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Impuls Spiritualität Lichtblicke Adventsandachten zu Glasbildern von Johannes Schreiter der Evang.-Luth. Kirche in Bayern Sperberstr. 70, 90461 Nürnberg Telefon +49(0)9 11/43 16-312 Telefax +49(0)9 11/43 16-300 www.gottesdienstinstitut.org [email protected]

Impuls Spiritualität - Gottesdienst-Institut€¦ · rungen im Bereich der Glasmalerei. Die Einführung der ˚Brandcolla-gen ˝, seine besondere reduzierte Formensprache, die Verwendung

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  • Impuls Spiritualität

    Lichtblicke

    Adventsandachten zu Glasbildern von Johannes Schreiter

    der Evang.-Luth. Kirche in Bayern Sperberstr. 70, 90461 Nürnberg Telefon +49(0)9 11/43 16-312 Telefax +49(0)9 11/43 16-300 www.gottesdienstinstitut.org [email protected]

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    Inhaltsverzeichnis Einführung 3 Der Künstler und sein Werk 4

    Verlaufsvorschlag für alle Andachten 8 Vorschlag zur Eröffnung der Andachten 9

    Andachten zu den Glasbildern von Johannes Schreiter 10 Adventsandacht (1): Unterbrechung Adventsandacht (2): Zuversicht 16 Adventsandacht (3): Lichtblick 21 Adventsandacht (4): Glück 25

    Anhang: Kopiervorlage zu Andacht (2) - Zuversicht 28 © Gottesdienst-Institut der Evang.-Luth. Kirche in Bayern Titelseite: Johannes Schreiter, S.D.G. 17 / 2003 / GB

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    Einführung Die Adventszeit – eine Zeit zur inneren und äußeren Vorbereitung auf das Christfest – fordert uns nach wie vor heraus, sie als geprägte Zeit am Beginn des Kirchenjahres geistlich zu akzentuieren. So möchte die Reihe „Impuls Spiritualität“ Gemeinden anregen, in dieser Zeit gottesdienstliche und persönliche Spiritualität auf besondere Weise miteinander zu verbinden. Durch ausgewählte Impulse in Wort und Bild werden in der Form von Betrachtungen zu Motiven des Glaskünstlers Johannes Schreiter und erschließender Auslegung Ideen zur geistlichen Wegbegleitung durch den Advent gegeben. Schreiters so genannte „freie Glasbilder“ stammen aus seiner jüngeren Schaffensperiode. Die Motive sind auf Folien gedruckt und mit einem ablösbarem Klebestreifen auf den hochformatigen Doppel-Karten befes-tigt. So können die Folien auch leicht als Overhead-Folien verwendet oder am Fenster angebracht werden. Ein Gedicht, ein Bibelwort und adventliche Liedverse auf der Karten-rückseite treten in Dialog mit den Bildmotiven. Daraus ergeben sich die Leitgedanken für die hier vorliegenden vier Andachtsvorschläge für die Gemeinde, die, im Sinne der Bilder aus Glas, als „Lichtblicke“ in der Adventszeit gedacht sind. Ihre Themen sind: Unterbrechung, Zuver-sicht, Lichtblick und Glück. Gleichzeitig sollen die Bildkarten zur Vertiefung der persönlichen Spiritualität in der Adventszeit anregen. Wir bieten deshalb die Karten auch im „4er-Set“ mit einer beiliegenden kurzen Anleitung zur Gestaltung einer „Zeit der Stille“ an. Sie lädt ein, sich in die Stille führen zu lassen und im Betrachten von Bild und Text eine kurze Zeit am Tag zur Ruhe zu kommen. Dazu kann die Karte der jeweiligen Adventswoche an einem geeigneten Ort, z.B. am Nachttisch oder Schreibtisch, aufgestellt und evtl. davor eine Kerze angezündet werden.

    Das Kartenset eignet sich in besonderer Weise für Kirchenvorstände, Mitarbeitende, Interessierte, Suchende oder Menschen, die im Krankenhaus sind.

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    Der Künstler und sein Werk Johannes Schreiter, Glasmaler und „Farblichtkünstler“ Als einer der bedeutendsten Künstler und Lehrer seines Fachs hat Johannes Schreiter die Glasmalerei der Gegenwart maßgeblich geprägt und weiterentwickelt. Er gilt als einer der profiliertesten und inter-national bekanntesten Glasmaler der Gegenwart. Sein weltweites Renommee verdankt er vor allem seiner besonderen Sensibilität im Umgang mit Architektur. Seit Ende der 50er-Jahre ist er einer der hervorragendsten Gestalter raumgebundener Verglasungen für moderne Bauten (Banken, Foyers, Kurhäuser, Rathäuser etc.) wie für historisch bedeutende Sakralräume. Durch seine zahlreichen Ausgestal-tungen evangelischer und katholischer Kirchenräume sowie Synagogen mit z.T. kühnen Fensterprogrammen (vgl. die Entwürfe für die Heilig-Geist-Kirche in Heidelberg, den Fensterzyklus zum Sonnengesang des Franz von Asissi in der Franziskanerkirche in Rothenburg o.d.T.) hat er auch Kirche und Kunst in einen intensiven Dialog geführt. Bekannt geworden ist Schreiter u.a. durch wichtige technische Neue-rungen im Bereich der Glasmalerei. Die Einführung der „Brandcolla-gen“, seine besondere reduzierte Formensprache, die Verwendung von Plexiglas (1969) und verschiedene Airbrush- und Siebdrucktechniken (1981) haben in der Glasmalerei neue Maßstäbe gesetzt und der im europäischen Kontext eher randständigen Fensterkunst hohe Aufmerk-samkeit und Anerkennung verschafft. Johannes Schreiter wurde 1930 in Annaberg–Buchholz im Erzgebirge geboren. Nach dem Abitur studierte er Musik, wandte sich dann aber der Bildenden Kunst zu, die er in Münster, Mainz und Berlin (1949-1957) studierte. 1963 wurde er zum Professor für freie Malerei und Graphik an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt berufen, deren Rektor er 1971–1974 war. Zahlreiche Gast-dozenturen führten ihn nach Kanada, Australien, in die USA und nach Neuseeland. 1987 verließ er krankheitsbedingt die Hochschule und lebt seitdem als freischaffender Künstler in Langen bei Frankfurt.

