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1 | 33 Innovationsbüro Fachkräfte für die Region: Veranstaltungsdokumentation Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017

Innovationsbüro Fachkräfte für die Region ... · Fachkräfte für die Region und legt großen Wert auf die Arbeit der vielen Fachkräftenetz-werke in den Regionen. Erst dieses

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Innovationsbüro Fachkräfte für die Region: Veranstaltungsdokumentation

Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017

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Inhaltsverzeichnis

1. Eröffnung und Begrüßung Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen

Industrie- und Handelskammertages e. V. 3

2. Rede Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales 4

3. Auszeichnung der Gewinner der Wettbewerbe „Innovatives Netzwerk 2017“ und „Innovative/r

Netzwerkkoordinator/in 2017“ 6

4. Interview Benjamin Mikfeld, Leiter der Abteilung Grundsatzfragen des Sozialstaats, der

Arbeitswelt und der sozialen Marktwirtschaft im Bundesministerium für Arbeit und Soziales:

„Dialogprozess Arbeiten 4.0“ 14

5. Impulsvortrag Dr. Josephine Hofmann, Leiterin des Competence Centers Business Performance

Management im Fraunhofer IAO: „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit durch Qualifizierung“ 16

6. Mittagspause und Informationsstände 19

7. Parallele Foren am Nachmittag 21

7.1 Praxisforum 1: Qualifizierung in Zeiten der Digitalisierung 21

7.2 Praxisforum 2: Netzwerke als Initiatoren und Lotsen für Weiterbildungsangebote

in den Regionen 24

7.3 Praxisforum 3: Qualifizierungsstrategien für Unternehmen 27

8 Innovationsbüro Fachkräfte für die Region 31

9 Kontaktdaten und Impressum 32

Die Programmübersicht zum 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region finden sie hier.

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1. Eröffnung und Begrüßung Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsfüh-

rer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e. V.

Fit machen für die Digitalisierung

An einem ungewöhnlichen Ort versammelten sich am 14. Juni die rund 270 Teilnehmerin-

nen und Teilnehmer des 5. Innovationstages 2017. Das Bundesministerium für Arbeit und

Soziales und das Innovationsbüro Fachkräfte für die Region hatten ins Berliner Stadtbad

Oderberger eingeladen. Einst eine Volksbadeanstalt, bietet der Ort heute in schönster

Neo-Renaissance-Atmosphäre die Gelegenheit zu diskutieren und Neues zu erfahren, zum

Beispiel zum Thema „Fachkräftesicherung weiterdenken – Digitalisierung braucht Qualifi-

zierung“.

„Mit der zunehmenden Digitalisierung wird sich auch die Arbeitswelt massiv verändern“, gab Tanja Samrotz-

ki, die Moderatorin des 5. Innovationstages, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit auf ihren Weg durch

den Tag. Wie können wir uns fit machen und halten für die zunehmende Digitalisierung? Wie können wir uns

und andere immer weiter qualifizieren? Und was können die Fachkräftenetzwerke in diesem Kontext tun?

Diese Fragen standen im Mittelpunkt des 5. Innovationstages.

„Qualifizierung“ – dieser Begriff fand sich wörtlich oder sinngemäß dann

auch auf zahlreichen Visitenkarten wieder: 49 Prozent der Teilnehmerin-

nen und Teilnehmer gaben per TED an, im Handlungsfeld „Weiterbil-

dung“ aktiv zu sein, 40 Prozent nannten „Berufliche Ausbildung“. Immer-

hin 31 Prozent gaben sogar an, sich in Sachen Digitalisierung zu enga-

gieren. Jeder zweite ist Mitglied eines Fachkräftenetzwerks. Interessant

war in diesem Zusammenhang zudem, dass 41 Prozent ihre jeweilige

Region als Pionier der Digitalisierung ansehen, 46 Prozent als Follower.

Nur 13 Prozent sagen, dass sich ihre Region in dieser Hinsicht noch

nicht auf den Weg gemacht habe.

Die nötige Kraft entwickeln

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskam-

mertages (DIHK) in Berlin, Dr. Martin Wansleben, betonte in seiner an-

schließenden Begrüßung, es sei gesamtgesellschaftlich von großer Be-

deutung, die nötige Kraft zu entwickeln, um mit Herausforderungen wie

der umfassenden Digitalisierung klarzukommen. „Die Digitalisierung

stellt auch vieles in Frage, umso mehr kommt es darauf an, vernetzt zu

sein und sich gemeinsam den Herausforderungen zu stellen“, sagte

Wansleben.

Er machte deutlich, dass es bei dieser weitreichenden Veränderung von Gesellschaft und Wirtschaft auch

Verlierer geben werde. Wansleben: „Es geht deshalb darum, so vielen Menschen wie möglich Chancen zu

bieten!“ Der Schlüssel dazu sei Qualifizierung. Da dürfe man nicht nachlassen und niemanden auslassen.

Dr. Martin Wansleben bei der Begrüßung

Tanja Samrotzki, Moderatorin auf dem 5.

Innovationstag Fachkräfte für die Region

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2. Rede Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesministerium für

Arbeit und Soziales

Fachkräftesicherung gemeinsam weiterentwickeln

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist Träger des Innovationsbüros

Fachkräfte für die Region und legt großen Wert auf die Arbeit der vielen Fachkräftenetz-

werke in den Regionen. Erst dieses Engagement verhelfe vielen Konzepten zur Fachkräf-

tesicherung zum Erfolg, stellte Staatssekretär Thorben Albrecht in seiner Rede beim dies-

jährigen Innovationstag klar.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen: Auf seine Rede würde folgen, worauf sich der Staatssekretär im Bun-

desministerium für Arbeit und Soziales gleich zu Beginn seiner Ausführungen schon freute – die Auszeich-

nung besonders innovativer Netzwerke und die erstmalige Würdigung von Netzwerkkoordinatoren. Er sprach

vom „Oscar“ der Fachkräftesicherung – und nannte auch den Grund für seine Vorfreude: „Wir wollen mit der

