung des Kindes, um die Regulierung von Schulden bei Sozialleistungsträgern, die teilweise durch
eine fehlerhafte Beratung und verzögerte Entscheidungen entstanden sind. Immer wieder sind
Bescheide, das hat die mühsame Überprüfung im Rahmen der Unterstützung durch Home Support
ergeben, fehlerhaft, die Mitarbeiter_innen stehen vor der Aufgabe, sich in immer wieder neue Gebiete
der finanziellen Leistungen entlang ganz unterschiedlicher Lebenslagen, die regelmäßig nur
ressortübergreifend lösbar sind, einzuarbeiten, um orientierend und zielführend zu beraten. Home
Support ist an dieser Stelle regelmäßig umfänglich gefordert, die Mitarbeiter_innen leisten deutlich
mehr, als ihr Auftrag auf den ersten Blick erkennen lässt. Auch in diesem Fall wird erkennbar, dass
soziale Probleme in der Regel gar nicht losgelöst von Leistungsansprüchen auch nur einigermaßen
angemessen geklärt werden können wie beispielsweise der drohende Verlust einer Wohnung und die
Mietschuldenübernahme im Rahmen des SGB II oder die Entwicklung von Lebensperspektiven in
Verbindung mit Ausbildung und die ausreichende Finanzierung der Lebensgrundlagen zeigen. Die
zuweilen zermürbenden Auseinandersetzungen mit unterschiedlichen Behörden, die jeweils nach ihrer
Handlungslogik agieren, erfordert es auch, dass die junge Frau immer wieder motiviert werden muss,
nicht aufzugeben. Allzu leicht könnte auf diesem Weg die Bereitschaft zur Ausbildung auf der Strecke
bleiben, was enorme Folgekosten im System der sozialen Sicherung verursachen würde. Home
Support trägt mit seinem auch psychosozialen Handlungsverständnis wesentlich dazu bei, dass junge
Menschen zu ihren Rechten kommen und auch den Glauben an das soziale System nicht verlieren.
Home Support trägt nicht zuletzt dazu bei, behördliches Versagen erfolgreich zu kompensieren, wie
dieser Fall dokumentiert.
Fall 8: Aufenthaltssicherndes Case Management
In diesem Fall geht es um einen jungen Mann mit Migrationshintergrund, in dessen aktueller
Geschichte die Klärung seines Aufenthaltes in Deutschland im Mittelpunkt steht. Er erhält
Unterstützung bei der Bewältigung unterschiedlicher Behördenangelegenheiten und alltäglicher
Fragen wie etwa die Anmeldung bei einem Energieversorger oder die Klärung der Rundfunkgebühren.
Er ist insbesondere darauf angewiesen, Hilfen zu erhalten, die es ihm erleichtern, Behördenschreiben
zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung ist nun der
Aufenthaltsstatus ungeklärt, der junge Mann möchte in Deutschland bleiben, ungewiss ist, ob dies
möglich ist. Home Support bemüht sich auch in diesem Fall sehr intensiv, rechtliche Klarheit
herbeizuführen, wobei hier Fragen des Ausländerrechts eine Rolle spielen. Nun könnte man meinen,
das sei doch Sache eines Rechtsanwalts oder einer Fachberatungsstelle. Home Support sucht die
Zusammenarbeit mit sachkundigen Stellen, der junge Mann erfährt durch Home Support
Rückendeckung in dieser äußerst schwierigen Phase. Es geht schließlich nicht nur um eine juristische,
sondern um eine auch sehr persönliche Angelegenheit, die weitreichende Konsequenzen für den
23
weiteren Lebensweg des jungen Mannes hat. Home Support bietet ihm in dieser Zeit großer
Ungewissheit ein wenig Sicherheit und auch Optimismus, dass eine befriedigende Klärung erzielt
werden kann. Diese persönliche Stabilisierungsleistung von Home Support ist für eine wachsende
Gruppe junger Menschen geradezu unverzichtbar geworden.
5.3. Ergebnisse der Befragung des Home Support Teams
Die Ratsuchenden kommen über verschiedene Wege zu Home Support, über Vermittlung durch
andere soziale Einrichtungen oder auch selbständig. Nach einem Erstgespräch erfolgt dann die
Zuordnung des Falls zu einer Fachkraft durch eine gemeinsame Fallbesprechung, in der geprüft wird,
wer hinsichtlich Kapazitäten und Kompetenzen geeignet ist, die Person zu beraten und zu begleiten.
Die Personen, die Home Support aufsuchen, werden vom Team durchgängig als „Klienten“ bzw.
