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N. Mundorf, H.-D. Zimmermann: Informationstechnologien im privaten Haushalt 125 Informatik-Spektrum 19: 125–132 (1996) © Springer-Verlag 1996 Zusammenfassung Der Markt für Telematik-Dien- ste sowie Unterhaltungs- und Informationstechnologien für Privathaushalte gewinnt zunehmend an Bedeutung. Es fehlt weitgehend eine systematische Analyse der Akzeptanz und Nutzung der neuen Dienste und Technologien bei den Priva- ten. Bisherige Analysen sind oft nur angebotsseitig und zweckoptimistisch.Ein besseres Verständnis privater Nutzer könnte Fehlinvestitionen und negative gesellschaftliche Konse- quenzen verhindern. In diesem Beitrag werden Endgeräte für den Zugang zu Netzen und Diensten,bestehende Telematiksy- steme für den privaten Bereich,Anwendungen der Segmente Unterhaltung,Teleshopping und -banking und sowie Telework analysiert. Schlüsselwörter Telematik-Dienste, private Haus- halte, Interaktives Fernsehen, Online Dienste, Teleshopping/ -banking,Internet,World Wide Web,Telearbeit Summary The home-IT market for information, entertainment and services is gaining considerable momentum. Little systematic demand-side oriented research is available, however. Instead, the supply-side view tends to be overly opti- mistic. The current analysis is based on the premise that a better understanding of private users could prevent misguided invest- ments and negative social effects. This article explores end-user devices for the access to nets and services, existing telematic sy- stems for the private sector, entertainment, teleshopping and banking applications and telework. Key words Telematic services, private households, interactive TV, online services, teleshopping/-banking, internet, world wide web, telework Computing Reviews Classification H.4.3, H.5.1, H.5.2, J.1 a0000005222 1. Einleitung Informations- und Kommunikationsdienste sind bislang vor- wiegend im Zusammenhang mit geschäftlichen, industriellen und auch öffentlichen Anwendungen untersucht und beschrie- ben worden. In letzter Zeit fallen in der breiten Öffentlichkeit und in den Medien zunehmend Begriffe wie Multimedia, Cy- berspace, interaktives Fernsehen und Info- oder Datenauto- bahn. Es fehlt allerdings eine systematische Analyse der Akzep- tanz und Nutzung von Telematik-Diensten sowie von Unterhal- tungs- und Informationstechnologien mit Bezug auf Privat- haushalte [3, 4]. Eine solche Analyse ist erforderlich, da solche Technologien und Dienste mehr und mehr Verbreitung finden [15].Außerdem findet eine zunehmende Überschneidung von privater, beruflicher, und öffentlicher Sphäre statt [10], die z. T. durch Technologien erst ermöglicht wird.Schließlich konver- gieren Technologiesektoren,die in der Vergangenheit eindeutig entweder der Privatsphäre (Fernsehen, Kabel) oder der berufli- chen Sphäre (Computer) zugehörten, mit dem schon länger sphärenübergreifenden Telefon [5]. Die Berichterstattung über Informationstechnologi- en (IT) im Privathaushalt bezieht sich häufig auf das immer brei- tere und innovative Angebot an solchen Technologien.Hier ist nicht nur die Fachpresse aktiv,auch Zeitungen und Zeitschriften berichten zunehmend von den immer eindrucksvolleren tech- nologischen Fortschritten. Einige Autoren [2] stellen sogar ein gewisses Verlaufsmuster der Berichterstattung über Themen wie das „500-Kanal-TV“ oder den „Information Superhighway“ fest. Weitaus weniger Aufmerksamkeit wird der Benut- zerseite der IT zugewandt. Dies ist verständlich, da es schon schwierig genug ist,die private Nutzung existierender Techno- logien zu beschreiben [9],wobei die meisten Verbraucher nicht einmal eine klare Vorstellung von IT haben und nur wenige mit diesen tatsächlich vertraut sind. Andererseits wird der Bereich Home-IT als einer der Wachstumsmärkte der 90er Jahre ange- sehen [11].Von daher ist eine Untersuchung der Angebots- und Nachfrageseite von Bedeutung [4]. a0000005222 2. Endgeräte für den Zugang Im Zusammenhang mit verstärkter Akzeptanz interaktiver Technologien im Privathaushalt stellt sich die Frage des Zu- Hauptbeitrag Informationstechnologien im privaten Haushalt: Internationale Perspektiven Norbert Mundorf, Hans-Dieter Zimmermann Norbert Mundorf 1 , Hans-Dieter Zimmermann 2 1 Research Institute for Telecommunications and Information Marke- ting (RITIM), The University of Rhode Island, Kingston, RI 02881-0802, USA 2 Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI), Universität St. Gallen, Dufourstrasse 50, CH-9000 St. Gallen, Schweiz

Informationstechnologien im privaten Haushalt: Internationale Perspektiven

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N. Mundorf, H.-D. Zimmermann: Informationstechnologien im privaten Haushalt 125

Informatik-Spektrum 19: 125–132 (1996) © Springer-Verlag 1996

Zusammenfassung Der Markt für Telematik-Dien-ste sowie Unterhaltungs- und Informationstechnologien fürPrivathaushalte gewinnt zunehmend an Bedeutung. Es fehltweitgehend eine systematische Analyse der Akzeptanz undNutzung der neuen Dienste und Technologien bei den Priva-ten. Bisherige Analysen sind oft nur angebotsseitig undzweckoptimistisch. Ein besseres Verständnis privater Nutzerkönnte Fehlinvestitionen und negative gesellschaftliche Konse-quenzen verhindern. In diesem Beitrag werden Endgeräte fürden Zugang zu Netzen und Diensten, bestehende Telematiksy-steme für den privaten Bereich,Anwendungen der SegmenteUnterhaltung, Teleshopping und -banking und sowie Teleworkanalysiert.

Schlüsselwörter Telematik-Dienste, private Haus-halte, Interaktives Fernsehen, Online Dienste, Teleshopping/-banking, Internet,World Wide Web, Telearbeit

Summary The home-IT market for information,entertainment and services is gaining considerable momentum.Little systematic demand-side oriented research is available,however. Instead, the supply-side view tends to be overly opti-mistic. The current analysis is based on the premise that a betterunderstanding of private users could prevent misguided invest-ments and negative social effects. This article explores end-userdevices for the access to nets and services, existing telematic sy-stems for the private sector, entertainment, teleshopping andbanking applications and telework.

Key words Telematic services, private households,interactive TV, online services, teleshopping/-banking, internet,world wide web, telework

Computing Reviews Classification H.4.3,H.5.1,H.5.2, J.1

a00000052221. Einleitung

Informations- und Kommunikationsdienste sind bislang vor-wiegend im Zusammenhang mit geschäftlichen, industriellenund auch öffentlichen Anwendungen untersucht und beschrie-ben worden. In letzter Zeit fallen in der breiten Öffentlichkeitund in den Medien zunehmend Begriffe wie Multimedia, Cy-berspace, interaktives Fernsehen und Info- oder Datenauto-bahn. Es fehlt allerdings eine systematische Analyse der Akzep-tanz und Nutzung von Telematik-Diensten sowie von Unterhal-tungs- und Informationstechnologien mit Bezug auf Privat-haushalte [3, 4]. Eine solche Analyse ist erforderlich, da solcheTechnologien und Dienste mehr und mehr Verbreitung finden[15].Außerdem findet eine zunehmende Überschneidung vonprivater, beruflicher, und öffentlicher Sphäre statt [10], die z. T.durch Technologien erst ermöglicht wird. Schließlich konver-gieren Technologiesektoren, die in der Vergangenheit eindeutigentweder der Privatsphäre (Fernsehen, Kabel) oder der berufli-chen Sphäre (Computer) zugehörten, mit dem schon längersphärenübergreifenden Telefon [5].

