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Informatik und digitale Biosignale Lehrgang für Fachpersonen für Neurophysiologische Diagnostik (FND) Modul: Grundlagen 18.9.2015 Schweizerisches Epilepsie-Zentrum, Zürich Verein Neurophysiologie Lehrgang V-N-L Verfasser: Peter Hilfiker, Dr.sc.techn. Leitung biomedizinische Technik Schweiz. Epilepsie-Klinik Zürich V4.0

Informatik und digitale Biosignale · Handliche flache Computer mit Touchscreen, ohne Tastatur, mit/ohne Telefon ... (Motherboard, Mainboard) Zentrale Leiterplatte, welche die PC-Komponenten

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Informatik und digitale Biosignale

Lehrgang für Fachpersonen

für Neurophysiologische Diagnostik (FND) Modul: Grundlagen

18.9.2015 Schweizerisches Epilepsie-Zentrum, Zürich

Verein Neurophysiologie Lehrgang V-N-L

Verfasser: Peter Hilfiker, Dr.sc.techn.

Leitung biomedizinische Technik Schweiz. Epilepsie-Klinik Zürich

V4.0

Inhaltsverzeichnis

1. GRUNDLAGEN VON HARDWARE UND SOFTWARE 3

1.1. Digitale und analoge Daten 3

1.2. Binäre Zahlen 3

1.3. Der Computer 5

1.4. Hardware 7

1.5. Software 10

a) System-Software 10

b) Anwendungs-Software 10

c) Programmierung, Software-Entwicklung 10

d) Versionen und Aktualisierung (Update, Upgrade) von Software 11

e) Gerätetreiber (Driver) 12

1.6. Computerabläufe an einem einfachen Beispiel 12

2. GRUNDLAGEN ANALOGER UND DIGITALER SIGNALE 14

2.1. Analoge Signale 14

2.2. Digitale Signale 15

2.3. Vor- und Nachteile digitaler Signale gegenüber analogen Signalen 16

3. DIGITALISIERUNG ANALOGER SIGNALE 18

3.1. Begriffe 18

3.2. Amplitudenbereich 19

3.3. Anzahl Bits bei der A/D-Wandlung 20

3.4. Abtastfrequenz 23

3.5. Aliasing, Spiegelfrequenzen 25

3.6. Blockdiagramm einer A/D-Wandlung 26

3.7. Praktische Bestimmung der Abtastfrequenz 28

4. DARSTELLUNG DIGITALER SIGNALE 29

5. SPEICHERUNG DIGITALER SIGNALE 36

5.1. Speichermenge von EEG 36

5.2. Speichermedien digitaler Signale 37

6. COMPUTERNETZE 41

6.1. Lokales Computernetz (LAN) 41

6.2. Zentrale Verwaltung der Untersuchungen 43

6.3. Typischer Ablauf des Datenaustausches bei einem EEG 44

7. DIGITALES VIDEO 46

8. DATENSCHUTZ UND DATENSICHERHEIT 48

9. LITERATURVERZEICHNIS 51

Informatik und digitale Biosignale 3 Peter Hilfiker

1. Grundlagen von Hardware und Software

1.1. Digitale und analoge Daten

Es gibt zwei grundsätzlichen Arten von Daten: digitale und analoge. Digitale Daten sind vereinfacht Zahlen. Der Begriff digital stammt vom lateinischen digitus, das ursprünglich "Finger" bedeutet. Wahrscheinlich weil man die Finger zum Zählen benutzte, hat digitus auch die Bedeutung "Zahl" oder "Ziffer" angenommen. Analoge Daten sind dagegen kontinuierlich verlaufende Grössen wie die Zeit, Musik, oder ein EEG. Das Wort analog stammt aus dem Griechischen und bedeutet „entsprechend, ähnlich, gleichartig". Die Wortbedeutung bezieht sich eher auf die Darstellung analoger Daten in Form von Kurven oder Zeigern, die den ursprünglichen Daten "entsprechen". Analoge Daten lassen sich in digitale Umwandeln (=Digitalisieren) und umgekehrt. Diese Vorgänge werden im Kapitel über analoge und digitale Signale ausführlich behandelt. Beispiel:

Digitaluhr Analoguhr

Darstellung der Zeit als Zahlen Darstellung der Zeit als kontinuierlicher Winkel von Zeigern

Je nach Art der verarbeiteten Daten gibt es Digitalcomputer und Analogcomputer. Digitalcomputer sind elektronische Geräte, die mit Zahlen arbeiten. Analogcomputer verarbeiten analoge Daten. Heute werden fast ausschließlich Digitalcomputer eingesetzt und i.f. wird deshalb der Begriff Computer gleichbedeutend mit Digitalcomputer verwendet. Mit der rasanten technischen Entwicklung der Digitalcomputer in den letzten Jahrzehnten werden heute auch analoge Daten weitgehend digital gespeichert und verarbeitet, bspw. die analoge Musik wird auf CD (digitales Medium) gespeichert. Ein Digitalcomputer kann ganz unterschiedliche "Objekte" verarbeiten wie Zahlen, Texte, Tabellen, Bilder, Musik, Filme oder eben elektrophysiologische Daten wie EEG, EP etc. Diese Objekte müssen für die Verarbeitung in digitaler Form (d.h. in Zahlen) vorliegen, damit sie sich mit dem Digitalcomputer bearbeiten und speichern lassen.

1.2. Binäre Zahlen

Da ein Digitalcomputer mit Zahlen arbeitet, stellt sich die Frage, wie diese Zahlen physikalisch im Computer repräsentiert und gespeichert werden. Dabei werden meistens zwei physikalische Zustände ausgenutzt (als 0 und 1 bezeichnet). Im Arbeitsspeicher eines Computers bedeutet bspw. 0 = keine Spannung 1 = Spannung von 5 Volt Auf einer magnetischen Festplatte 0 = keine Magnetisierung 1 = Magnetisierung Auf einer CD oder DVD 0 = Vertiefung 1 = Erhebung

Informatik und digitale Biosignale 4 Peter Hilfiker

Auf einem Bildschirm 0 = Bildpunkt ausgeschaltet 1 = Bildpunkt leuchtet Eine solche Informationseinheit mit zwei möglichen Zuständen wird als Bit bezeichnet, eine verkürzte Form von engl. Binary Digit = Binärziffer. Der Digitalomputer verarbeitet und speichert damit seine Zahlen in riesigen Mengen von Bits. Sämtliche Daten (Zahlen, Texte, Musik, Bilder, Videos, EEG etc.) müssen für die Verarbeitung und Speicherung in Bits umgewandelt werden und zur lesbaren Darstellung für Menschen wieder zurückgewandelt werden. Als Beispiel dafür soll gezeigt werden, wie natürliche Zahlen auf dem Computer in Form von 0 und 1 gespeichert werden können. Unsere gebräuchlichen Zahlen werden mit den zehn Ziffern 0 bis 9 geschrieben (Dezimalsystem). Eine Dezimalzahl lässt sich als Summe von 10er-Potenzen schreiben (hier als Beispiel die Zahl 43'049) : 4 3 0 4 9 4x104 + 3x103 + 0x102 + 4x101 + 9x100 N.B. Eine Potenz ist das wiederholte Multiplizieren einer Zahl mit sich selber. Die Schreibweise 104 (10 hoch 4) bedeutet 10x10x10x10 = 10'000. Die Zahl, die potenziert wird, heisst Basis (hier 10), die Anzahl der Multiplikationen heisst Exponent (hier 4). Eine Zahl hoch 0 ist 1. Natürliche Zahlen und alle anderen Formen von digitalen Daten werden auf dem Computer als binäre Zahlen (binär von lateinisch bina=paarweise, oder binarius=zweifach) gespeichert und verarbeitet. Eine binäre Zahl ist eine Folge der Ziffern 0 und 1 (hier als Beispiel 10011). Eine Binärzahl wird im Gegensatz zum Dezimalsystem nicht als Summe von 10er-Potenzen, sondern als Summe von 2er-Potenzen geschrieben: 1 0 0 1 1 1x24 + 0x23 + 0x22 + 1x21 + 1x20 1x16 + 0x8 + 0x4 + 1x2 + 1x1 = 19 Mit dieser Schreibweise lässt sich eine Binärzahl einfach in eine Dezimalzahl umrechnen und umgekehrt. Die Binärzahl 10011 ist damit gleich der Dezimalzahl 19. Die Grösse von Datenmengen werden meistens in Bytes angegeben. wobei

1 Byte = 8 Bits sind, bspw. 10100011. Das Wort Byte ist künstlich und stammt von englisch bit (deutsch: bisschen) und bite (deutsch: Bissen) ab. Ein Byte kann 28 = 256 verschiedene Werte annehmen, nämlich alle möglichen binären Zahlen zwischen 00000000 und 11111111.

Informatik und digitale Biosignale 5 Peter Hilfiker

1 Byte ist eine sehr kleine Datenmenge. Deshalb werden die folgenden grösseren Einheiten verwendet. Es gibt dabei zwei unterschiedliche Definitionen dieser Einheiten, je nachdem, ob man die Einheit als 10er- oder 2er-Potenz definiert. Bei Angaben von Speichermengen ist oft unklar, welche Definition gemeint ist. Für die praktische Arbeit ist diese Unterscheidung aber meistens ohne Bedeutung. Einheit Definition als

10er-Potenz Definition als 2er-Potenz

1 kB (Kilo Byte) Tausend 103 = 1'000 210 = 1'024 1 MB (Mega Byte) Million 106 = 1'000'000 220 = 1'048'576 1 GB (Giga Byte) Milliarde 109 = 1'000'000'000 230 = 1'073'741'824 1 TB (Tera Byte) Billion 1012 = 1'000'000'000'000 240 = 1'099'511'627'776

1.3. Der Computer

Der Computer (vom engl. to compute = rechnen), auch Rechner genannt, hat seine Wurzeln im Wunsch des Menschen, das Rechnen zu automatisieren. Bei heutigen Computer-anwendungen ist das eigentliche Rechnen nur eine von vielen Funktionen. Andere Funktion wie beispielsweise das Speichern, der Austausch und das visuelle Präsentieren digitaler Daten haben je nach Anwendung eine genauso grosse oder grössere Bedeutung erlangt. Der Computer ist deshalb nicht einfach als Rechenmaschine zu sehen, sondern als ein Gerät, das mit Hilfe von programmierbaren Rechenvorschriften (=Programmen) Daten (Information) verarbeiten kann. Das Fachgebiet, das sich mit dieser digitalen Datenverarbeitung befasst, nennt sich Informatik, abgekürzt oft mit IT für Informationstechnik (Information technology). Wie in vielen anderen technischen Gebieten hat auch im EEG die digitale Verarbeitung auf dem Computer das analoge EEG in Papierform abgelöst. Die klinische Neurophysiologie hat durch den Computer grundsätzliche neue Entwicklungen durchgemacht und zum Teil völlig neue Anwendungen erfahren. Ohne die rasante technische Entwicklung im Bereich der Computer und der Informatik wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen. Als Folge dieser Entwicklung sind heute für die fehlerfreie Registrierung und Auswertung elektrophysiologischer Signale auch grundlegende Kenntnisse über Computer, Informatik und Digitaltechnik notwendig geworden. Bei einem Computer werden dabei zwei grundsätzliche Bausteine unterschieden: 1) Hardware = elektronische, physisch anfassbare Teile des Computers 2) Software = Arbeitsanweisungen an die Hardware (Programme) in einer für diese

verständlichen Sprache (Programmcode). Der Begriff „Software“ wird meistens für ausführbare Computerprogramme gebraucht. Oft wird aber auch jede Art von digitalen Daten als Software bezeichnet, also auch auf dem Computer gespeicherter Text, Bilder oder Musikdaten.

Informatik und digitale Biosignale 6 Peter Hilfiker

Es gibt verschiedene Formen von Computern mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit: • Arbeitsplatzrechner (Personal-Computer = PC). Computer für einen einzelnen

Benützer/Arbeitsplatz. In der Regel handelt es sich bei Ableit- und Lesestationen für EEG um PCs. Der PC hat verschiedene Bauformen:

• Desktop: Tisch-PC, meistens entweder liegend auf dem Pult oder stehend (Tower) auf oder unter dem Pult eingesetzt, Bei All-in-one-PCs sind die Hauptplatine und der Bildschirm in einem Gehäuse eingebaut

• Mobile Geräte: Notebook, Laptop, Netbook

• Tabletcomputer, Smartphones Handliche flache Computer mit Touchscreen, ohne Tastatur, mit/ohne Telefon

• Server (engl. Diener): leistungsfähiger Computer, der vielen Benützern Dienste zur Verfügung stellt, bspw. Datei-Server, Datenbank-Server, Mail-Server, Web-Server, Drucker-Server, EEG-Server. Wird in der Neurophysiologie oft zur zentralen Datenspeicherung und für eine zentrale Datenbank verwendet.

• Grossrechner (Mainframe): sehr leistungsfähiges Computersystem für viele Benützer. Wird in der Neurophysiologie kaum verwendet, da heute die notwendigen Rechenleistungen auch von PCs und Servern erreicht werden.

• Virtueller Computer: ein virtueller Computer, auch virtuelle Maschine (kurz VM) genannt, ist eine Nachbildung eines Computers mittels Software. Eine VM hat dabei keine eigene physisch existierende Hardware, sondern läuft typischerweise als Programm auf einem Server. Dadurch ist es möglich, auf einem einzigen physischen Server mehrere virtuelle Computer zu betreiben. Der Benützer hat dabei das Gefühl, an einem persönlichen, physischen Computer zu arbeiten. Die notwendige Hardware für die Bedienung der VM (Bildschirm, Tastatur und Maus u.a.) wird dabei von einem physischen Computer oder einer stark vereinfachten Hardware nur für diesen Zweck (Thin Client s.u.) zur Verfügung gestellt. Auf dem physischen PC läuft dabei ein Programm für den Fernzugriff auf die VM (Remote desktop).

• Thin Client: ein Thin Client (dünner Kunde) ist eine Hardware, die gegenüber einem vollwertigen Computer stark reduziert ist und nur Anschlüsse für Bildschirm, Tastatur, Maus, Netzwerk, USB-Steckplätze u.a. eingebaut hat. Andere Computer-Komponenten wie bspw. eine Festplatte fehlen. Die meisten Programme laufen auf einer VM auf dem Server und der Thin Client ermöglicht nur die Kommunikation des Benützers mit dieser VM. Im Gegensatz zu einem vollwertigen Computer ist ein Thin Client nur mit einem laufenden Server betriebsfähig.

Informatik und digitale Biosignale 7 Peter Hilfiker

1.4. Hardware

Die wichtigsten Hardware-Komponenten eines PCs sind in Fig. 1 dargestellt. Die Zahl in eckigen Klammern in der Beschreibung entspricht der Nummer in Fig. 1.

