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Informationen zum Thema „Hochwasser“: Ursachen, Schutz und Vorsorge.

Informationen zum Thema „Hochwasser“: Ursachen, Schutz und ... · Infrastruktur etc.) sind aber heute meist das Problem, wenn der Fluss über die Ufer tritt – und ein Naturereignis

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Page 1: Informationen zum Thema „Hochwasser“: Ursachen, Schutz und ... · Infrastruktur etc.) sind aber heute meist das Problem, wenn der Fluss über die Ufer tritt – und ein Naturereignis

Informationen zum Thema „Hochwasser“:Ursachen, Schutz und Vorsorge.

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Statt eines Vorwortes.

Der Rhein 1993 und 1995, die Oder 1997 und 2010, die Donau 1999, 2005 und 2009, die Elbe 2002 und 2006, Donau und Elbe 2013: Immer wieder undscheinbar immer häufiger treten unsere Flüsse über die Ufer. Und nach jedemgrößeren Hochwasser stellen sich die gleichen Fragen: Sind die Hochwasser haus -gemacht? Können wir Hochwasser verhindern? Wie können wir uns vor Hochwasserschützen? Ist zukünftig mit noch mehr Hochwasser zu rechnen?

Mit dieser Broschüre möchte die Allianz Umweltstiftung Antworten auf diese und weitere Fragen geben. Dabei wird zunächst erläutert, dass Hochwasser ein natürliches Phänomen ist und wie die Natur sich daran anpasst. Ein weitererSchwerpunkt dieser Broschüre ist, welche Faktoren das Ausmaß von Hochwasserbestimmen und wann Mitteleuropa von großen Überschwemmungen betroffenwar. Schließlich wird aufgezeigt, mit welchen Schutz- und Vorsorgemaßnahmendie Auswirkungen von Hochwassern reduziert werden können.

Die Allianz Umweltstiftung wünscht Ihnen eine bereichernde Lektüre, denn: Das nächste Hochwasser kommt bestimmt.

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Inhalt.Informationen zum Thema „Hochwasser“:Ursachen, Schutz und Vorsorge.

2 Naturereignis Hochwasser.

4 Der natürliche Fluss.

6 Fluss und Aue.

10 Wie ein Hochwasser entsteht.

14 Land unter.

20 Hochwasserschutz.

26 Mit Hochwasser leben.

28 Glossar.

30 Literatur und Internet.

32 Allianz Umweltstiftung.

Folien.

Impressum.

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Naturereignis Hochwasser.

Vor uns die Sintflut?

Juni 2013: Das Hochwasser an Donau und Elbe erreicht neue, bislang noch nie gemesseneRekordstände. Dabei liegen die letzten„Jahrhundertfluten” in Mitteleuropa noch nichtlange zurück: 2005 und 2009 an der Donau,2002 und 2006 an der Elbe, 1997 an der Oder,1995 am Rhein. Es scheint, als würden dieAbstände zwischen den Hochwassern immerkürzer.Dabei sind Hochwasser an sich nichts Ungewöhn -liches. Es ist normal, dass ein Fluss mal wenigerund mal mehr Wasser führt und dann über dieUfer tritt. Die Natur ist an Hochwasser angepasst.Zur Katastrophe wird es erst für den Menschen– wenn ganze Landstriche evakuiert werden

müssen, Ernten zerstört, Häuser, Siedlungen oderVerkehrswege überschwemmt oder gar Tote undVerletzte zu beklagen sind.Nach jedem größeren Hochwasser – und beson-ders nach der scheinbaren Häufung der Ereignissein jüngster Zeit – stellen sich die gleichen Fragen:• Sind die Hochwasser hausgemacht, ist also

letztlich der Mensch selber schuld?• Können wir Hochwasser verhindern?• Können wir uns vor Hochwasser schützen

oder die Auswirkungen minimieren?• Ist in Zukunft mit stärkeren und häufigeren

Hochwassern zu rechnen?

Was ist ein Hochwasser?

Ein Gewässer führt Hochwasser, wenn derWasserstand deutlich über dem normalen odermittleren Wasserstand liegt. Man unterscheidetHochwasser an Meeresküsten, z. B. aufgrund vonSturmfluten, sowie Hochwasser an Flüssen undBächen. Nur letztere sind Inhalt dieser Broschüre.Ausgelöst werden Hochwasser an Fließgewässerndurch starke Regenfälle, manchmal auch durchSchneeschmelze oder Eisstau, z. T. wirken mehrereFaktoren zusammen. Manche Hochwasser tretenregelmäßig auf, z. B. Frühjahrshochwasser infolgeder Schneeschmelze. Auch das Ausmaß der Hochwasserereignisse istunterschiedlich, mit kleineren Hochwassern ist aneinem Fluss öfter zu rechnen, sogenannte „Jahr -hundertfluten” kommen – statistisch über einenlängeren Zeitraum betrachtet – seltener vor. Dazumehr in einem späteren Kapitel.

Hochwasser gehört zum Fluss.

Wie oben erwähnt, führen Flüsse mal wenig, malviel ... und manchmal auch sehr viel Wasser mitsich. Besonders in den flachen Tälern ihres Mittel-und Unterlaufs treten Flüsse dabei immer wiederüber die Ufer. Sie verlassen das eigentliche Flussbettund überschwemmen die angrenzenden Flächen.Dieser überflutete Talraum wird als Aue bezeichnet.Aue und Fluss gehören zusammen. Und eine Aueist vom Wasser geprägt – genauer: vom Hochwasser(> Folie 1, Abb 1.1). Eine rezente Aue hat nocheine direkte Verbindung zum Fluss und kann vonihm überflutet werden. Eine ehemalige Aue oderAltaue ist durch Schutzbau werke wie Deicheeigentlich vor Überschwemmungen geschützt –was nicht heißt, dass sie bei außergewöhnlichhohem Hochwasser oder Versagen der Schutz -anlagen nicht doch überflutet werden kann.

„Die Natur versteht keinen Spaß, sie ist immer wahr, immer ernst, immer strenge; sie hat immer recht, und die Fehler und Irrtümer sind immer des Menschen.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Dieses Kapitel verdeutlicht, • dass Hochwasser etwas Normales ist• wie ein Hochwasser Fluss und Aue prägt.

Wasser und Fluss.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 1

rezente Aue Flussbett Deich ehemalige Aue / Altaue

Mittelwasser

Hochwasser�

Wasserkreislauf.

Fluss und Aue.

Verdunstung

Meer

Fluss

EinzugsgebietAbfluss

Grenze Einzugsgebiet

Versickerung Verdunstung

Niederschlag

Wasser und Fluss. Folie 1

Hochwasser: Die Naturkann damit leben – undder Mensch?

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Hochwasser formt und verändert.

Wasser wirkt als Landschaftsgestalter. Sand, Erdeund Steine werden an einer Stelle abgetragen undan anderer wieder abgelagert. Besonders nacheinem Hochwasser. Dann kann ein Fluss plötzlichanders fließen als vorher, es bilden sich neueFlussschlingen. Im ehemaligen Flussbett bleibenAltarme und Altwasser, vom Hauptstrom abge-schnitten. Sie verlanden nach und nach – bis einneues Hochwasser wieder alles durchströmt undneu modelliert. Eine Aue ist ständig in Bewegung,sie verändert laufend ihr Gesicht (S. 4 ff).

Hochwasser schafft Lebensräume.

Tiere und Pflanzen der Aue sind an diesen ständigenWechsel zwischen trocken und nass angepasst.Dadurch liegen in einer Aue auch unterschied-

lichste Lebensräume sehr eng beieinander: trockeneKies- und Sandbänke neben Feucht flächen, Bereichemit stehendem und fließendem Wasser, üppig

wuchernde Wälder neben vom letzten Hochwasserentwurzelten Bäumen. Flussauen beherbergendamit auch außergewöhnlich artenreiche Öko -systeme, hervorzuheben sind hier die typischenflussbegleitenden Auwälder (S. 6 ff).

Hochwasser bringt fruchtbaren Boden.

Auen sind durch nährstoffreiche Böden, einenhohen Grundwasserstand und regelmäßige Überschwemmungen gekennzeichnet. JedesHochwasser lagert Sand, Schlick und Schlammab, der an anderer Stelle, v. a. im Oberlauf einesFlusses oder durch Einträge aus dem Umland,weggeschwemmt wurde. Dieser meist nährstoffreiche Schlamm ist der Grund,warum Auwälder nicht nur zu den artenreichs -ten, sondern auch den wuchskräftigsten Wäldern Mittel europas gehören. Und warum sie im Laufe der Geschichte oft anderen Nutzungenweichen mussten.Aueböden sind fruchtbar und bestens für dieLandwirtschaft geeignet, vorausgesetzt, manbekommt das Hochwasser in den Griff. Damitwaren Auen auch immer bevorzugtes Siedlungs -gebiet – zusammen mit den Vorteilen, die ein

Wohnen am Fluss für Handel und Verkehr mitsich brachte. Die in den Flussauen so überJahrhunderte aufgebauten Werte (Gebäude,Infrastruktur etc.) sind aber heute meist dasProblem, wenn der Fluss über die Ufer tritt –und ein Naturereignis zur Katastrophe wird.Mehr dazu in den nachfolgenden Kapiteln.

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Das Wichtigste in Kürze:

• Jeder Fluss führt mal weniger, mal mehr Wasser mit sich. Manchmal tritt er auch über seine Ufer. • Bei Hochwasser überflutet der Fluss den angrenzenden Talraum, die Aue.• Hochwasser formt, gestaltet und prägt die Aue. Tiere und Pflanzen sind daran angepasst. Da Auen

besonders fruchtbar sind, waren sie schon immer bevorzugtes Siedlungsgebiet. Deshalb kann das„Naturereignis Hochwasser“ für den Menschen zur Katastrophe werden.

rezente Aue Flussbett Deich ehemalige Aue / Altaue

Mittelwasser

Hochwasser�

Typischer Auenbewohner: perfekt an den Lebensraumangepasst.

Vom Wasser geprägt:Auwälder bei Hochwasser.

Fluss und Aue (Abb. 1.1):Bei Hochwasser wird dergesamte Talraum über-schwemmt.

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Der natürliche Fluss.

Ins Meer und wieder zurück.

Flüsse und Bäche sind Teil des Wasserkreislaufes(Folie 1, Abb. 1.2). Von den Niederschlägen,die über einer Landfläche abregnen, bleibt einTeil an Pflanzen haften oder auf dem Boden liegen. Von dort verdunstet das Wasser. Oder es versickert im Erdboden und füllt den Grund -wasserspeicher, bis das Wasser aus Quellenwieder zu Tage tritt. Ein Teil der Niederschlägefließt auch direkt oberflächlich ab. Dieses Wassersammelt sich zusammen mit dem Quellwasser inBächen und Flüssen und strömt schließlich demMeer zu.

Das Wasser, das über dem Meer und den Land -oberflächen verdunstet, kondensiert zu Wolkenund gelangt als Niederschlag wieder zurück zurErde: ein immerwährender Kreislauf, angetriebendurch die Kraft der Sonne.

Jeder Fluss hat ein Einzugsgebiet.

Jeder Bach, jeder Fluss sammelt – entwässert –das Wasser aus seinem Einzugsgebiet: überZuflüsse, Oberflächenabfluss und den Grund wasser-strom. Das Einzugsgebiet ist definiert überWasserscheiden, die höchsten Punkte im Gelände,von denen das Oberflächenwasser hinab in das

dazugehörige Fließgewässer fließt. Dabei kannsich das Grundwassereinzugsgebiet vom oberirdi-schen Einzugsgebiet durchaus unterscheiden.

Bäche transportieren das Wasser weiter in Flüsse,diese bilden Nebenflüsse von größeren Strömen,die ein ganzes Flusssystem mit einem entspre-chend großen Einzugsgebiet bilden. Das Ein -zugsgebiet von großen Flüssen wie Rhein, Donau oder Elbe kann viele Tausend Quadrat -kilometer umfassen und sich über mehrereLänder erstrecken (Folie 2).Je nach der Menge des anfallenden Wassers ausseinem Einzugsgebiet führt ein Fluss wenig, vielund im Extremfall auch sehr viel Wasser mitsich. Man spricht von Niedrigwasser, Mittelwasser(oder Normalwasser) und Hochwasser. DieUnterschiede zwischen Niedrig- und Hochwasserkönnen je nach Fluss und auch je nach Fluss -abschnitt groß sein. Dazu zwei Beispiele: DerWasserstand des Rheins bei Köln kann imHochwasserfall über 7 m über dem Mittelwertliegen. Der Inn bei Passau transportiert gewöhn-lich knapp 740 m3 Wasser pro Sekunde in dieDonau, bei einem Extremhochwasser wurdenaber schon 6.700 m3/s gemessen.Von seiner Quelle bis zur Mündung durchläuftder Fluss verschiedene Abschnitte, die jeweilsauch ein charakteristisches Hochwasserverhaltenzeigen (Folie 3, Abb. 3.1):

Geballte Energie.

Im Oberlauf ist das Gefälle groß, der Gewässer ver-lauf gerade, das Bach-/Flussbett oft eingekerbt. Einenennenswerte Aue gibt es nicht. Die angrenzendenFlächen des Einzugsgebietes fallen meist steil zumGewässer ab. Dadurch sammelt sich Niederschlags -wasser rasch an, die Fließ geschwindigkeit imGewässer ist hoch, Steine und Erde werden mit-gerissen. Der Fluss erodiert und gräbt sich dabeiin den Untergrund ein (Tiefen erosion).Das Einzugsgebiet ist meist klein und gebirgig.Kurze, aber sehr starke Regenfälle – z. B. infolge eines heftigen Gewitters – können dem

Alles fließt. Vor allem unsere Bäche und Flüsse. Sie sammeln Wasser aus Quellen undNiederschlägen und führen sie über eine mehr oder weniger lange Reise bis ins Meer.

Dieses Kapitel erläutert,• welche Rolle ein Fluss im Wasserkreislauf spielt• wie ein Fluss von Natur aus fließt.

Fluss-Systeme.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 2

Flusseinzugsgebiete in Mitteleuropa. Quelle: UBA (2000)

Ems

Peene

Donau

Dortmund

Mainz

Linz

StettinHamburg

Bremen

Hannover

DresdenKassel

Koblenz

WürzburgNürnberg

Regensburg

München

Passau

Magdeburg

Aare

RegenNaab

Pegnitz

Fulda

Werra

Lahn

Sieg

Unstrut

Leine

Aller

Warnow

Eider

Trave

Ruhr

Lippe

Elbe

Saale Mulde

Leipzig

Spree

Neiße

Oder

Moldau

Altmühl

Neckar

Rhei

n

Rhein

Köln

Frankfurt

Donau

Iller

Lech

Isar

Inn

Basel

Prag

Berlin

Mannheim

Stuttgart

Havel

MainMose

l

Weser

Elbe

Fluss-Systeme.Folie 2

Flussabschnitte.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 3

Von der Quelle zur Mündung.

Prall- und Gleithang.

Fluss und Grundwasser.

Oberlauf Mittellauf Unterlauf

Prallhang

Gleithang

Delta

Gleithang

Gleithang

Prallhang

Prallhang

Sedimentation Erosion

Hochwasser Niedrigwasser

= Aue

Flussabschnitte.Folie 3

Wasserkreislauf (Abb. 1.2):Verdunstungswasser vonLand- und Meeresflächenspeist die Niederschläge.Flüsse sammeln dasNiederschlagswasser undführen es Richtung Meer.

Verdunstung

Meer

Fluss

EinzugsgebietAbfluss

Grenze Einzugsgebiet

VersickerungVerdunstung

Niederschlag

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Schiebt sich immer weiter in den Chiemsee: das Mündungsdelta derTiroler Ache.

Von der Quelle zur Mündung (Abb. 3.1): Eine ausgeprägte Aue hat der Fluss erst ab dem Mittellauf.

Gewässer rasch erhebliche Wassermengen zutragen und kleine Rinnsale plötzlich inreißende Wildbäche verwandeln. Werden dabeidie Seitenhänge angerissen, kann es zu Hang -rutschungen und Murenabgängen kommen.Muren, ein Gemisch aus Wasser, Erde, Schutt,Geröll und Holz, bewegen sich dabei unterschied-lich schnell: manchmal langsam, manchmal abermit Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h. Verklausungen entstehen, wenn sich mitgerisseneBaumstämme und Geröll an Engstellen verkeilenund das Wasser kurzzeitig aufstauen. Bricht dieseselbst geschaffene Barriere, können sehr großeWassermassen mit ungeheurer Energie zu Talschießen und große Schäden anrichten.

Erosion und Sedimentation.

Im Mittellauf nehmen Fließgeschwindigkeit undGefälle ab. Es bilden sich Seitenarme undFlussschlingen, der Fluss pendelt mehr oderminder stark durch eine Aue. Betrachtet maneine einzelne Flussschlinge, trägt der Fluss am außen liegenden Prallhang Material ab, er erodiert. Am innenliegenden Gleithang ist dieFließgeschwindigkeit geringer, der Fluss lässtMaterial zurück, sedimentiert (Folie 3, Abb. 3.2). Bei Hochwasser verlässt das Wasser das Flussbettund sucht sich seinen Weg durch die angren-zende Aue. Dabei entstehen im natürlichen Flussimmer wieder neue Flussschlingen, Seitenarmeverschieben sich, Uferbereiche werden ange-rissen, das abgeschwemmte Material vomHochwasser an anderer Stelle zu sogenanntenBrennen aufgeschoben.

Breit und gemächlich.

Im Unterlauf bzw. in den Tieflandbächen/-flüssensind Gefälle und Fließgeschwindigkeit deutlichreduziert. Anfangs halten sich Erosion undSedimentation die Waage, bei weiter abneh-mendem Gefälle wird fast nur noch sedimentiert,d. h. Material abgelagert. Der Strom bildet weiteFlussschlingen, so genannte Mäander. BeiHochwasser tritt der Fluss oft weiträumig über dieUfer und überschwemmt eine meist breite Aue,z. T. kann der Fluss dabei auf mehrere Kilometerausufern. Bei nachlassendem Hochwasser verbleibtviel Material wie Sand, Schlamm und Schlick inder Aue, die natürlichen Auwälder am Flussgedeihen dadurch prächtig.Bei der Einmündung ins Meer – oder auch einengroßen See – lagert der Fluss die mitgeführtenSedimente ab, im Mündungsbereich bildet sichoft ein Delta. In der Nordsee entstehen aufgrunddes großen Tidenhubs durch die Gezeiten Trichter -mündungen, so z. B. bei Ems, Weser und Elbe.

Unterirdisch verbunden.

Flüsse und Bäche sind im Untergrund mit demGrundwasser verbunden, im angrenzendenAuenbereich ist dadurch der Wasserstand relativhoch. Bei länger andauerndem Niedrigwasser sinktin der Aue auch der Grundwasserstand. Umgekehrt steigt bei längerem Hochwasserstandder Grundwasserspiegel in der Aue an. In derFolge werden manche Bereiche der Aue u. U.auch nicht durch den ausufernden Fluss unterWasser gesetzt, sondern von unten durch hoch-drückendes Grundwasser. Das geschieht oft zeitver-setzt, d. h. das Hochwasser kann schon abgelaufensein, während das Grundwasser noch steigt (Folie 3,Abb. 3.3).