    Die Entwicklung Schreiters zum sog. „freien Glasbild“ ist immer im Zusammenhang mit seinen anderen Schaffensbereichen wie Collage,

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    Handzeichnung und Druckgraphik zu sehen. An den freien Glasbildern lässt sich die künstlerische Gesamtentwicklung beispielhaft ablesen. So verdichten sich in ihnen häufig in besonderer Weise Form und Farbe, Linie, Fläche und Raum, Konstruktives und Informelles zu einer unauf-lösbaren, bildnerischen Einheit (vgl. G. Sehring, a.a.O., S. 20).

    Zwischen 1982 und 2004 hat Schreiter mehr als doppelt so viele freie Glasbilder gefertigt als in den vorangegangenen zwei Jahrzehnten. Dabei sind für diesen Glasmalerei-Typus - bei aller Offenheit - folgende Merkmale zutreffend: Zum Ersten ist das „freie Glasbild“ nicht zwingend an Architektur gebunden. Es ist schon deshalb (auch für Ausstellungszwecke) „mobil“ und meistens kleinformatig. Zum Zweiten sind der Entwurf und die Ausführung unabhängig von einem Auftraggeber und einer inhaltlichen oder formalen Zweckbestimmung. So präsentiert das zeitgenössische freie Glasbild eine schöpferische Leistung: die eigenständige Bildsprache (vgl. G. Sehring, S. 19).

    Schreiters „freie Glasbilder“, zu denen auch die von uns ausgewählten Motive gehören, sind in Farb- und Formgebung u.a. auch inspiriert von dem amerikanischen Maler Mark Rothko und dessen motivreduzierter, farbintensiver Farbflächenmalerei. Das für Rothko charakteristische Bildbauschema übernimmt Schreiter, ergänzt es aber immer mit seinen zeichnerischen „Gesten“, u.a. der für ihn typischen und immer wieder-kehrenden, leer in den Farbraum hinein verlaufenden Bleirutenzeich-nung, oder einer Variation einzelner auf- und absteigender oder quer laufender Linien, die Schwingung und Spannung in den angrenzenden Bildraum bringen. Rothkos Bilder, deren energetisches Farblicht Schrei-ter faszinierte und das seinem generellen Interesse am Typus des Medi-tationsbildes entgegenkommt, sind für ihn nicht nur motivische Inspirationen, sondern in ihrer Klarheit und Eindringlichkeit auch „Bastionen gegen die verwahrloste, spekulative Bilderflut unserer Amüsierkultur“ (Schreiter in: Freie Glasbilder, G. Sehring S. 49). Schreiter ist es ein besonderes Anliegen, auf die in der Entwicklung unserer Gesellschaft hinterlassenen „Lücken“ mit seiner Kunst zu reagieren. So sagt er:

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    „Die entstandenen Lücken, auf die ich mich konzentrieren möchte, bestehen m. E. im Rückzug der Stille, in der Auflösung der Ordnungen und in dem schließlich daraus resultierenden Sinnverlust. Beginnen wir mit der Stille. Woran es uns heute mit Sicherheit nicht fehlt, das ist der Lärm … fast alles springt uns z. Zt. laut und rücksichtslos an: die Reklamewelt mit ihrem Farbenterror und ihren schrillen Slogans, die Zeitschriftenschwemme, das Fernsehen, die Supermärkte und nicht zuletzt das optische und akustische Ausflippen unserer Innenstädte. Wenn sich Kunst überhaupt noch Dimensionen unserer Welt zur Verfügung stellen möchte, die nicht schon mehr als genug durch andere Akteure abgedeckt sind, dann bleiben ihr tatsächlich nur noch die eben genannten Biotope Stille, Ordnung und Sinn. Die Eindringlichkeit des Leisen und die Barmherzigkeit des Einfachen wären Beiträge von zutiefst therapeutischer Tragweite. Hier würden wir mit Qualitäten aufwarten, die zudem keinerlei Verschleiß unterliegen. Solange es Menschen gibt, werden diese beiden unschein-baren Medikamente nie zu entbehren sein.“ „Balsam für unsere Seele ist nun einmal das Überschaubare, Dechiffrierbare, kurz alles Einfache. Es ist gleichermaßen barmherzig, angstverhindernd und schön. Dass der optische Friede durch eine emporschnellende Linie ebenso wenig aufgehoben werden kann, wie das kontemplative Betrachten eines Ozeans durch einen vorüberfliegenden Vogel, bedarf sicher keiner besonderen Begründung.“ (Confession 2000/ Johannes Schreiter zur Ethik der Kunst, S. 20 und 34.) Bei seinem gesamten künstlerischen Arbeiten geht es dem Künstler grundsätzlich weniger um das Glas als Material als vielmehr um die immaterielle Qualität des Lichts. Schreiter sagt: „Die Herausforderung des Mediums Glas besteht für mich darin, hier mit einem Material arbeiten zu können, das eben nicht mehr als Materie in Erscheinung treten muss. Ergo bin ich mit der Hervorbringung von „Lichtgestalten“ befasst: Mein Stoff ist sozusagen die „Stofflosigkeit“ (in: Freie Glasbilder, G. Sehring, S. 20). Das transparente Medium Glas soll durchlässig für die dahinterliegende Transzendenz werden können und den Menschen mit Gott in Verbindung setzen.