Prämierung ganz deutlich machen: Schaut auf diese Netzwerke und diese Menschen! Es lohnt sich, genauer

hinzugucken, von diesem Engagement können Sie lernen!“

Damit meinte Albrecht allerdings nicht nur die Tagungsteilnehmerinnen

und Tagungsteilnehmer. Auch sein Ministerium profitiere von der Arbeit

der Netzwerke. „Wir entwickeln Fachkräftesicherung weiter“, sagte der

Staatssekretär, „aber nicht aus Berlin von oben herab, sondern immer im

engen Austausch mit Ihnen vor Ort. Dort müssen sich die Konzepte be-

währen, von dort erhalten wir wertvolles Feedback, das dann wieder in

unsere Arbeit einfließt.“ Die engagierten Netzwerker in den Regionen

seien die Experten vor Ort, sie könnten die Handlungsfelder noch viel

besser identifizieren und wüssten genau, was wo gebraucht würde. „Oh-

ne Sie ließe sich kein Konzept realisieren!“

Erfolge und Herausforderungen

Lob gab es auch dafür, dass man gemeinsam seit der Veröffentlichung des Fachkräftekonzepts der Bundes-

regierung im Jahr 2011 viel geleistet habe. „Leitgedanke war damals, zur Fachkräftesicherung alle in- und

ausländischen Erwerbspotenziale bestmöglich auszuschöpfen“, erinnerte Albrecht und nannte die fünf Siche-

rungspfade, die 2011 erstmals definiert wurden:

Aktivierung und Beschäftigungssicherung

gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Bildungschancen für alle von Anfang an

Qualifizierung durch Aus- und Weiterbildung

Integration und qualifizierte Zuwanderung

„Heute, nach sechs Jahren, können wir viele Erfolge verzeichnen“, betonte der Staatssekretär. So sei etwa

die Erwerbstätigenquote der Frauen seit 2011 um fünf auf 74,5 Prozent gestiegen und die der Menschen ab

55 Jahren um sieben auf 69 Prozent. Zudem habe sich die Studienanfängerquote bei 60 Prozent stabilisiert.

„Dort kann sie auch ruhig bleiben, denn wir brauchen auch für die duale Ausbildung genügend motivierte

Thorben Albrecht: „Vom Engagement der

Innovativen Netzwerke können Sie lernen!“

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Jugendliche“, sagte Albrecht. Trotz aller Erfolge blieben wichtige Herausforderungen, betonte Albrecht. Er

sieht weitere Potenziale bei der Frauenerwerbsquote und bei der Weiterbildung für Geringqualifizierte. „Da

haben wir eine große Aufgabe vor uns“, sagte er.

Deshalb sei es wichtig, die eingeschlagenen Wege weiter zu verfolgen – aber auch, neue zu beschreiten, vor

allem bei den Themen Qualifizierung und Zuwanderung, die zentral für die künftige Fachkräftesicherung

seien.

Weiterbildung wird immer wichtiger

Wichtig war es Albrecht, den Fokus seiner Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine weitere gesamtgesellschaftli-

che Herausforderung zu lenken: „Wir müssen uns auch verstärkt denjenigen zuwenden, die bereits in Arbeit

sind“, forderte der Arbeitsexperte. Der Weg von der Ausbildung bis zur Rente verliefe nicht mehr so glatt wie

früher. „Wenn wir das vorhandene Fachkräftepotenzial sichern wollen, müssen wir Themen wie die individu-

elle Beschäftigungsfähigkeit, Bildung und Qualifizierung, Gesundheit und gute Arbeitsbedingungen in den

Mittelpunkt rücken“, so Albrecht. Mit der zunehmenden Digitalisierung würden sich die technischen Anforde-

rungen an viele Arbeitsplätze massiv verändern. Entwicklungs- und Wissenszyklen würden kürzer, die Ver-

fallszeit von Wissen sinke. „Die doppelte Herausforderung lautet“, sagte Albrecht, „lebenslanges Lernen bei

gleichzeitiger beruflicher Flexibilität.“

Kleine und mittlere Unternehmen haben nach Albrechts Überzeugung ein großes Interesse daran, die Pro-

duktivität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und zu steigern. Doch wie genau sie das machen

können, vor allem an ihrem regionalen Standort, der ja oft abseits der großen Metropolen liegt, dabei benö-

tigen sie Unterstützung.

Diesen regionalen sowie den branchenspezifischen Bedarf möchte das

Ministerium künftig noch genauer analysieren. „Wir prüfen den Aufbau

eines Fachkräftemonitorings, um die demografischen, qualifikatorischen

und regionalen Veränderungen noch exakter prognostizieren zu können“,

erläuterte Albrecht. Sämtliche Ergebnisse wolle man auf Bundesebene

mit allen relevanten Akteuren diskutieren. „Außerdem werden wir die

Ergebnisse mit den regionalen Fachkräftenetzwerken teilen“, unterstrich

der Staatssekretär. „Sie können diese in ihre Arbeit einfließen lassen

und zugleich wertvolles Feedback geben.“

Das Invest in die eigenen Beschäftigten werde immer wichtiger, doch mit Qualifizierung allein sei es nicht

getan. „Erforderlich sind auch gute Arbeitsbedingungen“, betonte Albrecht, „denn sie sind Grundlage für

Innovationen und produktives Arbeiten und helfen auch, Ängste vor Veränderungen abzubauen.“

Zum Schluss berichtete er von einem Gespräch mit seiner norwegischen Kollegin bei einer OECD-Konferenz

vor wenigen Tagen. Die habe einen Unternehmer gefragt, wie er denn damit umgehen würde, wenn er Be-

schäftigte qualifiziere und diese dann weggingen. Der Unternehmer habe geantwortet, viel schlimmer sei,

Menschen nicht zu qualifizieren – und die blieben dann.