Fig. 1 Schematische Darstellung der wichtigsten PC-Komponenten • Hauptplatine [2] (Motherboard, Mainboard)

Zentrale Leiterplatte, welche die PC-Komponenten wie Hauptprozessor, Arbeitsspeicher, Steckplätze für Erweiterungskarten u.a. trägt und die verschiedenen Komponenten untereinander elektrisch über geätzte Leiterbahnen verbindet. Die Komponenten werden auf diese Leiterplatten gelötet oder über Steckverbindungen angeschlossen. Viele Komponenten (wie bspw. der Prozessor oder der Hauptspeicher) sind integrierte Schaltkreise (engl. Integrated circuit, kurz IC), oft auch Mikrochip oder einfach Chip genannt. Ein Chip ist eine elektronische Schaltung, die auf einer kleinen Fläche Millionen elektronischer Bauelemente wie bspw. Transistoren enthält, die über mikroskopisch kleine Leiterbahnen verbunden sind.

• Hauptprozessor [3] (Central Processing Unit = CPU) Der Hauptprozessor, oft auch nur Prozessor genannt, ist die zentrale Rechen- und Steuereinheit eines Computers, der die Arbeitsschritte der Software abarbeitet und alle anderen Bestandteile des Computers steuert. Heute können auch mehrerer Prozessoren in einem PC eingebaut sein (Parallelrechner). Sind mehrere Prozessoren in einem einzelnen Chip integriert, spricht man von Mehrkern-Prozessoren (multi-core). Der erste PC-Prozessor 8086 von Intel kam 1978 auf den Markt und war ein Chip mit 20'000 Transistoren und Leiterbahnen mit einer Breite von 3 µm (Tausendstel-mm). Heutige PC-Prozessoren, bspw. ein Intel Core i5-2500-Prozessor, hat auf einem Chip 4

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Kerne mit 1.14 Milliarden Transistoren und Leiterbahnen mit einer Breite von 32 nm (Millionstel-mm). Gemäss dem Moore'schen Gesetz verdoppelt sich die Zahl der Transistoren, die sich auf einem Chip unterbringen lassen, alle 2 Jahre. Dieses Gesetz hatte über 30 Jahre Gültigkeit, auch wenn zurzeit das Wachstum nicht mehr so rasant ist. Der Prozessor arbeitet mit Taktimpulsen eines Taktgebers. Jede Anweisung, die der Prozessor ausführt, dauert eine bestimmte Anzahl von Taktimpulsen. Wie viele Taktimpulse pro Sekunde der Taktgeber gibt, wird in Hertz angegeben. Die Taktfrequenzen entwickelten sich von den ersten PCs (1981) mit 5 MHz (5 Mega-Hertz = 5 Millionen Taktimpulsen pro Sekunde) bis auf heute typisch 3 GHz (3 Giga-Hertz = 3 Milliarden Taktimpulse pro Sekunde). Die Taktrate bestimmt die Rechengeschwindigkeit zusammen mit anderen Faktoren. Der Prozessor kann direkt nur relativ einfache Befehle ausführen: wie bspw. "Verschiebe den Zahlenwert im Speicherplatz A zum Speicherplatz B" oder "Mulipliziere die Zahlen in Speicherplatz A und Speicherplatz B und schreibe das Ergebnis in Speicherplatz C". Diese einfachen Befehle, die der Prozessor direkt ausführen kann, heissen Maschinen-Code.

• Arbeitsspeicher [4] (Memory) oder Hauptspeicher Der Arbeitsspeicher besteht aus Halbleiter-Speicherbausteinen (Speicherchips) und enthält alle Befehle und Daten, die momentan zur Verarbeitung durch den Prozessor gebraucht werden. Der Arbeitsspeicher ist eine Art adressierbare Liste, in der sich bei jeder Adresse eine Binärzahl speichern lässt. Der Arbeitsspeicher enthält nach dem Ausschalten des Computers keine Daten mehr (flüchtiger Speicher). Typisch hat ein PC heute einen Arbeitsspeicher von 1 bis 8 GigaBytes (GB).

• Steckplätze für Erweiterungskarten [5] Auf der Hauptplatine befinden sich Steckplätze für Erweiterungskarten wie Grafik-Karten, Audio-Karten, Netzwerk-Karten u.a.

• Stromversorgung, Netzteil [6] Ein Desktop-PC wird an das übliche Stromnetz angeschlossen, das eine Wechselspannung von 50 Hz und 230 V liefert. Intern benötigen die PC-Komponenten aber verschiedene Gleichspannungen. Das PC-Netzteil erzeugt aus den 230 V Wechselspannung Gleichspannung von typisch +12 V, +5 V, +3,3 V und -12 V. Die maximale Leistung eines PC-Netzteils liegt typisch zwischen 200 - 600 Watt. Schliesst man zusätzliche Geräte an oder fügt Steckkarten hinzu, ist darauf zu achten, dass die maximale Leistung des Netzteils nicht überschritten wird.

Oft wird der Begriff Zentraleinheit oder CPU nicht nur für den Hauptprozessor verwendet, sondern meint die Hauptplatine, den Hauptprozessor und den Arbeitsspeicher zusammen. Man unterscheidet davon die Peripheriegeräte, die über Kabel oder drahtlose Verbindungen mit der Zentraleinheit verbunden sind. Die wichtigsten davon sind:

• Speichermedien [7], [8], Massenspeicher

Die grossen Datenmengen werden auf nicht flüchtigen Speichermedien gespeichert. Es gibt im PC fest eingebaute interne Datenträger (typisch eine Festplatte), externe Datenträger (typisch externe Festplatte oder USB-Stick) und interne oder externe Laufwerke für Wechselmedien (CD, DVD, Digitalbänder). Die System-Software befindet sich meistens auf einer internen Festplatte oder SSD (s. Kap. 5.2). Nach dem Einschalten des PCs lädt der Prozessor die nötige Software von der Festplatte in den Arbeitsspeicher und führt sie dann aus. Die verschiedenen Speichermedien werden Kap. 5.2 ausführlicher behandelt.

Informatik und digitale Biosignale 9 Peter Hilfiker

• Grafikkarte und Bildschirm [1]

Bei den Bildschirmen (Monitore) dominieren heute Flachbildschirme mit LCD-Technologie. LCD steht für Liquid Crystal Display (Flüssigkristallanzeige). Bei LCDs steuert eine elektrische Spannung an jedem Bildpunkt die Ausrichtung von Flüssigkristallen und damit die Transparenz des polarisierten Lichtes, das von einer Hintergrundbeleuchtung erzeugt wird. Wichtige technische Eigenschaften eines Bildschirmes sind

Grösse: angegeben wird die Länge der Diagonalen in Zoll (1 Zoll=2.54 cm). Seitenverhältnis Breite zu Höhe: 16:9, 16:10, 5:4, 4:3 Bildschirmauflösung: Anzahl Bildpunkte horizontal x vertikal, bspw. 1920x1024,

1280x1024. S. dazu das Kapitel 4 "Darstellung digitaler Signale" Helligkeit in cd/m2 (candela pro Quadratmeter) Kontrast: Verhältnis der Helligkeit zwischen weiss und schwarz, bspw. 2000:1

Die Grafikkarte steuert im PC die Bildschirmanzeige. Sie ist entweder eine eigene Karte in einem Steckplatz auf der Hauptplatine oder sie ist direkt auf der Hauptplatine integriert (onboard). Grafikkarten verfügen meistens über einen eigenen Prozessor (Grafikprozessor) und eigenen Arbeitsspeicher (Grafikspeicher). Im Grafikspeicher ist u.a. die momentane Helligkeit und Farbe jedes Bildpunktes des Bildschirmes gespeichert. Regelmässig schickt die Grafikkarten die Bildinformation jedes Bildpunktes auf den Bildschirm, der direkt an der Grafikkarte eingesteckt wird. Es gibt Grafikkarten, an denen sich zwei oder mehr Bildschirme anschliessen lassen. Grafikkarten für zwei Bildschirme nennt man dual-head Grafikkarten, für mehr als zwei Bildschirme multi-head Grafikkarten. Damit lässt sich die Arbeitsfläche (desktop) auf mehrere Bildschirme verteilen, bspw. kann man auf einem Bildschirm das EEG auf dem anderen das Video anzeigen. Oder es lässt sich das gleiche Bild auf mehreren Bildschirmen darstellen. Dies wird bspw. für den Anschluss eines Datenprojektors (Beamers) genutzt. Der Anschluss des Bildschirm an die Grafikkarte erfolgt typisch entweder analog (VGA-Anschluss-Stecker) oder digital (DVI, DisplayPort, HDMI).

• Video-Digitalisierungskarte (video capture card) Soll gleichzeitig zu den Biosignalen ein Videobild aufgezeichnet werden, geschieht dies häufig mittels einer Video-Digitalisierungskarte, welche das Kamerabild und ein Mikrofonsignal aufzeichnet. Oft wird dafür einfach der Ausdruck Videokarte verwendet. Dieser Begriff wurde aber früher auch gleichbedeutend mit Grafikkarte verwendet.

• Weitere wichtige Peripherie-Geräte sind: Tastatur [9], Maus [10], Drucker, Scanner, Lautsprecher

Informatik und digitale Biosignale 10 Peter Hilfiker

1.5. Software

Als Software bezeichnet man die Arbeitsanweisungen an den Hauptprozessor, das Computerprogramm. Oft umfasst der Begriff Software zusätzlich die Daten, die der Prozessor verarbeitet. Man unterscheidet zwischen System-Software und Anwendungs-Software

a) System-Software

Der wichtigste Teil der System-Software ist das Betriebssystem (operating system=OS). Es führt die grundlegenden Funktionen eines Computers aus, bspw.

Startem und Herunterfahren eines Computers Speicherverwaltung: Zuteilung des Arbeitsspeichers, Verwaltung der Dateien auf

Festplatten und Speichermedien Programmverwaltung: Zuteilung des Prozessors zu verschiedenen gleichzeitig

laufenden Anwendungsprogrammen Verwalten der Ein-/Ausgabegeräte wie Tastatur, Maus, Bildschirm, Drucker Netzwerk-Kommunikation: Versenden und Empfangen von Datenpaketen Verwalten der Zugriffsrechte: prüfen, wer was auf dem Computer machen darf.

Die heute am weitesten verbreiteten Betriebssysteme auf PCs sind: Windows von Microsoft, Mac OS von Apple und Linux. Auf Tablets und Smartphones sind die häufigsten Betriebssysteme Android und iOS.

b) Anwendungs-Software

Mit Anwendungs-Software bezeichnet man Computerprogramme, auch Anwendungs-programme oder kurz „Anwendungen“ genannt. Die englische Bezeichnung dafür "application software" wird oft als App abgekürzt. Anwendungs-Software führt spezielle Funktionen für den Anwender aus, z. B. Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbanken, Suchen auf dem Internet oder Spiele. In der Neurophysiologie sind die Ableitprogramme und die Befundprogramme typische Anwendungen. Anwendungsprogramme arbeiten sehr eng mit dem Betriebssystem zusammen. Will bspw. ein Ableitprogramm EEG auf die Festplatte schreiben, macht es dies nicht selber, sondern übergibt die EEG-Daten der Headbox dem Betriebssystem, das dann den eigentlichen Schreibvorgang ausführt. Es ist deshalb bei Computer-Fehlern nicht immer einfach herauszufinden, ob das Problem im Anwendungsprogramm, im Betriebssystem oder in der Hardware steckt.

c) Programmierung, Software-Entwicklung

Die Computerprogramme werden von Software-Entwicklern (Programmierern) geschrieben. Der Hauptprozessor kann letztendlich nur Anweisungen in Form von binären Zahlen aus 0 und 1 ausführen. Dieser sog. Maschinencode ist aber für den Programmierer sehr schwer lesbar. Deshalb verwenden Software-Entwickler Programmiersprachen, die aus wenigen Worten und Begriffen bestehen. Die Anweisungen an den Computer können damit in einer für den Menschen lesbaren und verständlichen standardisierten Form notiert werden. Man unterscheidet grob zwischen den Assembler-Sprachen und den höheren Programmiersprachen.

Assembler-Sprachen sind sehr hardware-nahe, d.h. sie ersetzen die Maschinencodes des Prozessors direkt durch symbolische Namen. Eine Assembleranweisung wird in

Informatik und digitale Biosignale 11 Peter Hilfiker

genau einen Maschinenbefehl umgesetzt. Assembler-Sprachen sind damit auf den Prozessor zugeschnitten und für verschiedene Prozessortypen unterschiedlich. Die Software, welche ein Assembler-Programm in Maschinencode umwandelt, wird Assembler (engl. assemble = zusammenbauen, montieren) genannt. Bsp. eines Assembler-Befehls für einen Intel-Prozessor x86:

mov A1, 61 Bedeutung: speichere (move) die Zahl 61 an den Speicherplatz mit der

Bezeichnung A1. Der Assembler würde diesen Befehl direkt in einen Maschinencode bspw. 10110100 01100001 umsetzen und der Prozessor könnte diesen Befehl direkt ausführen.

Verbreitete höhere Programmier-Sprachen sind Visual Basic, Java, C, C++ u.v.a. Höhere Programmiersprachen ermöglichen das Schreiben eines Computerprogramms in einer abstrakten Sprache, die zwar für Menschen, aber nicht unmittelbar für den Computer verständlich ist. Eine einzelne Anweisung in einer höheren Programmier-Sprache kann dabei ganz viele Maschinencodes erzeugen. Der Vorteil einer höheren Programmier-Sprache besteht auch darin, dass das gleiche Programm auf verschiedenen Prozessoren laufen kann. Die Software, die ein solches Programm in den Maschinencode für den verwendeten Prozessor umsetzt, heisst Compiler (engl. compile = zusammensetzen) oder Interpreter. Bsp. eines Visual-Basic-Befehls:

EuroWert = 1.08 * FrankenWert + Kommission Bedeutung: Im Speicherplatz mit der Bezeichnung "EuroWert" wird 1.08 -mal der

Wert im Speicherplatz "FrankenWert" gespeichert und dazu der Wert im Speicherplatz "Kommission" hinzugezählt, d.h. so lässt sich mit einer Programmzeile ein Franken-Betrag in Euros mit Kommission umrechnen.

d) Versionen und Aktualisierung (Update, Upgrade) von Software

Käufliche Software liegt in der Regel in verschiedenen Versionen vor, da Software permanent verbessert (leider manchmal auch verschlechtert) wird. Ein Update ist dabei eine neue Version, die Programmmängel korrigiert oder kleinere Programmverbesserungen enthält. Bei Betriebssystemen werden damit auch oft Sicherheitslücken gestopft (Sicherheits-Patches). Ein Upgrade von Software bezeichnet hingegen eine neue Version, die zusätzliche Funktionen enthält. Diese Upgrades sind durch eine Änderung der Versionsnummer im Produktenamen gekennzeichnet. Ein Upgrade kann kostenlos oder kostenpflichtig sein. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Software-Versionen können sehr gross sein. So hat bspw. das Betriebsystem Windows über viele Versionen eine grosse Entwicklung durchgemacht (Windows 3.1, Windows NT, Windows 95, Windows 98, Windows 2000, Windows XP, Windows Vista, Windows 7, Windows 8, Windows 10). Oft sind auch verschiedene Versionen mit unterschiedlichem Funktionsumfang gleichzeitig auf dem Markt, bspw. Windows 7 Starter, Windows 7 Home Premium, Windows 7 Professional, Windows 7 für 32-bit Prozessor, Windows 7 für 64-Bit Prozessor u.a. Auch zwei PCs mit auf den ersten Blick gleicher Software können durch Updates unterschiedliche Versionen betreiben.

