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Infektionskrankheiten Leptospirose Ansteckungsgefahr durch Trinken eines erregerverseuchten Wassers

Infektionskrankheiten Leptospirose · dass feuchte Böden oder Oberflächengewässer, wie beispiels-weise Wasserpfützen oder auch Teiche, wochen- bis monate-lang mit den Erregern

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Infektionskrankheiten

Leptospirose – Nicht nur eine Erkrankung des Hundes

Ansteckungsgefahr durch Trinken eines erregerverseuchten Wassers

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dass feuchte Böden oder Oberflächengewässer, wie beispiels-weise Wasserpfützen oder auch Teiche, wochen- bis monate-lang mit den Erregern verseucht sind. Nager (wie beispielswei-se Mäuse und Ratten) spielen als Reservoir eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Erhaltung der Leptospiren.

Hunde, die sich von der Krankheit erholt haben und nicht ausreichend mit Antibiotika therapiert wurden, und infizier-te Hunde, die keine deutlichen Krankheitsanzeichen entwi-ckelt haben und bei denen die Infektion somit unentdeckt blieb, können die Erreger über Monate bis hin zu mehreren Jahren immer wieder über den Urin ausscheiden. So können diese Hunde immer wieder die Umgebung kontaminieren.

Bedeutung für KatzenLeptospirose kommt bei Katzen nur selten vor. Katzen gehen selten ins Wasser, daher stecken sie sich eher durch Fressen in-fizierter Nagetiere an. Wenn sie sich infizieren, besitzen Kat-zen gegenüber Infektionen mit Leptospiren eine hohe Wider-standsfähigkeit.

Bedeutung für HundeLeptospiren sind in der Hundepopulation weit verbreitet. Die Bedeutung dieser Infektionskrankheit beim Hund wird in der Praxis wahrscheinlich unterschätzt, da viele Krankheitsfälle nicht als Leptospirose erkannt werden. 10 bis 50 Prozent der erkrankten Hunde sterben an den Folgen einer Infektion.

Hunde können sich durch direkten Kontakt mit erregerhal-tigem Urin infizierter Artgenossen anstecken. Die Übertra-gung kann auch bei der Paarung, über die Gebärmutter bei trächtigen Hündinnen, durch Bisse und durch Verzehr von infiziertem Gewebe erfolgen (z. B. beim Fressen infizierter Kleinnager). Auch verseuchte Erde, Futtermittel und Schlaf-stellen sind mögliche Infektionsquellen („indirekte“ Übertra-gung).

Am häufigsten stecken sich Hunde beim Baden in stehendem oder langsam fließendem, warmen Gewässer an. Da die Erre-ger bei Temperaturen unter 0°C nicht überleben, kann es vor allem in der Sommer- und warmen Herbstzeit vorkommen,

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Die Leptospirose (früher auch „Stuttgarter Hundeseuche“ genannt) ist bei über 150 Säugetierarten als Infektionskrankheit bekannt. Auch Menschen können sich infizieren. Erreger der Leptospirose sind dünne, bewegliche, fadenförmige Bakterien (Leptospiren), die sich selbst aktiv im Körper ausbreiten können. Es gibt über 260 verschiedene Subtypen des Erregers (Leptospira (L.) interrogans).

Leptospirose – Nicht nur eine Erkrankung des Hundes

Text: Prof. Dr. Katrin Hartmann

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Infektionen bei Katzen verlaufen daher fast immer ohne er-kennbare Krankheitsanzeichen, und Katzen scheiden den Erre-ger nur über kurze Zeit aus. Macht eine Infektion ein Tier aber dennoch krank, ähnelt das Krankheitsbild dem der Leptospiro-se von Hunden. Da bei Katzen auch nur mit einer kurzen Aus-scheidung über den Urin zu rechnen ist, stellt eine infizierte Katze ein vergleichbar geringes Infektionsrisiko für den Menschen dar. Eine Impfung von Katzen gegen Leptospirose ist, im Gegensatz zu Hunden, wegen des seltenen Auftretens nicht sinnvoll.

Bedeutung für MenschenLeptospiren gelangen über den Urin infizierter Säugetiere (z. B. Hunde, Ratten, Mäuse) in die Umwelt und können auch auf den Menschen übertragen werden. Dies kann über direkten Kon-takt mit infizierten Tieren geschehen, z. B. nachdem ein Hund seinen Genitalbereich und danach die Hand des Besitzers ableckt. Durch kleine Hautverletzungen oder über die Schleimhaut kann der Mensch sich mit dem Erreger anstecken.

Die direkte Übertragung vom Hund auf den Menschen ist je-doch sehr selten, viel häufiger findet eine Infektion des Menschen, wie beim Hund, über den Kontakt mit verseuchtem Wasser statt. Die meisten Leptospirose-Fälle beim Menschen treten daher in feucht-warmen Gebieten der Erde auf, vor allem bei Menschen, die viel mit Wasser zu tun haben (berufs- oder freizeitbedingt oder nach Überschwemmungen). Bei manchen Leptospirose-Ausbrüchen werden gleichzeitige Ansteckungen von Menschen und Hunden beobachtet.

In Deutschland erkranken Menschen sehr selten an Leptospirose (weniger als einer von einer Million Menschen pro Jahr). Bei mehr als einem Drittel der in Deutschland auftretenden Leptospirose-Fälle konnte ein direkter und enger Kontakt zu Tieren (meist Rat-ten und Hunde) nachgewiesen werden. Tierärzte und Studierende

der Tiermedizin haben daher ein höheres Risiko. Wegen der Kli-maveränderung und auch wegen der Zunahme der Krankheitsfäl-le beim Hund ist die Leptospirose in Deutschland aber eine wieder zunehmende Krankheit.

KrankheitsentstehungEine Erkrankung kann bei Hunden in jedem Alter vorkommen. Junge Hunde bis zu einem halben Jahr erkranken jedoch meist am schwersten.

Bereits am ersten Tag nach Ansteckung vermehren sich die Lep-tospiren im Blut und dringen dann in viele Organe ein. Dazu ge-hören vor allem die Nieren und die Leber, aber auch die Milz, das zentrale Nervensystem, die Augen und der Geschlechtstrakt. Die Vermehrung der Erreger führt zu einer Entzündung im Körper und schädigt betroffene Organe.

Der Schweregrad der Symptome ist abhängig vom Alter und der Immunabwehr des Hundes. Auch Umwelteinflüsse, eine jeweili-ge Variation des Erregers mit unterschiedlich krankmachendem Potential und die Menge an aufgenommenen Bakterien spielen eine Rolle in der Entwicklung und Schwere von Krankheitsan-zeichen. Wenn sich eine schwerwiegende Erkrankung entwickelt hat, treten Anzeichen einer Leber-, Nieren- und Lungenerkan-kung sowie Störungen des Blutgerinnungssystems auf. Die ers-ten Krankheitsanzeichen sind allerdings oft sehr unspezifisch. Die meisten Hunde werden mit Fieber, Mattigkeit, Appetitlosig-keit, Erbrechen, Durchfällen, Gelbfärbung der Schleimhäute oder mit vermehrtem Durst und vermehrtem Harnabsatz vorgestellt. Auch Husten und Atemnot sind möglich.

In Blutuntersuchungen können Hinweise auf eine Entzündungs-reaktion des Körpers zu finden sein. Des Weiteren können Stö-rungen der Blutgerinnung, Nierenwert- und Gallefarbstofferhö-

hungen sowie eine erhöhte Leberenzy-maktivität in Laboruntersuchungen auf-fallen. Auch der Elektrolythaushalt des Körpers kann gestört sein. Anhand von klinischen Symptomen und Laborwert-veränderungen kann nur eine Verdachts-diagnose gestellt werden, die dann mit speziellen diagnostischen Labortests be-stätigt werden muss.

DiagnoseLeptospirose kann auf verschiedene Wei-se diagnostiziert werden. Zum einen kann eine Untersuchung auf das Vorliegen von Antikörpern gegen den Erreger erfolgen („indirekte“ Nachweismethode), zum an-deren besteht die Möglichkeit, den Erreger selbst (oder dessen Erbmaterial) nachzu-weisen („direkte“ Nachweismethode).Die am häufigsten verwendete Methode ist die Untersuchung auf Antikörper (z. B. mit dem sogenannten „Mikroagglutina-tionstest“). Das Vorhandensein von An-tikörpern lässt jedoch nicht direkt auf das Vorliegen der Krankheit schließen,

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Ansteckungsgefahr für Katzen durch Fressen infizierter Nagetiere

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da Antikörper auch in Folge von Impfungen oder auch nach uner-kannten, zurückliegenden Infektionen länger im Körper nachweisbar sein können.

Weil in der ersten Krank-heitswoche der Antikö-pertest, vor allem bei jungen Hunden (unter 6 Monaten), oftmals negativ verläuft, sollte im Abstand von ein bis zwei Wochen eine zweite Blutpro-be untersucht werden.

Leptospiren können auch mittels spezieller Mikroskopietech- niken („Dunkelfeldmikroskopie“) in frischem Urin oder in Ge-webeschnitten im Lichtmikroskop sichtbar gemacht werden. Die Erreger können auch angezüchtet oder ihre Erbinformationen in einer speziellen Vervielfältigungsmethode („PCR“) nachgewie-sen werden. Diese direkten Methoden sind jedoch nur im Falle eines positiven Ergebnisses beweisend.

Vorbeugende MaßnahmenDie Erregerausscheidung in Wildtier-Reservoiren zu kontrol-lieren ist unmöglich. Deshalb ist es notwendig, Hunde gegen Leptospirose zu impfen. In Europa sind seit langem inaktivier-te Impfstoffe mit zwei verschiedenen Erregertypen (L. ictero-haemorrhagiae, L. canicola) auf dem Markt. Der Einsatz dieser Impfstoffe konnte zwar das Vorkommen von Leptospirose redu-zieren, die Impfung schützt aber nur gegen die beiden o. g. be- inhalteten Erregergruppen und damit nicht vor den Erregern, die heute am häufigsten eine Krankheit beim Hund verursachen.Erfreulicherweise kommen aber in Deutschland in 2012 zwei neue Impfstoffe gegen Leptopsirose auf den Markt, die neben den bisherigen Er-regertypen Schutz gegen ein oder sogar zwei neue Erregertypen bieten sollen. Diese zwei weiteren Erregertypen wer-den bei erkrankten Hunden in Deutsch-land sehr häufig isoliert.

GrundimmunisierungDiese Impfungen sind also wesentlich sinnvoller als die „alte“ Impfung, da sie vor weitaus mehr Infektionen schützen. Die Impfung ist vor allem bei Hunden un-bedingt erforderlich, die Kontakt zu Na-gern oder Gewässer (Pfützen, Seen, Flüs-se) haben.

Es ist wichtig, dass bei Umsteigen auf die neuen Impfstoffe eine erneute vollstän-dige sogenannte „Grundimmunisierung“ durchgeführt wird. Diese umfasst zwei aufeinanderfolgende Impfungen im Ab-stand von drei bis vier Wochen und nach einem Jahr und muss anschließend eben-falls jährlich aufgefrischt werden.

TherapieDa es sich bei der Leptospirose um eine Infektionskrankheit han-delt, die auf den Mensch übertragen werden und auch beim Men-schen schwere und zum Teil tödliche Verläufe haben kann, müs-sen infizierte und erkrankte Hunde immer behandelt werden. Eine sofortige Therapie mit Antibiotika ist dringend notwendig, um die bestehende Verbreitung des Erregers im Körper und da-mit die Ausscheidung des Erregers schnellstmöglich zu beenden. Es gibt bei der Behandlung einer Leptospirose zwei Behandlungs-phasen mit Antibiotika. In der ersten Phase wird versucht, die Vermehrung der Erreger aufzuhalten. Dadurch soll das Risiko tödlich verlaufender Kom-plikationen, wie Leber- oder Nierenversagen, reduziert werden. Die dafür empfohlenen Antibiotika stoppen die Ausscheidung und damit die Übertragung der Erreger innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn der Therapie. Allerdings schaffen sie es we-der, die Erreger vollständig aus den Nieren zu entfernen, noch den Trägerstatus zu beenden oder eine Dauerausscheidung zu verhin-dern.

In der zweiten Behandlungsphase wird ein anderes Antibiotikum angewandt, das aber erst zum Einsatz kommen darf, wenn das Tier nicht mehr erbricht und keine erhöhten Leberenzymaktivi-täten im Blut mehr nachweisbar sind. Dieses zweite Antibiotikum ist unbedingt notwendig, damit die Tiere nicht zu Dauerausschei-dern werden.

50 bis 80 Prozent der Hunde mit einer Leptospirose überleben mit entsprechender intensiver Behandlung. Wichtig ist eine schnel-le und intensive Therapie mit stationärem Klinikaufenthalt. Ha-ben die Hunde schwere Nierenschäden, müssen sie an eine Klinik mit Dialysemöglichkeit überwiesen werden (z. B. an die Medizi-nische Kleintierklinik der LMU in München). Bei intensiver The-rapie können auch schwer erkrankte Hunde überleben.

Ansteckungsgefahr durch Kontakt mit dem Urin infizierter Tiere

Zeichnung von Leptospiren