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DEM MORGEN:GRÜN ENTGEGEN GRÜNE JUGEND K-01 Wie weiter nach Kopenhagen? AntragstellerInnen: Bundesvorstand Nach dem Scheitern der Klimakonferenz in Kopenhagen steht die Weltgemeinschaft vor noch grö- ßeren Fragen als vorher. Die 193 Staats- und RegierungschefInnen konnten sich weder auf verbindliche 5 Klimaschutzziele noch auf ausreichende Zusagen für finanzielle Unterstützung im Bereich Klima für Länder des Südens einigen. Lediglich das Zwei Grad-Ziel konnte im Copenhagen-Accord, Abschluss- dokument der Klimakonferenz, abschließend definiert werden. Dabei reicht die Identifizierung dieses Ziels nicht im Geringsten. Um das Klima tatsächlich zu retten, brauchen wir endlich mehr als vage Ziele, wir brauchen verbindliche Vorschriften für das Handeln aller Staaten. 10 Kopenhagen ist gescheitert, weil die Industrienationen und auch die EU gepokert haben bis es zu spät war, statt von vornherein verbindliche Zusagen zu machen. Sie haben bei den Verhandlungen viel zu lange abgewartet, bevor sie wirkliche Angebote auf den Tisch gelegt haben. Dabei ist schon lange klar, dass die Industrieländer endlich mit Veränderungen in ihren Wirtschafts- und Lebenswei- 15 sen beginnen müssen. Gleichzeitig hat Kopenhagen aber auch deutlich gemacht, dass es noch in zu vielen Ländern kein Empfinden für die Dringlichkeit von Klimaschutz gibt. Auch vier Jahre nach dem Aufsehen erregenden Stern-Report, der die hohen Kosten des Klimawandels benannt hat, sind die Folgen der Klimaveränderung für viele Menschen noch nicht spürbar – das Problem Erderwärmung scheint fern und wenig greifbar. Viele Regierungen sind deshalb höchstens halbherzig am Werk, wenn 20 es darum geht, harte und wirksame Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben. Stattdessen lassen sie sich ihre Politik auch weiterhin von den Interessenverbänden der Industrie und Wirtschaft diktieren. Aber auch die Vereinten Nationen weisen strukturelle Mängel auf, die den komplexen Klimaverhand- lungen nicht mehr gerecht werden. 25 Damit der Klimawandel noch aufgehalten werden kann, ist schnelles, internationales Handeln erfor- derlich. Wenn die Weltgemeinschaft sich nicht in nächster Zeit auf verbindliche Klimaziele einigt und diese dann auch umsetzt, dann wird sich das Klima noch in diesem Jahrhundert auf bis zu sieben Grad im Vergleich zum Basisjahr 1990 erwärmen. Eine Erwärmung in dieser Größenordnung würde völlig unabsehbare Folgen nach sich ziehen. Der Klimawandel war nie ein rein ökologisches Problem, auch 30 wenn manche KlimaskeptikerInnen uns das gern glauben machen wollen. Er ist ein soziales Problem, und trifft vor allem die Menschen im globalen Süden. Staat und Wirtschaft 35 In der Frage, wie wir den Klimawandel noch aufhalten können, gibt es die unterschiedlichsten Vor- stellungen. Sie reichen von der Überwindung des Kapitalismus, über kleine Reformen und nationale Lösungswege bis zur Aberkennung des Mandats der Vereinten Nationen in den Klimaverhandlungen. Für uns ist klar: Das Warten auf die Revolution bringt uns keinen Schritt weiter. Was wir brauchen, 40 ist vielmehr eine Diskussion darüber, wie die klimafeindlichen Interessen von Industrie und Wirtschaft endlich in die Schranken gewiesen werden können und welche Rolle der Staat im Bereich Klimaschutz einnehmen soll. 45 Die Macht zurück zur Politik Ein Grundproblem der Klimapolitik ist, dass die einflussreichen und tonangebenden Industriestaaten die Notwendigkeit des Klimaschutzes schlicht ignorieren. Sie setzen sich nicht etwa für ein gemeinsa- mes und umfassendes Handeln gegen den Klimawandeln ein, sondern verteidigen fast durch die Bank 50 nur die Interessen der heimischen Industrie. Im Zuge der neoliberalen Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte ist in etlichen Staaten das Primat der Politik längst unter die Räder geraten. Die Staaten haben zunehmend zugunsten des freien Marktes auf klare Schranken und auch Eingriffe in die Wirt- schaft verzichtet, so dass inzwischen in erster Linie die Interessenverbände der Industrie dem Staat die Politik vorlegen. Verstärkt wurde dieser Effekt durch die Globalisierung, durch welche die Kontrolle 55 über die Klima- und Handelspolitik noch weiter aus der Hand der Politik geglitten ist. So sind es in erster Linie die multinationalen Konzerne und deren Interessen, die die Klimapolitik bestimmen. In Kopenhagen haben wir diese ungezügelte Lobbymacht der Wirtschaft und die Handlungsunfähigkeit Visionskongress & 34. Bundesmitgliederversammlung in Göttingen 21.-24. Mai 2010 1