Die Berichterstattung über Informationstechnologi-en (IT) im Privathaushalt bezieht sich häufig auf das immer brei-tere und innovative Angebot an solchen Technologien. Hier istnicht nur die Fachpresse aktiv, auch Zeitungen und Zeitschriftenberichten zunehmend von den immer eindrucksvolleren tech-nologischen Fortschritten. Einige Autoren [2] stellen sogar eingewisses Verlaufsmuster der Berichterstattung über Themen wiedas „500-Kanal-TV“ oder den „Information Superhighway“ fest.

Weitaus weniger Aufmerksamkeit wird der Benut-zerseite der IT zugewandt. Dies ist verständlich, da es schonschwierig genug ist, die private Nutzung existierender Techno-logien zu beschreiben [9], wobei die meisten Verbraucher nichteinmal eine klare Vorstellung von IT haben und nur wenige mitdiesen tatsächlich vertraut sind.Andererseits wird der BereichHome-IT als einer der Wachstumsmärkte der 90er Jahre ange-sehen [11].Von daher ist eine Untersuchung der Angebots- undNachfrageseite von Bedeutung [4].

a00000052222. Endgeräte für den Zugang

Im Zusammenhang mit verstärkter Akzeptanz interaktiverTechnologien im Privathaushalt stellt sich die Frage des Zu-

Hauptbeitrag

Informationstechnologien im privaten Haushalt:Internationale Perspektiven

Norbert Mundorf, Hans-Dieter Zimmermann

Norbert Mundorf 1, Hans-Dieter Zimmermann2

1 Research Institute for Telecommunications and Information Marke-ting (RITIM), The University of Rhode Island, Kingston,RI 02881-0802, USA

2 Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI), Universität St. Gallen,Dufourstrasse 50, CH-9000 St. Gallen, Schweiz

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gangsmediums für den Privatverbraucher. Im folgenden sollenvier mehr oder weniger vertraute Technologien als möglichetechnologische Übergangslösungen diskutiert werden: Fern-sehgerät, Telefon, PC und Videospiel. Es ist durchaus möglich,daß diese Differenzierung in Zukunft nicht mehr existierenwird, daß sie entweder durch ein Universalgerät oder durchzahllose hochspezialisierte Kleinstgeräte ersetzt wird. Derzeitmuß jedoch ein Gerät zur Verfügung stehen, das sowohl benut-zerfreundlich als auch funktional ist.

2.1. Telefon

Das Telefon ist allen Verbrauchern vertraut. Es stellt ein preiswer-tes und leicht zu bedienendes Verbindungsglied zum Netz dar.Die Digitalisierung des Telefonnetzes hat vor allem in den USAzu einer in der Forschung wenig beachteten Informatisierung desHandels geführt, wobei das Telefon als „Low-Tech“ Schnittstellezu einem komplexen Netz miteinander kommunizierender Rech-ner dient.Allerdings fehlt z. Zt. die visuelle Komponente.Weiter-hin ist das Telefonnetz wegen begrenzter Übertragungskapazitätnur für begrenzt interaktive Anwendungen (wie z.B. Homeban-king) oder als Ergänzung zum Fernsehgerät zu verwenden.Ver-schiedene Firmen entwickeln z. Zt. intelligente Telefongeräte mitDisplay, deren Bildqualität jedoch nach wie vor weit von der desFernsehgeräts oder PC entfernt ist.Aufgrund von Benutzer-freundlichkeit, Preis, Tragbarkeit und universeller Verwendbar-keit wird das Telefon vor allem im Bereich der praktischen inter-aktiven Anwendungen noch an Bedeutung gewinnen.

2.2. Fernsehgerät

Das Fernsehgerät ist das derzeit vertrauteste audiovisuelle Me-dium. Es ist in der überwiegenden Zahl aller Haushalte vorhan-den, relativ preisgünstig und leicht zu bedienen. Mit der Fern-bedienung besteht eine begrenzt differenzierte Eingabemög-lichkeit für interaktive Anwendungen. Das Fernsehgerät selbsthat derzeit nur eingeschränkte „lntelligenz“. Die Set-Top Boxwird als Client des zentralen Server zukünftig die notwendigeIntelligenz bereitstellen.Allerdings dient die Box nur einem ein-zigen Zweck und ist somit für den Verbraucher von begrenztemNutzen. Die Bildqualität ist aus zwei Metern Abstand relativ gut,jedoch für Text und Grafiken nicht sehr geeignet. Hochauflö-sendes Fernsehen (HDTV) ist aus Kostengründen noch keineakzeptable Alternative.

2.3. Personalcomputer (PC)

Im letzten Jahrzehnt hat der PC zunehmende Verbreitung auchin Privathaushalten gewonnen. In den USA sollen etwa ein Drit-tel aller Haushalte PCs in irgendeiner Form besitzen. Insbeson-dere im letzten Jahr haben im Rahmen der Multimediawelle vie-le Familien Rechner angeschafft, die zunehmend benutzer-freundlich und durch Farbbildschirm und -drucker,Audiofähig-keit, CD-ROM und Maus attraktiv und unterhaltend werden.Der Hauptvorteil des PC liegt in seiner Vielseitigkeit und uni-versellen Verwendbarkeit. Inzwischen können PC-Bildschirmeauch Video und Kabelfernsehbilder in besserer Qualität über-tragen als Fernsehgeräte. Tastatur und Maus sind weit vielseiti-ger als Fernseh-Fernbedienungen und ermöglichen somit einweit höheres Maß an Interaktivität und Kreativität. PCs sind

außerdem unabhängig von einem zentralen Verteilsystem (wieFernsehsender oder Kabelzentrale). Nachteile des PC sind v. a.die noch relativ geringe Verbreitung (30% gegenüber 97% beimFernsehgerät), die Notwendigkeit spezialisierter Fähigkeiten(Tastatur, Programme) und die Assoziation des PC mit Arbeitoder Lernen im Gegensatz zu Freizeit (oft im Büro statt imWohnzimmer).Alle diese Nachteile scheinen sich jedoch imLauf der Zeit abzuschwächen. Die Zurückhaltung dem PC ge-genüber ist oft altersabhängig und dürfte schon allein deshalbrückläufig sein. Schließlich besteht wahrscheinlich auch einestarke Korrelation zwischen der Akzeptanz von PCs im Privat-haushalt und dem Interesse an interaktiven Medien.