Blick ins Publikum

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3. Auszeichnung der Gewinner der Wettbewerbe „Innovatives

Netzwerk 2017“ und „Innovative/r Netzwerkkoordinator/in 2017“

„Sie leisten einen super Beitrag!“

Erstmals wurden beim Innovationstag nicht nur „Innovative Netzwerke“ ausgezeichnet,

sondern auch „Innovative Netzwerkkoordinatoren“. Denn mit dieser Funktion steht und

fällt oft die Netzwerkarbeit in den Regionen. Im besten Fall sorgen sie dafür, dass es läuft

wie geschmiert und immer neue Interessenten auf das Netzwerk und seine Leistungen

aufmerksam werden.

„Die Vielfalt und die Stärken von regionalen Netzwerken zur Fachkräftesicherung zu würdigen, ist uns ein

besonderes Anliegen“, betonte Staatssekretär Thorben Albrecht zu Beginn der Preisverleihung. Auch Dr.

Martin Wansleben hatte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits in seiner Begrüßung auf den Höhe-

punkt des 5. Innovationstages eingestimmt: die Auszeichnung „Innovativer Netzwerke 2017“ sowie erstmals

auch die Kür dreier Personen als „Innovative Netzwerkkoordinatoren 2017“. Er hatte an die Worte Barack

Obamas erinnert: „The best is yet to come“.

„Viel zu oft laufen wir im Krisenmodus herum“, monierte Wansleben. Es sei aber der Hauptwesenszug eines

funktionierenden Generationenvertrags zwischen der älteren und der jüngeren Generation, dass die Eltern-

und Großelterngeneration nach dem Prinzip leben, das Beste komme noch, und dass sie dafür einträten,

dass es auch wirklich komme. Den Akteuren der als besonders innovativ geehrten Netzwerke und Netzwerk-

koordinatoren sowie den weiteren 23 Netzwerken, die sich am diesjährigen Wettbewerb beteiligten, sagte

er: „Sie leisten dazu einen super Beitrag!“

Dass aus der Mammutaufgabe Fachkräftesicherung eine Massenbewegung wird, wünschte sich Moderatorin

Tanja Samrotzki zu Beginn der Preisverleihung. Insofern habe die diesjährige Jury Punkte auch dafür verge-

ben, dass Ideen besonders zur Nachahmung taugen.

Dies trifft in besonderer Weise auf den Aktionskreis KOMpetenzPASS

Berufsrückkehr, BANG Netzwerk – Berufliches Ausbildungsnetzwerk im

Gewerbebereich, Comeback Elbe-Elster, das NETWORK wal-

deck|frankenberg GbR und das Projekt FAM – Potenziale nutzen des

Wirtschaftsforums der Region Passau e. V. zu, die fünf „Innovativen

Netzwerke 2017“. Als „Innovative Netzwerkkoordinatoren 2017“ wurden

Alice Güntert vom Forum „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ in

Mannheim, Christian Justa vom Netzwerk Cleveres Köpfchen – Główka

pracuje in Pasewalk sowie Dr. Dirk Lüerßen vom Verein Wachstumsre-

gion Ems-Achse in Papenburg geehrt. Nominiert wurden sie von Netz-

werkmitgliedern.

Die Jury – Benjamin Mikfeld und Dr. Ute Preising vom BMAS, Dr. Achim Dercks, stellvertretender Hauptge-

schäftsführer des DIHK, und Jan Kuper, Leiter des Innovationsbüros Fachkräfte für die Region – hatte es wie

immer sehr schwer. „Beim Sichten der Unterlagen wird klar, dass alle Netzwerke sehr engagiert sind und

Tag für Tag außerordentlich gute Leistungen erbringen“, sagte Dercks bei der Preisverleihung. Zugleich sei-

en die Projekte so facettenreich und unterschiedlich, dass sie sich bisweilen nur schwer vergleichen lassen.

Staatssekretär Thorben Albrecht und Jury-

mitglied Dr. Achim Dercks im Gespräch mit

Moderatorin Tanja Samrotzki

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„Deshalb haben wir Netzwerke gekürt, die nicht nur in sich gut sind, sondern auch Leuchttürme sein können

für die Arbeit in anderen Regionen!“

Konzept mit Überzeugungskraft

„Innovatives Netzwerk 2017“: Aktionskreis KOMpetenzPASS Berufsrückkehr, Kassel

Viele Mütter brennen darauf, nach der Babypause wieder zu arbeiten. Je länger ihre Auszeit dauert, umso

häufiger scheitern sie jedoch – auch an Selbstzweifeln: Können Sie überhaupt noch bestehen im Berufsle-

ben? Das Management einer Familie empfinden viele nicht unbedingt als Qualifikation für den Wiederein-

stieg. Eine Fehleinschätzung, die die Rückkehr der Frauen oft verzögert – und ein Jammer auch für Unter-

nehmen, die dringend motivierte Fachkräfte suchen.

Genau diese Frauen unterstützt der Aktionskreis KOMpetenzPASS Be-

rufsrückkehr mit enormem Engagement. In speziellen Kursen lernen die

Teilnehmerinnen, sich ihrer Kompetenzen bewusst zu werden – auch

und gerade derer, die sie in der Familienphase erworben haben. Und sie

lernen, damit in Vorstellungsgesprächen zu punkten. Denn Kochen, das

Kind beschäftigen und nebenbei auch noch Termine zu koordinieren

lässt sich auch übersetzen in Belastbarkeit, Flexibilität und Organisati-

onstalent. „Ein Konzept mit Überzeugungskraft“, fand die Jury. „Das

Konzept funktioniert so gut, dass es den Kompetenzpass mittlerweile in

15 Sprachen und fünf europäischen Ländern gibt.

Und es wird ständig weiterentwickelt: Den Kompetenzpass zu erwerben, das können multitaskingfähige Müt-

ter auch per App, parallel zum Kochen und zur Hausaufgabenbetreuung“, heißt es in der Laudatio.

„So sehen Siegerinnen aus“ – mit diesen Worten begrüßte Moderatorin Tanja Samrotzki Netzwerkkoordina-

torin Vera Lieder, die ehemalige Teilnehmerin eines KOMpetenzPASS-Kurses Sigrun Nagies sowie Christel

Thomas, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Arbeitsagentur Kassel, auf der Bühne.