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Oberlauf Mittellauf Unterlauf Delta

= Aue

Das Wichtigste in Kürze:

• Jeder Fluss entwässert ein zu ihm gehörendes Einzugsgebiet. Dabei bilden sich aus Zu-, Neben- und Hauptflüssen große Flusssysteme, deren Einzugsgebiete mehrere Tausend Quadratkilometerumfassen können.

• Ein Fluss durchläuft von der Quelle zur Mündung verschiedene Abschnitte mit bestimmtenCharakteristika und einem entsprechenden Hochwasserverhalten. Mal wird dabei mehr Materialabgetragen (erodiert), mal eher Material angeschwemmt (sedimentiert).

• Auch das Grundwasser ist mit dem Fluss verbunden. Es steigt und sinkt mit dem Hochwasser, allerdings zeitversetzt.

In natura: Hier hat einHochwasser den Prallhangangerissen. Gegenüber Auflandungenam Gleithang.

Prall- und Gleithang(Abb. 3.2): Erosion in der Außenkurve,Sedimentation auf derKurveninnenseite.

Fluss- und Grundwasser(Abb. 3.3): Der Grund -wasser spiegel reagiert zeitversetzt auf einHochwasser.

Hochwasser

Niedrigwasser

Gleithang

Prallhang

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Fluss und Aue.

Im Rhythmus des Wassers.

Die flussbegleitende Aue mit ihrer Tier- undPflanzenwelt ist vom ständigen Wechsel schwan-kender Wasserstände geprägt. Hochwasser zerstört dabei Lebensräume und schafft zugleichneue. Für das einzelne Individuum, ein Tier oder eine Pflanze, kann ein Hochwasser dabeieine todbringende Katastrophe sein. Nach demHochwasser werden die neu gestalteten Lebens -räume aber schnell wieder besiedelt, Tiere undPflanzen der Aue sind genau darauf spezialisiert.

So weit das Wasser reicht.

Je nachdem, wie oft, wie hoch und wie langedas Wasser im Jahresverlauf in der Aue steht,wachsen dort jeweils charakteristische

Pflanzengesellschaften. Die Übergänge zwischenden verschiedenen Bereichen, den Auenzonen,sind aber fließend (Folie 4, Abb. 4.1).

Unmittelbar am Fluss, bis zur Höhe des mittlerenSommerwassers, findet sich die gehölzfreie Aue.Da sie nur bei Niedrigwasser aus dem Wasserragt, können sich wegen der mechanischen Kräftedes Wassers und des häufigen Sauerstoff mangelskeine Sträucher und Bäume halten. Auf den fluss -nächsten Flächen findet man einjährige Kräuter(z. B. Barbarakrautfluren), daran anschließendmeist eine Zone mit Röhricht (Schilf u. a.).

Im Bereich des mittleren Hochwassers, also einerZone, die regelmäßig und auch längere Zeit über-flutet wird, folgt die Weichholzaue. Sie bildet inder Regel einen relativ schmalen Saum entlangder Flüsse. Hier wachsen vor allem Weiden, z. B. dieSilberweide, aber auch verschiedene strauchartigeWeidenarten. Sie überstehen Überflutungen biszu 4 m Höhe und einer Dauer von über 200Tagen pro Jahr. Auch mechanische Belastungendurch eine starke Wasserströmung vertragenWeiden sehr gut. Ihre Zweige sind extrem elastisch. Brechen Stammteile ab, kann dieWeide schnell wieder ausschlagen, abgebrocheneTeile wurzeln neu. Mit ihren Zweigen kämmensie Feinteile aus dem Wasser und schaffen sich soihr eigenes Bodensubstrat. In ihren Wurzelnhaben sie spezielle Luftzellen, sodass sie auchunter der Wasserlinie wurzeln können.

Den größten Teil der Aue umfasst meist dieHartholzaue. Sie liegt höher und wird nur nochunregelmäßig vom Hochwasser erreicht. DieZeitdauer der Überflutung ist kürzer, im Mittel20–50 Tage pro Jahr, die Strömung deutlichgeringer. Dadurch kann das Hochwasser vieleSchwebstoffe absetzen, die Böden sind nährstoff-reich, das Pflanzenwachstum entsprechend üppig. Hartholzauwälder zeichnen sich durch eine reicheKraut- und Strauchschicht und meist mehrereBaumschichten aus. Hier wachsen Sträucher wie Weißdorn und Pfaffenhütchen sowie dieWildformen von Apfel und Birne. Kletterpflanzenwie Efeu, Hopfen und Waldrebe umschlingen dieBäume. In der Baumschicht dominieren Hart -hölzer wie Stieleiche und Esche, begleitet vonFlatter- und Feldulme sowie Berg- und Spitz ahorn.Die Stieleiche verträgt Überschwemmungen biszu 100 Tagen, wächst also eher im flussnäherenTeil der Hartholzaue. Weiter oben dominiert dieEsche, die nur eine Überflutungstoleranz von 40 Tagen während der Vegetationszeit hat.Die in Deutschland von Natur aus allgegen -wärtige Buche fehlt in der Hartholzaue, da sieÜberschwemmungen – auch kurzzeitige – nichtverträgt.

Intakte Auwälder haben etwas Urwaldartiges: mächtige, alte Bäume, umrankt von Kletterpflanzen,überall üppiges Wachstum, geheimnisvolle, versteckt lebende Bewohner. Und manchmal steht allesim Wasser.

Dieses Kapitel zeigt• die verschiedenen Bereiche (Zonen) innerhalb einer Aue• typische Tiere und Pflanzen der Aue • die Bedeutung von Auen im Naturhaushalt und ihren aktuellen Zustand.

Leben in der Aue.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 4

Fluss

NiedrigwasserMittelwassermittleres HochwasserSpitzenhochwasser

Strauch- undSilberweiden

Stiel-Eiche Ulme

Esche,Ahorn

gehölzfreieAue

Weichholzaue Hartholzaue

Auenspezialisten.

Auenzonierung.

Buche u. a.

Silberweide:enorme Regenerationskraft

Schlammling:keimt bei Niedrigwasser

Flussregenpfeifer:brütet auf Kiesbänken

Biber:gestaltet die Aue

Kiemenfußkrebs (Triops):Seine Eier überdauern jahre-lang im Bodenschlamm.

Wechselkröte:laicht in Hochwasser-tümpeln

Leben in der Aue.Folie 4

Hartholzauwald.

Fluss

NiedrigwasserMittelwassermittleres HochwasserSpitzenhochwasser

Strauch- undSilberweiden

Stiel-Eiche Ulme

Esche,Ahorn

gehölzfreieAue

Weichholzaue Hartholzaue

Buche u. a.

Auenzonierung (Abb. 4.1):Das Hochwasser bestimmt,was wo wächst.

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Hartholzauwälder zählen zu den wuchskräftigstenund artenreichsten Wäldern in Mitteleuropa.Durch Flussregulierungen, Grundwasserabsen-kungen und Umwandlung in landwirtschaftlicheFlächen sind naturnahe, noch regelmäßig vomHochwasser beeinflusste Hartholzauwälder heutein Deutschland aber sehr selten geworden. Mangeht von nur noch 1% des ursprünglichenBestandes aus.

Leben zwischen Wasser und Land.

Die Tier- und Pflanzenwelt der Aue ist perfekt andie ständig wechselnden Wasserstände angepasst.Einige Beispiele (Folie 4, Abb. 4.2):

Die Silberweide verträgt lange Überflutungenund trotzt auch der mechanischen Energie desströmenden Wassers. Ihre Regenerationskraft beiVerletzungen ist erstaunlich. Der Baum selbst

wird nur maximal 80 Jahre alt, aber selbst ausder Wurzel oder umgestürzten Stämmen könnenneue Triebe ausschlagen und ein neuer Baumwachsen. Der Same der Silberweide ist extremklein und leicht, er wird durch die Luft ver-breitet. Zum Keimen braucht er besondereBedingungen, v. a. feuchten, vegetationslosen Boden wie z. B. unmittelbar nach einem Hoch -wasser. Da sich diese Bedingungen nicht jedesJahr ergeben, sind natürlich begründete Silber -weidenwälder meist gleich alt. Die Regenerationskraft der Weide wurde jahr -hundertelang genutzt, indem die Silberweide als Kopfweide regelmäßig geschnitten wurde. Die armdicken Äste fanden Verwendung alsBrennholz, für Reb- und Zaunpfähle oder zurUferbefestigung, die dünneren Zweige zumFlechten. Da alte Kopfweiden häufig innen hohl

sind, bieten sie optimale Verstecke für Höhlen -bewohner wie Waldkauz und Fledermaus.Deshalb ist es wichtig, dass Kopfweiden weitergenutzt werden, da die Äste sonst durchwachsenund die Bäume auseinanderbrechen.

Der Schlammling ist eine kleine krautige Pflanze,die auf vegetationsfreien Flächen siedelt, die beiniedrigem Wasserstand aus dem Wasser auftau-chen. Die Pflanze bildet schnell Samen, der vomWasser verdriftet wird und sich im Schlamm ablagert. Fällt der Schlamm irgendwann trocken,keimen die Samen und ein neuer Schlammlingwächst heran.

Alte Hartholzauwälder mit einem hohen Anteilan totem Holz sind ein wahres Paradies z. B. für Spechte und Fledermäuse. Beeindruckendauch die Insektenwelt, hier sind viele selteneKäferarten auf Totholz spezialisiert, wie derHeldbock oder der Eremit.

Auen sind auch durch eine reiche Vogelweltgekennzeichnet. Neben vielen auch in der Um -gebung häufigen Arten sind Höhlenbewohnerund vor allem die zahlreichen Sumpf- und Wasser -vögel zu nennen.Der Eisvogel gräbt seine Brutröhre ca. 80 cm tiefin lehmige Uferböschungen. Solche Uferanbrücheentstehen am natürlichen Fluss immer wiederneu nach Hochwassern. Der Flussuferläufer sucht mit seinem langen, dünnenSchnabel im Uferschlamm nach Würmern undInsekten, ein typischer Watvogel der Flussauen.Kiesbänke im Fluss sind begehrte Brutplätze fürFlussseeschwalben oder den Flussregenpfeifer.

Der Biber ist ein typischer Vertreter der Fluss -auen, der die Aue selbst aktiv umgestaltet und sozur Renaturierung und Belebung von Flussauenbeiträgt.

Altarme und Altwasser gelten als Kinderstube fürFische. In intakten Flussauen wie etwa amAltrhein bei Stockstadt können über 40 verschie-dene Fischarten gezählt werden.

Im und am Gewässer finden sich auch zahlreicheInsektenarten: Wasserkäfer, Libellen und Schmetter -linge. Manche Arten sind auf bestimmte Futter -pflanzen in der Aue angewiesen. Oft leben dieLarven im Wasser, die fertigen Tiere suchen dannaber die Uferbereiche an Land auf.

Ein besonderer Lebensraum ist die Aue auch fürAmphibien, die perfekt an den Wechsel zwischennass und trocken angepasst sind. Auch hier

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Silberweide: enorme Regenerationskraft.

Schlammling: keimt beiNiedrigwasser.

Eremit: ein typischer Alt- und Totholzbewohnerim Auwald.

Libelle: lebt an ruhigenAltarmen des Flusses.

Eisvogel: gräbt seineBrutröhre in vomHochwasser angerisseneUfer.

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Extrem artenreich, aberselten: intakte Auwälder,die noch vom Fluss über-schwemmt werden.

Faszination Aue.

Die Bedeutung von Auen für den Naturhaushalt,aber auch für den Menschen, ist hoch. Auen sind ...

• Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen• Wasserrückhalt und natürlicher

Hochwasserschutz• ein natürliches Klärwerk für das Gewässer• Erholungsraum für den Menschen.

Wertvoller Lebensraum.Auwälder gehören zu den artenreichsten Öko -systemen in Mitteleuropa. Auch die anstelle derWälder in vielen Auen entstandenen extensivgenutzten Auwiesen gelten heute als wertvolleLebensräume für speziell angepasste Arten, ins -besondere Insekten (Schmetterlinge).Auen sind Rückzugsräume für viele seltene undeuropaweit bedrohte Arten. Als bandförmigeStrukturen entlang der Bäche und Flüsse habenAuen eine wichtige Funktion in der Biotop -vernetzung.

Hochwasserbremse.Auen können im Hochwasserfall Wasser auf-nehmen und zurückhalten und damit einHochwasser entschärfen. Sie sind natürlicheWasserrückhaltesysteme, sogenannte Retentions -räume. Auwälder bremsen durch ihren dichtenBewuchs das Hochwasser und lassen Wasserversickern bzw. geben es verzögert weiter.

Flussklärwerk.Auwälder und Röhrichte filtern das Wasser undtragen zur Selbstreinigung des Flusses bei. Der

erfolgen Eiablage und Larvenstadium im Wasser,die übrige Zeit verbringen die Tiere meist anLand.

Der Kammmolch z. B. laicht in krautreichenAltwassern und lebt den Rest des Jahres imAuwald.

Die Wechselkröte sucht im Frühjahr vegetations-lose, flache Tümpel zum Laichen auf, wie sienach einem Hochwasser entstehen. In solchenTümpeln sind Laich und Larven vor Fressfeindenwie Fischen geschützt. Die Tümpel trocknenspäter im Laufe des Sommers aus, so dass sichkeine Fischfauna entwickeln kann.

Ein Auenspezialist ist auch der Kiemenfußkrebsder Gattung Triops. Seine Eier können mehrereJahrzehnte im Boden „ruhen”. Wird der Bodenüberflutet, schlüpfen die Larven innerhalb von 48 Stunden und entwickeln sich in ein bis zweiWochen zum fertigen Krebs. Der Krebs selbst lebtnur etwa drei Monate, bis dahin ist das Wasserlängst verschwunden.

In der Flussaue zuhause ist die Auwaldmücke, inder Rheinebene als „Rheinschnake” gefürchtet.Sie legt ihre Eier auf Flächen außerhalb desWassers, aber noch dort, wo sie von Hochwassererreicht werden. Dort können sie ebenfallsmehrere Jahre überdauern, bis sie von einemHochwasser „geweckt” werden. Ist es dannwarm und feucht, entwickeln sich die Mückenmillionenfach und schwärmen aus. Die Larvenschlüpfen dabei nur ab einer bestimmtenTemperatur, dadurch wird ein Ausschlüpfen etwanach einem Winterhoch wasser ausgeschlossen.

Wechselkröte: laicht inHochwassertümpeln.

Kiemenfußkrebs (Triops):Seine Eier überdauern jahre-lang im Bodenschlamm.

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Der Auen zustandsberichtstellt fest: Viele Auen sindintensiv genutzt undkönnen ihre Funktionkaum mehr erfüllen.

Auenboden reinigt das Wasser auf dem Weg insGrundwasser. Eine wichtige Leistung, da z. T.auch Trinkwasser für die Bevölkerung aus fluss -nahen Bodenschichten und damit indirekt ausdem Fluss entnommen wird, so z. B. am Rhein.

Erholungsgebiet.Unsere Flussebenen sind überwiegend dichtbesiedelt. Siedlungen, Gewerbegebiete undIndustrieanlagen sowie landwirtschaftlichgenutzte Flächen begleiten die großen Flüsse inMitteleuropa. Umso wichtiger sind intakteFlussauen mit naturnahen Auwäldern alsErholungsraum für den Menschen. Alte Auwäldermit imposanten, mächtigen Eichen und 40 mhohen Eschen, umrankt von Efeu und Waldrebe,haben eine besondere Ausstrahlung.

Wo sind sie geblieben ...

Der Auenzustandsbericht des Bundesamtes fürNaturschutz gibt einen Überblick über die aktu-elle Situation der Auen in Deutschland. Demnach

kann derzeit nur noch ein Drittel der ehemaligenÜberschwemmungsflächen bei großen Hoch -wassern überflutet werden. An vielen Abschnittenvon Rhein, Elbe, Donau oder Oder sind es nurnoch 10–20%.In der 5-stufigen Bewertungsskala zum Auen -zustand gelten von den rezenten, also aktuellnoch überflutbaren Flussauen nur 1% als sehrgering, 9% als gering verändert. Deutlich verän-dert (Klasse 3) sind 36%, die restlichen 54% verteilen sich auf die Klassen 4 (stark verändert) und 5 (sehr stark verändert). Über ein Drittel der rezenten Auen sind intensivals Acker-, Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbe -flächen genutzt, nur 13% sind Wälder, wobei dergrößte Teil davon keinen Auwaldcharakter mehrhat. Nur noch ca. 57 km2 können bundesweit alsnaturnahe Hartholzauwälder bezeichnet werden– ein Waldtyp, der ursprünglich überall entlangder großen Flüsse wuchs.Beim Grünland ist der überwiegende Teil intensivgenutzt, extensiv genutztes Feuchtgrünland istkaum mehr vertreten, auch Feuchtgebiete kommennur noch auf 2% der rezenten Aue vor (Folie 5).

Flussauen in Deutschland.Folie 5

Durchatmen: Auwäldersind in den dicht besie-delten Flussauen echteNaturoasen.

Flussauen in Deutschland.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 5

Zustand der Flussauen in Deutschland. (Angaben in Klammern: untersuchte Flusslänge)

Beispiel Mittlere Elbe. (Mündungsgebiet der Mulde bei Dessau)

Donau (532 km)

rezente Aue 26,1 %ehemalige Aue 67,8 %

Elbe (590 km)

rezente Aue 19,4 %ehemalige Aue 76,1 %

Oder (167 km)

rezente Aue 9,7 %ehemalige Aue 88,2 %

Rhein (808 km)

rezente Aue 20,0 %ehemalige Aue 70,9 %

Weser (377 km)

rezente Aue 55,9 %ehemalige Aue 39,4 %

Fluss

ehemalige Aue

Wald

Grünland

Siedlung

Acker

Kleingewässer,Feuchtgebiete u. a.

Fluss

rezente Aueüberwiegend Wald und Grünland

ehemalige Aueüberwiegend Ackerfläche

Siedlungen

rezente Aue

Quelle: BfN/Geodienste-Flussauen (2014)

Quelle: BfN/Geodienste-Flussauen (2014)

Dessau

Köthen

OsternienburgOranienbaum

Wörlitz

Coswig

Zerbst

Aken

Roßlau A 9

B 187B 187a

B 107B 184

B 185

B 107

Das Wichtigste in Kürze:

• Die Aue weist bedingt durch Höhe, Dauer und Häufigkeit von Hochwassern eine charakteristischeZonierung auf.

• An den ständigen Wechsel zwischen Hoch- und Niedrigwasser sind zahlreiche Tier- und Pflanzenartenangepasst. Auen zählen dabei zu den artenreichsten Ökosystemen in Mitteleuropa, besonders gilt das für die Auwälder.

• Intakte Flussauen üben wichtige Funktionen im Naturhaushalt aus. Sie bieten Lebensraum, sie bremsenHochwasser und reinigen den Fluss. Und sie sind wichtige Erholungsgebiete für den Menschen.

• Naturnahe Auen sind an unseren Flüssen heute selten, die Talräume werden vielfach intensiv genutzt.Von den einst weitverbreiteten Auwäldern sind nur noch isolierte Restflächen verblieben.

Dessau

Köthen

Osternienburg

Zerbst

Aken

Roßlau B 187B 187a

B 184

B 185

B 107

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Wie ein Hochwasser entsteht.

Mehr Wasser als normal.