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DEM MORGEN:GRÜN ENTGEGEN GRÜNE JUGEND

K-01 Wie weiter nach Kopenhagen?AntragstellerInnen: Bundesvorstand

Nach dem Scheitern der Klimakonferenz in Kopenhagen steht die Weltgemeinschaft vor noch grö-ßeren Fragen als vorher. Die 193 Staats- und RegierungschefInnen konnten sich weder auf verbindliche5Klimaschutzziele noch auf ausreichende Zusagen für finanzielle Unterstützung im Bereich Klima fürLänder des Südens einigen. Lediglich das Zwei Grad-Ziel konnte im Copenhagen-Accord, Abschluss-dokument der Klimakonferenz, abschließend definiert werden. Dabei reicht die Identifizierung diesesZiels nicht im Geringsten. Um das Klima tatsächlich zu retten, brauchen wir endlich mehr als vageZiele, wir brauchen verbindliche Vorschriften für das Handeln aller Staaten.10

Kopenhagen ist gescheitert, weil die Industrienationen und auch die EU gepokert haben bis es zuspät war, statt von vornherein verbindliche Zusagen zu machen. Sie haben bei den Verhandlungenviel zu lange abgewartet, bevor sie wirkliche Angebote auf den Tisch gelegt haben. Dabei ist schonlange klar, dass die Industrieländer endlich mit Veränderungen in ihren Wirtschafts- und Lebenswei-15sen beginnen müssen. Gleichzeitig hat Kopenhagen aber auch deutlich gemacht, dass es noch in zuvielen Ländern kein Empfinden für die Dringlichkeit von Klimaschutz gibt. Auch vier Jahre nach demAufsehen erregenden Stern-Report, der die hohen Kosten des Klimawandels benannt hat, sind dieFolgen der Klimaveränderung für viele Menschen noch nicht spürbar – das Problem Erderwärmungscheint fern und wenig greifbar. Viele Regierungen sind deshalb höchstens halbherzig am Werk, wenn20es darum geht, harte und wirksame Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben. Stattdessen lassen siesich ihre Politik auch weiterhin von den Interessenverbänden der Industrie und Wirtschaft diktieren.Aber auch die Vereinten Nationen weisen strukturelle Mängel auf, die den komplexen Klimaverhand-lungen nicht mehr gerecht werden.

25Damit der Klimawandel noch aufgehalten werden kann, ist schnelles, internationales Handeln erfor-derlich. Wenn die Weltgemeinschaft sich nicht in nächster Zeit auf verbindliche Klimaziele einigt unddiese dann auch umsetzt, dann wird sich das Klima noch in diesem Jahrhundert auf bis zu sieben Gradim Vergleich zum Basisjahr 1990 erwärmen. Eine Erwärmung in dieser Größenordnung würde völligunabsehbare Folgen nach sich ziehen. Der Klimawandel war nie ein rein ökologisches Problem, auch30wenn manche KlimaskeptikerInnen uns das gern glauben machen wollen. Er ist ein soziales Problem,und trifft vor allem die Menschen im globalen Süden.