Nicht einmal Vera Lieder, die den KOMpetenzPASS Berufsrückkehr 2005 initiierte, hätte damals daran ge-

glaubt, dass die Idee sich eines Tages so enorm verbreiten würde. „Ich weiß noch, wie ich bei der Vorstel-

lung des Projekts im Kasseler Rathaus gesagt habe, demnächst gäbe es den Pass deutschlandweit“, erzählte

sie, „aber das war nur ein Scherz, nie hätte ich das für möglich gehalten.“ „Das i-Tüpfelchen, das mir gefehlt

hat“, nannte Sigrun Nagies den KOMpetenzPASS Berufsrückkehr. „Er hat mir geholfen, mich selbstbewusst

zu präsentieren und mir meine sozialen Kompetenzen vor Augen zu führen.“

Den Steckbrief zum Aktionskreis KOMpetenzPASS Berufsrückkehr finden Sie hier.

Von Ostwestfalen in den Schwarzwald

„Innovatives Netzwerk 2017“: BANG Netzwerk – Berufliches Ausbildungsnetzwerk im Gewer-

bebereich, Nordrhein-Westfalen, Nordschwarzwald

„Bang“ ist Englisch und heißt Knall. Und in der Tat machen die BANG-Netzwerke, ausgehend von Ostwestfa-

len, seit der Gründung des ersten Beruflichen Ausbildungsnetzwerkes im Gewerbebereich – dafür steht die

Auszeichnung: Aktionskreis KOMpetenzPASS

Berufsrückkehr

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Abkürzung „BANG“ – im Jahr 2001 derart vernehmlich von sich reden, dass nahezu jedes Jahr ein neues

entsteht, das jüngste im fernen Nordschwarzwald.

Die BANG-Netzwerke helfen bei der Bewerberauswahl, bringen Betriebe

und Azubis zusammen und ergänzen die klassische duale Ausbildung um

eine dritte Komponente: ein gemeinsames Ausbildungszentrum, in dem

qualifizierte Trainer zusätzliche Module anbieten, wie Werkunterricht

oder Praxis-Einheiten. Ein Ort aber auch, in dem Senior Experts oder

Studierende den Azubis mit Mathe-Nachhilfe auf die Sprünge helfen –

gerade für kleinere Betriebe kann das auch eine emotionale Entlastung

sein.

„Die Übernahmequote von 97 Prozent und die überdurchschnittlichen Prüfungsergebnisse der Absolventen

tragen dazu bei, dass sich die Betriebe BANG gern etwas kosten lassen“, heißt es in der Laudatio, „in jeder

Hinsicht nachhaltige Qualitätsarbeit aus Ostwestfalen, die selbst im fernen Schwarzwald Nachahmer findet.“

Dort hat Elke Lillich, Geschäftsführerin der Willy Lillich GmbH, schon vor einigen Jahren die Politik auf die

BANG-Netzwerke in Nordrhein-Westfalen aufmerksam gemacht. „Wir Unternehmer brauchen das, viele klei-

ne Betriebe könnten Ausbildung in dieser Form nicht anbieten“, weiß die Unternehmerin. Sie hatte Erfolg:

Seit einigen Monaten gibt es BANG Nordschwarzwald, Lillich ist erste Vorsitzende des Netzwerks.

Zur Preisverleihung war auch Nicole Glawe-Miersch gekommen, die die beiden Netzwerke BANG Hövelhof

und Lippe leitet. „Unsere Netzwerke spannen eine Brücke zwischen den Unternehmen und den jungen Men-

schen in Ausbildung“, betonte sie, während Markus Kamann, der bei der gpdm GmbH in Paderborn für die

Expansion der BANG-Netzwerke verantwortlich ist, darauf verwies, dass mit Niedersachsen nun das dritte

Bundesland im Fokus sei. Auch dort haben Unternehmen den Knall aus Ostwestfalen gehört.

Den Steckbrief zum BANG Netzwerk – Berufliches Ausbildungsnetzwerk im Gewerbebereich finden Sie hier.

Zurück in die Heimat I

„Innovatives Netzwerk 2017“: Comeback Elbe-Elster, Finsterwalde

Menschen, die es zurück in die Heimat zieht, sind eigentlich ein großes Geschenk für ländliche Regionen, die

jede Fachkraft gebrauchen können. Und doch werden die Heimkehrer nicht überall mit offenen Armen emp-

fangen – oft fällt es ihnen schwer, einen Job zu finden und sich in der alten Heimat wieder zu integrieren.

Diese Erfahrung bewegte Heimkehrerin Stephanie Auras dazu, das

Netzwerk „Comeback Elbe-Elster“ zu gründen. Ihre Vision: eine Will-

kommenskultur, die anderen Rückkehrern und Zuwanderern die Integra-

tion in die Region erleichtert. Die Jury für die Auszeichnung zum „Inno-

vativen Netzwerk 2017“ zeigte sich angetan von der Idee des Netz-

werks, in Finsterwalde einen Heimatladen samt Willkommensagentur

einzurichten. Der Laden lockt mit regionalen Produkten ein vielfältiges

Publikum an – und die Willkommensagentur dient als Informationsbörse.

„Dort zeigen rund 30 Netzwerker, welche Chance die Region bietet, und vermitteln zwischen den Firmen und

Jobsuchenden – ehrenamtlich“, heißt es in der Laudatio. Ebenfalls positiv wertete die Jury das Co-Working-

Arbeitszimmer, das Gründern und Freiberuflern für den Start in die Selbständigkeit Raum gibt.

Auszeichnung: BANG Netzwerk

Auszeichnung: Comeback Elbe-Elster

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„Dank der Initiative betrachten immer mehr Firmen Rückkehrer als attraktive Zielgruppe, die sie mit Hilfe des

Netzwerks umwerben“, urteilte die Jury, die zudem lobte, dass die Initiative Comeback Elbe-Elster daran

arbeite, alle brandenburgischen Rückkehrinitiativen zu vernetzen.