2.4. Videospiele

Ein Medium, das eher eine Außenseiterstellung in der Diskussionum neue Technologien einnimmt, ist das Videospielgerät. Segaoder Nintendo Spiele finden sich aber in vielen Haushalten mitKindern. Der Übergang zu PCs wird durch Spiele wie „Doom“leicht gemacht. Hierdurch wird wiederum die Akzeptanz von PCsbei jüngeren Verbrauchern untermauert.Videospielgeräte in ih-rer heutigen Form sind allerdings zu spezialisiert, um zum pri-mären Medium der Interaktivität zu werden.Allerdings lassensich von der Popularität der Videospiele wichtige Schlüsse auf In-halt und „Verpackung“ interaktiver Anwendungen schließen.

a00000052223. Telematiksysteme für den Heimbereich

3.1. Das Internet und WWW

Das Internet entstand in den sechziger Jahren in den USA ur-sprünglich als militärisches Netzwerk [13]. Nach und nach hates sich zu einem globalen Netzwerk für den Wissenschaftsbe-reich gewandelt.Wissenschaftler auf der ganzen Welt und fastaller Disziplinen nutzen heute das Internet und seine diversenDienste für den Informationsaustausch. Entsprechend großsind die Informationsressourcen, die bereits über dieses Netz-werk verfügbar sind. Die Ressourcen sind über verschiedeneDienste, die auf dem Internet aufsetzen, abrufbar. Heute nutzenca. 40 – 50 Millionen Nutzer das Internet und seine Dienste. Pri-vate Haushalte können heute mittels PC und Modem über dasTelefonnetz auf das Internet zugreifen.Allerdings verlangt dieHandhabung der Zugangssoftware z.T. noch PC-Kenntnisse, diebei den meisten Haushalten nicht vorausgesetzt werden kön-nen.Als Alternative zu dem direkten Internet-Zugang bietenheute fast alle kommerziellen Online-Dienste einen transparen-ten Zugang zum Internet an.

Der jüngste Internet-Dienst, das World Wide Web(WWW), wurde 1991 am CERN in Genf entwickelt.WWW istein multi- und hypermedialer Dienst, der insbesondere auf-grund seiner einfachen Bedienbarkeit und seiner multimedia-len Eigenschaften sehr attraktiv für die Nutzung im Heimbe-reich ist.WWW macht dadurch das Internet und seine Ressour-cen einer breiten Masse von Nutzern außerhalb der Wissen-schaft zugänglich. Der Dienst bildet zunehmend die Basis fürviele Anwendungen des elektronischen Handels und der Kom-munikation. Im Februar 1996 gab es bereits über 100 000WWW-Server weltweit.

N. Mundorf, H.-D. Zimmermann: Informationstechnologien im privaten Haushalt 127

3.2. Die amerikanischen Online Dienste

Aufgrund der regulatorischen Rahmenbedingungen haben sichin den USA von Beginn an mehrere Systeme um die Gunst derKunden bemüht. Die Grundidee dieser Dienste ist die Bereit-stellung eines kostengünstigen und einfach zu bedienendenelektronischen Telematik-Dienstes für den privaten Kunden.

Ähnlich wie in Europa wurden die ersten SystemeAnfang der achtziger Jahre installiert. Zu den ersten kommerzi-ellen Online-Diensten, die 1980 den Betrieb aufnahmen, gehör-ten die Dienste Channel 2000, CompuServe, The Source undViewtron [15]. Die meisten Systeme der ersten Generation beste-hen heute nicht mehr. Heute stehen den privaten Kunden in denUSA eine ganze Reihe von Online-Diensten zur Verfügung, dievon mehr als zehn Millionen Kunden genutzt werden.Aufgrundweiter fallender Hardwarepreise, komfortableren Systemen undneu angekündigter Dienste wird von einer weiterhin hohenWachstumsrate ausgegangen. Die drei großen Dienste sindCompuServe, America Online (AOL) und Prodigy. Grundsätz-lich bieten die populären Online-Dienste ein ähnliches Lei-stungsspektrum an, auch wenn jeder Dienst besondere Schwer-punkte im Angebot hat.

Diese Dienste nutzen den PC als Endgerät entspre-chend der Client-Server-Philosophie und nutzen damit die Ver-arbeitungskapazität des Endgerätes für die grafische Darstel-lung sowie die lokale Verarbeitung und Speicherung von Infor-mationen. Die Benutzerschnittstellen sind grundsätzlich grafik-orientiert.

3.3. Videotex-Dienste in Europa

Videotex bezeichnet interaktive telematische Systeme, die durchdie Kombination tendenziell preiswerter und leicht bedienbarerDatenendgeräte (Terminals) aus den Bereichen der Unterhal-tungs- und Konsumelektronik (Fernsehgerät) mit flächen-deckenden und kostengünstigen Datenübertragungsnetzen ei-nem breiten Zielpublikum zur Verfügung stehen [7]. Solche Sy-steme werden auch als Massen-lnformationssysteme bezeichnet.Die Grundidee, den privaten Haushalten flächendeckend ein in-teraktives Billigstinformationssystem zur Verfügung zu stellen,findet sich heute in den Visionen der nationalen und globalen„Information Superhighways“ wieder.Videotex ist vom Grund-prinzip auf den Terminalbetrieb ausgelegt und benötigt somitkeine lokale Verarbeitungskapazität.

Der kommerzielle Erfolg der europäischen Videotex-Dienste blieb bis heute in den meisten Fällen aus. Die wesentli-chen Gründe hierfür sind mangelhafte Marketingkonzepte beider Einführung der neuen Dienste, eine fehlende Adaption derSystemarchitekturen an den technischen Fortschritt sowiemangelnde Qualität der Anwendungen bezüglich Inhalt undBenutzerfreundlichkeit. Die grundsätzlichen technologischenSchwachpunkte des originären Videotex-Konzeptes sind ausheutiger Sicht vor allem auf die Ausrichtung der Systemtechno-logie auf das Fernsehgerät zurückzuführen [15].

Mit Berücksichtigung dieser Probleme wurde derdeutsche Bildschirmtext einer konsequenten Runderneuerungunterzogen und Datex-J als offene und flächendeckende Kom-munikationsplattform für unterschiedliche Anwendungen eta-bliert. Der heute als „T-Online“ angebotene Dienst bietet nebendem bekannten Dienst „Btx“ den Premiumservice „Btx plus“

und einen Zugang zum WWW an. Über die stark verbesserte e-mail-Funktionalität können die Nutzer weltweit kommunizie-ren. Die Btx-Anwendungen werden zunehmend im neuen, pro-prietären KIT-Format dargestellt, der langfristig CEPT als Dar-stellungsstandard ablösen soll.

