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124 Quintessenz Zahntech 2015;41(2):124–132 INNOVATIONEN CAD/CAM Möglichkeiten der digitalen Kieferorthopädie Interessantes Geschäftsfeld für Dentallabore Udo Höhn Innerhalb der vergangenen Jahre haben sich in der Kieferorthopädie die therapeutischen Möglichkeiten durch die digitalen Technologien rasant entwickelt. Das Potenzial ist groß, denn in kaum einem anderen Bereich der Zahnmedizin bringen bspw. digitale intraorale Abformsysteme solch weitgreifende Vorteile mit sich. Zudem steigen die Patientenwün- sche hinsichtlich der Ästhetik; die Kieferorthopädie ist heute längst mehr als die Herstel- lung von Spangen zur Korrektur von Fehlstellungen in der Wachstumsphase. Für das Labor bedeutet die Einführung digitaler Technologien für die Herstellung kieferorthopädischer Geräte unter anderem, dass aufwendige händische Arbeiten der klassischen Kieferortho- pädie entfallen. Dentallabore können mit der CAD/CAM-Technik rationeller (höhere Wert- schöpfung) und bedürfnisorientierter agieren. Vielleicht ein Grund, um das Angebot der prothetischen Leistungen um kieferorthopädische, bspw. die CAM-basierte Herstellung von herausnehmbaren und festsitzenden Apparaturen, zu erweitern. Für die problemlose und flexible Integration dieses Angebots können das Labor und/oder die Praxis auf die Dienst- leistungen spezialisierter Unternehmen zurückgreifen. So ermöglicht z. B. das modulare Zusammenfassung Wie in der prothetischen Zahn- medizin gewinnen auch im Fachbereich der Kieferorthopä- die die digitalen Technologien zunehmend an Relevanz. Wie in keinem anderen Bereich können durch CAD/CAM- Anwendungen Behandlungs- abläufe optimiert und Arbeits- schritte wesentlich erleichtert werden. Der Autor beschreibt, wie Behandlungsapparaturen auf Basis einer kieferorthopä- dischen CAD-Software herge- stellt werden können und geht insbesondere auf Zahnkorrek- turschienen ein. Indizes CAD/CAM, digitale Kieferor- thopädie, intraorale Abfor- mung, virtuelle Modellanalyse, Zahnkorrekturschiene

INNOVATIONEN - DentaCore · (Invisalign, orthocaps etc.), ... zwischen den Behandlungspartnern sowie dem reduzierten Risiko des Modellverlustes oder ... Eine Stufe entspricht etwa

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124 Quintessenz Zahntech 2015;41(2):124–132

INNOVATIONENCAD/CAM

Möglichkeiten der digitalen KieferorthopädieInteressantes Geschäftsfeld für Dentallabore

Udo Höhn

Innerhalb der vergangenen Jahre haben sich in der Kieferorthopädie die therapeutischen Möglichkeiten durch die digitalen Technologien rasant entwickelt. Das Potenzial ist groß, denn in kaum einem anderen Bereich der Zahnmedizin bringen bspw. digitale intraorale Abformsysteme solch weitgreifende Vorteile mit sich. Zudem steigen die Patientenwün-sche hinsichtlich der Ästhetik; die Kieferorthopädie ist heute längst mehr als die Herstel-lung von Spangen zur Korrektur von Fehlstellungen in der Wachstumsphase. Für das Labor bedeutet die Einführung digitaler Technologien für die Herstellung kieferorthopädischer Geräte unter anderem, dass aufwendige händische Arbeiten der klassischen Kieferortho-pädie entfallen. Dentallabore können mit der CAD/CAM-Technik rationeller (höhere Wert-schöpfung) und bedürfnisorientierter agieren. Vielleicht ein Grund, um das Angebot der prothetischen Leistungen um kieferorthopädische, bspw. die CAM-basierte Herstellung von herausnehmbaren und festsitzenden Apparaturen, zu erweitern. Für die problemlose und flexible Integration dieses Angebots können das Labor und/oder die Praxis auf die Dienst-leistungen spezialisierter Unternehmen zurückgreifen. So ermöglicht z. B. das modulare

ZusammenfassungWie in der prothetischen Zahn-medizin gewinnen auch im Fachbereich der Kieferorthopä-die die digitalen Technologien zunehmend an Relevanz. Wie in keinem anderen Bereich können durch CAD/CAM- Anwendungen Behandlungs-abläufe optimiert und Arbeits-schritte wesentlich erleichtert werden. Der Autor beschreibt, wie Behandlungsapparaturen auf Basis einer kieferorthopä-dischen CAD-Software herge-stellt werden können und geht insbesondere auf Zahnkorrek-turschienen ein.

