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7/16/2019 http://ul.to/60k7cicp http://slidepdf.com/reader/full/httpulto60k7cicp 1/55 23 > FroschtrotztdemAussterben > FrühantikerUrsprungdes französischenWeinbaus > Atombombentestsbelegen ZellentstehungimHirn Fleisch–Kraftspender oderKrankmacher? Eisenspender und Cholesterin – Fleisch scheint gute und schlechte Seiten zu haben. Langsam ergründen Mediziner, wie gesund oder ungesund sein Konsum tatsächlich ist. TITELTHEMA: EH Mi gewähen Inhen ÜEEICHT SchwereWahrheitsndung QATECMTE BlickindieWundertüte MEI: FLTKATASTHE Keinhausgemachtes Hochwasser DIE WOCHE 2013 06.06.

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23

> FroschtrotztdemAussterben

> FrühantikerUrsprungdes

französischenWeinbaus

> Atombombentestsbelegen

ZellentstehungimHirn

Fleisch–KraftspenderoderKrankmacher?Eisenspender und Cholesterin – Fleisch scheint gute und schlechteSeiten zu haben. Langsam ergründen Mediziner, wie gesund oder

ungesund sein Konsum tatsächlich ist.

TITELTHEMA: EH

Mi gewähen Inhen

ÜEEICHT

SchwereWahrheitsndung

QATECMTE

BlickindieWundertüte

MEI: FLTKATASTHE

KeinhausgemachtesHochwasser

DIE WOCHE

201306.06.

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2

Liebe Leserin, lieber Leser,

umFleischkonsumundÜbergewicht

rankensichieleMythen:Beidesschade

demKörperüberwiegend,hießeslange

Zeit.DochnachundnachergründenMediziner,dasssowohlder–mäßige–

GenussonFleischalsauchleichtesÜber-

gewichtunsererGesundheitförderlich

seinkönnen.UnddabeideThemengut

zusammenpassen,könnenSiediese

WochezweiArtikeldazuinunserem

Themenschwerpunktlesen:»SchwereWahrheitsndung«und» Fleisch:

KraftspenderoderKrankmacher?«.

GutenAppetitwünscht

DanielLingenhöhlRedaktionsleiterSpektrum–DieWoche

E-Mail:[email protected]:@lingenhoehl

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EDITORIAL IMPRESSUM

Chefredakteur: Dr. Carsten Könneker (v.i.S.d.P.)Redaktionsleiter: Dr. Daniel LingenhöhlRedaktion: Antje Findeklee, Jan Dönges, Dr. Jan OsterkampStändige Mitarbeiter: Lars Fischer, Maike PollmannLayout: Marc Grove, Oliver GabrielSchlussredaktion: Christina Meyberg (Ltg.),Sigrid Spies, Katharina WerleBildredaktion: Alice Krüßmann (Ltg.), Anke Lingg, Gabriela RabeVerlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH,

Slevogtstraße 3–5, 69126 Heidelberg, Tel. 06221 9126-600,Fax 06221 9126-751; Amtsgericht Mannheim, HRB 338114,UStd-Id-Nr. DE147514638Verlagsleiter: Richard ZinkenGeschäftsleitung: Markus Bossle, Thomas BleckMarketing und Vertrieb: Annette Baumbusch (Ltg.)Leser- und Bestellservice: Helga Emmerich, Sabine Häusser,Ute Park, Tel. 06221 9126-743, E-Mail: [email protected]

Die Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH ist Kooperati-onspartner des Nationalen Instituts für WissenschaftskommunikationGmbH (NaWik). Das NaWik ist ein Institut der Klaus Tschira StiftungGmbH und des Karlsruher Instituts für Technologie. Wissenschaftlicher.

Direktor des NaWik ist Spektrum-Chefredakteur Dr. Carsten Könneker.

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Haftung; sie behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.

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INHALT

02 EDItOrIal/IMprEssuM

04 bIlD DEr WOCHE

PalmeinNot

06 MEINuNG

»Kein>hausgemachtes>Hochwasser«

onDanielLingenhöhl

51 rEZENsION

MichioKaku:DiePhysikderZukunft

53 NaturE jObs

11 HTIKLT

FrühantikerUrsprungdes

französischenWeinbaus

13 ExLAETE

AufPlanetensuchebei

ProximaCentauri

16 HIFSCH

Atombombentestsbelegen

ZellentstehungimHirn

19 TAxMIE

Froschtrotztdem

Aussterben

20 ETILIE

Eidechsenkönigfraßsich

durchSüdasien

22 FSSILIE

FossilerrätKörperbau

dererstenPrimaten

39KSTA

RäuberundGendarmKulturelleSpätfolgeninergessenen

Kriegsgebieten

spEktrOGraMM

45QATECMTE

BlickindieWundertüteExpertenfühlendemerstenangeblichen

QuantencomputerD-WaeaufdenZahn

TITELTHEMA: EH

Fleisch–KraftspenderoderKrankmacher?SchweinebratenundRindersteakhaben

einenungerechtfertigtschlechtenRuf 

24

ÜEEICHT

SchwereWahrheitsndungWannistÜbergewichtwirklichungesund?

30

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BILD DER WOCHE

PalmeinNotvon Antje Findeklee

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BILD DER WOCHE

Der Dottertukan (Ramphas-

tos vitelinus) gehört zu den

wichtigsten Samenverbrei-tern der Palme Euterpe edu-

lis, die in den atlantischen

Regenwäldern an der Ostküste Südameri-

kas lebt. Die Zerstörung des Lebensraum in

den letzten 200 Jahren jedoch hat die bun-

ten Vögel aus etlichen Waldgebieten ver-

trieben.

Die verbleibenden Tiere können je-doch nur kleinere Früchte fressen. Das hat-

te selbst nach so kurzer Zeit Folgen für die

Palme: Forscher um Mauro Galetti von der

Universidade Estadual Paulista in São Pau-

lo beobachteten bei einer Untersuchung

in 22 Palmenpopulationen eine Abnahme

der Samengröße, wenn große Vögel wie der

Dottertukan als Samenverbreiter fehlen.

Da die kleineren Samen aber weniger über-

lebensfähig sind, wirkt sich so der Verlust

der großen Samenvertilger weit stärker aus

als zunächst gedacht. <

Science 340, S. 1086-1090, 2013

5

    L    i    N    D    o    L    F    o    S    o    U    T    o

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FLTKATASTHE

KeinhausgemachtesHochwasservon Daniel LingenhöhlDieheftigenÜberutungenimSüdenundstenDeutschlandssindaufextremeNiederschlägezurückzuführen.KaumeinHochwasserschutzhättedasUnglückerhindernkönnen,meintDanielLingenhöhl.

MEINUNG

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MEINUNG

Daniel Lingenhöhl

D

eutschland meldet »Land

unter«: Viele Regionen in

Ost- und Süddeutschland

versinken nach tagelan-

gem Dauerregen in Was-sermassen, wie sie seit Jahrzehnten nicht

registriert worden waren. In Passau über-

schritt die Donau am Montagmittag die

historische Marke von 12,50 Meter – ein

Wert, der mindestens seit 1501 nicht mehr

gemessen wurde. Mehrere Menschen sind

in Deutschland, Österreich und Tschechi-

en bereits in den Fluten ertrunken. Die vor-sichtig geschätzte Schadenssumme liegt

jetzt schon im Bereich von mehreren Mil-

liarden Euro. Und noch ist die Katastrophe

nicht ausgestanden: Zur Stunde (Montag-

nachmittag) regnet es in Bayern, Sachsen

und den angrenzenden Staaten weiter, erst

ab Dienstag soll sich das Wetter beruhigen.

Hätte das Unglück verhindert werden

können? In den letzten Jahren und Jahr-

zehnten wurde – zu Recht – kritisiert, dass

viele Flüsse und sogar Bachläufe in Mittel-

europa in ein enges Korsett gezwängt wur-

den: Gewerbe- und Wohnsiedlungen wur-

den ebenso wie Straßen in ehemaligen

Auenlandschaften gebaut, die zum na-

türlichen Überutungsbereich der Fließ-

gewässer gehören. Stattdessen errichte-

ten die Wasserbaubehörden Dämme, die

ebenjene Überschwemmungen verhin-

dern sollten, aber das Problem durch er-höhte Fließgeschwindigkeiten einfach nur

ussabwärts verlagerten. Dort traf es dann

Dörfer und Städte, die auf Grund ihrer Lage

nur begrenzt Hochwasserschutz in ihren

Zentren betreiben konnten, wie Köln. Oder

aber die Deiche brachen unter der perma-

nenten Durchweichung und Belastung

des Hochwassers: Die Flüsse nahmen sichwieder mit Gewalt, was ihnen lange Zeit

gehörte. »Gebt den Flüssen ihren Raum«,

forderte daher Altbundeskanzler Helmut

Kohl 1997 nach dem verheerenden Oder-

hochwasser damals, das weite Teile Bran-

denburgs, Südpolens und Tschechiens un-

ter Wasser setzte.

Viel ist seitdem und vor allem auch nach

dem ebenso verheerenden Pngsthoch-

wasser 1999 und den Überutungen 2002 

entlang der Elbe und ihrer Nebenüsse ge-

schehen: An vielen Fließgewässern richte-

ten die verantwortlichen Behörden Polder

ein, die bei Bedarf geutet werden können.

Mancherorts wurden die Deiche erhöht

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MEINUNG

und verstärkt, an vielen anderen Stellen

verlegte man sie aber auch – wenn mög-

lich – zurück und schuf Auen wieder neu.

Viele Nebenüsse, Bäche und die Oberläu-

fe mancher Ströme wie am Main oder der

Isar erlebten eine Renaturierung, durch

die es wieder Schleifen im Gewässerbett

gibt und wo den Flüssen tatsächlich wieder

mehr Raum gegeben wurde.

Natürlich ließen sich bei Weitem nicht

alle Sünden der Vergangenheit wiedergut-

machen: In einem dicht besiedelten, de-

mokratischen Land wie der Bundesrepu-

blik existieren auch weiterhin Siedlungen

und Gewerbegebiete mitten im Überu-

tungsraum der Flüsse. Und eine Stadt wie

Passau wird immer von Hochwasser be-

droht sein, denn das bedingt ihre Lage am

Zusammenuss von Donau, Inn und Ilz,

deren Wassermassen sich gegenseitig auf-

stauen und so die Katastrophe verschlim-

mern. Andernorts fehlen immer noch Flut-

polder, weil sich Landeigentümer nicht

mit den Wasserbaubehörden auf Entschä-

digung einigen konnten und Enteignun-

gen langwierig und kompliziert ablaufen.

Immerhin: Bereits vorhandene Überu-

tungsächen haben an vielen Orten dazu

beigetragen, einige Hochwasserspitzen zu-

mindest zu kappen – etwa an der weißen

Elster, um Leipzig zu schützen, oder am

Rhein zwischen Karlsruhe und Mannheim.

Doch selbst wenn alle geplanten Maß-

nahmen schon umgesetzt worden wären,

hätte sich dieses Hochwasser nicht verhin-

MKEBECKERS

Hochwasser in Heidelberg

Vegichen mi p km Heideeg eh

gimfich dvon: N die b37 me wegen

Üefng gee weden, im Üigen

nden vo em Günfächen ne We.

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MEINUNG

dern lassen. Laut dem Deutschen Wetter-

dienst (DWD) gehörte der Mai 2013 zu den

feuchtesten seit Beginn der Aufzeichnun-

gen; insgesamt übertraf er die langjähri-

gen, durchschnittlichen Regenmengen um

mehr als 170 Prozent. Vielerorts waren dieBöden daher bereits mit Feuchtigkeit über-

sättigt wie in den letzten 50 Jahren nicht

mehr: Sie konnten schlicht kein weiteres

Wasser aufnehmen, als sich über Deutsch-

land eine besondere Wetterlage aufbaute,

die seit Freitag Tief um Tief in den Südos-

ten der Republik saugte und dort Rekord-

niederschläge bewirkteDer Kern des Tiefdruckgebiets lag da-

bei über dem östlichen Mitteleuropa und

drehte sich, wie üblich, entgegen dem Uhr-

zeigersinn. Dadurch strömte beständig

feuchtwarme Luft aus dem Mittelmeer-

raum und dem Balkan nach Nordosten, um

von dort dann schließlich nach Deutsch-

land hinein gesteuert zu werden. Hier zu

Lande trafen diese nässegeschwängerten

Luftmassen auf kühlere Luft, die ein sehr

dauerhaftes Hoch über dem Atlantik – es

dreht sich im Uhrzeigersinn – an seinem

Rand nach Mitteleuropa lenkte. Die warme

Luft glitt auf dieses Kaltluftpaket auf, es

entstanden Wolken, und es regnete sehr er-

giebig. Zugleich stauten sich die Luftmas-sen an den Nordrändern der Mittelgebir-

ge und der Alpen, wo es schließlich auf gut

Deutsch schüttete wie aus vollen Eimern.

Nur so sind die extremen Niederschläge

der letzten 90 Stunden zu erklären, die der

DWD meldet: Auf Aschau im Chiemgau

prasselten seit dem 30. Mai mehr als 400

Liter pro Quadratmeter, auf Kreuth-Glas-

hütte in den bayerischen Alpen mehr als

370 Liter pro Quadratmeter, und in Stüt-

zengrün-Hundshübel in Sachsen waren

es immerhin noch 224 Liter pro Quadrat-

meter – diese Mengen hätten wohl selbst

halbwegs trockene Böden in ihrer Aufnah-

mekapazität völlig überfordert. Stattdes-

sen rauschte das Wasser ungebremst zu Talund in die Flüsse. Im Schnitt regnet es in

Deutschland rund 700 Liter pro Quadrat-

meter, im Chiemgau immerhin 1300 Liter

pro Quadratmeter – allerdings im gesam-

ten Jahr!

Schuld an dem Dauernass ist eine be-

sondere Wetterkonstellation, die Mittel-

europa in die Zange nimmt: Über Wo-

chen verharrte ein so genanntes Höhen-

tief über uns, das westlich und östlich zum

Ausgleich von Hochdruckrücken ankiert

wurde. Alle verharrten relativ ortstreu in

ihrer Position, weshalb nahezu bestän-

dig kühle und feuchte Luft aus Norden

nach Deutschland und in die angrenzen-

Bodennässe in Deutschland

In weien teien Dechnd wen die bö-

den eei mi We geäig, de D-

eniedechg eineze: De regen me

oeidich fießen.

DWD

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den Länder gelangte, während warme Luft-

massen weiter östlich und westlich bis in

die Arktis strömten. In der Folge war es am

Nordkap zeitweise wärmer und sonniger

als in Freiburg oder München. Eine kleine

Verschiebung dieses Kaltlufttropfens nach

Osten führte schließlich zur berüchtigten

Vb-Strömung, bei der Tiefs wie oben be-

schrieben über Adria, Balkan und Osteuro-

pa schließlich bei uns landen, wie es zum

Beispiel auch 1999 oder 2002 der Fall war.

Trägt aber der Klimawandel zur Häufung

dieser Wetterereignisse bei? Die meisten

Meteorologen dürften jedenfalls vernei-

nen, dass dieses singuläre Ereignis 2013 auf 

die Erderwärmung zurückzuführen ist –

wenngleich viele Klimaforscher zu Recht

darauf hinweisen, dass sich Extremwetter

in einem wärmeren Klima häufen. Dabei

spielt es auch keine Rolle, dass seit einigen

Jahren vorerst keine weitere Aufheizung

zu beobachten ist: Durchschnittlich wär-

mere Luft kann auch mehr Feuchtigkeit 

aufnehmen, die anschließend abregnet. 

Eine gerade Kausalkette kann man zum

jetzigen Zeitpunkt aber keinesfalls ziehen:

Vb-Wetterlagen gehören zum natürlichenZirkulationsgeschehen; der Meteorologe

Wilhelm Jacob van Bebber benannte sie

bereits 1891.

Diese Flutkatastrophe war nicht zu ver-

hindern – auch wenn dies für die betroffe-

nen Menschen kein Trost ist. Ihnen muss

von Seiten der Bundesrepublik und der

Länder nanziell und praktisch unter die

Arme gegriffen werden. Eines dürfen die

Maiuten 2013 jedoch auch nicht bewir-

ken: Sie dürfen nicht als Ausrede genutzt

werden, um den Flüssen weiteren Raum-

gewinn in der Fläche zu verweigern. Denn

das gehört weiterhin zum Schutz vor »nor-

malen« Hochwassern. <

Bach in Weingarten

ach nnhe eingewäe wen mi den

regenmen üeode nd en üe die

ue wie diee bch im dichen Weingen

(anhme im siedngeeich).

MEINUNG

    R    i    C    H    A    R    D    Z    i    N    K    E    N

SPEKTROGRAMM

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SPEKTROGRAMM

HTIKLT

FrühantikerUrsprungdesfranzösischen

Weinbausvon Jan Osterkamp

Der einbau ist nach Europa recht spät

aus dem höher entwickelten sten he-

rübergeschwappt: Erst mit den Kanaanitern

und den höniziern begann ein schwunghaf-

ter Kulturtransfer, der Völker wie die Etrus-

ker beeinusst hat. So gelangte auch ein alsenuss- und auschmittel sowie Medizin ab

dem 8. Jahrhundert allmählich in den orden.

Spätestens zwei Jahrhunderte später hatten

die Etrusker den einanbau und -handel im

orden und esten des Mittelmeerraums

dann nahezu monopolisiert. nklar war aller-

dings, ab wann andere heute berühmte ein-

regionen erstmals selbst Trauben keltertenund veredelten. Im heutigen Frankreich, be-

legen Molekulararchäologen nun anhand von

frühantiken einrückständen, begann eige-

ner einbau aber sicher schon vor mehr als

2400 Jahren.

Das Team um Joshua Henkin von der ni-

versity of ennsylvania hatte mit verschie-

Frühantike Weinpresse

Diee nike Weinee nden achäoogen in de Üeeen de Hend l

(üdich de heigen Moneie). De sein mi aüe nd ehöh, in de Nähe

nden ich unmengen von tenien nd -cheneen.

    M .    P

    y    /    L     ‘    U    N    i    T     é    D    E    F    o    U    i    L    L    E    S    E    T    D    E    R    E    C    H    E    R    C

    H    E    S    A    R    C    H     é    o    L    o    G    i    Q    U    E    S    D    E    L    A    T    T    E    S

SPEKTROGRAMM

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SPEKTROGRAMM

denen chemischen Analysemethoden ück-

stände in typisch etruskischen Amphoren

aus dem frühen 5. Jahrhundert v. Chr. unter-

sucht, die bei einer Ausgrabung des antiken

Mittelmeerhafens Lattara in Südfrankreich

ans Licht kamen. Die ntersuchungen erga-

ben typische ückstände von eingetrockne-

tem ein am oden der efäße – etwa Tar-trate, also einsäuresalze, wie man sie zum

eispiel vom einstein kennt. Zudem ver-

rieten sich auch Spuren von inienharz, mit

dem der ein in der Antike analog zum heuti-

gen etsina haltbarer gemacht wurde. Außer-

dem scheinen die einmacher verschiedene

aromatische Zusätze beigefügt haben – viel-

leicht durch eine eimengung von osmarin

oder Thymian. Aussagekräftig für die Forscher

war aber vor allem die ückstandsanalyse auf 

einer Steinpresse, die auch auf dem Ausgra-

bungsgelände entdeckt wurde. Auf dem Stein

mit Auslaufrinne aus dem ausgehenden 5.

Jahrhundert (etwa 425-400 v. Chr.) waren of-

fenbar Trauben, nicht etwa liven, gepresstworden: Die gesamte Anlage diente demnach

wohl jahrzehntelang der einproduktion und

nicht ausschließlich dem Handel mit abgefüll-

ten und importierten Amphoren.

Die Forscher stellen nun die Hypothese

auf, dass der einanbau wohl im Lauf des 5.

Jahrhunderts vor der Zeitenwende auch im

Keltengebiet des heutigen Südfrankreichs

aufgeblüht war. Im Zusammenhang damit

könnte die ründung von Massalia – des heu-

tigen Marseille – durch die westanatolischenhokäer um 600 v. Chr. stehen: Die eusied-

ler brachten womöglich eigene Kenntnisse

im einbau mit und begannen im kommen-

den Jahrhundert auch mit der roduktion ty-

pischer Amphoren, die die etruskische Impor-

tamphore ablösen sollten. Spätestens ab 525

v. Chr. sank die Menge an eingeführter Etrus-

ker-are in der egion dramatisch. Vielleichtdeshalb, so spekulieren Henkin und Co, weil

die Kelten der mgebung die phokäische E-

pertise übernommen hatten und die Etrus-

kertropfen nun mit einheimischen ewäch-

sen ersetzen konnten. <

roc atl Acad Sci 10.1073/pnas.1216126110, 2013

Antiker Weinbau

Diee eme Ve i ei eine agng

de ekichen Vci geogen woden. sie

mm üngich vom in ahen äigen

ami-Me de 6. jhhnde v..Z. nd

zeig im yichen chwzgigen si eineWein-szene mi k ehen syn

eim reenmen nd -fücken.

SPEKTROGRAMM

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SPEKTROGRAMM

ExLAETE

AufPlanetensuchebeiProximaCentauri

von Tillmann Althaus

Der rote Zwergstern roima Centauri ist

mit einem Abstand von nur 4,2 Lichtjah-

ren der uns am nächsten stehende Stern am

Firmament und Teil des Sternsystems AlphaCentauri am Südhimmel. roima könnte

laneten beherbergen, aber trotz seiner gro-

ßen ähe war bislang jede Suche nach e-

gleitern vergeblich. Dies soll sich nun mit den

ntersuchungen eines Forscherteams um

Kailash C. Sahu vom Space Telescope Science

Institute in altimore, Maryland, ändern. Die

Astronomen planen, das eltraumteleskop

Hubble zu benutzen, wenn roima im kto-

ber 2014 und Februar 2016 dicht an zwei Hin-

tergrundsternen vorbeiziehen wird.Dann beeinusst das Schwerefeld von

roima den Lichtweg der Hintergrundster-

ne, da seine Masse den aum geringfügig

krümmt und somit ihr Licht ablenkt. Dadurch

verändern sich scheinbar die ositionen der

Hintergrundsterne am Himmel, wenn roi-

ma in deren Sichtlinie gerät. Diese feinen vo-

rübergehenden nderungen lassen sich mit

dem eltraumteleskop Hubble messen. Auf 

rund ihrer großen ähe bewegt sich roi-

ma recht schnell über den Himmel und ver-schiebt ihre osition in 500 Jahren um die

reite des Vollmonds.

roima leuchtet mit einer Helligkeit von

rund 11 mag (Magnitude, die Maßeinheit für

absolute oder scheinbare Helligkeit eines

Himmelskörpers), die beiden Hintergrund-

sterne mit etwa 19 mag. Im ktober 2014

Proxima Centauri – der nächste Stern

poxim Ceni im üdichen senid Zen- i de n m nächen ehende sen

nd gehö z e de roen Zwege.

    N    A    S    A ,    E

    S    A ,    K .

    S    A    H    U

    A    N    D    J .    A    N    D    E    R    S    o    N     (    S    T    S    C    i     ) ,    H .

    B    o    N    D     (    S    T    S    C    i    A

    N    D    P    E    N    N    S    y    L    v    A    N    i    A    S    T    A    T    E    U    N    i  -

    v    E    R    S    i    T    y     ) ,    M .    D

    o    M    i    N

    i    K     (    U    N    i    v    E    R    S    i    T    y    o    F    S    T .

    A    N    D    R    E    W    S     )

SPEKTROGRAMM

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SPEKTROGRAMM

wird sich roima dem ersten von ihnen bis

auf 1,6 ogensekunden annähern (eine o-

gensekunde ist der 3600. Teil eines inkel-

grads). Dabei wird die Schwerkraft von ro-

ima bei der dichtesten Annäherung das

Licht des Hintergrundsterns nur um eine hal-be Millibogensekunde ablenken (eine Milli-

bogensekunde ist ein Tausendstel einer o-

gensekunde und entspricht dem Durchmes-

ser eines Ein-Cent-Stücks, wenn man dieses

von erlin aus in eking beobachten möch-

te). ei der zweiten assage im Februar 2016,

wenn roima bis auf eine halbe ogense-

kunde an den anderen Hintergrundstern he-rankommt, wird die Lichtablenkung sogar

1,5 Millibogensekunden betragen. Mit dem

eltraumteleskop Hubble lassen sich ositi-

onsänderungen bis zu 0,2 Millibogensekun-

den registrieren. Aus der gemessenen Lichta-

blenkung können die Astronomen die Masse

von roima Centauri sehr eakt bestimmen.

ürde der Stern zudem von einem odermehreren laneten umkreist, so würden de-

ren Schwerefelder für eine weitere feine Ab-

lenkung des Sternlichts sorgen. Sie würde

sich der Lichtablenkung durch roima über-

lagern und ließe sich somit messen. Sollte

ein möglicher egleiter besonders günstig

am Hintergrundstern vorüberziehen, so kann

Die Bewegung von Proxima Centauri am Himmel

Die eingechoene Gk gi die Eigenewegng von poxim Ceni üe die nächen zehn

jhe wiede. Die weenömigen achäge enehen dch die umewegng de Ede m

die sonne, die eine pxe vechen. Im Okoe 2014 nd im Fe 2016 wid die bhn

von poxim dich n zwei senen im Hinegnd voeiühen. bei de dicheen annäheng

wid die schwek von poxim d lich diee sene geingügig enken.

    N    A    S

    A ,

    E    S    A ,

    K .

    S    A    H    U    A    N    D    J .    A    N    D    E    R    S    o    N     (    S    T    S    C    i     ) ,    H

 .    B    o    N    D     (    S    T    S    C    i    A    N    D    P    E    N    N    S    y    L    v    A    N    i    A    S    T    A    T    E    U    N

    i    v    E    R    S    i    T    y     ) ,    M .

    D    o    M    i    N    i    K

     (    U    N

    i    v    E    R    S    i    T    y    o    F    S    T .    A

    N    D    R    E    W    S     ) ,    A    N    D    D    i    G    i    T    i    Z    E    D    S

    K    y    S    U    R    v    E    y     (    S    T    S    C    i    /    A    U    R    A    /    U    K    S    T    U    /    A    A    o     )

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SPEKTROGRAMM

seine Schwerkraft kurzzeitig wie eine ünde-

lungslinse das Licht des Hintergrundsterns

konzentrieren und ihn geringfügig aufhel-

len. Solche Mikrolinseneffekte dauern we-

nige Stunden bis hin zu wenigen Tagen. Sie

erlauben die direkte estimmung der Mas-se eines laneten. Die Methode ist sogar so

empndlich, dass sich mit ihr laneten von

Erdmasse im mlauf um roima nachwei-

sen ließen.

isherige astrometrische ntersuchun-

gen, welche die Eigenbewegung von roi-

ma Centauri am Himmel mit hoher räzisi-

on verfolgen, schließen das Vorhandenseineines laneten mit 80 rozent der Jupiter-

masse und einer mlaufdauer von weniger

als 1000 Tagen aus. Das leiche gilt für einen

laneten mit der Masse des eptuns in ei-

nem Abstand, der demjenigen der Erde von

der Sonne entspricht. Aber diese Messergeb-

nisse lassen nach wie vor noch viel Spielraum

für laneten in unserer direkten kosmischenachbarschaft; insbesondere könnte roi-

ma von Felsplaneten mit Massen ähnlich un-

serer Erde umrundet werden. Die eobach-

tungen von roima versprechen also, span-

nend zu werden. <

Astrophysical Journal, im Druck

Die Gravitationslinse von Proxima Centauri

Die schwek von poxim Ceni og ü eine geingügige ümmng de rm im n-

mieen umed de sen. Geä ein lichh in dieen gekümmen rm, o wid diee

geingügig geenk (iehe teigk oen ech). Im F de engen pgen von poxim Cen-

i n Hinegndenen vechieen ich deen poiionen chein m Himme. a diee

aweichng ä ich die Me von poxim eh exk eimmen. soe poxim von p-

neen mnde weden (nee teigk ech), o og deen schwek ü eine weiee

aenkng de lich, die ich mi deenigen dch den sen üege. a ih ä ich die

Me eine mögichen begeie eien.