3.4. Die Online- und Videotex-Diensteund das Internet: aktuelle Entwicklungen

Ein zunehmend wichtiges Kriterium bei der Bewertung der On-line- und Videotex-Dienste ist die Anbindung an die Internet-Dienste. Insbesondere die e-mail-Übergänge von und zum In-ternet erhöhen die Attraktivität erheblich.Aus Nutzersicht stelltsich zunehmend die Frage, welchen Mehrwert die Online-Dien-ste dem Nutzer gegenüber einem direkten Zugang zum Internetbieten. Deshalb versuchen die Betreiber der Online-Dienstedurch die Kombination vorhandener eigener Strukturen mitden Ressourcen des Internets den Kunden eine neue Qualitätvon Serviceleistungen bieten zu können. Die Dienste verstehensich in diesem Zusammenhang zunehmend als Anbieter „hybri-der Dienste“, welche den Kunden Internet-Zugang in Verbin-dung mit den traditionellen Angeboten des Dienstes anbieten.Das Internet dient dabei als wichtige Ressource für die benötig-ten Informationen. Die Online-Dienste verstehen sich neuer-dings als Auffahrten (on-ramps) zum Information Superhigh-way. Durch verschiedene Maßnahmen wollen die Online-Dien-ste ihre erreichte Marktposition verteidigen und sogar ausbau-en [15]. Dazu zählen u. a. das Angebot von ausgereiften, einheit-lichen und einfach zu benutzenden, grafischen und multime-dialen Benutzerschnittstellen, eine entsprechend qualitativhochwertige Benutzerunterstützung (HelpDesk), die Bündelungund redaktionelle Aufbereitung von Angeboten, die Bereitstel-lung von „intelligenten“ Suchmechanismen, der Zugang zu denInternet-Diensten vom jeweiligen Online-Dienst aus, die Prä-senz als Anbieter auf dem Internet und der Auftritt als Internet-Access-Provider für Kommerz- und Privatkunden.

Die drei großen amerikanischen Online-Dienstetreiben diese Entwicklungen durch eigene Internet-Unterneh-menseinheiten, den Aufkauf bereits etablierter Unternehmenund durch strategische Allianzen voran.

Gegenwärtig ist allerdings nicht abzusehen, wie derhochdynamische Wettbewerb zwischen den Internet-Diensteneinerseits und den Online-Diensten andererseits ausgehenwird. Zusätzlich verschärft wird der Wettbewerb durch neueWettbewerber wie den klassischen Telefongesellschaften, z. B.MCI,AT&T, Sprint oder France Telecom, und anderer Medien-unternehmen, die ebenfalls in den Markt der konsumentenori-entierten Telematik-Anwendungen drängen.

3.5. Interaktives Fernsehen (I-TV)

Interaktives Fernsehen (I-TV) zielt mit seinen geplanten An-wendungen speziell auf die Nutzung in privaten Haushalten.Wie schon bei der Entwicklung von Videotex steht das Fern-sehgerät als Datenendgerät im Mittelpunkt. Ziel ist es, dem anein Kabelnetz angeschlossenen Fernsehgerät mit sogenanntenSet-Top-Boxen „Intelligenz“ zu verleihen, um damit interaktiveAnwendungen zu ermöglichen. Einige dieser Boxen haben dieLeistungsfähigkeit eines modernen PC, sind allerdings völliginkompatibel zu diesen. Zwar sind die Mehrzahl der Haushalte

in Mitteleuropa und den USA an Kabelnetze angeschlossen,die notwendigen Set-Top-Boxen sind allerdings noch nicht aufdem Markt erhältlich. Regulatorische und technische Rahmen-bedingungen erlauben heute in den meisten europäischenLändern noch keinen bidirektionalen Datenverkehr auf denKabelnetzen.

Das I-TV wurde in einem Feldversuch bereits in denfrühen 80er Jahren im QUBE System in Columbus/Ohio gete-stet. Dieser Versuch wurde von vielen Beobachtern als Fehl-schlag gesehen und wird oft als Gegenargument zitiert, obwohltechnische Bedingungen und Kostenstruktur sich inzwischensehr verändert haben. In einer Reihe von Feldversuchen wirdnicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland I-TV er-probt. Die größten Projekte in Bayern und Baden-Württembergwollen je ca. 4000 Haushalte einbeziehen. Zur Schaffung derneuen Telekommunikationsinfrastrukturen werden allein inBaden-Württemberg Kosten von ca. 100 Millionen DM veran-schlagt. Eine volle Interaktivität inklusive Kommunikationsan-wendungen wie e- und Video-mail ist aber erst ab ca. 1999 zu er-warten.

a00000052224. Der Bereich der Unterhaltung

4.1. Interaktivität und Selektivität

Interaktivität und Selektivität sind zwei dominierende Trendsin der elektronischen Unterhaltung. Schon seit den siebzigerJahren läßt sich eine Tendenz zu wachsendem Angebot an Me-dien und Medienkanälen feststellen. In Kombination mit Video-kassette, -disk, CD und CD-ROM stehen Verbrauchern schonheute eine große Vielfalt an Quellen der audiovisuellen Unter-haltung und Kommunikation zur Verfügung. Statt des traditio-nellen Fernsehabends mit drei Programmen hat ein Kabel- oderSatellitenhaushalt mit Videorecorder heute schon die Möglich-keit, 30 – 50 Programme auf Knopfdruck und einige tausend Fil-me aus dem Videoverleih zu wählen.Allerdings sind Kabel-kanäle noch immer beschränkt in ihrem Angebot, und der Wegzum Videoladen ist oft unbequem.Abhilfe sollen hier Video onDemand, Near Video on Demand und Video Dialtone schaffen,die unten erläutert werden.

Medienunterhaltung wird traditionell mit dem Be-griff des „couch potato“ assoziiert, der passiv konsumiert, wasihm vorgesetzt wird. Durch Interaktivität wird der Zuschauer indie Lage versetzt, selbst zu verschiedenen Graden an der Pro-grammgestaltung mitzuwirken. Die Bandbreite dieser Mitwir-kung erstreckt sich von „Low-Tech“ telefonischer Teilnahme a la„Goldener Schuß“ bis zur virtuellen Realität (VR), die es erlau-ben wird, selbst als Held(in) im Film mitzuwirken, eine abenteu-erliche Reise zu simulieren, einen Einkaufsbummel in einer ent-fernten Stadt zu erleben, oder einen Spezialisten in einem ande-ren Land aufzusuchen. Zwischen den beiden Extremen wird z.Zt. mit unterschiedlichen Möglichkeiten experimentiert. SchonQUBE bot Möglichkeiten für Meinungsumfragen und Spiele. Ineinem Pilotprojekt in Montreal kann der Zuschauer verschiede-ne Kamera-Einstellungen beim Football wählen. Es wird mitWerbung experimentiert, zu der sich bei Interesse zusätzlicheInformationen abrufen läßt.Verschiedene Anbieter testen dieMöglichkeiten, auf Knopfdruck gerade Gesehenes zu kaufen.

Man kann in Bars in den USA gegen Besucher einer anderen Barum die Wette an Quizspielen teilnehmen.Verschiedene Compu-ter- und Videospiele können schon mit Gegnern an anderenStellen „gefochten“ werden.Viele Radio- und Fernsehsender be-nutzen heute das WWW zur Verbreitung von Hintergrundinfor-mationen, Promotion, und als Rückkanal.Außerdem werden inFernseh- und Pressewerbung zunehmend Internet und WWWAdressen für zusätzliche Informationen angegeben.

4.2. Video on Demand und Video Dialtone

Eine vieldiskutierte Anwendung interaktiver Kommunikations-technologien im Privathaushalt ist Video on Demand (VoD).Dabei hat im Idealfall der Zuschauer die Möglichkeit, einenFilm oder andere Videoinhalte auszusuchen, und auf Knopf-druck auf dem heimischen Bildschirm anzusehen. Darüber hin-aus gibt es auch die Möglichkeit, den Film zu unterbrechen undspäter zu Ende zu sehen.

