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winkt. Die Kosovo-Verwaltung sieht sie als eine Art „feindliche Ausländerin“ an, als „Unruhestifterin“. Die Serbin lacht und sagt: „Ab jetzt werden wir die Ge- heimpolizei immer in unserem Nacken haben. Vielleicht sind ja auch ein paar deutsche BND-Leute dabei!“ Der Bus schlängelt sich seit der Grenze – eigent- lich nicht mehr als ein Kontrollpunkt – durch die bergige Kosovo-Landschaft. An den Häusern, die wir passieren, sind trotzig serbische Fahnen angebracht. „Hier haben wir die Mehrheit“, sagt Trivkovic und lächelt. Dragana Trivkovic gehört zu jener Generation junger Serben, die spüren, wie sich allmählich die politische Atmo- sphäre in ihrem Land immer mehr zum Schlechten wandelt. „Die etablierte ser- bische Politik opfert viel zu viel, nur um Brüssel und dem Westen einen Gefallen zu tun“, beschreibt die die Politik in Bel- grad. Konkret meint sie damit: Die Qua- si-Anerkennung der Kosovo-Abspaltung durch die serbische Regierung, das offi- zielle Schuldeingeständnis für das an- gebliche „Massaker von Srebrenica“ D er Ärger war abzusehen. Aber wir haben es trotzdem darauf ankom- men lassen. Unser Bus scheint fest- geklemmt zwischen Bürocontainern an einer der wohl neuesten und gleichzei- tig merkwürdigsten „Grenzen“ Euro- pas. Es ist der Übergang von der Repu- blik Serbien in den Kosovo, der sich jetzt ganz offiziell „Republik Kosovo“ nennt und von 107 Staaten der Welt di- plomatisch anerkannt ist. Die Unifor- mierten an der Grenze geben sich red- lich Mühe, als „richtige Grenzer“ zu er- scheinen. Dragana Trivkovic denkt aber gar nicht daran, die Polizisten wie echte Grenzbeamte zu behandeln. Ihre Wei- gerung, einen Reisepaß zu zeigen, sorgt daher für reichlich Zündstoff. Die reso- lute Mitdreißigerin läßt keinen Zweifel daran, daß sie diese Grenze für illegal hält: „Ich brauche keinen Reisepaß, weil ich mein Land Serbien nicht verlasse!“ Minuten ziehen sich wie Stunden. Die Serbin diskutiert mit den Uniformier- ten, die schließlich aufgeben. Dragana Trifkovic hat sich durchgesetzt. „So weit kommt es noch!“, sagt sie mit Sieger- lächeln. Die Fahrt geht weiter in Rich- tung Mitrovica, jener Stadt im Nord- kosovo, in der es in der Vergangenheit immer wieder gewalttätige Zusammen- stöße zwischen Serben und Albanern gab. Dragana Trivkovic ist Politikerin und Publizistin, sie gilt als harter Brok- ken. Wer sich mit der blonden Serbin anlegt, der läßt in der Regel Federn. Den Kosovo-Grenzern jedenfalls steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben, als ihr Vorgesetzter endlich unseren Bus – und damit auch Trivkovic – durch- 74 5/2014 · Deutsches Nachrichtenmagazin Die serbische Politikerin und Publizistin Dragana Trivkovic kämpft mit harten Bandagen für die nationale Selbstbestim- mung Serbiens. ZUERST! begleitete sie in den Kosovo Die Patriotin GESELLSCHAFT Dragana Trivkovic: In ihrem Heimat- land gilt die elegante Serbin als streitbare Politikerin und Publizistin. Foto: ZUERST!-Archiv

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winkt. Die Kosovo-Verwaltung sieht sie als eine Art „feindliche Ausländerin“ an, als „Unruhestifterin“. Die Serbin lacht und sagt: „Ab jetzt werden wir die Ge-heimpolizei immer in unserem Nacken haben. Vielleicht sind ja auch ein paar deutsche BND-Leute dabei!“ Der Bus schlängelt sich seit der Grenze – eigent-lich nicht mehr als ein Kontrollpunkt – durch die bergige Kosovo-Landschaft. An den Häusern, die wir passieren, sind trotzig serbische Fahnen angebracht. „Hier haben wir die Mehrheit“, sagt Trivkovic und lächelt.

