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FACHBEITRAG https://doi.org/10.1007/s00767-019-00442-x Grundwasser - Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie (2020) 25:31–41 Hydrogeologie im Tauernfenster – Fallbeispiel Rauristal, Salzburg Daniel Dirnberger 1 · Sylke Hilberg 2 Eingegangen: 29. April 2019 / Überarbeitet: 10. Oktober 2019 / Online publiziert: 28. Januar 2020 © Der/die Autor(en) 2020 Zusammenfassung Die Fallstudie in einem kleinräumigen Einzugsgebiet im Salzburger Rauristal diente dazu, die Hydrogeologie einiger für das Tauernfenster typischer Lithologien und Strukturen beispielhaft zu beleuchten. Das Untersuchungsgebiet ist geprägt von metamorphen geklüfteten Gesteinen des Penninikums und Subpenninikums (Schiefer und Gneise) und quartären Ab- lagerungen, wobei hier vor allem ein großer Bergsturz als prägendes Element zu nennen ist. Es wurde eine geologisch-hy- drogeologische Kartierung des knapp 10 km 2 großen Gebietes auf Seehöhen zwischen 1500 und 2500m durchgeführt. Im Fokus der Geländearbeiten standen dabei hydrogeologische Aspekte wie Quellen, Vernässungen, Versickerungen oder Oberflächengewässer. Ergänzend wurden an drei Terminen Abflussmessungen am Hauptgerinne und drei seichte Bohrun- gen in einer Bergsturzmasse durchgeführt, um deren hydraulische Eigenschaften zu erkunden. Es wurden fünf Fließsysteme identifiziert: (1) Schichtquellen sind an den Übergang zwischen Zentralgneis und Schieferhülle gebunden. (2) Stauquellen treten in Verbindung mit Grundmoränen auf. (3) Quellhorizonte innerhalb der Schiefer und Gneise verlaufen entlang re- gionaler Kluftrichtungen. (4) Diffuse Quellaustritte sind auf oberflächennahe Zirkulationssysteme zurückzuführen. (5) Der Bergsturzkörper stellt einen sehr gut durchlässigen Aquifer dar. Eine Verwitterungsschwarte bildet eine oberflächliche Abdichtung, verbunden mit der Ausbildung zahlreicher kleiner stehender Gewässer. Hydrogeology of the Tauern window—case study Rauristal, Salzburg Abstract The aim of this case study in a small-scale catchment at altitudes between 1500 and 2500m asl in the Rauristal region in Salzburg was to investigate the hydrogeological character of some typical lithologies and structures along the northern margin of the Tauern Window. The study area is composed of metamorphic schist and gneiss of Penninic and Subpenninic nappes and various Quaternary deposits. Approximately 10km 2 were mapped with regard to geology and hydrogeological aspects such as springs, surface runoff, and sinkholes. Discharge measurements were taken at three dates and three boreholes were drilled to investigate the hydrogeological context of a large landslide deposit. Five different flow systems were identified: (1) Layer-based springs at the boundary between gneiss and schist result from different hydraulic conductivities. While gneiss is a comparably highly permeable fractured aquifer, schists act as aquitards in this setting. (2) Barrier springs are related to moraine deposits. (3) Spring lines within schists follow the main regional fracture direction. (4) Numerous small springs are linked to near surface flow systems within debris layers. (5) The large landslide deposit represents an aquifer with good hydraulic conductivity. Due to weathering layers, this unit is locally impermeable for infiltration which leads to numerous small ponds in the upper part of the landslide deposit. Keywords Fractured rocks · Landslides · Glacial deposits · Tauern Window · Austria Daniel Dirnberger [email protected] Sylke Hilberg [email protected] 1 Intergeo Umwelttechnologie und Abfallwirtschaft GmbH, Robinigstraße 93, 5020 Salzburg, Österreich 2 Fachbereich Geographie und Geologie, Universität Salzburg, Hellbrunner Str. 34, 5020 Salzburg, Österreich K

HydrogeologieimTauernfenster–FallbeispielRauristal,SalzburgGeologie/Strukturgeologie Die Geologie im Untersuchungsgebiet (Abb. 3)wirdge-prägt von Gesteinen des Penninikums und des

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Page 1: HydrogeologieimTauernfenster–FallbeispielRauristal,SalzburgGeologie/Strukturgeologie Die Geologie im Untersuchungsgebiet (Abb. 3)wirdge-prägt von Gesteinen des Penninikums und des

FACHBEITRAG

https://doi.org/10.1007/s00767-019-00442-xGrundwasser - Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie (2020) 25:31–41

Hydrogeologie im Tauernfenster – Fallbeispiel Rauristal, Salzburg

Daniel Dirnberger1 · Sylke Hilberg2

Eingegangen: 29. April 2019 / Überarbeitet: 10. Oktober 2019 / Online publiziert: 28. Januar 2020© Der/die Autor(en) 2020