IndizesCAD/CAM, digitale Kieferor-thopädie, intraorale Abfor-mung, virtuelle Modellanalyse, Zahnkorrekturschiene

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Produktportfolio von DentaCore (Berlin) einen unkomplizierten Einstieg in die digitale Welt der Kieferorthopädie. Einzelne Produktkomponenten (Hard- und Software), Komplettlö-sungen und die kompetente Beratung werden in ein schlüssiges Konzept gebracht. Die Produkte haben offene Schnittstellen und sind somit kompatibel zu anderen offenen CAD/CAM-Lösungen am Markt. Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben den therapeu-tischen Ablauf bei der Herstellung von Zahnkorrekturschienen (Abb. 1). Die Planung und Verantwortung einer solchen Therapie obliegt dem Zahnarzt, der in enger Kommunikation mit dem Zahntechniker interagiert. Es sei darauf hingewiesen, dass bei umfangreichen ver-tikalen, rotatorischen und translatorischen Zahnbewegungen den Zahnkorrekturschienen generell Grenzen gesetzt sind.

Immer häufi ger konsultieren Patienten mit dem Wunsch nach der Korrektur einer Zahn-fehlstellung die Praxis; sowohl Jugendliche als auch Erwachsene entscheiden sich nach ei-ner Beratung durch den Zahnarzt für eine Therapie mithilfe einer Zahnkorrekturschiene, auch Aligner genannt (Abb. 2 und 3). Es gibt verschiedene Ansätze, z. B. der handwerk-lich vom Zahntechniker gefertigte Aligner oder die Herstellung durch externe Dienstleister (Invisalign, orthocaps etc.), wobei sich das Grundprinzip ähnelt.

Schienen zur Korrektur von leichten bis mittelschweren Zahnfehlstellungen können mit der Etablierung der CAD/CAM-Technik von jedem Dentallabor angeboten werden, sofern es sich mit der Thematik auseinandersetzt und offen für neue Wege ist (Abb. 4 bis 9). Für die

Einführung

Beispiel Dentallabor

Abb. 2 und 3 Zahnkorrektur-schiene (auch Aligner). Die Vorteile für den Patienten sind eine ungestörte Ästhetik und Phonetik, eine uneinge-schränkte häusliche Zahnpfl ege sowie die exakte Vorhersagbar-keit des Ergebnisses.

Abb. 1 Beispielfall: Daten eines Intraoralscans. Mittels Zahnkor-rekturschiene soll die Zahnstel-lung idealisiert werden.

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Anfertigung der Schienen wird anhand der digitalen Abformungen (alternativ konventio-nell) in einer Software (z. B. OrthoAnalyzer, 3Shape) die anzustrebende Situation erarbei-tet. Aus dem digitalen Datensatz berechnet der Computer mehrere virtuelle Modelle, die mittels eines Druckers in physische Set-up-Modelle umgesetzt werden. Im Labor erfolgt die konventionelle Fertigung von Tiefziehschienen, wobei die Möglichkeit der digitalen Umset-zung besteht. Hilfreich ist das Einbringen zusätzlicher Attachments in die jeweilige Schiene, was bereits am virtuellen Modell entsprechend geplant werden kann. Mit den Schienen erfolgt die schrittweise Annäherung an das Behandlungsziel. Die Vorteile der herausnehm-baren Schienen für den Patienten gegenüber konventionellen Apparaturen (z. B. Brackets) sind die ungestörte Ästhetik und Phonetik, eine uneingeschränkte häusliche Zahnpflege, der hohe Tragekomfort sowie die exakte Vorhersagbarkeit des Ergebnisses. Durch die virtu-elle Analyse und Bestimmung des Therapieweges sieht der Patient vor Behandlungsbeginn das Ziel und kann sich davon motivieren lassen.

Abb. 4 bis 9 Vorher/nachher: Für diese drei Patienten wurden Zahnkorrekturschienen gefertigt und so die Fehlstel-lungen der Zähne weitestge-hend korrigiert. Hinweis: Bei umfangreichen vertikalen, rotatorischen und translatori-schen Zahnbewegungen sind den Zahnkorrekturschienen Grenzen gesetzt.