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Will man mit dem Lieferanten einer Software ein Problem besprechen, ist es deshalb wichtig, vorher zu prüfen, welche Versionen der betroffenen Software auf dem PC installiert sind. Viele Programme haben zur Abfrage der Version einen Menübefehl, der bspw. "Info", "Hilfe" oder "?" heisst.

e) Gerätetreiber (Driver)

Gerätetreiber oder kurz Treiber sind Programme, welche die Interaktion mit einer speziellen Hardware durchführen, bspw. erfolgt der Datenverkehr mit der Grafik-Karte über den Grafiktreiber. Sämtliche Zugriffe von Betriebssystem und Anwendungsprogrammen auf diese Hardware laufen über den Treiber. Da Treiber auf dem PC häufige Quellen von Problemen sind, folgen ein paar Bemerkungen dazu. Da es sehr verschiedene Hardware-Geräte von vielen Herstellern gibt, kann vom Hersteller des Betriebssystems nicht erwartet werden, dass er alle, insbesondere zukünftige Geräte unterstützen kann. Deshalb wird der Treiber in der Regel vom Hersteller der Hardware programmiert und geliefert, da nur er all die Hardware-Details kennt. Oft existieren sehr viele verschiedene Versionen eines Treibers, abhängig von der Version der unterstützten Hardware, aber auch von der Version des dazu passenden Betriebssystems. Ein Treiber für Windows 7 lässt sich dann bspw. nicht für Windows XP oder schon gar nicht für Linux verwenden. Im Gegensatz zu anderer Software bedeutet ein Bug (Fehler) in einem Gerätetreiber in vielen Fällen, dass ein Programm oder ein PC vollständig "abstürzen" kann und Daten verloren gehen können. Neuere Treiber laufen oft nicht auf älteren PCs und umgekehrt.

1.6. Computerabläufe an einem einfachen Beispiel

Schon scheinbar einfachste Funktionen bedeuten oft Tausende von Computeranweisungen, die unsichtbar für den Benützer ausgeführt werden. Dies geschieht aber durch die hohe Taktfrequenz so schnell, dass die Verarbeitungszeit vom Benützer nicht wahrgenommen wird. Als Beispiel soll gezeigt werden, was geschieht, wenn ein Benützer in einem Textver-arbeitungsprogramm auf der Tastatur den Buchstaben "A" drückt. 1. Die Tastatur signalisiert dem Prozessor, dass eine Taste gedrückt wurde. 2. Der Prozessor liest die gedrückte Taste von der Tastatur in Form einer Zahl (ein grosses

A wird meistens mit der Zahl 65 codiert). Der Prozessor schreibt die Zahl 65 an einen definierten Ort im Arbeitsspeicher.

3. Das Betriebssystem informiert das Anwendungsprogramm (Textverarbeitung) darüber,

dass eine Taste gedrückt wurde und an welcher Speicheradresse sich der Buchstabe befindet.

4. Das Textverarbeitungsprogramm liest den Buchstaben aus dem Arbeitsspeicher und berechnet nun die Darstellung des Buchstabens auf dem Bildschirm. Dies umfasst viele Arbeitsschritte. Das Textverarbeitungsprogramm muss die aktuelle Einfüge-Position (Cursor) vom Betriebssystem in Form von Bildschirm-Koordinaten abfragen. Dann muss die Darstellung des Buchstabens A in Form von Bildpunkten auf dem Bildschirm berechnet werden. Dazu muss das Programm Schriftart, Schriftgrösse, Schriftfarbe etc. berücksichtigen. Das Ergebnis dieser Berechnung legt fest, welche Bildpunkte auf dem Bildschirm verändert werden müssen, um den Buchstaben sichtbar

Informatik und digitale Biosignale 13 Peter Hilfiker

zu machen. Das Bildpunkt-Muster des Buchstabens A wird über den Grafiktreiber der Grafikkarte zur Darstellung übergeben. Die Grafikkarte schreibt das Bildpunkt-Muster des Buchstabens A in den Grafikspeicher, der dann auf den Bildschirm übertragen wird.

5. Auf dem Bildschirm wird der Buchstaben A sichtbar. 6. Im Bereich des Arbeitsspeicher, der den bisher eingegebenen Text enthält, wird der

Buchstabe A hinzugefügt.

Informatik und digitale Biosignale 14 Peter Hilfiker

2. Grundlagen analoger und digitaler Signale

Der Begriff "Signal" bezeichnet allgemein eine messbare Grösse, die sich über die Zeit verändert z.B. Lufttemperatur, Aktienkurs oder Schalldruck (Sprache, Musik). Im Folgenden interessieren uns natürlich primär biologische Signale (Biosignale) wie EEG, Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung u.v.a. Die bioelektrischen Signale sind dabei eine spezielle Untergruppe der Biosignale, bei denen die messbare Grösse eine elektrische Spannung ist, wie EEG, EMG, EKG, EP, EOG u.a. Sie spielen in der Neurophysiologie eine zentrale Rolle. Die behandelten Techniken der Signalverarbeitung gelten für viele Signale und wurden ursprünglich oft nicht für bioelektrische Signale entwickelt, sondern für andere Anwendungen z.B. für Sprachverarbeitung. Die verschiedenen Signale unterscheiden sich in ihren Amplituden (vertikale Auslenkung) und in der Geschwindigkeit der Veränderung. Bei rhythmischen sich wiederholenden (sog. periodischen Signalen) misst man die Häufigkeit der Wiederholungen in Hertz.

1 Hertz = eine Wiederholung pro Sekunde Frequenz- und Amplitudenbereich einiger biolelektrischer Signale

Frequenzbereich in Hz

Amplitudenbereich

in µµµµV EEG Elektroenzephalogramm (Oberflächenelektroden)

0.5-70* 2-200

EEG Elektroenzephalogramm (Intrakranielle Elektroden)

0.5-70* 2-1000

EOG Elektrookulogramm (Oberflächenelektroden)

0-100 10-5000

Evozierte Potentiale (Oberflächenelektroden)

0.05 - 3000 (AEP, SEP, VEP, EKP)

0.1-20

ENG Elektroneurogramm (Nadelelektroden)

100-1000 5-10'000

EMG Elektromyogramm (Nadelelektroden)

5-10000 100-10'000

EMG Elektromyogramm (Oberflächenelektroden)

2-500 50-5000

Aktionspotentiale (Mikroelektroden)

100-2000 10-100'000

EKG Elektrokardiogramm (Oberflächenelektroden)

0.05-100 1000-10'000

* für klinische Anwendungen sind im EEG in der Regel nur Frequenzen bis 70 Hz von Bedeutung. In der Forschung interessieren auch höhere Frequenzen bis 600 Hz (Hochfrequenz-Oszillationen).

2.1. Analoge Signale

Definition: Ein Signal, das innerhalb physikalischer (physiologischer) Grenzen einen beliebigen Amplitudenwert annehmen und sich kontinuierlich mit der Zeit ändern kann, d.h. ein analoges Signal ist ein kontinuierlich variables Signal. Unendlich viele verschiedene Amplitudenwerte sind innerhalb gegebener Grenzen möglich und zu jedem Zeitpunkt weist ein analoges Signal einen messbaren Wert auf.

Informatik und digitale Biosignale 15 Peter Hilfiker

Alle bioelektrischen Signale, wie auch viele andere physikalischen Signale (z.B. Schall, Temperatur) sind analog. Auch die früher mit einem Papier-EEG-Schreiber aufgezeichnete EEG-Kurve war bspw. ein Analogsignal. Beispiel EEG: Die Amplitude könnte zu einem bestimmten Zeitpunkt 105.5573..... µV, aber auch 105.5574..... µV betragen. Das EEG verändert sich kontinuierlich über die Zeit. Man sagt, analoge Signale sind amplituden-kontinuierlich (beliebige Amplituden-Zwischenwerte) und zeit-kontinuierlich (keine sprunghaften Amplitudenänderungen). Typische, frühere Speichermedien für analoge Biosignale sind:

• Papieraufzeichnung

• analoge Magnetbänder (veraltet) • Mikrofilm (veraltet)

Analoge Signale unterscheiden sich voneinander in der Art und Amplitude der gemessenen Grösse (elektrische Spannung, Temperatur, Druck etc.) und in der Geschwindigkeit der Signaländerung. Eine Körpertemperatur ändert sich z.B. viel langsamer (im Minutenbereich) als ein EEG-Potential (im Millisekundenbereich). Um analoge Signale darzustellen, zeichnet man sie am besten als Kurve über die Zeit auf.

2.2. Digitale Signale

Ein digitales Signal ist eine Zahlenreihe. Beispiel für ein "natürliches" digitales Signal: Würfeln Es sind nur 6 verschiedene "Amplitudenwerte" möglich. Ein Wert von 5.5 ist nicht möglich. Der Wert ändert sich nur beim Wurf. Beim Würfeln besteht das "digitale Signal" aus der Liste der gewürfelten Zahlen. Weil sich eine Zahl immer nur mit einer endlichen Anzahl von Stellen (Bits) auf dem Computer speichern lässt, sind digitale Signale amplituden-diskret, d.h. es sind nur gewisse Amplituden-Werte (Zahlen) möglich und keine Zwischenwerte. Die Zahl möglicher Werte ist zwar sehr gross, aber immer beschränkt. Ebenso sind digitale Signale zeit-diskret (verändern sich nicht kontinuierlich mit der Zeit). Statt "amplituden-diskret" wird auch für die Amplitude der Ausdruck "quantisiert" verwendet, um auszudrücken, dass der Unterschied zwischen zwei möglichen Amplitudenstufen ein bestimmtes Minimum (Quantum) nicht unterschreiten kann. Beim Würfeln beträgt die Amplitudenstufe (Quantisierung) bspw. 1. Daraus ergibt sich die folgende allgemeine Definition eines digitalen Signals: Definition: Ein Signal, das nur eine beschränkte Anzahl Amplitudenwerte annehmen kann und sich nur zu diskreten Zeitpunkten ändert.

Informatik und digitale Biosignale 16 Peter Hilfiker

Typisch speichert man digitale Signale als binäre Zahlenreihen auf einem Computer auf Speichermedien wie:

• Arbeitsspeicher • magnetische Festplatten

• optische Datenträger wie CD, DVD • Speicherkarten • digitale Magnetbänder

Die physikalische Welt ist meistens analog, d.h. sie erzeugt analoge Signale (bspw. EEG), der Digitalcomputer kann aber nur mit Zahlen (=digitale Signale) arbeiten. Deshalb müssen analoge Signale zuerst in digitale umgewandelt werden, wenn sie auf dem Computer gespeichert und verarbeitet werden sollen. Ein analoges Signal lässt sich elektronisch in ein digitales Signal umformen

= Analog-Digital Wandlung = Digitalisierung = A/D-Wandlung

Das elektronische Gerät, das die Digitalisierung durchführt heisst Analog-Digital-Wandler (Converter) = ADC. Ein digitales Signal lässt sich umgekehrt elektronisch auch in ein analoges Signal umformen.

= Digital-Analog Wandlung = D/A-Wandlung

Heute kommt die D/A-Wandlung in der Neurophysiologie nur noch in speziellen Anwendungen zum Einsatz. Beispielsweise zeigen Pulsoximeter-Geräte die Sauer-stoffsättigung (SaO2) und die Pulsrate als Zahl (digital) an. Will man diese Werte auch auf einem Polysomnographie-System aufzeichnen, ist typisch keine digitale Übertragung der Werte möglich, sondern die Pulsoximeter geben die Messwerte über einen D/A-Wandler als analogen Spannungswert aus, der dann vom Polysomnographie-System wieder neu digitalisiert wird.

2.3. Vor- und Nachteile digitaler Signale gegenüber analogen Signalen

Da digitale Signale Zahlenreihen sind, lassen sie sich im Gegensatz zu analogen Signalen auf einem Computer speichern, abrufen und verarbeiten. Daraus ergeben sich viele Vorteile: Vorteile digitaler Signale • Die Bearbeitungsmöglichkeiten der Signale sind sehr flexibel und vielseitig.

Komplexe Bearbeitungsmethoden (z.B. Mitteln von Signalen bei den EP) sind mit vertretbarem Aufwand nur digital möglich. Beispiele:

Ändern der Verstärkung beim EEG digital: Multiplikation des Signals mit einer frei wählbaren Zahl, reine

Programmierarbeit. analog: Der Verstärker braucht für jeden Verstärkungswert unterschiedliche

Widerstände. Zudem müssen die Widerstände mit Schaltern ein- und ausschaltbar sein, d.h. viel teure Hardware.

Informatik und digitale Biosignale 17 Peter Hilfiker

Ändern der Grenzfrequenz eines Filters beim EEG digital: Berechnung des gefilterten Signals, reine Programmierarbeit. analog: Für jede Grenzfrequenz braucht das analoge Filter unterschiedliche

Elektronik (Kapazitäten, Widerstände etc.), die zudem ein- und ausschaltbar sein müssen, d.h. viel teure Hardware.

• Änderungen an der Bearbeitung bedeuten Änderungen an der Software

(Programmierarbeit), und nicht Änderungen an der Elektronik (Neubau oder Änderungen an den elektronischen Schaltungen).

• Bearbeitung der Signale nach der Aufzeichnung vollumfänglich möglich (z.B. Verstärkung, Filter, Remontage, Schreibgeschwindigkeit etc.). Bei analogen Signalen ist eine Bearbeitung nach der Aufzeichnung überhaupt nicht oder nur mit grösserem Aufwand möglich.

• Zusätzliche und neue Bearbeitungsmöglichkeiten bedeuten i.d.R. den Kauf von Software und nicht von Hardware. Software ist i.d.R. billiger als Hardware

• Schneller Zugriff auf die Signale nach der Aufzeichnung

• Kopieren der Signale einfach

• Versenden der Signale über Computernetzwerke möglich

Nachteile digitaler Signale • Digitale Signale brauchen zum Speichern, Darstellen und Bearbeiten einen

(funktionierenden) Computer.

• Mehr Möglichkeiten in der Verarbeitung verlangen auch mehr Wissen und Ausbildung der Benutzer.

• Die Umwandlung von analogen Signalen in digitale ist mit möglichen Fehlern behaftet.

