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„Ich bin nicht süchtig,- aber ich brauche es

„Ich bin nicht süchtig, - sd-sargans.ch · Wechsel auf ein Mittel mit kurzer Halbwertszeit ist schon erster Erfolg (Lorazepam hat keine aktiven Metaboliten)

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„Ich bin nicht süchtig,-

aber ich brauche es“

Inhalt:

1. Begriffsklärung

Subtypen

Suchtarten

2. Unterschiede Jung/Alt

Altersgrenze (Konsens: ab 60)

Risikofaktoren

Veränderte Wirkungsweise (physiologisch)

Erscheinungsbild / Diagnostik / Frühwarnzeichen

Konsumverhalten

3. Entstehung

Ursachen (Chronifizierung, iatrogen…)

Protektive Faktoren / Prävention

Komorbiditäten

4. Behandlung im Alter

Behandlungsstrategien (Entzug, längerfristig)

Behandlungsziele (Abstinenz vs. Kontrolliertes

Trinken)

Struktur und Individualität

Outcome / Behandlungschancen

Umgang mit Rückfällen

Umgang mit „Drehtürpatienten“

Grenzen der Therapie

5. Visionen / Ausblick

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

1. Begriffsklärung:

Die gute Nachricht:

Genuss ist selbstbestimmt und

sollte auch im Alter nicht

pathologisiert werden.

Altern:

Meine körperlichen Kräfte

lassen mich im Stich. Meine

Sinne, meine

Fortbewegungsorgane, mein

Gedächtnis werden

schwächer...

und dennoch hat mein Geist

noch immer die Fähigkeit,

sich weiter zu entwickeln,

denn meine Neugierde ist

lebhafter denn je.“

G.B. Shaw mit 88 Jahren

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

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1. Begriffsklärung:

Sucht-Missbrauch-Abusus

•In der Öffentlichkeit mehr

verwendet

•Emotionalisierender Begriff

Abhängigkeit- schädlicher

Gebrauch

•Weniger stigmatisierend

•Im ICD 10 verwendet

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Grenze Genuss und Abhängigkeit

Genuss ist selbstbestimmt

Man kann auch ohne das

Mittel den Tag geniessen

und/oder die Dosis

variieren

Abhängigkeit bedeutet

vom Mittel bestimmt zu

werden (craving):

Kontrollverlust

oder täglich

das Mittel nehmen

müssen

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ICD 10

Schädlicher Gebrauch: 1. Deutlicher Nachweis, dass

Substanzgebrauch verantwortlich

ist für körperliche und psychische

Probleme

2. Art der Schädigung sollte klar

bezeichnet werden können.

3. Gebrauch besteht seit mindestens

einem Monat oder wiederholt in

den letzten 12 Monaten

Abhängigkeitssyndrom: 1. Starkes verlangen/ Zwang zum

Konsum

2. Verminderte Kontrolle über den

Gebrauch (Mehr, länger als

geplant, erfolgloses Absetzen/

Wollen)

3. Körperliches Entzugssyndrom

4. Toleranzentwicklung

5. Einengung auf den

Substanzgebrauch

6. Anhaltender Substanzgebrauch,

trotz neg. Folgen

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Aber:

In der Arbeit mit älteren

Menschen:

Ihre Sprache nutzen

Über ihre Begrifflichkeit zu

Ihren Erklärungsmodellen

kommen

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Subtypen: Das Leben wurde von der Krankheit geprägt

(Frau Z. 74 Jahre)

Abhängigkeit entsteht in der Zeit des

Älterwerdens

(Frau A. 86 Jahre)

Über Jahre die gleiche Dosis

(Herr K. 70 Jahre)

Early- onset-

Abhängige:

Late- onset

Abhängige:

Low- dose

Abhängigkeit

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Spätmanifestationen der Abhängigkeit

• Ungünstige Lebensereignisse gehen bei 81 % der

älteren Menschen einer Abhängigkeitsentwicklung

voraus. (40 % jüngeren Menschen)

(Uchtenhagen 2004)

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(1/3 aller Substanzabhängigen im Alter)

Arten der Abhängigkeiten im Altersbereich:

Alkoholabhängigkeit: 2-3 % bei älteren Männern

0,5 – 1 % bei älteren Frauen

Medikamentenabhängigkeit: 0,5 % der über 69 jährigen (BAS)

Zigarettenabhängigkeit hat geriatrische Relevanz

Illegale Drogen ?