Sandra Spletzer kehrte 2009 in die Region zurück, nach vielen Jahren unter anderem in Schottland und Me-

xiko. Menschen, Landschaft, Geschichte seien die Kräfte gewesen, die sie schließlich zurück in die Heimat

gelockt hätten, erzählte sie auf der Bühne. „Dort hätte ich mir mehr Unterstützung gewünscht“, ergänzte sie,

„Informationen und Austausch – das hätte geholfen“. Heute ist sie Projektkoordinatorin der Initiative.

„Im Netzwerk arbeiten wir eng, fast familiär zusammen, es könnte durchaus für andere Regionen beispiel-

haft sein“, befand Jean-Marie Ulrich, Teamleiter Arbeitgeberservice bei der Agentur für Arbeit Cottbus, der

ebenso wie Sandra Spletzer und Sven Guntermann, dem Vorsitzenden des Vereins Comeback Elbe-Elster, zur

Preisverleihung nach Berlin gekommen war.

Den Steckbrief zu Comeback Elbe-Elster finden Sie hier.

Zurück in die Heimat II

„Innovatives Netzwerk 2017“: NETWORK waldeck|frankenberg GbR

Rückkehrer als Fachkräftereservoir sind offenbar ein Trend auch in ande-

ren Regionen. Doch in Nordhessen hatte man diese interessante Ziel-

gruppe bis vor kurzem nicht recht auf dem Schirm. Die Berufschancen in

der heimischen Wirtschaft sind vielen jungen Leuten, die etwa aus dem

Landkreis Waldeck-Frankenberg stammen und in Hamburg, Köln oder

München studieren, nicht bewusst – denn der Landkreis stellte seine

beruflichen Reize bislang nur verschämt zur Schau. Das geht besser,

sagten sich Martin Juhasz und drei seiner Schulfreunde, nachdem auch

sie ihre Heimat zum Studieren verlassen hatten.

Auf eigene Faust und zunächst ohne Fremdmittel gründeten sie das NETWORK waldeck|frankenberg GbR.

Ihre Mission: Andere Studierende über Berufschancen in der Region informieren und über die Jobbörse mit

der Wirtschaft im Landkreis vernetzen – potenzielle Heimkehrer genauso wie Wagemutige aus anderen Re-

gionen. „Ein Programm von Studierenden für Studierende – mit entsprechend authentischer Präsenz im Netz

und den sozialen Medien“, befand die Jury, die auch Karriere-Events wie Betriebsbesuche und, ganz neu,

das „Summer Internship“ lobte, das studentische Praktikanten neben der beruflichen Orientierung mit einem

attraktiven Freizeitangebot lockt.

„Der perfekte Mix aus lockerem Auftritt und professioneller Arbeit kommt an bei Unternehmen und jungen

Akademikern“, heißt es in der Laudatio, „das Netzwerk entwickelt sich zur Anlaufstelle Nummer 1 für Jobsu-

chende in der Region – und Waldeck-Frankenberg zu einem echten Karriere-Hotspot.“ Das Netzwerk sei ein

Beispiel dafür, wie fruchtbar Freundschaften sein können, betonte Moderatorin Tanja Samrotzki zu den vier

NETWORK-Gründern Martin Juhasz, Jonatan Freund, Tim Oberlies und Fabian Schmal, die es sich allesamt

nicht hatten nehmen lassen, aus ihren jeweiligen Studienstädten Gießen, Marburg, Münster und London

nach Berlin zu kommen.

„Das ist ein bisschen wie bei den drei ???, nur dass Sie zu viert sind“, sagte Samrotzki. „In der Tat profitie-

ren wir sehr von unserer Freundschaft“, antwortete Juhasz, „weil wir die meiste Arbeit fürs Netzwerk in den

Auszeichnung: NETWORK waldeck|fran-

kenberg GbR

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Abendstunden, nach unseren anderen Aufgaben, machen und die Freundschaft dieses Engagement sehr

erleichtert.“ Fabian Schmal findet das viele Koordinieren aber nicht stressig. „Das geht ganz gut von der

Hand, weil wir alles Cloud-basiert machen.“ Google-Drive und Skype seien wichtige Werkzeuge, mit denen

es sich trotz der Distanz sehr gut arbeiten lasse.

Den Steckbrief zum NETWORK waldeck|frankenberg GbR finden Sie hier.

Erfolgsgeheimnis: ganzheitliche Betreuung

„Innovatives Netzwerk 2017“: das Wirtschaftsforum der Region Passau e. V. mit dem Projekt

FAM – Potenziale nutzen

Hunderte unbesetzte Lehrstellen und über 2000 Menschen, die zum Nichtstun verdonnert sind – in diesem

Widerspruch sah das Wirtschaftsforum Passau e. V. eine Chance. Mit dem Projekt FAM entwickelt das Netz-

werk die Potenziale von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migranten, die derzeit nicht berufstätig sind, weil

sie an der Sprache, an Bewerbungsverfahren oder rechtlichen Rahmenbedingungen scheitern.

Seit 2014 hilft FAM Geflüchteten über diese Hürden hinweg, damit sie beruflich Fuß fassen und ihr Leben

selbst in die Hand nehmen können. Die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter der Region wählen ge-

meinsam mit Ehrenamtlichen Jahr für Jahr 50 Teilnehmer aus, die in diversen Schulungen auf das Arbeitsle-

ben vorbereitet werden. „Das Erfolgsgeheimnis des Netzwerks ist die ganzheitliche Betreuung, die die Pro-

jektteilnehmer auch bei der Wohnungssuche oder Behördengängen nicht im Stich lässt“, lobte die Jury. Auch

nach der Vermittlung in Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierung sei die Begleitung durch das Netzwerk nicht

zu Ende – die intensive Nachbetreuung trage ganz wesentlich dazu bei, dass die meisten Teilnehmer am Ball

bleiben. „So entstehen Erfolgsgeschichten, die auch die Wirtschaft nachhaltig davon überzeugen, dass aus

Geflüchteten gute Mitarbeiter werden können“, heißt es in der Laudatio.