ZusammenfassungDie Fallstudie in einem kleinräumigen Einzugsgebiet im Salzburger Rauristal diente dazu, die Hydrogeologie einiger fürdas Tauernfenster typischer Lithologien und Strukturen beispielhaft zu beleuchten. Das Untersuchungsgebiet ist geprägtvon metamorphen geklüfteten Gesteinen des Penninikums und Subpenninikums (Schiefer und Gneise) und quartären Ab-lagerungen, wobei hier vor allem ein großer Bergsturz als prägendes Element zu nennen ist. Es wurde eine geologisch-hy-drogeologische Kartierung des knapp 10km2 großen Gebietes auf Seehöhen zwischen 1500 und 2500m durchgeführt.Im Fokus der Geländearbeiten standen dabei hydrogeologische Aspekte wie Quellen, Vernässungen, Versickerungen oderOberflächengewässer. Ergänzend wurden an drei Terminen Abflussmessungen am Hauptgerinne und drei seichte Bohrun-gen in einer Bergsturzmasse durchgeführt, um deren hydraulische Eigenschaften zu erkunden. Es wurden fünf Fließsystemeidentifiziert: (1) Schichtquellen sind an den Übergang zwischen Zentralgneis und Schieferhülle gebunden. (2) Stauquellentreten in Verbindung mit Grundmoränen auf. (3) Quellhorizonte innerhalb der Schiefer und Gneise verlaufen entlang re-gionaler Kluftrichtungen. (4) Diffuse Quellaustritte sind auf oberflächennahe Zirkulationssysteme zurückzuführen. (5) DerBergsturzkörper stellt einen sehr gut durchlässigen Aquifer dar. Eine Verwitterungsschwarte bildet eine oberflächlicheAbdichtung, verbunden mit der Ausbildung zahlreicher kleiner stehender Gewässer.

Hydrogeology of the Tauern window—case study Rauristal, Salzburg

AbstractThe aim of this case study in a small-scale catchment at altitudes between 1500 and 2500m asl in the Rauristal regionin Salzburg was to investigate the hydrogeological character of some typical lithologies and structures along the northernmargin of the Tauern Window. The study area is composed of metamorphic schist and gneiss of Penninic and Subpenninicnappes and various Quaternary deposits. Approximately 10km2 were mapped with regard to geology and hydrogeologicalaspects such as springs, surface runoff, and sinkholes. Discharge measurements were taken at three dates and three boreholeswere drilled to investigate the hydrogeological context of a large landslide deposit. Five different flow systems wereidentified: (1) Layer-based springs at the boundary between gneiss and schist result from different hydraulic conductivities.While gneiss is a comparably highly permeable fractured aquifer, schists act as aquitards in this setting. (2) Barrier springsare related to moraine deposits. (3) Spring lines within schists follow the main regional fracture direction. (4) Numeroussmall springs are linked to near surface flow systems within debris layers. (5) The large landslide deposit represents anaquifer with good hydraulic conductivity. Due to weathering layers, this unit is locally impermeable for infiltration whichleads to numerous small ponds in the upper part of the landslide deposit.

Keywords Fractured rocks · Landslides · Glacial deposits · Tauern Window · Austria

Daniel [email protected]

� Sylke [email protected]

1 Intergeo Umwelttechnologie und Abfallwirtschaft GmbH,Robinigstraße 93, 5020 Salzburg, Österreich

2 Fachbereich Geographie und Geologie, Universität Salzburg,Hellbrunner Str. 34, 5020 Salzburg, Österreich

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32 Grundwasser - Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie

Einleitung

Hydrogeologie in alpinen Gebirgsräumen befasst sich vor-nehmlich mit Festgesteinsaquiferen, die je nach Lithologieentweder verkarstet oder geklüftet auftreten. Grundwasser-fluss findet also in Röhrensystemen oder in verzweigtenKluftsystemen unterschiedlichster Größenordnungen oderin einer Kombination aus beidem statt. Welch und Al-len (2014) geben einen Überblick über aktuelle Konzeptezum Verständnis von Gebirgsaquiferen und stellen Ansätzezur numerischen Modellierung vor. Viele Konzeptmodellegehen in nicht verkarstungsfähigen Gebirgsaquiferen vonoberflächennahen Fließsystemen aus, die auf die Bodenzo-ne, die Lockergesteinsüberdeckung und die Verwitterungs-schwarte des Grundgebirges beschränkt sind (z.B. Fioriet al. 2009; Hilberg und Riepler 2016). Andere Studien(z.B. Banks et al. 2009; Masset und Loew 2010; Hilbergund Kreuzer 2013) zeigen Hinweise darauf, dass auch tiefeFließsysteme innerhalb des wenig bis nicht verwitterten,dafür aber entsprechend geklüfteten Grundgebirges einewichtige Rolle für die Hydrodynamik in Gebirgsräumenspielen. Die Lithologie und die tektonische Beanspruchungdes Gebirges spielen bei der Ausbildung von tiefgreifendenAquifersystemen eine bedeutende Rolle. Während kompe-tente und daher vornehmlich sprödtektonisch deformierteGesteine wie Granite oder Gneise tiefreichende hydraulischwirksame Kluftsysteme aufweisen können, sind geschie-ferte feinkörnige Gesteine, wie Glimmerschiefer als ehergering durchlässig anzusehen.