„Klientinnen“ und als „Fälle“ bezeichnet, die eigene Tätigkeit als „Beratung und Begleitung“ sowie als
„Fallarbeit“. Thematisiert werden auch eine Abgrenzung gegenüber der „Betreuung“ und häufige
Klärungsbedarfe des fachlichen Selbstverständnisses, das von den Erwartungen der Jugendlichen
und/oder vermittelnden Einrichtungen abweicht. Für die beratende und begleitende Fallarbeit ist der
Aufbau einer Vertrauensbasis grundlegend. Das Vertrauen speist sich u.a. aus Verständnis, Dialog
und auch erzielten Erfolgen:
„Ich fasse oftmals in Worte, was ich zwischen den Zeilen raushöre wie sich jemand fühlt (...) so dass
derjenige sich wirklich gesehen und verstanden fühlt, das stellt schnell Vertrauen bei vielen ein, und
natürlich die Beobachtung, dass relativ schnell Sachen mit meiner Hilfe auch funktionieren“ (Fachkraft
3)
„Das war ein halbes Jahr richtig intensiv teilweise wöchentliche Termine bis wir soweit waren, dass sie
es selber hinbekommen hat und wir hatten dann auch vier bis fünf Monate keinen Kontakt mehr,
Arbeitslosengeld 2 läuft, sie hat nen kleinen Job, es ist jetzt eigentlich alles organisiert und sie weiß
jetzt auch die Anlaufstellen, wir haben noch ein paar Mal telefoniert und sie ist superglücklich, vorher
war sie halt total im Stress und überfordert (...), sie ist jetzt im ruhigen Fahrwasser und falls irgendwas
sein sollte würde sie sich auch melden (...). Bei einem Klienten war am Anfang ein bisschen mehr zu
tun, jetzt kommt er einmal im Monat vorbei und das reicht ihm auch völlig, hat vielleicht zu zwei bis
drei Briefen ne Frage, will eigentlich ein bisschen Quatschen über Arbeit, Ausbildung“ (Fachkraft 1)
Zur Beschreibung ihrer Vorgehensweise nutzen die Fachkräfte v.a. zwei Bilder: die Feuerwehr und
Hausaufgaben. Als „Feuerwehreinsätze“ beschreiben sie Interventionen in akuten Krisensituationen
bzw. Notlagen, in denen sie das jeweils drängende Problem an sich nehmen und im Namen des/r
Betroffenen erledigen, z.B. wenn die Leistungsstelle Zahlungen einstellt oder die Räumung der
Wohnung droht. Als „Hausaufgaben“ benennen sie Aufgaben, die sie mit den Betroffenen definieren
und diesen bis zu einem vereinbarten Zeitpunkt übertragen und dann kontrollieren. Die beiden Bilder
korrespondieren mit der Erwartung der auftraggebenden Behörde, dass über das Projekt sowohl
Krisenintervention wie auch eine sozialpädagogische Begleitung geleistet werden. Case Management
im Sinne der Vermittlung an andere Träger und der Netzwerkarbeit stand derweil zunächst nicht im
Mittelpunkt der Arbeit, hat sich aber im Laufe der Zeit zunehmend etabliert. Wie bereits oben
ausgeführt geht Case Management weit über eine vermittelnde Tätigkeit hinaus. Die fallbezogene
und vielfach rechtskreisübergreifende Arbeit erfordert per se einen Zugang, der einen
koordinierenden Umgang mit unterschiedlichen Unterstützungsangeboten, die je nach Konstellation
24
Dienst-, Sach- und/oder Geldleistungen umfassen, nahelegt. Insofern werden in der alltäglichen
Arbeit von Home Support Elemente des Case Management regelmäßig praktiziert, auch wenn diese
nicht immer so benannt werden.
„Anfänglich war es so, dass ich die meisten Sachen selbst gemacht habe. Zwar war das Thema Case
Management irgendwie im Konzept mit drin, aber da mit haben wir uns ein bisschen schwerer mit
getan als jetzt. Das ist anders jetzt wo wir mehr Klienten haben und darauf angewiesen sind, dass
andere sich mit beteiligen, weil wir auch einfach nicht mehr so viel Zeit für einen Klienten aufbringen
können (...).Was schwierig ist bei der Vernetzungsarbeit ist, weil unsere Klienten in allen Stadtteilen
leben, dass wir gar nicht den Überblick haben, was es alles gibt, und man sich nicht unbedingt kennt
sondern sich ganz neu einlassen muss ohne dass man weiß ob die auch qualitative gut sind (...), da
versuche ich immer mehr Kontakte zu knüpfen, (...) die meisten Kontakte sind mit den Jobcentern und
den Ämtern in den Bezirken und sowas wie Arbeitslosenhilfstelefon oder Fluchtpunkt (Fachkraft 3)
Die Fachkräfte beschreiben ihren Arbeitsansatz als konzeptionell weitgehend offen, ihnen werden
von der Projektleitung nur wenige Vorgaben gemacht. Diese Offenheit wird ambivalent bewertet:
einerseits ermöglicht sie, individuell auf die Fälle einzugehen, anderseits wird auch Orientierung
vermisst, wenn es z.B. darum geht, Grenzen zu setzen.
„Ich habe mit der Zeit festgestellt, da es doch sehr frei ist wie wir hier arbeiten können, dass es umso
wichtiger ist, klare Absprachen mit dem Klienten zu treffen, was möchte er von mir und was braucht er
für sich, denn das dauerhafte Mitschwingen ist schön, aber es braucht doch zum Teil Eckpfeiler wo wir
stehen“ (Fachkraft 4)
Die Offenheit lässt sich auch als Suchbewegung interpretieren, da Team und Leitung in einem
kontinuierlichen Reflexionsprozess ihre Praxis besprechen und, nach Auswertung erster Erfahrungen
und auch unter dem Druck zunehmender Fallzahlen, anpassen. Die zunehmende Bedeutung von Case
Management und Verweisberatung ist hierfür ein Indiz.
Als problematisch werden durchgängig die Räumlichkeiten in der Beratungsstelle angesehen, die
eine vertrauliche Beratungssituation kaum zulassen. Zusammenfassend kann der Handlungsansatz
als „begleitende Beratung“ beschrieben werden: Die Fachkräfte betonen sowohl die Beratung in
komplexen sozialrechtlichen Fragen wie auch die pädagogische Begleitung in herausfordernden
Lebenslagen als Kernaspekte ihrer Arbeit. Vermittlung und Netzwerkarbeit mit anderen Trägern
spielen zwar ebenso eine wichtige Rolle, stehen aber nicht im Mittelpunkt der Fallarbeit.