FAM-Projektleiter Jakob Schreiner vom Wirtschaftsforum der Region Passau freute sich sehr über die Würdi-

gung als „Innovatives Netzwerk 2017“. „Wir waren anfangs überrascht von dem schnellen und großen Zu-

spruch der Unternehmen“, sagte er bei der Preisverleihung, „die zeigten sofort Interesse, nicht nur aus so-

zialer Verantwortung, sondern schlicht auch, weil sie die Potenziale für die Gewinnung neuer Fachkräfte

erkannten.“ Außerdem seien die Kooperation in der Region und die Abstimmung zwischen den Netzwerk-

partnern extrem gut.

Projektteilnehmer Fawad Perzad aus Afghanistan, angehender Fachin-

formatiker Systemintegration, war ebenfalls nach Berlin gekommen,

gemeinsam mit seinem Chef und Ausbilder Dr. Armin Bender, Leiter der

Passauer Geschäftsstelle der msg systems ag. Perzad lobte die gute

Betreuung, während Bender unterstrich, wie wichtig FAM sei. „Wir möch-

ten das Unternehmen zukunftssicher entwickeln und stellen deshalb

weitere fünf Azubis mit Migrationshintergrund ein“, sagte er, „und sind

sicher, auf diese Weise am Standort die richtigen Fachkräfte zu bekom-

men.“

Den Steckbrief zum Wirtschaftsforum der Region Passau e. V. mit dem Projekt FAM – Potenziale nutzen fin-

den Sie hier.

Auszeichnung: Wirtschaftsforum der Region

Passau e. V.

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Die lebende Schnittstelle

„Innovative Netzwerkkoordinatorin 2017“: Alice Güntert vom Netzwerk Forum „Vereinbarkeit

von Beruf und Familie“ der Metropolregion Rhein-Neckar, Mannheim

Als Alice Güntert vor einigen Jahren nach einem Thema für ihre Diplom-

arbeit suchte, fiel ihr ein Flyer des Netzwerks Forum „Vereinbarkeit von

Beruf und Familie“ in die Hände – und elektrisierte sie zweifach: Zum

einen wurde der angehenden Personalmanagerin klar, dass sie sich mit

diesem wichtigen Thema im Studium kaum beschäftigt hatte – zum an-

deren gab es einen schönen Grund, sich auch ganz persönlich die Ver-

einbarkeitsfrage zu stellen. Das war die Geburtsstunde einer praxisorien-

tierten Diplomarbeit: Wie kann man Führungskräfte schon in der Uni

sensibilisieren für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Alice Günterts Ideen überzeugten die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH derart, dass sie ihr kurz nach dem

Examen nach kurzer Assistenzzeit die Leitung des Netzwerks anvertrauten.

Seit 2011 ebnet Alice Güntert ganz praktische Wege, die Interessen von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und

Angehörigen unter einen Hut zu bringen. Vom Kompetenztraining für Berufstätige mit pflegebedürftigen

Angehörigen über die Schulung betrieblicher Pflegeguides bis zum Workshop für Führungskräfte.

„Nicht zuletzt ihrem Ideenreichtum ist es zu verdanken, dass die Arbeit des Netzwerkes über die Rhein-

Neckar-Region hinaus als beispielhaft gilt“, hob die Jury hervor. Als „Innovative Netzwerkkoordinatorin 2017“

kürte sie Alice Güntert zudem für ihr Organisationstalent und ihre Kommunikationsfähigkeiten. „Mit Humor

entschärft sie selbst brenzlige Situationen und sorgt für eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre“, heißt es in

der Laudatio, „kein Wunder, dass sich die Mitgliederzahl des Netzwerks unter ihrer Leitung auf 800 verdop-

pelt hat.“

Sie sei eine „lebende Schnittstelle“ und wisse praktisch alles, lobte Netzwerkmitglied Christine Rosendahl von

SAP, die Alice Güntert für die Auszeichnung vorgeschlagen hatte. Diese zeigte sich auf der Bühne sehr glück-

lich über die Ehrung.

Jury-Mitglied Dr. Achim Dercks gratulierte und verwies darauf, dass in den Unternehmen in Deutschland in

Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf viel in Bewegung geraten sei in den vergangenen zehn Jahren.

Allein das vom DIHK 2007 mitgegründete Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ zähle inzwischen

über 6.000 Mitglieder. „Auch wenn das Engagement der einzelnen Betriebe sich unterscheidet“, betonte

Dercks, „ist das Thema inzwischen wirklich fast überall angekommen.“

Den Steckbrief zu Alice Güntert finden Sie hier.

Freundlich, beharrlich, zweisprachig

„Innovativer Netzwerkkoordinator 2017“: Christian Justa vom Netzwerk Cleveres Köpfchen –

Główka pracuje, Pasewalk

Von Pasewalk sind es gerade 30 Kilometer nach Polen. Christian Justa trägt dazu bei, diesen Abstand weiter

zu verringern. Der Koordinator des Netzwerks „Cleveres Köpfchen – Główka pracuje“ sei ein wahrer Brü-

ckenbauer, hob die Jury hervor. Der Teamleiter des Arbeitgeberservice Greifswald Mitte vermittelt junge

Auszeichnung: Alice Güntert vom Netzwerk

Forum „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 12 | 33

Polinnen und Polen dorthin an deutsche Unternehmen, die dringend Auszubildende suchen – quer durch alle

Branchen. „Und das ist für alle Beteiligten ein Segen“, heißt es in der Laudatio: „Die Polen erlernen einen

Beruf, und die deutschen Unternehmen können später auf dem polnischen Markt mit muttersprachlichen

Arbeitskräften punkten.“

Ausbildungsplätze und Bewerber finden, Sprachkurse und sozialpädago-

gische Betreuung organisieren und dazu noch das Netzwerk in Schwung

halten – all das mache Christian Justa mit Herzblut, freundlicher Beharr-

lichkeit – und: zweisprachig. „Kein Wunder“, so die Jury, „dass auch die

Landesregierung das Netzwerk und seinen Koordinator schätzt.“ Auf

Justas Betreiben übernahm das Wirtschaftsministerium Mecklenburg-

Vorpommern eine Berufsausbildungsbeihilfe für die polnischen Jugendli-

chen, als es dazu keine rechtliche Verpflichtung mehr gab. Dies sei nur

eines von vielen Beispielen für Justas Geschick, dort Brücken zu bauen,

wo andere nur Hindernisse sehen.