An allen größeren Fließgewässern in Europawerden heute die Wasserstände an Pegeln regel-mäßig gemessen und kontrolliert. Aneinander-gereiht ergeben die einzelnen Messwerte fürjeden Pegel eine Ganglinie des Wasserstandes,an der sich Veränderungen gut ablesen lassen.Im Hochwasserfall ist diese Ganglinie sehr aus-geprägt und macht sich als Hochwasserwellebemerkbar, der Wasserstand steigt über Tageoder Stunden bis zu einem Hochwasserscheitelund fällt danach wieder mehr oder minder

schnell ab (Folie 6, Abb. 6.1). Je nach Verlaufeines Hochwassers gibt es flache und steileWellen. Über kontinuierliche Messungen anverschiedenen Pegeln entlang des Flusslaufeslässt sich auch die Laufzeit einer Welle bestimmen,was Vorhersagen über den weiteren Hochwasser -verlauf ermöglicht. Auslöser von Hochwasser sind fast immer starkeNiederschläge oder die Schneeschmelze. Obdaraus nur leichte Überschwemmungen odereine Hochwasserkatastrophe werden, hängt vonunterschiedlichen Faktoren ab:

• Dauer und Intensität des Niederschlags• Form und Gestalt des Einzugsgebietes• Bodenbeschaffenheit • Vegetation und Nutzung• Gewässerzustand/-ausbau

Niederschlag lässt das Fass überlaufen.

Der wichtigste Faktor für die Entstehung vonHochwasser sind Niederschläge. Dabei ist Regennicht gleich Regen:

Konvektive Niederschläge oder Starkregen sindmeist von Gewittern begleitet und liefern hoheNiederschlagsmengen in kurzer Zeit auf sehrbegrenzter Fläche. Im Extremfall sind 100 l/m2

in einer Stunde möglich, oft regnet es wenigeKilometer entfernt gar nicht. Diese Nieder -schläge können kleine, unscheinbare Bächeinnerhalb von Minuten in reißende Ströme verwandeln und Sturzfluten mit großerZerstörungskraft auslösen, die sich auch kaumvorhersagen lassen. Auf die Pegelstände großerFlüsse haben solche kleinräumigen Starkregen -fälle keinen nennenswerten Einfluss.Die Gefahr für ein wirklich schweres Hochwasseran einem großen Fluss ist erst bei hohenNiederschlagsmengen gegeben, die langanhaltendund großflächig abregnen. Dann ist der Bodenirgendwann wassergesättigt, das Wasser auseinem großen Einzugsgebiet sammelt sich überviele Zuflüsse und kann vom Flussbett nichtmehr aufgenommen werden. Auch dasZusammentreffen von Dauerregen und Schnee -schmelze kann zu hohen Pegelständen führen.

Außergewöhnlich viel Niederschlag

Beim Oderhochwasser im Sommer 1997 fiel innerhalb von drei Wochen die sonst ineinem halben Jahr übliche Regenmenge. ImSüden Polens und im Osten Tschechienswurden im Bergland innerhalb weniger Tagesogar mehr als die vier- bis fünffache Mengeeines „normalen“ Juli registriert.

Im Wechsel der Jahreszeiten.Im Sommer sind sogenannte Vb-Wetterlagen(sprich: Fünf-B) oft für besonders dramatischeHochwasserereignisse verantwortlich (Folie 6,Abb. 6.2). Auslöser dieser eher seltenen

Auslöser von heftigen Hochwassern sind fast immer sintflutartige Regenfälle. Wie stark einHochwasser ausfällt, bestimmen noch andere Faktoren. Und an manchen „Schrauben“ dreht auchder Mensch ...

Dieses Kapitel informiert über• die Ursachen von Hochwasser • Faktoren, die Ausmaß und Verlauf eines Hochwassers beeinflussen.

Hochwasserfaktoren I.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 6

Pegelstand

Ganglinie Pegel A

Pegel A Pegel B

Laufzeit 48 Std.

ca. 200 km

Hochwasserscheitel

Ganglinie Pegel B

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag

Zeit12:00 12:00 12:00 12:00 12:00

Hochwasserwelle. Quelle: nach Bayerisches Landesamt für

Wasserwirtschaft (2004)

normaleZugbahn

1

2

3

4

Tief verstärkt sichund nimmt großeWassermengen auf

kalte Luft dringtnach Süden

Tief zieht nach Norden und gleitet auf Kaltluft: Abkühlung und starkeNiederschläge

AlpenAlpen

Niederschlag – Beispiel Vb-Wetterlage.

T

TTief weicht nach Südenaus

Hochwasserfaktoren I.Folie 6

Pegelstand

Ganglinie Pegel A

Pegel A Pegel B

Laufzeit 48 Std.

ca. 200 km

Hochwasserscheitel

Ganglinie Pegel B

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag

Zeit12:00 12:00 12:00 12:00 12:00

Wasserwirtschaft (20

Hochwasserwelle (Abb. 6.1):Pegelmessungen an ver-schiedenen Orten dokumen-tieren Höhe und Laufzeit derWelle.

Dauerregen lässt Flüsseüber die Ufer treten.

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Wassergesättigt: DieserBoden kann kein Wassermehr aufnehmen.

Einzugsgebiete (Abb. 7.1):Größe, Form und Relief beeinflussen einHochwasser.

Großwetterlage ist ein starkes Tiefdruckgebietüber dem westlichen Mittelmeer, das an seineröstlichen Seite feuchtwarme Luft nach Mittel -europa schaufelt. Dort gleitet diese auf boden-nahe Kaltluft, Ergebnis sind ergiebige, manchmalüber Tage andauernde Regenfälle. Im ungünstigs -ten Fall wird die Luft gegen die Nordränder derAlpen bzw. der Mittelgebirge gedrückt, was dieRegenmengen dort zusätzlich intensiviert.

Im Winter sind Niederschläge zunächst in Formvon Schnee gespeichert. Bei einem plötzlichenTemperaturanstieg entsteht dann allerdings vielSchmelzwasser. Zusätzliche, ergiebige Regenfälle,die z. T. noch auf gefrorenen Boden auftreffen,können dann schnell zu einer kritischen Hoch -wassersituation führen.In den Mittelgebirgen mit vergleichsweise geringerSchneebedeckung kann plötzlich eintretendesTauwetter mitten im Winter große Gebieteerfassen und zu hohen Abflusswerten führen(Winterhochwasser). In den Alpen setzt dagegendas Tauwetter nur langsam ein. Gefahr bestehtan den Alpenflüssen v. a. im Frühsommer, wennDauerregen den Restschneemengen in denHochlagen zusetzt und neben dem Regen vielSchmelzwasser anfällt. Hochwasser entsteht auch durch Eisstau: Aufdem Wasser treibende Eisschollen verkeilen sichan Engstellen im Fluss oder an Brückenpfeilernund behindern den Abfluss. Beim Durchbrechender Eisbarriere (Eisstoß) kann es dann zu einersehr hohen und steilen Hochwasserwelle kommen.

Was macht der Klimawandel mit dem Regen?Niederschlag galt bislang als natürlicher, vomMenschen nicht beeinflussbarer Hochwasser -faktor. Im Zuge des Klimawandels rechnenWissenschaftler für Mitteleuropa aber mit einerErhöhung der Niederschlagsmengen insgesamtund mit Veränderungen im Niederschlags -geschehen. Beides deutet auf eine Verstärkungder Hochwassergefahr hin.

Wassersammler – das Einzugsgebiet.

Jeder Bach, jeder Fluss hat ein Einzugsgebiet, ausdem er sein Wasser bezieht. Große Flusssystemesetzen sich aus den Einzugsgebieten aller Zu- undNebenflüsse zusammen. Größe, Form und Geländerelief des Einzugsgebieteshaben Einfluss auf die Abflussbildung und damitauf Stärke und Ablauf eines Hochwassers (Folie7, Abb. 7.1). Bei großem Gefälle und kurzenWegen strömt das Wasser schnell zusammen.Bei runden Einzugsgebieten trifft das abfließendeWasser zudem aus allen Teilen des Gebietesgleichzeitig zusammen. Daraus ergibt sich einekurze, aber sehr steile Hochwasserwelle. In lang-gezogenen Einzugsgebieten entstehen dagegenlange, aber flachere Abflusswellen. Zu einerWellen überlagerung kommt es, wenn die Wellenzweier Zuflüsse aufeinandertreffen.Problematisch ist auch das Zusammentreffen der Hochwasser wellen eines Haupt- und einesNebenflusses: Der Nebenfluss kann sich danngefährlich zurückstauen.

Ein natürlicher Schwamm – der Boden.

Wie viel vom Niederschlag in welcher Zeit versickert und wie viel abfließt, hängt auch von den Eigenschaften des Bodens ab. Wie bei einem Schwamm dringt das Wasser in dieBodenhohlräume. Erst wenn dieser Schwamm

voll ist, fließt das Wasser vollständig oberirdisch ab. Messbar ist die Versickerung über dieInfiltrations rate (z. B. l/m2 pro Stunde). Kies und Sand können in ihren großen, vielfach verbundenen Poren schnell und viel Wasser aufnehmen. Auch lockerer, humoser Waldbodenist meist sehr aufnahmefähig. Tonböden wirkendagegen wie eine Stauschicht. Nach tagelangem Dauerregen ist allerdings jeder Boden wassergesättigt. Gleiches gilt beigefrorenem Boden. Dann verhält sich der Boden

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Zeit

runde Form

Abfluss

Zeit

gestreckte Form

Flusslauf Grenze des Einzugsgebietes

Abfluss

Hochwasserfaktoren II.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 7

Zeit Zeit

Nutzung und Vegetation.

Niederschlag und oberirdischer Abfluss in Liter pro m2 und Stunde

Einzugsgebiete.

20 60 100

20

20

20

Niederschlag

UndurchlässigeFläche (Asphalt)

Acker(Getreide)

Viehweide

dichter Wald

Abfluss

Versickerung

20 60 100

3

2

25 60

20 50

10 35

60 100

60 100

60 100

Quelle: nach Bayerisches Landesamt für

Wasserwirtschaft (2004)

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18

20

35

40

50

40

50

65

gestreckte Form

Flusslauf Grenze des Einzugsgebietes

Abfluss

runde Form

Abfluss

Hochwasserfaktoren II.Folie 7

normaleZugbahn

1

2

3

4

Tief verstärkt sichund nimmt großeWassermengen auf

kalte Luft dringtnach Süden

Tief zieht nach Norden und gleitet auf Kaltluft: Abkühlung und starkeNiederschläge

AlpenAlpen

T

TTief weicht nach Südenaus

Vb-Wetterlage (Abb. 6.2): besonders niederschlagsträchtig.

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Niederschlag und oberirdi-scher Abfluss (Abb. 7.2):Im Wald versickert viel, aufAckerfächen fließt viel ab.

Versiegelt: Hier kann keinWasser versickern.

Nah am Fluss: Bei Hoch -wasser sind die Keller voll.

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wie eine Betonfläche – alles fließt ab. Beigroßräumigen und langanhaltenden Nieder -schlägen, die Einzugsgebiete ganzer Fluss -systeme abdecken, spielt deshalb der FaktorBoden ab einem bestimmten Zeitpunkt keineRolle mehr.

Extreme Bodenfeuchte

Beim Junihochwasser 2013 waren aufgrundeines ungewöhnlich nassen Mai schon imVorfeld 40 % der Böden in Deutschlandextrem feucht. Die dann einsetzenden ergie-bigen Niederschläge ließen schnell großeWassermengen oberflächlich ablaufen – derBodenschwamm war voll!

Eine Schutzdecke – die Vegetation.

Wer sich bei beginnendem Regen unter einenBaum stellt, kennt den Effekt: Der Regen bleibtzuerst an den Blättern hängen, bevor er denBoden erreicht. Ein Wald kann so bis zu 5 l/m2

im „Tropfenkleid“ festhalten, eine Wiese bis zu 2 l/m2. Zudem lockert Bewuchs den Boden,Wasser kann besser versickern. So liegt die Infiltrationrate bei Wald im Durch -schnitt bei bis zu 60–75 l/m2 pro Stunde. EinNiederschlag von 20 l/m2 wird komplett auf -genommen, selbst bei einem Niederschlag von 100 l/m2 fließen nur ca. 35 l ab. Bei einerViehweide sind es schon 50 l, bei einem Ackermit Getreide ca. 60 l Abfluss (Folie 7, Abb. 7.2).

Einfluss mit Einfluss – die Nutzung.

Die Landfläche Mitteleuropas ist dicht besiedeltund in weiten Teilen intensiv genutzt. Damitnimmt der Mensch auch Einfluss auf dasHochwassergeschehen. Wie dargestellt, reduzierenWälder den Oberflächenabfluss deutlich,Ackerflächen weniger. Besonders negativ wirktsich z. B. Maisanbau aus, weil die Maispflanzenerst spät aufwachsen und der Boden geradewährend der Starkniederschläge im Frühsommerkaum geschützt ist. Viele Ackerböden sind auchdurch Bodenbearbeitung mit schwerenMaschinen stark verdichtet, sodass sie wenigRegenwasser aufnehmen können. Und vieleBöden sind inzwischen auch überbaut:

Versiegelt und dicht gemacht.Siedlungs- und Verkehrsflächen machen inDeutschland 13% der gesamten Staatsfläche

aus, wobei etwa die Hälfte davon tatsächlichversiegelt ist. Diese Flächen, also etwa 5-6%,sind wasserundurchlässig, bei Regen fließt dasWasser ungebremst ab. Und der Bedarf steigtweiter: Zwischen 2006 und 2009 wurden inDeutschland täglich 43 ha (= 61 Fuß ballfelder)versiegelt.Anderseits kann auf knapp 95% der Landes -fläche das Wasser noch mehr oder minder gutversickern. Trotzdem: In kleinen Einzugs -gebieten, zumal wenn sie dicht besiedelt sind,hat der Versiegelungs grad bei kurzzeitigenStarkregenereignissen sowie bei kleinerenHochwassern durchaus Einfluss. Unter suchungenan Flussmodellen haben dies dokumentiert: Die Spitzenabflüsse von kleinen und häufigenHochwassern sind heute um 40–60% höher alsfrüher, die Hochwasser wellen steiler, aber auchkürzer.

Bei großen Hochwassern, die ganze Flusssystemebetreffen, darf der Einfluss der Versiegelungallerdings nicht überbewertet werden, zumalnach langanhaltenden Regenfällen oder Frostder Boden ohnehin nicht mehr wasseraufnahme-fähig ist. Dann ist es egal, ob er künstlich odernatürlich versiegelt ist.

Zu nah am Fluss.Schon immer siedelten die Menschen an Flüssen.Das brachte Vorteile, denn Flüsse warenVerkehrs- und Handelswege. Man rodeteteAuwälder, legte Felder an und schützte dieSiedlungen durch Deiche. Die Folge: BeiHochwasser hat der Fluss immer weniger Raum,sich in seiner Aue auszubreiten. Erst bei einemDeichbruch flutet er den ursprünglichenTalraum und überschwemmt alles, was dortinzwischen gebaut und geschaffen wurde.

Die alten Siedlungskerne liegen dabei an vielenFlüssen oft außerhalb der stark von Hochwasserbetroffenen Bereiche. Erst später im Mittelalterwurden tiefer liegende oder flussnahe Bereichebesiedelt. Ab dem 19. und besonders dann im 20. Jahrhundert setzte eine intensive Bautätigkeit in der Aue ein, die auf die Hoch wassergefahr oftwenig Rücksicht nahm. Der Bau von Siedlungen,Industrieanlagen oder Infrastruktureinrichtungenführt dabei in überflutungsgefährdeten Bereichenzu einer starken Konzentration von Werten. Einweiteres Problem: Kommt es längere Zeit nichtzu einem großen Hochwasser, geht auch dasGespür für die Gefahr am Fluss verloren und dieBevölkerung fühlt sich im Schutz der Deiche inSicherheit. Jeder Deich kann diese aber nur biszu einem gewissem Grad garantieren.

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60

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Flüsse im Korsett – Gewässerausbau.

Unsere Flüsse und Bäche sind heute in weitenTeilen vom Menschen geformt. An den großenStrömen wie Rhein oder Elbe begann derAusbau schon vor 200 Jahren, v. a. nach dem 2. Weltkrieg wurden auch kleinere Gewässer ingroßer Zahl umgestaltet – begradigt, kanalisiert,verrohrt. Auf Entstehung und Verlauf einesHochwassers haben viele dieser Maßnahmenerheblichen Einfluss (Folie 8, Abb. 8.1).

Die ersten bedeutenden Regulierungen Anfangdes 19. Jahrhunderts hatten zunächst folgendeZiele:• Verbesserung der Schiffbarkeit und Flößerei

durch breitere, tiefere und vor allem beständi-gere Fahrrinnen.

• Besserer Hochwasserschutz der Talräume • Absenkung des Grundwasserstandes zur

besseren landwirtschaftlichen Nutzung der Aue.

Um diese Ziele zu erreichen, wurden die Uferbefestigt, der Fluss begradigt, Flussschlingen undSeitenarme abgetrennt. Zusätzlich wurden

Staustufen gebaut, um die Schiffbarkeit ganzjährigzu gewährleisten, später auch um Strom zugewinnen. Die Deiche zum Schutz der Talräumewurden teilweise sehr nah an die Flüsse heran -gezogen, um möglichst große hochwasserfreieFlächen zu schaffen (Folie 8, Abb. 8.2).

Diese Maßnahmen hatte aber Folgen, die sozunächst nicht bedacht worden waren und oft weitere Eingriffe notwendig machten bzw. machen:Die Begradigung und Verkürzung der Fluss- undBachläufe erhöht die Abflussgeschwindigkeit. DieWassermengen der Zuflüsse werden so beschleu-nigt im Flusssystem gesammelt, Hochwasser wellendurchlaufen den Fluss schneller und ausgeprägter.Im ungünstigsten Fall treffen die Wellen vonHaupt- und Nebenfluss direkt aufeinander undüberlagern sich. Zudem verringert die beschleu-nigte Ableitung zwar die Hochwassergefahrbeim Oberlieger des Flusses, verstärkt sie aberfür die Unterlieger und verlagert sie so nur. Und: Je weniger Platz ein Fluss hat, bei Hochwasserauszuufern, desto höher und schneller wird dieHochwasserwelle. Die Flussbaumaßnahmenhaben die Überschwemmungsflächen entlang derFlüsse drastisch reduziert, die Flüsse wurdenvielfach von ihrer Aue getrennt.

Gewässerausbau

Die erste großräumige Flusskorrektur amOberrhein begann 1817, später folgten weitere.Zwischen Basel und Karlsruhe wurde derFlusslauf um rund 80 km verkürzt. Die Überschwemmungsfläche schrumpfte von ca.1.000 km2 auf nur noch 130 km2. Die Laufzeitder Hochwasserwelle zwischen beiden Städten hat sich halbiert. Das Hochwasser aus demOberrhein überlagert sich damit häufiger mitden sonst vorauslaufenden Hochwasserscheitelnvon Neckar, Nahe und Mosel. An der Donau beschleunigte der Flussausbaudie Laufzeit einer Welle zwischen Ingolstadtund Regensburg von einst 24 auf heute 12 Stunden, zwischen Regensburg und Passauvon 40 auf 30 Stunden. An der Elbe reduzierte sich auf deutschemStaatsgebiet die Überschwemmungsfläche von6.172 km2 auf heute 838 km2, das entsprichteiner Abnahme um 86%.