Einzelfallbezogen auf ihren Beitrag zur sozialen Stabilisierung abgewogen werden praktische
Hilfestellungen, z.B. durch Bewerbungstraining (seit Oktober 2016 ein Angebot von Home Support)
oder haushaltsbezogene Unterstützungen (Tapezieren, Kochen...) vorgehalten, wobei vorrangig auf
Ressourcen aus dem Umfeld der Nutzer_innen zurückgegriffen wird.
5.4. Zusammenfassende Einschätzung
Die in der Evaluation mehrdimensional rekonstruierten Prozesse der Sozialen Beratung und des Case
Management verweisen auf fließende Übergänge zwischen diesen beiden Arbeitsformen, die
angesichts der methodischen Nähe auch nicht sonderlich überraschen. Viel entscheidender ist
vielmehr, dass durchgängig die fundamentale Rolle einer tragfähigen Arbeitsbeziehung für den
25
Unterstützungsprozess herausgestellt wird. Diese Rückmeldung spiegelt auch die Wirkungsforschung
in der Beratung und Therapie, nach deren Ergebnissen die Beziehungsqualität noch vor dem
Methodeneinsatz als ausschlaggebender Wirkfaktor angesehen wird. In Bezug auf die Beratung
unterstreichen die Einblicke in der Evaluation, dass je nach Fallkonstellation für den Erfolg die Arbeit
an den Perspektiven einschließlich des Selbstverständnisses der jungen Erwachsenen, die
Vermittlung von Wissen und Kompetenzen und unterstützende, also stellvertretende Handlungen
maßgeblich sind. Das Interventionsspektrum der Beratung wird fallbezogen ausgeschöpft. Mehr
noch, die Mitarbeiter_innen erweisen sich als besonders motiviert und engagiert in der Erschließung
von Fachwissen, das den Horizont einer sozialarbeiterischen Unterstützung deutlich überschreitet.
Diese recherchierenden, erschließenden und vernetzenden Tätigkeiten, die sehr systematisch in die
Arbeitsprozesse integriert werden, setzen u.a. Zeit voraus, aber auch die Fähigkeit zur integrativen
Handhabung des Wissens. Elemente des Case Management scheinen hier auf - wenngleich in
begrenztem Maße, da Home Support kein Mandat für ein umfängliches Case Management hat.
6. Empfehlungen und Ausblick
Junge Erwachsene mit einem Jugendhilfehintergrund sind oft mit Problemen wie Einkommensarmut,
Schulden, Wohnungsproblemen, lückenhaften sozialen Netzen und auch persönlichen
Beeinträchtigungen konfrontiert. Der Übergang in die eigene Wohnung und v.a. die damit
verbundene Verantwortung ist eine weitere Herausforderung auf dem Weg in die Selbständigkeit.
Die alltäglichen Erfahrungen der Mitarbeiter_innen von Home Support, die in der Evaluation
verdichtet zum Ausdruck kommen, unterstreichen, dass junge Erwachsene in belasteten Lebenslagen
in diesem Übergang auf eine individuell ihren Belangen Rechnung tragende Form der Unterstützung
angewiesen sind. Das Risiko des Scheiterns ist u.a. deshalb groß, weil verlässliche Information,
Beistand und Orientierung gebende Kontakte und Netzwerke selten sind.
Die folgenden Empfehlungen erfolgen vor dem Hintergrund der Evaluationsergebnisse. Sie sind
lebenswelttheoretisch mit ihrer Ausrichtung auf eine verhandlungsorientierte und partizipative
Arbeitsweise fundiert, in der die Grundsätze der Prävention, der Alltagsnähe, der Dezentralisierung
und der kooperativen Vernetzung eine entscheidende Rolle spielen.
6.1. Vorbereitung auf die Zeit nach der Betreuung durch die Jugendhilfe
In der Unterstützung von Care Leavern durch Home Support wird an vielen Stellen deutlich, dass
junge Erwachsene, die aus der Jugendhilfe in den eigenen Wohnraum wechseln, teilweise in Bezug
auf die Bewältigung ihres Alltags insbesondere im administrativen Bereich rasch überfordert sind. Es
fehlen elementare Kenntnisse über (Sozial-)Behörden und in einigen Fällen auch über
wohnungslogistische Fragen, teilweise auch Vorstellungen über längerfristige Perspektiven
hinsichtlich einer Ausbildung und Berufstätigkeit und der eigenen Lebensführung. Angebote in der
Jugendhilfe zur Vorbereitung auf den Auszug sollten inhaltlich ausgebaut und lebensweltnah in einer
„Before Leaving Care“-Strategie vermittelt werden. Überdies kommt es darauf an, für junge
Erwachsene nach der Entlassung aus der Jugendhilfe ein Angebot der Nachbetreuung auch im dann
26
eigenen Wohnraum fallbezogen vorzuhalten, wie es § 41 SGB VIII schon heute ermöglicht.
Entscheidend ist die Umsetzung im konkreten Fall, auch über das 21. Lebensjahr hinaus.
Besonders zu erwähnen ist hier die Lage ehemals minderjähriger Geflüchteter, deren Bedarfe
teilweise noch über den Unterstützungsherausforderungen liegen, die Care Leaver an Home Support
stellen. Neben Sprachbarrieren, die sowohl in der alltäglichen Kommunikation als auch im Beratungs-
und Unterstützungsprozess und dem Umgang mit Behörden zum Ausdruck kommen, sind
biographische Belastungen zu berücksichtigen, die bis zu durchgemachten Traumatisierungen
reichen. Für die Mitarbeiter_innen von Home Support bedeutet dies, dass sie teilweise sehr
elementare Kenntnisse über das System der sozialen Sicherung vermitteln, dass sie Verständnis- und
Verstehenslücken in Bezug auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schließen, und dass sie
Wege in das Bildungs-, Ausbildungs- und Erwerbssystem identifizieren und öffnen, die den Profilen
der jungen Menschen möglichst entsprechen. Erforderlich dafür sind sehr komplexe System-
kenntnisse und ein diversitätssensibles (und zeitintensives) professionelles Handeln. Für die
Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe der Nutzer_innen mit diesem Hintergrund sind diese
Vorgehensweisen unerlässlich.