    A .    F

    E    i    L    D     (    S    T    S    C    i     )

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HIFSCH

AtombombentestsbelegenZellentstehungimHirnvon Jan Dönges

Sagittalschnitt

durchs Hirn    G    A    R    P    E    N    H    o    L    M>    /

    C    C  -    B    y  -    S    A   3 .   0

SPEKTROGRAMM

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SPEKTROGRAMM

E in Leben lang reifen in unserem ehirn –

genauer gesagt: in einem Teil des Hip-

pocampus, der zentralen Schaltstelle des

edächtnisses – täglich neue ervenzellen

heran. Dass dies so sein dürfte, hatten is-senschaftler schon seit Längerem anhand

von Studien an agetieren vermutet. Den

endgültigen eleg erbrachte nun jedoch

ein Team um Kirsty Spalding vom Karolins-

ka Institutet der niversität Stockholm mit

Hilfe eines rafnierten Verfahrens, das sich

oberirdische Atomtests aus der Zeit des Kal-

ten Kriegs zu utze machte [1].Die Forscher konzentrierten sich auf 

eine egleiterscheinung der ukleartests:

das radioaktive Isotop Kohlenstoff-14, das

durch die ombenzündungen entsteht. Mit

eginn der Tests im Jahr 1955 schoss sein

ehalt in der Atmosphäre dramatisch in die

Höhe, um dann, nach Verabschiedung des

Moskauer Atomteststoppabkommens von1963, langsam wieder abzusinken.

Über die ahrung gelangen die ver-

schiedenen Kohlenstofsotope auch in den

menschlichen Körper, wo sie als auma-

terial für neue Zellen enden. So wird in je-

der Zelle das charakteristische Isotopen-

verhältnis vom Zeitpunkt ihrer Entstehung

Explosionsartiger Anstieg

Die Gk zeig deich, wie mi beginn de aome de mohäiche Geh

n oheno-14 dmich neig. Die ken zeiichen schwnkngen hen

 ez Hinochen, d ae von Zeen im Gehin z eimmen.

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SPEKTROGRAMM

dauerhaft iert, insbesondere in langlebi-

gen Molekülen der Erbsubstanz, die sich bis

zum Tod der Zelle kaum verändern.

Spalding und Kollegen sahen darin die

Chance, der Frage nach der adulten eu-rogenese, also dem achstum neuer Hirn-

zellen im Erwachsenenalter, auf den rund

zu gehen: Hätte ein 1930 geborenes Indivi-

duum beispielsweise ausschließlich niedri-

ge 14C-erte im Erbgut seiner Hirnzellen,

würde dies darauf hindeuten, dass bei ihm

nach eginn der Atomtests keine eurone

mehr entstanden sind, alle Zellen hättenstattdessen das Verhältnis von vor über 80

Jahren konserviert. Tatsächlich wies jedoch

keiner der robanden mehr die Isotopenzu-

sammensetzung aus der Zeit seiner eburt

auf. Demnach müssen also fortwährend –

selbst in hohem Alter – immer neue Hirn-

zellen entstanden sein.

Alle Daten stammten aus dem Hip-pocampusgewebe von Menschen im Al-

ter von 19 bis 92 Jahren, bei denen im ah-

men einer Autopsie roben entnommen

worden waren. Allerdings konnten die For-

scher nicht das Alter jeder einzelnen Zelle

bestimmen, sondern sie erhielten nur ein

14C-Verhältnis für die robe als anzes. Erst

ausgefeilte mathematische Modelle halfen

dem Team, sich dennoch einen eim auf die

Messergebnisse machen zu können. Dem-

nach haben Zellen im fraglichen nterbe-

reich des Hippocampus – dem yrus denta-tus – eine um den Faktor zehn verringerte

Lebensdauer im Vergleich zu anderen eu-

ronen. leichzeitig entstehen täglich rund

700 neue (entsprechend 0,004 rozent

der esamthirnzellen des yrus dentatus),

wobei die Entstehungsrate mit dem Alter

kaum abnimmt.

Der yrus dentatus stand bei Forschernschon lange im Verdacht, der zentrale rt

der eurogenese im ehirn zu sein. nter-

suchungen an Mäusen hatten dies nahe-

gelegt sowie indirekte achweisverfahren

am menschlichen Hirn. Den lang erwarte-

ten denitiven eleg habe jetzt aber erst

die Studie von Spalding und Kollegen gelie-

fert, kommentiert erd Kempermann vonder T Dresden in einem eitrag im is-

senschaftsjournal »Science« [2]. Das Team

um Spalding hatte dazu über Jahre hinweg

an den Messverfahren feilen müssen und

2005 bereits Teilergebnisse veröffentlicht,

unter anderem über die Datierung von Fett-

zellen.

Ihre aktuelle ntersuchung revidiert

frühere rößenabschätzungen: So war un-

klar, ob bei uns Menschen mehr, weniger

oder gleich viel eurone neu entstehen wie

bei der Maus. Spaldings Ergebnisse zeigen jetzt, dass es mehr sind als bei dem age-

tier.

Damit ist nun endgültig sicher, dass der

yrus dentatus eine absolute Ausnahmeer-

scheinung im ehirn darstellt: irgendwo

sonst werden nach Ende der Kindheit er-

venzellen nachgebildet. arum gerade hier

 jedoch immer wieder Zellen entstehen, istindes noch unbekannt und egenstand 

laufender Forschung. Vermutlich spielen sie

eine olle dabei, neue edächtnisinhalte zu

ieren, ohne bestehende neuronale etz-

werke zu stören. Laut Kempermann könn-

te der »ewig jugendliche« yrus dentatus

dem ehirn dabei helfen, besser auf Verän-

derungen und neuartige Erfahrungen zureagieren. <

[1] Cell 153, S. 1219-1227, 2013

[2] Science 340, S. 1181-1182, 2013

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Der Israelische Scheibenzüngler (Disco- glossus nigriventer), ein eher unschein-

barer Frosch aus den Sümpfen der Chul-

aebene in ordisrael, gehört einem für

ausgestorben gehaltenen Zweig der Frosch-

lurche an, wie Forscher um Sarig afny vom

uppin Academic Center in Israel herausge-

funden haben.

Erstmals Anfang der 1940er Jahre un-ter dem amen Discoglossus nigriventer be-

schrieben, ließ sich die Art seit 1955 nicht

mehr blicken. Damals wurden die Marsch-

und Sumpfgebiete um die Chulaebene im

Zuge einer intensiven landwirtschaftlichen

utzung bis auf kleine este trockengelegt.

Dies versetzte, wie man dachte, der ohne-

hin schon seltenen Art den Todesstoß – sokam dem Tier die traurige olle zu, als ers-

te Amphibienart von der International ni-

on for Conservation of ature 1996 für aus-

gestorben erklärt zu werden. Im Jahr 2011

dann die Überraschung: ei einer outine-

patrouille in einem aturschutzgebiet in

der Chulaebene entdeckten arkwächter ei-

nen Frosch, der sich tatsächlich als Vertreterder verschollenen Art herausstellte.

Eine nun vorgenommene Analyse sei-

nes Knochenbaus mittels Mikrotomograe

zeigte zudem: Der Frosch ist der letzte le-

bende Vertreter der bislang als ausgestor-

ben betrachteten attung Latonia, einer

vom ligozän bis zum leistozän in Euro-

pa weit verbreiteten ruppe, deren Vertre-ter mit bis zu 20 Zentimeter Länge biswei-

len stattliche rößen erreichten. Ein let-

schervorstoß in der letzten Kaltzeit führte

vermutlich zum Verschwinden der attung

aus Europa, während im ahen sten eini-

ge Arten überlebten.

Auch wenn der Israelische Scheiben-

züngler von den Tot(geglaubt)en wiederau-ferstanden ist: Er bleibt eine stark gefährde-

te Art, die im esentlichen nur noch in ei-

nem einzigen Teich vorkommt – ein Sinnbild

für das weltweite, dramatische Amphibien-

sterben. <

ature Communications 10.1038/ncomms2959

TAxMIE

FroschtrotztdemAussterben

von Georg Neulinger

FRANKGLAW,ZLGSCHESTAATSSAMMLUNGMÜNCHEN

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ETILIE

Eidechsenkönigfraßsich

durchSüdasienvon Daniel Lingenhöhl

    A    N    G    i    E    F    o    x ,

    N    E    B    R    A    S    K    A    S    T    A    T    E    M    U    S    E    U    M>    o

    F    N    A    T    U    R    A    L    H    i    S    T    o    R    y ,

    U    N    i    v    E    R    S    i    T    y    o    F    N    E    B    R    A    S    K

    A  -    L    i    N    C    o    L    N

Eidechsenkönig

Im Eozän een in südoien ieige vegeiche Eidechen, die

mi sägeieen m die Vomch im regenwd konkieen.

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H eutige Eidechsen sind eher kleine, wu-

selige Arten, die maimal 90 Zentime-

ter lang werden. un haben aläontologen

um Jason Head von der niversity of eb-

raska-Lincoln in essey Hall die Überres-

te eines riesigen Verwandten ausgegraben,der bis zu 1,8 Meter groß und knapp 30 Kilo-

gramm schwer wurde und während des Eo-

zäns vor 40 Millionen Jahren lebte. Zu Eh-

ren von Jim Morrison wurde die Spezies auf 

den amen Barbaturex morrisoni (»bärtiger

Echsenkönig«) getauft – der verstorbene

Sänger der »Doors« trug den Spitznamen

»Lizard King«, weil er in einem Lied die Zeile»I am the lizard king, I can do anything« ge-

dichtet hatte.

Auf rund ihrer Dimensionen konnte die

Eidechse damals mit größeren Säugetieren

ebenbürtig um panzliche ahrung kon-

kurrieren, während die gegenwärtig leben-

den vegetarischen Leguane oder Agamen

deutlich kleiner sind als viele ausgewachse-ne warmblütige anzenfresser. Die größ-

ten Echsen sind heute hingegen Fleisch-

fresser wie der Komodowaran und leben

vorwiegend auf Inseln, auf denen sie die

ökologische ische der Topprädatoren be-

setzen. Barbaturex morrisoni streifte jedoch

durch die tropischen egenwälder Südost-

asiens, in denen auch große anzen und

Fleisch fressende Säuger eistierten. Head

und Co hoffen daher, dass ihnen ihr Fund

neue Erkenntnisse zur Evolution und vor al-

lem zum iedergang dieser iesenechsen

vermitteln kann: islang steht in Frage, obdie eptilien wegen der warmblütigen Kon-

kurrenz schrumpften oder weil sich das Erd-

klima abkühlte, was ihnen das Leben schwe-

rer machte.

Das sehr warme und feuchte Klima des

Eozäns – ein Erdzeitalter, in dem die ole eis-

frei waren – erlaubte es den Tieren jedoch

mit Säugern nicht nur zu konkurrieren, son-dern sie auch an röße verschiedentlich zu

übertreffen. Es sei daher wahrscheinlich,

dass erst die nachfolgende Abkühlung der

Erde die schuppigen iganten unter Druck

setzte und ihren Schrumpfungsprozess ein-

leitete, so die Forscher. Die Knochen des

»Echsenkönigs« gleichen modernen Ech-

senfamilien wie artagamen oder Chamä-leons; zudem trug er eine Leiste am nter-

kiefer, an der wahrscheinlich eine Art Kinn-

lappen als »art« hing. Seine Zähne belegen,

dass er anzenkost zu sich nahm. Ausge-

graben wurde Barbaturex morrisoni bereits

in den 1970er Jahren in Myanmar, doch lag

das Fossil in den folgenden Jahrzehnten un-

beachtet in einer Schublade des niversity

of California Museum of aleontology, bis

sich Head und Co dafür interessierten. <

roc. . Soc. . 10.1098/rspb.2013.0665, 2013

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I n China haben Forscher eines der ältes-

ten und am besten erhaltenen Fossile ei-

nes frühen rimaten gefunden. Von dem 55

Millionen Jahre alten  Archicebus achilles –

benannt nach seinem auffälligen Fersen-

knochen – sind Hinterleib, liedmaßen und

Schädel weit gehend erhalten. Das Team um

xijun i von der Chinesischen Akademie derissenschaften verortet den samt Schwanz

nur etwa 25 Zentimeter langen rimaten ta-

onomisch an der asis der koboldmakiähn-

lichen Tarsiformes. Damit gehört er zu ei-

ner Schwestergruppe der Anthropoidea, die

auch den Menschen beinhaltet. Die Forscher

spekulieren, dass der gemeinsame Vorfahr

aller rimaten dem Tier ähnlich gesehen ha-ben könnte.

Das Fossil stammt aus Erdschichten nahe

der Stadt Jingzhou, die sich zu eginn des Eo-

zäns ablagerten. Zahn- und Augenform spre-

chen dafür, dass es sich bei Archicebus um ei-

nen tagaktiven Insektenfresser handelte, der

noch nicht so stark an das Leben in äumen

angepasst war wie spätere rimaten. Im Eo-zän sei die egion ein fruchtbarer tropischer

ald mit vielen Seen gewesen, sagte i. e-

deutend ist der Fund vor allem, weil er so

gut erhalten ist und nach Angaben der Ent-

decker in einigen Merkmalen eher den Men-

schenvorfahren ähnelt als den Tarsiformes.

isher waren von rimaten aus jener Epo-

che lediglich einzelne, unzusammenhängen-de Knochen bekannt. Forscher gehen davon

aus, dass sich die frühen rimaten unterein-

ander sehr ähnlich gesehen haben – deswe-

gen könnte Archicebus dem letzten gemein-

samen Vorfahr aller rimaten gleichen. <

ature 10.1038/nature12200, 2013

FSSILIE

FossilerrätKörperbaudererstenPrimaten

von Lars Fischer

 Archicebus achilles

Diee ühe pim m beginn de Eo-

zän vo ew 55 Miionen jhen. De eze

gemeinme Voh e pimen könne

ihm ähnich geehen hen.

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TITELTHEMA: EH

Fleisch–KraftspenderoderKrankmacher?von Juliette Irmer

EisenspenderundCholesterin–FleischscheintguteundschlechteSeitenzuhaben.Langsamergründen

Mediziner,wiegesundoderungesundseinKonsumtatsächlichist.

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W

ann genau unsere

Vorfahren anngen,

Fleisch zu essen, ist

unter Anthropologen

noch eine Streitfra-

ge. Immerhin: Zwei Säugetierknochen, dieeindeutige Schnitt- und Schlagspuren von

Steinwerkzeugen aufweisen, wurden auf 

3,4 Millionen Jahre datiert. Ungewiss ist

auch, wie viel Fleisch diese Urahnen aßen

und ob der Wechsel von einer rein panz-

lichen zu einer gemischten Kost mit dafür

verantwortlich war, dass unser Gehirnvolu-

men so stark zunahm. Denn unser Gehirnverbraucht enorm viel, etwa 20 Prozent der

mit der Nahrung aufgenommenen Ener-

gie, und Fleisch und Fett sind kalorienrei-

cher als Wurzeln und Früchte. Anthropolo-

gen gehen dabei von einem Synergie-Effekt

aus: Das wachsende Gehirn erlaubte eine

bessere Kommunikation und damit eine

bessere Absprache der Jagdtechniken, waswiederum zu einer besseren Nahrungsver-

sorgung führte. Für die Menschwerdung 

könnte Fleisch somit ein Schlüsselfaktor 

gewesen sein. Doch müssen Menschen im

21. Jahrhundert immer noch Fleisch essen?

Kein anderes Nahrungsmittel ist wohl so

umstritten wie Fleisch: Gemüse und Obst

gelten eindeutig als gesund, Chips und Sü-

ßigkeiten dagegen nicht – bei Fleisch je-

doch scheiden sich die Geister. Vegetari-

er verzichten oft aus moralischen, vielfach

aber auch aus gesundheitlichen Gründen

vollständig auf den Konsum von Fleisch,

An der Wursttheke

Fü viee Menchen hie z lnde gehöen

Feich nd W imme noch zm ägichen

Een. und ch wewei eig de aei

Feichwen.