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Die Fertigung einer Zahnkorrekturschiene durch einen Dienstleister umfasst folgende Ar-beitsschritte: Basierend auf der Abformung der Kiefer erfolgt nach Vorgabe des Zahnarztes eine computergestützte, dreidimensionale Simulation der gewünschten Zahnbewegun-gen. Auf stereolithografi schem Weg wird eine Serie von Modellen gefertigt, die Basis für Kunststoffschienen (Aligner) sind, mit denen die Zahnstellung in kleinen Schritten korrigiert werden kann. Für einfache Zahnstellungskorrekturen werden 10 bis 20 Aligner benötig, für umfangreiche Zahnbewegungen, wie sie nach einer Extraktion indiziert sein können, zwi-schen 20 und 40. Die externen Dienstleister übernehmen im Wesentlichen die Aufgaben des zahntechnischen Labors.

Um eine solche Therapie vornehmen zu können, müssen die für die Diagnostik und The-rapieplanung erforderlichen Unterlagen und Daten (Anamnese, Befund, Röntgenbilder, kephalometrische Analysen, Porträtfotos) digital erfasst und gespeichert werden. Die „Ak-quise“ der 3-D-Daten von Zähnen und Gingiva kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, z. B. mit dem Intraoralscanner TRIOS® Ortho (3Shape) (Abb. 10). In zwei bis drei Minuten kann der komplette Kiefer präzise erfasst werden. Ein Pudern der Zahnoberfl äche ist nicht notwendig. Durch die Überlagerung und das Zusammenführen einzelner Scan-Daten wird der digitale Scan in 3-D erstellt.

Generell ist der intraorale Abformscan heute eine probate Möglichkeit, um ohne aufwen-dige, fehleranfällige Umkehrprozesse ein virtuelles Modell der Mundsituation zu erstellen. Dank steter Entwicklung von Hard- und Software sind die Anwendungen für die Praxis ein-fach und intuitiv geworden; Ergebnisqualität sowie die Quantität erhöhen sich. Die Vorteile der intraoralen Datenerfassung liegen zudem in der sofortigen Visualisierung der Situation für den Patienten, der problemlosen Datenarchivierung, der vereinfachten Kommunikation zwischen den Behandlungspartnern sowie dem reduzierten Risiko des Modellverlustes oder dessen Beschädigung (Abb. 11). Bei der Wahl des optimalen Systems sollten Labore die so-genannte „offene Schnittstelle“ beachten, denn diese gewährt die Trennung von digitaler Abformung und Datenweiterverarbeitung. Bei einem offenen System sind die Anwender nicht verpfl ichtet, die Patientendateien für anschließende Arbeitsprozesse an externe An-bieter weiterzugeben. Der Anwender behält die Datenhoheit und die Möglichkeit, mithilfe eines auf den Scanner abgestimmten Softwarepakets die Abformdaten zu speichern sowie die Folgeprozesse selbst zu gestalten.

Beispiel Dienstleister

Digitale Abformung

Abb. 10 Die digitale intraorale Datenerfassung ist in der Kieferorthopädie ein probater Weg, um ohne fehleranfällige Umkehrprozesse ein virtuelles Modell zu erzeugen.

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Die Erzeugung von virtuellen Daten im Mund des Patienten hat sich für kieferorthopädi-sche Zwecke als präzise erwiesen. Die Toleranzen (Mittelwerte) der Datensätze bei moder-nen Systemen respektive etwaige geringe Abweichungen können nach Ansicht des Autors als für die Kieferorthopädie irrelevant bewertet werden. Eine korrekt vorgenommene Ganz-kieferabformung mit Silikon ist dem Einscannen hinsichtlich der Genauigkeit wahrschein-lich überlegen, aber in der Kieferorthopädie wird hauptsächlich mit Alginaten abgeformt. In wenigen Minuten hat der routinierte Anwender den Ober- sowie Unterkieferzahnbogen gescannt. Der Patient kann während der Datenerfassung in entspannter Atmosphäre die Generierung der Munddaten auf dem Bildschirm verfolgen. Die Daten werden direkt in die Software importiert und stehen nun zur Bearbeitung bereit. Im konventionellen Vorgehen ist bis zu diesem Zeitpunkt viel Zeit vergangen. Vom Anmischen des Abformmaterials über die eigentliche Abformung bis hin zu Desinfektion, Verpackung und Versand werden viele Arbeitsschritte benötigt.