Staat und Wirtschaft35

In der Frage, wie wir den Klimawandel noch aufhalten können, gibt es die unterschiedlichsten Vor-stellungen. Sie reichen von der Überwindung des Kapitalismus, über kleine Reformen und nationaleLösungswege bis zur Aberkennung des Mandats der Vereinten Nationen in den Klimaverhandlungen.Für uns ist klar: Das Warten auf die Revolution bringt uns keinen Schritt weiter. Was wir brauchen,40ist vielmehr eine Diskussion darüber, wie die klimafeindlichen Interessen von Industrie und Wirtschaftendlich in die Schranken gewiesen werden können und welche Rolle der Staat im Bereich Klimaschutzeinnehmen soll.

45Die Macht zurück zur Politik

Ein Grundproblem der Klimapolitik ist, dass die einflussreichen und tonangebenden Industriestaatendie Notwendigkeit des Klimaschutzes schlicht ignorieren. Sie setzen sich nicht etwa für ein gemeinsa-mes und umfassendes Handeln gegen den Klimawandeln ein, sondern verteidigen fast durch die Bank50nur die Interessen der heimischen Industrie. Im Zuge der neoliberalen Politik der letzten Jahre undJahrzehnte ist in etlichen Staaten das Primat der Politik längst unter die Räder geraten. Die Staatenhaben zunehmend zugunsten des freien Marktes auf klare Schranken und auch Eingriffe in die Wirt-schaft verzichtet, so dass inzwischen in erster Linie die Interessenverbände der Industrie dem Staat diePolitik vorlegen. Verstärkt wurde dieser Effekt durch die Globalisierung, durch welche die Kontrolle55über die Klima- und Handelspolitik noch weiter aus der Hand der Politik geglitten ist. So sind es inerster Linie die multinationalen Konzerne und deren Interessen, die die Klimapolitik bestimmen. InKopenhagen haben wir diese ungezügelte Lobbymacht der Wirtschaft und die Handlungsunfähigkeit

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der Staaten hautnah erlebt. Für uns ist klar: In der Klimapolitik braucht es das Primat der Politikvor der Wirtschaft, um Klimaschutz ohne Wenn und Aber mit allen nötigen Voraussetzungen voran-60zutreiben.

Wer in Sachen Klimaschutz eine VorreiterInnenrolle einnehmen will, darf sich nicht mit den Letztenauf der Laufbahn messen, sondern muss sich mit den Ländern vergleichen, die bereits weit reichen-65de Klimaschutzmaßnahmen umsetzen. Deshalb darf Deutschland sich nicht aus der Verantwortungstehlen: Der Bundestag muss endlich ein Klimaschutzgesetz verabschieden, mit dem sich Deutschlandverpflichtet, trotz des Scheiterns von Kopenhagen bis 2020 40 Prozent der CO2-Emissionen gegen-über 1990 einzusparen. Wenn Deutschland es mit dem Klimaschutz ernst meint, muss jetzt das ganzeWirtschaftssystem radikal auf Klima- und Umweltschutz gepolt werden. Sowohl die Energieträger als70auch die natürlichen Ressourcen sind endlich. Trotzdem wird der Verbrauch beider Faktoren durchklimaschädliche Subventionen sogar noch von staatlicher Seite gefördert. Das passt so gar nicht zu denhehren Versprechen der Bundesregierung, aktiv in Sachen Klimaschutz zu sein. Die GRÜNE JUGENDsetzt sich dafür ein, dass das Steuer- und Finanzsystem endlich ökologisiert wird. KlimaschädlicheSubventionen müssen so schnell wie möglich gestrichen werden. Außerdem müssen klimaschädliche75Produkte und deren Produktionsfaktoren stärker besteuert werden. Zusätzlich brauchen wir auchordnungsrechtliche Maßnahmen, die den Klimaschutz vorantreiben. Vor allem in den Bereichen Mo-bilität und Verkehr, Bauen und Wohnen, Landwirtschaft sowie Energieversorgung, -einsparung und-effizienz haben wir noch lange nicht die Obergrenze des Möglichen erreicht.