Eine weniger aufwendige Variante ist Near Video onDemand (NVOD), wobei die zur Zeit populärsten Filme imViertelstundentakt beginnen. Bei 25 Filmen, die weniger alszwei Stunden dauern, wären damit 200 Kanäle erforderlich. MitHilfe von Kompressionstechnologien sollen bestehende Kabel-systeme auf eine entsprechend große Anzahl von Kanälen um-gerüstet werden können. NVOD soll auch von digitalen Satelli-tensendern angeboten werden.

Für die technische Realisierung des VoD werden ver-schiedene Alternativen diskutiert. Fiber to the Home wird i. a.als kurzfristig zu kostspielig angesehen. Einige Projekte instal-lieren hybride Glasfaser/Koaxialsysteme.Andere experimentie-ren mit Video Dialtone; dabei werden bestehende Telefonleitun-gen benutzt, um komprimierte Videosignale zu senden. Die Vi-deoqualität ist jedoch noch nicht akzeptabel.

In den letzten zwei Jahren sind zahlreiche Pilotpro-jekte im Bereich interaktives Fernsehen angekündigt worden.Interesse an interaktivem Fernsehen und VoD kommt in denUSA von verschiedenen Seiten: Firmen, die Medieninhalte pro-duzieren und vertreiben (Time Warner,Viacom), Kabelfernseh-betreiber (TCI, Continental Cablevision), alle sieben regionalenNachfolgefirmen von AT&T (RBOCs), die unabhängigen Tele-fongesellschaften wie GTE und SNET, sowie Firmen, die Telefon-fernverkehr betreiben und Telefongeräte produzieren (AT&Tund Sprint). In Deutschland haben sich vor allem Landesregie-rungen engagiert, da interaktive Pilotprojekte als Vorboten ei-nes High-Tech Wirtschaftsaufschwunges gesehen werden.

Viele interaktive Pläne in den USA und Europa sindnoch nicht in die Realität umgesetzt worden.Andere Projektewurden verspätet und im kleineren Rahmen begonnen. Telefon-gesellschalten in den USA haben sich inzwischen auf konventio-nelles Kabelfernsehen konzentriert, das kurzfristig einschätzba-ren Gewinn garantiert. Die aufgetauchten Probleme, Fragenund Trends sind jedoch aufschlußreich und werden im folgen-den skizziert.

4.3. Technische Fragen

Wenn auch im letzten Jahrzehnt große Fortschritte bei intelli-genten Netzen, Kompressionstechnik und Digitalisierung vonVideo gemacht wurden, so stellen sich neben Akzeptanz und Fi-nanzierung noch erhebliche technische Probleme.

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Das NetzTelefon und Kabelbetreiber haben einen erheblichen Anteil anGlasfaser im „Rückgrat“ ihrer Netze. Die „letzte Meile“ ist jedochweitgehend Kupfer. Da in naher Zukunft nicht mit umfassenderGlasfaserverkabelung (Fiber to the Home) zu rechnen ist, bestehtdie Notwendigkeit für Übergangslösungen. Eine Lösung bestehtdarin, mit Hilfe von ADSL-Technologie Übermittlung von digita-lem Video über existierende (Kupfer-) Telefonleitungen zu er-möglichen. Ein zweiter Ansatz, Fiber-to-the-Curb, schließt eineGruppe von Häusern mit Koaxialkabel an einen lokalen Knoten-punkt; von dort besteht Glasfaseranschluß. Schließlich bestehtnoch die (von Kabelbetreibern bevorzugte) Möglichkeit einer Fi-ber/Coax Kombination, bei der mehrere hundert Haushaltedurch Koaxialkabel an einen Knotenpunkt angebunden werden.Von dort besteht eine Glasfaserverbindung zum Videoverteiler.

Set-Top BoxEin großes Hindernis ist die Notwendigkeit einer „intelligen-ten“ Set-Top Box. Sie muß in der Lage sein, Signale in beideRichtungen zu verarbeiten, zu senden und ggf. zu dekompri-mieren.Außerdem müssen digitale Signale dem zunächst ana-logen Endverbrauchergerät angepaßt werden.

Video ServerEin Videoserver muß in der Lage sein, Filme zu unterschiedli-chen, überlappenden Anfangszeiten an Tausende von Endver-brauchern zu verteilen. Dies schafft Bedarf für Großrechnerund neue Software. Ein Problem ist die Versorgung vieler Haus-halte mit demselben, populären, Film kurz hintereinander. DasGegenstück dazu sind eher ausgefallene Filme. Schließlich gibtes in der Mitte zwischen beiden Extremen einige hundert Filme,die relativ häufig verlangt werden.

Oracle schlägt ein dreischichtiges Modell vor, in dem etwa einDutzend Filme im Hauptspeicher des Rechners gespeichertsind. Etwa 200 Filme werden auf Festplatten im Server gespei-chert, mehrere Tausend weniger populäre Filme werden aufKassetten gelagert, die von einem Roboterarm bedient werden.Für die erste Gruppe wird das „memory striping“ oder „diskstriping“ als Lösung für Zeiten größter Nachfrage (z. B. Freitag-abend) vorgeschlagen. Dabei wird entweder jedes Halbbild achtMal abgefragt, oder der Film wird in etwa 1000 Teile „zerlegt“und beim Endverbraucher wieder zusammengesetzt.

Beispiel: Pilotprojekt Hartford, CT, USA. Die unab-hängige Telefongesellschaft SNET hat ein hybrides Glasfaser/Koaxialsystem installiert.Von 1200 anschließbaren Haushaltenhaben 350 diese Alternative zum bestehenden Kabelfernsehengewählt. Es werden 40 Kanäle regulären Kabelfernsehens, 18Kanäle NVOD, sowie weitere VoD-Kanäle für Filme, News onDemand, Musikvideos on Demand, zeitverschobenes Fernsehensowie Spezialinteressen angeboten. Die Videobibliothek hat z.Zt. 1600 Titel.VoD wird als Hauptattraktion gesehen und ver-marktet. Besonderes Interesse scheint für das erotische Nacht-programm „Private Viewing“ zu bestehen.

Trotz ähnlicher Preisgestaltung scheinen einige Zu-schauer NVOD vorzuziehen, vermutlich weil dabei die Notwen-digkeit, Entscheidungen zu fällen, reduziert ist. In Kürze solleninteraktive Anwendungen (Spiele usw.) zum Angebot hinzukom-men. Es werden gerade auch Kameras an Verkehrsknotenpunktengeschaltet, so daß der Benutzer sich vor dem morgendlichen Weg

zur Arbeit über die Verkehrslage unmittelbar informieren kann.Interaktives Glücksspiel ist von großem finanziellen Interesse. Esgibt dafür jedoch z. Zt. noch erhebliche rechtliche Probleme.

Da Hartford hauptsächlich den Markt für neueDienste testen soll, hat man sich für eine manuelle Übergangs-lösung entschieden. ln der Programmzentrale hat SNET etwa100 Videorecorder installiert, die manuell bedient werden. So-bald der Zuschauer einen Film gewählt hat, wird eine entspre-chende Kassette gestartet.Allerdings hat der Zuschauer dieMöglichkeit, den Film mehrfach per Fernbedienung zu unter-brechen. Dieser Low-Tech Ansatz ermöglicht die relativ rei-bungslose Etablierung eines Pilotprojektes.