Dragana Trivkovic gehört zu jener Generation junger Serben, die spüren, wie sich allmählich die politische Atmo-sphäre in ihrem Land immer mehr zum Schlechten wandelt. „Die etablierte ser-bische Politik opfert viel zu viel, nur um Brüssel und dem Westen einen Gefallen zu tun“, beschreibt die die Politik in Bel-grad. Konkret meint sie damit: Die Qua-si-Anerkennung der Kosovo-Abspaltung durch die serbische Regierung, das offi -zielle Schuldeingeständnis für das an-gebliche „Massaker von Srebrenica“

Der Ärger war abzusehen. Aber wir haben es trotzdem darauf ankom-

men lassen. Unser Bus scheint fest-geklemmt zwischen Bürocontainern an einer der wohl neuesten und gleichzei-tig merkwürdigsten „Grenzen“ Euro-pas. Es ist der Übergang von der Repu-blik Serbien in den Kosovo, der sich jetzt ganz offi ziell „Republik Kosovo“ nennt und von 107 Staaten der Welt di-plomatisch anerkannt ist. Die Unifor-mierten an der Grenze geben sich red-lich Mühe, als „richtige Grenzer“ zu er-scheinen. Dragana Trivkovic denkt aber gar nicht daran, die Polizisten wie echte Grenzbeamte zu behandeln. Ihre Wei-gerung, einen Reisepaß zu zeigen, sorgt daher für reichlich Zündstoff. Die reso-lute Mitdreißigerin läßt keinen Zweifel daran, daß sie diese Grenze für illegal

hält: „Ich brauche keinen Reisepaß, weil ich mein Land Serbien nicht verlasse!“ Minuten ziehen sich wie Stunden. Die Serbin diskutiert mit den Uniformier-ten, die schließlich aufgeben. Dragana Trifkovic hat sich durchgesetzt. „So weit kommt es noch!“, sagt sie mit Sieger-lächeln. Die Fahrt geht weiter in Rich-tung Mitrovica, jener Stadt im Nord-kosovo, in der es in der Vergangenheit immer wieder gewalttätige Zusammen-stöße zwischen Serben und Albanern gab.

Dragana Trivkovic ist Politikerin und Publizistin, sie gilt als harter Brok-ken. Wer sich mit der blonden Serbin anlegt, der läßt in der Regel Federn. Den Kosovo-Grenzern jedenfalls steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben, als ihr Vorgesetzter endlich unseren Bus – und damit auch Trivkovic – durch-

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Die serbische Politikerin und Publizistin Dragana Trivkovic kämpft mit harten Bandagen für die nationale Selbstbestim-

mung Serbiens. ZUERST! begleitete sie in den Kosovo

Die Patriotin

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Dragana Trivkovic: In ihrem Heimat-land gilt die elegante Serbin als streitbare Politikerin und Publizistin.

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durch Serbien und die Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher an das internationale Straftribunal in Den Haag. In Interviews, Zeitungsartikeln, öffentlichen Reden und Fernsehinter-views geißelt die studierte Landschafts-architektin und Ingenieurin die „natio-nale Selbstaufgabe“ Serbiens. In großen Teilen der serbischen Öffentlichkeit sind solche Meinungen nach wie vor populär – nicht aber in der etablierten Politik. Längst sieht man dort in Trivkovic eine Art „Extremistin in Prada“.

Dragana Trivkovic hat die Nase voll von der westlichen Medienbericht-erstattung über den Kosovo und von der ganzen Schönfärberei der Situation. Und nirgendwo werde die Lüge deut-licher als in Mitrovica. „Man tut so, als hätte dieser ,neue Staat‘ auch seine eige-nen Bürger, als würden die Unterschie-de zwischen Serben und Albanern im-mer weniger eine Rolle spielen. Aber das ist eine glatte Lüge!“ Diese Lüge manifestiert sich an einem Beton- und Geröllwall vor der Brücke über den Fluß Ibar. Der Norden der Stadt ist ser-bisch, der Süden albanisch. Die NATO-Schutztruppe KFOR überwacht den brüchigen Frieden, der in Wirklichkeit nichts anderes als ein vorübergehender Waffenstillstand zu sein scheint. Mit großen Schritten marschiert Dragana Trivcovic auf die Beton-Barrikade vor der Brücke zu, erklimmt sie und wirft einen Blick hinüber ins „Feindesland“. Dort wehen albanische Fahnen, dort sind die Preise in Euro ausgezeichnet und Straßen nach Bill Clinton benannt. Und dort steht auch ein KFOR-Schüt-zenpanzer, der die albanische Seite an-geblich vor den Serben beschützen muß. „In Wirklichkeit ist es genau an-dersherum“, sagt Trivkovic. Aber die Serben spielten nun einmal die Rolle der „Bad boys“ in dem Konfl ikt.