Störungszonen können sowohl als hydraulische Barriereals auch als bevorzugte Wasserwege fungieren und kön-nen zudem erhebliche Anisotropien in ihrer hydraulischenDurchlässigkeit aufweisen (Caine et al. 1996; Winkler et al.2010; Bense et al. 2013).

Die Lockergesteinsbedeckung der alpinen Festgesteinsa-quifere, die auf glaziale, periglaziale, postglaziale und re-zente Prozesse zurück geht, bildet häufig lokal gut ab-grenzbare Aquifere unterschiedlichster Mächtigkeiten aus.Typisch für Gebirgsräume sind neben rezenten Bildungenwie Hangschuttkörpern, Schwemmfächern, fluviatilen Tal-füllungen oder aktiven Massenbewegungen dabei auch ak-tive, inaktive oder reliktische Blockgletscher, Moränenab-lagerungen und Ablagerungen von Fels- und Bergsturzer-eignissen. Hangschuttkörper, Schwemmfächer und fluviati-le Talfüllungen können als Porenaquifere beschrieben wer-den, die aufgrund der Topographie hohe hydraulische Gra-dienten aufweisen, obwohl häufig eher grobe Korngrößenund damit hohe Durchlässigkeiten vorliegen. Tiefgreifendaufgelockerte Massenbewegungen an übersteilten Hängenbieten gute Durchlässigkeiten entlang der Bewegungsbah-nen oder komplexe Fließsysteme durch die interne Auflo-ckerung der Rutsch- oder Kriechmassen (Ronchetti et al.2009; Strauhal et al. 2015; Vallet et al. 2015). Blockglet-

scher zeigen häufig eine interne Struktur, in der sich blo-ckige grobe Komponenten mit feinkörnigeren Schichten ab-wechseln, was zu einem komplexen Fließgefüge mit kurzenbis mittleren Verweilzeiten und damit schnellen und lang-samen Fließkomponenten führt (Winkler et al. 2016; Pau-ritsch et al. 2017; Jones et al. 2019). Moränenablagerungensind aufgrund ihrer schlechten Sortierung und ihres hohenFeinkornanteils, Grundmoränen zudem aufgrund der hohenLagerungsdichte gering durchlässig und bilden damit lo-kale Stauhorizonte aus. Ablagerungen, die aus Fels- oderBergstürzen resultieren, bilden im alpinen Raum lokal be-grenzte, oft mächtige und vorwiegend grobblockige Locker-gesteinskörper, für die generell sehr gute Durchlässigkei-ten erwartet werden. Obwohl derartige Bergsturzmassen inFolge spätglazialer Druckentlastungen (z.B. Reitner et al.1993) im Alpenraum häufig auftreten, wurde ihre hydrogeo-logische Charakteristik bisher nur wenig untersucht. Lauberet al. (2014) beschreiben beispielsweise die gute Durchläs-sigkeit und hohe Fließgeschwindigkeiten innerhalb einerBergsturzmasse im bayerischen Wettersteingebirge.

Die hier präsentierte Arbeit im Salzburger Rauristal stellteine Fallstudie im Projektraum dar. Aufgrund der geologi-schen Situation im Untersuchungsgebiet, die auf kleinemRaum viele der typischen geologischen Elemente der zen-tralen Ostalpen vereint, lassen sich die Ergebnisse und hy-drogeologischen Interpretationen aber auf andere Bereichedes Tauernfensters übertragen. In dem kleinräumigen Un-tersuchungsgebiet soll beispielhaft gezeigt werden, welchesSpektrum an Fließsystemen auftreten kann und ob und wiesich Quellen aus oberflächennahen Porenaquiferen von tief-reichenden Festgesteinsaquiferen unterscheiden lassen. Er-gänzend soll beispielhaft die hydrogeologische Charakte-ristik einer Bergsturzmasse beleuchtet werden.

Untersuchungsraum

Das Untersuchungsgebiet liegt im Talschluss des Rauristals(Kolm-Saigurn) im Bundesland Salzburg in Österreich. Esist Teil des Nationalparks Hohe Tauern und liegt innerhalbder Goldberg-Gebirgsgruppe. Das etwa 60km südlich derStadt Salzburg gelegene Rauristal gehört mit einer Längevon 30km zu den längsten glazial ausgeformten Trogtälernder Tauern. Der Untersuchungsraum erstreckt sich auf Hö-henlagen zwischen 1500 und 2500m ü. A. (Abb. 1). Eswurde eine Fläche von knapp 10km2 detailliert geologischund hydrogeologisch kartiert.