„Warum sprechen Sie Polnisch?“, wollte Moderatorin Tanja Samrotzki von Christian Justa wissen. „Weil wir in

einer Grenzregion leben und die nächstgrößere Stadt, von meiner Heimatregion aus gesehen, Stettin ist“,

sagte der Netzwerkkoordinator, „und wenn ich die Vorzüge dieser großen Stadt nutzen möchte, kann ich das

nur, wenn ich die Sprache zumindest ein bisschen spreche und verstehe.“ Diese Bereitschaft, die Sprache

der Nachbarn zu lernen, kommt Justa bei seiner Netzwerkarbeit sehr entgegen.

Mit auf der Bühne war Dr. Ulrich Vetter, Geschäftsführer der Förder- und Entwicklungsgesellschaft Vorpom-

mern-Greifswald; er hatte, mit anderen, Justa für die Auszeichnung als „Innovativer Netzwerkkoordinator

2017“ vorgeschlagen. „Ich schätze sein unglaubliches Engagement, er legt viel Herzblut an den Tag“, sagte

Vetter, „und das ist gut, denn die Zusammenarbeit mit Polen ist für uns als dünn besiedelte Region existen-

ziell wichtig.“

Den Steckbrief zu Christian Justa finden Sie hier.

Mit großer Kreativität

„Innovativer Netzwerkkoordinator 2017“: Dr. Dirk Lüerßen vom Netzwerk Wachstumsregion

Ems-Achse e. V., Papenburg

Schon bevor die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien so weit anstieg, dass es auch deutsche Zeitungsleser be-

troffen machte, setzte 2012 der Koordinator des Netzwerks Wachstumsregion Ems-Achse e. V. alle Hebel in

Bewegung – und trug maßgeblich dazu bei, dass insgesamt rund 50 junge Iberer in Ostfriesland, dem Ems-

land und der Grafschaft Bentheim einen Beruf erlernen konnten. „Eine Pionierleistung, die später bundesweit

Nachahmer fand“, erinnert die Jury, „und ein typisches Beispiel für die Qualitäten von Dr. Dirk Lüerßen.“

Mit großer Kreativität finde er Lösungen auch in herausfordernden Situationen und motiviere die Netzwerk-

mitglieder mit der ihm eigenen Überzeugungskraft, selbst ihr Bestes zu geben, um die ländlich geprägte

Region als innovativen Wirtschaftsstandort voranzubringen. „Dabei hat Lüerßen stets viele Bälle gleichzeitig

in der Luft, ohne dabei den Überblick zu verlieren“, hält die Laudatio fest, „und nach dem Motto ‚Das eine

tun, ohne das andere zu lassen‘ widmet er sich laufenden Projekten genauso leidenschaftlich wie neuen

Ideen.“ Zugleich sei es Lüerßen gelungen, die regionale Wirtschaft finanziell stark einzubinden und damit

das Netzwerk solide aufzustellen.

Auszeichnung: Christian Justa vom Netzwerk

Cleveres Köpfchen – Główka pracuje

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 13 | 33

Den Unternehmer Joachim Wenke, der zusammen mit Lüerßen und Roland Dupák von der Agentur für Arbeit

Emden-Leer, nach Berlin gekommen war, hatte Lüerßen persönlich überzeugt, Netzwerkmitglied zu werden.

„Wie hat er das geschafft?“, wollte Moderatorin Tanja Samrotzki wissen. „Mich hat total begeistert, mit wel-

chem Engagement, mit welchem Einsatz er das Netzwerk führt“, antwortete Wenke, „und wie er mit Mitglie-

dern und Mitarbeitern kommuniziert. Das hat mich überzeugt!“

Roland Dupák, der Lüerßen für die Auszeichnung vorgeschlagen hatte,

erzählte vor der Veranstaltung, bei Lüerßen stehe der Teamgedanke

ganz oben. Was das konkret heiße, fragte Samrotzki den frisch gekürten

„Innovativen Netzwerkkoordinator 2017“. „Wir sind ein Team mit inzwi-

schen 15 Leuten, ohne große Hierarchie“, berichtete Lüerßen. „Meine

Tür steht wirklich immer offen, außerdem setze ich auf Eigenverantwort-

lichkeit.“ Alles das, was die Mitarbeiter selbst entscheiden könnten, sol-

len sie auch selbst entscheiden, laute seine Devise.

Den Steckbrief zu Dr. Dirk Lüerßen finden Sie hier.

Zum Abschluss der Preisverleihung zeigte sich Staatssekretär Thorben Albrecht sehr erfreut von dem facet-

tenreichen Engagement und auch der Veränderungsbereitschaft. Am Beispiel der Wachstumsregion Ems-

Achse betonte der gebürtige Niedersachse, dass die Zeichen dort zu seiner Kindheit nicht auf Wachstum

gestanden hätten, während es heute boome. „Allerdings ist die größte Gefahr in einer Wachstumsphase,

nicht genügend Fachkräfte zu haben“, sagte Albrecht. „Wir müssen uns deshalb immer klar machen: Wenn

wir die Wirtschaft am Laufen halten wollen, brauchen wir dazu Menschen mit ihren vielen Fähigkeiten. Die

bekommen wir nur, wenn wir sehr viele verschiedene Wege gehen, etwa indem wir Menschen zurück in ihre

Heimat holen oder über die Grenzen schauen, ob nach Spanien oder in die Niederlande. Wir müssen kreativ

sein, und deshalb bin ich beeindruckt von der Vielfalt und dem Ideenreichtum der heute ausgezeichneten

Fachkräftenetzwerke!“

Auszeichnung: Dr. Dirk Lüerßen vom Netz-

werk Wachstumsregion Ems-Achse e. V.