Spielsucht ?

Fernsehen ?(Grenze Copingstrategie und schädlicher Gebrauch)

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2. Unterschiede zwischen Jung und Alt:

„Rein biologisch

gesehen, ist das

Alter nichts wert“

(Sozialethiker Hans Ruh

17.3. 09 im Tagesanzeiger)

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Unterschiede zwischen Jung und Alt:

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Ab einem Alter von ca. 60 Jahren:

Stoffwechsel: • verlangsamt = mehr Kumulationseffekte

• Veränderte Eiweissbindung

• Mehr Wechselwirkungen (somatische Medikamente)

• Übersterblichkeit der early-onset Abhängigen

• Risiko der Benzodiazepin Abhängigkeit steigt mit dem Alter

erheblich (Förster M. 2009)

Konsumverhalten:

Konsummenge nimmt ab/ NW (rund die Hälfte der BD -Abhängigen haben low-dose

Abhängigkeit. Förster 2009)

Bagatellisierung/ Leugnung der Abhängigkeit im Alter (bei E. 50 – 70 % der Eintritte

Abh. in 1.- 2. Diagnose)

Alkoholkonsum nach Alter (tel. Gesundheitssurvey 2007/Hapke et al 2009)

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Deklarierter und nachgewiesener Suchtmittelkonsum

Prävalenz: Rauchen

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Unterschied Jung/ Alt

Kognitionen:

wechselseitige Verstärkung von Abhängigkeit und Demenz

bei abhängigen Menschen kommt es früher zu einer Platzierung

Frühwarnzeichen:

o Delir

o Häufige Stürze

o Vermehrte körperliche Probleme

o Verwahrlosung

o (soziale Probleme fallen oft weniger ins Gewicht)

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Unterschied Jung/ Alt:

Low-dose Abhängigkeit: Gibt es mehr im Alter

Nur 2 ICD 10 Kriterien sind voll erfüllt

Indirekte Dosissteigerung durch verlangsamten Abbau

Wichtig ist Aufklärung

Motivation: ältere Menschen wissen oft gar nicht, dass sie in ihrem Alter eine

Chance hätten damit aufzuhören

Wunsch nach Erhalt der Selbstständigkeit

Vorbild für die Kinder und Enkel sein wollen

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3. Entstehung der Abhängigkeit:

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Yale-Universität:

Studie bei der sich

Versuchspersonen über

verschiedene Themen

unterhalten.

Nur beim Thema „Alter“

brauchten die Probanden

signifikant länger für ihren

Weg bis zum Ausgang.

(nach G. Schmid)

Entstehung der Abhängigkeit:

Aus komplexen Interaktion verschiedener Faktoren

aus den Bereichen

Individuum

Droge

Umwelt

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Individuum:

Individuelle Disposition:

„poor metabolizer“ (Acetyldehydrogenase)

Frühkindliche Belastungsfaktoren (red. Serotoninumsatz, mangelnde

Selbstaktivierung des dopaminergen Verstärkungssystems)

Persönlichkeitsmerkmale (Neugierde, Belohnungsabhängigkeit,

Schadensvermeidung)

Ich-Schwäche: „Über-Ich sei in Alkohol löslich“ (Fenichel)/

Selbstwertregulierungsdefizit

Pos. Konsequenzen durch Angstabbau, Spannungsreduktion,

Geselligkeit….

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Fortgeschrittene Abhängigkeit:

Abhängigkeitserkrankung ist dadurch gekennzeichnet:

• Verlangen und Suche nach Drogen gewinnt exzessive

motivationale Bedeutung

• Sensibilität für natürliche Stimmulie geht drastisch zurück

• Dopaminerges Verstärkungssystem und Suchtgedächnis

sind entscheidend

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• Hindern ältere Menschen an der Entfaltung

ihrer Potentiale oder führen sogar zu einer

Minderung ihrer Kompetenzen

• Negative Erwartungshaltung beim alten

Menschen löst Unsicherheit und Angst aus

• Sich selbst erfüllende Prophezeihung

• Reduzieren die Lust von Therapeuten, mit

älteren Menschen zu arbeiten

• Griff zu Alkohol als Selbsttherapie oder zu

Tabletten als rasche Therapie (Thomas Friedrich-Hett)

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negative Altersstereotypien

Verschreibungspraxis

Älteren Menschen wird eher ein

psychoaktives Medikament verschrieben, als

dass nichtpharmakologische Behandlungen

berücksichtigt werden. (Eliason/ Skinstad 2001)

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Medikamentenabhängigkeit

Schlafmedikamente:

doppelt so hohe Verbrauchsrate bei den über 65-Jährigen als bei den jüngeren Kohorten.

26 % der weiblichen und 6 % der männlichen älteren Patienten, die medizinische Hilfe beanspruchen, nehmen Schlafmedikamente.

(Morin et al. 2004)

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Psychopharmaka

2/3 der Psychopharmaka werden an Menschen über 60 Jahre

verschrieben

70 - 80 % davon sind Benzodiazepine

Schlafstörungen und psychische Begleiterscheinungen bei

körperlichem Leiden sind Verschreibungsgründe

20% - 25 % der Alters- und Pflegeheimbewohnerinnen erhalten

Tranquillizer bzw. Hypnotika

(Uchtenhagen 2004)

Erhöhte Krisenanfälligkeit der Beziehungen

Unterschiedliches Altern

Finanzielle Unabhängigkeit

Akzeptanz von Trennungen

Riesige Zeitspanne der

Zweisamkeit

Spätscheidungen um den Termin der Silberhochzeit

haben sich in den letzten 20

Jahren verdoppelt

(Schmitdbauer)

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Entstehung:

Begünstigende Faktoren:

Soziale Isolation

Körperliche Leiden

Verschreibungspraxis der

Ärzte (40% Depression/ 6% AD)

Hohe Erwartungshaltung an

die eigene Funktionalität

Neg. Altersbilder

Verluste (Rollen, Menschen,

narzistischer Aufwertung)

Protektive Faktoren:

Bedeutung von körperl.

Fitness und Unabhängigkeit im

heutigen Altersbild

Ethische Überzeugungen

Religion

Erprobte

Bewältigungsstrategien

Gute soziale Integration

Wohlbefindensparadoxon

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Wohlbefindensparadoxon

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Subjektives Wohlbefindens-Paradoxon

Obwohl die Anzahl der objektiven Beeinträchtigungen

zunimmt, wird bis ins 4. Lebensalter hinein konstant

subjektives Wohlbefinden erlebt (Staudinger 2000)

Grund dafür: Fähigkeit des Selbst, Realität zu

konstruieren und zu transformieren, sich an

veränderte Wirklichkeiten anzupassen und das

eigene Selbstverständnis zu schützen

Alte Menschen besitzen möglicherweise sogar eine

besondere Fähigkeit, sich veränderten

Gegebenheiten anzupassen und ihre Erwartungen

neu zu ordnen

(Th. Friedrich-Hett)

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Folgen des Substanzmissbrauchs im Alter

Stürze/Unfälle

Kognitive Störungen

Delirien

Paradoxe Reaktionen

Depressionen

Suizidalität

Paranoide Entwicklungen

Rückzug

Verwahrlosung

Konflikte

Soziale Vulnerabilität nimmt zu

Frühzeitige Einweisung in ein Pflegeheim (Uchtenhagen 2004)

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4. Behandlungsaspekte bei älteren Menschen

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

Signale der Abhängigkeit:

Erkennen der Abhängigkeit

im Alter ist schwierig

Gleichgewichtsstörungen

Wiederholte Stürze

Konzentrations- und

Gedächtnisstörungen

Unterernährung

Vitaminmangel

Inkontinenz

Polyneuropathie

Allgemeine Ängstlichkeit

Innere Unruhe

Antriebsminderung

Depressive Verstimmung

Verwirrtheit

Halluzinationen

Soziale Isolation

Verwahrlosung

Gezielt danach fragen, daran

denken!!!

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Häufig heisst es:

„Ja, in meinem Alter kann

ich das doch nicht mehr

ändern.“

„Lassen Sie dem Mann

doch seinen Rotwein, er

hat doch sonst nichts

mehr.“

„Bei so vielen Tabletten

kommt es auf etwas mehr

auch nicht mehr an.“

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

Aufklärung ist wichtig

• Aufklärung was ist Abhängigkeit und was nicht

• Ältere Menschen müssen wissen, was der Konsum von

Alkohol und Tabletten für sie für Gefahren beinhalten

• Ältere Menschen brauchen das Wissen, dass sie die

Abhängigkeit behandeln können

• Sie brauchen Menschen in ihrem Umfeld, die ihnen eine

solche Veränderung zutrauen und sie unterstützen

• Geeignete Angebote, die sie im Entscheidungsprozess und

in der Therapie beraten und unterstützen

• Aufklärung heisst auch Respekt, wenn der ältere Mensch

sich für die Fortsetzung des Konsums entscheidet

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

Therapie - das heisst was?