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    S.D.G. lateinisch: Soli Deo Gloria (= Gott allein sei Ehre) ist ab 1995 als ein neuer Werktitel bei Schreiters Werken zu finden. Damit stellt er sowohl eine Beziehung zur Architektur - die Inschrift ist oft an Kirchenportalen zu sehen - als auch zur Musik Johann Sebastian Bachs her; Bach unterschrieb viele seiner Kompositionen mit dieser Notiz. Zur Ehre Gottes will Schreiter arbeiten und bewegt sich - wie Bach - in seiner Kunst „nachtwandlerisch sicher auf der Grenzlinie zwischen Weltlichkeit und Himmelslied.“ (Theo Sundermeier, in Laudatio bei Verleihung der Ehrendoktorwüre durch die Universiät Heidelberg.) Schreiters Kunst provoziert, sie macht es den Betrachtenden nicht immer leicht, ihr zu folgen. Aber gerade in dieser klaren Strenge und Unerbittlichkeit, die der Maßstab für sein Schaffen in jeder Hinsicht sind, wird er zu einem wichtigen und anregenden Gesprächspartner für die Theologie.

    Die ausgewählten Karten-Motive wollen anregen, sich im Betrachten auf Farben und Formen einzulassen und sich ansprechen zu lassen, von dem, was sich uns in der Stille erschließt.

    Verwendete Literatur: • Confessio 2000, Johannes Schreiter zur Ethik der Kunst,

    Darmstadt 2000 • Gunther Sehring, Freie Glasbilder - Johannes Schreiter,

    Regensburg 2005 • Theo Sundermeier, Aufbruch zum Glauben. Die Botschaft der

    Glasfenster von Johannes Schreiter, Frankfurt 2005

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    Verlaufsvorschlag für alle Andachten Eröffnung Stille Lied Psalmgebet Instrumentalmusik

    Verteilen der Karten oder Auflegen der Folie Verkündigung Instrumentalmusik Lied Gebet Vaterunser Segen

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    Vorschlag zur Eröffnung der Andachten Von Herzen freundlich ist Gott, ein Licht aus der Höhe wird uns besuchen, wie die Sonne am Morgen aufstrahlt, und wird uns allen erscheinen in Finsternis und Schatten des Todes. Er wird unsere Füße lenken auf den Weg zum Frieden, und der Friede wird über unseren Schritten sein. Lk 1 nach einer Textübertragung: Jörg Zink

    Mit diesen Worten aus dem Lobgesang des Zacharias im Lukasevangelium grüße ich Sie zur Adventsandacht. Wir haben hier einen Ort, um aufzuatmen und um zur Ruhe zu kommen. Advent lädt ein zum ruhig werden leise sein und lauschen in die Stille tauchen in die Tiefe in Gottes Herz und auf die Antwort zu warten die da kommen wird Nach Eva-Maria Leiber

    Wir nehmen uns eine kurze Zeit der Stille, einige Atemzüge lang, um zur Ruhe zu kommen. (Evtl. mit Klangzeichen „ein- und ausläuten“.)

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    Andachten zu den Glasbildern von Johannes Schreiter

    Adventsandacht (1): Unterbrechung Verlaufsvorschlag Eröffnung Lied: Wie soll ich dich empfangen (EG 11, 1-3) Psalmgebet Instrumentalmusik Verteilen der Karten oder Auflegen der Folie auf Overheadprojektor Verkündigung Instrumentalmusik Lied: Wie soll ich dich empfangen (EG 11, 6.7) Gebet Vaterunser

    Segen

    Anregungen für die Verkündigung Einführung

    Das Bild vor Ihren Augen ist ein Glaskunstwerk des Glasmalers Johannes Schreiter. Es ist ein so genanntes „freies Glasbild“, ein Glasbild also, das nicht zweckgebunden als Fenster für eine Kirche oder ein Foyer gestaltet wurde. Glasbilder sind mehr als Bilder. Glasbilder brauchen Licht, um lebendig zu werden. Sie halten sich, aufgespannt wie eine dünne Haut, dem Licht hin, lassen sich von ihm durchscheinen und bringen so ihre Farben und Formen zum Leuchten. In ihrer Durchlässigkeit sind sie auch so etwas wie Botschafter des dahinter liegenden Lichtes. Sie weisen auf eine andere, im wahrsten Sinne des Wortes hintergründige Wirklichkeit hin. Johannes Schreiter geht es in seinen Glas-Kunstwerken vor allem um diesen Hinweis auf die Wirklichkeit Gottes jenseits dessen, was wir vordergründig wahrnehmen. Und von dieser Wirklichkeit spricht er, sie

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    bringt er ins Spiel durch ausdrucksstarke Farben und ganz reduzierte Formen. Lassen Sie dieses Glasbild einige Zeit auf sich wirken, die Farben, die Linienführung … Wie wirkt es auf mich? Was kann ich erkennen? Was fällt mir dazu ein? … Zeit zur eigenen stillen Betrachtung

    Das Glasbild Vielleicht haben Sie sich beim ersten Betrachten dieses Glasfensters gefragt: Was soll ich denn damit anfangen? Was soll das denn sein? Was hat das denn mit Advent zu tun? Vielleicht hat Sie aber auch die warme rote Farbe angesprochen und Sie in ihren Bann gezogen. Ein wunderbar sattes Rot füllt das Bild, ein Rot, das für Liebe, für Leidenschaft steht. Dieses Rot ist Nährboden für eine zarte Linie, eine pflanzenartige Form, die auf der linken Bildhälfte nach oben zu wachsen scheint. Ganz im Kontrast dazu steht ein starrer schwarzer Streifen rechts, den das Rot umschließt, wenn auch nicht berührt. Denn neben dem Schwarz drängt rechts und links weißes Licht hervor; ja, das Schwarz scheint eingebettet in das Weiß. Weiß bedeutete schon im Mittelalter nicht die „Abwesenheit“ von Farbe, sondern war das Zentrum aller Farben. Weiß ist für den Glaskünstler Schreiter die Licht-farbe, die alles Licht in sich vereinigt. Es ist die Farbe, in der sich alles bricht und die das Transzendente, das Göttliche am wesentlichsten zum Ausdruck zu bringen vermag.