In Orlando und bei anderen Projekten wird eine volldigitale und automatisierte Struktur angestrebt.Aufgrund dessenhat sich die Einführung des interaktiven Systems aber erheblichverzögert, und z. Zt. sind nur wenige Haushalte statt der zunächsterwarteten 4000 angeschlossen. Das erwartete Werbeeinkommenist auch erheblich reduziert.Von den Betreibern wird diese Ver-zögerung jedoch nicht als Scheitern gesehen, sondern als not-wendiges Umdenken angesichts unerwarteter Komplexität.

4.4. Akzeptanz von Video on Demand

Es gibt bislang wenige handfeste Daten zur Akzeptanz von VoD.Die folgenden Tendenzen scheinen sich jedoch herauszukristal-lisieren:

Vor allem jüngere Zuschauer (unter 50) mögen VoD:Es ist zugleich bequem und HighTech. Die Möglichkeit, den Filmzu unterbrechen, wird als wichtige Eigenschaft gesehen. DiePreisgestaltung ist dabei eine kritische Variable. Der Aufpreis ge-genüber dem Videoverleih sollte relativ gering bleiben.Aller-dings ist das derzeitige Budget für Videoausgaben einschließlichKabelfernsehen auf ca. 30 – 40 Dollar pro Haushalt/Monat be-grenzt. Der zusätzliche Verdienst aus VoD wird wahrscheinlichnicht ausreichen, um die erforderlichen Zusatzinvestitionen proHaushalt zu rechtfertigen.Aufgrund dieser Überlegungen wer-den zusätzliche Anwendungen nötig sein, für die Verbraucherbereit sind zu zahlen. Dabei ist an Teleshopping, Distance Lear-ning, Telemedizin, Telebanking und Telework zu denken.

a00000052225. Die privaten Haushalte

und der elektronische Handel

5.1. Schub für den elektronischen Handel

Durch die Ausbreitung und Nutzung von Telematikanwendun-gen und sogenannter Interorganisationssysteme (IOS) verän-dern sich grundsätzliche Rahmenbedingungen der Wirtschaft.Teile der Wirtschaft, insbesondere die Großunternehmen, nutzenschon seit geraumer Zeit die modernen Mittel der Informations-und Kommunikationstechnik. Der Bereich der kleinen und mitt-leren Unternehmen (KMU) sowie der privaten Haushalte ist bis-her in diese Entwicklungen kaum einbezogen worden.

Durch die zunehmend große Verbreitung telemati-scher Dienste finden Anwendungen des elektronischen Handels(Electronic Commerce) in den USA und Europa zunehmendauch bei Privaten Akzeptanz. Mehr als 50 Prozent der WWW-Server werden bereits für kommerzielle Zwecke genutzt.

N. Mundorf, H.-D. Zimmermann: Informationstechnologien im privaten Haushalt 129

5.2. Teleshopping

Teleshopping erlaubt Nachfragern das „Einkaufen“ über tele-matische Medien. Den Benutzern werden unterschiedlicheFunktionen zur Verfügung gestellt, welche die einzelne oder allePhasen einer Markttransaktion unterstützen [14].

5.2.1. Informationsphase

Auf den unterschiedlichen Systemen finden sich elektronischeProduktkataloge einzelner Anbieter. Einige sind lediglich sequen-tiell durchsuchbar, in komplexeren Anwendungen stehen mächti-ge Suchmechanismen zur Verfügung. Häufig werden die Produk-te auch mit multimedialen Elementen präsentiert, z. B. mit Bil-dern,Animationen oder auch Video- und Audiosequenzen.

Im Rahmen von WWW besteht zusätzlich die Mög-lichkeit, über Hyperlinks weitere, bereits auf dem Internet ver-fügbare Informationen in die Produktdarstellung einzubinden.Beispiele sind Buchrezensionen oder diverse Testberichte, z. B.von Computerzeitschriften.

Verschiedene Anbieter stellen Funktionen bereit,welche dem Nachfrager die Suche nach Produkten in mehrerenelektronischen Katalogen gleichzeitig ermöglichen [12]. DerNachfrager erhält eine Liste der Angebote bei allen durchsuch-ten Anbietern. Damit erhält der Konsument eine Markttranspa-renz, die auf herkömmlichen Wegen nur mit sehr großem Auf-wand erzielbar ist.

Elektronische Shopping Centers oder Malls auf demInternet fassen Anbieter nach unterschiedlichen Kriterien, z. B.nach Branchen oder Regionen, unter „einem Dach“ zusammen.Damit erleichtern die Betreiber dieser Malls dem Nutzer u. a.das Auffinden von Anbietern. Die Internet-basierten „Malls“ ha-ben den Vorteil, daß sie grenzüberschreitend nutzbar sind unddamit einen natürlichen, aber z. B. durch Grenzen getrenntenWirtschaftsraum bedienen können. Ein Beispiel ist die „Electro-nic Mall Bodensee“ [6] in der Region Bodensee.

Im Zusammenhang mit der Informationsbeschaf-fung ist der Dienst WWW heute am ehesten in der Lage, die An-forderungen der privaten Kunden zu befriedigen. Die Multime-diamöglichkeiten ermöglichen eine sehr ansprechende Präsen-tation von Produkten. Durch die Hypermediaeigenschaften las-sen sich andernorts vorhandene Informationen, die mit demProdukt in Verbindung stehen, sehr einfach verknüpfen.Auf-grund der Globalität des Internet ist die Fülle der erreichbarenInformationsressourcen auf WWW wohl einzigartig im Ver-gleich zu den anderen hier betrachteten Telematiksystemen.

Viele der amerikanischen Online-Dienste sind eben-falls in der Lage, multimediale Elemente zu nutzen. Der deut-sche Dienst T-Online ist seit Einführung des KIT-Standards1995 multimedial.

Aufgrund ihrer grundsätzlich nationalen Ausrich-tung sind sowohl einige der amerikanischen Online- als auchdie nationalen Videotex-Dienste in Europa in ihrem Informati-onsangebot (im Vergleich zu den Internetressourcen) be-schränkt.Amerikanische Online-Kunden haben keine Möglich-keit, auf Produktinformationen von Anbietern, die z. B. auf T-Online präsent sind, zuzugreifen.Andersherum können deut-sche T-Online Kunden nicht auf amerikanische Anbieter zu-greifen, selbst innerhalb Europas ist der Übergang zwischenden nationalen Videotex-Systemen nur beschränkt möglich.

5.2.2.Vereinbarungsphase (Kaufabschluß)

Viele Anbieter von Produkten bieten auch die elektronische Be-stellung an. Der Kunde erhält über eine Bestellfunktion i. d. R.ein elektronisches Formular, in das er seine Bestellwünsche ein-trägt. Komfortable Bestellsysteme arbeiten z. B. nach dem Ein-kaufskorbprinzip, bei dem ein Käufer seinen virtuellen Ein-kaufskorb füllt. Die erfaßten Bestellungen werden dann (i. d. R.elektronisch) an den Anbieter weitergeleitet.