Informatik und digitale Biosignale 18 Peter Hilfiker

7

6

5

4

3

2

1

0

3. Digitalisierung analoger Signale

3.1. Begriffe

Beim EEG bedeutet die Digitalisierung eine Umwandlung von kontinuierlichen Potentialschwankungen in eine Zahlenreihe. Das EEG wird in regelmässigen Zeitabständen gemessen (abgetastet) und der Messwert (Abtastwert) als Zahl gespeichert. Wenn der tatsächliche Messwert zwischen zwei möglichen Zahlen liegt, wird der Messwert auf die nächst mögliche Zahl gerundet.

Fig. 2 Abtastung eines analogen Signals mit 8 Amplitudenstufen (willkürliche Amplitudeneinheiten)

Die Digitalisierung ergibt die Zahlenreihe: 7 6 3 3 5 3 2 1 1 2 3 4 5 5 5 5 5 5 5 6 6 6 6 6 6

• Abtastintervall=Digitalisierungsintervall

Zeit zwischen zwei Abtastungen (in sec., resp. ms, µs) = 1/Abtasfrequenz typischer Wert für EEG: 4 ms

• Abtastfrequenz=Digitalisierungsfrequenz (Sampling Frequency) Zahl der Abtastwerte pro Sekunde (in Hz) = 1/Abtastintervall typischer Wert für EEG: 250 Hz

• Amplitudenbereich=Aussteuerbereich Bereich, zwischen kleinster und grösster zulässiger Amplitude (in mV), entsprechend der kleinsten und grössten Zahl des A/D-Wandlers typisch für EEG: +- 5 mV (maximum input)

Abtastintervall

Quantisierungsstufe

Abtastwert

Quantisierungsfehler Analoges Signal

Amplitudenbereich

Informatik und digitale Biosignale 19 Peter Hilfiker

• Quantisierungsstufe=Amplitudenstufe kleinstmöglicher Unterschied (Stufe) zwischen zwei Abtastwerten (in µV) typischer Wert für EEG: 0.5 µV

• Quantisierungsfehler=Amplitudenfehler Amplitudenfehler zwischen analoger Amplitude und Abtastwert, beträgt maximal eine halbe Quantisierungsstufe

Damit das digitale Signal dem analogen möglichst ähnlich wird, sollten das Abtastintervall und die Quantisierungsstufe möglichst klein sein. Da diese aber nicht beliebig klein sein können, muss ein Kompromiss gesucht werden.

3.2. Amplitudenbereich

Bei der Digitalisierung ist darauf zu achten, dass der mögliche Amplitudenbereich genügend gross ist, damit das analoge Signal immer innerhalb des Amplitudenbereiches liegt, da das Signal sonst "abgeschnitten" wird (Clipping). Dies ist besonders kritisch, wenn das Signal bei der Aufzeichnung digital gefiltert wird, da dies zu einer Signalverzerrung führt, die schwer zu erkennen ist. Fig. 3 Digitalisierung mit zu kleinem Amplitudenbereich Ausschnitt aus einer spike-wave Entladung

A) Analoges Signal

B) "Clipping" bei einem Amplitudenbereich von +- 200 µV

C) Filterung des abgeschnittenen Signals mit 30 Hz und einer Zeitkonstante von 0.15 sec Merke: eine Digitalisierung mit zu kleinem Amplitudenbereich kann zu starken Signalverzerrungen führen, die u.U. nicht sofort bemerkt werden. Dies ist nach der Aufzeichnung nicht mehr zu korrigieren.

200 µV 1 sec

Informatik und digitale Biosignale 20 Peter Hilfiker

3.3. Anzahl Bits bei der A/D-Wandlung

Der A/D-Wandler erzeugt eine Zahlenreihe (Reihe von Abtastwerten). Jeder Abtastwert wird auf dem Computer als binäre Zahl mit einer beschränkten Anzahl Stellen gespeichert. Die Anzahl Bits (=Anzahl binärer Stellen), die pro Abtastwert gespeichert werden, ist ein Mass für die Genauigkeit des Abtastwertes. Je mehr Bits, je kleiner ist der Quantisierungsfehler und je genauer ist damit die Quantisierung. Der Zusammenhang zwischen Anzahl Bits und der Zahl der Quantisierungsstufen ist dabei:

Anzahl Quantisierungsstufen 2N, N Anzahl Bits= =

N

Anzahl Bits pro

Abtastwert

2N

=

Zahl möglicher Amplitudenwerte

Genauigkeit der Amplitude in ungefährer Anzahl

signifikanter, dezimaler Stellen

4 16 1 8 256 2 10 1'024 3 12 4'096 4 14 16'384 5 16 65'536 6 24 16'777'216 7

Die Angabe der Bitzahl allein sagt noch nichts aus über die Genauigkeit der Amplitudenmessung. Dazu muss auch der Amplitudenbereich berücksichtigt werden:

N2

bereichAmplituden

ungsstufenQuantisier Anzahl

bereichAmplitudenV in ungsstufeQuantisier ==µ

Der grösstmögliche Amplitudenfehler bei der Quantisierung beträgt eine halbe Amplitudenstufe. Typisches Beispiel mit 14 Bits (N=14) und einen Amplitudenbereich von +- 5 mV:

Die Zahl möglicher Amplitudenwerte beträgt 214 = 16'384 Eine Quantisierungsstufe beträgt damit 10 mV / 16'384 = 0.610 µV Der grösstmögliche Fehler bei der Quantisierung beträgt somit 0.305 µV

Einfaches Beispiel mit 10 Bits (N=10) und einen Amplitudenbereich von +- 5 mV: Die Zahl möglicher Amplitudenwerte beträgt 210 = 1024 Eine Quantisierungsstufe beträgt 10 mV / 1024= 9.77 µV Der grösstmögliche Fehler bei der Quantisierung beträgt somit 4.88 µV

Einfaches Beispiel mit 4 Bits (N=4) und einen Amplitudenbereich von +- 200 µV: Die Zahl möglicher Amplitudenwerte beträgt 24 = 16 Eine Quantisierungsstufe beträgt 400 µV / 16 = 25 µV Der grösstmögliche Fehler bei der Quantisierung beträgt somit 12.5 µV

Für eine Digitalisierung sollten heute mindestens 12 Bits verwendet werden. Das Beispiel mit 4 Bits soll nur das Prinzip zeigen, wie der Zusammenhang zwischen dem binären Abtastwert und der Amplitude ist:

Informatik und digitale Biosignale 21 Peter Hilfiker

mögliche binäre Zahlen mit 4 Bits (4 binäre Stellen)

mögliche Amplitudenwerte bei einem

Amplitudenbereich von +- 200 µµµµV

0000 -200 µV 0001 -175 µV 0010 -150 µV 0011 - 125 µV 0100 -100 µV 0101 -75 µV 0110 -50 µV 0111 -25 µV 1000 0 µV 1001 25 µV 1010 50 µV 1011 75 µV 1100 100 µV 1101 125 µV 1110 150 µV 1111 175 µV

Diese Zusammenhänge zwischen Amplitudenbereich, Quantisierungsstufe und Anzahl Bits ergeben gegensätzliche Forderungen, die mit einem Kompromiss gelöst werden müssen:

Vorteil Nachteil Grosser

Amplitudenbereich • Gefahr für Clipping ist gering • verschiedene Signale (EEG, EMG,

EKG) können mit der gleichen analogen Verstärkung gemessen werden (einfacherer Verstärker)

• Grosse Quantisierungsstufe und damit ungenaue Amplituden-messung und grosser Quantisierungsfehler

Hohe Anzahl Bits • kleine Quantisierungsstufe (genaue Amplitudenmessung)

• Grosse Speichermenge • Hohe Anforderungen an den

Analog-Digital-Wandler (teuer) Ein akzeptabler Kompromiss sieht für EEG typisch folgendermassen aus: Amplitudenbereich +- 5 mV Damit ist für EEG und auch für EKG die Wahrscheinlichkeit des Clipping gering.

Quantisierungsstufe 0.5 µµµµV Dies ist eine Empfehlung der amerikanischen EEG-Gesellschaft (Guideline 14, s. Literaturverzeichnis). Die technische Empfehlung für das Rauschen eines traditionellen Papier-EEG-Schreibers lag bei < 2 µV (EEG instrumentation standards 1974). Für die Diagnostik des Hirntodes wird eine Aktivität unter 2 µV gefordert. Daraus ergibt sich eine minimale Anzahl Bits von 14. Heute wird i.d.R. mit 16 Bit quantisiert. Ein Abtastwert belegt damit meistens 2 Bytes im Speicher. Für andere Signale und Anwendungen sind andere Werte optimal. Merke: die Anzahl Bits lässt sich an heutigen digitalen EEG-Systemen nicht einstellen, sondern ist fest durch die Hardware vorgegeben. Der Amplitudenbereich ist entweder

Informatik und digitale Biosignale 22 Peter Hilfiker

ebenfalls fest vorgegeben oder lässt sich über eine unterschiedliche Verstärkung des analogen Eingangsverstärkers wählen. Bei einer variablen (analogen) Verstärkung obliegt es der FND die optimale Einstellung zu wählen, so dass einerseits kein Clipping auftritt und andererseits der Amplitudenfehler möglichst klein wird. Sind Anzahl Bits und Amplitudenbereich beide fest vorgegeben, ist darauf zu achten, dass der Amplitudenbereich nicht überschritten wird, z.B. durch Messung eines EKG-Signals auf einem EEG-Kanal mit +- 500 µV Amplitudenbereich. Ebenso sollte die Messung von kleinen Signalen wie z.B. evozierten Potentialen nicht auf Kanälen mit sehr grossem Amplitudenbereich erfolgen (zu geringe Amplitudenauflösung = zu grosse Quanti-sierungsstufen) Für eine gute Signalqualität lohnt es sich, im Handbuch des Systemlieferanten diese Werte nachzuschlagen.

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3.4. Abtastfrequenz

Die Wahl der Abtastfrequenz hat gegensätzlichen Forderungen zu genügen. Eine niedrige Abtastfrequenz benötigt weniger Speicherplatz und Computerleistung bei der Bearbeitung. Dafür kann das analoge Signal nicht mehr korrekt erfasst werden. Fig. 4 Abtastung einer spike-wave Entladung mit unterschiedlichen Abtastfrequenzen. Linke Spalte: Abtastwerte mit Linien verbunden, rechte Spalte: Abtastwerte als Punkte

Dies zeigt, dass die Abtastfrequenz ein gewisses Minimum nicht unterschreiten darf, da sonst zuviel Information des Signales verloren geht. Bei einer Abtastfrequenz von 25 Hz wären in diesem Beispiel die Spikes nicht mehr erkennbar. Es ist auch klar, dass bei einer zu

1 Sec

Analoges Signal Abtast-frequenz 100 Hz Abtast-frequenz 50 Hz Abtast-frequenz 25 Hz

Informatik und digitale Biosignale 24 Peter Hilfiker

kleinen Abtastfrequenz verschiedene Signale theoretisch die gleiche Zahlenreihe ergeben können, und damit nicht mehr voneinander unterscheidbar sind: Fig. 5 Drei unterschiedliche Signale, die alle die gleichen Abtastwerte haben.

Um Fehler durch eine zu niedrige Abtastfrequenz zu verhindern, gibt es das Abtastgesetz (Abtasttheorem) von Shannon. Es sagt aus, dass sich ein Signal eindeutig aus seinen Abtastwerten darstellen lässt, wenn die Abtastfrequenz mindestens zweimal so gross ist, wie die höchste im analogen Signal vorkommende Frequenz. Die höchste im Signal vorkommende Frequenz ist dabei nicht die höchste physiologische Frequenz, die man erfassen möchte, sondern die höchste praktisch auftretende Frequenz. Beim üblichen EEG, gemessen mit Oberflächen-Elektroden, haben die zerebralen Potentiale mit nennenswerter Amplitude kaum Frequenzen über 40 Hz. Aber Artefakte können darüber liegen, z.B. 50 Hz Netzbrumm, EMG-Artefakte bis 200 Hz. Diese Artefakte müssen für die höchste vorkommende Frequenz mitberücksichtigt werden. Die halbe Abtastfrequenz wird auch als Nyquist-Frequenz bezeichnet.

Abtastgesetz von Shannon

Die Abtastfrequenz muss mindestens doppelt so gross sein wie die höchste im analogen Signal vorkommende Frequenz.

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3.5. Aliasing, Spiegelfrequenzen

Wird das Abtastgesetz verletzt, können sog. Spiegelfrequenzen auftreten. Fig. 6 Abtastung eines 50 Hz-Sinus mit unterschiedlichen Abtastfrequenzen. Linke Spalte: Abtastwerte mit Linien verbunden, rechte Spalte: Analoges Signal und Abtastwerte als Punkte

A) Analoges Signal, 50 Hz Sinus B) Abtast-frequenz 150 Hz C) Abtast-frequenz 100 Hz D) Abtast-frequenz 80 Hz E) Abtast-frequenz 60 Hz

400 ms

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Fig. 6 zeigt den Effekt der Abtastfrequenz bei einem 50 Hz Sinus. Liegt die Abtastfrequenz über der doppelten Signalfrequenz (über 100 Hz), beträgt die Frequenz des digitalen Signals (linke Spalte) korrekt ebenfalls 50 Hz. Liegt die Abtastfrequenz unter 100 Hz, nimmt das digitalisierte Signal in der linken Spalte eine falsche Frequenz an, die unter der ursprünglichen Signalfrequenz von 50 Hz liegt. Dieser Effekt, der bei der Verletzung des Abtastgesetzes auftritt, führt zu falschen Frequenzen (im englischen "Aliasing", im deutschen "Spiegelfrequenzen"). Die Spiegelfrequenz berechnet sich zu: Beispiel: ein 50 Hz Signal wird mit 60 Hz abgetastet. Die scheinbare Signalfrequenz beträgt: 60 Hz - 50 Hz = 10 Hz (s. Fig. 6 E). Abtastfehler durch eine zu niedrige Abtastfrequenz sind deshalb gravierend, weil sie nach der Abtastung nicht mehr erkannt werden können. Im Beispiel oben (Fig. 6 E) ist es nach der Aufzeichnung nicht mehr möglich herauszufinden, ob tatsächlich eine 10 Hz-Aktivität oder eine 50 Hz-Aktivität vorhanden war. Der Computer misst bei beiden Frequenzen die gleichen Abtastwerte und "weiss" deshalb nicht, welches die ursprüngliche Frequenz war. Um diesen Aliasing-Effekt zu verhindern, gibt es zwei Möglichkeiten: • eine hohe Abtastfrequenz, so dass das Abtastgesetz sicher nie verletzt wird. Diese

Möglichkeit hat den Nachteil, dass sehr hohe Datenmengen entstehen. • Das analoge Signal vor der A/D-Wandlung filtern mit einem Tiefpass-Filter, das eine

Grenzfrequenz hat, die deutlich unter der halben Abtastfrequenz liegt. Dieses Filter wird auch als

Anti-Aliasing-Filter

bezeichnet und entfernt alle Frequenzen, die zu Spiegelfrequenzen führen könnten.

