2
Einführung zum Thema Z Rheumatol 2013 · 72:632–633 DOI 10.1007/s00393-013-1159-0 Online publiziert: 31. August 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 R.E. Voll 1  · R.E. Schmidt 2  · M. Schneider 3 1 Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie und Centrum für chronische Immundefizienz, Universitätsklinikum Freiburg 2 Klinik für Immunologie und Rheumatologie, Medizinische Hochschule Hannover 3 Poliklinik für Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf Immundefektsyndrome Primäre und sekundäre Immundefizien- zen stehen im Fokus dieser Ausgabe der Zeitschrift für Rheumatologie. Die gera- de auch in Deutschland sehr aktive Im- mundefektforschung hat in den vergan- genen Jahren zahlreiche neue Gendefek- te als Ursache primärer Immundefizien- zen charakterisiert. Die Analyse der mo- lekularen Mechanismen der resultieren- den Abwehrschwäche liefert dabei oft verblüffende neue Einsichten in die kom- plexe Funktionsweise unseres Immun- systems. Nicht selten verursachen spe- zifische Gendefekte beim Menschen ein gegenüber dem Phänotyp der entspre- chenden Gen-knock-out-Maus klar dis- tinktes Krankheitsbild. Zunehmend wer- den auch bei Jugendlichen und Erwachse- nen relativ milde Varianten angeborener Immundefekte gefunden, die sonst ohne Behandlung meist schon im Kindesalter tödlich verlaufen. So kann z. B. statt des kompletten Ausfalls eines Enzyms oder Signalmoleküls nur eine funktionsgemin- derte Mutante vorliegen. Neue Methoden wie das „next generation sequencing“ tra- gen zunehmend zur genetischen Aufklä- rung von Immundefektkrankheiten bei. Den wesentlich verbesserten diagnos- tischen Möglichkeiten stehen derzeit lei- der noch immer nur begrenzte thera- peutische Möglichkeiten gegenüber. Bei den meisten schweren primären Immun- defekten des Kindesalters gibt es weiter- hin kaum Alternativen zur allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplanta- tion, deren Erfolgsrate aber dank der ver- besserten supportiven Maßnahmen stetig steigt. Große Chancen dürfte hier die Ent- wicklung verbesserter gentherapeutischer Behandlungsmethoden bieten, die insbe- sondere das Risiko sekundärer Maligno- me deutlich reduzieren sollten. Auch für den internistischen Rheu- matologen sind die primären Immun- defekte relevant, da viele Immundefekt- syndrome mit rheumatischen Sympto- men, oft Arthritiden, assoziiert sind. Au- ßerdem liegen in Deutschland Diagnos- tik und Therapie der Immundefekte des Erwachsenen wegen seiner immunolo- gischen Expertise meist in der Hand des internistischen Rheumatologen. Die dif- ferenzierte Diagnostik und Therapiepla- nung mutmaßlicher primärer Immunde- fekte sollte dann in enger Kooperation mit einem speziell ausgewiesenen Immunde- fektzentrum erfolgen. In ihrem Beitrag geben K. Engelhardt, B. Grimbacher und T. Niehus eine Über- sicht über wichtige angeborene Immun- defekte, deren Diagnose und aktuelle The- rapiemöglichkeiten. Neutropenien bzw. Funktionsdefekte der neutrophilen Gra- nulozyten können Ursache schwerer bak- terieller Infektionen sein. Sowohl die seltenen, aber differen- zialdiagnostisch relevanten primären, als auch die häufigen sekundären, meist therapieinduzierten sekundären Neutro- penien sind Gegenstand des Beitrags von C. Zeidler. Neben der Pathophysiologie und Diagnostik werden die therapeuti- schen Optionen dargestellt. Dem häufigsten klinisch relevanten Immundefekt, dem variablen Immunde- fekt (CVID), widmet sich ein eigener Bei- trag, verfasst von K. Warnatz und S. Gold- acker. Neben einem Überblick über die genetischen Ursachen und Diagnostik be- inhaltet der Artikel eine praxisorientierte Darstellung der intravenösen und subku- tanen Immunglobulinsubstitutionsthera- pie, die eine wertvolle Orientierungshilfe auch für die adäquate Therapie sekundärer Immunglobulinmangelzustände darstellt. 632 | Zeitschrift für Rheumatologie 7 · 2013

Immundefektsyndrome; Immune defect syndrome;

Embed Size (px)

Citation preview

Einführung zum Thema

Z Rheumatol 2013 · 72:632–633DOI 10.1007/s00393-013-1159-0Online publiziert: 31. August 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

R.E. Voll1 · R.E. Schmidt2 · M. Schneider3

1 Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie und Centrum für chronische Immundefizienz, Universitätsklinikum Freiburg 2 Klinik für Immunologie und Rheumatologie, Medizinische Hochschule Hannover 3 Poliklinik für Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Immundefektsyndrome

Primäre und sekundäre Immundefizien-zen stehen im Fokus dieser Ausgabe der Zeitschrift für Rheumatologie. Die gera-de auch in Deutschland sehr aktive Im-mundefektforschung hat in den vergan-genen Jahren zahlreiche neue Gendefek-te als Ursache primärer Immundefizien-zen charakterisiert. Die Analyse der mo-lekularen Mechanismen der resultieren-den Abwehrschwäche liefert dabei oft verblüffende neue Einsichten in die kom-plexe Funktionsweise unseres Immun-systems. Nicht selten verursachen spe-zifische Gendefekte beim Menschen ein gegenüber dem Phänotyp der entspre-chenden Gen-knock-out-Maus klar dis-tinktes Krankheitsbild. Zunehmend wer-den auch bei Jugendlichen und Erwachse-nen relativ milde Varianten angeborener Immundefekte gefunden, die sonst ohne Behandlung meist schon im Kindesalter tödlich verlaufen. So kann z. B. statt des kompletten Ausfalls eines Enzyms oder Signalmoleküls nur eine funktionsgemin-derte Mutante vorliegen. Neue Methoden wie das „next generation sequencing“ tra-gen zunehmend zur genetischen Aufklä-rung von Immundefektkrankheiten bei.