    G    E    R    D    A    L    T    M    A    N    N    /    P    i    x    E    L    i    o

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während Anhänger der so genannten Pa-

läo-Diät dieses wegen Letzterem täglich

auf ihren Speiseplan setzen. Und tatsäch-

lich liefert Fleisch hochwertige, leicht be-

kömmliche Proteine sowie zahlreiche Vi-

tamine und Spurenelemente wie VitaminB12, Eisen und Zink. Andererseits zeigen zu-

mindest zahlreiche epidemiologische Stu-

dien, dass Fleischesser ihr Risiko steigern,

an Krebs, Diabetes oder einem Herzleiden

zu erkranken. Sollte man der Gesundheit

zuliebe also besser doch auf Fleisch ver-

zichten?

Feich i nich geich FeichZunächst einmal gilt es zwischen verarbei-

tetem Fleisch wie Salami und Grillwürs-

ten und unverarbeitetem, reinem Muskel-

eisch zu unterscheiden. Wer täglich mehr

als 40 Gramm Wurstwaren isst, hat nach

den Ergebnissen einer aktuellen Studie, ein

erhöhtes Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkran-kungen (HKL) oder Krebs zu sterben [1]).

Für unverarbeitetes, rotes Fleisch sowie

für Hühnereisch fand Sabine Rohrmann,

Leiterin der Abteilung Epidemiologie und

Prävention von Krebs an der Universität

Zürich, allerdings keinen solchen Zusam-

menhang. Rohrmann stützte sich für ihre

Berechnungen auf die Daten der EPIC-

Studie (European Prospective Investigati-

on into Cancer and Nutrition), die 448 568

Menschen aus zehn Ländern umfasst, die

seit 1992 beobachtet werden. Auf das glei-

che Ergebnis – Wurst schadet, Fleisch nicht –kam vor drei Jahren zudem eine Metastu-

die, in welche die Daten von mehr als einer

Million Teilnehmern einossen [2]. Ande-

re amerikanische Studien attestierten hin-

gegen auch Steak-Liebhabern ein erhöhtes

Risiko für Krebs und HKL-Erkrankungen

[3]. Das globale Forschungsnetzwerk World 

Cancer Research Fund warnt entspre-chend vor einem hohen Fleischkonsum.

»Es spricht viel dafür, dass der Zusammen-

hang auch für rotes Fleisch existiert, aber

nicht alle Studien zeigen ein einheitliches

Ergebnis«, sagt Rohrmann.

Das könnte jedoch auch an der Natur

epidemiologischer Beobachtungsstudien

liegen: Solche Studien beweisen nicht di-rekt, dass das Essen von Wurstwaren oder

Fleisch Krebs oder Diabetes auslöst, sie zei-

gen lediglich eine Korrelation zwischen

verschiedenen Faktoren und potenziellen

Folgen auf. Allerdings ist es schwierig, den

Fleischkonsum von anderen Ernährungs-

und Lebensstilfaktoren zu unterscheiden.

    F    o    T    o    L    i    A    /    C    o    N    T    R    A    S    T    W    E    R    K    S    T    A    T    T

Zu viel des Guten

Meh 60 iogmm Feich vezeh ede

Deche mieweie ähich im Dch-

chni. Ew wenige wäe ee ü eine

Gendhei nd die umwe.

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27

In der EPIC-Studie aßen die Teilnehmer,

die viel Wurst und viel rotes Fleisch zu sich

nahmen, wenig Obst, rauchten mehr, und

viele Männer tranken zudem überdurch-

schnittlich große Mengen Alkohol. Um eine

Verfälschung der Ergebnisse zu vermei-den, rechnen Forscher Faktoren wie Rau-

chen, Übergewicht und Bewegungsmangel

zwar heraus. Dennoch bleiben Unsicher-

heiten bestehen. Das zeigt auch das Ergeb-

nis einer Vegetarierstudie, die sich eben-

falls auf die Daten der EPIC-Studie stützt:

Vegetarier hätten demnach ein geringeres

Risiko, an einer Gefäßerkrankung zu ster-ben [4]. »Wir wissen allerdings nicht, ob der

letzte Schritt, der Verzicht auf das Fleisch,

eine entscheidende Rolle spielt«, sagt Hei-

ner Boeing vom Deutschen Institut für Er-

nährungsforschung in Potsdam. Denn Ve-

getarier essen nicht nur kein Fleisch, sie le-

ben generell gesünder: Sie treiben häuger

Sport, sind schlanker und rauchen seltener.

Feäen oenziee ÜeäeAls potenzielle Übeltäter machen Medizi-

ner die gesättigten Fettsäuren aus, die in

Fleisch und vor allem in Wurst reichlich

enthalten sind. Das Dogma lautet: Gesät-

tigte Fettsäuren erhöhen die Menge des

»bösen« LDL-Cholesterins (Low density

Lipoprotein). Und ein hoher LDL-Choles-

terin-Spiegel fördert die Arteriosklerose:

Blutgefäße werden durch die Einlagerung

von Cholesterin, Kalk und Bindegewebe

enger und steifer, was wiederum das Risi-ko für eine HKL-Erkrankung erhöht. »Das

ist in dieser Schlichtheit falsch«, sagt Bern-

hard Watzl, Leiter des Instituts für Physiolo-

gie und Biochemie der Ernährung am Max-

Rubner-Institut, dem Bundesforschungs-

institut für Ernährung und Lebensmittel.

»Ein hoher Cholesterinspiegel allein sagt

erst einmal wenig aus über das HKL-Er-krankungsrisiko einer Person. Es gibt Men-

schen, die genetisch bedingt einen erhöh-

ten Cholesterinspiegel haben. Sind andere

Risikofaktoren ausgeschlossen – das heißt,

ist eine Person schlank, raucht nicht und

treibt Sport –, hat sie kein nennenswert er-

höhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erlei-

den.«Auch ist heute klar, dass sich der Cho-

lesterinspiegel nicht in dem Ausmaß über

die Ernährung, also den Verzicht auf But-

ter, Käse, Wurst und Fleisch, regulieren

lässt, wie lange angenommen: »Es gibt

verschiedene Typen. Bei den einen ist der

Cholesterinspiegel über die Ernährung

nicht zu steuern, bei den anderen nur bis

zu einem gewissen Umfang«, sagt Watzl.

Mittlerweile ist selbst das Frühstücksei –

jahrzehntelang als Cholesterinbombe ver-

schrien – rehabilitiert und wird gar als Teil

einer gesunden Ernährung empfohlen [5].Das Fett-Cholesterin-Dogma bröckelt

also. Denn mittlerweile ist klar, dass man-

che gesättigten Fettsäuren nicht nur das

LDL-Cholesterin, sondern auch das »gute«

HDL-Cholesterin (High density Lipoprote-

in) erhöhen und damit das Verhältnis des

Gesamtcholesterins verbessern. Entspre-

chend viele Studien nden keinen Zusam-menhang zwischen der Einnahme gesät-

tigter Fettsäuren und der Ausbildung von

HKL-Erkrankungen [6].

Einige Wissenschaftler zweifeln daher

die schädliche Wirkung gesättigter Fett-

säuren mittlerweile an [7]. Glen Lawrence, 

Professor der Biochemie an der Long Is-

land University, schreibt in einem aktu-ellen Artikel [8]: »Gesättigte Fettsäuren

haben einen dürftigen Effekt auf das Se-

rum-Cholesterin, und es fehlt an Bewei-

sen, dass sie HKL-Erkrankungen hervor-

rufen. Da fragt man sich schon, wie diese

Fette einen derartig schlechten Ruf erlan-

gen konnten.«

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28

W chde?Bleibt die Frage, welche Bestandteile im

Fleisch dann gesundheitsschädlich sind.

Im Gespräch sind die Zubereitung von

Fleisch bei hohen Temperaturen und da-

raus resultierende schädliche chemische

Verbindungen sowie der hohe Eisengehaltvon Fleisch. Freie Eisenionen könnten die

Bildung von Sauerstoffradikalen fördern,

was womöglich die Oxidation von Fetten

auslöst – ein Mechanismus, der bei der Ent-

stehung von Arteriosklerose eine Rolle zu

spielen scheint. Wurst enthält außerdem

viel Salz (Kochsalz sowie Natrium- und Ka-

liumnitrit), um sie haltbar zu machen. Un-ter bestimmten Bedingungen können da-

raus Nitrosamine entstehen, chemische

Verbindungen, die Krebs erregend wirken.

Einen völlig neuartigen Mechanismus,

wie Fleisch die Blutgefäße schädigen könn-

te, schlagen zudem Forscher um Stanley 

Hazen von der Cleveland Clinic in Ohio 

vor [9]: Hazen und seine Kollegen hatten

schon vor zwei Jahren gezeigt, dass Patien-

ten mit HKL-Erkrankungen häug erhöh-

te Konzentrationen von Trimethylamin-

Oxid (TMAO) im Blut haben, ein Molekül,das ebenfalls in Verbindung mit Arterio-

sklerose gebracht wird. Hazen konnte nun

erstmalig zeigen, dass TMAO aus Carnitin,

einem Bestandteil in rotem Fleisch, gebil-

det wird.

Nach dem Verzehr von Fleisch stieg

der TMAO-Spiegel bei Fleischessern an.

Bei langjährigen Vegetariern, die teilwei-

se zum Fleischessen überredet worden wa-

ren beziehungsweise Carnitin-Kapseln ein-

nahmen, stieg er hingegen nicht an. Hazen

und seine Kollegen konnten zeigen, dasssich ihre Ergebnisse mit der unterschiedli-

chen Darmora von Fleischessern und Ve-

getariern erklären lassen. »Unsere Ernäh-

rungsweise beeinusst unsere Darmora.

Essen wir regelmäßig rotes Fleisch, siedeln

sich auch Bakterienarten an, die Carnitin

mögen und abbauen können«, sagt Hazen.

Wurstwaren

rohe schinken nd smi ind eh eeich –

nd dmi oenzie gendheichädich,

wenn ie in gößeen Mengen gegeen we-

den. Ode doch nich?

    F    o    T    o    L    i    A    /    T    E    S    G    R    o    T    E    S    S    i    E    R    i

All ü I

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Einige Wissenschaftler kritisieren an der

Studie allerdings, dass auch andere Nah-

rungsmittel Carnitin enthalten und wahr-

scheinlich ebenfalls zum TMAO-Spiegel im

Blut beitragen.

Der Gesundheit zuliebe muss also nie-mand Vegetarier werden. Und wer sich

an die von der Deutschen Gesellschaft

für Ernährung empfohlenen 300 bis 600

Gramm Fleisch pro Woche hält, etwa 30 Ki-

logramm pro Jahr, scheint auf der siche-

ren Seite. Denn moderate Fleischesser, die

Sport treiben und nicht rauchen, haben

eine ähnlich lange Lebenserwartung wieVegetarier [10].

Allerdings essen Deutsche durch-

schnittlich 88 Kilogramm Fleisch pro Jahr,

US-Amerikaner sogar 123 Kilogramm. Und

während der Fleischkonsum in den Indus-

trienationen auf hohem Niveau stagniert,

steigt die Nachfrage in den Schwellen-

ländern wie etwa China stark an. Laut ei-ner Prognose der Ernährungs- und Land-

wirtschaftsorganisation FAO wird sich der

Fleischkonsum bis zum Jahr 2050 auf jähr-

lich 460 Millionen Tonnen verdoppeln,

was die Versorgung ärmerer Bevölkerungs-

schichten in vielen Ländern des Südens er-

schwert und die Umwelt belastet – schließ-

lich konkurriert das Vieh mit uns um Land

und Futtermittel.

Doch auch das lässt sich vielleicht bald

umgehen, denn Mark Post, Professor für

Gefäßphysiologie an der Universität Maas-

tricht, kennt vielleicht den Ausweg aus die-sem Dilemma: Laboreisch – tierisches

Protein, das ohne Tiere, ohne Futter, ohne

Schlachthäuser hergestellt wird. Mehrere

Jahre bastelte der Physiologe am Laborbur-

ger aus Rindermuskelzellen, und noch die-

ses Jahr soll eine Frikadelle davon in Lon-

don öffentlich verspeist werden. Laut Post

schmeckt er »halbwegs gut«. <

[1] MC Medicine 11, 10.1186/1741-7015-11-63, 2013

[2] Circulation 121, S. 2271-2283, 2010

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[10] Cancer Epidemiol iomarkers rev. 14, S. 963-968,

2005

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dIgIAl-AO

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ÜEEICHT

SchwereWahrheitsndungvon Virginia Hughes

mmermehrStudienzeigen,dassÜbergewichtnichtunbedingtdasLebenerkürzenmuss.Docheinige

Gesundheitsforschersprechenliebernichtdarüber.

30

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Am späten Vormittag des 20.Februar versammelten sich

mehr als 200 Menschen in

einem Hörsaal der Harvard

School of Public Health in

Boston. Das Ziel dieser Veranstaltung be-

stand den Organisatoren zufolge darin,

endlich zu erläutern, warum eine neue

Studie über Gewicht und Mortalität abso-lut falsch war.

Die Metaanalyse von 97 Studien – mit

insgesamt 2,88 Millionen Probanden – er-

schien am 2. Januar im »Journal of the Ame-

rican Medical Association« (JAMA) [1]. Ein

Team um die Epidemiologin Katherine Fle-

gal vom National Center for Health Statis-

tics in Hyattsville, Maryland, berichtet dar-in, dass Menschen, die nach internationa-

len Standards als übergewichtig gelten, im

Vergleich zu Normalgewichtigen im glei-

chen Zeitraum ein sechs Prozent geringe-

res Sterberisiko aufwiesen.