Das Gebiet ist vor allem für seine jahrhundertealte Berg-baugeschichte bekannt. Älteste urkundliche Erwähnungendes Bergbaus finden sich ab dem späten 13. Jh. (Güntherund Paar 2000). Die Blüte des vornehmlich auf Gold aus-gerichteten Bergbaus begann aber im 14. Jh. und endete inden 1930er Jahren. Bei den Goldlagerstätten handelt es sich

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Abb. 1 Lage und Übersicht über das Untersuchungsgebiet (Kartengrundlagen Land Salzburg 2014)Fig. 1 Location and overview of the study area

um hydrothermale Gänge, die sogenannten Tauergoldgän-ge (TGG), die an NNE-streichende Kluftsysteme gebundensind (Paar et al. 2006). Aus der Zeit des Bergbaus exis-tieren noch zahlreiche kleinere Stollensysteme und Haldenim hinteren Rauristal. Direkt im Untersuchungsgebiet ver-läuft der Imhofstollen. Dieser wurde als Aufschluss- undFörderstollen am Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet undunterfährt das Untersuchungsgebiet zwischen Hüttwinkeltalund Nassfeld.

Ebenfalls in diesem Bereich unterfährt ein Überleitungs-stollen das Untersuchungsgebiet. Hier wird Wasser derHüttwinklache sowie des Lenzangerbaches für die Stromer-zeugung zum Speicher Bockhartsee abgeleitet (SalzburgAG 2018).

Das Gebiet befindet sich am Nordrand des Tauernfens-ters, dem größten tektonischen Fenster innerhalb der Ost-alpen, in dem die subpenninischen und penninischen Ein-

heiten, die ansonsten unter den ostalpinen Deckenstapelnlagern, aufgeschlossen sind (Pestal et al. 2009; Schmidet al. 2013). Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhundertswurden hier geologische Untersuchungen durchgeführt, diesich einerseits mit dem geologisch-tektonischen Aufbau desGebirges (Hottinger 1935; Exner 1957; Matura 1966; Al-ber 1998), andererseits auch mit den hier anzutreffendenMassenbewegungen und quartären Ablagerungen (von Po-schinger 1986; Fellner 1993; Bichler et al. 2016) befassthaben.

In den oberen, zum Teil sehr steilen Hanglagen des hinte-ren Rauristales (Hüttwinkltal) sind Festgesteine des Penni-nikums (Bündnerschiefergruppe) und des Subpenninikums(helle und dunkle Glimmerschiefer, Granatglimmerschie-fer) sowie im nordöstlichen Abschnitt Gneis aufgeschlos-sen.

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Die hydrogeologisch relevante Störungszone (Hobi-ger und Kollmann 2006; Hilberg et al. 2013) zwischenden Schiefern und dem Zentralgneis ist hauptsächlich vonmächtigen Blockschuttmassen überdeckt und nur im nördli-chen Bereich des Untersuchungsraumes kleinräumig direktaufgeschlossen. Große Bereiche des Untersuchungsraumessind mit quartären Sedimenten bedeckt, die im Detail vonBichler und Reindl (2013) quartärgeologisch untersuchtworden sind.

Ca. 3km2 der Fläche bildet der sogenannte Durchgang-wald, der aufgrund seiner dichten Bewaldung sowie einerVielzahl großer moosbewachsener Sturzblöcke auch als„Rauriser Urwald“ bezeichnet wird. Hottinger (1935) undspäter dann von Poschinger (1986) deuteten die Masseals Großbergsturz, dessen Liefergebiet an der westlichenTalflanke in einer deutlichen Hohlform am Grieswies-Schwarzkogel zu finden ist. Bichler et al. (2016) fandeninnerhalb der Bergsturzablagerung eine interne Schich-tung, die der inversen Schichtabfolge des gegenüberliegen-den Hanges des Grieswies-Schwarzkogel entspricht undvon matrixdominierten feinkörnigen glazialen Sedimentenüberlagert wird. Sie führten Datierungen an Sturzblöckendurch, die zeigen, dass dem Bergsturz vor 13± 1,1ka einrascher Gletschervorstoß folgte. Die glazialen Sedimentewurden bereichsweise anschließend nochmals von einemkleineren Bergsturz (10,8± 1,1ka) überdeckt.

Der Lenzangerbach, der Trockenbach und die als Haupt-vorflut des hinteren Rauristales wirkende Hüttwinklacheentwässern das Gebiet.