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Verschlungener Lauf:Solche Flussabschnittegibt es in Mitteleuropakaum noch.

Das Wichtigste in Kürze:

• Auslöser von Hochwasser sind Niederschläge oder die Schneeschmelze. Für starke Hochwasser angroßen Flüssen sind fast immer langanhaltende, großflächige Regenfälle verantwortlich.

• Auch Größe, Form und Relief des Einzugsgebietes beeinflussen Stärke und Ablauf eines Hochwassers.• Einen Teil des Niederschlags kann der Boden aufnehmen, ab einer bestimmten Menge ist er aber

wassergesättigt, dann fließt Regenwasser großflächig oberirdisch ab.• Die Nutzung der Landoberfläche entscheidet mit darüber, wie viel Niederschlagswasser im Boden

versickert und wie viel abfließt. • Flussregulierungen haben die Hochwasserproblematik teilweise verschärft. Besonders nachteilig wirkt

sich dabei der Verlust von Überschwemmungsflächen aus.

Hochwasserfaktoren III.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 8

Gewässerausbau – Beispiel nördlicher Oberrhein.

Veränderung der Auen. Quelle: Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft (2004)

2Tag 1

Abfluss

Fluss

Auwald

Ackerfläche

Grünland

Siedlung

Deich

43 2Tag 1 43 2Tag 1 43

Worms

Ludwigshafen

Mannheim

SpeyerGermersheim

Karlsruhe

1977

1816

Urzustand 1900 2000

Worms

Ludwigshafen

Mannheim

SpeyerGermersheim

Karlsruhe

10 km N

10 km N

2Tag 1

Abfluss

Fluss

Auwald

Ackerfläche

Grünland

Siedlung

Deich

43 2Tag 1 43 2Tag 1 43

Urzustand 1900 2000

Hochwasserfaktoren III.Folie 8

Veränderung der Auen (Abb. 8.1): Der Flussverlauf wird begradigt, Äcker und Siedlungen verdrängen den ursprüngli-chen Auwald.

Gewässerausbau (Abb. 8.2):Beispiel Oberrhein.

Worms

LudwigshafenMannheim

Speyer

Germersheim

1816

1977

Karlsruhe

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Land unter.

Hochwasser sind nicht immer gleich.

Hochwasser begleiten den Menschen, seit er anFlüssen wohnt. Um die Stärke verschiedenerHochwasser vergleichen zu können, hat man denBegriff der Jährlichkeit eingeführt. Sie ermitteltsich aus statistischen Auswertungen und derBeobachtung eines Flusses über einen langenZeitraum und beschreibt die Wahrscheinlichkeitfür das Eintreten eines Hochwassers mit einerbestimmten Wasserstandshöhe und Durchfluss -menge (Wiederkehrsintervall). Es werden z. B.Hochwasser unterschieden, die im langjährigenMittel alle 5, 10, 50 oder 100 Jahre auftreten(bezeichnet z. B. mit HQ 100). Letztere – oftauch als „Jahrhunderthochwasser” bezeichnet –sind besonders gefährlich, weil sie sich demErinnerungsvermögen einer Generation entziehenund dazu verführen, in hochwassergefährdetemGebiet zu siedeln.Dabei kann es durchaus sein, dass sich „hundert-jährliche” Hochwasser in deutlich kürzerenAbständen wiederholen. Die Bezeichnung HQ 100 sagt nur, dass ein solches Hochwasserstatistisch gesehen 10 x in 1000 Jahren eintritt.Eine Frage wird immer wieder gestellt: Sind dieHochwasser heute heftiger als früher und tretensie häufiger auf? Hier hilft ein Blick auf bedeu-tende Hochwasserereignisse der Geschichtesowie in jüngster Zeit (Folie 9).

Was sagen die Pegel?

Ein wichtiges Kriterium zur Bestimmung derStärke eines Hochwassers ist der Wasser- bzw.Pegelstand. Er ist abhängig von der Wasser -menge, die einen definierten Querschnitt, dasHochwasserabflussprofil, durchströmt. Mit demPegelstand verknüpft ist auch der Hochwasser -schutz. Deichhöhen orientieren sich z. B. oft amPegel eines 100-jährlichen Hochwassers. Auchwelche Schutzmaßnahmen im Hochwasserfallanlaufen, wird vom Pegelstand bestimmt. DiePegelstände helfen, Hochwasserereignisse zu vergleichen und Schutzmaßnahmen anzupassen.

In früheren Zeiten behalf man sich mit Hoch -wassermarken an Gebäuden und Ufermauern,die z. T. noch heute existieren und wichtigeHinweise zur Höhe historischer Hochwassergeben. Zusammen mit Berichten aus Chronikenlassen sich schwere Hochwasser ab ca. 1000 n. Chr. einigermaßen rekonstruieren und ein-ordnen.Ab dem 19. Jahrhundert beginnen an vielengroßen Flüssen in den mitteleuropäischenStaaten die regelmäßigen Pegelaufzeichnungen.In Bayern beispielsweise entstand das erste Netzmit 65 Messpegeln 1821, gemessen wurde täglich, bei Hochwasser auch öfter. Damit liegenverlässliche Daten vor, aus denen sich konkreteVergleiche ableiten lassen. Heute werden anPegeln neben dem Wasserstand auch dieFließgeschwindigkeit, die Durchflussmenge undandere Parameter gemessen bzw. ermittelt.Natürliche Erosion und Auflandungen wie auchmenschliche Eingriffe in den Fluss haben beimanchen Pegeln zu Veränderungen des Pegel -nullpunktes geführt. Dies muss beim Vergleichheutiger mit früheren Messungen berücksichtigtwerden.

Nichts Neues in der Geschichte.

Hochwasserkatastrophen, die Hab und Gut ver-nichten sowie Menschenleben fordern, gab esschon immer – zu allen Zeiten und überall aufder Welt, wo Menschen in Flussgebieten leben.Doch was löste jeweils das Hochwasser aus? Was machte es zur Katastrophe? Und was lässtsich daraus lernen? Dazu einige Beispiele:

Ein Jahrtausendereignis – Die Magdalenenflut 1342.Wahrscheinlich das heftigste Hochwasser, dasweite Teile Mitteleuropas je heimsuchte und vielfach als Jahrtausendflut in die Geschichte einging, ereignete sich am St. Magdalenentag (21. Juli) 1342. Die Chroniken berichten von zwei Tage andauernden Wolkenbrüchen, ver-mutlich aufgrund einer Vb-Wetterlage. Der Mainbei Würzburg kam damals bis nahe an den Dom,

„... und über die Mauern der Stadt Köln fuhr man mit Kähnen ... und die Schleusen des Himmels waren offen, und es fiel Regen auf die Erde wie im 600. Jahre von Noahs Leben ...“ (aus einem historischen Bericht zur Magdalenenflut 1342)

Dieses Kapitel gibt einen Überblick über• bedeutende Hochwasserereignisse in historischer Zeit und heute,

ihre Ursachen und Folgen.

Hochwasserereignisse.

Hochwasser

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Folie 9

Jahr betroffenes Gebiet Bemerkung

1343 Mitteleuropa > Rhein/Main, Donau u. a. „Magdalenenflut“, sog. Jahrtausendhochwassergroße Schäden, geschätzt 6.000 Tote

1501 Mitteleuropa/Alpen > Elbe, Donau eines der höchsten Hochwasser in Mitteleuropa,Rekordmarken noch in einigen Altstädten markiert

1845 Sachsen > Elbe stärkstes bislang gemessenes Frühjahrshochwasser an der Elbe

1887 China > Gelber Fluss geschätzt 900.000 bis 2 Mio. Tote

1925/26 Mitteleuropa > Rhein Rekordhochwasser, u. a. in Köln, bislang nicht wieder erreicht1927 Nordamerika > Mississippi eine der größten Flutkatastrophen in den USA,

700.000 Menschen evakuiert1931 China > u. a. Gelber Fluss geschätzt 3,7–4 Mio. Tote

1947 Brandenburg > Oder/Oderbruch stärkstes Hochwasser an der Oder im 20. Jahrhundert

1954 Mitteleuropa > Elbe, Donau Rekordmarken u. a. an Donau und Inn, v. a. in Passau

1993 Mitteleuropa > Rhein vielerorts nur knapp unter den Rekordmarken von 1926, z. T. auch darüber, ca. 400–500 Mio. Euro Schäden

1995 Mitteleuropa > Rhein vielerorts nur knapp unter den Rekordmarken von 19261997 Ostdeutschland, Polen > Oder 300.000 Menschen evakuiert, hohe Sachschäden

(über 4 Mrd. Euro), 114 Tote in Polen und Tschechien1998 China > Jangtsekiang über 3.700 Tote, 15 Mio. Obdachlose, Schäden geschätzt

ca. 26 Mrd. US-Dollar1999 Mitteleuropa/Alpen > sog. „Pfingsthochwasser“, hohe Schadenssummen,

Donau, Alpenzuflüsse, Rhein 12 Tote2002 Mitteleuropa (mit Österreich, Tschechien) > „Jahrtausendhochwasser“ an der Elbe, 370.000 Menschen

Elbe, Donau evakuiert, mind. 15 Mrd. Euro Schäden, mind. 45 Tote2005 Alpen, Karpaten, Balkan > Muren, Erdrutsche, über 30 Todesopfer, über 3 Mrd. Euro

Alpenflüsse bis unterer Donauraum Schäden2006 Ostdeutschland, Tschechien > Elbe eines der schwersten Elbhochwasser, mehrere Tote2007 Alpen, v. a. Schweiz > Alpenflüsse „4. Jahrhunderthochwasser seit 1999“ in der Schweiz,

Muren, Erdrutsche2009 Mitteleuropa/Alpen mit Karpaten, Balkan > mehrere 100 Mio. Euro Schäden, mind. 21 Tote

Donau, Moldau, Oder2010 östl. Mitteleuropa > Oder, Weichsel große Schäden, über 30 Tote, v. a. in Polen2010 Pakistan > Indus weite Teile des Landes betroffen mit 14 Mio. Menschen,

ca. 1.700 Tote2011 Thailand fast 12% des Landes unter Wasser, ca. 400 Tote2013 Mitteleuropa > Elbe, Donau bisherige Rekordmarken teilweise überschritten

Passau (Donau/Inn), Magdeburg (Elbe)

Bedeutende Hochwasser in Mitteleuropa und weltweit im Überblick.

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Hochwasserereignisse.Folie 9

Wasserstandsmessung: Am Pegel kann die exakteHöhe ermittelt werden.

Historische Vergleiche:Hochwassermarken analten Bauwerken.

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In den Fluten verschwunden:Einsturz der SteinernenBrücke (Ludwigsbrücke)1813 in München.

das Wasser des Rheins reichte im Mainzer Dom„einem Mann bis zum Gürtel”. In Köln konnteman mit Booten über die Stadtmauer fahren.Schlimmste Verheerungen wurden auch vonStädten an der Donau berichtet (Regensburg,Passau, Wien), sowie von Mosel, Moldau, Elbe,Unstrut und Weser.Ein weiteres schweres Hochwasser, das sowohldas Elbegebiet wie auch Donau und Alpen betraf,ist für August 1501 markiert. Auslöser warenergiebige Regenfälle, Hintergrund auch hier vermutlich wieder eine Vb-Wetterlage. DasHochwasser von 1501 ist noch in mehrerenAltstädten als Hochwassermarke dokumentiert.So blieb z. B. der 2013 erreichte Höchststand desInns in Passau (höchster Wasserstand seit Beginnkontinuierlicher Pegelmessungen) noch leichtunter dieser historischen Marke.

Alle Jahre wieder.Historische Hochwasser führten auch deshalb oft zu starken Verheerungen, weil eine sichereVorhersage nicht möglich war. Schon recht frühbegannen aber die Menschen am Fluss, sichdurch Deiche zu schützen. Mit den einsetzendenFlusskorrekturen ab dem 19. Jahrhundert wurdenSchutzmaßnahmen in großem Stil umgesetzt undstetig verbessert. Hochwasserkatastrophen gab estrotzdem. Nach jedem Hochwasser wurden dieDeiche aufgestockt ...

Das Elbhochwasser in Sachsen im März und April1845 gilt als stärkstes Winter- bzw. Frühjahrhoch -wasser, das je an der Elbe gemessen wurde.Ausgelöst wurde es durch plötzlich auftretendesTauwetter mit starker Schneeschmelze in denMittelgebirgen, kombiniert mit Eisstau auf derElbe.

Am Rhein kam es im Winter 1925/1926 zu einemHochwasser mit bis heute gehaltenen Rekord -wasserständen in zahlreichen Städten, z. B. in

Köln. Problemtisch war v. a. die Überlagerungder Hochwasserwelle des Rheins mit denen ver-schiedener Zuflüsse wie Ill, Mosel und Lippe. In Neuwied führte dieses Ereignis dazu, die chronisch hochwasserbedrohte Stadt (Hochwasserbereits 1920 und 1924) durch eine Schutzmauerund ein Deichsystem wirkungsvoll zu schützen.

Im Frühjahr 1947 wurde der Oderbruch voneinem der heftigsten Oderhochwasser des 20. Jahrhunderts heimgesucht. Bei Küstrin-Kietzbildete sich ein Eisstau, binnen kürzester Zeitsammelten sich gewaltige Wassermengen an undüberspülten einen Deich. Sowjetische Flieger versuchten damals, durch Bombenabwürfe dieEisbarriere aufzubrechen.

Im Sommer 1954 waren weite Teile Mitteleuropasvon Hochwasser betroffen, v. a. die Flusssystemevon Elbe und Donau. Auslöser waren heftigeRegenfälle, denen ein Temperatursturz voraus -gegangen war. In Passau galt das Hochwasser von 1954 als die größte Flutkatastrophe des 20. Jahrhunderts, erst übertroffen 2013.

1993 und 1995 – der Rhein.Weihnachten 1993 erreichte der Rhein Höchst -wasserstände, die z. T. knapp unter den Markendes Jahrhundert hochwassers von 1926 lagen(Köln), an anderen Stellen auch darüber (Bonn).In Koblenz fiel die sehr hohe Hochwasserwelleder Mosel nahezu zeitgleich mit dem Scheitel desRheins zusammen. Im Januar/Februar 1995 kam es am Rhein erneutzu einem schweren Hochwasser, das z. B. inKöln die Marken von 1993 leicht übertraf. Diese„Jahrhunderthochwasser” in enger Folge führtendazu, den Hochwasserschutz in vielen Städtenam Rhein, insbesondere in Köln, weiter zu inten-sivieren: in direkte Schutzmaßnahmen, in dieVorhersage, aber auch in die Aufklärung derBevölkerung.

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Rekordhochwasser amRhein: Neuwied 1925/26.

Wenn der Rhein kommt:Köln 1993.

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Immer wieder vomHochwasser bedroht: Kölnam Rhein 1993.

Kulturerbe unter Wasser:Kloster Welten burg beimPfingsthoch wasser 1999.

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Der Rhein

Der Rhein entspringt in den Alpen und ent-wässert auf seinem Lauf von 1.239 km zurNordsee ein Einzugsgebiet von 185.300 km2,verteilt auf neun Staaten. Der Oberlauf wirddurch das Abflussgeschehen v. a. aus denSchweizer Alpen bestimmt, der Mittellauf istdurch Mittelgebirge geprägt. WichtigeZuflüsse sind Aare, Neckar, Main und Mosel.Köln ist die am meisten von Hochwasserbetroffene Millionenstadt in Europa.

1997 und 2010 – die Oder. Die Flut vom Sommer 1997 gilt als die größtebisher bekannte Flut an der Oder. Anfang Juli1997 waren im Oberlauf der Oder innerhalbweniger Tage die Niederschlagssummen einesMonats gefallen, an einigen Stellen sogar die doppelte Menge. Die Speicherfähigkeit der Böden war schließlich erschöpft. Schon dieseerste Niederschlagswelle führte in Polen undTschechien zu katastrophalen Überschwem-mungen. Nach etwa einer Woche erreichte dasHochwasser Brandenburg. Weitere Starknieder -schläge zwischen dem 18. und 21. Juli ließen die Wasserstände fast sechs Wochen lang aufhöchstem Niveau verharren. In Tschechien und Polen waren die Schäden amgrößten, knapp über 100 Menschen verloren ihrLeben. Auch Brandenburg war schwer betroffen,ohne die Deichbrüche in Polen wäre es vermut-lich noch schlimmer gekommen.Insgesamt mussten 300.000 Menschen ihreWohnungen verlassen, der Sachschaden in Polen:3,17 Mrd. Euro, in Brandenburg: 332,3 Mio.Euro. Ein Grundproblem wurde durch die Flutoffensichtlich: Auch an der Oder sind durchFlussbaumaßnahmen große Flächen an Reten -tionsraum verloren gegangen.

Die Oder

Die Oder entspringt im Mährischen Gebirgeund mündet nach 854 Kilometern in das Stettiner Haff an der Ostsee. Sie ist ein typischer Tieflandfluss mit geringer Fließ -geschwindigkeit. Das Einzugsgebiet ist118.000 km2 groß und liegt zu 89% inPolen. Die größten Wassermengen weist derFluss im Spätwinter und zeitigen Frühjahrauf.

Im Frühsommer 2010 kam es in ganz Mittel -europa zu großen Überschwemmungen.Besonders betroffen war Rumänien, in Deutsch -land gab es Hochwasser vor allem an der Oder.Im August des gleichen Jahres kam es zu heftigenStarkregen und damit verbunden zu Höchst -pegeln an Neiße und Oder. Allein im LandkreisGörlitz gab es Schäden in einer Höhe von 200Mio. Euro. Die Fluten stiegen dabei so schnell,dass kaum reagiert werden konnte.

1999, 2005 und 2009 – die Donau.Der Alpenraum und das Donaugebiet waren inden letzten Jahren gleich mehrmals von starkenHochwassern betroffen – der Höhepunkt zuletztim Juni 2013, dazu später mehr.

Beim sogenannten „Pfingsthochwasser” 1999 kames zunächst vom 11.–17. Mai am Nordrand derAlpen und im Alpenvorland zu großflächigen,sehr ergiebigen Regenfällen. Die zusätzlich durchdie Schneeschmelze rasch wassergesättigtenBöden konnten die neuerlichen Starkregenfällevom 20.–22. Mai nicht mehr aufnehmen. Iller,Ammer, Loisach und Isar erreichten Rekordständemit teilweise 200- und 300-er Jährlichkeit. InSüdbayern kam es an verschiedenen Stellen zugroßflächigen Überschwemmungen, die als„Pfingsthochwasser” in Erinnerung blieben.Die Schadenssummen in Deutschland (Bayernund Baden-Württemberg): über 800 Mio. Euro, in Österreich und der Schweiz über 500 Mio.Euro, insgesamt 12 Tote.

Auslöser für die katastrophalen Ereignisse imAugust 2005 mit Erdrutschen und großflächigenÜberschwemmungen in der Schweiz, Österreichund Bayern waren 24-stündige Dauerregenfälleaufgrund einer Vb-Wetterlage. Vierorts fielenmehr als 150 l /m2 in 72 Stunden. In Bayern wardas Loisachtal besonders betroffen, Garmisch-Partenkirchen kurzzeitig von der Außenweltabgeschnitten. München, früher oft von Isarhoch -wassern bedroht, kam glimpflich davon. Der

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Unter Wasser: die Innenstadt von Pirna.