    Bei näherem Hinsehen können wir erkennen, dass das hereindrängende weiße Licht die schwarze Starre auch von oben her aufzulösen beginnt. Und dann: die Unterbrechung. Seitwärts wirft sich eine im Rot verankerte kraftvolle Linie in den schwarzen Balken und unterbricht, ja zerbricht ihn vollständig, so dass das darunter liegende Licht sich Raum nehmen kann. Und wo die Unterbrechung ansetzt - wir erkennen es an den blauen Nahtstellen -, da wirkt wohl auch ein Stück Himmel mit. Der dunkle Strom wird unterbrochen. Eine Kraft, die sich aus dem Rot speist, eine Kraft der Liebe wirft ihren Anker in das Dunkle und schafft Neues, schafft Licht. Das können wir hier erkennen. Davon erzählt

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    dieses Glasbild. Der dunkle Fluss, den wir in unserem Leben spüren, die tiefen Täler, durch die wir gehen, sind gehalten in Gottes Licht und grundsätzlich unterbrochen. Das Licht wird sich durchsetzen. Der Künstler widmet sein Glasbild „Soli Deo Gratia“ - „Allein Gott zur Ehre“.

    Deutung (1) Uns an diese grundsätzliche Unterbrechung zu erinnern, dazu braucht es unsere eigenen Unterbrechungen. Zur Ehre Gottes? Ich denke: Ja. Die Adventszeit schenkt uns Zeit, vier ganze Wochen, in denen wir uns Zeit nehmen, uns auf das große Fest, das Weihnachtsfest vorzubereiten. Nicht nur im Rennen und Besorgen. Auch in der Einübung der kleinen Unterbrechungen. In und zwischen allem Vorbereiten, Wegschaffen, Planen und Konsu-mieren soll Stille sein und Freude, so heißt es in dem Text auf unserer Karte. Wir dürfen, ja wir sollen uns selbst unterbrechen. Damit Stille wachsen kann, in der wir auch die leisen Töne dieser Advents-Zeit hören können. „Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden.“ So heißt ein einfacher Liedvers, den wir jetzt einige Male miteinander singen. Ein Wegbegleiter in die Stille. …

    Schweige und höre

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    (Der Vers kann gut ohne Liedblatt gelernt werden: Den Text zweimal vorsprechen, einmal vorsummen, gemeinsam einstimmen, dreimal hintereinander singen. Danach folgt eine kurze Stille.)

    Lesung des Kartentextes Du sollst dich selbst unterbrechen. Zwischen Arbeiten und Konsumieren soll Stille sein und Freude dem Gruß des Engels zu lauschen: Fürchte dich nicht!

    Deutung (2) Die erste Unterbrechung im Alltagsgeschäft will Raum schaffen, auf den Engel im Advent zu lauschen. Das Evangelium erzählt, dass es mit einem Gruß begann. Gottes Sehn-sucht nach den Menschen fand im Gruß und der Botschaft eines Engels Ausdruck. Gabriel verkündet Maria von der großen, bevorstehenden Unterbrechung: In ihrem Leben und im Leben der Menschheit. Neues will wachsen in deinem Leben. Alles, was du dir für dich ausgedacht hast, wird anders werden. Fürchte dich nicht! Gilt der Gruß des Engels auch uns? In der Stille mögen wir den Adventsgruß des Engels auch an uns hören. Sein: Fürchte dich nicht!

    Schweige und höre Wir singen noch einmal gemeinsam „Schweige und höre“. …

    Lesung des Kartentextes Die zweite Unterbrechung, von der hier die Rede ist, will Raum schaffen, es in mir singen zu hören.

    Zwischen Aufräumen und Vorbereiten sollst du es in dir singen hören, das leise Lied der Sehnsucht: Maranata, komm, Gott, komm!

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    Deutung (3) Schweigen und hören, bis ich es in mir singen höre: Maranata, komm, Gott, komm! Das ist der alte Ruf der Kirche, die mit brennendem Herzen die Wiederkunft Christi erwartete. Maranata, komm, Gott, komm! Außer in Stoßgebeten ist uns dieser Ruf vielleicht fremd geworden, aber er drückt sich in den Texten und Melodien vieler unserer Adventslieder aus, die wir in diesen Wochen singen. „O Heiland reiß die Himmel auf“, z.B., wenn es in den alten Worten heißt: „O komm, o komm vom höchsten Saal, komm tröst uns hier im Jammertal.“ Kennen Sie das, dass es in Ihnen singt, dass ein Lied in Ihnen auftaucht? Singen öffnet die Seele, singen weitet den Atem. Singen unterstützt das Lauschen. Maranata, komm, Gott, komm!

    Lied: Schweige und höre Noch einmal wird gemeinsam „Schweige und höre“. gesungen.

    Lesung des Kartentextes Die dritte Unterbrechung will Raum schaffen, mich an die eigene Unverfügbarkeit zu erinnern.

    Zwischen Wegschaffen und Vorplanen sollst du dich erinnern an den ersten Schöpfungsmorgen, deinen und aller Anfang, als die Sonne aufging ohne Zweck und du nicht berechnet wurdest in der Zeit, die niemandem gehört außer dem Ewigen.

    Deutung (4) Von allem Anfang an, so heißt es hier, bin ich ein Geschöpf Gottes, zu nichts verzweckt, nicht berechnet. Können wir diesen Gedanken überhaupt zulassen, wir Geschäftigen und Umgetriebenen? Geboren zu sein, allein um Gott zu loben. Frei in der Zeit, die niemandem gehört außer dem ewigen Gott. Wie kann diese große Freiheit in unserem

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    Alltag zum Ausdruck kommen? Ich sehe eine Frau vor mir. In der Kittelschürze sitzt sie am Abend auf der Bank vor dem Haus. Die Hände im Schoß. Dasitzen und schauen. Nichts tun. Den Abend genießen. Ich denke an einen Professor, der erzählte, wie er sich in die ungewohnte Freiheit des Nichtstuns einübt: Er legt sich auf sein Sofa, ohne Buch und ohne Zeitung, und starrt Löcher in die Luft. Kleine Unterbrechungen. Sie ermöglichen Stille, sie lassen, wenn das Echo unserer Geschäftigkeiten in uns abgeklungen ist, langsam Frieden in uns wachsen. Sie heiligen die Zeit. Auch diese Adventszeit. In diesen kleinen Unterbrechungen im Advent kann das Rot der Liebe und Wärme Gottes und sein helles Licht die Dunkelheiten unseres Lebens durchleuchten, unterbrechen und auch auflösen, wovon uns hier das Glasbild kündet.