Methodik

Im Zeitraum Juni bis September 2014 wurde eine geolo-gisch-hydrogeologische Kartierung im Maßstab 1:10.000durchgeführt. Dabei wurden die Verbreitung der Gesteins-typen, Gefügedaten sowie hydrogeologisch relevante Auf-schlusspunkte, wie Quellen, Vernässungen und Oberflä-chengewässer detailliert erfasst, digital verortet und in einKartenblatt überführt. Die Gefügedaten wurden mithilfedes Programms Open Stereonet verarbeitet und ausgewer-tet. An Quellen und Oberflächengewässern wurden dieFeldparameter Temperatur und elektrische Leitfähigkeitmithilfe eines TechProII TPh der Firma MyronL erfasst.Schüttungsmengen von Quellen wurden mittels Gefäß-messung ermittelt. An den Oberflächengewässern wurdenAbflussmessungen nach der Salzverdünnungsmethode un-ter Einsatz des Messsystems TQ-Trace der Firma SommerMesstechnik durchgeführt. Der Abfluss des Lenzangerba-ches, als zentraler Hauptabfluss des Untersuchungsgebie-tes, wurde an mehreren Stellen im Fließverlauf und beiaugenscheinlich unterschiedlichen Fließmengen gemes-sen, um die Zu- und Abflussbedingungen innerhalb der

Bergsturzmasse zu erfassen. Im Bereich Durchgangwaldwurde der oberflächennahe geologische Aufbau mithilfevon Handkernbohrungen bis in eine Tiefe von maximal60cm erkundet, um die zahlreich vorhandenen Stillgewäs-ser sowie das Schüttungsverhalten des Lenzangerbachesmit den von Bichler et al. (2016) postulierten spätglazialenAblagerungen in Beziehung zu setzen.

Ergebnisse

Geologie/Strukturgeologie

Die Geologie im Untersuchungsgebiet (Abb. 3) wird ge-prägt von Gesteinen des Penninikums und des Subpenni-nikums des Tauernfensters. Der Zentralgneis wird hier voneinem Granitgneis repräsentiert, dessen charakteristischesMerkmal einige Zentimeter große Kalifeldspäte darstellenund der daher als Augengneis bezeichnet wird. Er tritt inwenigen Aufschlüssen im nordöstlichen Bereich des Kar-tiergebietes zwischen Bockhartscharte, Filzenkar und Fil-zenalm auf, ist aber meist von Hangschuttmassen über-deckt.

Die auf dem Zentralgneis tektonisch auflagernde Vene-digerdecke ist durch Glimmerschiefer der Habachgruppevertreten. Die Variationen reichen von grünlichen Chlorit-Serizitschiefern und Schwarzschiefern über silbrige Phylli-te bis hin zu stark granatführenden Glimmerschiefern, dieim Foto in Abb. 2 dargestellt sind. Immer wieder sind auchgeringmächtige Karbonatlagen parallel zur Schieferung ein-geschaltet. Anstehende Kalkglimmerschiefer wurden ledig-lich in den topographisch höchsten Bereichen um den Fil-zenkämmfelsen angetroffen.

Im Kartenmaßstab lassen sich hellere und dunklereGlimmerschiefer unterscheiden, wobei die dunklen Glim-merschiefer eher in den höheren Lagen im Osten aufge-schlossen sind und die hellen Glimmerschiefer die topo-graphisch tieferen Bereiche aufbauen.

Das Einfallen der Schieferungsflächen ist im gesamtenBereich mit etwa 20 bis 40° flach bis mittelsteil nach SW bisWSW gerichtet. Eine Hauptkluftrichtung bilden NNW- bisNNE-streichende Klüfte, die mit 70° bis 90°einfallen. Dieseverläuft damit parallel zu den z.B. von Paar et al. (2006)beschriebenen Tauerngoldgängen. Eine zweite Kluftscharstreicht ENE und zeigt ähnlich steil stehende Klüfte.

Der Untersuchungsraum weist für das alpine Umfeldtypische glaziale, spät- und postglazialen Ablagerungenauf. Grundmoränen überdecken den größten Bereich inden mittleren Höhenlagen des Untersuchungsgebietes. Siezeichnen sich durch ein weites Korngrößenspektrum, po-lymikte Zusammensetzung (lt. Bichler und Reindl (2013)vor allem Biotitschiefer und Gneiskomponenten), kantigeKomponenten und hohe Lagerungsdichte aus. Markante

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Abb. 2 Fotos der auskartierten Lithologien, Projektion der Schieferungsflächen mit entsprechenden Polpunkten im Schmidtschen Netz und Dar-stellung der Hauptkluftrichtungen in den drei LithologienFig. 2 Images of the mapped lithologies, layer and joint orientation

Seitenmoränenwälle finden sich vor allem oberhalb der Fil-zenalm. Das Filzenkar ist von grobblockigemMaterial einesfossilen Blockgletschers mit wulstförmiger Front bedeckt.Blockiger Hangschutt bedeckt vor allem die mittelsteilenoberen Hangabschnitte im Osten und Süden des Unter-suchungsraumes. Die Verebnungsflächen der Filzenalmwerden von fluviatilen Ablagerungen des Lenzangerbachesgebildet. Hier finden sich mindestens zwei Terrassenstufenfrüherer Talniveaus.