Sylvensteinspeicher im Oberlauf der Isar hieltgroße Wassermengen zurück und reduzierte denDurchfluss der Isar in München auf 987 m3/s.Bis zu 1.100 m3/s sind verkraftbar, ohne denSylvensteinspeicher wären es an die 1.800 m3/sgewesen. Die Schadensbilanz allein in Südbayern:über 170 Mio. Euro.

Die Schweiz erlebte bereits 2007 das vierte„Jahrhunderthochwasser” seit 1999, für dengesamten Alpenraum folgte schon 2009 dasnächste große Hochwasser, durchaus vergleichbarmit 2005.

Diese gehäuften Hochwasserereignisse führtendazu, dass verstärkt mit der Umsetzung zahl reicher Maßnahmen zum Hochwasserschutzbegonnen wurde. Bayern z. B. entwarf einenMaßnahmenplan, der die sukzessive Ertüchtigungvon Hochwasserschutzbauten, eine Reaktivierungund Neuschaffung von Hochwasserrückhalte -räumen und den Ausbau der Mess- undVorhersageeinrichtungen vorsieht. Übrigens: Seit dem 19. Jahrhundert verlor die Donau 80%ihrer natürlichen Überschwemmungsgebiete.

Die Donau

Die Donau ist mit 2.857 km Länge und einemEinzugsgebiet von über 800.000 km2 derzweitgrößte europäische Fluss, auf ihrem 687km langen Weg durch Deutschland entwäs-sert sie große Teile Baden-Württembergs undBayerns. Die von Süden kommenden Zuflüsseentspringen in den Alpen bzw. im Alpen vor-land. Im Winter sind hier die Niederschlägeoft in Form von Schnee gebunden, Schmelz -wasser und Stauniederschläge am Nordrandder Alpen führen v. a. im Sommer zu Hoch -wasser. Bei den nordseitigen Zuflüssen sind Hochwasser im Winter und Frühjahrhäufiger.Hochwasserschwerpunkte sind Donauwörth,Regensburg und v. a. die DreiflüssestadtPassau. Dort trifft der wasserreichere Inn aufdie Donau. In der Regel kommt die Hoch -wasserwelle des Inns früher in Passau an alsdie der Donau, in seltenen Fällen ist es auchmal umgekehrt. Der unwahrscheinliche, abernicht unmögliche Fall eines gleichzeitigenEintreffens der Wellen ist für Passau ver -heerend, dies war vermutlich beim Rekord -hochwasser 1501 der Fall.

2002 und 2006 – die Elbe.Das Hochwasser vom Sommer 2002 im Elbe -gebiet wird teilweise als Jahrtausendhochwasser

bezeichnet. Es brachte z. B. in Dresden Hoch -wasserstände bisher nicht gekannten Ausmaßes,die Teile der Altstadt mit weltberühmten Bautenwie Hofkirche, Opernhaus und Zwinger sowieden Hauptbahnhof unter Wasser setzten.

Als Auslöser gilt wiederum eine Vb-Wetterlagemit ergiebigsten Regenfällen, v. a. im Erzgebirge.Der „Bodenschwamm” ist rasch gefüllt – mit verheerenden Auswirkungen: Land unter an derMoldau, kurz danach Katastrophenalarm inDresden. Die Mulde, aus dem Erzgebirge kom-mend, tritt über die Ufer und staut sich bei derEinmündung in die Elbe zurück. Überschwem-mungen und Millionenschäden v. a. in Sachsen,Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Entspannung für die tieferen ElbregionenSachsen-Anhalts sowie für Niedersachsen undSchleswig-Holstein bringen die natürlichenRetentionsräume mit den Auwäldern entlang desBiosphärenreservats „Mittlere Elbe” sowie diekünstliche Flutung der Havelpolder. Hier führtder lange Einstau – die faulende Vegetation unterWasser entzieht große Sauerstoffmengen – nachdem Rückfluss des Wassers zu einem dramati-schen Fischsterben.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Ereignisse hat dieInternationale Kommission zum Schutz der Elbe(IKSE) den „Aktionsplan zum Hochwasserschutz“ins Leben gerufen. Technische Anlagen sollenmodernisiert und ehemalige Überschwemmungs-gebiete reaktiviert werden. Die Hochwasser -schutzkonzeption des Landes Sachsen-Anhalt legtden Schwerpunkt auf das Ausweisen von Über-schwemmungsgebieten, Deichrückverlegungenund eine Erhöhung der Retentionswirkung.

Die Elbe

Die Elbe entspringt im tschechischen Teil desRiesengebirges und mündet nach einer Fließ -strecke von 1.097 Kilometern (davon 727Kilometer in Deutschland) unterhalb vonHamburg in die Nordsee. Ihr Einzugsgebietumfasst 148.260 km2. Die größten Nebenflüssesind Moldau und Eger (Tschechische Republik)sowie Schwarze Elster, Mulde, Saale undHavel (Deutschland).

Im März 2006 kam es im Elbegebiet wiederholtzu einem Hochwasser, das im Mittellauf durchausmit dem von 2002 vergleichbar war. Bisher nochnie gemessene Werte wurden dann aber bei derFlut vom Juni 2013 erreicht.

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Geflutet: Neustadt an der Donau.

Durchgespült:Schlottwitz in Sachsen.

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Notorischer Hochwasser -schwerpunkt: die Drei -flüssestadt Passau amZusammenfluss von Inn,Donau und Ilz (von rechtsnach links).

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Juni 2013 – Donau und Elbe.Auslöser für dieses Hochwasser war eine beson-dere Wetterkonstellation (keine Vb-Wetterlage!),bei der Warmluft aus Osteuropa sowie demMittelmeerraum auf Kaltluft in Süddeutschlandgelenkt wurde. Entlang dieser Luftmassengrenzekam es wiederholt zu ergiebigen Regenfällen: InBayern und Sachsen fiel ab dem 30. Mai einnahezu 96-stündiger Dauerregen, gefolgt von weiteren Niederschlägen vom 9.–10. Juni, diesich in den Staulagen v. a. von Alpen, Schwä -bischer Alb, Schwarzwald und Erzgebirge weiterintensivierten.Verschärfend kam hinzu, dass bereits der gesamteMai zu nass war und die Böden in Deutschlandauf 40% ihrer Fläche Bodenfeuchte werte auf-wiesen, wie sie der Deutsche Wetter dienst nochnie gemessen hatte.

Das Flussgebiet des Rheins kam vergleichsweiseglimpflich davon, hier gab es v. a. am Neckargrößere Schäden. Durch die gezielte Flutung vonPoldern und Retentionsräumen am Oberrheinkonnte die Hochwasserwelle stromabwärts deut-lich gekappt werden (bei Speyer 20–30 cm, beiMannheim 15 cm). Während die Welle beiMannheim fast zeitgleich mit der sehr steilen undhohen Hochwasserwelle des Neckars zusammen-fiel, lief der Hochwasserscheitel der Mosel früherdurch und hatte dadurch keinen Einfluss mehrauf den Rheinpegel. Der Rheinpegel flachte fluss -abwärts weiter ab, in Köln und am Niederrheinwurden keine nennenswerten Hochwasserständeerreicht.

In Bayern waren nahezu alle Flussgebiete betroffen,das Hochwasser konzentrierte sich erst auf dasMaingebiet und die nördlichen Donau zuflüsse,dann auf die Donau selbst und die südlichenZuflüsse. Während das Hochwasser an Iller, Lechoder Isar noch vergleichsweise moderat ausfiel,schwoll der Inn durch sehr hohe Zuflüsse v. a. aus der Salzach dramatisch an. In Passaustieg der Pegel am 3. Juni über das Rekordhoch -wasser von 1954. Eine zweite Welle rollte über die Donau flussab-wärts und erreichte Regensburg. Ab hier wurdendie Höchststände von 1999 und 2005 übertroffenund brachten die technischen Schutzbauten

reihenweise an ihre Bemessungsgrenzen. InRegensburg und am Kloster Weltenburg be -standen die neu installierten mobilen Schutz -wände ihre Bewährungsprobe. Bei Deggendorfführten Deichbrüche allerdings zur Überschwem-mung mehrerer Siedlungen sowie sogar einerAutobahn. Das Hochwassergeschehen flussab-wärts wurde dadurch kurzzeitig etwas entlastet.Neuerliche Regenfälle im Bereich der OberenDonau führten dann noch zu einer dritten Welle,die aber nicht mehr so hoch war.

Im tschechischen Teil des Elbeeinzugsgebieteswurde der Hochwasserverlauf stark durch dieMoldau bestimmt.Der Hochwasserscheitel in Dresden war ca. 60 cmunter dem von 2002. Im sächsischen Teil der Elbekam es zu insgesamt fünf, entlang der Mulde zu19 Deichbrüchen. 2002 waren es noch über 100gewesen, sodass diesmal die Mulde weniger starkgedämpft wurde. Die ohnehin schon höchst ange-spannte Hochwasserlage der Elbe verschärfte sichweiter durch die Zuflüsse von Saale und Elster.Hier wurden teilweise Rekordstände gemessen,der Hochwasserscheitel der Saale fiel zudem mitdem der Elbe zusammen. Dies führte schließlicham Pegel Magdeburg zu einem historischenHöchststand der Elbe. Eine Entlastung um bis ca. 40 cm für den weiter flussabwärts gelegenenPegel in Wittenberge brachte die gezielte Flutungder Havelpolder sowie ein Deichbruch bei Fisch-beck/Tangermünde am 10. Juni.

Insgesamt wurden im Juni 2013 an mehrerenAbschnitten der Donau sowie an Elbe und Saaledie höchsten bislang bekannten Wasserständeüberschritten. Dabei wurden mitunter Jährlich -keiten bis 500 Jahre ermittelt. Eine Besonderheitan der Elbe war auch die enorme Scheitellänge,die sechs Tage lang für die höchste Alarmstufesorgte.Außerhalb von Deutschland führten die lang -anhaltenden Regenfälle v. a. in Österreich zuSchäden, betroffen waren u. a. auch Tschechien,Polen, Ungarn und die Slowakei.

Vom Hochwasser überrascht: Manchmal bleibt kaum Zeitzu reagieren.

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Riesige Flächen über-schwemmt: Hochwasser inOstasien, Thailand.

Blick über den Tellerrand.

Bei den schweren Hochwassern der letzten Jahrekam es in Deutschland – v. a. dank funktionie-render Hochwasservorhersagen, modernerSchutzvorrichtungen und des Einsatzes derHilfsdienste – glücklicherweise selten zu Todes -opfern. Dies war in der Vergangenheit anders. Das größte bekannte Hochwasserereignis inMitteleuropa, die Magdalenenflut von 1342, soll mehrere Tausend Tote gefordert haben. Hochwasserkatastrophen in ganz anderen Dimen -sionen fanden und finden aber im Ausland statt:

Sehr große Hochwasserkatastrophen sind v. a. aus China bekannt, wo die großen Ströme ganzandere Wassermassen transportieren als etwa dieFlüsse in Mitteleuropa. Bei einer Hochwasser -katastrophe am „Gelben Fluss” 1887 sind vermutlichzwischen 900.000 und 2 Millionen Menschen zuTode gekommen, 1931 sogar bis zu 4 Millionen.Das Hochwasser am Jangtsekiang 1998 führte zuüber 3.700 Toten, 15 Mio. Obdachlosen undeiner geschätzten Schadenssumme von 26 Mrd.US-Dollar. Zum Vergleich: Der Jangtsekiang istmit einer Länge von 6.380 km der größte FlussChinas, sein Einzugsgebiet umfasst über 1,7 Mio. km2 (das entspricht der fast 5-fachenFläche Deutschlands).Große Hochwasser treten auch in Nordamerikaauf. Am Mississippi wurde 1927 eine Fläche von70.000 km2 überschwemmt, 700.000 Menschenmussten evakuiert werden. 1998 kam es inweiten Teilen von Texas zu verheerenden Über-flutungen.Sehr hochwassergefährdet ist auch der Ganges(Indien, Bangladesch). 2010 wurden nach unge-wöhnlich starken Monsunregen weite TeilePakistans entlang des Indus überschwemmt, über1.700 Menschen kamen ums Leben. Mehr als 14 Mio. Menschen waren von der Flut betroffen,

weite landwirtschaftliche Flächen mit Baumwolle,Zuckerrohr, Reis etc. wurden vernichtet. Auch Australien, eher für Hitzewellen bekannt,wurde in den vergangenen Jahren mehrmals vonHochwasserkatastrophen heimgesucht (Queens -land 2011 aufgrund des Zyklons Tasha, 200.000evakuierte Menschen, 35 Todesopfer; Victoria2011).

Das nächste Hochwasser wird kommen ...

Beobachtungen über lange Zeiträume zeigen,dass extreme Hochwasser sich manchmal nachwenigen Jahren wiederholen, dann gibt eswieder Pausen von 30–40 Jahren. Dadurch lässtsich im Moment eine vielfach diskutierte signi -fikante Häufung oder Verstärkung von Hoch -wasserereignissen gegenüber früher aus den vorhandenen Daten noch nicht zweifelsfreibelegen. Eindeutig gestiegen sind dagegen dieSchadenssummen.Weitere Beobachtungen: Die stetig verbessertenWarndienste und Vorhersagen sowie Investitionenin den Hochwasserschutz zeigen trotz allerSchäden Wirkung. Die wichtigste Erkenntnislautet allerdings: Die Flüsse brauchen mehr Raum!Anders können die Wassermengen, die nachtagelangen Niederschlagsereignissen zwangs-läufig entstehen, nicht bewältigt werden.

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Heißer Kontinent ganznass: Überschwemmungenin Queensland (oben) undVictoria, Australien (unten).

Das Wichtigste in Kürze:

• Die Höhe eines Hochwassers wird heute über Pegelmessungen genau dokumentiert. Man unterscheidet Hochwasser unterschiedlicher Jährlichkeit. Hochwasser mit der Jährlichkeit HQ 100werden oft als „Jahrhundertfluten“ bezeichnet.

• Hochwasserkatastrophen gab es an den großen Flusssystemen Mitteleuropas schon immer. Während sich die Hochwasserwarnung stetig verbessert und auch Schutzvorrichtungen nach jedemHochwasser verstärkt werden, machen sich vor allem die fehlenden Retentionsräume nachteiligbemerkbar. Durch die Besiedelung der Auen haben zudem die Schadenssummen zugenommen.

• An anderen Orten der Welt fallen Hochwasserkatastrophen oft noch heftiger als hierzulande aus, da die Flüsse, z. B. in China, viel größere Dimensionen als Rhein, Donau oder Elbe aufweisen undWarn- und Schutzsysteme noch nicht so ausgebaut sind.

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Hochwasserschutz.

Hochwasservorsorge.Sie bedeutet auf öffentlicher Seite den Aufbauentsprechender Warndienste, die Aufstellung vonMaßnahmenplänen im Hochwasserfall und dieAufklärung der Bevölkerung über die Risiken. Darüberhinaus ist jeder Einzelne in Hochwasser -gebieten für seinen Schutz und den seines Eigen -tums verantwortlich.

Natürlicher Wasserrückhalt.Niederschläge sollten vor Ort versickern können,Wasser möglichst lange in der Landschaft zurück-gehalten werden. Zudem benötigen die Flüssemehr Raum. Der Erhalt natürlicher Retentions -räume und wenn möglich deren Neuschaffungsind deshalb ein wichtiger Beitrag zum vorsor-genden Hochwasserschutz.

Technischer Hochwasserschutz.

Zum technischen Hochwasserschutz gehörenDeiche, Dämme, Mauern und mobile Schutzwändesowie künstliche Rückhaltebecken, Talsperrenund steuerbare Polder, die das zielgenaueKappen einer Hochwasserspitze ermöglichen(Folie 11).

Deiche und Schutzmauern.Schon sehr früh versuchte der Mensch, sich mitDeichen vor Hochwasser zu schützen. An Rhein,Oder, Donau und Elbe kann der Deichbau aufeine mehr als tausendjährige Geschichte zurück-blicken.Sommerdeiche schützen dabei meist landwirt-schaftliche Flächen vor Sommerhochwasser, siekönnen bei Hochwasser im Winter überströmtwerden. Siedlungen sind durch die höherenWinterdeiche oder Hauptdeiche geschützt.Moderne Flussdeiche weisen einen Böschungs -winkel von 1:3 auf. Durch den hohen Druck desWasserstandes im Hochwasserfall tritt auf der Deichinnenseite sogenanntes Qualmwasseraus, das durch einen kleineren Qualmdeich aufgefangen wird (Folie 11, Abb. 11.1).

Wer am Fluss wohnt, muss mit Hochwasser rechnen. „Et kütt wie et kütt“ sagt der hochwassererprobteKölner. Absoluten Schutz gibt es nicht. Aber man kann sich auf Hochwasser vorbereiten und dieGefahren minimieren.

In diesem Kapitel erfahren Sie mehr über• verschiedene Maßnahmen zum Hochwasserschutz.

Hochwasserschutz.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 10

Maßnahmen – Übersicht.

Hochwasser

technischerHochwasserschutz

natürlicherHochwasserschutz

internationale Kooperation

Hochwasservorsorge

Es ist ja gut gemeint von den Jungs vom Oberrhein ...

aber als Hochwasserschutz-Maßnahmeunserer Bevölkerung wohl kaum

vermittelbar ...

Hochwasserschutz.Folie 10

Technischer Hochwasserschutz.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 11

Schutzbauwerke.Deich.

Wasserrückhalt I – Polder.

Hochwasser

Deichkrone

1:3 1:3

Dichtungsschicht

Wasserrückhalt II – Talsperre.

Wasserspeicherungbei Hochwasser

Wasserabgabe beiNiedrigwasser

Talsperre

Fluss

Deichverteidigung (Weg)

Qualmwasser

Qualmdeich

Einlassbauwerk

Deich

beginnendes Hochwasser abklingendes Hochwasser

HochwasserAuslassbauwerk

Wasserumleitung – Flutmulde.

StadtStadt

Flutmulde

bei HochwasserNormalzustand

mobile Schutzwand

TechnischerHochwasserschutz.Folie 11

Lehren ziehen.

Auch die Hochwasser der vergangenen Jahrehaben wieder gezeigt: Deiche allein reichen nicht aus. Vielmehr ist ein ganzes Bündel vonHochwasserschutzmaß nahmen notwendig:

• Maßnahmen, die an den Ursachen und der Entstehung von Hochwasser ansetzen

• Vorbereitung auf das Hochwasser • Maßnahmen während eines Hochwassers• Nachsorge und Nachbereitung.

Die starken Hochwasser, die nach tagelangemDauerregen über großen Einzugsgebieten ent-stehen, lassen sich nicht verhindern. Aber mankann darauf reagieren:

• gefährdete Gebiete von Bebauung freihalten,dem Fluss Raum geben

• potenzielle Schäden durch Schutzmaßnahmenund Verhaltensweisen minimieren

• gewisse Beeinträchtigungen oder Schäden inKauf nehmen, das Hochwasser akzeptieren.

Ein Bündel von Maßnahmen.

Hochwasser sind komplexe Ereignisse, die eineBetrachtung des gesamten Flussgebietes nötigmachen. Schutzmaßnahmen lassen sich inunterschiedliche Bereiche gliedern (Folie 10):

Technischer Hochwasserschutz.Dazu zählen der Bau und die Unterhaltung vonHochwasserschutzeinrichtungen wie z. B. Deicheund Polder.