Das Ergebnis schien den seit Jahrzehn-

ten erteilten Ratschlägen zu widerspre-

Exkive Üeezng

31

Der Body-Mass-Index

Denie Gewich in io-

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chen, selbst eine geringe Gewichtszunah-

me zu vermeiden. Es sorgte für Schlagzeilen

in den meisten großen Nachrichtenmedi-

en – und für eine ablehnende Reaktion ei-

niger Gesundheitsexperten. »Diese Stu-

die ist nichts weiter als Müll, und niemandsollte seine Zeit damit verschwenden, sie

zu lesen«, äußerte sich Walter Willett von 

der Harvard School of Public Health in ei-

nem Radiointerview. Der führende Ernäh-

rungsforscher und Epidemiologe organi-

sierte später das Harvard-Symposium, in

dem viele Kritiker der neuen Publikation

zu Wort kommen sollten. Auf diese Weisewollte er der Berichterstattung entgegen-

wirken und herausstellen, wo er und seine

Kollegen die Probleme der Studie sahen.

»Die Arbeit von Flegal war so fehlerhaft, so

irreführend und so verwirrend für so viele

Menschen. Es wäre wirklich wichtig, dach-

ten wir uns, der Sache auf den Grund zu ge-

hen«, berichtet Willett.Zahlreiche Forscher erkennen die Er-

gebnisse von Flegal jedoch an und sehen

sie als den jüngsten Beleg für etwas, das als

Adipositas-Paradoxon bekannt ist. Über-

gewicht erhöht zwar das Risiko einer Per-

son, an Diabetes, Herzkrankheiten, Krebs

und viele anderen chronischen Erkrankun-

gen zu leiden. Doch Studien deuten darauf 

hin, dass für manche Menschen – vor al-

lem solche mittleren Alters und älter oder

für bereits erkrankte – ein bisschen mehr

Gewicht nicht besonders schädlich zu sein

scheint, ja sogar hilfreich sein kann. (Werals fettleibig eingestuft wird, muss aller-

dings fast immer mit negativen Folgen für

die Gesundheit rechnen.)

Das Paradoxon entfachte zahlreiche

Diskussionen unter den Experten – ein-

schließlich einer Reihe von Reaktionen in

der Zeitschrift JAMA im April [2] – unter

anderem, weil die Epidemiologie in diesemFall komplex ist und sich Störfaktoren nur

schwer ausklammern lassen. Der kontro-

verseste Teil der Debatte betrifft aber nicht

die Wissenschaft per se, sondern wie man

darüber spricht. Gesundheitsexperten, da-

runter Willett, verbrachten Jahrzehnte da-

mit, die Risiken von Übergewicht heraus-

zustellen. Studien wie die von Flegal seiengefährlich, so Willett, denn sie könnten die

Öffentlichkeit sowie Ärzte verunsichern.

Zudem würden damit öffentliche Maßnah-

men mit dem Ziel, den steigenden Fettlei-

bigkeitsraten entgegenzuwirken, unterlau-

fen. »Es wird eine gewisse Zahl an Ärzten

geben, die einen übergewichtigen Patien-

ten aus diesem Grund nicht belehren«, sagt

er. Schlimmer noch sei, fügt er hinzu, dass

einussreiche Interessenvertretungen, wie

etwa die Softgetränke- und Nahrungsmit-

tellobbys, diese Erkenntnisse missbrau-

chen und damit politische Entscheidungs-träger beeinussen könnten.

Etliche Wissenschaftler fühlen sich aber

nicht gerade wohl dabei, Daten zu ver-

heimlichen oder zu verwerfen – insbeson-

dere Ergebnisse, die bereits in mehreren

Studien repliziert werden konnten -, nur

um eine einfachere Botschaft zu verkün-

den. »Eine einzelne Studie mag nicht un-bedingt die Wahrheit sagen, aber wenn vie-

le Studien zum selben Schluss kommen

und konsistent sind – das muss man ernst

nehmen«, sagt Samuel Klein, Arzt und Adi-

positasexperte an der Washington Univer-

sity in St. Louis, Missouri. »Wir müssen den

Daten folgen wie [Dorothy in der »Zaube-

rer von Oz«, Anm. d. Red.] der gelben Zie-gelsteinstraße, bis zur Wahrheit.«

In die ve egenDie Ansicht, dass Übergewicht das Leben

verkürze, geht zurück auf Studien der US-

Versicherungsbranche. In einem umfang-

reichen Bericht hatte man Daten von Ver-

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sicherten bei 26 Lebensversicherungsge-

sellschaften ausgewertet und kam zu dem

Ergebnis, dass Menschen, die ein paar Ki-

logramm weniger als der US-Durchschnittwogen, die niedrigste Sterblichkeitsrate

aufwiesen. Mit steigendem Gewicht stieg

dann auch die Sterblichkeit, so der einfa-

che Schluss. Infolgedessen aktualisierte

die Metropolitan Life Insurance Company

(MetLife) ihre Tabelle der »wünschenswer-

ten Gewichte« und schaffte dadurch Stan-

dards, auf die viele Ärzte in den kommen-den Jahrzehnten zurückgriffen.

In den frühen 1980er Jahren stellte Reu-

bin Andres, damals Direktor des US Natio-

nal Institute on Aging in Bethesda, Mary-

land, dieses Dogma in Frage – und machte

damit Schlagzeilen. Andres hatte versiche-

rungsmathematische Tabellen und Studi-

Weight Watching

bei de anye veichengmhemiche

teen nd sdien een Foche e,

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und de tienk diee ve – o d Ge-wich, ei dem die Moiäe m nied-

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   3   1  –   1   2   3    8     (   2   0   1   0     ) .

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en erneut analysiert und stellte fest, dass

der Zusammenhang zwischen Gewicht

und Sterblichkeit einer u-förmigen Kur-

ve folgt. Und der Tiefpunkt dieser Kurve –

also das Gewicht, bei dem die Mortalitäts-

rate am niedrigsten ist – hängt vom Al-ter ab (siehe Grak ‚Weight Watching‘). Die

von MetLife empfohlenen Gewichte seien

zwar für Menschen im mittleren Alter ge-

eignet, berechnete er, aber nicht für Perso-

nen über 50 [3]. Letzteren ging es demnach

besser, wenn sie etwas übergewichtig wa-

ren. Die ersten Anzeichen des Adipositas-

Paradoxons. Die meisten Mediziner lehn-ten Andres‘ Ideen damals rundweg ab. In

einem oft zitierten JAMA-Artikel von 1987

analysierten Willett und die Epidemiolo-

gin JoAnn Manson von der Harvard School

of Public Health beispielsweise 25 Studi-

en über den Zusammenhang von Gewicht

und Mortalität [4]. Die meisten, so das Fazit,

seien durch zwei Störfaktoren verfälscht:Rauchen und Krankheit. Raucher sind in

der Regel schlanker und sterben früher als

Nichtraucher, und viele chronisch kranke

Menschen verlieren an Gewicht. Diese Ef-

fekte könnten Schlanksein selbst als ein Ri-

siko erscheinen lassen. 1995 untermauer-

ten Manson und Willett ihre These durch

eine Langzeitstudie: Darin verfolgte man

die Gesundheit von mehr als 115 000 Kran-

kenschwestern und ermittelte gleichzeitig

deren Body-Mass-Index (BMI) – deniert

als Gewicht in Kilogramm dividiert durch

die Körpergröße in Metern zum Quadrat[5]. Schlossen die Forscher nun alle Frauen

aus, die jemals geraucht hatten, sowie dieje-

nigen, die während der ersten vier Jahre der

Studie verstarben (in der Annahme, dass

diese Frauen eventuell unter krankheitsbe-

dingtem Gewichtsverlust litten), fanden sie

einen linearen Zusammenhang zwischen

BMI und Sterblichkeit. Die geringste Mor-talität lag demnach bei einem BMI unter

19 (das entspricht rund 50 Kilogramm für

eine 1,63 Meter große Frau).

»Es schien biologisch nicht plausibel zu

sein, dass Übergewicht und Fettleibigkeit ei-

nerseits das Risiko von lebensbedrohlichen

Erkrankungen erhöhen und andererseits

zu einer niedrigeren Sterberate führen«, er-klärt Manson. Die Studie belege, dass diese

Hypothese »mehr Artefakt als Fakt war«.

Etwa zur gleichen Zeit wurde die Welt

auf die Fettleibigkeit aufmerksam. Seit

1980 schossen die Fälle von Übergewicht

und Fettleibigkeit in die Höhe [6-8], und

1997 hielt die Weltgesundheitsorganisation

(WHO) in Genf ihre erste Konferenz zum

Thema ab. Auf dem Treffen legte man neue

Kriterien für »normales Gewicht« (BMI von

18,5 bis 24,9), »Übergewicht« (BMI von 25 bis

29,9) und »Fettleibigkeit« (BMI von 30 oder

höher) fest. 1998 passten die Centers for Di-sease Control and Prevention (CDC) in den

USA ihre BMI-Grenzen an die WHO-Klassi-

kation an. »Wir nannten [Adipositas] die

Cinderella der Risikofaktoren, denn nie-

mand schenkte ihr Aufmerksamkeit«, erin-

nert sich Francisco Lopez-Jimenez, Kardio-

loge an der Mayo Clinic in Rochester, Min-

nesota. Das hat sich inzwischen geändert.

siiche rüzegZusammen mit anderen ließ Flegal erstmals

die Alarmglocken läuten. Im Statistikzent-

rum des CDC hatte sie Zugriff auf Daten aus

dem National Health and Nutrition Exami-

nation Survey (NHANES). Seit den 1960er

Jahren erfasste die Behörde in dieser statis-tischen Erhebung den Gesundheitszustand

von rund 5000 Personen pro Jahr anhand

von Gesprächen sowie ärztlichen Untersu-

chungen. Flegal und ihre Kollegen konnten

mit Hilfe dieser Daten zeigen, dass der An-

teil an Übergewichtigen und Fettleibigen in

den Vereinigten Staaten zunahm [6,7].

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2005 bestätigte Flegal auf Basis der NHA-

NES-Daten die u-förmige Mortalitätskur-

ve von Andres: Übergewichtige, aber nicht

fettleibige Menschen, so ergab ihre Analy-

se, besaßen eine niedrigere Sterblichkeits-

rate als die normalgewichtigen. Dieses Mus-

ter ließ sich sogar noch beobachten, wenn

die Personen nie geraucht hatten [9]. Die

Studie ging durch die Presse, sagt Willett,

schließlich arbeitet sie für die CDC, und das

Ergebnis schien wie ein Freifahrschein für

eine Gewichtszunahme. »Viele Leute inter-

pretierten dies als ofzielle Haltung der US-

Regierung«, berichtet er. Genau wie sie es

Anfang dieses Jahres taten, kritisierten Wil-

lett und seine Kollegen damals die Arbeit

und organisierten ein öffentliches Sympo-

sium, um darüber zu diskutieren. Der aka-

demische Wirbel brachte der Studie negati-

ve Presse ein. »Ich war von diesen lautstar-ken Angriffen auf unsere Arbeit ziemlich

überrascht«, so Flegal. Die Forscherin kon-

zentriert sich lieber auf die Feinheiten epi-

demiologischer Zahlenspiele als auf die po-

litischen Implikationen der resultierenden

Statistik. »Insbesondere anfangs gab es vie-

le Missverständnisse und Verwirrung über

unsere Ergebnisse. Diese aufzuklären, warzeitaufwändig und etwas schwierig.«

Im Lauf der nächsten Jahre stießen an-

dere Forscher auf die gleiche Entwicklung.

Deshalb beschloss Flegal, die Anfang 2013

veröffentlichte Metaanalyse durchzufüh-

ren [1]. »Wir hatten das Gefühl, es sei nun

an der Zeit, all dieses Material zusammen-

zutragen«, sagt sie. »Wir verstehen viel-leicht nicht, was das alles bedeutet, aber so

ist nun einmal die Situation.« Ihre Analy-

se umfasste alle prospektiven Studien, in

denen Forscher die Gesamtsterblichkeit in

Abhängigkeit vom BMI ermittelten – insge-

samt 97 Studien. Um den Einuss von Rau-

chen, Alter und Geschlecht zu berücksich-

Paradoxon?

Üegewichig nd gend.

    i    S    T    o    C    K    /    L    U    i    S    A    L    v    A    R    E    Z

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tigen, wurden in allen Studien übliche sta-

tistische Korrekturen eingesetzt. Als Flegal

und ihr Team die Daten von allen erwachse-

nen Altersgruppen miteinander verknüpf-

ten, zeigten übergewichtige Menschen mit

einem BMI zwischen 25 und 29,9 die nied-rigsten Sterblichkeitsraten.

Der gewählte Ansatz gleiche den durch

Alter, Krankheit und Rauchen bedingten

Gewichtsverlust jedoch nicht vollständig

aus, moniert die Harvard-Gruppe. Dem-

nach würde der Effekt in den jüngeren Al-

tersgruppen verschwinden, wenn Flegal

diese separat betrachtet hätte. Zudem sei-en nicht alle Raucher gleich stark gefährdet

– beispielsweise sind starke Raucher in der

Regel schlanker als solche, die nur gelegent-

lich zur Zigarette greifen. Also sollte man

sich idealerweise auf Personen konzentrie-

ren, die noch nie geraucht haben, und so

das Rauchen als Störfaktor ausschalten. Wil-

lett weist auf eine seiner im Jahr 2010 ver-öffentlichten Studien [10] hin, in der er und

seine Kollegen die Daten von 1,46 Millionen

Personen auswerteten. Bei Menschen, die

nie geraucht haben, tritt demnach die nied-

rigste Mortalität im »normalen« BMI-Be-

reich von 20 bis 25 auf. Da die Studie nicht

auf die Standard-BMI-Kategorien zurück-

greift, bezog Flegal diese allerdings nicht in

ihre Analyse ein.

Die Forscherin sieht die Studie kritisch,

denn Willett rangierte einen Großteil des

Rohdatensatzes einfach aus: insgesamt fast

900 000 Personen. »Nachdem man eine sogroße Zahl – und sie ist wirklich groß – ver-

wirft, bleibt unklar, wie sich die Personen in

der Stichprobe, die nie geraucht haben, von

den anderen unterscheiden«, erläutert Fle-

gal. Sie könnten beispielsweise reicher oder

gebildeter sein. Zudem stütze sich die Stu-

die auf von Teilnehmern selbst angegebene

Größen und Gewichte anstatt auf objektiveMessungen. »Das ist ein großes Problem«,

so Flegal, denn die Leute neigen dazu, ihr

Gewicht zu unterschätzen. Dies könnte das

Todesfallrisiko erhöhen, etwa wenn adipöse

und damit stark gefährdete Personen ange-

ben, dass sie lediglich Übergewicht hätten.