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    Adventsandacht (2): Zuversicht Verlaufsvorschlag Eröffnung Lied: O Heiland reiß die Himmel auf (EG 7, 1.2) Psalmgebet

    Gott, du bist meine Zuflucht. Bei dir bin ich sicher wie in einer Burg. Auf dich, Gott, vertraue ich. Du wirst mich retten vor den Fallen, die mir gestellt werden, aus Gefahr und Verderben. Du breitest deine Flügel aus über mir. Unter deinen Schwingen finde ich Zuflucht, Schild und Schutz ist mir deine Treue. Ich muss nicht erschrecken vor dem Grauen der Nacht. Denn du bist meine Zuflucht, bei dir finde ich Schutz. Nach Psalm 91

    Instrumentalmusik Verkündigung Lied: O Heiland reiß die Himmel auf (EG 7, 3.5.7)

    Gebet: Mach in mir deinem Geiste Raum Dass ich dir werd ein guter Baum Und lass mich Wurzel treiben. Verleihe, dass zu deinem Ruhm Ich deines Gartens schöne Blum Und Pflanze möge bleiben. Paul Gerhardt

    Vaterunser

    Segen

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    Anregungen für die Verkündigung Hinführung

    Die Tage im November und Dezember sind für viele von uns schwer zu ertragen. Nass ist es, kalt und dunkel. Schon früh am Nachmittag wird es dämmrig. Um fünf Uhr müssen wir bereits überall Licht anmachen. Viele verlassen das Haus morgens noch in der Dunkelheit, und wenn sie nach Hause kommen, ist es schon wieder Nacht geworden. Die Natur hat sich ganz in sich zurückgezogen. Die Gärten sind laubbedeckt, und die Bäume ragen grauschwarz und kahl in den Himmel. Diese Zeit im Jahr kann uns zu schaffen machen. Nicht selten sehnen wir uns danach, uns - wie die Natur - ganz in uns zurückzuziehen, ja am liebsten vielleicht sogar einen Winterschlaf zu halten, bis das Frühjahr wieder kommt mit Licht, Sonne und Wärme. Auf sie warten in dieser Jahreszeit viele von uns sehnlich. Und wir hoffen, dass es bald wieder „aufwärts“ geht. Wie die düstere Natur uns nötigt, wider allen Anschein an dieser Hoffnung auf Licht und Grün festzuhalten, so gibt uns auch das Kirchenjahr in der Adventszeit Zeit, uns mit unseren Hoffnungen und Erwartungen zu beschäftigen. So wie wir auf das wiederkehrende Licht hoffen, im Bewusstsein, dass in allen kahlen Ästen und in der graslosen Erde schon das Grün des nächsten Frühjahrs verborgen liegt, so warten wir im Advent auf die Feier der heiligen Nacht, auf das Christfest, an dem wir das Erscheinen des Lichtes Gottes feiern. Und in allem, was wir vorbereiten und tun, damit es an Weihnachten „schön“ werden kann, bringen wir auch unsere Sehnsucht zum Ausdruck, letztendlich von diesem Licht Gottes angestrahlt zu werden, erhellt, erwärmt zu werden, ja eigentlich im Tiefsten uns geliebt und geborgen zu wissen. Die Adventszeit gibt dieser Sehnsucht Raum und nimmt sie ernst. Sie schenkt Zeit, auf den Strom der Sehnsucht, der unter unseren vielen Tagesgeschäftigkeiten fließt, zu schauen. Was erwarten, was erhoffen wir (noch) für uns? Worauf warten wir in der Tiefe unseres Herzens? Es folgt leise Instrumentalmusik, die Raum zum Nachdenken gibt.

    Wir bleiben mit unserer Sehnsucht nicht allein. Wir dürfen sie Gott sagen und hinhalten. Und wir schauen auf Gottes Verheißungen, die die Wegbegleiter der Adventszeit sind. Verheißungen, wie sie uns die

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    Propheten überliefert haben. Sie ermutigen, über den Zaun unseres Lebens zu schauen. Sie fordern uns auf, nicht aufzugeben und uns nicht resigniert im Vertrauten und Bekannten einzurichten.

    Jes 43 So sagt der Prophet Jesaja:

    So spricht Gott: Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde. Jesaja 43, 19

    Das Glasbild Die Bildkarte „Zuversicht“ wird verteilt oder die entsprechende Folie auf dem Overheadprojektor aufgelegt.

    Lassen Sie das Bild einige Zeit auf sich wirken … die Farben, die Linienführung … Zeit zur eigenen stillen Betrachtung.