Anamnese, klinischer Befund, Fotos, Röntgenbilder etc. werden in der digitalen Patien-tenakte gespeichert und die intraoral akquirierten, offenen 3-D-Daten der Software (z. B. OrthoAnalyzer, 3Shape) zugeführt. Die Anwendung OrthoAnalyzer wurde speziell dafür entwickelt, Modellanalysen und Vermessungen einfach mit einem Mausklick vorzunehmen. Zudem werden vollständige Behandlungssimulationen möglich. Verständliche Fragebögen führen selbst unerfahrene Anwender schrittweise durch das Programm. Die Bearbeitung des virtuellen Modelles nimmt relativ wenig Zeit in Anspruch. Aus der Datenbank können individuell veränderbare Basen geladen und die Modelle für ein einheitliches Erscheinungs-bild „gesockelt“ werden (Abb. 12). Der Zahnarzt nutzt das virtuelle Modell zur Diagnostik und kann die Situation in allen Ebenen auswerten. Die Modellanalyse in der Software ähnelt

Digitale Behandlungsplanung

Abb. 11 Virtuelle Archivierung der digitalen Modelle.

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dem Vorgehen am physischen Modell. Anstelle von Messzirkel, Stift und Lineal sind aller-dings nur noch wenige Mausklicks notwendig (Abb. 13).

Für das Vermessen der Zahngröße und -position dienen verschiedene Werkzeuge; mit entsprechenden Tools wird der Patientenstatus analysiert und die kieferorthopädische Be-handlung festgelegt. Bei der Erarbeitung des virtuellen Set-ups können die verschiedenen Behandlungsszenarien simuliert und dargestellt werden (Abb. 14). Automatisch berech-nete Schnittsplines segmentieren die Zähne von der Modellbasis. Zahnachsen sowie Rota-tionszentren der Zähne lassen sich individuell festlegen. Die Zahnstellung kann nun vom Zahnarzt mithilfe der 3-D-Steuerung korrigiert werden. Alle Bewegungen (Translation, Ro-tation, Neigung, Extrusion, Intrusion) werden in der Software dokumentiert und in einer

Abb. 12 Die Daten der digitalen intraoralen Abformung werden im ersten Schritt „gesockelt“.

Abb. 13 Klassische Korkhaus-Anlayse am virtuellen Modell.

Abb. 14 a und b Performance-Ansicht einer Zahnstellungskorrektur. Deutlich zu erkennen ist die Aligner-Behandlung bei Betrachtung der Inzisivi. Das stufenweise anzustrebende Ziel erscheint ähnlich wie die Wachstumsrillen eines Baumes. Für das Bild wurden zirka 10 Korrekturstufen/Datensätze (= Set-up-Modelle) übereinander gelagert. Eine Stufe entspricht etwa 0,2 mm Zahnbewegung. Die Eckzähne bleiben von der Behandlung unberührt und werden nicht bewegt.

a b

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Zahnbewegungsübersicht angezeigt (Abb. 15 und 16). Die Zahnbewegungen können in Okklusion oder im virtuellen Artikulator ausgeführt werden (Abb. 17). Okklusale Frühkon-takte sowie Hyperbalancen in der Seitwärtsbewegung werden von der Software angezeigt. Anteriore Engstände, die eine Stellungskorrektur möglicherweise behindern, können mit-tels approximaler Schmelzreduktion überwunden werden. Stellungskorrekturen, die sich nur bedingt mit einer Korrekturschiene umsetzen lassen, können mit entsprechenden At-tachment-Geometrien unterstützt werden. DentaCore bietet hierfür eine Bibliothek mit aktiven und passiven Geometrien an. Ist das Ziel definiert, unterteilt der Zahnarzt den Therapieweg in einzelne Set-up-Schritte. Für jeden der Schritte wird ein virtuelles Modell im standardmäßigen STL-Datensatz generiert und der offene Datensatz zur Fertigung eines physischen Modells freigegeben.

Abb. 15 und 16 Diese beiden Ansichten zeigen die Erarbei-tung der Zahnkorrektur-schiene. Alle Bewegungen (Translation, Rotation, Nei-gung, Extrusion, Intrusion) werden in der Software dokumentiert und in einer Zahnbewegungsübersicht angezeigt. Für die Behand-lungsplanung können die dreidimensionalen Röntgenda-ten (DVT) in die Software eingefügt und mit den virtuellen Modelldaten überlagert werden.

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Für die Weiterverarbeitung der digitalen Daten bzw. die Modellherstellung stehen verschie-dene Fertigungsmethoden zur Verfügung. Wer nicht in einen eigenen Drucker investieren möchte, kann auf einen externen Anbieter zurückgreifen und erhält binnen kurzer Zeit die physischen Modelle zugesandt (Abb. 18). Wer über eine eigene Fertigungseinheit (4- oder 5-Achsfräsmaschine, 3-D-Drucker) verfügt, kann die Planungsdaten aus der Software direkt in Modelle umsetzen. Somit kann beispielsweise die laboreigene Fräsmaschine in „Nullzei-ten“ ausgelastet werden.