Das markanteste quartäre Element im Projektgebiet istder Großbergsturz, der im NW von der Filzenalm bis nahe-zu zum Boden des Hüttwinkltales reicht. Er hat eine flächi-ge Ausdehnung von ca. 3km2 und wird auf ein Volumen vonca. 0,4km3 geschätzt (Bichler et al. 2016), erreicht damitalso im Schnitt mehr als 100mMächtigkeit. Die bereits vonvon Poschinger (1986) und Bichler et al. (2016) festgestell-te interne Schichtung entsprechend der inversen Schicht-lagerung im gegenüberliegenden Liefergebiet konnte auchim Rahmen dieser Kartierung nachvollzogen werden. AufBasis der oberflächlich angetroffenen Abfolge lässt sichschließen, dass Bergsturzmaterial aus vorwiegend hellen

Glimmerschiefern die dunklen Glimmerschiefer überlagert,die wiederum Kalkglimmerschiefern auflagern.

Hydrogeologie

Im Untersuchungsgebiet wurden insgesamt 211 Quel-laustritte (Abb. 3) sowie 50 kleine teilweise verlande-te Stillgewässer und Vernässungszonen erfasst. Die dreiHauptabflüsse Hüttwinklache im Süden, Lenzangerbachim zentralen Bereich des Untersuchungsraumes und Tro-ckenbach im Norden verlaufen nach NW und werden vondendritisch ausgeprägten oberflächlichen Entwässerungs-strukturen gespeist. Die Schüttungsmengen der meistenQuellen sind mit Stichtagswerten zwischen 0,01–0,6 l/sgering. Nach längeren Trockenphasen fallen viele dieserkleinen Quellen trocken.

Hinsichtlich der räumlichen Verteilung der Quellen fal-len Quellhorizonte auf, die nach NNE ausgerichtet sind unddamit einer der Hauptkluftrichtungen im Gebiet folgen.

Die für nicht verkarstete Kluftaquifere sehr großenSchüttungsmengen einiger Quellen am Westrand der

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Abb. 3 Hydrogeologische Karte, Quellaustritte, klassifiziert nach Schüttungsmenge und elektrischer LeitfähigkeitFig. 3 Hydrogeological map, springs classified according to discharge and electrical conductivity

Durchgangalm von bis zu 25 l/s, sind auf Umläufigkei-ten des Lenzangerbaches zurückzuführen, der im BereichFilzenalm innerhalb gut durchlässiger fluviatiler Sedimentefließt, hier auf ca. 200m Fließstrecke in den Porenaquiferinfiltriert und beim Eintritt des Bachlaufs in den Berg-sturzbereich als Quellgruppe wieder austritt. Dies ließ sichaugenscheinlich aus den während der Geländeaufnahmenin der betroffenen Fließstrecke deutlich geringeren Schüt-tungsmengen im Bachbett ableiten.

Es lassen sich auf Basis des Geländebefundes sowie derLage der Quellaustritte in Bezug zur geologischen Situati-on im Gebiet vier Typen von Quellaustritten unterscheiden(Abb. 4):

1. Stauquellen treten im Übergangsbereich von gut durch-lässigem Hangschutt zur Grundmoräne auf, die als Ge-ringleiter einzustufen ist. Der bedeutendste zusammen-hängende Quellhorizont dieser Art befindet sich im Fil-zenkar am Fuß des hier ausgeprägten fossilen Blockglet-

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Abb. 4 Quelltypen im Untersuchungsgebiet; a hydrogeologische Karte mit Zuordnung der Quelltypen auf Basis des Geländebefundes; neben dergeologischen Situation am Quellaustritt wurden zur Klassifizierung Feldparameter herangezogen; b Schüttungsmengen und elektrische Leitfähig-keiten der Quellen, für die eine eindeutige Zuordnung zu einem Quelltyp möglich warFig. 4 Spring classification in the study area; a hydrogeological map with spring classification based on the geological conditions at the springoutflow and further field data; b discharge and electrical conductivity of springs

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Abb. 5 a Geologische Karte der Bergsturzablagerung mit Stillgewässern, Bohrpunkten und Messpunkten der Abflussmessung; b Schüttungs-mengen des Lenzangerbaches, ermittelt zu drei verschiedenen Abflusssituationen; c Verwitterungsschwarte in Bergsturzmaterial; d Bachprofil mitMesspunkten und hydrogeologisches Konzeptmodell des BergsturzesFig. 5 a Geological map of the landslide deposit with ponds, drilling locations and discharge measurement points; b discharge of Lenzangerbachat three different runoff conditions; c weathering layer within the landslide deposit; d cross-section along the brook with measuring points andconceptual hydrogeological model of the landslide

schers. Quellen, die diesem Typus zuzuordnen sind, tre-ten entlang von Horizonten jeweils am Fuß der Schutt-körper aus. Sie weisen meist geringe Schüttungsmengenvon unter 0,5 l/s. Einzelne Quellaustritte zeigen aber auchSchüttungsmengen bis 2 l/s. Es zeigen sich hier mittlerebis hohe elektrische Leitfähigkeiten zwischen 100µS/cmund 190µS/cm. Die Temperaturen variieren in Abhän-gigkeit von der Höhenlage des Austritts zwischen 4 und10°C. Die geringsten Temperaturen zeigen dabei erwar-tungsgemäß jene Quellen, die in den höchsten Bereichen,z.B. am Fuß des Blockgletschers austreten.