    Wiederholung der Lesung von Jes 43 Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Deutung Das Neue, Aufwachsende hat der Glaskünstler Johannes Schreiter hier mit dieser lebendigen Linie in der Mitte des Bildes ausgedrückt. Ein neues Reis hat den vielschichtigen Boden durchdrungen und wächst empor. Zerbrechlich wirkt es und zart. Lebendig und suchend streckt es sich in den lichtgrünen Raum. Noch sind keine Blätter oder Blüten zu erkennen, wenn auch im Verborgenen schon angelegt. Doch das frische Grün, in das dieser Trieb hineinwächst, ist wie ein Hoffnungsraum, der

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    Zuversicht gibt, dass er darin weiter wachsen, seine Gestalt finden und erblühen wird. „Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde“, spricht Gott durch Jesaia. Wege in Wüsten und Wasserströme in Einöden: das sind prophetische Bilder des Heils, ja der Heilung. Und es ist gut, wenn wir uns aus diesen biblischen Bildern des Heils nähren. Es ist das Schwarzbrot unserer christlich-jüdischen Tradition. Bis auf den heutigen Tag teilt es sich aus als Hoffnungskraft, an der sich Menschen festhalten. Da ist ein Ehepaar, das kurze Zeit im Ruhestand miteinander verbracht hat. Plötzlich erleidet der Mann eine Herzattacke und sinkt ins Koma, aus dem er nicht mehr erwacht und dann nach einem Jahr im Pflege-heim auch stirbt. Die Vorstellungen über das gemeinsame Altwerden, die Sehnsucht, das oft aufgeschobene gemeinsame Leben jetzt endlich leben zu können, sind jäh durchkreuzt. Das gemeinsame Haus ist plötzlich groß und leer geworden. Ein Umzug wird notwendig. Der ganze äußere und innere Halt ist plötzlich weg gebrochen. Die zurück-gebliebene Ehefrau erlebt das wie eine Wüste, so nennt sie es häufig selbst. Ausweglosigkeit, Einsamkeit. Zukunftsängste. In dieser Wüste geschieht nun Unvermutetes: Die verstreut lebenden, erwachsenen Kinder wachsen in der Fürsorge für den kranken Vater und in der Begleitung der Mutter erneut zusammen. Freunde, Bekannte der Familie schreiben, trösten und bieten Hilfe an. Da wächst so viel Neues, dass plötzlich Wege sichtbar werden, wie es nach dem Tod des Mannes weitergehen und wie sich die Frau in ihren neuen Lebensabschnitt hineinwagen kann. „Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde“, spricht Gott durch Jesaja. Diese Verheißung beginnt im Leben der Frau zu leuchten. So deutet sie es selbst voll neuer Zuversicht. Verheißungen sind „Trotzdem-Worte“, sie trotzen den Gegebenheiten. Sie sind wie erfrischendes, Grün schaffendes Wasser, das sich im trockenen Land in Strömen ausbreitet. Verheißungen sagen: Ihr seid umsorgt von Gott. In allem, was euch zustößt und was ihr erlebt. Haltet euch daran fest. Es gibt Wege in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

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    So wächst das noch unscheinbare Pflänzchen Zuversicht in den grünen Raum der Hoffnung. Darüber wird der Himmel über uns aufgehen, wie er sich auch hier auf dem Glasbild in seinem tiefen Blau über dem Grün aufspannt. Sein Tau wird die Erde erfrischen. Seid voller Zuversicht!

    Lesung des Kartentextes Die kirgisische Dichterin Lore Reimer drückt diese Erkenntnis so aus: (Kartentext zweimal langsam hintereinander lesen):

    im innendunkel des samenkorns das kleingefaltete grünleuchten der verheißung Lore Reimer

    Abschluss Möge uns das „Grünleuchten der Verheißung Gottes“ in diesem Advent erreichen und uns Zuversicht für uns und diese Welt schenken. Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht? Zum Abschluss der Verkündigung können ggf. kleingefaltete grüne Zettel verteilt werden, auf denen ein Teil der Verheißung des Jesaja steht. Zwei Kopiervorlagen finden sich auf S. 28f).

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    Adventsandacht (3): Lichtblick Verlaufsvorschlag Eröffnung Lied: Macht hoch die Tür (EG 1, 1.2) Psalmgebet:

    Ich heb meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt von dir, Gott. Du hast Himmel und Erde gemacht. Du wirst meinen Fuß nicht gleiten lassen. Du behütest mich und schläfst nicht. Du gibst mir Schatten und stehst mir zur Seite. Bei Tag wird mir die Sonne nicht schaden noch der Mond bei Nacht. Du behütest mich vor allem Bösen. Du behütest mein Leben. Du behütest meinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit. Nach Psalm 121, in: Hanne Köhler, Gott, Freundin der Menschen, S.35

    Instrumentalmusik Verteilen der Karten oder Auflegen der Folie Verkündigung Instrumentalmusik Lied: Er ist die rechte Freudensonn (EG 2, 1-3)

    Gebet Vaterunser

    Segen

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    Anregungen für die Verkündigung Das Glasbild

    Lassen Sie das Bild einige Zeit auf sich wirken, die Farben, die Linienführung … Wie wirkt es auf mich? Was kann ich erkennen? Was fällt mir dazu ein? … - Stille -

    Beim Betrachten dieses Glasbildes treten wir in die Nacht hinaus. In ihr sind die Umrisse einer Landschaft erkennbar. In der Mitte der Horizont eines Berges, dessen Fuß in eine nachtschattengraue, baumlose Land-schaft übergeht. Der Gipfel des Berges ragt in den offenen Nacht-himmel, überstrahlt von einem leuchtenden Sternenband. In dem hoch am Himmel stehenden Sternbild tritt rechts ein ganz besonderer Stern hervor. Ist es der Stern von Bethlehem? Himmel, Berg und Land sind in eine tiefblaue Nacht getaucht, aber nicht darin verschluckt. Da ist ein unerwartetes Ereignis, das aufmerken lässt. Ein Einbruch. Ein Durchbruch. Schmales weißes Licht dringt von unten in das Bild. Wie ein Blitzstrahl drängt es sich durch die Mitte von Land und Berg und lässt lichtes Weiß in das Dunkle hereinbrechen. Dies alles wirft einen Schatten auf ein mächtiges Gebilde, einen starren schwarzen Winkel, der das Bild massiv dominiert. Wie mit Krakenarmen scheint er sich an den Berg zu klammern und seinen Platz zu behaupten, so mächtig, dass er in seinen Ausmaßen den Berg in seinem Zenit übersteigt und mit seinem Ende sogar über den unteren Bildrand hinausreicht. Gleichwohl scheint dieses schwarz Erstarrte der Leichtigkeit des einfallenden Lichts nichts entgegenzusetzen zu haben, ja man kann fast den Eindruck gewinnen, dass dieses schmale Licht das Schwarze zur Seite drängt, es wie einen Türflügel öffnet, so dass das Licht mit großer Klarheit vorwärts fließend Raum gewinnen wird. Schon zeichnet eine lebendige Linie, die durch den Gipfel des Berges in den Himmel aufsteigt, vor, wohin der Einbruch des Lichtes verlaufen wird. Wie ein Riss in der Nacht kündigt sie an, dass der schmale Lichteinfall allen Hindernissen zum Trotz sich weiter ausbreiten wird, hinaufdrängt bis zum Licht der Sterne. Licht wird sich ausbreiten.

