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56 ANWENDUNGEN & PRODUKTE BIOspektrum | 01.13 | 19. Jahrgang CHRISTIAN OBERDANNER 1 , ROLAND LEATHERS 2 1 TECAN AUSTRIA GMBH, GRÖDIG, ÖSTERREICH 2 LIFE TECHNOLOGIES CORP., ZUG, SCHWEIZ The analysis of hypoxic states in in vitro systems is of high scientific relevance, as the absence of cellular oxygen is a characteristic of various pathological conditions. Studying hypoxia in the lab is a challenging process and is associated with extensive experimental effort. Through new and innovative technologies the induction as well as the detection of hypoxia has been simplified and can even be automated. DOI: 10.1007/s12268-013-0272-6 © Springer-Verlag 2013 ó Hypoxie, die Mangelversorgung an Sauer- stoff im Gewebe bzw. in der Zelle, spielt eine wichtige Rolle vor allem bei diversen patho- logischen Zuständen, wie z. B. Herzinfarkt [1], Schlaganfall [2] und Thrombosenbildung [3]. Vor allem aber in der Tumorbiologie ist die Hypoxie ein Charakteristikum. Eine Unter- versorgung an Sauerstoff, hervorgerufen durch eine verminderte Vaskularisierung, ist ein typisches Merkmal solider Tumore und muss bei einer Vielzahl von therapeutischen Ansätzen beachtet werden [4–7]. Ein typischer Marker für zelluläre Hypo- xie ist die HRE(hypoxia-response element)- gesteuerte Expression von zwei Transkrip- tionsfaktoren, HIF(hypoxia-inducible factor)- 1α und HIF-2α. Die Regulation der HIF-α- Proteinmenge ist vom O 2 -Partialdruck abhän- gig [8]. Eine einfache und effiziente Induktion von Hypoxie durch Senkung des O 2 -Partialdrucks sowie ein sensitiver Nachweis von Hypoxie durch Detektion der HIF-α-Proteine bzw. deren Genexpression in in vitro-Systemen ist daher sowohl in der akademischen Grund- lagenforschung als auch in der industriellen Wirkstoffentwicklung unumgänglich. Ein gut etabliertes System zur Induktion von Hypoxie ist, neben diversen chemischen Substanzen [9], die Verwendung spezieller Fluoreszenzbasierte Reportergen-Assays Hypoxie-Induktion und Detektion in vitro ¯ Abb. 1: Schema der CellSensor-Reporter- gen-Assaytechnologie. Schritt 1: Zellen sind stabil transfiziert und exprimieren bla in Abhängigkeit von Agonisten oder Inhibitoren unter der Kontrolle von signalwegspezifischen response-Elementen. Schritt 2: Das Detek- tionsprinzip der GeneBLAzer-Technologie beruht auf dem Effekt des Förster(oder Fluore- szenz)-Resonanz-Energietransfers (FRET) [11]. Die Zellen werden mit einem Assaysubstrat beladen, welches aus zwei Flourophoren, Cumarin und Fluorescein, besteht. In Abwesen- heit der bla-Expression (unstimuliert bzw. inhi- biert) bleibt das Substrat intakt, durch Anre- gung von Cumarin wird FRET initiiert und die Emission von Fluorescein (grünes Licht) kann detektiert werden. In Anwesenheit von β-Lakta- mase (stimuliert) wird das Substrat geschnit- ten und der FRET-Effekt geht verloren. Die Anregung von Cumarin resultiert daher in einer Emission von blauem Licht. Die Messung des sich entwickelnden Verhältnisses von blau:grün beschreibt die normalisierte Reporteraktivität.

Hypoxie-Induktion und Detektion in vitro

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56 ANWENDUNGEN & PRODUKTE

BIOspektrum | 01.13 | 19. Jahrgang

CHRISTIAN OBERDANNER1, ROLAND LEATHERS2

1TECAN AUSTRIA GMBH, GRÖDIG, ÖSTERREICH2LIFE TECHNOLOGIES CORP., ZUG, SCHWEIZ

The analysis of hypoxic states in in vitro systems is of high scientific relevance, as the absence of cellular oxygen is a characteristic of variouspathological conditions. Studying hypoxia in the lab is a challenging process and is associated with extensive experimental effort. Throughnew and innovative technologies the induction as well as the detection ofhypoxia has been simplified and can even be automated.