6.2. Verbesserung der Kooperation unterschiedlicher Sozialleistungsträger und Sozialleistungsanbieter
Die komplexen Probleme junger Erwachsener in prekären Lebenslagen erfordern eine träger- und
rechtskreisübergreifende Form der Unterstützung. Die Angebote der Jugendhilfe, der Agentur für
Arbeit, der Jobcenter und weiterer Anbieter von Beratung und Unterstützung für junge Erwachsene
sind fallbezogen zu koordinieren. Darin sind sich Experten weitgehend einig, wie eine entsprechende
Forderung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem März 2017 zeigt
(Deutscher Verein 2017). Eine koordinierte Vorgehensweise ist angesichts der mit dem
Erwachsenwerden verbundenen Zuständigkeitswechsel von Institutionen und
Ansprechpartner_innen, der notwendigen und störanfälligen Informationsübermittlung, der
abgestimmten Hilfeplanung und der Planung von Angeboten und Maßnahmen unabdingbar, will man
junge Menschen in dieser für sie, und nicht nur für sie, unübersichtlichen und schwer zu
handhabenden Struktur nicht verlieren. Erforderlich ist ein methodisch fundiertes
Netzwerkmanagement, in dem das Zusammenspiel von Behörden und Leistungsanbietern durch
interinstitutionelle Varianten der Kooperation optimiert wird. In einem solchen
Netzwerkmanagement bliebe die Autonomie der beteiligten Einrichtungen unangetastet, gleichzeitig
würden unterschiedliche Kompetenzen miteinander verknüpft, die gebraucht werden, um auf
Unterstützung angewiesene junge Erwachsene entsprechend ihrer komplexen Bedarfe gerecht zu
werden. Mit einer solchen Form der systematischen Zusammenarbeit ließen sich auch
kostenaufwändige Doppelstrukturen vermeiden. Home Support wäre aufgrund seiner Nähe und
seiner vertieften Einblicke in die Bedarfe der jungen Erwachsenen hervorragend geeignet, diese Form
des Clearings und der Systemsteuerung im Rahmen des Case Managements zu leisten, wenn die
dafür erforderlichen Ressourcen bereitgestellt, die methodische Qualifikation sichergestellt und ein
entsprechendes Mandat, ggf. im Rahmen eines Modellprojektes, erteilt würden.
27
6.3. Konstruktives Zusammenspiel von Jugendberufsagenturen und Jugendsozialarbeit
Die allerorten für sinnvoll gehaltene bessere Abstimmung von Leistungen der Jugendhilfe, der
Arbeitsverwaltung und der Schule ist für den Aufbau und die weitere Ausgestaltung der
Jugendberufsagenturen auch in Hamburg maßgeblich. Jugendberufsagenturen, so unterschiedlich
ihre konkrete Ausgestaltung vor Ort auch immer sein mag, treten mit dem Anspruch an, junge
Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihrer beruflichen Orientierung umfassend mit
Hilfen aus einer Hand und damit auch rechtskreisübergreifend zu unterstützen. Warum braucht es
dann noch Jugendsozialarbeit, wie sie in § 13 SGB VIII verankert ist?
Die Themenbreite, die Home Support als ein Angebot der Jugendsozialarbeit erfolgreich mit sehr
konkreten und wirksamen Formen der Unterstützung abdeckt, geht deutlich über den enger
geführten Auftrag der Jugendberufsagentur hinaus. Die Jugendsozialarbeit als ein Anwalt der
Interessen junger Menschen, die von sozialer Benachteiligung und individuellen Beeinträchtigungen
betroffen sind, basiert auf einem lebensweltlich ausgerichteten sozialpädagogischen
Handlungsverständnis, das die Angebote der Jugendberufsagentur insbesondere auch durch ihre
niedrigschwellige und methodisch äußerst flexible Handlungsweise sinnvoll ergänzt: Neben der
sozialen Stabilisierung leistet die Beratung und Begleitung vor allem auch einen wichtigen Beitrag zur
individuellen Verwirklichung von Rechtsansprüchen. Die Evaluation zeigt, dass durch die Beratung,
Begleitung und Intervention sowohl Probleme auf Seiten der Leistungsträger (wie abweisende
Verhaltensweisen, Anspruchsverwehrung und falsche oder lückenhafte Beratung der Rechts-
verwirklichung) gelöst werden können wie auch auf Seite der Adressat_innen (u.a. negative
Erfahrungen, fehlende Kenntnisse über Leistungsansprüche oder unzureichende administrative
Kompetenzen im Umgang mit einem unübersichtlichen Hilfesystem). Eine niedrigschwellige Hilfe ist
nicht zuletzt geboten, um die Zahl derer zu verringern, die zunehmend entkoppelt von
sozialstaatlichen Angeboten ihr Leben in sozialer Ausgrenzung gestalten. Home Support sollte einen
festen Platz im Hilfesystem mit seiner andere Angebote komplementierenden und „aufschließenden“
Ausrichtung unbedingt erhalten und weiter ausgebaut werden. Die Kooperation von Jugendhilfe und
anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen ist ohnehin explizit in § 81 SGB VIII vorgesehen.