nungsmacht auf dem Balkan fühlt, hat Erdogan schon bei vielen Gelegenheiten klargemacht. Doch diesmal wurde er deutlicher als sonst. Während einer An-sprache in Prizren hatte Erdogan ge-äußert: „Nicht vergessen: Das Kosovo ist die Türkei und die Türkei ist das Ko sovo.“ Anschließend entbot er den sogenannten „Rabia“-Gruß, den die radikal-islami-schen Muslimbrüder in Ägypten erfun-den hatten. „Der türkische Einfl uß ist an allen Ecken und Enden spürbar“, weiß Dragana Trivkovic zu berichten. Und tat-sächlich: An Baustellen und öffentlichen Gebäuden prangt neben den Sternen der Europäischen Union auch der türkische Halbmond. Investoren kaufen sich ein, in den mehrheitlich albanisch besiedelten Teilen des Kosovo fl attern die Fahnen Al-baniens, der USA und der Türkei sym-bolisch nebeneinander.

Dragana Trivkovic ist prominentes Mitglied der Demokratischen Partei Ser-biens (DSS), die mit Vojislav Kostunica von 2000 bis 2003 den jugoslawischen Präsidenten stellte. Doch die Glanzzeiten der konservativen DSS sind lange vor-bei. Bei den Parlamentswahlen im März dieses Jahres erhielt die DSS keinen ein-zigen Sitz mehr. In Interviews und Kom-mentaren hatte Trivkovic das nieder-schmetternde Ergebnis vorausgesagt. In Serbien gebe es keine richtige Opposi-tion mehr, ist sich die serbische Publi-zistin sicher. „Es geht nur noch darum, das zu tun, was Brüssel von uns verlangt – da scheinen sich alle großen Parteien einig“, kritisiert sie. „Der Wille des Vol-kes wird der sogenannten ,europäischen Integration‘ einfach untergeordnet. Die Bürger sollten sich langsam darüber be-wußt werden, daß sie keinerlei Kontrol-le mehr über die Politik in Serbien ha-ben.“ Die Wahlen gewann die proeuro-päische Serbische Fortschrittspartei (SNS), die ihr Ergebnis mit Parolen ge-

Die Situation im Kosovo scheint hochkompliziert – auch wenn man heute kaum noch darüber liest: Die ser-bische Provinz wird in großer Mehrheit von Albanern bewohnt. Schätzungen gehen von 80 Prozent Albanern, 10 Pro-zent Serben und 10 Prozent der übrigen ethnischen Gruppen aus: vor allem Türken, Bosniaken, Torbeschen, Gora-nen, Janjevci (Kroaten), Roma, Aschkali und sogenannte Balkan-Ägypter. Nach dem Ende des Kosovokrieges 1999 kam das Gebiet unter Verwaltung der Ver-einten Nationen (UN). Es blieb formell Bestandteil des Nachfolgestaates Bun-desrepublik Jugoslawien und später von Serbien und Montenegro, das bis 2006 existierte. Nachdem Montenegro sich von dieser Staatenunion für unabhän-gig erklärt hatte, blieb der Kosovo ein Teil der Republik Serbien. Seit der Un-abhängigkeitserklärung vom 17. Febru-ar 2008 ist der Kosovo aus Sicht seiner Institutionen ein souveräner Staat.