Sieger der Wettbewerbe „Innovatives Netzwerk 2017“ und „Innovative/r Netzwerkkoordinator/in 2017“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 14 | 33

4. Interview Benjamin Mikfeld, Leiter der Abteilung Grundsatzfragen des

Sozialstaats, der Arbeitswelt und der sozialen Marktwirtschaft im Bun-

desministerium für Arbeit und Soziales: „Dialogprozess Arbeiten 4.0“

Kompetenzen müssen angepasst werden

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) führt seit zwei Jahren einen brei-

ten gesellschaftlichen Dialog zur Gestaltung der Arbeitswelt der Zukunft. Benjamin Mik-

feld, Leiter der BMAS-Grundsatzabteilung, umriss im Interview mit Tanja Samrotzki, wie

die digitale Transformation das Arbeiten verändern wird und wie sich der Prozess mitge-

stalten lässt.

Für rund jeden siebten Teilnehmer des Innovationstages hielt das nun anstehende Interview zum Thema

„Dialogprozess Arbeiten 4.0“ echte Neuerungen bereit. Laut TED-Umfrage im Saal hatten nämlich 15 Prozent

von diesem Dialogprozess vorher noch nie gehört. Mit den Worten „Ich glaube, wir müssen reden“, rief Mo-

deratorin Tanja Samrotzki deshalb Benjamin Mikfeld auf die Bühne, Leiter der Grundsatzabteilung im BMAS,

das seit 2015 einen breiten gesellschaftlichen Dialog zur Gestaltung der künftigen Arbeitswelt durchführt.

Der großen Mehrheit war das Thema jedoch vertraut. 37 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des

Innovationstags erwarten sich von dem Dialogprozess „Arbeiten 4.0“ sogar wichtige Impulse für die eigene

Arbeit, 34 Prozent rechnen mit wichtigen Impulsen für die digitale Zukunft Deutschlands.

Sechs Fragen an Benjamin Mikfeld

Herr Mikfeld, wie bewerten Sie das TED-Ergebnis?

Mehr als zwei Drittel können offenbar mit dem Thema nicht nur etwas anfangen, sondern sind optimistisch.

Das ist gut. Im Übrigen ist der Dialogprozess inzwischen abgeschlossen, die Ergebnisse sind in das „Weiß-

buch Arbeiten 4.0“ eingeflossen. Das Thema hingegen ist nicht beendet. Wir haben den umfangreichen Dia-

logprozess deshalb in Gang gesetzt, weil da eine Entwicklung auf uns zukommt, bei der wir frühzeitig erken-

nen wollen, was da passiert, und frühzeitig darüber reden wollen, wie man diese Entwicklung gestalten

kann.

Was heißt das konkret?

„Digitalisierung“ ist ja zunächst mal eine Chiffre. Man kann sich hier in

Berlin ja vollständig davon ernähren, dass man von einer Veranstaltung

zum Thema Digitalisierung zur nächsten geht… Im Ernst: Nahezu jede

Institution, jeder Verband bietet momentan eine Konferenz zur Digitali-

sierung an. Dabei werden sehr unterschiedliche Sichtweisen deutlich.

Was für die einen wünschenswerte Zukunft ist, stellt für die anderen ein

bedrohliches Szenario dar. Es gibt viel Hysterie, aber auch sehr viele

vernünftige Prognosen.

In unserem Weißbuch geben wir keine fertigen Antworten – das ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht mög-

lich –, liefern jedoch zahlreiche Ideen und Anstöße.

Benjamin Mikfeld im Interview mit Moderato-

rin Tanja Samrotzki

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 15 | 33

Nicht treiben lassen, sondern mitgestalten, lautet also die Devise. Wie definiert das BMAS denn „gute Ar-

beit“, worauf wird es künftig ankommen?

Als harte Faktoren kann man nennen, dass Arbeit fair und anständig bezahlt sein soll. Leistung muss sich

lohnen. Außerdem soll sie sicher sein und Planungsperspektiven ermöglichen. Zudem soll sie nicht krank

machen, sondern gesund erhalten. Und dann gibt es eine Reihe weicher Faktoren, die eine Rolle spielen: das

Führungsverhalten etwa, Wertschätzung, Respekt. Das lässt sich nicht in ein Gesetz schreiben, ist aber den-

noch wesentlich.

Allerdings muss man dazusagen: Es geht nicht nur um gute Arbeit in der Jetzt-Situation, sondern um eine

gute Erwerbsbiografie. Es gibt zum Beispiel viele Minijobber und viel Leiharbeit, auch viel Teilzeit. Schwierig

wird es dann, wenn solche Arbeitsformen gegen den Wunsch der Menschen das ganze Erwerbsleben be-

stimmen. Die zentrale Frage lautet: Wie kann man Arbeitnehmer dabei unterstützen, eine gute Erwerbsbio-

grafie zu haben? Insbesondere dann, wenn sich die Arbeitswelt wandelt.

Gestaltungsmöglichkeiten gibt es doch auch dort, wo es darum geht, die wirtschaftlichen Potenziale der Digi-

talisierung zu verbinden mit sozialen Innovationen.

Das stimmt, aber es gibt keine einfachen Antworten. Im Weißbuch haben wir eine Reihe von Spannungsfel-

dern beschrieben. Das erste: Haben die Menschen, wenn Roboter immer mehr Arbeiten übernehmen, ei-

gentlich noch Arbeit? Dazu kann ich sagen: Wir teilen die These nicht, dass Maschinen flächendeckend Men-

schen ersetzen werden. Aber: Mit Sicherheit werden in vielen Bereichen Kompetenzen angepasst werden

müssen. Es geht um Qualifizierung, und da müssen Staat, Betriebe und jeder einzelne mehr tun.

Zweites Spannungsfeld: Flexibilität. Durch die Digitalisierung wird man zu anderen Zeiten an anderen Orten

arbeiten können. Die einen freuen sich darauf, für andere bedeutet das mehr Stress und Belastung. Hier

sind neue Arrangements gefragt. Eine weitere Herausforderung: Es entstehen immer mehr Daten. Wie ge-

hen wir damit um? