8
Liebe Leserin, lieber Leser Sehen und handeln steht im Zentrum unserer öku- menischen Fastenkampagne. Das Plakat bringt es auf den Punkt: Wir sehen, wie Bauern um ihr Stück Land gebracht werden, und fragen uns warum. Wir bleiben nicht beim Anprangern stehen. Wir wollen handeln und das gemeinsam mit Ihnen. Unser Handeln ist die Unterstützung von Bauern- familien beim Zugang zu Land, zu Wasser, Wissen und Saatgut. Weiter handeln wir, indem wir versuchen die Rahmenbedingungen zu verbes- sern. Die Wirtschaftspolitik der Schweiz darf nicht die Bemühungen behindern, die Armut zu reduzieren. Aber auch Sie können handeln: Anregungen dazu finden Sie auf der Website und im Fastenkalender, die uns den Sinn der Fastenzeit neu erschliessen möchten. Gemeinsam handeln Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein seit vielen Jahren. Unsere gelebte Ökumene ist ein Hoffnungszeichen, für die Menschen im Süden, aber auch für die Kirche in der Schweiz. Sie ist Tatbeweis für gelebtes Christsein über alle Verschiedenheiten und kon- fessionellen Grenzen hinweg. Sie wird getragen von unserer Überzeu- gung, dass Gott allen Menschen ein Leben in Fülle verheissen hat. Ich lade Sie herzlich auf diesen vorösterlichen Weg ein und danke für Ihre tatkräftige Unterstützung! Herzlich Antonio Hautle, Direktor Fastenopfer Nr. 1 | 2013 Ohne Land kein Brot Land Grabbing steht im Fokus der Fastenkampagne. Seine Bedeutung und seine Folgen. Seite 2 und 7 3 Fragen an Jean Ziegler Der bekannte Autor über die Rolle der Schweiz bei Land Grabbing und was wir tun können. Seite 7 Nach den Katastrophen Was hat die Nothilfe der Katastrophen in Kenia und auf den Philippinen bewirkt? Eine Bilanz. Seite 8 SEHEN UND HANDELN

INFO 1/13

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Regelmässige Informationen für Spenderinnen und Spender über die Arbeit von Fastenopfer

Citation preview

Page 1: INFO 1/13

Liebe Leserin, lieber Leser

Sehen und handeln steht im Zentrum unserer öku-menischen Fastenkampagne. Das Plakat bringt es auf den Punkt: Wir sehen, wie Bauern um ihr Stück Land gebracht werden, und fragen uns warum. Wir bleiben nicht beim Anprangern stehen. Wir wollen handeln und das gemeinsam mit Ihnen.Unser Handeln ist die Unterstützung von Bauern-

familien beim Zugang zu Land, zu Wasser, Wissen und Saatgut. Weiter handeln wir, indem wir versuchen die Rahmenbedingungen zu verbes-sern. Die Wirtschaftspolitik der Schweiz darf nicht die Bemühungen behindern, die Armut zu reduzieren. Aber auch Sie können handeln: Anregungen dazu finden Sie auf der Website und im Fastenkalender, die uns den Sinn der Fastenzeit neu erschliessen möchten.Gemeinsam handeln Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein seit vielen Jahren. Unsere gelebte Ökumene ist ein Hoffnungszeichen, für die Menschen im Süden, aber auch für die Kirche in der Schweiz. Sie ist Tatbeweis für gelebtes Christsein über alle Verschiedenheiten und kon-fessionellen Grenzen hinweg. Sie wird getragen von unserer Überzeu-gung, dass Gott allen Menschen ein Leben in Fülle verheissen hat.Ich lade Sie herzlich auf diesen vorösterlichen Weg ein und danke für Ihre tatkräftige Unterstützung! Herzlich

Antonio Hautle, Direktor Fastenopfer

Nr. 1 | 2013

Ohne Land kein BrotLand Grabbing steht im Fokus der Fastenkampagne. Seine Bedeutung und seine Folgen. Seite 2 und 7

3 Fragen an Jean ZieglerDer bekannte Autor über die Rolle der Schweiz bei Land Grabbing und was wir tun können. Seite 7

Nach den KatastrophenWas hat die Nothilfe der Katastrophen in Kenia und auf den Philippinen bewirkt? Eine Bilanz. Seite 8

SEHEN UND HANDELN

Page 2: INFO 1/13

Ins Bewusstsein der Öffentlichkeit ist Land Grabbing 2008 gerückt, als Konzerne be-kannt gaben, in Madagaskar und

Äthiopien Tausende Hektaren Land zu kaufen oder zu pachten. So ver-lieren Millionen von Kleinbauernfa-milien ihr Land: Grossgrundbesitzer und multinationale Unternehmen raffen Land zusammen, um darauf industrielle Monokulturen für den Export in reiche Länder zu errichten: Plantagen für die Produktion von Agro treibstoff und Viehfutter. Der Zugang zu Land und die Sicher-heit von Bodenrechten gehören aber zu den entscheidenden Fakto-ren für das Überleben der Kleinbau-ernfamilien. Werden sie ihres Bo-dens beraubt, vermögen sie sich nicht mehr selber zu ernähren.Um der Ohnmacht entgegenzuwir-ken, laden wir Sie zum «Sehen und Handeln» ein. Der Slogan, der die ökumenische Kampagne begleitet, bezieht sich auf die Methode «se-hen – urteilen – handeln». Diese geht zurück auf den belgischen Kar-dinal Joseph Cardijn, in den 20er Jahren Gründer der christlichen Ar-beiterjugend. Diese Methode fand später eine weite Verbreitung. Die kirchlichen Gemeinschaften in La-teinamerika haben sie übernommen und auch die Befreiungstheologie wendet sie an. Sie wurde zu einem eigentlichen ökumenischen Erbe.Die Wirklichkeit sehen, wie sie ist. Diese Wirklichkeit ins Licht des Evan-geliums sowie der Menschenrechte rücken. Und handeln für mehr Ge-rechtigkeit um uns herum und auf der ganzen Welt. Dies sind die drei Elemente dieser Methode.Schon lange nutzen unsere Partner in Afrika, Asien und Lateinamerika diese Methode, um die Gemein-schaften zu mobilisieren, um den

Südsicht

Indien sorgt mit enormem Wirt-schaftswachstum und dem Auf-streben einer 160 Millionen Men-schen starken Mittelschicht für Schlagzeilen. Die Kehrseite ist die extreme Armut: Die Hälfte der Be-völkerung muss mit weniger als einem halben Franken pro Tag aus-kommen. 43 % der Kinder sind unterernährt – die höchste Quote weltweit. Laut Welthunger-Index gibt es nur 14 Länder, in denen der Anteil der Hungernden höher ist. Und im Index für menschliche Ent-wicklung rangiert das Land auf Position 134 unter 187 Ländern.Indiens Wachstum basiert auf massivem Landraub. In den letzten zehn Jahren haben ausländische Konzerne 4,8 Millionen Hektar Land erworben. 0,8 Millionen Hek-taren Ackerland gingen für die Ent-wicklung der Infrastruktur verloren und 0,4 Millionen Hektaren an Bergbau- und Kraftwerkprojekte.Der Staat wurde zum Handlanger der Konzerne, indem er Landraub durch Gesetze aus der Kolonialzeit ermöglicht. Dies führt zur Vertrei-bung der indigenen Bevölkerung.Fastenopfer legt den Schwerpunkt seiner Projekte in Indien auf die Landrechte und fördert indigene Gemeinschaften. Diese verlangen ihr angestammtes Land zurück.Die organisatorische Stärkung hilft den Gemeinschaften, der nun fol-genden massiven Einschüchterung zu widerstehen. Bis heute haben 8265 indigene Familien 5554 Hek-tar Land gesichert. Darauf pflanzen sie Produkte für den Eigenbedarf an – mit heimischem Saatgut und traditionellen Anbaumethoden.

Ajoy Kumar, Koordinator des Landesprogramms Indien

VOM SEHEN ZUM HANDELNDie ökumenische Kampagne «Ohne Land kein Brot» legt den Fokus auf

Land Grabbing und seine Folgen auf die Ernährung der Bevölkerung in

Entwicklungsländern. Und sie lädt zum Handeln ein.

Zugang zu Land, Wasser, Bildung einzufordern und um in Würde ihre tägliche Nahrung sicherzustellen.Heute wissen wir: Eine Entwicklung, die auf Wachstum basiert, ist nicht nachhaltig. Dafür ist Land Grabbing ein Beispiel. Indem die ökumeni-

sche Kampagne Sie zum Handeln einlädt, öffnet sie der Hoffnung eine Bresche. Sie ermöglicht allen, diese Sackgasse zu überwinden und den eigenen Lebensstil zu hinterfragen. Die Handlungsmöglichkeiten in der Fastenagenda und auf der Kampag-nen-Website machen deutlich: Eine andere Entwicklung ist möglich.

Jean-Claude Huot, Leiter Bildungsehen-und-handeln.ch

fastenopfer info 1|2013

Zugang zu Land ist entscheidend fürs Überleben: Bäuerin in Djigo in

Burkina Faso bei der Feldarbeit.