6.4. Weiterentwicklung der methodischen Ansätze
Home Support begleitet junge Erwachsene auf dem Weg in die eigene Wohnung und trägt mit seinen
breit angelegten Formen der Unterstützung dazu bei, dass sich die jungen Menschen stabilisieren
und zunehmend selbständig über die Runden kommen. Dieser Prozess des allmählichen
Herauswachsens aus der Hilfe, verbunden mit der Zusage, bei Bedarf auch nach einer längeren Phase
eines ausbleibenden Kontaktes zur Verfügung zu stehen, zeitigt Erfolge. Home Support praktiziert, so
der Projektleiter Olaf Sobczak, ein „Low Level Case Management“, eine treffende
Methodenbezeichnung, die weiter zu entwickeln ist. Schon heute sind die Themenvielfalt und die
methodische Elastizität hervorzuheben. Im jungen Erwachsenenalter treten häufiger Krisen auf,
sowohl psychosoziale als auch ökonomische Krisen. Für die methodische Weiterentwicklung kommt
es vor diesem Hintergrund darauf an, dass Home Support ein Kriseninterventionsangebot im Blick
behält. Krisen bedeuten für die Betroffenen, dass sie vorübergehend durch die auslösenden
28
Erschütterungen nicht mehr auf ihr bis dahin entwickeltes Handlungsrepertoire zurückgreifen
können, so dass niedrigschwellige und sehr kurzfristig erreichbare Hilfen wie stützende Gespräche
oder unterstützte Entscheidungen erforderlich sind. In Krisen sind auch vermehrt stellvertretende
Handlungen geboten, um eine rasche Entlastung zu gewährleisten. Hinzu kommen im Einzelfall
unumgängliche materielle Hilfen, die dazu beitragen, eine unmittelbare Notlage zu überbrücken. Für
diese Fälle wäre ein Beihilfeetat weiterführend, mit dem ein breites Spektrum an
Kriseninterventionen sichergestellt würde. Die konzeptionelle Integration der Krisenintervention, die
schon heute geleistet wird, würde das Angebot von Home Support an einer entscheidenden Stelle
vervollständigen.
Die Offenheit, auch das zeigt die Evaluation, birgt jedoch auch Risiken. Die Fachkräfte müssen
fallbezogen Grenzen ziehen und ihren Einsatz zwischen Beratung, alltagspraktischer Unterstützung
und Vermittlung austarieren. Das kann zu Überforderung und Missverständnissen führen. Immer
wieder sind sie zudem mit zeitintensiven Recherchen komplexer sozialrechtlicher Sachverhalte
befasst, die nur bei geringen Fallzahlen zu leisten sind. Mit zunehmender Bekanntheit nehmen die
Zeitkontingente ab, die Fachkräfte verlagern ihren Einsatz von intensiver Betreuung und Begleitung
hin zu Vermittlung und Verweis. Diese Verschiebung birgt jedoch auch neue Anforderungen, die es
zu bewältigen gilt. Insbesondere, und das liegt außerhalb der Verantwortung von Home Support,
müssen die beteiligten Akteure und Stellen responsiv und kooperativ sein für eine gemeinsame
Strategie der befähigenden Unterstützung.
Vor dem Hintergrund der beobachteten Kompetenzlücken in der alltäglichen Lebensführung
einschließlich des Umgangs mit dem Behördensystem ist die Konzipierung einer Pädagogik des
jungen Erwachsenenalters, wie sie im 14. Kinder- und Jugendbericht gefordert wird, im Verbund der
involvierten Träger, insbesondere unter Einbeziehung der Jugendberufsagentur, zu leisten. Im
Mittelpunkt eines solchen Ansatzes stehen Ansätze der Beratung und Begleitung, die dazu führen,
dass die Verselbständigung in stabile Bahnen gelenkt werden kann. An dieser Stelle sind neben den
einzelfallbezogenen Vorgehensweisen insbesondere auch Angebote der Sozialen Gruppenarbeit und
die Einbindung von Peer-Expertise für diese Zielgruppe instruktiv. Home Support sollte an dieser
Stelle weitere Impulse setzen.
Literatur
Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ 2014): „Junge Volljährige nach der
stationären Hilfe zur Erziehung. Leaving Care als eine dringende fach- und sozialpolitische
Herausforderung in Deutschland“
Baumann, Zygmunt: Verworfenes Leben. Hamburg 2005
Beierling, Birgit: Jugendberufsagenturen – Allheilmittel im Übergang zum Berufsleben? In: Archiv
für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 3/2015, S. 82-86
Böhnisch, Lothar: Lebensbewältigung. Weinheim und Basel 2016
Braun, Andrea/Graßhoff, Gunther/Schweppe, Cornelia (2011): Sozialpädagogische Fallarbeit.
München, Basel: Reinhardt.
29
Chen, Huey T. (2012): Theory-driven evaluation – Conceptual framework, application and
advancement, in: Strobl, R. et al. (Hrsg.): Evaluation von Programmen und Projekten für eine
demokratische Kultur, Wiesbaden: VS Verlag: 17-40
Deutsches Jugendinstitut: Entkoppelt vom System. Düsseldorf 2015
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (2017): Empfehlungen des Deutschen
Vereins zur Hilfe für junge Erwachsene in besonderen Problemlagen, Berlin
Ehlke, Carolin: Care Leaver auf dem Weg in die Selbständigkeit. In. Sozial Extra 9-10/2013, S. 53-
55
Gehrke, Anne / Güntner, Simon (2017): The Youth Employment Agency in Hamburg – a needs-oriented service innovation?, in: Sirovatka, Tomas / Spies, Henk (Hrsg.): Effective Interventions for Unemployed Young People in Europe: Social Innovation or Paradigm Shift?, London: Routledge (im Erscheinen)
Gronemeyer, Axel (2010): Doing Social Problems – Doing Social Control. Mikroanalysen der
Konstruktion sozialer Probleme in institutionellen Kontexten – en Forschungsprogramm, in: Ders.