80Jetzt kommt es auf die Politik an, Klimapolitik nicht länger im Interesse der Industrie, sondern end-lich im Sinne der Nachhaltigkeit zu machen. Angesichts der enormen Herausforderungen durch denKlimawandel ist es geradezu absurd, dass jedes Wort der so genannten fünf Wirtschaftsweisen für bareMünze genommen wird, die Veröffentlichungen von KlimaforscherInnen aber regelmäßig als spinnertabgetan werden. Wir setzen uns für die Schaffung eines Sachverständigenrats für Klimapolitik ein, der85dem Bundestag und der Bundesregierung Handlungsempfehlungen gibt und die Notwendigkeit desKlimaschutzes auf das Tableau setzt. Außerdem sollte bei jedem neu erlassenen Gesetz geprüft undveröffentlicht werden, was es für Konsequenzen für das Klima mit sich bringt.

90Das Politische ist nicht immer privat

Auf nationaler Ebene gibt es – auch in der Grünen Partei – immer mehr PolitikerInnen, die denKlimaschutz in die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger verlagern wollen. Der Bio-Lifestyle istschick und suggeriert, dass der Klimawandel gar kein Problem wäre, würden nur alle mehr Bio und95Fair kaufen. Auch wir setzen uns für nachhaltigeren Konsum ein, aber die Politik darf sich nicht aufdiese Individualisierung des Klimaschutzes zurückziehen. Wie sollen sich Hartz-IV-EmpfängerInnenÖkostrom leisten, nur von Bio-Gemüse leben oder die Deutsche Bahn nutzen? Wenn PolitikerInnen dieVerantwortung für den Klimaschutz auf den und die EinzelneN abwälzen, statt für politische Lösungenzu streiten, dann hat Politik den Gestaltungsanspruch in der Klimapolitik verloren. Was wir statt-100dessen brauchen, ist eine Politik, die es durch gezielte Maßnahmen versteht, klare ordnungsrechtlicheRahmenbedingungen zu setzen, nachhaltigen Konsum zu unterstützen und Sozialpolitik und Klima-politik in Einklang zu bringen.

105Wirtschaft – Demokratie – Ökologie

Trotz des zeitlichen Drucks zu handeln, kann Klimagerechtigkeit niemals auf nicht-demokratischenWegen erzeugt werden. Im Gegenteil: Für wirklichen Klimaschutz braucht es die Überzeugung derBevölkerung. Die Menschen sind viel weiter, als viele WirtschaftsvertreterInnen und PolitikerInnen110ihnen zugestehen wollen. So sind es doch gerade die Finanz – und Wirtschaftseliten, die einen echtenKlimaschutz und eine Transformation der Industriegesellschaft verhindern. Jetzt gilt es, ihren Wi-derstand zu überwinden. Hier können von der Idee einer neuen, öko-sozialen Wirtschaftsdemokratieinnovative Impulse für den Klimaschutz ausgehen. Gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inden Betrieben haben oftmals verstanden, wohin der Klimazug rollt und sind bereit, Veränderungen in115Produktionskreisläufen und Produktpalette mitzutragen und zu initiieren.

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Für eine neue Wachstumsdebatte120

Es ist klar, dass es nicht ausreicht, auf neue, grüne Technologien zu setzen, wenn wir dabei in al-ten Konsum- und Wirtschaftsmustern verharren. Unser ganzes Wirtschaftssystem baut auf einemständigen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf. Mit dem Wachstum des BIP ging bisherauch ein Wachstum des Ressourcenverbrauchs einher, dabei übernutzen wir die natürlichen Ressour-cen bereits jetzt in unverantwortlichem Ausmaß. Die große Frage ist, ob es auf absehbare Zeit gelingen125wird, diese beiden Faktoren voneinander zu entkoppeln. Das Credo von “qualitativem„ oder “selekti-vem„ Wachstum reicht dabei nicht mehr aus, denn vielfach zeigt sich, dass mit Effizienzsteigerungenein höherer Konsum und damit letztlich doch auch höherer Ressourcenverbrauch einhergeht.