2. Schichtquellen treten entlang der Grenzschicht zwischenzwei unterschiedlich durchlässigen Festgesteinen auf.Dieser Quelltyp ist im Untersuchungsgebiet deutlichentlang der Grenze zwischen Schiefer und Zentralgneisausgeprägt. Vergleichsweise hoher Kluftporosität desZentralgneises steht eine deutlich verringerte Durchläs-sigkeit der Glimmerschiefer gegenüber. Diese Tatsachekonnte lediglich im Bereich des Filzenkars, nördlich desBlockgletschers direkt verifiziert werden. Die Störungs-zone zwischen diesen beiden Schichten ist im Großteildes Untersuchungsgebietes von quartären Ablagerun-gen überdeckt. Daher lassen sich deren hydraulischeEigenschaften aus der Kartierung nur bedingt direktableiten. Quellhorizonte innerhalb der Hangschuttbede-ckung lassen jedoch zusätzlich darauf schließen, dassdiese mit der tektonischen und lithologischen Grenzein Zusammenhang stehen. Die Quellen zeigen geringeSchüttungsmengen unter 0,5 l/s und mittlere elektrischeLeitfähigkeiten zwischen 40µS/cm und 120µS/cm undTemperaturen zwischen 5 und 8°C.

3. Kluftquellen sind an den Ausbiss von Klüften an derOberfläche gebunden und treten im gesamten Untersu-chungsraum in Abhängigkeit von Kluftstrukturen auf. Inweiten Bereichen sind diese Kluftstrukturen zwar vonHangschutt überdeckt, die Ausrichtung der Quellhori-zonte entsprechend der Hauptkluftrichtung kombiniertmit mittleren bis hohen elektrischen Leitfähigkeiten von40µS/cm bis 160µS/cm, mit 4 bis 6°C vergleichsweiseniedrigen Temperaturen sowie Schüttungsmengen bis1 l/s lassen aber darauf schließen, dass die Wässer auchim unterlagernden Glimmerschiefer zirkuliert sind unddabei hydrochemisch beeinflusst wurden.

4. Eine große Anzahl von Quellen lässt sich als Schutt-quellen charakterisieren, deren Wässer ausschließlichkurzfristig innerhalb der Hangschuttmassen zirkulieren.Sie treten diffus im gesamten Untersuchungsraum auf,

weisen geringe elektrische Leitfähigkeiten von meist un-ter 40µS/cm auf. Die Temperaturen variieren hier starkmit der Höhenlage des Austritts und lagen während derFeldarbeiten zwischen 4 und 12°C. Es handelt sich umQuellaustritte mit meist geringer Schüttung (<0,1 l/s), dienach längeren Trockenperioden trockenfallen. EinzelneQuellen, die sehr große Schüttungsmengen aufweisen,sind auf Umläufigkeiten der Fließgewässer zurückzufüh-ren, wie das Beispiel der Quellgruppe am Westrand derDurchgangalm zeigt.

Der Bergsturz im Durchgangwald ist charakterisiertdurch eine Vielzahl an kleinen stehenden Gewässern undVernässungen (Abb. 5a). Die Wässer in den Stillgewäs-sern weisen extrem geringe elektrische Leitfähigkeiten vonweniger als 15µS/cm, während der sommerlichen Stich-tagsmessung Temperaturen von über 10°C und leicht saurepH-Werte zwischen 5 und 6 auf. Alle Felddaten zeigen da-mit, dass es sich um Niederschlagwässer handelt, die hiergesammelt werden und nur sehr langsam in die grobblocki-ge Bergsturzablagerung infiltrieren. In einigen Bereichenkommt es auch zur Entstehung kleiner Hochmoore. Hand-bohrungen im Randbereich dreier Stillgewässer zeigeneine mindestens 60cm mächtige Ton- bis Schluffschicht(Abb. 5c), die ein Versickern der Regenwässer in diesenBereichen deutlich retardiert. Es muss jedoch ein unterir-discher Abfluss stattfinden, da keine Aufkonzentration derWässer durch Verdunstung zu beobachten ist.