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    Die Nacht ist vorgedrungen, Str. 1 Diese Hoffnung und Gewissheit des alles durchdringenden Lichtes, die Johannes Schreiter hier ins Bild gesetzt hat, hat Jochen Klepper in seinem Lied: „Die Nacht ist vorgedrungen“ auf seine Weise in Liedstrophen verdichtet. Wir singen die erste Strophe. Die Melodie wird instrumental vorgespielt. Lied: Die Nacht ist vorgedrungen (EG 16, 1) Es folgt ein instrumentales Nachspiel.

    Deutung (1) Dieses Lied ist ein Lied der Hoffnung. Es erzählt von der Gewissheit, dass die Nacht zu Ende geht und das unaufhaltsam wachsende Licht des Morgens anbrechen wird. Wer oft nachts wach liegt und sich mit Gedanken und Sorgen quält, wer Schmerzen hat oder an seiner Einsam-keit leidet, weiß, wie lange die Nacht sein kann und wie die Nacht alles vergrößert und verlängert. Die Nacht hat eine Kraft, das Dunkle und Schwere noch dunkler und schwerer zu machen, einen Sog, der uns gefangen hält, wenn wir wach liegen und das Dunkle scheinbar kein Ende nehmen will. Da ist der anbrechende Morgen ein Trost. Vieles stellt sich dann im wahrsten Sinn des Wortes „in einem anderen Licht dar“ und lindert und verkleinert die Nöte. Der anbrechende Morgen war für den Liederdichter Jochen Klepper ein Sinnbild für seine tiefe Hoffnung und Glaubensgewissheit. Im Morgen-stern, der aufleuchtet, zeigte sich ihm Christus selbst und erwies sich ihm wie ein aufgehendes Licht in seinem Leben, dem er lobsingen wollte. Wie ernsthaft diese Einsicht für Jochen Klepper war, zeigt seine Lebensgeschichte. Das Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“ entstand 1938, in einer Zeit kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges. Durch seine jüdische Frau und deren Töchter hatte Klepper im National-sozialismus nicht nur den Verlust seines Berufes als Journalist hinneh-men müssen. Bald wurde auch deutlich, dass er seine Familie nicht vor dem Abtransport in ein Konzentrationslager bewahren konnte. In dieser verzweifelten Situation erschien ihm in Solidarität mit seiner Familie kein anderer Ausweg als der gemeinsame Freitod. Selbst an seinem tragischen Ende 1942 verlor Klepper nicht den Blick auf die Heilszusage Gottes, die er mit der Klarheit des Morgensterns

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    heraufziehen sah. Damals schrieb er in sein Tagebuch: „Wir hoffen irdisch nichts mehr; aber wo wir von Gottes Freundlichkeit gesungen und gepredigt hören, da wird uns das Herz weit.“

    Die Nacht ist vorgedrungen, Str. 4 [Wir singen die Strophe 4 von Die Nacht ist vorgedrungen.] Die Melodie wird instrumental vorgespielt. Lied: Die Nacht ist vorgedrungen (EG 16, 4) Es folgt ein instrumentales Nachspiel.

    Deutung (2) Kleppers persönliches Schicksal hat ihn vor unrealistischen Träume-reien bewahrt. Er wusste: Im Glauben verankert zu sein, schafft das Dunkel nicht ab. Das Dunkel wird weiter bestehen, wie immer seine Namen auch sein werden. Das hat er erfahren. So sagt er: „Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld.“ Umso tiefer ist zu verstehen, was er trotzdem bezeugte. Zutiefst hielt er in allem Dunkel daran fest, dass Gott in Christus den Morgenstern in unser Herz gegeben hat. Er wandert mit uns durch die Zeiten. Das Dunkel wird bleiben, aber es wird mich nie verschlingen können. Das hatte auch Klepper bis zu seinem Ende gehofft. Kurz vor seinem Tod schrieb er in sein Tagebuch: “Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“ Noch in der Konsequenz des Freitodes wusste sich Jochen Klepper gehalten vom liebenden Anblick Christi. Nächte und Dunkelheiten und ihre Gewalten bleiben. Aber sie sind letztlich machtlos gegen das Licht, das die Dunkelheit aufbricht und durchbricht. Auch in unserem Leben. So bezeugen es der Dichter und der Maler. Daran richten wir uns in der Adventszeit aus. So werden wir es an Weihnachten feiern. Im Glanz des Morgensterns Christus erscheint uns das liebevolle Antlitz Gottes, das Licht in uns aufscheinen lässt.