5.2.3. Abwicklungsphase

Im Rahmen der Abwicklung von Shopping-Transaktionen wer-den eine Reihe von sekundären Transaktionen ausgelöst. Hier-bei steht vor allem das „elektronische Bezahlen“ im Vorder-grund. Die meisten der amerikanischen Anbieter erfragen beider elektronischen Bestellung die Kreditkartennummer desKäufers zwecks Abrechnung des Kaufbetrages. Zum Teil werdenauf entsprechenden Plattformen auch proprietäre Zahlungsme-chanismen eingesetzt. Bei den europäischen Anbietern wird i. d. R. eine Rechnung vom Anbieter versandt,Abrechnungenüber Kreditkarten halten erst allmählich Einzug. Über WWWlassen sich heute Mechanismen realisieren, welche die sichereÜbertragung von Kreditkarten-Informationen zwischen Käufer(Client) und Anbieter (Server) erlauben. Zentral organisierteOnline-Dienste ermöglichen auch ein Inkasso über den Dienst-Betreiber. Beispiele sind hier die klassischen Videotex-Dienste.

Notwendig werden möglichst generische Zahlungs-systeme, welche über verschiedenen Plattformen den Nutzernzur Verfügung gestellt werden können und die sich möglichsteinfach in den primären Prozeß, den Kauf, integrieren lassen.

5.3. Telebanking

Telebanking-Systeme dienen zur Abwicklung von Bankgeschäf-ten mit Hilfe telematischer Systeme vom Standort des Kundenaus und ohne Einschaltung eines Bankmitarbeiters. Der BegriffHomebanking bezieht sich auf die Abwicklung von Bankge-schäften von Zuhause, wobei hier neben telematischen Medienim engeren Sinn auch z. B. das Telefon eingesetzt werden kann.

Im Rahmen der Informationsfunktionen der Teleban-king-Anwendungen muß man unterscheiden zwischen allgemei-nen und kunden- bzw. kontoabhängigen Informationen. Untererstere fallen z. B. Produktinformationen, allgemeine Wirt-schafts- und Börseninformationen sowie auch bankunabhängigeInformationen wie Veranstaltungshinweise etc. In die zweiteGruppe fallen alle diejenigen Informationen, die direkt einenKunden bzw. seine Konti betreffen. Hierbei handelt es sich z. B.um Buchungs- und Depotinformationen. Die Hauptanwendun-gen im Rahmen von transaktionsorientierten Telebanking-Pro-grammen sind die Erteilung von Zahlungsaufträgen sowie dieAuftragserteilung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften.

Bei den europäischen Videotex-Diensten wie z. B.T- bzw. Swiss Online sind transaktionsorientierte TelebankingAnwendungen die am besten akzeptierten Anwendungen.Aufdem Internet spielt die transaktionsorientierte Abwicklung vonBankgeschäften dagegen bisher kaum eine Rolle.WichtigeGründe sind u.a. die bisher nicht ausreichenden Sicherheits-konzepte. Neben allgemein verfügbaren Produkt- und aktuellenKursinformationen bieten einige Banken aber bereits den Zu-

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griff auf individuelle Kontodaten via Internet/WWW an. Zweiösterreichische Finanzdienstleister erlauben beispielsweiseihren Kunden einen Online-Zugang zum jeweiligen Teleban-king-Programm via Telnet. Es werden dabei die gleichen Sicher-heitsmechanismen eingesetzt wie beim Btx-Telebanking. Mitder Security First Network Bank (SFNB) ist inzwischen die erstereine Netzwerkbank aktiv geworden, die auch transaktionsori-entierte Dienste wie „Bill Payment“ anbietet.

Weltweit wird gegenwärtig an der Entwicklung vonelektronischen Zahlungssystemen unterschiedlichster Art gear-beitet. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die betriebswirtschaftlichsinnvolle Abwicklung von „Kleinstzahlungen“.

a00000052226. Telework

Eine in den USA und einigen anderen Ländern schon weit ver-breitete praktische Anwendung von IT im Privathaushalt ist Te-lework. Dabei gehen Arbeitnehmer oder Freiberufliche ihrerTätigkeit in der Privatwohnung nach und sind durch Telekom-munikation mit Firma und/oder Kunden verbunden.Von be-sonderem Interesse sind dabei Arbeitnehmer, die an einem re-gulären Telework-Programm ihrer Firma teilnehmen. Die An-zahl solcher Beschäftigten wird in den USA aut etwa acht Mil-lionen geschätzt. Dazu kommen etwa 30 Millionen, die Teilzeit,selbständig, oder nach der regulären Arbeitszeit zu Hause ar-beiten.

Die meisten Analysen zum Telework berichten einerhöhtes Maß an Produktivität und Zufriedenheit der Beschäf-tigten.Weitere Vorteile werden in der reduzierten Umweltbela-stung durch weniger Automobilverkehr, in geringeren Ausga-ben für Arbeitsplätze, in der Möglichkeit,Arbeitnehmer zu be-schäftigen, die ansonsten nicht willens oder in der Lage wären,täglich zum Büro zu pendeln (z. B. Mütter mit kleinen Kindern,Behinderte) sowie Ersparnisse bei Kleidung und Essen gesehen.Als Nachteile werden allgemein Probleme bei der Trennung vonPrivatleben und Arbeit gesehen. Besonders in Europa wird dieSchwächung der betrieblichen Mitbestimmung sowie ein Ver-lust an Rechten durch zunehmende Beschäftigung von Teilzeit-oder Zeitvertragskräften befürchtet. Zudem ist unklar, wer daserforderliche Gerät im Haus sowie zusätzliche Kosten (Telefone,Versicherung) übernimmt.

Isolation scheint nur in wenigen Fällen ein Problemzu sein, da die meisten Teleworker zwei- bis dreimal pro Wocheins Büro kommen oder häufige Kundenkontakte haben.Aller-dings ist man sich darüber einig, daß nicht jeder ein idealer Te-leworker ist. Persönlichkeit, Fähigkeiten, Motivation und Bezie-hung zu Mitarbeitern und Vorgesetzten spielen eine Rolle.Auchviele mittlere Manager sind zunächst skeptisch, obwohl die mei-sten Erfahrungsberichte auch aus deren Perspektive positivsind. Kulturelle und politische Faktoren beeinflussen die Ak-zeptanz des Telework. Insbesondere sind die Trennung von Pri-vatsphäre und Arbeit sowie der Datenschutz etwa in Deutsch-land weit stärker ausgeprägt als in den USA. Umweltgesetzge-bung in den USA hat die Notwendigkeit, den Verkehr in Bal-lungsgebieten einzuschränken, ins Blickfeld gerückt.