Gende bnceViele Fettleibigkeitsexperten und Biostatis-

tiker erheben Einwände gegen den rauen

Ton der Äußerungen Willetts über die Ar-

beit von Flegal. Ihnen zufolge haben sowohl

Willetts als auch Flegals Studie eine Berech-

tigung – die beiden verfahren mit den Da-

ten einfach nur auf unterschiedliche Weise.

Zudem unterstützten inzwischen genügend

Studien das Adipositas-Paradoxon, um es

ernst zu nehmen. »Es ist schwer, sich über

Daten zu streiten«, sagt Robert Eckel von der 

University of Colorado in Denver. »Wir sind

Wissenschaftler. Wir schauen aufmerksamauf die Daten und versuchen nicht, sie zu

verschleiern«, so der Endokrinologe.

Man will die Ursache für das Paradoxon

aufklären. Eine Spur führt zu der wach-

senden Anzahl an Studien im vergange-

nen Jahrzehnt, die allesamt zeigen, dass bei

Menschen mit schweren Krankheiten – wie

Herzleiden, Lungenemphysemen und Typ-2-Diabetes – die übergewichtigen Personen

die niedrigsten Sterblichkeitsraten aufwei-

sen. Übergewichtige Menschen besitzen

mehr Energiereserven, um die Krankheit

abzuwehren, so eine gängige Erklärung.

Das erinnere ihn an die Kandidaten der TV-

Show »Survivor«, sagt der Kardiologe Gregg 

Fonarow von der University of California in Los Angeles: »Sehr dünne Teilnehmer sind

häug nicht so erfolgreich.«

Stoffwechselreserven könnten auch im

fortgeschrittenen Alter entscheidend sein.

»Überleben bedeutet, ständig Risiken aus-

zugleichen«, sagt Stefan Anker von der Cha-

rité in Berlin. »Für junge und gesunde Per-

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sonen ist Fettleibigkeit relevant, die in 15

oder 20 Jahren für Probleme sorgt«, so der

Kardiologe. Mit zunehmendem Alter ver-

schiebt sich die Balance aber vielleicht zu

Gunsten von Übergewicht.

Genetische und Stoffwechselfaktorenkönnen ebenfalls von Belang sein, wie eine

Studie von Mercedes Carnethon von der 

Northwestern University in Chicago aus

dem vergangenen Jahr zeigt. Demnach ster-

ben Erwachsene, die mit Normalgewicht ei-

nen Typ-2-Diabetes entwickeln, doppelt so

häug in einem bestimmten Zeitraum wie

solche, die übergewichtig oder fettleibigsind [11]. Dieses Resultat geht wahrschein-

lich auf eine Teilmenge der Personen zu-

rück, so Carnethon, die zwar dünn, aber

»metabolisch fettleibig« sind: Ihr Blut weist

hohe Konzentrationen von Insulin und Tri-

glyceriden auf, was zu einem höheren Risi-

ko für die Entwicklung von Diabetes und

Herzerkrankungen führt.All dies lässt den BMI nur als grobes Maß

dafür erscheinen, die Gesundheit eines Ein-

zelnen zu beurteilen. Was wirklich zähle, so

einige Forscher, sei die Verteilung des Fett-

gewebes am Körper, wobei überschüssi-

ges Bauchfett am gefährlichsten sei; ande-

re wiederum meinen, dass die Belastbarkeit

von Herz und Kreislauf über die Mortali-

tät entscheidet – unabhängig von BMI oder

Bauchfett. »Der BMI stellt für jeden nur ei-

nen ersten Schritt dar«, sagt Steven Heyms-

eld vom Pennington Biological Research 

Center in Baton Rouge, Louisiana. »Wennman dann den Taillenumfang, Bluttests

und andere Risikofaktoren hinzufügt, wäre

ein vollständigeres Bild auf individueller

Ebene machbar.«

Angenommen die Studien zum Adipo-

sitas-Paradoxon sind korrekt, wie vermit-

telt man dann ihre feinen Unterschiede?

Zu viel Gewicht, in Form von Übergewicht,ist eindeutig schlecht für die Gesundheit,

und die meisten jungen Leute sollten sich

besser schlank halten. Aber das ändert sich

vielleicht, wenn sie altern und Krankhei-

ten entwickeln. Einige Gesundheitsexper-

ten befürchten jedoch, dass Menschen die-

se Botschaft als Lizenz für eine Gewichts-

zunahme auslegen. Zudem könnten dieStudien zum Adipositas-Paradoxon das Ver-

trauen der Leute in die Wissenschaft schwä-

chen, sorgt sich Willett. »Man hört die Leu-

te so oft sagen: ‚Ich lese etwas, und ein paar

Monate später höre ich das Gegenteil. Die

Wissenschaftler wissen auch nicht, was sie

wollen.‘ Das nutzen die Hersteller von Soft-

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drinks immer wieder aus – im Fall von Fett-

leibigkeit – oder die Ölindustrie, im Fall derglobalen Erwärmung.«

Eine Gewichtszunahme von vornhe-

rein zu verhindern, so Willett, müsse das

primäre Ziel des Gesundheitswesens sein.

»Wenn man erst übergewichtig ist, fällt es

sehr schwer, wieder abzunehmen. Das ist

wohl die gravierendste Folge der Botschaft,

Übergewicht wäre kein Problem. Wir wol-len die Leute motivieren, erst gar nicht in

diese Situation zu kommen.« Kamyar Ka-

lantar-Zadeh von der University of Cali-

fornia in Irvine ndet hingegen, man sol-

le auch feine Details über Gewicht und Ge-

sundheit nicht verheimlichen. »Wir sind

verpichtet, auf die ganze Wahrheit hin-

zuweisen«, so der Nephrologe.Die Reaktion der Öffentlichkeit auf ihre

Ergebnisse sei nicht ihr Hauptanliegen,

sagt Flegal. »Ich arbeite bei einer Bundes-

behörde für Statistik. Unsere Aufgabe ist

es nicht, Politik zu machen, sondern ge-

naue Informationen für politische Ent-

scheidungsträger und andere interessierte

Menschen bereitzustellen.« Ihren Daten,

so sagt sie, »sollen keine Botschaft haben«.<

Der Artikel erschien unter dem Titel »The big fattruth« am 22. Mai in »ature«.

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bal trends in body-mass inde since 1980: systematic

analysis of health eamination surveys and epidemi-

ological studies with 960 country-years and 9·1 milli-

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[9] Flegal, K.M. et al.: Ecess Deaths Associated ith

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rican Medical Association 308, S. 2080-2081, 2012.

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KSTA

RäuberundGendarmvon Hakan Baykal

vorzehnJahrenwurdedasrakische

NationalmuseuminBagdadausgeplündert.ZahlreicheExponatebliebenbisheuteerschwunden.

39

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Die Bilder sind unvergessen:

Umgestürzte und enthaup-

tete antike Statuen auf den

Gängen der Ausstellungs-räume, zerschlagene, aus-

geräumte Schaukästen, verwüstete Büros

und Archive, ein verzweifelter Museums-

mitarbeiter ist zu Boden gesunken, hat sei-

ne Stirn in die Hände gestützt. Tags zuvor,

am 10. April 2003, hatten die US-Truppen

die Schlacht um Bagdad endgültig für sich

entschieden und die Stadt unter ihre Kon-

trolle gebracht. Nun machten sich Plünde-

rer in einem beispiellosen Sturm über das

Irakische Nationalmuseum und seine un-vergleichliche Sammlung her.

Entgegen früher Warnungen von Wis-

senschaftlern aus aller Welt hatten die sieg-

reichen Amerikaner keine Schutzmaßnah-

men für das Museum vorbereitet. Eigent-

lich hatten sie so gut wie überhaupt keine

Vorkehrungen für den Tag des Siegs getrof-

Irakisches Nationalmuseum

D Ikiche Nionmem w im ai

2003 nch de schch m bgdd geünde

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ng, w ihnen in die Hände e.

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fen: Lediglich das Ölministerium wurde

von amerikanischen Soldaten abgeriegelt.

Andere Ministerien blieben ungesichertund wurden ebenso von aufgebrachten

Bürgern gestürmt wie Saddam Husseins

Paläste, Krankenhäuser, Amtsgebäude und

Niederlassungen der verhassten Baath-

Partei des gestürzten Diktators – und eben

das Nationalmuseum. Hunderte Plünde-

rer drangen in das ehrwürdige Gebäude

ein, verwüsteten die Büros der Verwaltung,raubten aus der einzigartigen Sammlung,

was ihnen in die Hände el.

Nicht nur die akademische Welt war ent-

setzt: Ein Großteil des kulturellen Erbes des

Irak, also Mesopotamiens und damit der

gesamten Menschheit, schien verloren. Pi-

otr Michalowski, Althistoriker an der Uni-

versität Michigan, meinte, es geschehe eine

Katastrophe, »als ob die Ufzien, der Louv-

re oder alle Museen von Washington auf ei-nen Schlag ausgelöscht« würden. Der bri-

tische Archäologe Trevor Watkins verglich

die Plünderungen mit dem verheerenden

Feuer, dem die antike Bibliothek von Ale-

xandria zum Opfer el. Andere sprachen

gar von »kulturellem Genozid« oder fühl-

ten sich an den Mongolensturm von 1258

erinnert. Die drastischen Worte schienen

durchaus angebracht. Nicht weniger als

170 000 Exponate, so hieß es in ersten Mel-dungen, seien in zwei, drei chaotischen Ta-

gen nach der Schlacht um Bagdad geraubt

worden. Bei der Zahl handelte es sich aller-

dings um ein Missverständnis. Das Iraki-

sche Nationalmuseum hat nämlich seinen

Bestand von rund einer halben Million Ob-

jekten unter 170 000 Inventarnummern

Die »Mona Lisa Mesopotamiens«

Die 5000 jhe e Wk-Mke zäh z den

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registriert. Der größte Teil der Exponate

war aber bereits lange vor der Schlacht in

Sicherheit gebracht worden. Dennoch ist

der tatsächliche Schaden schlimm genug –

und kaum zu beziffern. Matthew Bogda-

nos, der noch im Jahr 2003 im Auftrag derUS-Streitkräfte die Leitung der Ermittlun-

gen in diesem Fall übernahm, schätzte die

Zahl der tatsächlich geraubten Expona-

te zwar recht moderat auf bis zu 15 000.

Michael Müller-Karpe, Archäologe am Rö-

misch-Germanischen Zentralmuseum in

Mainz, meint jedoch, dass man bis heu-

te noch längst keinen Überblick hat, was

genau fehlt. »Dazu muss erst einmal In-

ventur gemacht werden«, sagt der promi-

nente Aktivist gegen Kunstraub und Anti-

kenschmuggel, »und das kann Jahrzehnte

dauern.« Zu unübersichtlich sind die In-ventarbücher im DIN-A2-Format, so dass

sich bis heute noch keiner einen exakten

Überblick verschaffen konnte, was genau

fehlt.

Alle Fachleute stimmen jedoch darin

überein, dass wohl erst ein Bruchteil der da-

mals geraubten Exponate wiederentdeckt

Sumerische Rollsiegel

smeiche roiege wden in goßem si

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und dem Museum übergeben werden

konnten. Aber immerhin: Das eine oder

andere wertvolle Artefakt fand sich im Ge-

päck von Armeeangehörigen oder Diplo-

maten. Mancher Bagdader Bürger, der imChaos nach der Schlacht zum Plünderer ge-

worden war, gab ermutigt durch eine Am-

nestie die geraubten Schätze freiwillig zu-

rück. Ebenso jene Anwohner, die während

der Plünderungen eingeschritten waren

und Exponate in Sicherheit gebracht hat-

ten, um sie später wieder dem Museum zu

übergeben. So fanden etwa wertvolle Stü-cke wie die so genannte Dame von Warka

(Uruk), eine rund 5000 Jahre alte Alabas-

termaske, sowie zahlreiche Keilschrifttäfel-

chen wieder zu ihrem rechtmäßigen Besit-

zer, dem Nationalmuseum.

In jenem April 2003 hatten aber bei

Weitem nicht nur Gelegenheitsdiebe zu-

geschlagen. Den größten Schaden richte-ten professionelle Banden an, die sich die

teuersten Stücke aussuchten und weg-

schafften – sowie eine dritte Gruppe von

Plünderern, die der Sonderermittler Bog-

danos »Insider« nennt. Der Raub der kom-

pletten Rollsiegelsammlung des Muse-

ums war offenbar solch ein Insiderjob. Die

Kollektion befand sich in einer Kiste im

hintersten Winkel des Depots und wurde

von den Räubern ganz gezielt ausgesucht.

Hatten die Diebe doch alle anderen Kisten

im Magazin ignoriert und nur jene mitge-nommen, in der sich die rund 5000 Sie-

gel befanden. Müller-Karpe, der von 1976

bis 2003 immer wieder am Bagdader Mu-

seum arbeitete, glaubt indes nicht, dass es

sich bei den Insidern um Museumsmitar-

beiter gehandelt hat. Allzu viele Personen

von außerhalb des Hauses hätten schon

vor den Plünderungen Zugang zu allzuvielen Räumen des Museums gehabt. So

seien etwa bis kurz vor dem Krieg Mitar-

beiter einer Baurma mit Renovierungs-

arbeiten im Bereich des Depots beschäf-

tigt gewesen.

Wer auch immer die Sammlung in sei-

nen Besitz gebracht hat, dürfte bis auf Wei-

teres ausgesorgt haben. Vorausgesetzt na-türlich, der oder die Täter konnten die Stü-

cke auch veräußern. Zwar gehen diese bis

zu 5000 Jahre alten Rollsiegel mitunter

schon für umgerechnet nur 40 Euro über

den Ladentisch – oder darunter durch -,

vor ein paar Jahren aber wechselte ein sol-

ches Artefakt für 500 000 Dollar den Be-

sitzer, ein anderes für 130 000. Mit ande-

ren Objekten aus Mesopotamien lassen

sich weit höhere Einkünfte erzielen. Im

Dezember 2007 etwa zahlte ein Sammler

57 Millionen Dollar für eine nur acht Zen-timeter große Löwenstatuette.

Geschäfte dieser Art können öffentlich

und unbehelligt abgewickelt werden, wenn

es sich um antike Stücke handelt, die be-

reits vor 1990 aus dem Irak geschafft wur-

den. Denn nach dem Krieg von 2003, der

Plünderung des Nationalmuseums und

der immensen Zunahme von Raubgra-bungen im Land drängte eine derart gro-

ße Menge an irakischen Antiquitäten auf 

den internationalen Markt, dass der Ge-

setzgeber sich genötigt sah zu reagieren.