3.6. Blockdiagramm einer A/D-Wandlung

Aus dem Bisherigen ergibt sich das folgende Schema für eine A/D-Wandlung: Eigenschaften Verstärkungsfaktor Analoges Anzahl Bits (fix oder variabel) Tiefpass-Filter Abtastfrequenz Grenzfrequenz Amplitudenbereich Zeitkonstante der Hardware (hoch, fix oder wenige Werte)

analoger Verstärker

Anti-Aliasing Filter

Analog-Digital Wandler

Spiegelfrequenz (Frequenz nach der Digitalisierung) = Abtastfrequenz - Frequenz vor der Digitalisierung

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Analoger Verstärker Der analoge Verstärker verstärkt i.d.R. nur wechselnde Spannungen (Wechselspannung), aber keine konstant bleibende Spannungen (Gleichspannung), weil Gleich-spannungspotentiale (bspw. Elektrodenartefakte) den A/D-Wandler leicht ausserhalb des Amplitudenbereiches bringen (Clipping). Der Verstärker enthält deshalb ein Hochpassfilter, das langsame Signale und den Gleichspannungsanteil vor der Digitalisierung herausfiltert. In der Neurophysiologie verwendet man zur Beschreibung eines Hochpassfilter entweder die Grenzfrequenz (Frequenz in Hz, unterhalb der gefiltert wird) oder die Zeitkonstante (Zeit in Sekunden). Die Zeitkonstante gibt an, wie lange ein Gleichspannungsschritt am Eingang braucht, bis er abgeklungen ist. Eine hohe Grenzfrequenz entspricht einer niedrigen Zeitkonstante und umgekehrt (Näheres zu Filtern s. Kurs "Biosignalanalyse"). Die Zeitkonstante des analogen Verstärkers sollte einerseits hoch sein (z.B. für EEG > 1 Sek.), damit auch niedrige Frequenzen erfasst werden. Dies gilt vor allem für die Registrierung langsamer Biosignale wie Atemfluss, Atembewegung, Pulsoximetrie u.a. Andererseits sollte die Zeitkonstante auch nicht zu lange sein (für EEG < 10 Sek.), da sonst ein langsam schwankender Artefakt mit hoher Amplitude den Amplitudenbereich übersteuert und während längerer Zeit kein Signal messbar ist. Die Zeitkonstante im Hochpassfilter des analogen Verstärker ist meist fest gegeben oder nur wenige Werte der Zeitkonstante sind verfügbar. Dadurch vereinfacht sich die Hardware des Verstärkers. Mittels digitaler Filter kann man das Signal auch nach der A/D-Wandlung zusätzlich mit einem digitalen Hochpass filtern. Es ist aber zu beachten, dass die Zeitkonstante im Verstärker die grösstmögliche Zeitkonstante bleibt und nach der Aufzeichnung nur noch kleinere Zeitkonstanten (höhere Grenzfrequenzen) möglich sind. Anti-Aliasing Filter Das Anti-Aliasing Filter ist ein Tiefpassfilter, das alle Frequenzen oberhalb der Grenzfrequenz herausfiltert, um Spiegelfrequenzen zu verhindern. Die Grenzfrequenz sollte deutlich unter der halben Abtastfrequenz liegen (s. dazu auch das vorausgehende und das nächste Kapitel). Da die Abtastfrequenz i.d.R. durch den Untersucher innerhalb der technischen Grenzen einstellbar ist, sollte die Grenzfrequenz des Anti-Aliasing Filters eigentlich auch variabel sein. Das Anti-Aliasing Filter ist aber ein analoges Filter und unterschiedliche Grenzfrequenzen machen dieses Filter aufwendig und damit teuer. Dieses Problem kann man mit sog. "Downsampling" lösen:

1. Abtastung mit fest vorgegebener hoher Frequenz (z.B. 2000 Hz bei EEG). Das analoge Anti-Aliasing Filter kann dann auch eine fixe Grenzfrequenz haben (z.B. 500 Hz).

2. Nach der A/D Wandlung digitale Tiefpass-Filterung mit einer Grenzfrequenz, die der später gewünschten tieferen Abtastfrequenz entspricht. (z.B. 70 Hz Filter bei einer Abtastfrequenz von 250 Hz).

3. Reduktion der Abtastfrequenz durch Weglassen von Abtastwerten. (z.B. Reduktion der Abtastfrequenz von 2000 Hz auf 250 Hz durch Speicherung nur jedes achten Abtastwertes), englisch "Downsampling".

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3.7. Praktische Bestimmung der Abtastfrequenz

Das Abtastgesetz von Shannon gibt bei einem gegebenen Signal die theoretisch mögliche minimale Abtastfrequenz an. Theoretisch ist es möglich, tatsächlich alle Signale bis zur halben Abtastfrequenz aus den Abtastwerten zu rekonstruieren. Dazu ist es aber nötig, mit hohem Rechenaufwand den Signalverlauf zwischen den Abtastwerten zu berechnen. In der Praxis ist diese Rekonstruktion aber zu aufwendig und für die Darstellung des Signals werden einfach die Abtastwerte mit einer geraden Linie verbunden. Fig. 7 Abtastung eines 15 Hz-Sinus mit 35 Hz Abtastfrequenz.

Die Verbindung der Abtastwerte mit Geraden ergibt in Fig. 7 zwar die korrekte Frequenz, da das Abtastgesetz nicht verletzt wurde. Die Amplitude weist aber Fehler auf. Je näher die halbe Abtastfrequenz zur Signalfrequenz kommt, desto grösser wird dieser Amplitudenfehler. In Fig. 6 B (Abtastfrequenz = 3xSignalfrequenz) und C (Abtastfrequenz = 2xSignalfrequenz) ist die Zunahme dieses Abtastfehlers dargestellt. Die Grösse des Fehlers hängt auch davon ab, zu welchem Zeitpunkt des Signals eine Abtastung erfolgt. Für praktische Messung sollte deshalb die Abtastfrequenz das 3.5 - 4-fache der höchsten Signalfrequenz liegen. Dies ist gültig für die korrekte Erfassung hoher Frequenzen. Oft sollen aus dem Signal andere Parameter berechnet werden, z.B. bei evozierten Potentialen die genaue Latenz und Amplitude von Maximum oder Minimum. Die Genauigkeit der Latenz beträgt +- ½ Abtastintervall, da ja das Maximum im schlimmsten Fall genau zwischen zwei Abtastwerten liegen kann. Sind die Anforderungen an die Latenzmessung und Amplituden hoch, sollte eine höhere Abtastfrequenz gewählt werden.

1 Sec

praktische Abtastfrequenz ≈≈≈≈ 3.5 .. 4 * höchste Signalfrequenz

Analoges Signal Abtastwerte mit Geraden verbunden

Informatik und digitale Biosignale 29 Peter Hilfiker

4. Darstellung digitaler Signale

Sind die Biosignale bei der Aufzeichnung mit einer genügenden Abtastfrequenz digitalisiert und gespeichert, müssen Sie danach für die Auswertung visuell als Kurven dargestellt werden. Die üblichen Geräte zur Darstellung digitaler Kurven sind Bildschirme und Drucker. Die Ausgaberäte setzen Kurven und Zeichen aus sehr dicht beieinander liegenden Bildpunkten ("Pixeln") zusammen. Diese Bildpunkte sind in einem rechtwinkligen Gitter ("Raster") angeordnet. Auch wenn die Digitalisierung bezüglich Abtastfrequenz und Amplitudenquantisierung korrekt erfolgte, verursacht diese Rasterung der Abtastwerte einen zusätzlichen Fehler am ursprünglichen analogen Signal. Dieser Fehler lässt sich aber im Gegensatz zu Fehlern bei der Abtastung durch z.B. höhere Schreibgeschwindigkeiten ("Zoomen") nachträglich korrigieren. Fig. 8 Rasterung einer Kurve mit Pixeln

Die minimale Distanz zwischen zwei horizontalen oder vertikalen Linien, die bei der Darstellung noch zwei sichtbar getrennte Linien ergibt, wird auch als Auflösung bezeichnet. Drucker Die Pixelzahl bei Druckern wird üblicherweise in DPI (Dots per inch) angegeben und meint die Anzahl Pixels auf einer Distanz von 1 Inch (=2.54 cm). Übliche Werte für Drucker sind 600 oder 1200 DPI. 600 DPI entspricht dabei 600/25.4 = rund 24 Pixeln pro mm. Beispiel zur Berechnung der höchsten darstellbaren Frequenzen auf einem Drucker Es sollen auf einer A4-Seite (Querformat) 10 Sek. EEG ausgedruckt werden (Rand vernachlässigbar). Die Auflösung des Druckers sei 600 DPI. Frage: Bis zu welcher Frequenz kann ein Sinus damit dargestellt werden ? Antwort Die Breite von 1 Sek. EEG beträgt: Papierbreite/10 sek = 29.7 cm (=A4-Breite) / 10 = 2.97 cm. Pro inch gibt es 600 Pixels. Pro cm gibt es damit 600/2.54 = 236 Pixels. Für 1 Sek. EEG stehen damit 2.97 cm x 236 = 701 Pixels zur Verfügung.

Informatik und digitale Biosignale 30 Peter Hilfiker

Nimmt man an, dass die Darstellung einer Sinusperiode mindestens 6 Pixelbreiten benötigt, so können in 1 Sek. maximal 701/6 = 117 Perioden dargestellt werden. Somit können Frequenzen bis rund 120 Hz dargestellt werden. Bei 30 Sek. pro Seite reduziert sich die höchste darstellbare Frequenz auf ca. 40 Hz. Dies soll zeigen, dass bei einer Darstellung von 10 Sek. pro A4-Seite, die Druckqualität sehr hoch ist und keine nennenswerten Darstellungsfehler durch die Rasterung des Druckers entstehen. Bei 30 Sek. pro Seite muss man sich bewusst sein, dass Frequenzen nur bis etwa 40 Hz unverfälscht gedruckt werden. Für praktische Anwendungen ist aber heute die Druckqualität so gut, dass eine Verfälschung der aufgezeichneten Signale durch das Drucken zu vernachlässigen ist. Beim Ausdrucken von Kurven ist darauf zu achten, dass die höhere Auflösung des Druckers tatsächlich ausgenützt wird und nicht einfach alle Pixels des Bildschirms 1:1 gedruckt werden. Das Drucken von EEG mit Bildschirmauflösung (engl. "Screen dump" oder "Print screen") sollte vermieden werden. Bildschirm Bildschirme werden an der Grafikkarte des Computers angeschlossen. Die Auflösung der Grafikkarte bestimmt neben dem Bildschirm die Genauigkeit der EEG-Darstellung. Für die Auflösung von Grafikkarten wird üblicherweise die Gesamtzahl der Pixel in vertikaler und horizontaler Richtung angegeben. Übliche Auflösungen sind: Anzahl Pixel

horizontal Anzahl Pixel

vertikal Breite:Höhe Kurzbezeichnung Eignung für

EEG-Darstellung

640 480 4:3 VGA nicht geeignet 800 600 4:3 SVGA nicht geeignet 1024 768 4:3 XGA ungenügend 1280 1024 5:4 SXGA geeignet 1600 900 16:9 WSXGA geeignet 1600 1200 4:3 UXGA gut geeignet 1920 1080 16:9 Full HD gut geeignet

Die Auflösung der Grafikkarte und damit des Bildschirms lässt sich einstellen. Auf einem Windows 7-PC geschieht durch Klick mit der rechten Maustaste auf den Desktop, Auswahl des Menüs "Bildschirmauflösung". Dabei darf die Auflösung der Grafikkarte nicht höher als die des Bildschirms sein. Beispiel zur Berechnung der höchsten darstellbaren Frequenzen Es sollen auf einer Bildschirmseite 10 Sek. EEG dargestellt werden (Rand vernachlässigbar). Die Auflösung des Bildschirmes betrage 1024x768 Pixels. Frage: Bis zu welcher Frequenz kann ein Sinus damit dargestellt werden ? Antwort Für 1 Sek. EEG stehen 1024 / 10 = 102 Pixels zur Verfügung. Nimmt man wiederum an, dass für die Darstellung einer Sinusperiode mindestens 6 Pixelbreiten nötig sind, so können in 1 Sek. maximal 102/6 = 17 Perioden dargestellt werden. Somit können Frequenzen bis 17 Hz erkennbar dargestellt werden. Stellt man 30 Sek auf einer Seite dar, reduziert sich die höchste erkennbare Frequenz bei dieser Auflösung gar auf 5.6 Hz ! Diese Berechnungen zeigen, dass die EEG-Darstellung auf Druckern viel besser ist als auf Bildschirmen.

Informatik und digitale Biosignale 31 Peter Hilfiker

Fig. 9 Darstellung von Sinuskurven unterschiedlicher Frequenz mit verschiedenen Auflösungen des Bildschirms

10 Hz 20 Hz 25 Hz 30 Hz 50 Hz

1 Sek.

A) Darstellung auf einem Bildschirm mit 800 x 600 Pixeln. Auf der ganzen Schirmbreite wurden 10 Sek. Signal dargestellt. Dies ergibt pro Sekunde 80 Pixel.

10 Hz 20 Hz 25 Hz 30 Hz 50 Hz

1 Sek.

B) Darstellung auf einem Bildschirm mit 1024 x 768 Pixeln. Sonst wie A) 102 Pixel pro Sekunde

Informatik und digitale Biosignale 32 Peter Hilfiker

10 Hz 20 Hz 25 Hz 30 Hz 50 Hz

1 Sek.

C) Darstellung auf einem Bildschirm mit 1280 x 1024 Pixeln. Sonst wie A) 128 Pixel pro Sekunde

10 Hz 20 Hz 25 Hz 30 Hz 50 Hz

1 Sek.

D) Ausdruck auf einem Laserdrucker mit 300 dpi. 1 Sekunde entspricht 3.75 cm Dies ergibt pro Sekunde 443 Pixel.

Informatik und digitale Biosignale 33 Peter Hilfiker

Fig. 10 Darstellung von EEG im Schlaf (Schlafstadium 2) mit verschiedenen Bildschirm-Auflösungen. Beachte die Unterscheidung von 12/s-Schlafspindeln und Muskel-Artefakt. Pro Bildschirmseite wurden jeweils 30 sek. dargestellt. Nur die rechtshemisphärischen Kanäle sind dargestellt.

A) Darstellung auf einem Bildschirm mit 800 x 600 Pixeln.

B) Darstellung auf einem Bildschirm mit 1024 x 768 Pixeln.

3 Sek.

3 Sek.

Informatik und digitale Biosignale 34 Peter Hilfiker

C) Darstellung auf einem Bildschirm mit 1280 x 1024 Pixeln.

D) Darstellung auf einem Bildschirm mit 1600 x 1280 Pixeln.