Koordination und Kooperation.Die großen Flusssysteme in Mitteleuropaerstrecken sich über Grenzen von Bundes -ländern und Staaten. Dies erfordert, Hoch -wasser schutzmaß nahmen abzustimmen und denInformations austausch im Hochwasserfall zu koordinieren – über Ländergrenzen hinweg bishin auf die internationale Ebene.

Schützt vor Hochwasser:Ein Flussdeich wirdgebaut.

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Schwierig ist der Hochwasserschutz besonders iminnerstädtischen Bereich, weil es oft an Platzmangelt und auch gestalterische und denkmal-schützerische Belange von Bedeutung sind. Hiersind Fingerspitzengefühl und innovative Lösungengefragt, die Hochwasserschutz, Stadtbild undDenkmalschutz miteinander vereinbaren. Für denhistorischen Stadtkern von Wasserburg am Innwurden z. B. Lösungen entwickelt, bei denen dieHochwasserschutzbauten gut in das Gesamtbildintegriert sind. Mobile Schutzwände, die z. B. dieKölner Altstadt schützen, haben sich inzwischenin vielen Städten bewährt. Sie können im Katas -trophenfall schnell aufgebaut werden. Hochwassermauern sind im innerstädtischenBereich meist mit Pumpwerken kombiniert. Sieentwässern im Hochwasserfall tiefer liegendeStadtteile, in die das Grundwasser von unten her-eindrückt oder in denen es zu einem Rückstauaus der Kanalisation kommt.

Deiche müssen gepflegt, überwacht und wennnötig saniert werden. Auch die Höhe der Deicheist den aktuellen Erfordernissen anzupassen.Denn wird ein Deich überflutet, führt die Erosiondes Deichkörpers in relativ kurzer Zeit zumBruch. Deichbrüche bei überalterten Anlagenwaren bei den Hochwassern der vergangenenJahre oft die Ursache für großflächige Überflu-tungen mit hohen Schäden.

Deiche sind im Zusammenhang mit dem Hoch -wasserschutz nicht unproblematisch. Liegen die Deiche sehr eng am Fluss und schneiden ihnvom natürlichen Retentionsraum ab, wird dieHochwasserwelle beschleunigt und das Hoch -wasserproblem zum Unterlieger verlagert. Und:Jeder Deich ist nur bis zu einer bestimmtenHochwasserbemessungsgrenze ausgerichtet, meistauf ein 100-jährliches Ereignis. Ist das Hochwasserhöher, oder steht das Wasser lange an und weichtden Deichkörper auf, kann das Schutzsystem ver-sagen. Dann ist der Schaden oft besonders hoch,weil „man sich ja hinter dem Deich sicherwähnte”.

Polder und Talsperren.Der Rückhalt von Wasser in den Ober- und Mittel -läufen ist ein wichtiger Baustein des Hoch wasser-schutzes.Hochwasserpolder werden nur bei einem Hoch -wasser geflutet, z. B. durch einen Überlauf imDeich, dann füllt sich der Polder automatisch. Ein gesteuerter Hochwasserpolder kann über einregelbares Einlaufbauwerk Wasser gezielt zurück-

halten, damit lassen sich Hochwasserspitzenkappen. Über ein Auslaufbauwerk wird dasWasser gedrosselt wieder abgelassen (Folie 11,Abb. 11.2). Hochwasserpolder sind nur für denNotfall vorgesehen und können sonst landwirt-schaftlich genutzt werden.Rückhaltebecken liegen meist im direkten Verlaufdes Flusses und dienen der Regelung desWasserstandes. Sie sind damit öfter mehr oderminder stark geflutet, die Ufer meist befestigt.

Talsperren halten Hochwasser schon im Oberlaufzurück. Sie werden oft auch für Trinkwasse r-versorgung, Energiegewinnung oder als Freizeit -anlage genutzt. Talsperren speichern Wasser und geben es bei Niedrigwasser an den Fluss ab(Folie 11, Abb. 11.3). Der Wasserstand wird oftcomputergesteuert überwacht. Droht ein großesHochwasser, wird im Vorfeld relativ viel Wasser abgelassen, um den Speicher aufnahmefähig zumachen. Für den Hochwasserschutz vonMünchen hat sich z. B. der Sylvensteinspeicheram Oberlauf der Isar seit seiner Inbetriebnahme1959 schon mehrfach bewährt.

Flutmulden.Eine Flutmulde ist ein künstlich angelegtes Fluss -bett und führt im Hochwasserfall Wasser um eineSiedlung herum (Folie 11, Abb. 11.4). In derhochwasserfreien Zeit werden Flutmulden meistals Grünland genutzt.

Hochwasser kennt keine Grenzen.

Da Hochwasser vor Grenzen nicht haltmachen,kommt der länderübergreifenden Zusammenarbeitbeim Hochwasserschutz an großen Flüssen einebesondere Bedeutung zu. Sie präzisiert dieHochwasservorhersagen und ist auch entschei-dend für das Hochwassermanagement zwischenOber- und Unterlieger am Fluss: Maßnahmenbeim Oberlieger, z. B. die gezielte Flutung einesPolders, kann die Lage beim Unterlieger deutlichentspannen.

Internationale Hochwasseraktionspläne bestehenin unterschiedlichen Detaillierungsschärfenbereits für die großen Flusssysteme von Rhein,Elbe, Oder und Donau. Sie sind aber nicht recht-lich bindend, sondern entsprechen nur politi-schen Willenserklärungen.

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Wasserrückhalt I – Polder(Abb. 11.2): Hochwasser -spitzen kappen.

Einlassbauwerk

Deich

beginnendes Hochwasser

Hochwasser

abklingendes Hochwasser

Auslassbauwerk

Wasserspeicherungbei Hochwasser

Talsperre

Fluss

Wasserabgabe beiNiedrigwasser

Wasserumleitung –Flutmulde (Abb. 11.4):Hochwasser gefahrlosumleiten.

Stadt

Flutmulde

Normalzustand

Stadt

bei Hochwasser

Wasserrückhalt II – Talsperre(Abb. 11.3): Regenwasserspeichern.

Schutzbauwerke – Deich(Abb. 11.1): Kern destechnischen Hochwasser -schutzes.

Hochwasser

Deichkrone

1:3 1:3

Dichtungsschicht

Deichverteidigung (Weg)

Qualmwasser

Qualmdeich

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Im Hochwasserfall zurStelle: die Feuerwehr.

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Auf nationaler Ebene liegen die Kompetenzenim Wesentlichen bei den 16 Bundesländern.Hier wurden gemeinsame Hochwasserschutz pro -gramme von Bund und Ländern entwickelt.

Beispiele internationaler Kooperation

RheinIn der Internationalen Kommission zumSchutz des Rheins (IKSR) in Koblenz arbeitendie Rheinanliegerstaaten sowie die Euro -päische Union zusammen. Der bereits 1998erarbeitete Aktionsplan Hochwasser hat u. a.zum Ziel, das Hochwasserbewusstsein bei der Bevölkerung zu schärfen und die Vorher -sagezeiträume zu verlängern.

ElbeIn der Internationalen Kommission zum Schutzder Elbe (IKSE) sind seit 1990 Deutschlandund Tschechien verbunden. Auch ihr Aktionsplan beinhaltet Maßnahmen zum vorbeugenden Hochwasserschutz, z. B. dieSicherung und Neuschaffung von Retentions -räumen.

OderDie Internationale Kommission zum Schutzder Oder gegen Verunreinigung (IKSO)(Partner sind Deutschland, Polen, Tschechienund zeitweise die Europäische Union) erarbeitete eine abgestimmte Hochwasser -schutzkonzeption. Ziel ist die Schaffungvon Retentionsräumen und eine ausreichendeDimensionierung der Deiche.

DonauAuch die Internationale Kommission zumSchutz der Donau (IKSD), gegründet 1998,entwickelt Strategien zum Hochwasserschutz.Ihr gehören 13 Staaten sowie die EU an.

Hochwasservorsorge.

Wie die vergangenen Hochwasser gezeigthaben, funktioniert technischer Hoch wasser-schutz stets nur bis zu einer definiertenHochwasserhöhe. Auch vermeintlich sichereGebiete hinter den Deichen können betroffensein. Deshalb ist es wichtig, das grundsätzlicheBewusstsein für die Hochwasser gefahren auf-rechtzuerhalten. Die eigentliche Hoch wasser -vorsorge umfasst dann verschiedene Bereiche(Folie 12):

• Informationsvorsorge (Vorhersage, Katastrophenmanagement)

• Flächenvorsorge (Freihalten von Überschwemmungsgebieten)

• Bauvorsorge (hochwasserangepasstes Bauen)• Verhaltensvorsorge

(richtiges Verhalten im Hochwasserfall)• Risikovorsorge

(z. B. Verdeutlichung der Risiken durchHochwasserkarten).

Informationsvorsorge – je früher, desto besser.Die Hochwasserwarnung informiert Behörden und Bevölkerung über den zu erwartendenWasserstand. Je früher und je präziser dieWarnung erfolgt, desto schneller könnenSchutzmaßnahmen ergriffen werden. DieZuständigkeit bei der Hochwasserwarnung liegtbei den Hochwasserzentralen der Bundesländer.Um die Vorhersageräume zu erweitern, ist dieHochwasservorhersage mit modernster Mess- undKommunikationstechnik ausgestattet. Dazu wirddas Netz der Messstellen – auch an Nebenflüssen –ständig erweitert und verfeinert. Messdatenwerden automatisch aufbereitet und durchWettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstesergänzt. Über Computer modelle, die für die ein-zelnen Flusssysteme passgenau erstellt wurden,können die Wasserstände für die nächsten 6, 12,24 oder 48 Stunden berechnet werden. Aber: Trotz aller Technik – eine gewisse Unsicher -heit bleibt. Nicht alles ist vorhersehbar, Deich -brüche z. B. können die Entwicklung einer Über-schwemmung dramatisch schnell verändern.

Die Hochwassernachrichten werden in vierMeldestufen weitergegeben, ergänzt mit Aussagenzur Tendenz (Pegel fallend, Pegel steigend) unddem Eintrittszeitpunkt des Hochwasserscheitels.

Meldestufen:

• 1: stellenweise kleinere Ausuferungen

• 2: land- und forstwirtschaftliche Flächen überflutet, z. T. auch Verkehrs -behinderungen

• 3: einzelne bebaute Grundstücke oder Kellergeflutet sowie überörtliche Verkehrswege;Dammwehr erforderlich

• 4: bebaute Flächen in größerem Umfangbetroffen; Einsatz des Katastrophenschutzesin großem Umfang

Hochwasservorsorge.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 12

Vorsorgemaßnahmen – Übersicht.

Staatliche und kommunale Vorsorge

Flächenvorsorge

Vorhersage

Katastrophen-Management

Bauvorsorge

Risikovorsorge

Verhaltensvorsorge

Eigenvorsorge

Achtung ... ein heftiges Hochwasser kommt aufEuch zu. Zum Glück ist bei uns der

Fluss gut eingedeicht ...

Hallo ... eine Hochwasserwelle ist bei uns

durchgerauscht ... keine Schäden ...

Alles klar! Der Hochwasserscheitel ist sehr schnell bei

uns durchgelaufen und müsste bald bei Euch ...... hallo! ...

... Hallo? ...... Ist da noch wer ...?

Hochwasservorsorge.Folie 12

Platzsparend undschnell aufgebaut: einemobile Schutzwand.

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HochwasserangepasstesBauen: Die neuenGebäude am Rheinau -hafen in Köln sind aufeine Überflutung ausge-legt.

Die Hochwassernachrichten können über dasInternet sowie über Telefonansagen, Fernsehenund Radio empfangen werden. Bei entsprechendhoher Meldestufe informieren die Kommunen diebetroffenen Bürger direkt. Landratsämter undGemeinden stellen individuelle Alarm- undEinsatzpläne auf, die auch den Einsatz vonFeuerwehr oder Technischem Hilfswerk regeln. Im Katastrophenfall können zusätzliche Kräfte des Bundes wie z. B. die Bundeswehr herange-zogen werden.

Flächenvorsorge – Gebiete frei halten.Der beste vorsorgende Hochwasserschutz inÜberschwemmungsgebieten ist der Verzicht aufBebauung. Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG)definiert Überschwemmungsgebiete als Flächen,die bei einem Hochwasser, das statistisch alle 100 Jahre eintritt, überflutet werden.

Die Bundesländer sind verpflichtet, dieseGebiete z. B. im Rahmen ihrer Regionalplanungauszuweisen, einschließlich der Flächen, die zurHochwasserentlastung und zum -rückhalt drin-gend gebraucht werden.

Per Gesetz unterliegt in festgesetzten Über-schwemmungsgebieten das Baurecht strengenAuflagen, die Umwandlung von Grünland oderAuwald in andere Nutzungsarten (z. B. Acker -flächen) ist untersagt. Die Gemeinden sind ange-halten, im Rahmen ihrer Selbstverwaltung dieBebauung in solchen Gebieten zu verhindern, z. B. über Flächennutzungs- und Bebauungspläne.Trotzdem bleibt aber auch im WHG das Bauen in Überschwemmungsgebieten nicht gänzlich verboten. So sind Ausnahmen möglich, wenn z. B. keine andere Möglichkeit zur Siedlungs -entwicklung besteht, eine Gefährdung von Leibund Leben oder hohe Sachschäden nicht zuerwarten sind oder der Hochwasserabfluss nichtnachteilig beeinflusst wird. In diesem Fall solltedie Bauvorsorge größte Beachtung finden.

Bauvorsorge – hochwasserangepasst bauen.Durch angepasstes Bauen lassen sich in gefähr-deten Bereichen viele Hochwasserschäden ver-meiden.Hochwasserdichte Kellerräume sind dabei nicht unbedingt die beste Lösung, da entspre-chend abgedichtete Häuser bei Hochwasser aufschwimmen können – mit erheblichenGebäudeschäden. Ggfs. müssen die unterenRäume gezielt geflutet werden. Dann ist eswichtig, dies schon beim Bau zu berücksichtigen,z. B. durch wasserbeständige Baustoffe, Wand -farben und Bodenbeläge.

Technische Einrichtungen oder teure Aus stat-tungen werden am besten in oberen Stockwerkenplatziert. Wichtig ist auch eine absperrbareHausentwässerung, damit es nicht zum Rückstauaus der Kanalisation kommt. Ölheizungen sind in Überschwemmungsgebieten kritisch zu sehen, da Öltanks nur bis zu einer bestimmten Über-schwemmungshöhe gesichert werden können.

In Köln wurde in Rheinnähe eine Tiefgarage für1.200 Autos gebaut – übrigens mit 1,6 km dielängste Europas –, die bei Hochwasser geräumt undgeflutet werden kann. Auch die neue Bebauungund Nutzung des Rheinauhafens ist auf eine Über-flutung ausgelegt.In der Passauer Altstadt ist ein wirksamer Hoch -wasserschutz der flussnahen und tiefliegendenBereiche aus Platzmangel und aus Gründen des

Stadtbildes kaum möglich. Hier sind die An -wohner aufgefordert, die unteren Geschosse nurfür untergeordnete Zwecke zu nutzen und Wohn -räume und Büros nach oben zu verlagern.In Kallmünz an der Naab entschieden sich dieBürger aus finanziellen und städtebaulichenGründen gegen aufwändige technische Schutz -bauten und für entsprechende Maß nahmenan den Gebäuden selbst sowie für eine Gebäude -nutzung, die die Hochwassergefahr berück -sichtigt.

Verhaltensvorsorge – Eigeninitiative unterstützen.In vielen Risikogebieten wird die Bevölkerungregelmäßig darüber informiert, wie sie sichschützen kann. Merkblätter, Informations ver -anstaltungen oder auch entsprechende Übungenleisten hier einen wichtigen Vorsorgebeitrag. Im Hochwasserfall ist eine präzise und rechtzei-tige Warnung wichtig. Die Betroffenen habendann ausreichend Zeit, Schutzmaßnahmen zuergreifen und z. B. Fenster und Türen zu sichernoder wertvolle Gegenstände aus dem Gefahren -bereich zu bringen.

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Keine gute Lösung: einNeubaugebiet in der Aue.

Vorsorge: In Wasserburgam Inn sind die Schutz -anlagen in das Stadtbildeingefügt, die Bevölkerungauf Hochwasser eingestellt.

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Bachrenaturierung: AuchMaßnahmen an kleinenGewässern leisten einenBeitrag zum Hochwasser -schutz.

Hochwassergefahr(Abb. 13.1): Farben zeigendie Gefährdung.

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Risikovorsorge – die Gefahr abschätzen.In Deutschland haften weder Bund, Länder nochKommunen für Hochwasserschäden an privatenGebäuden oder Grundstücken. Betroffene müssendas Hochwasserrisiko deshalb selbst absichern.Dazu wurden Datenbanken wie z. B. das„Zonierungssystem für Überschwemmung,Rückstau und Überflutung durch Starkregen“

(ZÜRS) entwickelt. Das System gliedert dieGefährdung in vier Klassen. Klasse 4 gilt z. B. für stark hochwassergefährdete Flächen mit einer Jährlichkeit von 10 Jahren. Gebäude- undGrundstückseigentümer können anhand von Hochwassergefahrenkarten erkennen, ob ihrEigentum gefährdet und eine spezielleVersicherung sinnvoll ist (Folie 13, Abb. 13.1).

Hochwasserkarten

Das Hochwasserrisiko verbindet die Eintritts -wahrscheinlichkeit eines Hochwassers mitden zu erwartenden Schäden. Für einenAuwald in einer Aue, die etwa alle 20 Jahreüberschwemmt wird, besteht ein geringesSchadensrisiko, für ein Wohn- oderGewerbegebiet im gleichen Fall ist das Risikohoch. Dies wird in Hochwasserrisikokartendargestellt, die Risikogebiete können dabeiauch hinter einem Deich liegen.Hochwassergefahrenkarten zeigen die vomHochwasser betroffenen Flächen bei unter-schiedlich starken Hochwassern (z. B. 10-jährlich, 100-jährlich ...) mit Angaben zuÜberflutungshöhe und Fließgeschwindigkeit.Beide Karten sind öffentlich zugänglich undkönnen in der Kommune oder im Interneteingesehen werden.

Ein wichtiger Aspekt bei der Einschätzung vonRisiken ist der des Schadenspotenziales. Hier hatdie IKSR in ihrem „Rheinatlas zur Überschwem-mungsgefährdung und zu den möglichen Schäden

bei einem extremen Hochwasser” die in denÜberschwemmungsflächen liegenden Ver-mögenswerte für einzelne Flussabschnitteerhoben und daraus die möglichen Sachschädenermittelt. Bei einem Wasserstand eines 200-jährli-chen Hochwassers zzgl. 50 cm würde der Rheinderart ausufern, dass für den gesamten Rhein -verlauf mit Sachschäden in Höhe von 165 Mrd.Euro zu rechnen wäre. Nicht enthalten sind dabeidie Kosten für Produktionsausfälle in Industrieund Gewerbe, Einsatzkosten von Feuerwehr undKatastrophenschutz, soziale Kosten sowie Kostenfür ökologische Schäden etwa durch das Ein -laufen wassergefährdender Stoffe in den Rhein.Ganz zu schweigen von Todesfällen im Zu -sammenhang mit dem Hochwasser oder unwie-derbringlichen Verlusten an Kulturgütern.