(Hrsg.): Doing Social Problems – Mikroanalysen der Konstruktion sozialer Probleme und sozialer
Kontrolle in institutionellen Kontexten, Wiesbaden: VS Verlag, S. 13-56
Hoch, Carolin (2016): Straßenjugendliche in Deutschland – eine Erhebung zum Ausmaß des
Phänomens – Zwischenbericht - zentrale Ergebnisse der 1. Projektphase, Halle: DJI
Höblich, Davina/Meuth, Miriam: Wohnen im Übergang ins Erwachsenenalter. In: Schröer,
Wolfgang u.a. (Hrsg.): Handbuch Übergänge. Weinheim und Basel 2013, S. 291-310
Lutz, Ronald: Was ist mit Jugendarmut? Fragen an die Shell Studie. In: Sozialmagazin 11-12/2016,
S. 81-88
Preskill, Hallie / Gopal, Srik / Mack, Katelyn / Cook, Joelle (2014): Evaluating Complexity –
Propositions for Improving Practice, FSG 2014
Thomas, Severine: Keine Zeit für Abenteuer. In: Sozial Extra 9-10/2013, S. 43-46
30
Anhang
A Befragung der Teilnehmenden im Projekt „Home Support“
1) Fragebogen
Allgemeine Angaben
Alter
Geschlecht
Zugehörigkeit zu einer der Zielgruppen des Projekts
Ausbildung, Arbeit, Existenzsicherung
Welche Arbeit/Ausbildung hast Du derzeit?
Erlebst Du Probleme im Zusammenhang mit Deiner Arbeit/Ausbildung? Wenn ja:
Welche?
Wie erlebst Du die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen (Jobcenter, Ämter,
JBA, andere soziale Einrichtungen u.ä.)?
Suchst Du derzeit aktiv einen Job? (Wenn ja: wer unterstützt Dich da?)
Alltag
Womit verbringst Du gerne Deine Zeit?
Was bereitet Dir Schwierigkeiten im Alltag? (Schulden, Aufenthaltsstatus)
Wie fühlst Du Dich gesundheitlich (psychisch und körperlich)?
Soziales Umfeld
Hast Du gute Freunde, auf die Du Dich verlassen kannst?
Unterstützt Dich Deine Familie?
Gibt es soziale Einrichtungen, die Du als hilfreich erlebst? Welche?
Gibt es Lebensbereiche, in denen Du Dich diskriminiert oder ausgegrenzt fühlst?
Wenn ja: Welche?
Wohnsituation
Wie wohnst Du? (z.B. alleine, in WG, mit Freund_in)
Welche Aspekte des Wohnens erlebst Du als erfreulich? (z.B. Ruhe, Sicherheit, selbst
entscheiden)
Welche Aspekte des Wohnens sind für Dich problematisch? (z.B. Sauberkeit,
Einsamkeit, Reparaturen)
Hast Du Sorge Deine Wohnung zu verlieren? (Wenn ja: warum?)
Welche Wohnsituation würde Dir mehr zusagen als die jetzige?
Nutzung und Wertschätzung der Wohnung
Wie gerne bist Du in Deiner Wohnung?
31
Bekommst Du gerne Besuch? (von wem und wie oft?)
Wie gern kochst Du zuhause?
Wie kommst Du mit Deinen Nachbarn klar?
Beratung und Case Management
Was hat Dir in der Beratung besonders geholfen?
Hast Du von Home Support hilfreiche Kontakte vermittelt bekommen?
Wie könnte Home Support Dich besser unterstützen?
2) Ergebnisse in grafischer Darstellung
2.1 Allgemeine Angaben
Abb. 1: Alter
Abb. 2: Geschlecht
32
Abb. 3: „Migrationshintergrund“
Abb. 4: Zielgruppe
2.2 Handlungsfeld „Existenzsicherung und soziale Teilhabe“
Abb. 5: „Welche Arbeit/Ausbildung hast Du derzeit?“
33
Abb. 6: „Erlebst Du Probleme im Zusammenhang mit Deiner Arbeit/Ausbildung?“
Abb. 7: „Wie erlebst Du die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen?“
Abb. 8: „Wie erlebst Du die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen?“ (Angaben beziehen sich auf Jobcenter und Arbeitsagentur)
34
Abb. 9: „Suchst Du derzeit aktiv einen Job?“
Abb. 10: Kategorisierungen zur Frage „Was bereitet Dir Schwierigkeiten im Alltag? (Schulden, Aufenthaltsstatus)“
Abb. 11: Unterkategorisierungen zur Frage „Was bereitet Dir Schwierigkeiten im Alltag? (Schulden, Aufenthaltsstatus)“. Diese entsprechen den Kategorien Gesundheit, Behörde/Finanzen und Alltagsgestaltung aus Abb. 10
35
Abb. 12: „Wie fühlst Du Dich gesundheitlich?“ (körperlich)
Abb. 13: „Wie fühlst Du Dich gesundheitlich?“ (psychisch)
Abb. 14: „Hast Du gute Freunde, auf die Du Dich verlassen kannst?“ und „Unterstützt Dich Deine Familie?“
36
Abb. 15: Antworten zu „Welche Arbeit/Ausbildung hast Du derzeit?“ im Vergleich zwischen Erst- und Zweitkontakt. Die Säulen stellen die Antworten beim Erstkontakt dar, innerhalb der Säulen kann das Antwortverhalten beim jeweiligen Zweitkontakt unterschieden werden.