Zwar ist der Handel mit irakischen Antiken

ohne Exportdokumenten seit einem Ex-

portverbot von 1869 untersagt, doch »erst

seit zehn Jahren haben wir in der EU end-lich ein explizites Handelsverbot für iraki-

sche Antiken«, sagt Müller-Karpe. Dessen

ungeachtet gedeiht der Markt: Fachleute

der Vereinten Nationen schätzen, dass die

jährlichen Gewinne aus dem Schwarzhan-

del mit Antiken längst jene aus dem ille-

galen Waffenhandel (rund 100 Millionen

All WA I

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Dollar) überügelt haben und nur noch

von jenen im Drogengeschäft (etwa 170

Millionen) übertroffen werden.

Dass sich arme Schlucker wie irakische

Bauern bei derartigen Dimensionen trotzaller Risiken zu Plünderungen oder Raub-

grabungen hinreißen lassen, ist nachvoll-

ziehbar. Die wahren Gewinne aber ma-

chen immer noch die großen Händler in

den reichen Metropolen der westlichen

Welt. Zudem setzen sie sich dabei einem

weit geringeren Risiko aus als die einfa-

chen Räuber vor Ort. Die weltweite Fahn-dung nach irakischen (und auch anderen)

Antiken führt nämlich allzu selten zu Er-

gebnissen. Auf einer Liste von Interpol

werden etwa 2500 Objekte aus dem Irak

gelistet, dabei fehlen allein aus dem Nati-

onalmuseum rund doppelt so viele Roll-

siegel. »Insgesamt sind aber sicher meh-

rere hunderttausend Objekte aus demIrak verschwunden«, sagt Michael Müller-

Karpe. Die Interpol-Liste sei gut gemeint,

nütze aber nicht wirklich: »Antikenhänd-

ler können getrost Stücke an- und verkau-

fen, die hier nicht aufgelistet sind.« So

würde aus einem Ansatz zur Fahndung

nach Raubgut ein Instrument zur Rein-

waschung der Händler. Ganz wie im Kin-

derspiel haben auch im wahren Leben die

Räuber einen Vorteil vor den Gendarmen –

und diesen nutzen sie.

Dem Museum selbst geht es unter-dessen auch nicht wirklich gut. Es wurde

zwar im Februar 2009 von Premierminis-

ter Nuri al-Maliki für internationale Gäs-

te einen Tag lang geöffnet, blieb aber da-

von abgesehen bis heute geschlossen.

An allen Ecken und Enden fehlt es an al-

lem. Die Antikenbehörde verfügt über

viel zu wenig Geld, um auch nur das völ-lig veraltete Sicherheitssystem, ja die ge-

samte Elektronik des Gebäudes in Stand

zu setzen, geschweige denn auf den neu-

esten Stand der Technik zu bringen.

Auch die Aufräum- und Renovierungs-

arbeiten gehen trotz ausländischer Hil-

fe – Deutschland lieferte etwa Archiv-

schränke und beteiligt sich zudem ander Ausbildung irakischer Archäologen –

nur sehr schleppend voran. Am schwers-

ten aber wiegt, dass zahlreiche, auch be-

sonders wertvolle Objekte noch immer

unaufndbar sind – verschollen auf dem

Schwarzmarkt für Antiken oder in den

Tresoren reicher Sammler. <

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QATECMTE

BlickindieWundertütevon Robert Gast

DieFirmaD-WaeSystemswillden»erstenkommerziellenQuantencomputer«gebauthaben.Grundlagenforscherbleibendennochskeptisch.NunhabenexterneExpertendasSystemgetestet.

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E

igentlich könnte sich Scott Aa-

ronson zurücklehnen. Mit 32

Jahren hat der Amerikaner eine

lebenslange Anstellung als Pro-

fessor am renommierten Mas-

sachusetts Institute of Technology (MIT)ergattert. Kollegen bezeichnen ihn als

»Wunderkind«, und vor Kurzem ist Aaron-

son Vater geworden. Wäre da nicht diese

Sache, die den Informatiker nicht loslässt,

die ihn immer wieder zu hitzigen Einträ-

gen in seinem Blog nötigt. Ein kanadisches

Unternehmen namens D-Wave Systems

behauptet, es habe den »ersten kommerzi-ellen Quantencomputer« der Welt gebaut.

Für Aaronson und viele seiner Kolle-

gen ist das eine sehr gewagte Behauptung.

Seit über 15 Jahren versuchen Dutzende

Forschergruppen einen Rechner zu entwi-

ckeln, der dank der Prinzipien der Quan-

tenmechanik spezielle Aufgaben schnel-

ler lösen könnte als herkömmliche Com-puter. Die bisherigen Bemühungen setzen

auf Arrangements von Ionen oder Atomen,

die mit Lasern und elektrischen Feldern im

Hochvakuum gefangen und gezielt mani-

puliert werden. Auch mit Photonen, Supra-

leitern und so genannten Quantenpunkten

in Festkörpern experimentieren Forscher

seit Längerem. Weil Elementarteilchen

und Atome mehrere Zustände gleichzei-

tig einnehmen können, kann ein Quanten-

computer aus mehreren solcher Quanten-

bits (»Qubits«) in einigen speziellen Al-gorithmen theoretisch weit mehr Werte

verarbeiten als ein herkömmlicher Com-

puter mit gleicher Bitzahl. Allerdings sind

alle Ansätze für einen Quantencomputer

noch weit von einer Maschine entfernt, die

mehr als einfachste Rechenoperationen

außerhalb einer mühsam hergestellten La-

borumgebung durchführen kann. Bisheri-

ge Höhepunkte der Grundlagenforschung:

14 Kalziumionen für kurze Zeit miteinan-

Der 128-Qubit-Chip von D-Wave

O de Chi de Fim D-Wve syem äch-

ich wie ngegeen 128 Qi vechänken

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der zu verschränken [1] und mit einem La-

borquantencomputer aus wenigen solcher

»Qubits« die Zahl 21 in ihre Faktoren 7 und

3 zu zerlegen [2].

So scheint die Maschine von D-Wave

aus der Zukunft zu kommen, auf den ers-ten Blick zumindest. In der neusten Versi-

on sollen sagenhafte 512 Qubits rechnen,

die in Form supraleitender Drahtschleifen

auf einen drei Millimeter großen Mikro-

chip gepresst wurden. Ein riesiger schwar-

zer Kasten schirmt den -273 Grad Celsi-

us kalten Chip von Umwelteinüssen ab.

Die Richtung, in der der Strom in einer derSchlaufen kreist, entspricht dabei den Bi-

närwerten 0 respektive 1. Jüngst konnte D-

Wave einen der elefantengroßen Rechen-

kästen für zehn Millionen US-Dollar an

Google und die NASA verkaufen. Die Un-

ternehmen wollen ihn im kalifornischen

Ames Research Center testen. Vor zwei Jah-

ren war bereits der Rüstungskonzern Lock-heed Martin bei D-Wave Systems eingestie-

gen sowie der Amazon-Gründer Jeff Bezos

und der Technologieinvestor In-Q-Tel, wel-

cher der CIA zugeordnet wird.

Seit Langem diskutiert die Fachwelt hef-

tig: Könnte D-Waves Chip den Durchbruch

in einem Forschungsgebiet bringen, das

sonst vielleicht nie den Sprung aus dem

Labor geschafft hätte? Oder handelt es sich

bei dem »Quantencomputer« von D-Wave

um einen Etikettenschwindel? Scott Aa-

ronson, der am MIT die Möglichkeiten und

Grenzen des Quantencomputers erforscht,

stand der vermeintlichen Wundermaschi-

ne von Anfang an misstrauisch gegenüber,

wie viele andere Grundlagenforscher auch.

Schnell erklärte sich Aaronson in seinem

Blog zum »Chefskeptiker« von D-Wave.

Die Maschine sei so hilfreich bei Optimie-

rungsproblemen aus der Industrie »wie

ein Roastbeefsandwich«, ätze er im Febru-

ar 2007.

ühe rechneDa hatte D-Wave gerade seinen Prototypen

mit 16 vermeintlichen Qubits vorgestellt

und verkündet, dieser könne sämtliche

NP-vollständigen Probleme lösen. Dabei

handelt es sich um eine Klasse von Aufga-

ben, die auf klassischen Computern nur

unter sehr großem zeitlichem Aufwand

berechenbar sind. Ein Beispiel ist etwa das

»Problem des Handlungsreisenden«, bei

dem eine Reihe von Städten so bereist wer-

den muss, dass die Gesamtstrecke mög-

lichst kurz ist.2011 veröffentlichten die Industriefor-

scher von D-Wave schließlich einen Aufsatz

in »Nature«, in dem sie die Funktionsweise

ihres Computers skizzierten [3]. Der Rech-

ner von D-Wave kann demnach den kleins-

ten Wert in einem Optimierungsproblem

nden, mathematisch entspricht das der

Lösung des so genannten Hamilton-Ope-

rators eines quantenmechanischen Sys-

tems. Die D-Wave-Maschine münzt diesesRechenproblem in einen physischen Hin-

dernislauf um: Die einzelnen Schleifen auf 

dem Chip werden in eine Konguration ge-

bracht, die einer binären Formulierung des

Hamilton-Operators entspricht. Die Tem-

peratur des Chips wird bis auf 20 Milli-

kelvin gesenkt, die elektrischen Ströme in

Ode hnde e ich ei dem »Qnencome«von D-Wve m einen Eikeenchwinde?

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den ultrakalten Schleifen verlagern sich

daraufhin nach kurzer Zeit so, dass das Ge-

samtsystem den Zustand minimaler Ener-

gie einnimmt. So ähnlich machen es die

Atome in geschmolzenem Glas, wenn man

die Schmelze langsam abgekühlt.

Im D-Wave-Computer wird die opti-

male Anordnung der Schleifenqubits von

der Elektronik interpretiert und ausgele-

sen. Die Maschine spuckt daraufhin die

optimale Lösung der Hamilton-Gleichung

aus. Physiker bezeichnen das als »adiaba-

tisches« Rechnen. Gegenüber anderen An-

sätzen für einen Quantencomputer hat eseinen großen Vorteil. Denn Letztere müs-

sen mit einer Reihe maßgeschneiderter

Befehle gesteuert werden, was etwa im Fall

von Ionen über sehr genaue Mikrowellen-

pulse geschieht. Sie teilen dem System aus

gekoppelten Qubits mit, welche logische

Operation es durchführen soll.

Anders im D-Wave-Computer: »In dasKryostat müssen keine Mikrowellen ein-

gefüttert werden«, sagt der Quantenphy-

siker Frank Wilhelm-Mauch von der Uni-

versität des Saarlandes, der während ei-

nes Forschungsaufenthalts in Kanada den

D-Wave-Computer besichtigt hat. Der D-

Wave-Chip kann die Wechselwirkung zwi-

schen den einzelnen Qubits über Elektro-

nik zwischen den supraleitenden Schlei-

fen steuern. Damit ließe sich ein System

viel leichter auf größere Qubitzahlen auf-

stocken, da es das Problem der schwieri-

gen Steuerung von außen nicht habe, sagt

Wilhelm-Mauch. Gleichzeitig bedeuteten

die hunderten Qubits auf dem neuesten

D-Wave-Chip aber nicht, dass die Kanadi-

er weiter seien als die anderen Gruppen.

Denn andere Probleme als Optimierungs-

aufgaben kann D-Wave nicht lösen. Der be-

rühmte Shor-Algorithmus kann auf der D-

Wave-Maschine zum Beispiel nicht laufen.»Damit ist das Gerät eine Ein-Zweck-Ma-

schine«, sagt Wilhelm-Mauch.

m GechwindigkeivoeieOptimierungsaufgaben seien jedoch

durchaus wichtig: Google möchte mit dem

Computer Algorithmen entwickeln, die

Dateien mit einer bestimmten Markierungschneller aus einer großen Datenbank -

schen. Bei der NASA soll er auf bisher nicht

näher spezizierte Art und Weise bei der

Suche nach Exoplaneten helfen. Lockheed

Martin dagegen könnte Interesse daran ha-

ben, den 24 Millionen Zeilen langen Kode

eines neuen Kampfjets zu optimieren,

mutmaßte die Journalistin und Rüstungs-

expertin Sharon Weinberger in einem Arti-

kel für die »BBC«.

Noch ist jedoch nicht klar, dass D-Wave

bei diesen Problemen je schneller sein wird

als ein klassischer, auf Optimierung ge-

trimmter Computer. Bisher ist es der Chip

der Kanadier in keinem Fall: Das belegt

eine Studie des theoretischen Physikers

und Computerexperten Matthias Troy-

er von der ETH Zürich, die bald in einem

Fachjournal veröffentlicht werden soll.

Troyer konnte einen 128-Qubit-Chip von

D-Wave im Frühjahr testen [4]. Daraufhinschrieb er einen Algorithmus, der einen

klassischen Computer »adiabatisch« rech-

nen lässt – mit dem Resultat, dass er 15-mal

schneller war als D-Waves vermeintlicher

Quantencomputer. In Zukunft will Troy-

er den 512-Qubit-Chip mit seinem klassi-

schen Algorithmus vergleichen; die Ergeb-

nisse werden in den nächsten Monaten er-wartet.

»Es wurden noch nicht genügend Analy-

sen durchgeführt, um eine endgültige Aus-

sage zu treffen«, sagt man bei D-Wave. Und

verweist auf eine andere Studie, die be-

reits prominent in englischsprachigen Me-

dien zirkulierte: Die amerikanische Infor-

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matikerin Chatherine McGeoch löste mit

D-Wave eine von drei getesteten Optimie-

rungsaufgaben 3600 mal schneller als eine

konventionelle Optimierungssoftware auf 

einem PC. Das sei aber kein Beweis für die

Überlegenheit von D-Wave, sagt McGeoch,

die für ihre Studie von D-Wave bezahlt

wurde: »Unser Test sagt nicht wirklich viel

darüber aus, wie schnell die Maschine tat-

sächlich ist.« Denn McGeoch verglich die

vermeintliche Wundermaschine mit Com-

putern, die kommerziell erhältliche Soft-

ware abspielen – und somit nicht wie D-

Wave für das Optimierungsproblem maß-geschneidert wurden.