Natürlicher Wasserrückhalt.

Der wichtigste natürliche Rückhalteraum ist eineintakte Aue, die mit dem Fluss in Verbindungsteht, sowie darüber hinaus alle natürlichenSpeicher im gesamten Einzugsgebiet. Es sollte soviel Wasser so lange wie möglich auf der Flächegehalten werden und auch dort versickern. Jedes Hochwasser fängt klein an. Und gerade beikleinen Gewässern verstärken sich Hochwasserschnell. Nicht nur deshalb macht es Sinn, mit Maßnahmen bereits an den Quell- undNebengewässern und ihren Einzugsgebietenanzusetzen:• Verbesserung der Regenwasserversickerung

durch entsprechende landwirtschaftlicheMethoden (schonende Bodenbearbeitung,Umwandlung von Acker in Grünland,Mulchsaaten und Zwischenfruchtanbau)

• dezentrale Versickerung im Siedlungsbereich (z. B. durch Mulden/Rigolen)

• ausreichende Überflutungsflächen auch ankleinen Gewässern

• Renaturierung kleiner Gewässer.

Mehr Raum für den Fluss.Die oben genannten Maßnahmen helfen v. a. bei regional begrenzten Hochwassern in kleinenEinzugsgebieten und zögern die Hochwasser -entstehung heraus. Wie in den vorhergehendenKapiteln beschrieben, haben sie auf die Ent -wicklung großflächiger Hochwasser in Ver -bindung mit tagelangen Niederschlägen keinenEinfluss mehr. Eine der entscheidenden Maßnahmen beim vor -sorgenden Hochwasserschutz ist deshalb, denFlüssen ihre Auen und Überflutungsflächenzurückzugeben, dem Fluss mehr Raum zu geben.

Wassertiefen – Gebiete ohnetechnischen Hochwasserschutz Wassertiefen – geschützte Gebiete

Gefahrenbewusstsein und natürlicher Schutz.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 13

Retentionsräume.

Hochwassergefahr. – Beispiel Hochwassergefahrenkarte.

Hochwasserjährlichkeit HQ 100.

Rückhaltebeckenund Polder

natürliche Überflutungsfläche

Damm-rückverlegung

Beispiel Oberrhein 2020

Deichrückverlegung.

Wassertiefen – Gebiete ohnetechnischen Hochwasserschutz

Wassertiefen – geschützte Gebiete

alter Deich

neuer Deich

neu geschaffenerRetentionsraum

10 km N

Worms

Ludwigshafen

MannheimSpeyer

Germersheim

Karlsruhe

Kartenausschnitt

Quelle: www.flussgebiete.nrw.de

Gefahrenbewusstseinund natürlicher Schutz.Folie 13

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Dies dämpft die Hochwasserwelle und verzögertden Abfluss. Eine naturnahe Aue mit Auwäldernminimiert zudem das Schadenspotenzial erheb-lich. Gerade hier liegt aber auch das Problem: Ein Großteil der Auen an unseren Flüssen ist verschwunden. Die Verluste an naturnahen Auenbetragen in manchen Flusssystemen bis zu 90%.

Neben dem Erhalt bestehender Auwälder undÜberflutungsflächen ist deshalb deren Ver -größerung ein wichtiger Beitrag zum Hoch -wasserschutz. Neue Überflutungsflächen können z. B. durch Deichrückverlegungen geschaffen

werden. Dabei wird im Hinterland ein neuerDeich gebaut, der alte flussnahe wird teilweiseoder vollständig beseitigt (Folie 13, Abb. 13.3).

In den Hochwasserschutzkonzepten des Bundesund der Länder sind zahlreiche möglicheDeichrückverlegungen aufgelistet. In vielen Fällenlässt die Realisierung aber auf sich warten, da benötigte Flächen in Privatbesitz sind, dieEigentümer Einschränkungen in der Bewirt -

schaftung fürchten und deshalb der Umsetzungnicht zustimmen. Hier ist von Seiten derBehörden und der Politik viel Überzeugungsarbeitund „Fingerspitzengefühl” nötig.

Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL)

Die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL)fordert, die europäischen Gewässer in einen„guten Zustand” zu überführen. Dies beinhaltet neben der Gewässergüte auch die Struktur, was sich wiederum auf denHochwasserschutz auswirkt. Dem Fluss mehrRaum zu geben, ist dabei eine der wichtigstenMaßnahmen.Das Wasserhaushaltsgesetz regelt, dassAusbauten an Flüssen grundsätzlich hochwas-serneutral zu erfolgen haben. D. h.Maßnahmen, die die Hochwassergefahrerhöhen, müssen ausgeglichen werden, z. B.durch Deichrückverlegungen, Anschluss anAltarme o. Ä. Der Gewässerausbau darf natür-liche Rückhalteräume nicht zerstören.

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Dem Fluss Raum geben: Deichverlegung in der Elbtalaue bei Lenzen.

Retentionsräume (Abb.13.2): Vorschläge für denOberrhein.

Das Wichtigste in Kürze:

• Ein wirkungsvoller Hochwasserschutz schließt technische Schutzbauten ebenso ein wieHochwasservorsorge und natürliche Überflutungsflächen. Er erfordert auch eine länderübergreifendeZusammenarbeit, denn Hochwasser macht an Grenzen nicht halt.

• Zum technischen Hochwasserschutz gehören Deiche, Schutzmauern und mobile Schutzwändesowie Wasserrückhaltesysteme wie Polder oder Talsperren. Schutzbauten allein reichen jedochnicht, denn jeder Deich hält dem Hochwasser nur bis zu einer definierten Grenze stand.

• Große Bedeutung kommt der Hochwasservorsorge zu. Hierzu zählen zuverlässige Warndienste, detaillierte Maßnahmenpläne für den Hochwasserfall sowie das richtige Verhalten des einzelnen Bürgers(Informations- und Verhaltensvorsorge). Wichtige Vorsorgemaßnahmen sind auch hochwasserange-passte Bauweisen (Bauvorsorge) oder der Verzicht auf Neubauten in Risikogebieten (Flächenvorsorge).

• Eine intakte Aue, die dem Fluss bei Hochwasser ausreichend Raum gibt, kann Hochwasserspitzendämpfen und den Abfluss verzögern. Der Neuschaffung von natürlichen Retentionsräumen, z. B.durch Deichrückverlegungen, kommt deshalb in aktuellen Hochwasserschutzkonzepten oberstePriorität zu.

alter Deich

neuer Deich

neu geschaffenerRetentionsraum

Deichrückverlegung (Abb. 13.3): Ein neuer Deich land-einwärts, den alten aufgeben – so entstehen neue Über-flutungsflächen.

Worms

LudwigshafenMannheim

Speyer

Germersheim

Karlsruhe

Rückhalteraum

natürliche Überflutungsfläche

Damm-rückverlegung

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Gewitter im Anzug:Experten rechnen mit einerZunahme von Starkregen -fällen durch den Klima -wandel.

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Mit Hochwasser leben.

Auf den Klimawandel einstellen.

Hochwasser wird es in Zukunft wahrscheinlichnicht weniger geben – im Gegenteil. Expertenerwarten aufgrund des Klimawandels eineZunahme der Ereignisse sowohl in der Zahl alsauch in der Stärke.

Zu erwarten ist z. B. eine höhere Hochwasser -gefahr im Winter, da die Niederschläge häufigerals Regen fallen und nicht mehr in Form vonSchnee gespeichert werden. Im Frühjahr und Sommer ist mit vermehrten undheftigeren Starkregen zu rechnen, im Frühjahrkombiniert mit der Schneeschmelze in denMittelgebirgen und den Alpen. Diese Zunahmelokaler Starkregenereignisse ist bereits statistischnachweisbar, auch wenn insgesamt die Nieder -schläge im Sommer eher abnehmen werden.

In den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg wurden die Auswirkungen desKlimawandels in Teilgebieten detailliert unter-sucht (Projekt KLIWA). In den Wintermonatenist bei kleineren Hochwassern im Süden Baden-Württembergs seit den 1970er Jahren bereitseine Zunahme zu verzeichnen. Für das Neckar-Einzugsgebiet wird bis 2050 eine Zunahme dermittleren Hochwasserabflüsse um ca. 40–50%prognostiziert, bei den 100-jährlichen Ereignissenum ca. 15%.

In Bayern z. B. gilt daher seit 2004 der „LastfallKlimaänderung” bei der Bemessung neuer Hoch -wasserschutzmaßnahmen. Dabei wird die statisti-sche Bemessungsgrundlage (i. d. R. ein 100-jähr-liches Hochwasser) um einen Klimaänderungs -faktor von 15% erhöht.Im städtischen Bereich ermitteln die Forschungs -projekte „KlimaNet” und „Urban Water”, wieNiederschläge dezentral abgeleitet, Grünflächenzur Zwischenspeicherung von Wasser vernetztsowie Hochwasserschutz und ErholungsnutzungHand in Hand gehen können.

Wenn das Hochwasser kommt.

Die Anforderungen an den Hochwasserschutzwerden also eher höher als niedriger.Entscheidend wird sein, technische Maßnahmenmit entsprechender Vorsorge zu verbinden. Auffast allen Ebenen können dazu sinnvolle Beiträgegeleistet werden:

• Bund und Länder: Kooperation auf nationaler und internationalerEbene

• Regionalplanung: Ausweisung von Vorranggebieten für Hoch -wasserabfluss und Rückhalt

• Städte und Gemeinden: Bauleitplanung,Hochwasserschutzkonzepte an kleinenGewässern, Alarm- und Einsatzpläne,Koordination der Hilfskräfte im Hochwasserfall

• Wasserwirtschaft: Planung und Realisierung von Hochwasser -schutzkonzepten, Beratung, Hochwasser -nachrichtendienste

• Land- und Forstwirtschaft: angepasste Bodennutzung, Flächenfreigabe fürRetentionsräume

• Naturschutz: Förderung und Entwicklung intakter Flussauen

• Der einzelne Bürger: Eigenvorsorge, Informationsbeschaffung undVerhalten im Hochwasserfall

Intakte Auen sind nicht nur für den Fluss wichtig, sondern auch für uns. Unsere Flüsse brauchen wieder mehr Platz. Denn das nächste Hochwasser kommt bestimmt ...

Dieses Kapitel zeigt• wie der Klimawandel die Hochwassergefahr verstärkt• was wir tun können, um darauf zu reagieren.

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Auenschutz ist Hochwasserschutz.

Der Erhalt und die Renaturierung von Auen ist alswichtige Hochwasserschutzstrategie erkannt. Dazueinige Beispiele:

Im Biosphärenreservat „Mittlere Elbe“ sind dieletzten zusammenhängenden großen Auwälder ander Elbe dauerhaft geschützt. Schutzmaßnahmensollen die nachhaltige Entwicklung des Gebietsohne ständige menschliche Eingriffe ermöglichen.Hier überlebte übrigens auch die einzige Biber -population Mitteleuropas in ihrem ursprünglichenLebensraum.Die letzten echten Auwälder entlang des nördli-chen Oberrheins liegen am Kühkopf in Hessensgrößtem Naturschutzgebiet – mit beeindruck endenHartholzauwäldern und einer faszinierenden Tier-und Pflanzenwelt. Das Gebiet ist für den Hoch -wasserschutz von unschätzbarem Wert undzugleich ein wichtiges Erholungsgebiet in derdichtbesiedelten Rheinebene. Ein altes Hofgut imZentrum des Gebietes wurde revitalisiert, um einneues Informationszentrum einzurichten.Information, Wissensvermittlung, Darstellung vonZusammenhängen – auch das ist ein wichtigerBaustein für den Hochwasserschutz.

Im Land Brandenburg lief zwischen 2004 und2009 mit der Deichrückverlegung Lenzen einPilotprojekt mit nationaler und internationalerAusstrahlung. Auf knapp über 6 km Flusslängewurde mitten im Biosphärenreservat „Flussland -schaft Elbe-Brandenburg“ ein neuer Überflutungs-raum geschaffen, in dem sich neue Lebensräume

entwickeln und der eine auflaufende Hoch -wasserwelle der Elbe um gut 40 cm kappen kann.

Neben solchen dringend nötigen Großprojektensind es aber auch viele kleine Maßnahmen, die inder Summe helfen können. Auch die AllianzUmweltstiftung leistet mit unterschiedlichstenProjekten einen direkten oder indirekten Beitragzum Hochwasserschutz:

Stiftungsprojekte

• Vorsorgender Hochwasserschutz an der Elbe• Renaturierung von Fließgewässern im

Thüringer Wald• Wanderausstellung „Naturereignis

Hochwasser“• Lebendiges Gewässer Dumme im Wendland• Info-System für den Hochwasserschutz• Wiederbelebung des Kühnauer Sees bei

Dessau• Gewässerentwicklung bei Bad Säckingen• Wiederbelebung einer Moorlandschaft bei

Bad Tölz• Naturinformationszentrum Kühkopfinsel bei

Darmstadt• Haus am Strom bei Passau• Öffnung des Elstermühlgrabens• Revitalisierung des Ratzengrabens in Biberach• Naturnahe Gestaltung am Neckar

Details zu diesen Projekten finden Sie unter:www.allianz-umweltstiftung.de

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Natürlicher Hochwasser -schutz: Eine intakte Auewie hier am Kühkopf inHessen gibt dem FlussRaum zum Ausufern.

Das Wichtigste in Kürze:

• Der Klimawandel wird die Hochwassergefahr in Zukunft eher verstärken.• Beim Hochwasserschutz sind alle gefordert: staatliche Stellen, verschiedene Institutionen und

Nutzer sowie jeder einzelne Bewohner.• Der Erhalt und die Renaturierung von Auen gilt als besonders vordringliches Ziel. Dies fördert

nicht nur den Hochwasserschutz, sondern verbessert auch den Zustand unserer Gewässer.

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Glossar.HochwasserscheitelHöchster Wasserstand einer > Hochwasserwelleund damit Höhepunkt eines Hochwasser ereig-nisses.

HochwasserwelleDie Wasserstände, in regelmäßigen Zeitabständenan einem > Pegel gemessen, ergeben eineHochwasserganglinie in charakteristischerWellenform. Sie dokumentiert das Ansteigen und Abfallen eines Hochwassers an einembestimmten Ort.

InfiltrationProzess, bei dem Niederschlagswasser im Bodeneinsickert. Die Infiltrationsrate bezeichnet dieWassermenge, die pro Zeiteinheit im Boden einsickern kann, z. B. Liter pro m2 und Stunde.

JährlichkeitStatistischer Wert, der die Wiederkehrs wahr-scheinlichkeit eines Hochwassers angibt. So ist z. B. ein jährliches Hochwasser in vergleichbarerHöhe jedes Jahr zu erwarten, ein 10-jährlichesHochwasser alle 10 Jahre, ein 50-jährliches alle50 Jahre. Ein Hochwasser der Jährlichkeit HQ100 wird oft auch als Jahrhunderthochwasserbezeichnet.

PegelMessstelle zur Ermittlung des Wasserstandes. Die einfachste Form ist eine gelb-schwarze Lattemit Zentimeter-Einteilung. Größere Messstellenbesitzen nahezu immer eine Schreibregistrierung,bei der der Wasserstand über einen Schwimmer -körper auf ein Diagramm übertragen wird.Moderne Pegel erfassen den Wasserstand digitalund geben ihn automatisch an die Meldestellenweiter.

PolderHier: Hochwasser- oder Hochwasserschutz -polder. Tiefliegendes Gelände, das durch Deichevom Fluss abgetrennt ist. Im Hochwasserfallwerden die Deiche ab einem bestimmtenWasserstand überströmt, sodass der Polder alsWasserrückhalteraum dienen kann. GesteuertePolder lassen das Wasser über Einlaufbauwerkeein- und über Auslaufbauwerke ausströmen (S. 20/21).

AbflussTeil des Niederschlags, der nicht versickert, sondernoberirdisch in Bächen und Flüssen abfließt. ImFließgewässer wird das Abflussvolumen in m3/sgemessen.

Altarm / AltwasserVom Hauptfluss abgetrennte ehemalige Fluss -schlingen mit weitgehend stehendem Wasser, die allenfalls noch bei Hochwasser durchströmtwerden. Altarme sind dabei noch über mindestenseine Stelle mit dem Hauptfluss verbunden, Altwasserhaben keine Verbindung mehr.

AueTeil des Talraumes, der bei Hochwasser überflutetwird (S. 3).

DeichKünstlich aufgeschütteter Damm an Flussufernzum Schutz von Siedlungen und landwirtschaft -lichen Flächen vor Überflutungen.

EinzugsgebietGebiet, aus dem einem Gewässer oberirdisch-und unterirdisch Wasser zufließt. Einzugsgebietesind durch Wasserscheiden begrenzt.

ErosionHier: Mitnahme von Gestein, Geröll, Sand undKies durch die Kräfte des strömenden Wassers (S. 4/5).

FlussbettVertiefung in der Landfläche, in der ein Flussgewöhnlich fließt.

FlussregulierungMaßnahmen zum Ausbau von Gewässern:Begradigung des Flusslaufes, Durchstich vonFlussschleifen, Befestigung der Ufer, Eindeichungen.Ziele: Verbesserung der Schiffbarkeit, Hochwasser -schutz, bessere Nutzung der Talräume. Heuteist ein Großteil der Fließgewässer in Mittel -europa mehr oder weniger stark reguliert.Besonders das Abtrennen der Aue vom Flusslaufhat sich vielfach als problematisch für das Hoch -wasserverhalten erwiesen.

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RetentionZurückhalten von Wasser und damit Dämpfeneiner > Hochwasserwelle. Eine Retentionsflächeoder -gebiet ist eine Fläche innerhalb des Fluss -bettes bzw. der Aue, in der Wasser zwischen -gespeichert und zurückgehalten werden kann.

SedimentationHier: Ablagerung von mitgeführtem Material,Sediment (Kies, Sand, Schlamm) durch den Fluss(S. 4/5).

Seitenerosion> Erosion von Material am seitlichen Flussufer,v. a. in der Außenkurve eines Flusslaufes (Prall -hang, S. 4/5).

StarkregenSehr heftige, kurzzeitige Niederschläge, in denenauf relativ begrenzter Fläche große Wassermengenniedergehen, oft verbunden mit schwerenGewittern.

SturzflutMeist durch > Starkregenereignisse oder auchdurch Dammbrüche ausgelöst. Plötzliches undstarkes Anschwellen eines ansonsten meistkleinen und unbedeutenden Gewässers. GroßeZerstörungskraft.

Tiefenerosion> Erosion an der Flusssohle, meist ausgelöstdurch eine Flussbegradigung und damit folgendeBeschleunigung der Fließgeschwindigkeit. DerFluss tieft sich dabei immer weiter in den Unter -grund ein, im Umland sinkt der Grundwasser -spiegel.

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· Deutscher Wetterdienst (2013): Das Hochwasseran Elbe und Donau im Juni 2013,Offenbach/Main

· Umweltbundesamt (Hrsg.) (2011): Anpassungan den Klimawandel – Hochwasserschutz

· Umweltbundesamt (Hrsg.) (2011): Hochwasser– Verstehen, Erkennen, Handeln, Dessau-Roßlau

· Umweltbundesamt / KompetenzzentrumKlimafolgen und Anpassung (Hrsg.) (2011):Anpassung an den Klimawandel –Hochwasserschutz.