DOI: 10.1007/s12268-013-0272-6© Springer-Verlag 2013

ó Hypoxie, die Mangelversorgung an Sauer -stoff im Gewebe bzw. in der Zelle, spielt einewichtige Rolle vor allem bei diversen patho-logischen Zuständen, wie z. B. Herzinfarkt[1], Schlaganfall [2] und Thrombosenbildung[3]. Vor allem aber in der Tumorbiologie ist dieHypoxie ein Charakteristikum. Eine Unter-versorgung an Sauerstoff, hervorgerufendurch eine verminderte Vaskularisierung, istein typisches Merkmal solider Tumore undmuss bei einer Vielzahl von therapeutischenAnsätzen beachtet werden [4–7].

Ein typischer Marker für zelluläre Hypo-xie ist die HRE(hypoxia-response element)-gesteuerte Expression von zwei Transkrip-tionsfaktoren, HIF(hypoxia-inducible factor)-1α und HIF-2α. Die Regulation der HIF-α-Proteinmenge ist vom O2-Partialdruck abhän-gig [8].

Eine einfache und effiziente Induktion vonHypoxie durch Senkung des O2-Partialdruckssowie ein sensitiver Nachweis von Hypoxiedurch Detektion der HIF-α-Proteine bzw.deren Genexpression in in vitro-Systemen istdaher sowohl in der akademischen Grund -lagenforschung als auch in der industriellenWirkstoffentwicklung unumgänglich.

Ein gut etabliertes System zur Induktionvon Hypoxie ist, neben diversen chemischenSubstanzen [9], die Verwendung spezieller

Fluoreszenzbasierte Reportergen-Assays

Hypoxie-Induktion und Detektion in vitro

¯ Abb. 1: Schema der CellSensor-Reporter-gen-Assaytechnologie. Schritt 1: Zellen sindstabil transfiziert und exprimieren bla inAbhängigkeit von Agonisten oder Inhibitorenunter der Kontrolle von signalwegspezifischenresponse-Elementen. Schritt 2: Das Detek-tionsprinzip der GeneBLAzer-Technologieberuht auf dem Effekt des Förster(oder Fluore-szenz)-Resonanz-Energietransfers (FRET) [11].Die Zellen werden mit einem Assaysubstratbeladen, welches aus zwei Flourophoren,Cumarin und Fluorescein, besteht. In Abwesen-heit der bla-Expression (unstimuliert bzw. inhi-biert) bleibt das Substrat intakt, durch Anre-gung von Cumarin wird FRET initiiert und dieEmission von Fluorescein (grünes Licht) kanndetektiert werden. In Anwesenheit von β-Lakta-mase (stimuliert) wird das Substrat geschnit-ten und der FRET-Effekt geht verloren. DieAnregung von Cumarin resultiert daher in einerEmission von blauem Licht. Die Messung dessich entwickelnden Verhältnisses von blau:grünbeschreibt die normalisierte Reporteraktivität.

Zellinkubatoren, die eine effiziente Reduk-tion des O2-Partialdrucks im Inkubator -innenraum ermöglichen [10]. Ein typischerNachweis von Hypoxie erfolgt über die Detek-tion des HIF-α-Proteins mittels Durchführungeines herkömmlichen Western Blots samtAntikörperfärbung. Diese herkömmliche Her-angehensweise ist durch einen hohen Arbeits-aufwand und eine schlechte Automatisier-barkeit gekennzeichnet.

Die hier vorgestellte Studie beschreibt eineinnovative, voll automatisierbare Lösung. DieKombination aus fluoreszenzbasiertem Repor-tergen-Assay und Mikrotiterplatten-Readerermöglicht die Hypoxie-Induktion und dendirekt anschließenden Nachweis der HIF-Genexpression in ein- und demselben Sys-tem. Gleichzeitig wird der Arbeitsaufwandminimiert sowie der Probendurchsatz maxi-miert.