Bei der Herstellung der entsprechenden Apparatur kann auf den konventionellen Weg zurückgegriffen werden (Abb. 19): Tiefziehen und Ausarbeiten der Schienen erfolgt im gewohnten zahntechnischen Vorgehen. Allerdings ist auch in diesem Bereich die CAD/CAM-Technologie einen großen Schritt nach vorn gegangen. So erlaubt z. B. die Soft-wareanwendung ApplianceDesigner (3Shape) das Konstruieren von Arbeitsvorlagen und therapeutischen Apparaturen. Der ApplianceDesigner ist ein speziell entwickeltes CAD-Pro-gramm zur Anfertigung kieferorthopädischer Modelle und Apparaturen. Mit der fl exiblen Software-Toolbox können Anwender schnell und einfach Standardteile und -komponenten in ihren Entwurf einbinden. Überarbeitete Studienmodelle und Modellentwürfe können auf 3-D-Maschinen und unter Verwendung vieler Materialien ausgegeben werden. Die ortho-dontische CAD-Software baut auf die zuvor beschriebene Applikation logisch auf und er-laubt das Konstruieren therapeutischer Apparaturen. Mit dem virtuellen Artikulator können Schienen und Positioner in therapeutischer Bisslage sowie Hilfskonstruktionen (Retainer, angepasste Multibänder, Splints, Gaumenbügel, Herbstscharniere etc.) konstruiert werden. Basierend auf der offenen Systemstrategie können die Konstruktionen zur Fertigung an einen 3-D-Drucker oder eine Fräsmaschine übergeben werden (Abb. 20).

Die digitalen Technologien lassen den im klassischen Dentallabor oftmals stiefmütterlich behandelten Fachbereich „Kieferorthopädie“ unter neuen Aspekten betrachten. Die viel-seitigen Möglichkeiten der digitalen Kieferorthopädie und die steigende Nachfrage seitens der Patienten nach Zahnfehlstellungskorrekturen bereichern das Angebotsportfolio. Ob es im herkömmlichen Verfahren (Tiefziehverfahren) auf Basis digitaler Modelle oder mit einer

CAM-Herstellung von herausnehmbaren und festsitzenden

Apparaturen

Fazit

Abb. 17 Die anzustrebenden Zahnbewegungen können im virtuellen Artikulator ausgeführt werden. Okklusale Frühkon-takte sowie Hyperbalancen in der Seitwärtsbewegung werden von der Software angezeigt.

Abb. 18 Der Modelldruck bei DentaCore erfolgt mit einen medizinischen 3-D-Drucker (Eden 260V Dental Advantage, Stratasys).

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Konstruktionssoftware konstruierte Apparate betrifft, wirtschaftlich betrachtet eröffnet sich für den Zahntechniker eine neue Perspektive, die nichts mehr mit dem oft mühseligen „Bie-gen des Klammerdrahts“ gemein hat. Bei der Implementierung der digitalen Abläufe im Bereich der Kieferorthopädie sind kompetente und verlässliche Partner wichtig. So unter-stützt zum Beispiel das Unternehmen DentaCore GmbH (Berlin) mit fundiertem Fachwissen dabei, die gesamte digitale Prozesskette individuell auf die Bedürfnisse des Labors oder der Praxis zusammenzustellen und ein schlüssiges Konzept für den kieferorthopädischen Arbeitsalltag zu entwerfen.

Digitale Technologien bieten auch in der Kieferorthopädie neue Wachstumschancen. Kieferorthopädische Labore können ihr Dienstleistungsangebot um die Anfertigung digita-ler Studienmodelle, Behandlungsplanung, computergestütztes Design und die Fertigung individueller Apparaturen und Modelle mit modernen Fertigungstechnologien erweitern. Die digitale Konstruktion und Herstellung von Modellen und Apparaturen sind mit zahl-reichen Vorteilen verbunden, zum Beispiel geringere Kosten, höhere Präzision und eine einheitliche Qualität.

ZTM Udo HöhnDentaCore GmbHBessemerstraße 1612103 BerlinE-Mail: [email protected]

Abb. 19 Beispielhafte Darstellung eines gefrästen Modells und der darüber gefertigten Zahnkorrekturschiene.

Abb. 20 Beispiel eines digital konstruierten und CAM-gefrästen palatinalen Expanders.