3 Sek.

3 Sek.

Informatik und digitale Biosignale 35 Peter Hilfiker

Eine ungenaue EEG-Darstellung infolge geringer Bildschirmauflösung kann man durch höhere Schreibgeschwindigkeit und höhere Amplituden (Zoom-Funktion) kompensieren. Bevor eine Auffälligkeit aber vergrössert dargestellt wird, muss diese zuerst als solche erkannt werden. Beim schnellen Durchblättern z.B. von Nachtableitungen mit 30 sek pro Seite ist dafür eine hohe Bildschirmauflösung erforderlich. Eine hohe Bildschirmauflösung kann die Blättergeschwindigkeit reduzieren. Es ist auch zu beachten, dass bei der Darstellung vieler Kanäle die verfügbare Anzahl Pixels in vertikaler Richtung pro Kanal gering ist. Ohne vertikale Überlappung der Kanäle beträgt z.B. die Anzahl Pixels bei 32 Kanälen und einer Auflösung von 1024x768 nur 768/32=24 Pixels oder 24 möglichen Amplitudenwerten. Dies entspricht einer Amplitudenquantisierung von nicht einmal 5 Bits (25 = 32 Amplitudenstufen, s. Kap. 3.3). Als Bildschirme haben Flachbildschirme die älteren Röhrenmonitore weitgehend abgelöst. Bei Röhrenmonitoren war neben der Auflösung auch die Bildwiederholfrequenz wichtig. Für eine flimmerfreie Darstellung sollte sie nicht unter 70 Hz liegen. Empfehlung für Flachbildschirme: mindestens 19-Zoll mit 1280x1024 Auflösung.

Informatik und digitale Biosignale 36 Peter Hilfiker

5. Speicherung digitaler Signale

5.1. Speichermenge von EEG

Die Speichermenge für EEG lässt sich wie folgt berechnen:

Speichermenge in Bytes =

Anzahl Bytes pro Abtastwert (meistens 2) x Anzahl Abtastwerte pro Sekunde (=Abtastfrequenz) x Dauer der Ableitung in Sekunden x Anzahl Kanäle

Bemerkungen − Anzahl Bytes pro Abtastwert

Der Analog-Digital Wandler misst die EEG-Amplitude mit einer festen Anzahl Bit (typisch 12,14 oder 16 Bit). Da in der Regel auch bei einem 12 Bit A/D-Wandler eine ganze Anzahl Bytes (in diesem Fall 2 ganze Bytes = 16 Bits) gespeichert werden, beträgt die Anzahl Bytes pro Abtastwert bei den meisten heute verfügbaren Systemen 2.

− Anzahl Abtastwerte pro Sekunde Dies gibt die Anzahl Abtastwerte für 1 Sekunde EEG an. Dies entspricht der Abtastfrequenz in Hz. Beispiel Abtastfrequenz 250 Hz = 250 Abtastwerte pro Sekunde

Beispiele Speichermenge von einem Routine-EEG (30 Min., 24 Kanäle)

2 Bytes pro Abtastwert x 250 Hz Abtastfrequenz x 1800 Sekunden x 24 Kanäle = 21'600'000 Bytes = 21.6 MB

Speichermenge einer Nachtableitung (8 Stunden, 24 Kanäle) 2 Bytes pro Abtastwert x 250 Hz Abtastfrequenz x 28'800 Sekunden x 24 Kanäle = 345'600’000 Bytes = 345.6 MB

Speichermenge von einem Langzeit-EEG (24 Stunden, 24 Kanäle)

2 Bytes pro Abtastwert x 250 Hz Abtastfrequenz x 86’400 Sekunden x 24 Kanäle = 1'036'800’000 Bytes = 1.04 GB

Dies gilt, wenn alle Kanäle die gleiche Abtastfrequenz aufweisen. Speziell bei polygraphischen Aufzeichnungen ist dies meistens nicht der Fall. Die Berechnung der Speichermenge muss dann für jeden Kanal einzeln erfolgen:

Informatik und digitale Biosignale 37 Peter Hilfiker

Speichermenge einer Polysomnographie mit folgenden Kanälen: Kanal Abtastfrequenz Datenmenge (8 Stunden) 2 EEG 250 2x250x28'800x2=28'800'000 2 EOG 250 2x250x28'800x2=28'800'000 3 EMG 250 2x250x28'800x3=43'200'000 1 Lagegeber 25 2x25 x28'800x1= 1'440'000 1 Pulsoximetrie 25 2x25 x28'800x1= 1'440'000 2 Atembewegungen 25 2x25 x28'800x2= 2'880'000 1 Atemfluss 25 2x25 x28'800x1= 1'440'000 1 Mikrofon 250 2x250x28'800x1=14'400'000 1 EKG 100 2x100x28'800x1= 5'760'000 Total für 8 Stunden 128.2 MB 128'160'000

Um die Datenmenge für die Speicherung zu verringern, können Kompressionsverfahren zum Einsatz kommen, welche die ursprüngliche Datenmenge vor der Speicherung reduzieren. Die Kompression ist vor allem für die Speicherung von Video wichtig (s. unten). Wegen der stark gesunkenen Preise für Speichermedien wird für EEG heute keine Kompression mehr für die Speicherung eingesetzt.

5.2. Speichermedien digitaler Signale

Für die Speicherung digitaler Biosignale stehen Datenträger (Speichermedien) unterschiedlicher Technologien zur Verfügung. Die technische Entwicklung im Bereich der Datenträger ist nach wie vor sehr schnell, so dass die folgenden Angaben nur einige, für die EEG Speicherung und Archivierung zurzeit wichtige Datenträger behandeln. Zu unterscheiden sind der flüchtige Arbeitsspeicher von Massenspeichern zur langfristigen Speicherung von Daten. Der Arbeitsspeicher kann im Vergleich zu Massenspeichern nur "kleine" Datenmengen speichern (typisch 500 MB - 8 GB). Im folgenden meint der Ausdruck „Speicher“ immer die Massenspeicher. Massenspeicher unterscheiden sich in folgenden Eigenschaften:

Speicherkapazität Speicherkosten Speichertechnologie (Speicherchip, magnetische und optische Platten) Wechselbarkeit (wechselbar, fest eingebaut) Zugriffsart (sequentiell, wahlfrei) Zugriffsgeschwindigkeit Standardisierung, Verbreitung

Für die Speicherung und Archivierung von EEG sind zurzeit folgende Speichermedien von Bedeutung: Festplatten (Hard Disk) Festplatten sind die am meisten verbreiteten Speicher für Programme und Daten.im PC. Ein Festplattenlaufwerk ist ein magnetisches Speichermedium, das Daten auf die Oberfläche rotierender, starrer Scheiben schreibt. Das Lesen und Schreiben erfolgt mit Schreib-/Leseköpfen, die auf einem beweglichen Arm montiert sind. Festplatten sind entweder im Computer intern eingebaut oder in einem externen Gehäuse. Interne Festplatten sind nicht einfach wechselbar. Festplatten sind schnell und eignen sich zur Speicherung der aktuellen Ableitungen, aber weniger zur EEG Archivierung (nicht oder umständlich zu wechseln). Die Speicherkapazität einer einzelnen Festplatte liegt zurzeit im

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Bereich bis 4 TB. Durch die Verwendung mehrerer Festplatten kann die Kapazität erweitert werden. In Servern werden oft viele Festplatten in ein Gerät eingebaut (Plattensubsystem = Disk array) und so zusammengefasst, dass sie vom Server aus wie eine einzelne grosse Festplatte erscheinen. SSD (Solid State Disk, Solid State Drive) Eine Solid State-Disk kann ähnlich wie eine Festplatte verwendet werden. Sie enthält aber keine beweglichen Teile wie rotierende Scheiben, sondern speichert die Daten auf Halbleiterbausteinen. Vorteile einer SSD gegenüber herkömmlichen Festplatten sind die mechanische Robustheit und die hohe Geschwindigkeit. Von einer SSD startet ein Computer schneller als von einer Festplatte. Nachteilig im Vergleich mit konventionellen Festplatten ist der hohe Preis. CD CDs sind optische Platten im üblichen Musik-CD (Compact-Disk) Format. Sie werden in einem CD-Rekorder mit Hilfe eines Laserstrahls beschrieben ("gebrannt"). Man unterscheidet verschiedene Typen von CDs: die CD-ROM (read only memory), eine beschriebene CD, die nur noch gelesen werden kann; die CD-R (recording), ein CD-Rohling, der sich einmalig beschreiben lässt; die CD-RW (rewritable), die mehrfach beschrieben und gelöscht werden kann. Die Speicherkapazität beträgt ca. 650 MB. CDs eignen sich gut zur Langzeit-Archivierung von kurzen EEG (s.u.). Die Zugriffszeit ist im Vergleich zu einer Festplatte langsam. Das Beschreiben einer vollen CD dauert je nach Laufwerk und Schreibgeschwindigkeit 5-20 Min. Während dem Schreiben kann der PC nicht anderweitig genutzt werden. Da sich eine CD von der Software her gesehen nicht wie eine Festplatte verhält, ist für das Brennen der CD ein spezielles Programm vom Hersteller des CD-Rekorders nötig, d.h. das Archivieren des EEGs lässt sich nicht bei aller EEG-Software direkt aus dem EEG-Programm durchführen. DVD DVD (Digital Versatile Disk) ist eine Weiterentwicklung der CD zu höheren Speicher-kapazitäten. Leider gibt es keinen gemeinsamen Standard unter den Firmen. Zurzeit sind folgende Formate erhältlich:

DVD-R, DVD-RW: Kapazität 4.7 GB, R=einmal beschreibbar, RW=wiederbeschreibbar

DVD+R, DVD+RW: Kapazität 4.7 GB, R=einmal beschreibbar, RW=wiederbeschreibbar

DVD-RAM: Kapazität 9.4 GB (4.7 GB pro Seite), wiederbeschreibbar, verhält sich wie eine Festplatte und braucht deshalb keine spezielle Software zum Beschreiben

Nicht alle Laufwerke können alle Standards lesen oder schreiben. Blu-ray Disk Die Blu-ray Disk (abgekürzt BD) ist eine Weiterentwicklung der DVD. Sie bietet eine höhere Kapazität und ist zurzeit für 25 GB (single layer) und 50 GB (dual layer) erhältlich. Wie bei der DVD gibt es einmal beschreibbare Disks BD-R und wiederbeschreibbare Disks BD-RE. Magnetbandkassette Die Daten werden sequentiell in einem Bandlaufwerk auf ein Magnetband aufgezeichnet, das in eine Kassette verpackt ist. Es sind zahlreiche Formate (DAT, DDS, DLT, AIT, LTO

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u.a.) mit unterschiedlichen Bändern (4 mm/8 mm Bänder, ½-, ¼-Zoll-Bänder) erhältlich. Gemeinsam ist eine hohe Speicherkapazität in komprimierter Form bis zurzeit 3 TB. Magnetbänder werden meistens mit verlustfrei komprimierten Daten beschrieben. Die Kompression ist dabei meistens maximal 2, d.h. es passen bspw. auf ein 80/160 GB Band je nach Kompression zwischen 80 und 160 GB. Da sich EEG relativ schlecht komprimieren lässt, ist mit der niedrigen Kapazität für unkomprimierte Daten zu rechnen. Durch das sequentielle Beschreiben der Bänder braucht es wie bei einem Magnetband eine gewisse Suchzeit, bevor mit dem Lesen/Schreiben begonnen werden kann. Die Archivierungsgeschwindigkeit ist dabei eher höher als bei CD oder DVD, die Rückspielzeiten sind aber deutlich länger. Für die EEG-Archivierung ist darauf zu achten, dass eine Archivierungszeit von 10 Jahren vom Hersteller garantiert wird. Wie bei CD und DVD braucht es eine spezielle Software, um Magnetbänder zu beschreiben. Im Gegensatz zur CD und DVD braucht es auch eine spezielle Software zum Lesen. Speichermedien für die mobile Aufzeichnung Beim mobilen Langzeit-EEG oder der ambulanten Polygraphie werden die Signale auf tragbaren Rekordern aufgezeichnet. Auch hier wurden die früher gebräuchlichen analogen Speichermedien (Audio-Kassetten) durch digitale Speichermedien abgelöst. Diese müssen klein sein, eine hohe Speicherkapazität aufweisen und wenig Strom brauchen, da sie mit Batterien betrieben werden. Zurzeit werden dafür Speicherkarten mit einer Kapazität von mehreren GB eingesetzt. Speicherkarten enthalten Halbleiterspeicher ohne bewegliche Teile und brauchen deshalb weniger Strom als Miniatur-Festplatten. Speicherkarten gibt es in verschiedenen Formaten wie CF, SD, MMC, MS. USB Flash disk USB flash disk sind Halbleiterspeicher, die in einem stockförmigen Gehäuse (deshalb auch die Bezeichnung USB stick oder memory stick) verpackt sind und sich direkt am USB-Stecker des PCs einstecken lassen. Sie sind sehr praktisch für den Austausch grösserer Datenmengen zwischen zwei PCs, die nicht über ein Computer-Netzwerk verbunden sind. Die Speicherkapazität beträgt zurzeit bis 64 GB.

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Speichermedien für digitale Biosignale Medium Speicher-

techik Speicher- kapazität

Speicher- kosten/GB

löschbar Zugriffsart Geschwindig- keit

Eignung zur EEG-Archivierung

Festplatte magnetisch bis 4 TB 0.1 Fr. ja wahlfrei sehr schnell nein SSD Halbleiter bis 1 TB 0.5 Fr. ja wahlfrei sehr schnell nein CD optisch 650 MB 0.5 Fr.

(CD-R) CD-R nein, CD-RW ja

lesen wahlfrei, schreiben sequentiell

langsam beim Schreiben, mittelmässig beim Lesen

ja

DVD optisch 4.7/9.4 GB 0.2 Fr. (DVD-R)

DVD-R nein DVD+R nein DVD-RW ja DVD+RW ja DVD-RAM ja

wahlfrei Wie CD ja

Blu-ray optisch zurzeit 25/50 GB 0.3 Fr.

BD-R nein BD-RE ja

wahlfrei Wie CD ja

Magnet-band-kassetten

magnetisch bis 3 TB 0.02 - 0.4 Fr.

ja sequentiell mittelmässig ja

Speicher-karten

Halbleiter bis 64 GB 1 Fr. ja wahlfrei schnell nein

USB flash disk

Halbleiter bis 64 GB 1 Fr. ja wahlfrei schnell nein

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6. Computernetze Eine Anlage zur Ableitung, Befundung und Archivierung des digitalen EEGs umfasst in der Regel nicht nur einen Computer, sondern mehrere. Dazu können gehören:

• Aufnahmestationen (=Ableitstationen) mit Hardware (Headbox) zur EEG-Ableitung • Lesestationen zur EEG-Befundung • Server zur zentralen Speicherung noch nicht archivierter Daten • Sekretariatsstationen für das Schreiben der Berichte • Archivstationen mit Laufwerken zur EEG-Archivierung und zum Rückspielen

archivierter EEGs Während ein kleines System zum Beispiel aus einer Aufnahme- und einer Lesestation bestehen kann, sind in grösseren Betrieben mehr Stationen nötig. Dies bedingt

einen Datenaustausch zwischen den Stationen + eine zentrale Verwaltung aller EEG-Untersuchungen

6.1. Lokales Computernetz (LAN)

Obwohl grundsätzlich ein Datenaustausch über wechselbare Datenträger erfolgen kann (sog. "Turnschuhnetz"), ist dies für die praktische Arbeit ab einer gewissen Zahl von Stationen, resp. EEGs nicht mehr praktikabel. Deshalb werden die PCs mit entsprechenden Netzwerk-Adaptern in IT-Netze eingebunden. Die Daten werden dabei über Kupferkabel, Glasfaserkabel oder Funk übertragen. Viele Gebäude verfügen heute über eine sog. universelle Kommunikationsverkabelung (UKV), früher auch als universelle Gebäudeverkabelung (UGV) bezeichnet. Die Kabel lassen sich für IT, aber auch Telephonie nutzen. Die Kabel führen auf eine Anschlussdose, an dem sich der PC einstecken lässt. Der am weitesten verbreitete Stecker für solche IT-Dosen heisst RJ45.