Den wesentlich verbesserten diagnos-tischen Möglichkeiten stehen derzeit lei-der noch immer nur begrenzte thera-peutische Möglichkeiten gegenüber. Bei den meisten schweren primären Immun-defekten des Kindesalters gibt es weiter-hin kaum Alternativen zur allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplanta-tion, deren Erfolgsrate aber dank der ver-besserten supportiven Maßnahmen stetig steigt. Große Chancen dürfte hier die Ent-wicklung verbesserter gentherapeutischer Behandlungsmethoden bieten, die insbe-sondere das Risiko sekundärer Maligno-me deutlich reduzieren sollten.

Auch für den internistischen Rheu-matologen sind die primären Immun-defekte relevant, da viele Immundefekt-syndrome mit rheumatischen Sympto-men, oft Arthritiden, assoziiert sind. Au-ßerdem liegen in Deutschland Diagnos-tik und Therapie der Immundefekte des Erwachsenen wegen seiner immunolo-gischen Expertise meist in der Hand des internistischen Rheumatologen. Die dif-ferenzierte Diagnostik und Therapiepla-nung mutmaßlicher primärer Immunde-fekte sollte dann in enger Kooperation mit einem speziell ausgewiesenen Immunde-fektzentrum erfolgen.

In ihrem Beitrag geben K. Engelhardt, B. Grimbacher und T. Niehus eine Über-sicht über wichtige angeborene Immun-defekte, deren Diagnose und aktuelle The-rapiemöglichkeiten. Neutropenien bzw. Funktionsdefekte der neutrophilen Gra-nulozyten können Ursache schwerer bak-terieller Infektionen sein.

Sowohl die seltenen, aber differen-zialdiagnostisch relevanten primären, als auch die häufigen sekundären, meist therapieinduzierten sekundären Neutro-penien sind Gegenstand des Beitrags von C. Zeidler. Neben der Pathophysiologie und Diagnostik werden die therapeuti-schen Optionen dargestellt.

Dem häufigsten klinisch relevanten Immundefekt, dem variablen Immunde-fekt (CVID), widmet sich ein eigener Bei-trag, verfasst von K. Warnatz und S. Gold-acker. Neben einem Überblick über die genetischen Ursachen und Diagnostik be-inhaltet der Artikel eine praxisorientierte Darstellung der intravenösen und subku-tanen Immunglobulinsubstitutionsthera-pie, die eine wertvolle Orientierungshilfe auch für die adäquate Therapie sekundärer Immunglobulinmangelzustände darstellt.

632 |  Zeitschrift für Rheumatologie 7 · 2013

Ihre

Reinhard Voll,

Reinhold E. Schmidt,

Matthias Schneider

Als Rheumatologen sind wir täglich mit den Folgen unserer immunsuppres-siven Behandlungsmaßnahmen kon-frontiert. Während das Risiko für schwe-re Infektionen für die meisten immun-suppressiv behandelten Patienten fast er-staunlich gering ist, gilt es, die besonders infektgefährdeten Patienten frühzeitig zu identifizieren. Die Autoren D. Ernst, R. E. Schmidt und T. Witte erläutern zu-nächst die immunsuppressiven Mecha-nismen sowohl der konventionellen DMARDs als auch der in der Rheumato-logie eingesetzten Biologicals. Besonders werden auch die Möglichkeiten der In-fektprävention durch Impfungen und an-dere Maßnahmen dargestellt.

Die Beiträge liefern einen breiten, ak-tuellen Überblick über Ätiologie, Patho-physiologie, Diagnostik und Therapie von primären und sekundären Immundefekt-syndromen. Um den Umfang nicht zu sprengen, haben wir auf eine eingehende Behandlung der viralen Immundefizien-zen verzichtet.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Reinhard E. VollKlinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie und Centrum für chronische Immundefizienz, Universitätsklinikum FreiburgHugstetter Str. 55, 79108 [email protected]

Interessenkonflikt. R. Voll, R. E. Schmidt und M. Schneider geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Vorschau Heft 8 · Oktober 2013

Leitthema

PsoriasisarthritisRedaktion: E. Märker-Hermann, Wiesbaden

F Neues zur Pathogenese der Psoriasisarthritis

F Screening und Frühdiagnostik der Psoriasis Arthritis bei Patienten mit Psoriasis

F Bildgebende Verfahren bei Psoriasisarthritis

F Komorbiditäten der Arthritis psoriatica

F Therapie der Psoriasisarthritis

CME Zertifizierte Fortbildung

Gelenksonographie in der  Rheumatologie 

(Änderungen vorbehalten)

633Zeitschrift für Rheumatologie 7 · 2013  |