Abb. 16: Vergleich der Zielgruppen bei der Beantwortung der Frage „Was bereitet Dir Schwierigkeiten im Alltag? (Schulden, Aufenthaltsstatus)“. Die absoluten Zahlen sind in den Säulen enthalten.
37
2.3 Handlungsfeld „Wohnbezogene Unterstützung“
Abb. 17: „Wie wohnst Du? (z.B. alleine, in WG, mit Freund_in)“
Abb. 18: „Welche Aspekte des Wohnens erlebst Du als erfreulich? (z.B. Ruhe, Sicherheit, selbst entscheiden)“
38
Abb. 19: Kategorisierungen zur Frage „Welche Aspekte des Wohnens sind für Dich problematisch? (z.B. Sauberkeit, Einsamkeit, Reparaturen)“
Abb. 20: Unterkategorisierung zur Frage „Welche Aspekte des Wohnens sind für Dich problematisch? (z.B. Sauberkeit, Einsamkeit, Reparaturen)“. Diese beziehen sich auf die Kategorien Haushaltsführung, strukturelle Aspekte und Wohnungserhalt aus Abb. 19
Abb. 21: „Hast Du Sorge, Deine Wohnung zu verlieren?“
39
Abb. 22: „Welche Wohnsituation würde Dir mehr zusagen als die jetzige?“
Abb. 23: „Wie gerne bist Du in der Wohnung?“
Abb. 24: „Wie wohnst Du?“ in Verbindung mit „Wie gerne bist Du in der Wohnung?“. Die absoluten Zahlen sind in den Säulen enthalten.
40
Abb. 25: Kategorisierungen zu „Welche Aspekte des Wohnens sind für Dich problematisch?“ in Verbindung mit „Wie gerne bist Du in der Wohnung?“. Die absoluten Zahlen sind in den Säulen enthalten.
Abb. 26: Kategorisierungen zu „Welche Aspekte des Wohnens sind für Dich problematisch?“ in Verbindung mit der Zielgruppe. Die absoluten Zahlen sind in den Säulen enthalten.
41
2.4 Soziale Beratung und Case Management
Abb. 27: „Was hat Dir in der Beratung besonders geholfen?“. „Behörde/Anträge“ sowie „Briefe/Verträge“ bilden gemeinsam die „Administrativen Grundfähigkeiten“. In den 31 Antworten, die der Kategorie „Administrative Grundfähigkeiten“ zugeordnet wurden, sind – je nach Antwortverhalten der Befragten – eine oder beide Unterkategorien enthalten.
Abb. 28: „Hast Du von Home Support Kontakte vermittelt bekommen?“ im Verlauf von Erst- zum Zweitkontakt (N=41 Zweitkontakte)
42
B Stichworte-Kategorien aus der Quartalsauswertung 4/2016
Abb. 29: Beratungsthemen im Quartal 4/2016
Die Angaben beziehen sich auf die Anzahl der Personen, mit denen in einem oder mehreren Gesprächen das entsprechende Thema behandelt wurde; erfasst wurden Beratungsgespräche aller Fachkräfte mit insgesamt 95 Personen. Da nur Themen notiert wurden (insgesamt 607 Nennungen; wenn bei einer Person ein Thema mehrmals behandelt wurde, wird das in dieser Auswertung nicht berücksichtigt), aber nicht die Anzahl der Gespräche, lässt sich über die Anzahl der Gespräche keine Auskunft geben.
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C Leitfaden zur Erstellung der Falldokumentationen im Rahmen der Evaluation von „Home Support“
Ziel der Falldokumentation ist es, exemplarisch zu zeigen, wie die Unterstützung durch Home Support verläuft. Dazu sollen solche Fallverläufe rekonstruiert werden, die aus Sicht des Teams besonders gut den Arbeitsansatz illustrieren. Sie sollen neben einer Erläuterung der Situation der/des Klient/in zeigen, welche Rollen die Beteiligten (Klient/in, Berater/in und weitere relevante Personen) einnehmen und wie sie zusammenarbeiten. Zum Vorgehen: Die folgenden Überschriften und Fragen sind als Leitfragen zu verstehen, die Ihnen helfen können, die relevanten Aspekte eines Falls zu dokumentieren. Es kann durchaus sein, dass Sie nicht alle Fragen umfänglich beantworten können, oder dass die Antworten zu einzelnen Fragen auf den ersten Blick recht ähnlich erscheinen. Daher: Erzählen Sie gern die Geschichte des Falles zunächst so, dass es tatsächlich eine Geschichte ist die in Ihren Augen aussagekräftig ist. Und dann, wenn dies so dasteht, schauen Sie noch einmal auf die Fragen und prüfen ob es noch Lücken gibt. Idealerweise werden pro Berater/in mindestens zwei Fallverläufe angefertigt, über die Erfolgsfaktoren und Grenzen des Arbeitsansatzes sichtbar werden. Ein Fallverlauf sollte etwa 2- 4 Textseiten umfassen. Hintergrund: Sozialarbeiterische Kasuistik12 Die Falldokumentation orientiert sich an dem Instrument der „Kasuistik“ und dient dem vertieften Fallverstehen. Die systematische Aufbereitung von Fallmaterial dient in der Evaluation des Projektes der Vertiefung der Datenanalyse und der Interviewergebnisse. Mit Kasuistiken können Einsichten illustriert und damit auch nachvollziehbarer dargestellt werden. Üblicherweise werden in einer Kasuistik vier Dimensionen eines Falles in der Sozialen Arbeit unterschieden, die eng miteinander verbunden sind: Struktur-, Subjekt-, Zeit- und Prozessdimension sowie die interaktive Dimension. Das Anfertigen einer Kasuistik sensibilisiert für unterschiedliche Perspektiven in der Auseinandersetzung mit Fällen. In der rekonstruktiven Auseinandersetzung strukturieren sie die Reflexion und ermöglichen Fallvergleiche. Im Rahmen der Evaluation sind alle Dimensionen gleichermaßen relevant, um zu verstehen, welche Personen erreicht werden, wie mit diesen Personen zusammengearbeitet wird, und welche Faktoren zum Gelingen der Unterstützung beitragen. Bausteine der Falldokumentation 1. Strukturdimension: Fälle sind immer eingelassen in Lebensbedingungen und Strukturen wie Armut, bestimmte Wohnverhältnisse, Schulden etc. Im weiteren Sinn geht es um die materiellen, sozialen, kulturellen und institutionellen Dimensionen eines Falles, mithin um den Kontext, der die Fallarbeit von vorneherein beeinflusst, vielfach begrenzt. „Die Einbettung des jeweiligen Falles in den sozialen Kontext“, so etwa Braun et al 2011, „schützt vor individualistisch verkürzten und dekontextualisierten Interventionsmaßnahmen“. (Braun et al 2011: 28)