Außerdem muss sich die Politik endlich vom übermäßigen Glauben an das BIP als Messlatte für130Glück und Zufriedenheit lösen. Das BIP ist aussagekräftig, was die wirtschaftliche Leistungsfähigkeitangeht, über Nachhaltigkeit, Verteilung oder Glück der Bevölkerung sagt es wenig aus. Wir brauchendeshalb endlich neue Indikatoren als Maßstab für Glück und Zufriedenheit.

135Vereinte Nationen müssen reformiert werden

Nach den gescheiterten Verhandlungen in Kopenhagen stellt sich endgültig die Frage, ob das Prinzipder jährlich stattfindenden Konferenzen (Conference of the Parties, COPs) – in deren Vorfeld jedesJahr aufs Neue der Weltuntergang prophezeit wird – nicht überholt ist. Auf jeder Konferenz wird mit140den schwierigen Verhandlungen wieder von vorne begonnen, anstatt in einem kontinuierlichen Prozessan einem Kompromiss zu arbeiten.

Nationalistische und rassistische Tendenzen werden deutlich, wenn wir sehen, dass es offenbar einegroßes Ungleichgewicht gibt, was das Leben eines Menschen in einem Industriestaat wert ist, vergli-145chen mit dem Wert eines Menschen aus einem Staat des Südens. Es muss klar sein: Wir Einwoh-nerInnen in den Industriestaaten sind auch daran Schuld, wenn jeden Tag Menschen aufgrund desKlimawandels sterben, wenn sie gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, wenn Klimaflüchtlingebei dem Versuch der Einreise nach Europa ums Leben kommen oder in menschenunwürdige Lagergepfercht werden.150

Wir wollen langfristig die Nationalstaaten abschaffen und streiten für ein Weltparlament. Wir wollen,dass die Menschen das Klima bestimmen. Auf absehbare Zeit ist jedoch fraglich, welche Alternativenzu den UN-Verhandlungen es gibt. Wir wollen nicht, dass die UN sich von den Klimaverhandlungenzurück ziehen. Auf UN-Ebene haben stets alle Staaten, die Vertragspartner des jeweiligen Abkom-155mens sind, das Recht, mit am Tisch zu sitzen und in der Regel ist es das Ziel, zu einem einstimmigenBeschluss zu kommen. Würden die Klimaverhandlungen von der UN-Ebene genommen, dann gäbe eskeine Institution mehr, die für eine Einbeziehung aller Staaten sorgt. Das finden wir falsch, denn dannkäme es zu einer Zersplitterung, bei der sich die großen Emittenten nie mehr mit den Staaten an einenTisch setzenwürden, die am stärksten vom Klimawandel betroffenen sind. Die demokratische Legiti-160mität der Verhandelnden muss oberste Priorität haben. Natürlich werden nicht alle Staaten unter demDach der Vereinten Nationen demokratisch regiert. Wir wollen dennoch nicht von der Einbeziehungaller UN-Staaten abweichen, denn die Repräsentanz aller Länder schafft aktuell die größtmögliche Legi-timation. Der beratende Einbezug von Nichtregierungsorganisationen in einem transparenten Prozessist wichtig, denn sie vertreten oft Meinungen, die von der jeweiligen Staatsregierung nicht vertreten165werden und spiegeln Opposition und Minderheiten wieder.