a00000052227. Schlußbemerkung

Dieser Artikel weist auf einen Bereich der Technologieentwick-lung hin, der besonders in der Fachliteratur bisher vernachläs-sigt wurde und erst allmählich Gegenstand der Forschung wird[1].Während eine weitere Informatisierung auch im Privatbe-reich zu erwarten ist, bleibt unklar, welche Hardware und Soft-ware bei Verbrauchern populär sein wird, wieviel Geld und Zeitsie dafür aufbringen werden, welche demographischen Grup-pen Interesse zeigen werden und welche gesellschaftlichen Fol-gen zu erwarten sind.Vor allem die Anbieter von Diensten, Soft-ware und Geräten zeigen oft erheblichen Zweckoptimismus.Dies ist z. B. bei der VoD-Euphorie zu beobachten, wo wenig em-pirische Daten vorliegen.Andererseits entsteht auch eine positi-ve Eigendynamik bei IT-Benutzern, die sich z. B. in der uner-warteten Popularität des Internet manifestiert hat. In manchenFällen setzt sich die angebotsseitige Euphorie auch in entspre-chendes Käuferverhalten um, wie z. B. beim Multimedia CD-ROM in der Weihnachtssaison 1994 (konjunkturbedingt v. a. inden USA). Geht man davon aus, daß die meisten Verbraucherschon hinreichende Unterhaltungs- und Informationsquellenhaben, so müssen erfolgreiche Alternativen klare Vorteile bie-ten: Sie müssen preiswert und benutzerfreundlich sein undmehrfachen Nutzen bringen.VoD wäre z. B. als Einstiegsanwen-dung zu vertreten. Um jedoch die nötigen Investitionen zurechtfertigen, müssen zusätzliche Anwendungen zur Verfügungstehen, für die Verbraucher tatsächlich zahlen werden. Bislanghat sich noch keine „Killer Application“ herauskristallisiert,und es ist unklar, ob dies je geschehen wird. Statt dessen werdenVerbraucher unterschiedliche Anwendungen von Diensten wieHome Shopping und Banking, Telework, e-mail,Videotelefon,Sicherheit, Lernen, Spiele und Unterhaltung probieren.Wie inder Vergangenheit werden auch in der Zukunft zahlreiche Tech-nologien sich als nutzlos, teuer oder zu kompliziert erweisen.Ein besseres Verständnis der privaten Nutzer könnte jedoch er-hebliche Fehlinvestitionen und negative gesellschaftliche Kon-sequenzen verhindern.

Norbert Mundorf hat in Bonn und an der India-na University studiert.Er lehrt seit seiner Pro-motion 1987 an der University of Rhode Island,wo er seit 1993 Associate Professor im BereichCommunication Studies ist.Am Research Insti-tute for Telecommunications and InformationMarketing arbeitet er über Akzeptanz neuer In-formations- und Unterhaltungstechnologien imPrivatbereich.Z.Zt.entwickelt er MultimediaSoftware im Bereich Health Promotion.

Hans-Dieter Zimmermann studierte BWL in Aa-chen und Nürnberg.Nach dem Abschluß als Di-plom-Kaufmann arbeitete er bis 1991 am Lehr-stuhl für Wirtschaftsinformatik der UniversitätBamberg.Seit September 1991 ist er Projektleiteram Institut für Wirtschaftsinformatik der Hoch-schule St.Gallen. 1995 promovierte er mit demTitel „Auf dem Weg in die Informationsgesell-schaft – die Einbindung privater Haushalte in te-lematische Dienste und Anwendungen.“

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a0000005222Literatur

1. Brenner,W.; Kolbe, L. (Hrsg.): The Information Superhighway andPrivate Households. Heidelberg, 1996

2. Bryant, J.; Love, C.: Entertainment as the Driver of New Informa-tion Technologies. In: Dholakia, R. R., Mundorf, N., Dholakia, N.(Herausgeber). New Infotainment Technologies in the Home:Demand-side Perspectives. Erlbaum Publishers, Hillsdale, NJ,1996

3. Carey, J.: Looking Back to the Future: How Communication Tech-nologies enter the American Household. In: J.V.Pavlik and Dennis,E.V. (Hrsg.) Demystifying Media Technology. Mountainview, CA:Mayfield Publishing, 1992, 32–39

4. Dholakia, R.: The plugged-in home: Marketing of informationtechnologies to U.S. households. In P. Zoche (Hrsg.), Herausforde-rungen für die Informationstechnik, Challenges for InformationTechnology, 1994, 61–69

5. Dholakia, R. R.; Mundorf, N.; Dholakia, N.: Bringing Infortain-ment Home: Challenges and Choices. In: Dholakia, R. R.; Mun-dorf, N.; Dholakia, N. (Hrsg.): New Infotainment Technologies inthe Home: Demand-side Perspectives. Erlbaum Publishers, Hills-dale, NJ, 1996

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9. Meyer, S.; Schulze, E.: Familie, Haushalt, Freizeit . In R. Stransfeld,J. Seetzen (Hrsg.).Anwendungen der Informationstechnik – Ent-wicklungen und Erwartungen. Düsseldorf: VDI-Technologiezen-trum, 1993

10. Mundorf, N.; Zoche, P.: Nutzer, private Haushalte und Informati-onstechnik. Users, Private Households, and Information Techno-logy. In P. Zoche (Hrsg.): Herausforderungen für die Informati-onstechnik. 1994, 61–69

11. Mundorf, N.; Dholakia, R. R.; Dholakia, N.; Westin, S.: Orientati-ons towards Technology in Germany and the U.S.: Implicationsfor Marketing and Public Policy. Journal of International Consu-mer Marketing (in Druck)

12. Schneider, F.: Retailing in the Internet. In: International Trends inRetailing. December 1995, 67–80

13. Schneider, G.: Eine Einfühung in das Internet. In: InformatikSpektrum, Nr. 5/1995, 263–271

14. Zimmermann, H.-D.; Kuhn, C.: Grundlegende Konzepte einer Electronic Mall. In: Schmid, B. et al.: Electronic Mall – Bankingund Shopping in globalen Netzen. Teubner Verlag, Stuttgart, 1995.

15. Zimmermann, H.-D.: Auf dem Weg in die Informationsgesell-schaft – Die Einbindung privater Haushalte in telematische Dien-ste und Anwendungen. Dissertation, St. Gallen 1995

Eingegangen am 04.04.1995, in überarbeiteter Form am 08.03.1996

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Berichtigung

Durch einen technischen Fehler wurde in dem Artikel „Punktund Komma“ von Professor Dr. Friedrich L. Bauer eine falscheFormel ausgedruckt (Historische Notizen, Informatik-SpektrumBand 19, Heft 2/1996, Seite 94). Wir bitten, diesen Fehler zu ent-schuldigen und bringen hier noch einmal den entsprechendenAbschnitt mit der korrekten Formel.

Napier bespricht dann 1617 in der Rhabdologia auchdie Dezimalarithmetik und benutzt als Separatrix zunächst dasKomma, später den Pellosschen Punkt. Insbesondere in seinenLogarithmentafeln wird der Punkt verwendet und erfährt da-mit buchstäblich eine weite Verbreitung. Seit 1630 finden sich

Dezimalbrüche allgemein in den einschlägigen Lehrbüchern,und zwar mit dem Pellosschen Dezimalpunkt als Trennzeichen.Er tritt insbesondere bei Kepler auf, und es scheint, daß in derwissenschaftlichen Literatur, etwa in den Tafelwerken der Astro-nomie, dies so bleibt; so in den Logarithmentafeln von Briggsund Vlacq; auch in der Logarithmentafel von Lalande (1805)steht log 2 = 0.30103, und im Buch von Bruns „Grundlinien des

wissenschaftlichen Rechnens“ von 1903 findet sich

8406.23 . Eine Verwechslung des Pelosschen Dezimalpunktsmit dem Leibnizschen Multiplikationspunkt war nie zu be-fürchten.

dxxlog 100000

200000

∫ =