AssayLife Technologies™ bietet eine zellbasierteReportergen-Assaytechnologie zur Analysezellulärer Signalwege. Das Assayprinzipder CellSensor®-Zelllinien basiert auf derGeneBLAzer®-Beta-Laktamase-Technologie(Abb. 1). Zur effektiven Analyse von Hypo-xie eignet sich die CellSensor-HRE-bla-ME-180-Zelllinie, wobei hier die β-Laktamase (bla)unter der Kontrolle von HRE (hypoxia-responseelement) stabil in ME-180-Zervixkarzinom-zellen transfiziert wurde. Dieses Systemermöglicht auch zellbasierte Analysen imMikrotiterplattenformat.

ReaderDer Infinite® 200 PRO von Tecan® ist ein mul-timodular aufgebauter Miktotiterplatten-Reader für Messungen im Sechs- bis 384-Well-Format (Abb. 2). Das Gerät ist mit derMöglichkeit ausgestattet, die atmosphärischeCO2- und O2-Konzentration innerhalb derMesskammer mittels Gaskontrollmodul(GCM™) festzulegen. Durch diese Zusatz-funktionen können prokaryotische und euka-

ryotische Zellen innerhalb des Geräteslebensfähig gehalten werden, und Echtzeit-Messungen von zellbasierten Assays imHochdurchsatzformat werden möglich. DurchSenkung der O2-Konzentration bis auf0,1 Prozent kann der Reader auch dazu ver-wendet werden, um zelluläre Hypoxie zuinduzieren, wie die Ergebnisse der vorlie-genden Studie zeigen.

Zusätzlich wird durch das Injektormoduleine automatisierte Zugabe von Reagenzieneinfach gemacht.

Experimenteller AufbauIn einem ersten experimentellen Ansatz wur-de der Infinite 200 PRO-Mikrotiterplatten-Reader für die Induktion von Hypoxie inCell Sensor-HRE-bla-ME-180-Zellen (Invitro-gen) verwendet. Dafür wurde die Gerätetem-peratur auf 37 °C gesetzt, die CO2-Konzen-tration auf fünf Prozent gestellt sowie der O2-Level auf 0,2 Prozent gesenkt, und die Zellenwurden für einen Zeitraum von acht Stundenim Reader inkubiert. Um Verdunstung derProben zu verhindern, wurde eine 96-Well-Mikrotiterplatte (Nunc Edge Plate, ThermoScientific) verwendet [12].

Nach automatisierter Reagenzienzugabe(LiveBLAzer™ Loading Kit) wurde mittelsMessung des resultierenden FRET-Signalsdas Ausmaß an induzierter Hypoxie in derCellSensor-HRE-bla-ME-180-Reporterzellliniegemessen.

Im Kontrollversuch wurde das gesamteExperiment auch unter normoxischen Bedin-gungen (21 Prozent O2) und unter Verwen-dung eines Inkubators mit CO2- und O2-Kon-trolle (Binder CB 53) durchgeführt.

In einem zweiten Experiment wurden dieErgebnisse des ersten experimentellen Ansat-zes verifiziert. Hierzu wurde die klassischeVorgehensweise gewählt: Zuerst wurde inHCT-116-Zellen (human colorectal carcinomacells) Hypoxie unter Verwendung der obenbe schriebenen Parameter induziert, wobeiabermals der Reader sowie der Inkubator zum

Einsatz kamen. Danach wurde das HIF-1α-Protein mittels eines einfachen Western Blotsund Antikörperfärbung quantifiziert.

ErgebnisseIm Infinite 200 PRO-Mikrotiterplatten-Readermit Inkubatorfunktion kann Hypoxie im glei-chen Ausmaß induziert werden wie im dedi-zierten Inkubator (Abb. 3A). In beiden Fäl-len konnte ein neun- bis zehnfach höheresReportersignal im Vergleich zur normoxi-schen Kontrolle gemessen werden, wobeidurch die Automatisierbarkeit der Reagen-zienzugabe und die direkt anschließende Mes-sung des Signals der manuelle Arbeitsauf-wand beim Infinite 200 PRO substanziellreduziert werden konnte.