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    Adventsandacht (4): Glück Verlaufsvorschlag Eröffnung Lied: Ihr lieben Christen, freut euch nun (EG 6, 1.2) Psalmgebet: Psalm 100 Instrumentalmusik Verteilen der Karten oder Auflegen der Folie Verkündigung Instrumentalmusik Lied: O komm, o komm, du Morgenstern (EG 19, 1-3) Gebet Vaterunser Segen

    Anregungen für die Verkündigung Das Glasbild

    Lassen Sie das Bild einige Zeit auf sich wirken, die Farben, die Linienführung … Wie wirkt es auf mich? Was kann ich erkennen? Was fällt mir dazu ein? … - Stille -

    Das lichtdurchflutete, warme Gelb dieses Glasbildes nimmt uns ganz hinein in das Thema, auf das wir nun in dieser letzten Woche der Adventszeit zugehen: Das kommende Licht an Weihnachten „Steh auf! Freue dich! Dein Licht kommt!“ So sagt es uns der Prophet Jesaja. In diesem Glasbild ist sozusagen das Licht von Weihnachten einge-fangen, und wir sehen in dieser Woche auf dieses Licht, das uns von Weihnachten her schon entgegenleuchtet. Unser Blick wird von dem strahlenden Glanz in der Mitte des Bildes angezogen. Ein geheimnisvoll gleißender Lichtschein verbreitet sich dort, zum Teil gehalten von kreuzenden, schwarzen Linien, die auch in die Tiefe des Glanzes einzudringen scheinen. Ganz umfangen ist die Mitte aber von einem strahlend weißen, quadratischen Lichtband, das

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    Strenge und Klarheit zugleich vermittelt und dem Bild eine mehrstufige Tiefe gibt. Wie durch Tore schreitet der Blick zur Mitte. Dieses Bild ist wahrhaftig ein Meditationsbild, das weniger der Worte bedarf, als der schweigenden Betrachtung. Kurze Stille

    „Über dir geht Gottes Licht auf und sein Glanz erscheint über dir.“ Was scheint uns aus der Mitte entgegen? Eine aufgehende Sonne, die ihre gleißenden Lichtstrahlen über den Horizont schiebt? Das Morgenlicht der Ewigkeit? Der Lichtglanz der Engel auf dem Feld? Der Lichtschein der Krippe im Stall zu Bethlehem? Was auch immer wir vermuten: Der Lichtschein weckt Erwartung. Er ist der Vorbote für etwas Größeres, das diesen Schein augenscheinlich entfaltet. Der Liederdichter Paul Gerhardt beschreibt in seinem wunderbaren, meditativen Weihnachtslied: „Ich steh an deiner Krippen hier“ im 2. Vers etwas vom „vorauseilenden“ Glanz Gottes, der in unsere Leben hineinstrahlen will.

    Ich steh an deiner Krippen hier, Str. 2 Die Melodie wird intoniert, danach die zweite Strophe von EG 37 zweimal gesungen.

    Deutung (1) In diesem Vers wird ein Anfang vor meinem Anfang besungen. Der Anfang, den Gott für mich bereitet hat, wie eine Mutter und ein Vater, die sich auf die Ankunft ihres Kindes vorbereiten. Gott ist vor unserer Zeit schon auf uns vorbereitet. Sein Glanz leuchtet auf in der vorausschauenden Fürsorge und Zärtlichkeit seiner Liebe. Von Anfang an ist alles bedacht, uns, mich und dich zu empfangen und willkommen zu heißen. Vor allem Anfang ist da die liebende Sehnsucht unseres Gottes, seinen Menschen, mir und dir nahe zu sein. Schon vor meiner eigenen Geburt bin ich geliebt und ausersehen, und es war Gottes Wunsch und Wille allezeit, mein zu werden.

    „Da hast du schon bei dir bedacht, wie du mein wolltest werden“, sagt Paul Gerhardt.

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    Das ist der Glanz von Weihnachten, der uns erwartet. Ein Gott, der sich freut, mir zu begegnen. Wir sind erwartet. Ein Gott, der uns nahe kommen will, weil wir von ihm kommen. Die Melodie von Ich steh an deiner Krippen hier wird noch einmal vorgespielt.

    Deutung (2) Neugeborene Kinder, so scheint es manchmal, spiegeln noch etwas von diesem Glanz Gottes, von dieser „Anderswelt“ Gottes, aus der sie kommen. Auch Geschwister können das spüren:

    Ein junges Paar hat ein zweites Kind bekommen. Das dreijährige Schwesterchen freut sich über das kleine Brüderchen. Nach einer Weile beginnt es, die Eltern zu bitten, einmal mit dem Brüderchen allein sein zu dürfen. Die Eltern sind unentschlossen, lehnen ab, besorgt, ob nicht etwas Unerwünschtes mit dem Neugeborenen geschieht. Das Mädchen bettelt weiter. Immer wieder bringt es seinen Wunsch vor, einmal mit dem Bruder allein sein zu dürfen, bis die Eltern endlich zögerlich zustimmen.

    Durch den Türspalt beobachten sie, wie das Mädchen langsam an die Wiege des Brüderchens herantritt, seine Wange vorsichtig an die Wange des Brüderchens legt und leise zu ihm sagt: „Brüderchen, erzähle mir von Gott. Ich beginne langsam zu vergessen …“ Die Melodie von Ich steh an deiner Krippen hier wird intoniert und vorgespielt.

    Abschluss Mich zu erinnern, wo ich eigentlich herkomme, wie dieses kleine Mädchen, und dem langsamen Vergessen zu wehren, das ist eine Einübung ins Glück.

    Steh auf, freue dich! Dein Licht kommt! Schau hin: Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker. Aber über dir geht Gottes Licht auf, und sein Glanz erscheint über dir.

    Andrea Felsenstein-Roßberg

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    Kopiervorlage: Adventsandacht (2): Zuversicht „Kleingefaltetes Grünleuchten der Verheißung“ auf grünes Papier kopieren, kleinfalten und evtl. mit Weizenkorn bekleben. Nach der Verkündigung oder am Ausgang verteilen.

    Denn siehe, ich will ein Neues schaffen,

    jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht? Jesaja 43, 19

    Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht?

    Jesaja 43, 19

    Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht?

    Jesaja 43, 19

    Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht?

    Jesaja 43, 19

    Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht?

    Jesaja 43, 19

    Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht?

    Jesaja 43, 19

    Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht?

    Jesaja 43, 19

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    Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Jesaja 43, 19

    Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Jesaja 43, 19

    Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Jesaja 43, 19

    Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Jesaja 43, 19

    Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Jesaja 43, 19

    Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Jesaja 43, 19

    Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.

    Jesaja 43, 19

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    Bestellnummer: 0519 / 2,- €