Lokal:

ArmutBauernfamilien ohne Land haben keine Ernte. Arbeit in der Agroin-dustrie ist rar und schlecht bezahlt. Armut breitet sich aus.

HungerGeraubte Felder liegen brach oder dienen dem Anbau von Viehfutter oder Agrotreibstoff-Produkten – während die Menschen hungern.

AbhängigkeitDie Menschen werden abhängig von Nahrungsmittellieferungen und Hilfsleistungen. Hoffnungslosigkeit und Krisenherde sind die Folge.

FOLGEN DES LANDRAUBSGlobal:

Zerstörung der UmweltMonokulturen zerstören Boden-fruchtbarkeit und Biodiversität. Die Umweltzerstörung führt zu mehr Hunger und Armut.

KlimawandelDie Abholzung der Wälder sowie der massive Einsatz von Kunstdün-ger und Pestiziden fördern den Kli-mawandel.

LebensmittelknappheitWeil 200 Millionen Hektaren Ackerland der Lebensmittelproduk-tion verloren gehen, nimmt die weltweite Nahrungsknappheit zu.

Page 3: INFO 1/13

3 Fragen

Jean Ziegler, Autor des Buches «Wir lassen sie verhungern. Die Massenvernichtung in der Dritten Welt»

Land Grabbing gehört zu den Ur-sachen des weltweiten Hungers. Wo liegt das Problem?Nach dem Zusammenbruch der Finanzmärkte 2008 und 2009 haben die grossen Spekulanten zu den Rohstoffbörsen gewech-selt, insbesondere zu den Le-bensmitteln. Hier erwirtschaften sie astronomische Profite und bringen die Preise für Grundnah-rungsmittel zum Explodieren. Die Folge: Viel mehr Menschen ver-hungern. Die fruchtbaren Böden sind Gold wert. Sie werden zum Spekulationsobjekt der multinati-onalen Konzerne.

Welche Rolle spielt die Schweiz?Die Schweiz spielt eine zentrale Rolle. Die Banken – zum Beispiel die Genfer Privatbankiers Pictet und Sarrasin – finanzieren Land-spekulanten. Grosse Hedge-Fonds haben hier ihren Sitz: Gaia World Agri Fund, Man Investment, Glo-bal Agri Cap und andere.

Was kann jeder Einzelne tun?Wir können die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln verbieten, indem wir die Volksinitiative der Juso unterschreiben. Wir können den Import von Agro treibstoffen verbieten, die aus Lebensmitteln hergestellt werden. Und wir kön-nen den Bundesrat auffordern, im Währungsfonds IWF für die Entschuldung der ärmsten 50 Länder zu stimmen, damit diese in ihre Subsistenzwirtschaft in-vestieren können.

Riskanter Einsatz für Menschenrechte in Südafrika: Mercia Andrews.

WAS IST LAND GRABBING?Zugang zu Land ist für Kleinbau-ernfamilien Vor-aussetzung, um sich selber zu er-nähren. Diese pro-duzieren 70% der

Nahrungsmittel in ihren Ländern. Die zunehmende Nachfrage nach Agrotreibstoffen, die Spekulation mit Nahrungsmitteln und weltweit veränderte Konsumverhalten (wie steigender Fleischkonsum) führen dazu, dass Land zum einträglichen Investitionsobjekt wurde. Land Grabbing ist die Folge davon.Land Grabbing ist die Aneignung von grossen Landflächen durch multinationale Firmen oder Staaten. Das Land wird legal in Absprache mit den Regierungen gekauft oder für eine langfristige Periode (50– 99 Jahre) gepachtet, um Treibstoffe,

Futter- und Nahrungsmittel agroin-dustriell anzubauen. Die Rechte und Interessen der Bevölkerung werden dabei weitgehend übergangen.Die agroindustrielle Produktion ver-bessert die Lebenssituation der loka-len Bevölkerung nicht: Die Erzeug-nisse gehen meist ins Ausland und die Löhne sind weit unter dem Exis-tenzminimum. Zudem laugen die Monokulturen die Böden aus.Fastenopfer setzt sich dafür ein, dass Landlose, Kleinbauern- und Fi-scherfamilien Zugang zu Land und Küstenstreifen erhalten, die sie er-folgreich verteidigen und nachhaltig nutzen können. In der Schweiz be-teiligt sich Fastenopfer an interna-tionalen Konferenzen und setzt sich für eine rechtlich bindende Unter-nehmensverantwortung ein.Claudia Fuhrer, Nahrungssicherheit

fastenopfer.ch/landgrabbing

Die Zahl:

203 000 000Bereits fielen 203 Millionen Hek-taren dem Land Grabbing zum Opfer oder sind davon bedroht. Werden alle Projekte umgesetzt, geht eine Fläche 50 Mal grösser als die Schweiz für die Ernährung von Menschen verloren. (Quelle: Land Matrix Projekt)

fastenopfer info 1|2013

Eine halbe Million Menschen sind aus Mali geflüchtet, davon über 50 000 nach Burkina Faso. Mehr-heitlich kamen Tuareg – mit Tausen-den Rindern. Während die Men-schen mehr oder weniger akzeptiert sind, führt der Bedarf an Weideland und Wasser für die Herden zu Prob-lemen. Diese Gebiete sind sehr arm an natürlichen Lebensgrundlagen.Die Militärintervention sollte Teil ei-ner umfassenden Lösung der Krise in Mali sein. Die Staaten der Sahel-zone müssen gestärkt werden: Schwache Regierungen können leicht destabilisiert werden und so in den Fokus von Dschihadisten ge-raten. Die Interventionsstaaten müssen deshalb die Folgen der In-tervention berücksichtigen.Die erste Konsequenz ist der Zu-strom von Flüchtlingen. Der Konflikt zwischen Flüchtlingen und lokaler Bevölkerung spitzt sich zu.Die zweite Konsequenz ist die zu-nehmende Unsicherheit. Mali dürfte zur Drehscheibe des Waffenhandels werden. Die Stabilität der umliegen-den Länder Burkina Faso, Niger und Mauretanien ist in Frage gestellt.Und als dritte Konsequenz ist mit einer Verschärfung der Ernährungs-krise zu rechnen: Bereits jetzt führen die Auswirkungen des Klimawan-dels zu einem Nahrungsmitteldefi-zit. Wenn die Bauernfamilien ihre Felder nicht bestellen können, fällt die kommende Ernte aus, in der Sa-helzone könnte es zu einer Hungers-not kommen wie 2007.Abdoulaye Tarnagada, Koordinator

des Landesprogramms Burkina Fasofastenopfer.ch/burkina_faso

Mali: Drei Gefahren

MERCIA ANDREWS IN HAFTDieses Zögern war mir fremd. Mehr-mals hatte ich Mercia Andrews ge-troffen, etwa als Kampagnengast 2008: eine sehr engagierte Kämpfe-rin für die Menschenrechte. Wes-halb die TCOE-Vertreterin während dem Interview mit dem Tagi-Journa-listen über das Massaker von Mari-kana einen Moment zögerte, blieb zunächst nicht nachvollziehbar.Zwei Monate später sassen Mercia Andrews und eine Kollegin in Haft. In Südafrika hatten sich die Proteste gegen schlechte Arbeitsbedingun-gen von den Minen auf die Farmen ausgeweitet. Andrews vertrat in den

Verhandlungen die nicht-gewerk-schaftlich organisierten Farmarbei-terinnen und Farmarbeiter. Ihre Ver-haftung erfolgte zeitgleich mit dem Aufruf des Gewerkschaftsbundes Cosatu, den Streik zu beenden.Mercia Andrews kam nach einem Tag wieder frei. Nun muss sie sich vor Gericht verantworten. Die An-klage wirft ihr Anstiftung zu Gewalt, Massenaufwiegelung und Teilnah-me an einem illegalen Streik vor. Der Einsatz für die Menschenrechte in Südafrika bleibt gefährlich.

Patricio Frei, Kommunikationfastenopfer.ch/andrews

Page 4: INFO 1/13

Agenda

16. bis 23. März, Fribourg:Internationales Filmfestival, u. a. mit Preis der Ökumenischen Jury.fiff.ch, 026 347 42 00

Bis 1. April, Balzers FL: Ausstellung «Auf Tuchfühlung mit Hunger und Armut – Moderne Hungertücher aus aller Welt» u. a. mit Hungertüchern des Fastenopfers (Alter Pfarrhof).balzers.li, 00423 384 40 01

12. April, ganze Schweiz:Fairtrade Friday – Mitmachaktion von Max Havelaar.maxhavelaar.ch

Was hat die Nothilfe für die Opfer

der Dürre in Kenia und eines Tai-

funs auf den Philippinen bewirkt?

Eine Bilanz.

In Kenias Dürre-Distrikt Kitui sollte die Nothilfe des Fastenopfers die Ab-wanderung stoppen. Mit Erfolg: Dank Mahlzeiten für 3900 Kinder sind die Schülerzahlen an 13 Schu-len gleich geblieben oder sogar ge-stiegen. Und erstmals erhielten 800 Bauernfamilien angepasstes Saat-gut. Wo der Regen weiterhin aus-blieb, gab es dennoch keine Ernte.Nach den Zerstörungen durch den Taifun Bopha erhielten auf den Phi-lippinen 307 Familien von Fastenop-fer Lebensmittelpakete, um das un-mittelbare Überleben zu sichern. Und mit dem Baumaterial konnten sie ihre Häuser wieder aufbauen.Fazit: Die Nothilfe ist angekommen und sie hat die Situation vieler Fami-lien entspannt. Für eine Verbesse-rung der Lebensbedingungen braucht es weitere Anstrengungen.

Blickfang Legat: Über das Leben hinaus Gutes bewirken

Haben Sie sich auch schon gefragt, wie Sie mit Ihrer Nachlassplanung die Werte unterstützen, die Ihnen wichtig sind? Mit einem Legat für Fastenopfer bewirken Sie über Ihren Tod hinaus Gutes – ein wunderba-res Zeichen Ihres Engagements und für eine gerechtere Zukunft.Unser Ratgeber «Testament, Erb-schaft und Vermächtnis» hilft Ihnen weiter. Bestellungen und Fragen richten Sie an Davide Caenaro:041 227 59 22 oder [email protected]

EinBlick: Kurswechsel in der Landwirtschaft

Obschon heute Nahrungsmittel für zehn Milliar-den Menschen hergestellt wer-den, leidet eine Milliarde von sie-

ben Milliarden Menschen an Hun-ger. Um Unterernährung erfolgreich zu bekämpfen, braucht es nicht in-tensivere Anbaumethoden, sondern ein neues Landwirtschafts- und Er-nährungssystem. Fastenopfer und Brot für alle fordern einen Kurswechsel in der globalen Landwirtschaft, mit dem das Recht auf Nahrung auch tatsächlich durch-gesetzt wird. Der aktuelle EinBlick zeigt, was sich bei Bauernfamilien, Industrie und Konsumierenden än-dern muss.Fastenopfer.ch/einblickBestellungen: 041 227 59 59

Entwicklungspolitik multimedial

Videos, Streams und Blogs spielen auch in der entwicklungspolitischen Informationsarbeit eine immer wichti-gere Rolle. Um den Zugang zu solchen Web-Ressourcen zu erleichtern, hat das Dokumenta tions zentrum der Alli-ance Sud (Fastenopfer ist Mitglied) ein Multimedia-Portal mit vielen Vide-os und Links entwickelt.alliancesud.ch/multimedia/de

Impressum

Alpenquai 4, Postfach 28566002 LuzernTelefon +41 41 227 59 59Telefax +41 41 227 59 [email protected] 60-19191-7

Herausgeber FastenopferDas INFO erscheint vier Mal jährlich. Die Post gewährt uns den günstigen Zeitungstarif. Einmal pro Jahr werden dafür Fr. 3.– vom Spendenertrag als Abonnementsbetrag abgezogen.

Redaktion Patricio Frei-Gisi

Fotos Spinas Civil Voices (S. 1), Priska Ketterer (Porträts S. 1, 2, 7), Annette Boutellier (S. 2), Patricio Frei (S. 3–6), Katrin Haunreiter (S. 7), Jean Revillard (grosses Porträt S. 7), Antonio Hautle (S. 8).

Cartoon Daria Lepori

Konzept grafikcontainer Luzern

Layout/Druck Zofinger Tagblatt AG, Medien- und Printunternehmen, www.ztonline.ch

fastenopfer info 1|2013

EinBlick

Kurswechsel in der Landwirtschaft

Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf neun Milliarden Men-

schen ansteigen. Nur mit einem genügsamen, ökologischen

Landbau können alle ernährt werden.

2/2012

Nur im Ausnahmefall leistet Fasten-opfer Nothilfe. Das Hilfswerk achtet bei seiner Projektarbeit darauf, keine Abhängigkeiten zu schaffen.

NACH DEN KATASTROPHEN

Die Hilfe des Fastenopfers ist

angekommen: Mittagessen für

Schulkinder in Kitui.

Page 5: INFO 1/13

GUATEMALABeim ungleichen Kampf zwischen Gross und Klein ist normalerweise klar, wer gewinnt.

Auch in Guatemala: Grossgrundbesitzer nehmen den unterdrückten Indigenen fruchtba-

res Land ab. Die Menschen im Dorf Seaxpens aber haben einen aussergewöhnlichen Sieg

errungen. Dazu brauchte es viel Durchhaltewillen, etwas Glück und die Unterstützung von

Fastenopfer. Eine Erfolgsgeschichte aus den Bergen von Alta Verapaz.

Page 6: INFO 1/13

Der alte Mann hat sich den weissen Sombrero auf dem Kopf zurechtgerückt und sich auf den Weg gemacht. Männer, Frauen, Kinder – wer kann, folgt ihm oder eilt seinem gemächlichen Schritt voraus. Aus dem Dorf hinaus, auf dem schmalen Weg an den Feldern vorbei den Hügel hoch. Im Bachbett steigt Marcos Chub Cuc gestützt auf einen Stab trotz seiner 77 Jahre immer höher. Er kennt sein Ziel genau.

*

María Cucul Yaxcal kam vor 35 Jahren als Ange-hörige des Volks der Q’eqchi‘ zur Welt. An ihre Kindheit erinnert sie sich gut: «Unsere Väter ha-

SEAXPENS – EIN DORF BRICHT AUFben als Colonos, als Knechte, auf der Finca Setal für die Familie Sapper gearbeitet. Um 3 Uhr in der Nacht sind sie aufgestanden und kehrten spät oder erst nach Tagen nach Hause. Die Mutter blieb allein bei uns Kindern. Und obwohl unsere Väter hart gearbeitet haben, gab es immer wie-der Tage, an denen wir nichts zu essen hatten.»Diese Zeiten sind vorbei. Zumindest in Seaxpens.In diesem Dorf in den Bergen des Departements Alta Verapaz sind die Menschen jetzt registrierte Besitzer ihres Bodens. So besitzt die Familie von María Cucul 12 Hektaren Land mit Mais, roten Bohnen, Kardamom, Erdnüssen und Maniok, um die fünf Kinder zu ernähren. Den Landtitel haben

Page 7: INFO 1/13

sie vor einem Jahr erhalten, dank der von Fasten-opfer unterstützten Organisation Tzuul Taq‘a. Dass Indigene über Landtitel verfügen, ist auch heute noch aussergewöhnlich. Niemand sonst in den Nachbardörfern hat je ein solches Dokument besessen. Denn in Guatemala haben die reichen Familien das Land unter sich aufgeteilt: 67 Pro-zent des fruchtbaren Bodens sind im Besitz von 1,5 Prozent der Bevölkerung. Darauf wird zuneh-mend Zuckerrohr und Palmöl produziert, die im Ausland zu Agrotreibstoff verarbeitet werden. Die Folgen sind verheerend: Gemäss Uno ist rund die Hälfte der Kinder in Guatemala unterernährt.

*

Jahrhundertelang hatten sich Grossgrundbesitzer in Guatemala wie in einem Selbstbedienungsla-den bereichert. Und die Regierung bot Hand dazu. Immer wieder verteilte sie «Brachland» an Investoren, um die landwirtschaftliche Produkti-on zu steigern. Die ansässigen Indigenen, die tra-ditionell keinen Landbesitz kannten und keine Landtitel besassen, mussten den neuen Besitzern weichen. Immer mehr wurden sie an den Rand gedrängt, in Gebiete, wo die Böden steil und we-niger fruchtbar sind. Manche Grossgrundbesitzer liessen die Ländereien auf den Namen ihrer Gat-tin oder der Arbeiter eintragen, um sie anschlies-send auf sich selber zu überschreiben und so im-mer mehr Land zusammenzuraffen.Auch Ricardo Sapper, ein deutscher Einwanderer, eignete sich Ende des 19. Jahrhunderts in kurzer Zeit mehrere Fincas mit einer Fläche von 12 000 Hektaren an. Zu seinem kleinen Reich gehörte auch das Grundstück, auf der Seaxpens liegt. Nachdem 1951 Jacobo Árbenz Guzmán zum Prä-sidenten Guatemalas gewählt worden war, ent-eignete er im Zuge der Landreform die Gross-grundbesitzer, unter ihnen auch das US-Unternehmen United Fruit Company.1954 organisierte die CIA einen Putsch gegen Árbenz. Seine Flucht bedeutete das Ende der Ag-rarreform und die früheren Landbesitzer konnten ihre Fincas zurückfordern. Die Familie Sapper

aber vermochte beim Grundstück um Seaxpens nicht wie verlangt den genauen Verlauf der Gren-zen aufzuzeigen. Sie hatte offenbar die Übersicht über ihre vielen Fincas verloren. Folglich blieb dieses Grundstück im Besitz des Staates. Den-noch erhob die Familie weiterhin Anspruch dar-auf. Die wahren Besitzverhältnisse erfuhren die Men-schen von Seaxpens erst 1990, als sie das Grund-buchamt aufsuchten, um das Land zu legalisie-ren. Der Überschreibung an die Bewohnerinnen und Bewohner stand somit nichts mehr im Weg.

*

Marcos Chub und seine Gefolgschaft sind am Ziel angekommen. Bei der Quelle feiern sie mit Kerzen und Weihrauch aus Baumharz eine Zeremonie. Sie beten und singen Lieder. Es gilt die Natur zu besänftigen. Denn das Dorf hat Schläuche vom Bach ins Dorf gelegt. Die Q’eqchi‘ haben eine spi-rituelle Bindung zur Erde. Der Boden ist Dreh- und Angelunkt ihrer Kultur und ihrer Religion. Jeder Eingriff in die Natur will wohl bedacht sein. Die Indigenen Guatemalas sprechen von der Madre Tierra, Mutter Erde, wie von der leiblichen Mutter. Der alte Mann weiss, wie sie sanft zu stimmen ist. Er ist ein Sabio, ein Weiser.

*

14 Dörfer sind am Projekt von Tzuul Taq’a betei-ligt. Die Landlegalisierung war die erste Phase. 585 Familien haben sich in Gruppen organisiert, die sich gegenseitig unterstützen. In Kursen wur-den ihre Vertreterinnen und Vertreter zu promoto-res juridicos, zu juristischen Sachbearbeitern, ausgebildet, um selber auf den Ämtern die For-malitäten für die Landlegalisierung einzuleiten. Für die Registrierung und offizielle Anfragen er-halten sie Unterstützung von Anwälten, die von Fastenopfer finanziert werden.Die Arbeit bei Tzuul Taq’a koordinieren zwei Brü-der: Kenay Oloman und Tojil Balam Coj Calel Val-dez. Sie besuchen regelmässig die Dörfer und haben ein offenes Ohr für die Sorgen der Bewoh-

Mutter Erde um Verständnis bitten, ihren Körper zu verletzen: Marcos Chub auf dem Weg zur Quelle (Vorderseite).

Mit verbesserter Bodennutzung zu einer langfristigen Perspektive: die Familie von Domingo Ramos Mucu bei der Kohlernte (linke Seite).

«Trotz harter Arbeit gab es Tage, an denen wir nichts zu essen hatten»: María Cucul mit einem ihrer Kinder (oben links).

«Das fühlt sich gut an. Denn da steht mein Name»: Otilia Sagui mit ihrem Landtitel (oben rechts).

Auf der Suche nach neuen Einkommens-möglichkeiten: die Frauen beim Teigkne-ten in der Gemeinschaftsbäckerei (nächste Seite links).

Die Vision hat das ganze Dorf erfasst: Mütter lernen in der Schule lesen und schreiben (nächste Seite rechts).

Page 8: INFO 1/13

nerinnen und Bewohner. Über ihr Engagement sagen sie: «Wir haben es im Blut: Bereits unser Vater engagierte sich in der Landfrage. Vielleicht aber etwas zu direkt. 1982 wurde er verschleppt. Seither fehlt von ihm jede Spur.»

*

Ein Bauer muss Mutter Erde um Verständnis bit-ten, dass er mit den Samen ihren Körper verletzt. Er fragt sie um Erlaubnis, mit der Machete den reifen Maiskolben von der Pflanze zu trennen. Und er dankt ihr für die gute Ernte. Früher waren die Zeremonien eine Selbstverständlichkeit. Heu-te nehmen sich nur noch wenige der jungen Bau-ern die Zeit dazu. Chubs Verantwortung für die Gemeinschaft ist aber dennoch unbestritten.Chub ist auch ausgebildeter kirchlicher Führer der Gemeinschaft: «In den Kursen habe ich gelernt, dass sich die Religionen gegenseitig respektieren müssen.» Er ist in Sorge: Seine Kraft schwindet und noch hat er keinen Nachfolger.

*

Die Legalisierung ihres Landes bringt den Bau-ernfamilien wenig, wenn sie vom Ertrag ihres Landes nicht leben können. Das Risiko besteht, dass sie in finanziellen Notlagen ihr Land verkau-fen. Um den Menschen eine langfristige Perspek-tive zu geben, startete Tzuul Taq’a 2011 die zwei-te Phase des Projekts. Eine verbesserte Bodennutzung trägt dazu bei, die Ernährung der Familien abwechslungsreicher und sicherer zu machen. Dazu setzt die Organisation mit Unter-stützung des Fastenopfers auf ökologische Land-wirtschaft.«Jetzt haben wir genügend zu essen», erklärt Otilia Sagui Che. Sie steht in ihrem Feld, das rund 14 Hektaren umfasst. In den Händen hält sie ei-nen Kohlkopf: «Und was wir nicht für uns selbst benötigen, verkaufen wir.» In ihrem Haus holt sie den Landtitel hervor. Die Familie bewahrt das Schriftstück wie einen Schatz auf. «Das fühlt sich gut an. Denn da steht mein Name.» Mit ihrem Finger deutet die 23-jährige Mutter zweier Kinder

stolz auf den Landtitel, der sie und ihren Mann Carlos Col Yaxcal als gemeinsame Besitzer eines Grundstücks ausweist. Eine solche Gleichberech-tigung in einem von der Machokultur geprägten Land wie Guatemala ist aussergewöhnlich. Ihre Augen leuchten.Unter den Füssen von Otilia Sagui der frischge-gossene Zementboden. Die Wände aus ungeho-belten Brettern mit Spalten für das Licht, darüber das Dach aus Wellblech. Und in der Ecke der neue Kochherd, der weniger Holz braucht und weniger raucht, selbstgebaut wie im Workshop von Tzuul Taq’a gelernt. Ihr ganzes Haus ist Sinnbild für die Zuversicht der Menschen in Seaxpens: Hier kön-nen wir bleiben, hier ist unsere Zukunft. «Die Sicherheit durch die Landlegalisierung bringt den Menschen eine Vision, das Leben verbessern zu können», sagt Tojil Calel, einer der drei Projekt-leiter.Diese Vision scheint das ganze Dorf erfasst zu ha-ben: Eine Gruppe Männer deckt ausserhalb des Dorfes den grossen Komposthaufen mit einer Plastikfolie zu; Cristina Choc Mucu sät zusammen mit ihren Söhnen Karotten im Garten; nebenan erntet die Familie von Domingo Ramos Mucu den Kohl; aus der neu errichteten Gemeinschaftsbä-ckerei dringt das Gelächter der Frauen und in der Schule zwängen sich Erwachsene in die viel zu kleinen Bänke, um lesen und schreiben zu lernen. Ein Dorf im Aufbruch.Doch die Arbeit ist für Tzuul Taq’a noch nicht be-endet. Es fehlt den Bewohnerinnen und Bewoh-nern an Einkommensmöglichkeiten. Der nächste Markt ist weit entfernt und nur über eine schlech-te Strasse erreichbar. Noch sind die Familien zu sehr von den fliegenden Händlern abhängig, die den Preis für ihre Ernte drücken. Viel Hoffnung steckt in der Gemeinschaftsbäckerei, mit der man die Nachbardörfer mit Brot beliefern will.

Patricio Frei Alpenquai 4, Postfach 2856, 6002 LuzernTelefon 041 227 59 59, Fax 041 227 59 [email protected] 60-19191-7

Stichwort: GuatemalaGuatemala ist eines der am wenigsten entwi-ckelten Länder Zentralamerikas. Die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut, 12 Prozent mit we-niger als 1,25 Dollar pro Tag in extremer Ar-mut. Die Armut trifft insbesondere die indigene Bevölkerung, die mehr als die Hälfte der Ge-samtbevölkerung ausmacht und immer noch stark diskriminiert wird. Sie ist vom sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben weitge-hend ausgeschlossen.Andererseits sind die staatlichen Institutionen schwach. Guatemala weist die höchste Mord-rate in der westlichen Hemisphäre auf, gleich-zeitig herrscht mit einer Aufklärungsquote von weniger als 1% fast totale Straflosigkeit.

Auf dem Weg zur Selbstbestimmung

Fastenopfer hat sich zum Ziel gesetzt, die Er-nährungssituation der Menschen in Guatemala zu verbessern: Familien können ihr Land legali-sieren, entwickeln nachhaltige Landwirtschafts-methoden und können so ihre Nahrungsmittel-produktion steigern. Allfällige Überschüsse sollen verkauft werden und tragen zu einem besseren Einkommen bei.Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Ausbil-dung indigener Laien zu Führungspersonen. Sie unterstützten ihre Gemeinden, ihre Forde-rungen zu vertreten. Fastenopfer unterstützt die indigene Bevölkerung, die eigenen Traditio-nen in den katholischen Glauben einzubringen.Fastenopfer investiert 580 000 Franken in die Projekte in Guatemala (2013).Unterstützen Sie die indigenen Men-

schen in Guatemala: Spenden Sie auf

PK 60-19191-7, Vermerk Guatemala.

Mär

z 20

13