12 Vgl. Braun, A./Graßhoff, G./Schweppe, C.: Sozialpädagogische Fallarbeit. München, Basel 2011.
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Beschreiben Sie bitte die strukturellen Bedingungen der sozialen Lage der/s Klient/in, die im Beratungs- und Unterstützungskontext relevant sind. Bitte nehmen Sie dabei Bezug auf die zwei im Projektkontext zentralen Themen „Wohnen“ und „Existenzsicherung“. 2. Subjektdimension: Hierbei geht es um das Verhältnis des Subjekts zu seiner Lebenswirklichkeit, um seine Interpretationen, mit der es sein Leben gestaltet, sich seine Lebenswirklichkeit aneignet. Gegebenenfalls werden Muster und Strukturen deutlich, die einen Menschen leiten im Umgang mit seiner Realität. Die Sichtweisen der Adressat_innen auf ihre Themen und Probleme stehen im Mittelpunkt dieser Dimension. Sie kommen sowohl durch Sprache als auch durch Verhaltensweisen und vieles mehr zum Ausdruck. „Das Ansetzen an der Subjektseite der Akteurinnen und Akteure bedeutet deswegen auch, zu den nicht zum Zuge gekommenen Potenzialen, Ressourcen, Wünschen, Bedürfnissen und Interessen vorzudringen.“ (ebd.: 30) Beschreiben Sie bitte, wie der/die Klient/in seine Lebenssituation sieht und wie er/sie mit ihr umgeht. Welche Themen stehen in seinem/ihrem Alltag im Vordergrund, was wird ausgeblendet oder verdrängt? Bitte nehmen Sie dabei Bezug auf die zwei im Projektkontext zentralen Themen „Wohnen“ und „Existenzsicherung“. 3. Zeit- und Prozessdimension: Jeder Fall in der Sozialen Arbeit hat eine lebensgeschichtliche Dimension, er ist nicht statisch. Hierbei geht es darum, die Entwicklung, das Geworden-Sein nachzuzeichnen, mithin die Entwicklungsgeschichte. Daraus können Begrenzungen für die weitere Arbeit, aber auch bislang übersehene Aspekte aufgedeckt werden. Beschreiben Sie bitte, wie sich die Lebenssituation des/der Klient/in seit Erstkontakt entwickelt hat. Bitte nehmen Sie dabei Bezug auf die zwei im Projektkontext zentralen Themen „Wohnen“ und „Existenzsicherung“. 4. Interaktive Dimension: Die Soziale Arbeit bzw. soziale Einrichtungen sind an der Konstruktion von Fällen beteiligt. In der Interaktion mit Fachkräften erfolgt eine Problemzuweisung, die den weiteren Gang beeinflusst. „Die interaktive Verfasstheit bezieht sich dabei nicht nur auf die Interaktion zwischen Sozialpädagogin bzw. Sozialpädagoge und Klienten/in, sondern auch auf den institutionell-organisatorischen Rahmen der Sozialen Arbeit.“ (ebd.: 31).
Ausgangspunkt: Wie kam der Kontakt zum Fall zustande. Welcher Unterstützungsbedarf / Problemlagen wurden zunächst gesehen bzw. geäußert?
Unterstützungsstruktur: Wie verlief die Zusammenarbeit zwischen Klient/in und Home Support Team? Was ist der aktuelle Stand der Problembearbeitung?
Welche Akteure außer der/m Klient/in und Home Support Team waren beteiligt und wie gestaltete sich jeweils die Zusammenarbeit? Wo gab es Schwierigkeiten?
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Welche Unterstützung konnte Home Support leisten, die der Klient bzw. die Klientin nicht von Bekannten, freunden, Familie oder anderen Beratungsstellen bekommen könnte?
Welche Schritte zur Problemlösung konnte der/die Betroffene selbst übernehmen, und wie wurde er/sie dazu motiviert?
Welche Wirkung hatten die ausgelösten Fortschritte in der Problemklärung auf die persönliche Situation des Betroffenen?
5. Abschließende Einschätzung:
Was sind (nach subjektiver Einschätzung des/r Beratenden) die wesentlichen Erfolge und Enttäuschungen in diesem Fall?