Wir fordern einen ständigen globalen Klimarat, der sich aus RepräsentantInnen aller UN-Mitgliedsstaatenzusammensetzt. Das UN-Klimasekretariat muss ausgebaut und so die Kontinuität der Verhandlungensicher gestellt werden. Wir brauchen keine vereinzelten großen Konferenzen mehr, sondern eine konti-170nuierlich tagende Institution, die weltweit verbindliche Entscheidungen treffen kann und auch trifft. EinKlimaschutzabkommen muss rechtlich verbindlich von einer qualifizierten Mehrheit der UN-Staatenverabschiedet werden. Es muss die Möglichkeit geben, Länder, die dieses Klimaabkommen brechen,mit wirtschaftlichen Sanktionen zu belegen.

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175Um eine zu große und zu verhandlungsunfähige Runde zu vermeiden, muss sich der Klimarat ausVertreterInnen der verschiedenen Regionen zusammensetzten. Statt immer alle 193 Staaten zu ver-sammeln, müssen Verhandlungen in kleinerer Runde geführt werden. Diese Runden müssen jedochstets alle Interessen gleichberechtigt abdecken. Es dürfen keine neuen Klüngelrunden wie die G8 oderdie G20 entstehen, sondern es müssen vor allem die Interessen derer gestärkt werden, die vom Klima-180wandel betroffen sind. Die Transparenz der Konferenzen muss stark verbessert werden, damit Inter-essensvertreterInnen in der Öffentlichkeit Einfluss auf die Verhandlungen nehmen können. Außerdemsollte, was in Kopenhagen begonnen wurde, fortgeführt werden: Nichtregierungsorganisationen müs-sen Rederecht haben und vor allem bei den konkreten Verhandlungen einbezogen werden. Insofernbegrüßen wir den Versuch in Kopenhagen, NGOs in großem Stil einzubinden, auch wenn er letztlich185im Chaos geendet hat.

Unabhängig von der Verstetigung der Klimaverhandlungen und dem weiteren Kampf für ein verbind-liches internationales Klimaabkommen, brauchen wir Staaten, die jetzt bereit sind, im Klimaschutzvoranzuschreiten. Die EU muss sich mit den ärmsten Ländern der Erde zusammentun, gemeinsame190Projekte definieren und sie im Klimaschutz unterstützen, während umweltschädliche Produkte ausanderen Ländern mit Ökozöllen belegt werden. Nur so können endlich Fakten geschaffen werden!

Wir Menschen müssen umdenken und weiterdenken195

Das Scheitern von Kopenhagen hat auch deutlich gemacht, dass Klimaschutz nicht nur auf großen Kon-ferenzen und in internationalen Verhandlungen stattfinden darf. Vielmehr muss die Klimabewegungjetzt noch verstärkt die Veränderung von unten vorantreiben. Die Demonstration vor der Klimakon-ferenz in Kopenhagen mit 100.000 Menschen muss der Beginn einer schlagkräftigen Klimabewegung200sein, die Industrie und Politik nicht länger ignorieren können. Auch ohne ihre Unterstützung könne wireiniges erreichen. Die Klimabewegung ist vielfältig. Sie besteht nicht nur aus Organisationen, Umwelt-verbänden und Parteien, es gibt auch unzählige Einzelpersonen, die sich für wirklichen Klimaschutzeinsetzen. 100-Prozent-Erneuerbare-Regionen müssen als positive Beispiele hervorgehoben und ande-re Regionen ermutigt werden, ihnen zu folgen. Wir müssen deutlich machen, dass Klimaschutz sich205lohnt. Klar ist, dass wenn wir den Klimawandel nicht stoppen, wir es noch in unserer Lebensspannemit Hunger und Kriegen nicht bekannten Ausmaßes zu tun bekommen. Es ist unsere Aufgabe, Men-schen zu ermutigen, für Klimaschutz auf die Straße zu gehen und sich dafür einzusetzen. Wir werdenauch bei der Konferenz in Bonn für einen Fortschritt in den Verhandlungen streiten!

210Es muss einen weltweiten Bewusstseinswandel geben, damit der Klimawandel effektiv bekämpft wer-den kann.

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