Auf diese Art verbundene Computer bezeichnet man als "lokales Netz" (englisch LAN=local area network). Solch ein lokales Computernetz kann sich über eine Abteilung, ein Gebäude oder auch mehrere benachbarte Gebäude erstrecken. Je nach Organisation ist dieses Netz ausschliesslich für das EEG reserviert, oder muss sich das Netzwerk mit anderen Informatik-Benutzern einer Organisation teilen.

Für den Austausch von Daten über solche Netze bestehen verschiedene standardisierte Verfahren (Protokolle). Um die Kommunikation über unterschiedlichste technische Systeme hinweg zu ermöglichen, wird der Datenaustausch in aufeinander aufbauende Schichten organisiert. Jede Schicht erfüllt dabei eine Teilaufgabe des Datenaustausches und hat ein eigenes Protokoll. Auf der untersten, physikalischen Schicht, die Kabel, Stecker, Spannungen definiert, ist das Ethernet-Protokoll weit verbreitet. Auf einer höheren Schicht, die sich um die Adressierung und den Verbindungsaufbau zwischen zwei Computern kümmert, ist das TCP/IP-Protokoll, das auch im Internet verwendet wird, am meisten verbreitet.

Digitale Biosignale und Informatik 42 Peter Hilfiker

Für die Datenübertragung über kürzere Distanzen lassen sich auch drahtlose Funk-Netze aufbauen. Verwendete Techniken sind WLAN (Wireless LAN, drahtloses lokales Netzwerk) oder Bluetooth. Als synonymer Begriff zu WLAN wird auch Wi-Fi verwendet. Ein WLAN ermöglicht über einen sog. Access Point einen Zugang ins kabelgebundene LAN und wird v.a. für den Anschluss eines Computers an ein LAN und darüber ins Internet verwendet. Bluetooth wird v.a. für die Funkverbindung zwischen verschiedenen Geräten über kurze Distanzen verwendet, bspw. zwischen PC und Drucker oder zwischen Smartphone und Freisprechanlage. Diese Funktechnik eignet sich auch für die kabellose Übermittlung von Biosignalen vom Patienten auf die Ableitstation (bspw. Radio-Telemetrie oder Schlaflabor). Dadurch lassen sich Langzeit-Aufzeichnungen ohne grosse Einschränkung der Bewegungsfreiheit durchführen. Eine wichtige Eigenschaft von Netzwerken ist die Geschwindigkeit des Datenaustausches. Diese wird in Bit pro Sekunde (Bit/s) gemessen.

1 kBit/s = 1 kiloBit/s = 1'000 Bit pro Sekunde 1 MBit/s = 1 MegaBit/s = 1'000'000 Bit pro Sekunde 1 GBit/s = 1 GibaBit/s = 1'000'000'000 Bit pro Sekunde

Ist die Geschwindigkeit bekannt, lässt sich einfach die Dauer für eine Datenübertragung berechnen. Da EEG und speziell digitales Video grosse Datenmengen erzeugt, können Übertragungszeiten für die Organisation der Arbeitsabläufe wichtig sein:

Dauer der Übertragung in Sekunden =

Datenmenge in Bytes x 8 Geschwindigkeit in Bit/s

Als Beispiel wird die Übertragung eines Routine-EEG und eines Langzeit-EEG berechnet (Datenmenge siehe oben). Weit verbreitete Standards zum Datenaustausch in lokalen Netzen haben Geschwindigkeiten von 10 MBit/s, 100 MBit/s oder 1000 GBit/s (Ethernet).

1 Routine-EEG (21.6 MB), 10 MBit/s Dauer der Übertragung = 21'600'000 Bytes x 8 /10'000'000 = 17.28 Sekunden

1 Langzeit-EEG (1.04 GB), 10 MBit/s Dauer der Übertragung = 1'036'800’000 Bytes x 8 /10'000'000 = 829.44 Sekunden, ca. 14 Min.

1 Langzeit-EEG (1.04 GB), 100 MBit/s Dauer der Übertragung = 1'036'800’000 Bytes x 8 /100'000'000 = 82.944 Sekunden, ca. 1 Min. 32 sek.

Dies sind theoretische Werte. In der Praxis wird ca. die halbe Geschwindigkeit (doppelte Dauer) erreicht und dies auch nur, wenn das Netzwerk nicht gleichzeitig stark für andere Übertragungen genutzt wird.

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Ein Netzwerk, das die Datenübertragung über das LAN hinaus ermöglicht, wird als WAN (Wide area network) bezeichnet. Für Betriebe und privat wird ein WAN meistens für den Zugang ins Internet genutzt. Während lokale Netze eine hohe Datenrate aufweisen, ist eine Übertragung über grössere Strecken je nach Anschlussart langsamer. Ein typischer Internet-Anschluss zuhause (ADSL) weist zurzeit typisch eine Datenrate von 10 MBit/sec vom Internet zum Teilnehmer (Downstream, Download) und 1 MBit/sec in der Gegenrichtung (Upstream, Upload) auf. Als Beispiel sei die Übertragung von EEG über eine solche Leitung berechnet:

1 Routine-EEG (21.6 MB) Dauer der Übertragung = 21'600'000 Bytes x 8 /10'000'000 = 173 Sekunden = ca. 3 Minuten

1 Langzeit-EEG (1.04 GB) Dauer der Übertragung = 1'040'000’000 Bytes x 8 /10'000'000 = 8320 Sekunden = ca. 2.3 Stunden

Ein Funk-Netzwerk über weitere Strecken ist das Mobilfunk-Netz (Handy-Netz).

6.2. Zentrale Verwaltung der Untersuchungen

Sollen in einem Computernetz alle Stationen auf die gleichen Daten zugreifen können, müssen diese Daten auf einem zentralen Computer gespeichert sein. Dies kann in kleineren Netzen zum Beispiel eine Lesestation sein. In grösseren Netzen wird dazu meistens ein eigener Server eingesetzt. Fig. 11 Beispiel Computernetz (LAN) für digitales EEG an der SEK

LAN Hubs/Switches

Server Routine-EEG

Server Intensiv-Monitoring Radio-/Kabeltelemetrie

Server Schlaflabor

Server (virtuell) EEG-Datenbank

Backup-Server 2

Lesestationen (30)

Ableitstationen Routine-EEG (4) mit digitalem Video

Mobiles LZ-EEG 4 Rekorder

Ableitstationen Intensiv-Monitoring (4) Radio-/Kabel-Telemetrie (2) mit digitalem Video

Archivstationen (2)

Ableitstationen Schlaflabor (2) mit digitalem Video

Backup-Server 1

Digitale Biosignale und Informatik 44 Peter Hilfiker

Grundsätzlich sind auf dem Netz zwei Arten von EEG-Daten zu unterscheiden:

1. Die EEG-Datei Die EEG-Datei enthält die eigentlichen digitalisierten EEG-Kurven. Sie macht mengenmässig den weitaus grössten Teil der EEG-Daten aus (typisch > 99 %). Für jede EEG-Ableitung wird eine eigene Datei angelegt.

2. Die EEG-Datenbank

Diese enthält die Begleitdaten sämtlicher EEG-Ableitung wie • Angaben über den Patienten (Personalien, zuweisender Arzt etc.) • Angaben über die Untersuchung (Medikation, Name der/des EEG-

Assistenten/in, etc.) • Angaben über die EEG-Datei (Speicherort, Name des Archivmediums etc.) • Je nach Anbieter enthält die EEG-Datenbank auch die Ereignisse während der

Untersuchung (Augen auf/zu, HV Beginn, Ende etc.) Die EEG-Datenbank kann auch die Befunde enthalten.

Die EEG-Dateien befinden sich nur bis zur Archivierung auf dem Netzwerk. Nach der Archivierung ist die EEG-Datei auf dem Archivmedium (z.B. DVD) und wird erst bei Bedarf wieder auf den Server zurückgespielt. Im Gegensatz dazu muss sich die EEG-Datenbank jederzeit auf dem Server befinden. Sie enthält als sehr wichtige Information den Speicherort und den Namen der EEG-Datei, d.h. sie gibt an, wo sich ein EEG momentan befindet (zum Beispiel "in der Datei X auf dem Server", "in der Datei Y auf der DVD Nummer 25"). Ohne diese Angaben der EEG-Datenbank ist die EEG-Datei kaum mehr auffindbar. Ein Verlust einer EEG-Datei bedeutet "nur" den Verlust einer Ableitung, der Verlust der EEG-Datenbank dagegen den Verlust sämtlicher Ableitungen, weil die Information über den Speicherort verloren geht. Neben der Archivierung der EEG-Dateien ist deshalb die regelmässige Sicherung der EEG-Datenbank sehr wichtig. Dies kann man zum Beispiel durch tägliches Kopieren der EEG-Datenbank auf ein Archivmedium oder einen anderen Computer erreichen.

6.3. Typischer Ablauf des Datenaustausches bei einem EEG

Die Abläufe der Datenübertragung über das Netzwerk sind bei einer EEG-Ableitung je nach Hersteller und System unterschiedlich. Ein typischer Ablauf kann sein: Datenfluss 1. Erfassen der Patienten- und Untersuchungsdaten auf

einer Aufnahmestation Übermittlung dieser Daten in die zentrale Datenbank des Servers.

Ableitstation� Server

2. Beginn der Ableitung Auf der lokalen Festplatte der Ableitstation wird eine EEG-Datei eröffnet und das EEG darin gespeichert.

Headbox� Ableitstation

Digitale Biosignale und Informatik 45 Peter Hilfiker

3. Ende der Ableitung Die EEG-Datei wird auf den Server kopiert und anschliessend die EEG-Datei auf der Ableitstation gelöscht. Der Name und der Speicherort der EEG-Datei wird in die EEG-Datenbank auf dem Server eingetragen.

Ableitstation� Server

4. Befunden Der Befunder sucht in der EEG-Datenbank nach einer Untersuchung. Daraus wird der Name und der Speicherort der EEG-Datei ermittelt. Der Ausschnitt der EEG-Datei, der dargestellt werden soll, wird vom Server auf den Bildschirm der Lesestation übertragen.

Server�Lesestation

5. Archivieren Die EEG-Datei wird vom Server auf die Archivstation verschoben und dann auf das Archivmedium geschrieben. In der EEG-Datenbank wird der Name des Archivmediums nachgeführt.

Server�Archivstation Archivstation� Archivmedium Archivstation� Server

6. Zurückspielen eines archivierten EEGs Nach dem Einlegen des Archivmediums in eine Lesestation wird die EEG-Datei auf den Server kopiert.

Archivmedium (in Lesestation) �Server

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7. DIGITALES VIDEO Bei vielen neurophysiologischen Untersuchungen ist eine gleichzeitige Videoaufzeichnung unerlässlich oder zumindest hilfreich (Anfallsaufzeichnung mittels Intensiv-Monitoring, mobilem Langzeit-EEG, Telemetrie, Schlaflabor etc.). Das Videobild wurde bis in jüngster Zeit analog mit Videorekordern auf Videokassetten aufgenommen. Der gebräuchlichste Standard für die Aufzeichnung war dabei VHS und S-VHS. Da man bei dieser Technik digitales EEG und analoges Video auf getrennten Datenträgern (PC, resp. Videokassette) speicherte, waren für die zeitsynchrone Wiedergabe Methoden zur Synchronisierung von EEG und Videorekorder nötig. Heute ist auch Aufzeichnung von Videobildern in digitaler Technik üblich. Das Videobild speichert man dabei auf Speicherkarten in einer Kamera, auf DVD-Rekorder, Festplatten-Rekorder oder auf dem PC, der zur Digitalisierung des Kamerabildes mit einer Video-Digitalisierungskarte ausgerüstet wird. Durch die Entwicklungen der Computertechnik, insbesondere der stark gewachsenen Kapazität von Speichermedien, sind heute auch tagelange Videoaufzeichnungen digital möglich. Die Vorteile der digitalen Bildaufzeichnung auf dem PC gegenüber Videorekordern sind: - keine Spulzeiten von Bändern, - Speicherung und Archivierung von Video auf zentralen Servern mit Fernzugriff über

ein Netzwerk und durch mehrere Benutzer gleichzeitig, - einfachere Synchronisierung zwischen EEG und Video bei der Wiedergabe - Datenbankverwaltung von Videoaufzeichnungen, - Vereinfachung der Videonachverarbeitung (Videoschnitt), - Darstellung von Video und EEG auf einem Bildschirm (Platzersparnis). Der Nachteil der digitalen Bildaufzeichnung ist die sehr grossen Datenmenge, die bei mehrstündigen Aufzeichnungen entsteht. Um die Datenmenge von Video zu berechnen kann man das Videosignal wie ein (einkanaliges) EEG ansehen. Der wichtigste Unterschied besteht in den höchsten Frequenzen, die auftreten können. Während man beim konventionellen EEG Frequenzen über 70 Hz nicht erfasst und das analoge EEG mit einer Abtastfrequenz von typisch 250 Hz digitalisiert wird (s. Kap. 3.4), beträgt die Abtastrate von Video bei vergleichbarer Bildqualität wie S-VHS typisch:

768 x 576 Bildpunkte pro Bild und 25 Bilder/Sek = 768x576x25 Hz = 11 MHz (Mega Hertz)