Die Abtrennung des Kosovo von Ser-bien ist für die serbische Politikerin nicht verhandelbar. Mit großer Sorge sieht sie das allmähliche Aufweichen der offi ziel-len Kosovo-Politik in Belgrad. Langsam, in Salami-Taktik, erkenne die serbische Politik die „Republik Kosovo“ an. Vor al-lem Washington und Brüssel würden politischen Druck ausüben. Und neuer-dings auch die Türkei. Dragana Trivkovic erzählt vom Staatsbesuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Er-dogan im letzten Jahr im Kosovo – ein Besuch mit hohem Symbolwert. Daß sich die Türkei in Rückbesinnung auf das Osmanische Reich als eine Art Ord-

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Rumänien

Ungarn

Bulgarien

MazedonienAlbanien

Bosnien-Herzegowina Serbien

Kosovo

Kroatien

MontenegroKroatien

Belgrad

SofiaPristina

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Serbien und das Kosovo Dragana Trivkovic (links) im Wahlkampfeinsatz für die DSS

Die Abtrennung des Kosovo von Serbien ist für die serbische

Politikerin nicht verhandelbar.

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ist die Schlacht auf dem Amselfeld eine Art Selbstopfer für ein christliches Eu-ropa. Serbien opferte sich und seinen Adel als Bollwerk des Abendlandes ge-gen den Ansturm aus Anatolien. Das Antreten zur Schlacht sei die bewußte Entscheidung für das Himmelreich ge-wesen, so die nationalserbische Rezep-tion des Kampfes gegen die Türken.

Das „Gazimestan“-Denkmal ist ge-sichert wie ein Atomkraftwerk: Hohe Zäune, Stacheldraht, Kameras überall. Vor dem Eingang steht ein Wachposten. „Die Albaner versuchten mehrmals in der Vergangenheit, das Denkmal zu zer-stören“, erzählt Dragana Trivkovic. Im Eingangsbereich des Baus sieht man rußgeschwärzte Steine. Hier hätte ein albanisches UCK-Kommando versucht, das Denkmal zu sprengen. „Es hat aber nicht einmal gewackelt“, lacht Trivkovic. Heute steht das „Gazimestan“-Denk-mal mitten im „Feindesland“. Auf der Vorderseite des Baus ist eine ser bische Inschrift zu lesen: „Wer Serbe ist und

gen Korruption und EU-Beitrittshoff-nungen haushoch gewinnen konnte.

Für Dragana Trivkovic ist dieses Er-gebnis verheerend, denn es beschleunigt den Ausverkauf der souveränen Nation. „Wir sind ein besetztes Land“, sagt Triv-kovic und lächelt: „Aber das Gefühl kennt Ihr Deutschen ja ganz gut.“ Kurzes Schweigen, dann lacht sie laut auf. „Ich zeige Euch jetzt, wo das Herz Serbiens schlägt“, sagt sie. Wir steigen in ein Auto, kurz vor dem Wall hält es an. Der Fahrer steigt aus und schraubt das Nummern-schild an das Fahrzeug. „Das ist unser ziviler Ungehorsam“, erklärt Trivkovic. „Im serbischen Bereich fahren wir Ser-ben ohne Kosovo-Nummernschilder, weil wir den Staat und seine Behörden nicht anerkennen.“ Und die KFOR-Truppe und die Polizei? Die Serbin zuckt keck mit den Schultern und deutet an, die Ordnungskräfte würden generell lie-ber „Streß vermeiden“. Doch im albani-schen Gebiet gehe das nicht so einfach. Deshalb: Nummernschild anmontieren.

Die Fahrt geht zum „Gazimestan“-Denkmal, das an die Schlacht auf dem Amselfeld im Jahre 1389 erinnert. Wir fahren vorbei an geschändeten ser-bischen Friedhöfen und an ausgebrann-ten orthodoxen Kirchen, vorbei an na-gelneuen und schneeweißen Moscheen und an Denkmälern für die terroristi-sche Albanermiliz UCK, die 1999 als „Bodentruppe der NATO“ gegen die jugoslawische Armee kämpfte. „Das ist unser Land, schaut Euch an, was man daraus gemacht hat.“

Für Serbien hat das Jahr 1389 eine fast mythische Bedeutung. Das ser bische und das türkische Heer trafen aufeinan-der zur großen Schlacht auf dem Amsel-feld. Die Osmanen siegten über die Ser-ben, doch auch die Sieger erlitten herbe Verluste. Im serbischen Nationalmythos

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Als Rednerin: Dragana Trivkovic setzt sich für ein souveränes Serbien ein.

Das berühmte „Gazimestan“-Denk-mal: Hier erinnern die Serben an ihren Nationalmythos.