Vor allem treffe ihre Studie keiner-

lei Aussage darüber, betont McGeoch, ob

Quanteneffekte bei D-Wave eine Rolle spie-

len. Und das ist nach Einschätzung von Ex-

perten am Ende die entscheidende Fra-

ge: Sind die supraleitenden Schlaufen auf 

dem Chip während der Rechnung tatsäch-lich miteinander verschränkt, wie D-Wave

seit Jahren behauptet? Nur wenn das der

Fall ist, könnte ein D-Wave-Chip in Zukunft

schneller optimieren als konventionelle

Supercomputer. Tatsächlich hat Troyer in

seiner Studie als erster externer Forscher

diese Frage untersucht: Sein Team verglich

das Verhalten der vermeintlichen Wunder-

maschine mit der Simulation eines Quan-

tencomputers. Die Ergebnisse stimmten

gut überein.

Dem widerspricht allerdings ein On-

lineaufsatz zweier namhafter Informatiker

vom D-Wave-Konkurrenten IBM [5]. Sie ar-

gumentieren, dass sich die bisherigen Er-gebnisse von D-Wave auch reproduzieren

lassen, wenn in der Maschine Quantenef-

fekte überhaupt keine Rolle spielen. Troyers

Team hat diese Interpretation in einem On-

linekommentar angefochten [6].

Aus Sicht renommierter Grundlagenfor-

scher spricht indes noch etwas anderes da-

gegen, dass die Qubits von D-Wave gekop-pelt rechnen. Die kanadische Maschine soll

sich gerade einmal für eine Nanosekunde

von der Umgebung isolieren lassen. Das zu-

mindest sagte man dem Innsbrucker Quan-

tenphysiker Rainer Blatt, als er letztes Jahr

einen Tag lang die D-Wave-Maschine be-

sichtigte. Solch eine kurze »Kohärenzzeit«

in Verbindung mit der recht langsamen Tak-

trate der D-Wave-Maschine macht es nach

Einschätzung von Blatt schwer vorstellbar,

dass die Schleifen verschränkt rechnen.

Auch Immanuel Bloch vom Max-Planck-In-

stitut für Quantenoptik äußert eine »gewis-

se Skepsis angesichts der sehr kurzen Kohä-

renzzeiten«.Die einzigen Quanteneigenschaften, die

D-Wave wirklich vorweisen könne und die

vielleicht eine Beschleunigung bewirken

könnten, seien Tunnelprozesse, sagt Blatt.

Sie können dazu führen, dass sich die Strö-

me in den supraleitenden Schleifen etwas

schneller in den Zustand tiefster Energie be-

wegen. Das Unternehmen will in ZukunftFehlerkorrekturalgorithmen von den La-

borforschern übernehmen, mit denen sich

die Kohärenzzeit von verschränkten Ionen-

und Atomensembles in den letzten Jahren

verbessern ließ [7, 8].

Auch deswegen ist Scott Aaronson von

seiner Skepsis ein Stück weit abgerückt. »Es

»E wden noch nich genügend anyendchgeüh, m eine endgüige age z een«

N i Wi

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50

könnte sein, dass D-Wave am Ende Erfolg

hat«, sagt er im Interview. Allerdings sei es

auch sehr aufschlussreich, dass Grundlagen-

forscher von Anfang gesagt hätten, D-Wave

brauche diese Fehlerkorrekturalgorithmen,

nur habe das kanadische Unternehmen da-

von nichts wissen wollen. Ausschlaggebend

für seinen Rücktritt vom Posten des obers-

ten Skeptikers war indes eine Einladung von

D-Wave im Februar 2012. Er ziehe seine frü-

heren Kommentare zurück, schrieb er nach

der Besichtigung des kanadischen Indust-

rielabors in seinem Blog. D-Wave habe eine

Maschine gebaut, die denitiv besser rech-nen könne als ein Roastbeefsandwich. »Die

Frage ist nur noch, ob sie auch brauchbarer

ist als ein Laptop.« <

Ergänzung (03.06.2013): Der Artikel wurde um einen

Absatz zur Studie von Mceoch ergänzt.

[1] hys. ev. Lett. 106, 130506, 2011[2] . hot. 6, S. 773–776, 2012

[3] ature 473, S. 194–198, 2011

[4] arxiv:1304.4595, 2013

[5] arxiv:1305.4904, 2013

[6] arxiv:1305.5837, 2013

[7] Science 332, S. 1059-1061, 2011

[8] ature 482, S. 382–385, 2012

Für alle Wissbegierigen zwischen 10 und 14 Jahren, die nicht nur das »Was«,

sondern auch das »Wie« und »Warum« interessiert, gibt es jetzt Spektrum neo.

In jeder Ausgabe wird ein großes Thema behandelt.

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schaften und Mathematik in Kiel

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Damit aus Neugier Wissen wird.

REZENSION

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5151

MichioKakuDie phyik de ZknAusd.Engl..MonikaNiehausRowohlt,Reinbek

SBN:3498035592

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EZESI

EinenTraumfotograerenvon Thorsten Naeser

Ein paar Jahre in unsere techno-

logische Zukunft zu schauen, ist

gar nicht so schwer. Schon heute

ist leicht absehbar, welche Tech-

nik uns schon bald zur Verfügung

stehen kann. Doch wie sieht es in 50 oder

100 Jahren aus? Werden wir überhaupt noch

selbstbestimmt leben? Oder haben Maschi-nen und Computer die Herrschaft über uns

übernommen? Werden uns unsere Roboter-

Neuschöpfungen Erdnüsse zuwerfen, wie

wir heute den Affen im Zoo?

Den amerikanische Physiker Michio Kaku

geht dieser Frage in seinem Buch »Die Phy-

sik der Zukunft« nach und entwickelt zahl-

reiche weitere Szenarien, was unsere Kinderund Enkelkinder so alles erwartet. Kaku un-

termauert seine Behauptungen und Visio-

nen mit dem, was er zum Teil selbst bereits in

Laboratorien gesehen hat. Er berichtet über

Züchtungen von Organen aus körpereigenen

Zellen und erzählt von Versuchen, die Dino-

saurier oder andere ausgestorbenen Arten

wieder auferstehen zu lassen. Dann gewährt

er Einblick in neurobiologische Labore, in de-

nen Wissenschaftler schon heute rudimen-

tär erkennen können was ein Gehirn sieht

und auf diese Weise vielleicht bald sogar gan-

ze Träume aus dem Gehirn eines Menschen

»abfotograeren« können. An anderer Stelle

entwirft Kaku dann Szenarien, wie die Men-schen den Mars besiedeln, dort ganze Kolo-

nien aufbauen und das ewige Leben nden.

Kakus Zukunftsszenarien lesen sich span-

nend. Er gliedert seine Ausführungen jeweils

in drei Abschnitte, die das Leben in 20, 50

und schließlich in 100 Jahren beschreiben.

Auch wenn man manchmal kaum glauben

möchte, welche Hirngespinste er da zu Pa-pier bringt, so überlegt man sich doch stän-

dig, ob es nicht vielleicht doch so kommen

könnte. Und vor allem stellt man sich oft die

Frage, ob man in so einer Welt überhaupt

noch leben möchte. Besonders eindringlich

kommt man im letzten Kapitel des Buchs an

Kakus Zukunftsvorstellungen heran. Dort

REZENSION

d gAZ kOmO

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beschreibt er einen Tag im Leben eines Ar-

beitnehmers im Jahr 2100. Vom ersten Scree-

ning im Bad, das anzeigt ob er irgendwelche

Krankheitserreger in sich trägt, über dreidi-

mensionale Hologramme der Arbeitskolle-

gen während einer Konferenz bis hin zum

Rendevous am Abend mit einer erfolgrei-

chen Web-Designerin, die Ihre Kunst einfach

in die Luft malt, ist die ganze Palette dessen

enthalten, wie sich Kaku das Leben in noch

nicht mal hundert Jahren vorstellt.

Kakus Buch lässt den Leser eintauchen

in eine Welt, die uns in etlichen Sciencec-

tionlmen in teilweise theatralischen Bil-dern vorgespielt wird. Der Gedanke, dass vie-

les aus Hollywood-Produktionen von vor 30

Jahren heute Realität ist, lässt einen dabei

nicht los. Während der Lektüre kann man

sich aber ebenso treiben lassen in Kakus Ge-

dankenwelt, ohne seine Überlegungen unbe-

dingt werten zu müssen. Es sind gerade sei-

ne gewagtesten Thesen und die skurrilstenAnsichten, die sich dem Leser im Gedächtnis

verankern. Schade, dass wir alle niemals er-

fahren werden, in wie weit Kaku Recht behal-

ten wird. <

Der ezensent ist Diplomgeograf und arbeitet am Max-

lanck-Instiutut für Quantenoptik in München.

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d gAZ kOmO.Auf Im IldcIm.

mI dm udWlAum-

dIgIAl-AO

äenie

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53

Feme scieniArbeitgeber: Eidgenossische Technische

Hochschule Zurich (ETH)

Standort Zurich, Switzerland

ültig bis 7. July 2013

HY SCIECE, HY ETH ZICH?Three successful female scientists at diffe-

rent stages of their careers reect on what

triggered their fascination with their sub-

 jects and why they chose ETH Zurich.

Felicitas auss (F) is rofessor of Eperi-

mental article hysics at ETH Zurich and

Advisor on International Affairs to the

university’s resident. efore joining ETHZurich, rof. auss spent 8 years as a fellow

then research physicist at the CE particle

physics laboratory near eneva and was in

charge of the lab’s international relations

from January 2009 until March 2013. Vanes-

sa ood (V), formerly a postdoc at MIT, is

Assistant rofessor at … (mehr)

aei im medizinichenMkeing eine MkenikeArbeitgeber: c a r r i s m a mbH

Standort Hannover, ermany

ültig bis 17. June 2013

Verantwortungsvolle und strategische usi-ness Development Funktion in attraktivem

achstumsmarkt

nser Auftraggeber:

ei unserem Auftraggeber handelt es sich

um ein Tochterunternehmen einer weltweit

agierenden nternehmensgruppe mit

Hauptsitz in Frankreich. Die hochwertigen

rodukte (Fachhandel) im medizinischenund orthopädischen mfeld setzten schon

in der Vergangenheit Qualitätsmaßstäbe

und verbinden auch weiterhin in Fachkrei-

sen geschätzte Tradition und zukunftsorien-

tierte Innovationen und Forschungen.

Das nternehmen bewegt sich momentan

in einem positiven andel … (mehr)

DIplOM-INGENIEur (w / m) odeNaturWIssENsCHaFtlEr (w / m)Arbeitgeber: Forschungszentrum Julich

Standort Juelich, ermany

ültig bis 21. June 2013

eferenz 2013-117

Das Forschungszentrum Jülich, Mitglied der

Helmholtz-emeinschaft, ist mit 5.000

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines

der großen interdisziplinären Forschungs-

zentren Europas und steht für Schlüssel-

technologien der nächsten eneration.

Stellen Sie sich mit uns den großen wissen-

schaftlichen Herausforderungen in denereichen esundheit, Energie & mwelt

sowie Informationstechnologie und den

vielseitigen Aufgaben im Forschungsma-

nagement.

Der rojektträger Jülich (TJ) setzt For-

schungs- und Innovationsförderpro-

gramme im Auftrag … (mehr)

JobsoftheWeek spektrum.naturejobs.com

äenie Verkaufsleitung Spektrum Stellenmarkt

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podoc poiion MedicinChemiyArbeitgeber: niversity egensburg

Standort egensburg, ermany

ültig bis 15. July 2013

The joint esearch Training roup “Medici-nal Chemistry of Selective C Ligands”

(K 1910) at the Friedrich-Aleander-ni-

versity Erlangen-ürnberg (FA) and the

niversity of egensburg () funded by

the erman esearch Foundation (DF)

offers a ostdoc ositions (TV?L E13, 100%)

in egensburg.

esearch Training roup K 1910 aims toeplore the ligand-induced control of -

protein coupled receptors at different levels

of selectivity. The program-specic interdis-

ciplinary qualication prole integrates

chemical, radiopharmaceutical, pharmaco-

logical, molecular biological, bioanalytical

and biochemical aspects of … (mehr)

C o aicion o he Docopogm o he Engineeing tck o he bein-bndeng schoo oregeneive theieArbeitgeber: erlin-randenburg School for

egenerative Therapies (ST)

Standort erlin, ermanyültig bis 20. June 2013

esearch and development of biomaterials

and implants for medical technology is a

rapidly growing market in ermany which

requires highly qualied specialist. The inter-

national hD program of the erlin-ran-

denburg School for egenerative Therapies(ST) offers outstanding interdisciplinary

training and research opportunities for gra-

duates of material and engineering sciences

who want to pursue a career in the eld of 

egenerative Medicine specialising in bio-

mechanics, biomaterials and biological ma-

terial science and aim at.… (mehr)

Mie Cie Inii tining NewoktECas: tie Engineeing o Cdi-ovc sgeyArbeitgeber: Medical School Hannover

Standort Hannover, ermany

ültig bis 30. June 2013

European Doctoral Academy in egenera-

tive Engineering

Marie Curie Initial Training etwork

TECAS: Tissue Engineering Solutions for

Cardiovascular Surgery

Marie Curie Doctoral Fellowships

13 Doctoral Fellowships in 6 European Insti-

tutions collaborating in a new F7-ELEMarie Curie Initial Training etwork (IT):

TECAS (Tissue Engineering Solution for Car-

diovascular Surgery) www.mh-hannover.

de/tecas-itn.html.

The TECAS-IT integrates the major Euro-

pean investigators and eperts in the eld

of cardiovascular tissue … (mehr)

JobsoftheWeek spektrum.naturejobs.com

thom Fieig

Tel.: +44 (0) 207 843 4932

Fa: +44 (0) 207 843 4996

Email: [email protected]

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22 Unsere FamilieAlle Menschen sind so unterschiedlich, dass die Menschheit

insgesamt sehr homogen ist. Gibt es dennoch typische Gene,

die Europäer, Asiaten und Afrikaner voneinander trennen?

 > Molekulare Achillesferse von Mikroben

 > Geschlechter hören Größe

unterschiedlich

 > Ein On-Board-Navigationssystem

für Raumsonden

TITELTHEMA: ERBGUTFORSCHUNG

Mit ausgewähltenInhalten aus

NR

PRIVATE DROHNEN

ScharfäugigeÜberieger

IMMUNSYSTEM

l

DIE WOCHE

201329.05.

JZAOI

DIE WOCHE

JedenDonnerstagneu!PRFTERENSEvNDENvRTELENENESABNNEMENTS:

 52 im Jahr mehr als 40 Seiten ews,

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Forschung

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