Den Patienten als Fachmann für sich selber betrachten

– Hierarchie abbauen

– partnerschaftlicher Umgang

Dem älteren Menschen lösungsorientiert und ressourcenorientiert

begegnen

– Ressourcengeleitete Anamnesearbeit

– Klare Ziele erarbeiten

Respekt für die Wirklichkeit des älteren Menschen

– Seine Perspektive verstehen lernen

– Andere Perspektiven aber als Möglichkeit daneben stellen

Die Lösung des Problems im Patienten suchen

– Neugierig sein auf den Menschen

– Ihm Entwicklungspotential zutrauen, bis ins hohe Alter

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

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4. Behandlung im Alter:

Null-Toleranz: Aus medizinischer Sicht gesund

Hohes Ziel engagierter

Therapeuten

Entweder- Oder Denken

Oft zu strenge Vorgabe die

abschreckt

Angst vor dem Entzug

Erreichbare Ziele: Ältere Menschen wollen oft keine

Veränderung im Verhalten (Resignation/ Unwissenheit/ schon zu viele

Veränderungen)

Aufklärung als erster Schritt in

möglichst sachlicher Form und in

ihrer Sprache (Feingefühl und Respekt des

Therapeuten)

Motivation ist erreichbar, wenn

ältere Menschen erfahren, dass

(Teil-) Entzug bei älteren oft

erfolgreicher ist, als bei jüngeren

Menschen (Schnoz 2006)

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Behandlungsaspekte bei älteren Menschen:

Kontrolle zu behalten scheint im Alter besser möglich (Low-

dose)

Aber auch Erfahrung, dass kontrollierter Konsum nicht geht

ist vorhanden (early- onset)

Wechsel auf ein Mittel mit kurzer Halbwertszeit ist schon

erster Erfolg (Lorazepam hat keine aktiven Metaboliten)

Dosisreduktion als sinnvolles Ziel/ tageweiser Verzicht

Unbewusst vorgenommene Reduktionen anerkennen und

damit Mut für weitere Schritte machen

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Behandlungsaspekte

Eine kontrollierte Abgabe von Wein und Bier in

Heimen könnte eine Abhängigkeitsverlagerung auf

Benzodiazepine verhindern und die

Lebenszufriedenheit in Heimen steigern (welches

Mittel schränkt die Kognitionen mehr ein?)

Allzu starre Strukturen sind auch im Alter nicht

förderlich in der Behandlung Abhängiger

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Behandlung:

Multimodaler, ressourcenorientierter Ansatz:

o Somatische Beschwerden

o Psychische Beschwerden die Abhängigkeit unterhalten

o Schlaf regulieren

o Körperliche Aktivierung

o Ressourcenförderung zur Selbstwertsteigerung

o Aufklärung vom Patienten

o Aufklärung vom sozialen Netz: Resignation/ Stigmatisierung („Ist doch in

Deinem Alter nicht mehr so schlimm“ oder „Das muss man doch in Deinem Alter hinter sich lassen“)

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Behandlungsschritte:

• Langsamer Abbau von Clomethiazol (Distraneurin)

• Kontrollierte Abgabe durch den Partner kreiert

Reizthema in der Beziehung

• Umstellung auf ein kurzwirksames Mittel

• ½ mg Lorazepam (Temesta) ein bis zwei Mal pro

Woche

Das letzte Milligramm evt. in ¼ mg Schritten

reduzieren und langsamer

Angst vor Entzugserscheinungen wird reduziert

Gefahr von epileptischen Anfällen und Entzugsdelirien

sinkt

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Rückfälle:

Rückfälle gehören auch bei älteren Menschen zum

Krankheitsbild dazu

• Als Lernfeld offen thematisieren

• Verstehen was zum Rückfall führt und wofür das

Mittel bei diesem Menschen steht

• „Drehtürpatienten“ brauchen Motivationsarbeit auch

im Behandlungsteam und bei Kostenträgern

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Grenzen der Therapie:

Grösster limitierender Faktor ist in allen Altersgruppen

die Motivation

Reduzierte Einsichtsfähigkeit in die Gefahren durch

kognitive Defizite

Schwierige soziale Verhältnisse (Einsamkeit)

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Prognose:

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Behandlungsergebnisse

(Baillargeion et al. 2003) Chronische Insomnie (67,4 Jahre, Frauen)

Benzoabhängigkeit seit mind. 3 Monaten

kombinierte Intervention:

77% vollkommen abstinent;

nach 12 Monaten 70%

nur Dosisreduktion:

38% vollkommen abstinent;

nach 12 Monaten 24%

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Mindestens so gute Behandlungsergebnisse

• Lemke und Moos (2003) > 55 Jährige C2-Abhängige

• Zeissler (1999) C2 Gruppe der älteren signifikant erfolgreichere Therapie

• Stationäres Alkoholbehandlungsprogramm

Ältere Pat. generell mindestens so erfolgreich wie die jüngeren (Lemke und Moos 2002)

• 5-jährige Langzeitstudie mit 1204 Polytoxikomanen ambulante/stationäre Entzugsbehandlung: Ältere Probanden blieben häufiger im Programm und hatten nach 5 Jahren zu 52 % totale Abstinenz während bei den jüngeren 40 % total abstinent waren (Satre et al. 2004)

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Fazit

Ältere Abhängige sprechen z.T. sogar besser auf suchtspezifische Interventionen an als jüngere.

Frauen besser als Männer

Optimales Ansprechen besonders wenn die Interventionen auf die Zielgruppe speziell zugeschnitten sind

Genderspezifische und migrationsspezifische Angebote sind erfolgversprechend

Bereits Aufklärung reduziert den Konsum

(Institut für Sucht und Gesundheitsforschung ZH 2006)

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

5. Visionen/ Ausblick

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5. Vision / Ausblick:

• Erheblicher Anstieg der Prävalenz riskanter Konsummuster und

abhängigkeitsbedingter Störungen im Alter in den kommenden Jahren zu erwarten

(Steigende Lebenserwartung/ Nachkriegsgeneration und ihr Konsumverhalten) – aber keine linearen

Zukunftsszenarien zum Alter, denn es wird einen Generationswandel im Alter geben

(Höpflinger 2009)

• Vorgealterte Heroin- und Kokainabhängige könnten in den kommenden Jahren in

den Altersbereich drängen

• Unterschiedlicher Umgang mit Abhängigkeiten in Kliniken gibt Anstoss zu

Diskussionen: Heroin und Methadon werden abgegeben, Raucherzimmer bereit gestellt,

Medikamente abgegeben - aber Alkohol ist Tabu.

• Behandlungsmöglichkeiten und Chancen der Abhängigkeitsbehandlung

im Alter einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Proaktiv auf

Menschen im Spital mit Aufklärungsmassnahmen zugehen.

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

Take home message

Unser Altersbild prägt unsere Einstellung zur Abhängigkeit bei älteren Menschen

An Abhängigkeiten denken und ansprechen

Aufklären über Konsequenzen des Konsums

Behandlung zutrauen und ältere Menschen dazu ermuntern, sich ihrem Problem mit der Substanz zu stellen

Langsame Entzugsbehandlung

Respekt vor dem älteren Menschen und seiner Entscheidung im Umgang mit seiner Abhängigkeit

Dr. B. Ruhwinkel 7.12.11

Literatur:

F. Höpflinger (2009) Suchtmagazin

M. Schäufele (2009). Epidemiologie riskanten Alkoholkonsums im

höheren Lebensalter Suchttherapie (2009; 10; 4-11)

M. Förster at all. (2009) Aspekte der Substanzabhängigkeit im

Alter aus geriatrisch- gerontopsychiatrischer Sicht

Suchttherapie (2009; 10: 12-16)

Thomas Friedrich-Hett: Positives Altern (transcript 2007)

D. Schnoz at all (2006). Alter und Sucht Forschungsbericht aus

dem Institut für Sucht und Gesundheitsforschung ZH. zu

beziehen über ZüFAM (Züricher Fachstelle zur Prävention des Alkohol-

und Medikamentenmissbrauchs)

P. Thane: Das Alter- Eine Kulturgeschichte (PrimusVerlag 2005)

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