Abflussmessungen entlang des Lenzangerbaches, derden einzigen Oberflächenabfluss innerhalb des Bergsturzesdarstellt, zeigen deutliche Variationen der Durchlässig-keit zwischen Durchgangalm und Talboden. Während dieSchüttung im oberen Gewässerabschnitt, in dem sich diemeisten Stillgewässer befinden, bei Nieder-, Mittel- undHochwasser zunächst zunimmt, verliert der Bach in dentieferen Abschnitten jeweils deutlich, dotiert also denGrundwasserkörper innerhalb der Bergsturzmasse. Abb. 5bzeigt die Ergebnisse der Schüttungsmessungen. Das da-raus abgeleitete hydrogeologische Konzeptmodell für dieBergsturzmasse ist Abb. 5d zu entnehmen.

Zusammenfassung und Interpretation

Das Gebiet zeigt mit 211 aufgefundenen Quellaustrittenauf einer Fläche von knapp 10km2 eine hohe Quelldich-te. Anhand der Feldparameter und hier vor allem der elek-

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trischen Leitfähigkeiten in Kombination mit der geologi-schen Situation lassen sich die Quellen klassifizieren. DasSpektrum an Quelltypen umfasst oberflächennahe Schutt-quellen inklusive der Umläufigkeiten von Fließgewässernund Stauquellen am Übergang zwischen gut und wenigergut durchlässigen Lockergesteinen. Daneben wurden aberauch Schicht- und Kluftquellen identifiziert, also Wässer,die nicht nur in der quartären Überdeckung sondern auchim Festgestein zirkulieren. Die physiko-chemischen Feld-parameter der Schicht-, vor allem aber der Kluftquellen mitrelativ hohen elektrischen Leitfähigkeiten und vergleichs-weise niedrigeren Temperaturen deuten auf eine tieferrei-chende Zirkulation der Wässer hin.

Im oberen Abschnitt der Bergsturzablagerung findet Zu-fluss in den Lenzangerbach aus dem Zwischenabfluss statt.Eine gering durchlässige Schicht führt zur Ausbildung zahl-reicher kleiner stehender Gewässer, die ausschließlich vonNiederschlägen gespeist werden und nur langsam in denBergsturz infiltrieren. In tieferen Abschnitten kommt es da-gegen zu einer Dotation des Lenzangerbaches in den Grund-wasserkörper. Eine von Bichler et al. (2016) kartierte Mo-räne, die dem Bergsturzmaterial bereichsweise auflagert,tritt erst in topographisch tieferen Lagen auf und spielt da-her keine Rolle für die hydraulischen Eigenschaften desBergsturzkörpers im oberen gering durchlässigen Bereich.Vielmehr sind Verwitterungsprozesse in den von Glimmer-schiefern dominierten Bereichen für die Bildung einer ge-ringmächtigen abdichtenden Schicht verantwortlich. In dentieferen Bereichen, die von Blockwerk aus Kalkglimmer-schiefern dominiert werden, wird eine abdichtende Ver-witterungsschwarte offenbar nicht flächig ausgebildet. Daszeigt sich auch an den im unteren Abschnitt weit wenigerhäufig auftretenden Stillgewässern.

Schlussfolgerung

Ziel der hier vorgestellten Studie war es, ein typisches in-neralpines Gebiet in einem kleinräumigen Maßstab detail-liert geologisch-hydrogeologisch zu untersuchen und da-raus einige allgemein gültige qualitative Aussagen zur Hy-drogeologie rund um das Tauernfenster ableiten zu können.Aus den Geländeaufnahmen lassen sich einige generelleAussagen zu den hydrogeologischen Eigenschaften alpinerEinheiten, zu den auftretenden Quelltypen und zu derenCharakteristik ableiten. Vor allem die elektrische Leitfähig-keit erweist sich trotz der gering löslichen Lithologien imUntersuchungsgebiet als geeigneter Parameter, um unter-schiedliche Fließsysteme zu identifizieren. So zeigen dieals Schicht- oder Kluftquellen identifizierten Quellaustrittedeutlich höhere elektrische Leitfähigkeiten als jene Wässer,die Schuttquellen zugeordnet werden. Die elektrischen Leit-fähigkeiten der Stauquellen variieren dagegen sehr stark.

Die im Rahmen dieser Studie durchgeführten Stichtagsmes-sungen sind jedoch nur orientierender Natur. Konkrete Aus-sagen zur Dynamik der beteiligten Fließsysteme, z.B. auchzur einleitend angesprochenen Frage der Zirkulationstiefeninnerhalb der nicht verkarstungsfähigen Festgesteinsaquife-re setzen die Sammlung von Zeitreihendaten über Quantitätund Qualität der Quellwässer voraus. Schüttungsganglini-en, Zeitreihen hydrochemischer Parameter und stabiler Iso-tope über möglichst mehrere Jahre sind erforderlich, umdas System im Detail zu erfassen und die hier vorgestellteerste Klassifizierung zu verifizieren.

Danksagung Wir bedanken uns bei Sebastian Pfleiderer und einemweiteren anonymen Gutachter sowie bei Gerfried Winkler als Editorfür die wertvollen Anregungen zur Verbesserung des Manuskripts.

Funding Open access funding provided by Paris Lodron University ofSalzburg.

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