> Wasserwirtschaftliche Berichte der einzelnenBundesländer

Internet:

> www.allianz-umweltstiftung.de

> www.anpassung.net

> www.bfn.de > www. geodienste.bfn.de/flussauen

> www.bmub.bund.de> themen/wasser-abfall-boden/binnengewaesser/hochwasser/

> www.umweltbundesamt.de, www.uba.de> /themen/wasser/hoch-niedrigwasser

> Hochwassernachrichtendienste der Länderwww.hochwasserzentralen.de

Literatur und Internet.Literatur:

· Allianz Umweltstiftung/VerwaltungBiosphärenreservat Mittelelbe (2014):Wanderausstellung „Naturereignis Hochwasser“

· Allianz Umweltstiftung (2006):Publikationsreihe Wissen. Informationen zumThema „Wasser“ – Lebensraum, Lebensmittelund Lebenselixier

· Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.)(2013): UmweltWissen – Wasser:Hochwasserschutz – Eigenvorsorge, Augsburg(Faltblatt)

· Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.)(2011): Hochwasserrisiko frühzeitig erkennen,Augsburg (Faltblatt)

· Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.)(2010): Unterhaltung kleiner Gewässer und vorbeugender Hochwasserschutz, Augsburg(Faltblatt)

· Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.)(2008): Leben mit dem Fluss – Hochwasser im Spiegel der Zeit, Augsburg

· Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft(2004): Spektrum Wasser 1 – Hochwasser,Naturereignis und Gefahr, München

· Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft(2004): Vorranggebiete für denHochwasserabfluss und -rückhalt, München

· Bayerisches Staatsministerium für Umwelt,Gesundheit und Verbraucherschutz (2005):Schutz vor Hochwasser in Bayern, Strategie und Beispiele

· Bundesanstalt für Gewässerkunde (2013):Länderübergreifende Analyse des Juni-Hochwassers 2013, Koblenz

· Bundesministerium für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit / Bundesamt fürNaturschutz (Hrsg.) (2009): Auenzustands -bericht. Flussauen in Deutschland, Berlin, Bonn

· Bundesministerium für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit / Bundesamt fürNaturschutz (Hrsg.) (2010): Die Wasserrahmen -richtlinie – Auf dem Weg zu guten Gewässern,Berlin

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Allianz Umweltstiftung.Umweltschutz macht Spaß, wenn er sich nicht nur auf Verbote und den erhobenen Zeigefingerbeschränkt – das zeigt die Allianz Umweltstiftung mit ihren Förderprojekten.

Wissen.

Um möglichst viele Menschen für ein Engagementin Sachen Umwelt zu begeistern, erstellt dieAllianz Umweltstiftung in ihrer Publikationsreihe„Wissen“ Informationsbroschüren. Bisher sind dieAusgaben Wasser, Tropenwald, Sonnenenergie fürSchulen, Klima, Klimaschutz und Klimaschutz anSchulen erhältlich.

Deutscher Klimapreis der AllianzUmweltstiftung.

Um das aktive Klimaschutz-Engagement vonSchülern und Schulen auszuzeichnen, hat dieAllianz Umweltstiftung den Deutschen Klimapreisins Leben gerufen. Er wird jährlich verliehen undsoll Schüler dazu motivieren, sich dem wichtigenThema Klimaschutz mit Spaß und positivemEngagement zu widmen. Der Deutsche Klimapreisder Allianz Umweltstiftung besteht aus fünf gleichwertigen Auszeichnungen, die mit jeweils10.000 Euro dotiert sind. Zusätzlich werden 15Anerkennungspreise von je 1.000 Euro vergeben.

„Mitwirken an einem lebenswerten Dasein ineiner sicheren Zukunft“.Diese Maxime hat die Allianz Umweltstiftungin ihrer Satzung verankert. Mit Gründung derUmweltstiftung im Jahr 1990 setzte die Allianzein weiteres Zeichen für die Übernahme gesell-schaftlicher Verantwortung.

Ziele.

Ziel der Stiftungstätigkeit ist, Kreativität zu fördern, Begeisterung für die Umwelt zu weckenund Freude an der Natur zu vermitteln. ImMittelpunkt der Stiftungsaktivitäten steht des-halb der Mensch – denn seine Aktivitätenprägen unsere Umwelt und seine Träume undVisionen bestimmen unsere Zukunft.

Förderbereiche.

Es gibt viele Bereiche, in denen sich einEngagement für die Umwelt lohnt. Um hier einerBeliebigkeit vorzubeugen und ein eigenes Profilzu entwickeln, hat die Allianz Umweltstiftungfünf Förderbereiche festgeschrieben:

• Umwelt- und Klimaschutz• Leben in der Stadt• Nachhaltige Regionalentwicklung• Biodiversität• Umweltkommunikation

Neben der Fördertätigkeit in diesen Bereichenwerden die Aktivitäten der Stiftung durch dieBenediktbeurer Gespräche und die Aktion „DerBlaue Adler“ abgerundet.

Page 35: Informationen zum Thema „Hochwasser“: Ursachen, Schutz und ... · Infrastruktur etc.) sind aber heute meist das Problem, wenn der Fluss über die Ufer tritt – und ein Naturereignis

Folien.Wasser und Fluss.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 1

rezente Aue Flussbett Deich ehemalige Aue / Altaue

Mittelwasser

Hochwasser�

Wasserkreislauf.

Fluss und Aue.

Verdunstung

Meer

Fluss

EinzugsgebietAbfluss

Grenze Einzugsgebiet

Versickerung Verdunstung

Niederschlag

Fluss-Systeme.

Hochwasser

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Folie 2

Flusseinzugsgebiete in Mitteleuropa. Quelle: UBA (2000)

Ems

Peene

Donau

Dortmund

Mainz

Linz

StettinHamburg

Bremen

Hannover

DresdenKassel

Koblenz

WürzburgNürnberg

Regensburg

München

Passau

Magdeburg

Aare

RegenNaab

Pegnitz

Fulda

Werra

Lahn

Sieg

Unstrut

Leine

Aller

Warnow

Eider

Trave

Ruhr

Lippe

Elbe

Saale Mulde

Leipzig

Spree

Neiße

Oder

Moldau

Altmühl

Neckar

Rhei

n

Rhein

Köln

Frankfurt

Donau

Iller

Lech

Isar

Inn

Basel

Prag

Berlin

Mannheim

Stuttgart

Havel

MainMose

l

Weser

Elbe

Flussabschnitte.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 3

Von der Quelle zur Mündung.

Prall- und Gleithang.

Fluss und Grundwasser.

Oberlauf Mittellauf Unterlauf

Prallhang

Gleithang

Delta

Gleithang

Gleithang

Prallhang

Prallhang

Sedimentation Erosion

Hochwasser Niedrigwasser

= Aue

Leben in der Aue.

Hochwasser

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Folie 4

Fluss

NiedrigwasserMittelwassermittleres HochwasserSpitzenhochwasser

Strauch- undSilberweiden

Stiel-Eiche Ulme

Esche,Ahorn

gehölzfreieAue

Weichholzaue Hartholzaue

Auenspezialisten.

Auenzonierung.

Buche u. a.

Silberweide:enorme Regenerationskraft

Schlammling:keimt bei Niedrigwasser

Flussregenpfeifer:brütet auf Kiesbänken

Biber:gestaltet die Aue

Kiemenfußkrebs (Triops):Seine Eier überdauern jahre-lang im Bodenschlamm.

Wechselkröte:laicht in Hochwasser-tümpeln

Folie 4Leben in der Aue.

Folie 3Flussabschnitte.

Folie 2Fluss-Systeme.

Folie 1Wasser und Fluss.

Flussauen in Deutschland.

Hochwasser

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Folie 5

Zustand der Flussauen in Deutschland. (Angaben in Klammern: untersuchte Flusslänge)

Beispiel Mittlere Elbe. (Mündungsgebiet der Mulde bei Dessau)

Donau (532 km)

rezente Aue 26,1 %ehemalige Aue 67,8 %

Elbe (590 km)

rezente Aue 19,4 %ehemalige Aue 76,1 %

Oder (167 km)

rezente Aue 9,7 %ehemalige Aue 88,2 %

Rhein (808 km)

rezente Aue 20,0 %ehemalige Aue 70,9 %

Weser (377 km)

rezente Aue 55,9 %ehemalige Aue 39,4 %

Fluss

ehemalige Aue

Wald

Grünland

Siedlung

Acker

Kleingewässer,Feuchtgebiete u. a.

Fluss

rezente Aueüberwiegend Wald und Grünland

ehemalige Aueüberwiegend Ackerfläche

Siedlungen

rezente Aue

Quelle: BfN/Geodienste-Flussauen (2014)

Quelle: BfN/Geodienste-Flussauen (2014)

Dessau

Köthen

Osternienburg

Oranienbaum

Wörlitz

Coswig

Zerbst

Aken

Roßlau A 9

B 187B 187a

B 107B 184

B 185

B 107

Hochwasserfaktoren I.

Hochwasser

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Folie 6

Pegelstand

Ganglinie Pegel A

Pegel A Pegel B

Laufzeit 48 Std.

ca. 200 km

Hochwasserscheitel

Ganglinie Pegel B

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag

Zeit12:00 12:00 12:00 12:00 12:00

Hochwasserwelle. Quelle: nach Bayerisches Landesamt für

Wasserwirtschaft (2004)

normaleZugbahn

1

2

3

4

Tief verstärkt sichund nimmt großeWassermengen auf

kalte Luft dringtnach Süden

Tief zieht nach Norden und gleitet auf Kaltluft: Abkühlung und starkeNiederschläge

AlpenAlpen

Niederschlag – Beispiel Vb-Wetterlage.

T

TTief weicht nach Südenaus

Hochwasserfaktoren II.

Hochwasser

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Folie 7

Zeit Zeit

Nutzung und Vegetation.

Niederschlag und oberirdischer Abfluss in Liter pro m2 und Stunde

Einzugsgebiete.

20 60 100

20

20

20

Niederschlag

UndurchlässigeFläche (Asphalt)

Acker(Getreide)

Viehweide

dichter Wald

Abfluss

Versickerung

20 60 100

3

2

25 60

20 50

10 35

60 100

60 100

60 100

Quelle: nach Bayerisches Landesamt für

Wasserwirtschaft (2004)

17

18

20

35

40

50

40

50

65

gestreckte Form

Flusslauf Grenze des Einzugsgebietes

Abfluss

runde Form

Abfluss

Hochwasserfaktoren III.

Hochwasser

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Folie 8

Gewässerausbau – Beispiel nördlicher Oberrhein.

Veränderung der Auen. Quelle: Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft (2004)

2Tag 1

Abfluss

Fluss

Auwald

Ackerfläche

Grünland

Siedlung

Deich

43 2Tag 1 43 2Tag 1 43

Worms

Ludwigshafen

Mannheim

SpeyerGermersheim

Karlsruhe

1977

1816

Urzustand 1900 2000

Worms

Ludwigshafen

Mannheim

SpeyerGermersheim

Karlsruhe

10 km N

10 km N

Folie 7Hochwasserfaktoren III.

Folie 7Hochwasserfaktoren II.

Folie 6Hochwasserfaktoren I.

Folie 5Flussauen in Deutschland.

Hochwasserereignisse.

Hochwasser

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Folie 9

Jahr betroffenes Gebiet Bemerkung

1343 Mitteleuropa > Rhein/Main, Donau u. a. „Magdalenenflut“, sog. Jahrtausendhochwassergroße Schäden, geschätzt 6.000 Tote

1501 Mitteleuropa/Alpen > Elbe, Donau eines der höchsten Hochwasser in Mitteleuropa,Rekordmarken noch in einigen Altstädten markiert

1845 Sachsen > Elbe stärkstes bislang gemessenes Frühjahrshochwasser an der Elbe

1887 China > Gelber Fluss geschätzt 900.000 bis 2 Mio. Tote

1925/26 Mitteleuropa > Rhein Rekordhochwasser, u. a. in Köln, bislang nicht wieder erreicht1927 Nordamerika > Mississippi eine der größten Flutkatastrophen in den USA,

700.000 Menschen evakuiert1931 China > u. a. Gelber Fluss geschätzt 3,7–4 Mio. Tote

1947 Brandenburg > Oder/Oderbruch stärkstes Hochwasser an der Oder im 20. Jahrhundert

1954 Mitteleuropa > Elbe, Donau Rekordmarken u. a. an Donau und Inn, v. a. in Passau

1993 Mitteleuropa > Rhein vielerorts nur knapp unter den Rekordmarken von 1926, z. T. auch darüber, ca. 400–500 Mio. Euro Schäden

1995 Mitteleuropa > Rhein vielerorts nur knapp unter den Rekordmarken von 19261997 Ostdeutschland, Polen > Oder 300.000 Menschen evakuiert, hohe Sachschäden

(über 4 Mrd. Euro), 114 Tote in Polen und Tschechien1998 China > Jangtsekiang über 3.700 Tote, 15 Mio. Obdachlose, Schäden geschätzt

ca. 26 Mrd. US-Dollar1999 Mitteleuropa/Alpen > sog. „Pfingsthochwasser“, hohe Schadenssummen,

Donau, Alpenzuflüsse, Rhein 12 Tote2002 Mitteleuropa (mit Österreich, Tschechien) > „Jahrtausendhochwasser“ an der Elbe, 370.000 Menschen

Elbe, Donau evakuiert, mind. 15 Mrd. Euro Schäden, mind. 45 Tote2005 Alpen, Karpaten, Balkan > Muren, Erdrutsche, über 30 Todesopfer, über 3 Mrd. Euro

Alpenflüsse bis unterer Donauraum Schäden2006 Ostdeutschland, Tschechien > Elbe eines der schwersten Elbhochwasser, mehrere Tote2007 Alpen, v. a. Schweiz > Alpenflüsse „4. Jahrhunderthochwasser seit 1999“ in der Schweiz,

Muren, Erdrutsche2009 Mitteleuropa/Alpen mit Karpaten, Balkan > mehrere 100 Mio. Euro Schäden, mind. 21 Tote

Donau, Moldau, Oder2010 östl. Mitteleuropa > Oder, Weichsel große Schäden, über 30 Tote, v. a. in Polen2010 Pakistan > Indus weite Teile des Landes betroffen mit 14 Mio. Menschen,

ca. 1.700 Tote2011 Thailand fast 12% des Landes unter Wasser, ca. 400 Tote2013 Mitteleuropa > Elbe, Donau bisherige Rekordmarken teilweise überschritten

Passau (Donau/Inn), Magdeburg (Elbe)

Bedeutende Hochwasser in Mitteleuropa und weltweit im Überblick.

……

……

……

Hochwasserschutz.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 10

Maßnahmen – Übersicht.

Hochwasser

technischerHochwasserschutz

natürlicherHochwasserschutz

internationale Kooperation

Hochwasservorsorge

Es ist ja gut gemeint von den Jungs vom Oberrhein ...

aber als Hochwasserschutz-Maßnahmeunserer Bevölkerung wohl kaum

vermittelbar ...

Technischer Hochwasserschutz.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 11

Schutzbauwerke.Deich.

Wasserrückhalt I – Polder.

Hochwasser

Deichkrone

1:3 1:3

Dichtungsschicht

Wasserrückhalt II – Talsperre.

Wasserspeicherungbei Hochwasser

Wasserabgabe beiNiedrigwasser

Talsperre

Fluss

Deichverteidigung (Weg)

Qualmwasser

Qualmdeich

Einlassbauwerk

Deich

beginnendes Hochwasser abklingendes Hochwasser

HochwasserAuslassbauwerk

Wasserumleitung – Flutmulde.

StadtStadt

Flutmulde

bei HochwasserNormalzustand

mobile Schutzwand

Hochwasservorsorge.

Hochwasser

Allianz Umweltstiftung ©

Folie 12

Vorsorgemaßnahmen – Übersicht.

Staatliche und kommunale Vorsorge

Flächenvorsorge

Vorhersage

Katastrophen-Management

Bauvorsorge

Risikovorsorge

Verhaltensvorsorge

Eigenvorsorge

Achtung ... ein heftiges Hochwasser kommt aufEuch zu. Zum Glück ist bei uns der

Fluss gut eingedeicht ...

Hallo ... eine Hochwasserwelle ist bei uns

durchgerauscht ... keine Schäden ...

Alles klar! Der Hochwasserscheitel ist sehr schnell bei

uns durchgelaufen und müsste bald bei Euch ...... hallo! ...

... Hallo? ...... Ist da noch wer ...?

Folie 11Hochwasservorsorge.

Folie 10Technischer Hochwasser-schutz

Folie 9Hochwasserschutz.

Folie 8Hochwasserereignisse.

Gefahrenbewusstsein und natürlicher Schutz.

Hochwasser

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Folie 13

Retentionsräume.

Hochwassergefahr. – Beispiel Hochwassergefahrenkarte.

Hochwasserjährlichkeit HQ 100.

Rückhaltebeckenund Polder

natürliche Überflutungsfläche

Damm-rückverlegung

Beispiel Oberrhein 2020

Deichrückverlegung.

Wassertiefen – Gebiete ohnetechnischen Hochwasserschutz

Wassertiefen – geschützte Gebiete

alter Deich

neuer Deich

neu geschaffenerRetentionsraum

10 km N

Worms

Ludwigshafen

MannheimSpeyer

Germersheim

Karlsruhe

Kartenausschnitt

Quelle: www.flussgebiete.nrw.de

Folie 13Gefahrenbewusstsein undnatürlicher Schutz.

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HerausgeberAllianz UmweltstiftungPariser Platz 6 · 10117 BerlinTelefon 030 2067 1595-50Telefax 030 2067 1595-60E-Mail: [email protected]: www.allianz-umweltstiftung.de

Konzeption, Redaktion und TextAllianz Umweltstiftung, Peter WildeIMAGO 87, Detlef Mueller

Grafiken und ZeichnungenIMAGO 87, Martin Kirsch, Detlef Mueller

Gestaltung und RealisationIMAGO 87Hauptstraße 2285395 AttenkirchenE-Mail: [email protected]: www.imago87.de

DruckDruckhaus Kastner, Wolnzach

Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier.

April 20141. Auflage

FotosAllianz Umweltstiftung: 32l2, 32l3, 32l4Biosphärengebiet Schwäbische Alb: 32l1Förderverein Neuwieder Deich e.V.: 15mFotolia: Titel, 11, 12m, 14o, 22m, Folie 4: 3, 4Leidorf, Klaus: 5mr, 13, 16u, 17o, 18 (beide), 23o, 23uKirsch, Martin: 24Kuhn, Regine: 32oMünchner Stadtmuseum, Sammlung Grafik/Plakat/Gemälde: 15oPanthermedia: 10, 26Polizeifliegerstaffel Hessen (Juni 2013); Projekt„Schatzinsel Kühkopf“: 3r, 8uPurps, Jochen: 25Hochwasserschutzzentrale Köln, StEB Köln: 2, 12u,15u, 16o, 21o, 22m, Folie 11Wikipedia: 5o, 14m, 17m, 17u, 19 (alle)Willner, Wolfgang: 7mowww.flussgebiete.nrw.de: Folie 13: 1Zettl, Herbert: U1, 3l, 6, 7l, 7o, 7mu, 7u, 8o (beide),9, 20, 27, 31, Folie 4: 1, 2, 5, 6

(r: rechts; l: links; o: oben; u: unten; m: mitte; F: Folie; U: Umschlag)

Impressum.

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UST

WI0

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