Werden pro Bildpunkt 2 Bytes gespeichert ergibt dies 22 MB pro Sekunde oder in einer Stunde 80 GB. Dies übersteigt die Kapazität auch heutiger Speichermedien. Deshalb muss das digitale Videobild im Gegensatz zum EEG während der Aufzeichnung komprimiert werden. Zu unterscheiden sind Kompressionsverfahren mit, resp. ohne Datenverlust. Bei einer Kompression ohne Datenverlust lassen sich die ursprünglichen Daten exakt aus den komprimierten Daten wiederherstellen. Bei einer Kompression mit Datenverlust ist dies nicht vollständig möglich. Je nach Verfahren ist dieser Datenverlust aber akzeptabel. Die Kompressionsverfahren mit Datenverlust erlauben natürlich eine grössere Datenreduktion. Für Video lässt sich eine genügende Datenreduktion nur mit verlustbehafteten Verfahren realisieren. Der sog. Kompressionsfaktor ist das Verhältnis zwischen der Datenmenge komprimierter und unkomprimierter Bilder. Er liegt typisch zwischen 1:10 bis 1:200. Je grösser der Kompressionsfaktor wird, umso schlechter wird die Bildqualität. Es gibt verschiedene Methoden zur Videokomprimierung. Man nützt z.B. aus, dass sich Bildstellen nur wenig Details zeigen, oder dass sich das Bild von einem Einzelbild zum nächsten nicht wesentlich ändert. Die vielen unterschiedlichen Kompressionsverfahren haben den Nachteil, dass für jede Methode für die Wiedergabe eine entsprechende Software

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(Codec) installiert sein muss. Gängige Standards sind M-JPEG, MPEG-2, MPEG-4, H.264, DiVx, Xvid, Quick time u.a. Die Verfahren unterscheiden sich - in der Art der Komprimierung und im Kompressionsfaktor und damit in der

Bildqualität - den Kosten für die Hardware zur Komprimierung und Dekomprimierung - der Behandlung des Tones (mehrere Tonkanäle) - der Methode, wie Zeitlupe und Schnelldurchlauf (vorwärts und rückwärts)

funktionieren Kriterien für die Beurteilung der Bildqualität sind die Erkennbarkeit von Bilddetails (örtliche Auflösung) und die Erkennbarkeit kurzer Bewegungen, z.B. Augenblinks (zeitliche Auflösung). Der folgende Bildausschnitt aus einer Testaufnahme zeigt die Bilddetails für unterschiedliche Kompressionsfaktoren im Vergleich zu einer konventionellen S-VHS Videoaufnahme auf Videoband. Fig. 12 Stark vergrösserter Bildausschnitt eines Mädchens mit Blinks und lateralen Augenbewegungen in einem postiktalen Zustand. Analoges Video im Vergleich zu unterschiedlich komprimiertem digitalem Video (M-JPEG). Analog S-VHS Kompr. 1:10 Kompr. 1:20 Kompr. 1:40 8 GB pro Std. 4 GB pro Std. 2 GB pro Std. Blinks und laterale Augenbewegungen waren in der analogen S-VHS-Aufnahme deutlich sichtbar und zeigten im digitalen Bild bis zu einem Kompressionsfaktor von 1:20 keinen Unterschied in der Erkennbarkeit. Bei einer Kompression von 1:40 waren die Augenbewegungen gerade nicht mehr erkennbar. Um mit digitalem Video eine vergleichbare Bildqualität wie S-VHS zu erreichen, ergeben sich je nach Verfahren 1-2 GB pro Stunde. Ist man mit einer geringeren Bildqualität zufrieden, genügen auch 500 MB pro Stunde. Im Vergleich beträgt die stündliche Datenmenge für EEG typisch 43 MB (2 Bytes pro Abtastwert x 250 Hz Abtastfrequenz x 3600 Sekunden x 24 Kanäle). Digitales Video erzeugt damit etwa 20-50 mal mehr digitale Daten als EEG. Entsprechend müssen Speicherkapazität und die Geschwindigkeit für Schreiben, Lesen, Kopieren, Archivieren etc. deutlich höher sein. Insbesondere ist im Gegensatz zum analogen Videoband eine lückenlose Langzeit-Archivierung vielstündiger Videoaufzeichnungen nicht realistisch. Durch

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8. Datenschutz und Datensicherheit Datenschutz bezeichnet den Schutz von personenbezogenen Daten vor Missbrauch. Es besteht gesetzlich eine ärztliche Schweigepflicht (Art 321 des Strafgesetzbuches) und eine berufliche Schweigepflicht (Art. 35 des Datenschutzgesetzes). Daten über die Gesundheit gelten als besonders schützenswerte Personendaten. Durch die Entwicklungen der Informatik ist ein Abrufen, Kopieren, Löschen und Weitergeben von Daten blitzschnell möglich. Dabei dürfen aber die Bestimmungen des Datenschutzes nicht verletzt werden. Datensicherheit ist umfassender als der Schutz vor Missbrauch. Zur Datensicherheit gehören:

• Vertraulichkeit: Daten dürfen lediglich von autorisierten Benutzern gelesen bzw. modifiziert werden.

• Integrität: Daten dürfen nicht unbemerkt verändert werden. • Verfügbarkeit: der Zugriff auf die Daten muss innerhalb einer definierten Zeit

gewährleistet werden. Um Datensicherheit zu gewährleisten, müssen angemessene technische und organi-satorische Massnahmen getroffen werden. Einige davon sind: Zugriffskontrolle Unbefugte sollten keinen Zugang zu Räumen mit PCs und Datenträgern haben. Für die befugten Benützer ist ein Passwortschutz geboten. Das Passwort sollte nicht zu einfach sein (mind. 8 Zeichen, nicht nur Buchstaben, sondern auch Ziffern oder Sonderzeichen). Das Passwort ist in bestimmten Abständen zu ändern und sollte nicht an frei zugänglicher Stelle aufgeschrieben werden (bspw. durch Zettel auf Bildschirm und Tastatur !). Bildschirme sollten so aufgestellt sein, dass nur Befugte sie einsehen können. Verlassen diese Personen den Arbeitsplatz, sollte der Bildschirm gesperrt werden (Bild-schirmschoner) und nur mit Passwort wieder aktiviert werden können. Durch das Einrichten von Zugriffsrechten sollte der Zugriff auf diejenigen Daten beschränkt werden, die eine Person zur Arbeitserfüllung benötigt. Mit Einschränkung der Benützerrechte lässt sich auch oft verhindern, dass der Computer durch unbeabsichtigte Änderungen an Systemdateien und Systemeinstellungen nicht mehr richtig funktioniert. Nur der System-Administrator sollte tiefer greifende Änderungen an einem Computer durchführen können. Datensicherung Die Datensicherung dient dazu, noch nicht archivierte Daten (bspw. noch nicht befundete EEGs) vor einem Verlust zu schützen. Festplatten sind zuverlässige Speichermedien. Die durchschnittliche, theoretische Zeit zwischen zwei Ausfällen beträgt etwa 50 Jahre. In einem Spital mit 100 Festplatten bedeutet dies aber dennoch einen Ausfall einer Festplatte pro Halbjahr. Um dieses Problem zu lösen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Festplatte kann in regelmässigen Abständen auf ein anderes Speichermedium kopiert werden (=Backup). Dafür eignen sich Magnetbänder oder andere Festplatten. Ein Datenverlust beschränkt sich dabei auf alle EEGs seit der letzten Sicherung. Je nach Anzahl EEGs ist damit eine tägliche Sicherung (z.B. automatisiert in der Nacht) nötig. Die Speichermedien für die Datensicherung werden dabei in einem regelmässigen Zyklus überschrieben. Eine zusätzliche Möglichkeit zur Erhöhung der Datensicherheit ist ein RAID (Redundant array of independent disks). Ein RAID fasst mehrere Festplatten in einem Gehäuse

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zusammen, wobei der vollständige Ausfall einer einzelnen Festplatte zu keinem Datenverlust führen darf. Dies erreicht man, indem man die Daten automatisiert mehrfach (redundant) auf die Festplatten verteilt. Beim Ausfall einer Festplatte lässt sich deren Inhalt aus den anderen rekonstruieren. Datenarchivierung Die Datenarchivierung dient dazu, Daten, die sich auf den direkt im Computernetz zugänglichen Datenträgern befinden, auf Speichermedien für die Langzeit-Speicherung auszulagern. Die Archivierung ist keine Massnahme der Datensicherheit, sondern eine organisatorische Massnahme zur Entlastung der teureren online-Speichermedien. Trotzdem ist bei der Archivierung an die Datensicherheit zu denken. Derzeit besteht in Deutschland die Vorschrift zur Archivierung des EEG von 10 Jahren sowie zur Speicherung des schriftlichen Befundes von 30 Jahren (Stellungnahme der technischen Kommission der deutschen EEG-Gesellschaft zum papierlos registrierten EEG). Für die Schweiz bestehen keine direkten Archivierungsvorschriften für digitales EEG, doch besteht eine allgemeine Aufbewahrungs-pflicht von 10 Jahren für Patientendaten. Das Medium zur Archivierung muss deshalb auch in 10 Jahren noch lesbar sein. Neben der Zuverlässigkeit des Datenträgers ist auch die Verfügbarkeit des dazugehörigen Laufwerkes von Bedeutung. Es sollten deshalb nur möglichst standardisierte und verbreitete Archivierungsmedien eingesetzt werden. Allenfalls muss man damit rechnen, nach ein paar Jahren das ganze Archiv auf ein neueres Medium umzukopieren. Für die Archivierung von CDs gibt es eine Empfehlung der deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie (Empfehlung der Technischen Kommission der DGKN zur Nutzung von CD-ROM-Medien für die Archivierung digital erfasster EEG-Daten). Danach soll die Archivierung durchgehend doppelt auf zwei getrennten Medien erfolgen, die in getrennten Räumen aufbewahrt werden müssen. Verfügbarkeit der Computer Durch Hardware- oder Softwarefehler kann ein Computer unbrauchbar werden. Ist die Festplatte defekt, können die Daten über die Datensicherung (s. oben) wieder hergestellt werden. Funktionieren dagegen andere Teile des Computers nicht mehr, sind die Daten zwar noch vorhanden, können aber erst nach dem Beheben des Problems wieder gelesen werden. Deshalb ist für jeden Computer zu überlegen, wie lange ein Ausfall toleriert werden kann (erlaubte Ausfallzeit). Die Ausfallzeit wird je nach Funktion eines Computers natürlich unterschiedlich sein. Für einen Server ist bspw. die erlaubte Ausfallzeit sicher geringer als für eine einzelne Lesestation, wenn mehrere Lesestationen vorhanden sind. Massnahmen, um die Ausfallsicherheit zu erhöhen sind:

• Wartungsverträge mit dem Lieferanten mit einer garantierten Antwortzeit • Redundante Hardware: einzelne kritische Komponenten oder die ganze Hardware

wird doppelt gekauft. • Speicherabbild (Image) der System-Festplatte. Fällt die Festplatte mit der System-

Software aus, lässt sich der Computer nicht mehr starten und die Daten lassen sich ohne Betriebssystem auch nicht mehr zurückspielen. Auch wenn eine leere Ersatz-Festplatte schnell verfügbar ist, kann eine Neuinstallation der System-Software, der Treiber und der Anwendungs-Software, das Konfigurieren des PCs und das Zurückspielen der Daten viele Stunden dauern. Man kann deshalb mit Image-Software einmalig oder regelmässig eine genaue 1:1 Kopie einer System-Festplatte auf einen anderen Datenträger erstellen. Dieses "Image" der Festplatte lässt sich dann relativ schnell auch ohne ein voll funktionsfähiges Betriebssystem auf eine neue Festplatte, oder auch auf einen neuen Computer zurückspielen.

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• Spiegelung (Mirror) der System-Festplatte. Noch schneller als mit einem Image lässt sich eine System-Festplatte über eine Spiegelung wieder herstellen. Dabei wird auf einer zweiten Festplatte laufend im Betrieb eine Kopie nachgeführt. Bei Ausfall der System-Festplatte kann der PC einfach von der zweiten Mirror-Festplattte gestartet werden.

• Computercluster. Für eine sehr hohe Verfügbarkeit kann ein Computercluster (engl. cluster = Gruppe, Haufen) eingerichtet werden. Dabei werden zwei oder mehr Computer zu einem Cluster zusammengefasst. Fällt ein Computer aus, übernimmt der andere automatisch dessen Funktion.

Antiviren-Software Wenn Daten oder Programme von extern auf einen Computer geladen werden, bspw. von CDs, Internet oder E-Mail, besteht immer die Möglichkeit, dass sich darunter auch virenverseuchte Dateien befinden, die einen Computer unbrauchbar machen können. Um dies zu vermeiden, sollte eine Antiviren-Software installiert werden. Es ist dabei darauf zu achten, dass die Antiviren-Software regelmässig (möglichst täglich) und automatisch mit den neusten Virensignaturen aktualisiert wird. Die Virensignatur ist ein möglichst eindeutiges Erkennungsmerkmal für einen spezifischen Virus. Da Ableitstationen ihre Daten innerhalb einer definierten Zeit speichern müssen, um nicht Daten zu verlieren, kann Antiviren-Software durch die Virensuche die Ableitung beeinträchtigen. Es ist mit dem EEG-Hersteller zu prüfen, welche Antiviren-Software geeignet ist. Evt. müssen auch die EEG- und Videodateien von der Antiviren-Prüfung ausgeschlossen werden. Aktualisieren der Software Für viele Programme werden Aktualisierungen angeboten. Besonders beim Betriebssystem beheben Aktualisierungen häufig auch schwere Sicherheitslücken. Firewall Für PCs mit Internet-Zugang besteht die Gefahr für Angriffe, die ohne das aktive Zutun des Nutzers drohen. Mit einer Firewall lassen sich viele unerwünschte und unbeabsichtigte Zugriffe auf den Computer verhindern. Die Konfiguration einer Firewall ist nicht trivial und erfordert eine gewisse Kenntnis der Vorgänge und Gefahren. Verschlüsselung Vertrauliche Patientendaten dürfen nicht ohne Verschlüsselung per Mail verschickt werden, da das Internet datenschutzmässig nicht vertrauenswürdig ist. Viele Institutionen im Gesundheitswesen nutzen deshalb die Verschlüsselungsdienste von Firmen, welche E-Mails zwischen den angeschlossenen Institutionen automatisch verschlüsseln. Bspw. kommunizieren 85 % der Arztpraxen und viele andere Institutionen im Gesundheitswesen mit HIN (Health Info Net). Protokollierung Automatisch erstellte Protokolle über die Änderung an Daten können helfen, zu einem späteren Zeitpunkt zu ermitteln, wer welche Daten verändert hat. Eine Protokollierung in EEG-Systemen ist wenig verbreitet. Viele EEG-Systeme erlauben aber die Wiedergabe von EEG mit genau den Einstellungen (Montagen etc.) wie bei der Aufnahme, so dass man nach der Ableitung prüfen kann, was bei der Ableitung im EEG sichtbar war.

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9. Literaturverzeichnis deutsch Deutsche EEG-Gesellschaft: Empfehlung der Technischen Kommission der Deutschen Gesellschaft

für Klinische Neurophysiologie (DGKN) zur Nutzung von CD-ROM-Medien für die Archivierung digital erfasster EEG-Daten. Klin. Neurophysiol. 30 (1999), 145.

Deutsche EEG-Gesellschaft: Stellungnahme der Technischen Kommission der Deutschen EEG-Gesellschaft zum papierlos registrierten EEG. EEG-Labor 12 (1990), 151-154.

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