Mit der Durchführung des Kontrollversu-ches (Abb. 3B) wurde die Fähigkeit des Infi-nite 200 PRO, effizient Hypoxie zu induzieren,verifiziert. Der Vergleich von Abbildung 3Aund 3B zeigt, dass sich die CellSensor-HRE-bla-ME-180-Reporterzelllinie dazu eignet,Hypoxie im Hochdurchsatzformat zu analy-sieren, wobei die Ergebnisse mit herkömm-lichen Methoden, wie einem Western-Blot-Nachweis, vergleichbar sind.

˚ Abb. 2: Der Infinite 200 PRO-Mikrotiter-platten-Reader mit Gaskontrollmodul(GCM™) von Tecan.

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Christian Oberdanner, Roland Leathers (v. l. n. r.)

Korrespondenzadresse:Dr. Christian OberdannerTecan Austria GmbHUntersbergstraße 1aA-5082 GroedigTel.: +43-(0)6246-8933-109Fax: +43-(0)6246-8933-6109christian.oberdanner@tecan.comwww.tecan.comwww.lifetechnologies.com

FazitWie hier demonstriert werden konnte, eignetsich die Kombination aus Mikrotiterplatten-Reader inklusive Inkubatorfunktion undeinem sensitiven fluoreszenzbasierten Repor-tergen-Assay, um effektiv Hypoxiestudien imHochdurchsatzformat durchzuführen. Der Infi-nite 200 PRO-Mikrotiterplatten-Reader mitGaskontrollmodul ist in der Lage, effizient zel-luläre Hypoxie zu induzieren, und bietetweiterhin die Möglichkeit, ohne arbeitsauf-wendigen Transport der Proben die Messungdes FRET-Signals der CellSensor-HRE-bla-ME-180-Reporterzelllinie zu automatisieren. Durchdiesen neuen, innovativen Ansatz wird derArbeitsaufwand bei Hypoxiestudien minimiertund der Probendurchsatz gesteigert. ó

Literatur[1] Venardos KM, Kaye DM (2007) Myocardial ischemia-reperfusion injury, antioxidant enzyme systems, and sele-nium: a review. Curr Med Chem 14:1539–1549[2] Sims NR, Muyderman H (2010) Mitochondria, oxidativemetabolism and cell death in stroke. Biochim Biophys Acta1802:80–91

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˚ Abb. 3: Messung der HIF-1α-Aktivität und -Expression zur Erfassung der Hypoxie. A, Relative Aktivität (460/530-Signalverhältnis) des HIF-1α-Trans-kriptionsfaktors unter normoxischen und hypoxischen Bedingungen, gemessen in der CellSensor-HRE-bla-ME-180-Reporterzelllinie (Invitrogen) mittelsInfinite 200 PRO-Mikrotiterplatten-Reader (GCM, Tecan) und Inkubator (Binder). Die HIF-1β-Aktivität, die mit dem Reader induziert wurde, ist nicht sig-nifikant unterschiedlich zu jener, die mit dem Inkubator induziert wurde, wobei beide Ergebnisse einen signifikanten Unterschied zur normoxischenKontrolle aufweisen (Student-t-Test, n = 3). B, Expressionslevels von HIF-1α unter normoxischen und hypoxischen (0,2 Prozent O2) Bedingungen unterVerwendung von Western Blot und Antikörperfärbung. Die relativen Expressionslevels wurden durch Normierung auf die vorhandene Aktin-Expressionberechnet. Unter hypoxischen Bedingungen unterscheiden sich diese in beiden Systemen ebenfalls nicht signifikant, im Gegensatz zu den normoxi-schen Bedingungen (Student-t-Test, n = 3). Die Fehlerbalken repräsentieren jeweils die Standardabweichung.

A B