Für Serbien hat das Jahr 1389eine fast mythische Bedeutung.

Denkmal für die albanische Terrororganisation UCK im Kosovo

Albanische Grabschändungen: ZUERST!-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter an einem serbischen Grab. Immer wieder bringen Albaner Müll und Tierkadaver auf serbische Friedhöfe, um diese zu entweihen.

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serbischen Blutes – und nicht zum Kampf auf dem Kosovo [Amselfeld] kommt – ihm mögen keine Kinder aus Herzensliebe geboren werden – weder Junge noch Mädchen – aus seinen Hän-den möge nichts erwachsen – weder ro-ter Wein noch weißer Weizen.“

Die Kosovo-Behörden wollen mit al-ler Macht verhindern, daß es am Denk-mal zu serbischen Gedenkveranstaltun-gen kommt. „Die Albaner sind sich über die Symbolhaftigkeit dieses Ortes durchaus bewußt.“ Dragana Trivkovic erzählt von serbischen Bussen, die von albanischen Polizisten angehalten wer-den, damit sie nicht zum „Gazimestan“-Denkmal durchfahren können. Die Ko-sovo-Behörden würden dort keine ser-bischen Symbole sehen wollen, im Zweifelsfalle würde die Polizei Fahnen, Schilder und Schals einfach beschlag-nahmen.

„Das ist hier serbisches Land“, sagt sie ernst. „Ihr Deutschen müßt das doch verstehen, Ihr seid doch selber besetzt“,

sogenannte „Black Site“, ein illegales Ge-fängnis, in dem Terrorverdächtige aus aller Welt gefoltert worden sein sollen.

Dragana Trivkovic denkt weit im voraus. Irgendwann, ist sie sich sicher, würden die Amerikaner den europä-ischen Kontinent räumen. Innere Pro-bleme und ein starkes Rußland würden den GIs schon Beine machen. „Da müs-sen wir zusammenhalten, wir alle in Eu-ropa haben da das gleiche Interesse – die Zurückerlangung unserer Souveräni-tät.“ Für anti-deutsche Ressentiments, die man in Serbien durchaus auch fi n-det, hat die Publizistin kein Verständnis. „Die Weltkriege liegen lange hinter uns, die deutsche Beteiligung am völker-rechtswidrigen Angriffskrieg gegen Ser-bien 1999 war weder im Interesse Deutschlands noch vom deutschen Grundgesetz legitimiert. Je souveräner und unabhängiger die Deutschen sind, desto besser für alle.“

MANUEL OCHSENREITER

sagt sie nochmal entschieden. Über-haupt: Die Serbin weist immer wieder auf die deutsch-serbischen Parallelen hin – trotz der krie gerischen Konfl ikte der Vergangenheit. Beides seien Staaten, die ihre Souveränität eingebüßt hätten, bei-de Länder stünden unter Kontrolle der NATO. Triv kovic zeigt in Richtung Sü-den. Dort sei das „Camp Bondsteel“ – die größte US-Militärbasis außerhalb der Vereinigten Staaten. In ihr befi ndet sich das Hauptquartier des US-amerika-nischen KFOR-Kontingents. Der Stütz-punkt wurde nach dem Einmarsch der NATO-Truppen in das Kosovo im Juni 1999 errichtet und umfaßt 386 Hektar. Als Büros und Unterkünfte dienen etwa 250 Holz baracken. Die Basis beherbergt bis zu 5.000 Soldaten der US-Armee und verbündeter Truppen. Diese vollständig von einer Mauer umgebene NATO-Stadt umfaßt neben Unterkünften und Ver-waltung auch Kinos, Restaurants, Schwimmbäder und andere Freizeit- und Unterhaltungsangebote – und eine

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Größte „NATO-Stadt“ außerhalb der USA: Das US-amerikanische „Camp Bondsteel“ im Kosovo

ZUERST!-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter im Gespräch mit der serbischen Publizistin Dragana Trivkovic

Selbstschutz: Viele serbische Gebäude im Kosovo sind von Stacheldraht umgeben, um albanische Angriffe zu erschweren.

Dragana Trivkovic in einer der vielen alten serbisch-orthodoxen Kirchen im Kosovo, von denen viele bereits zerstört wurden.

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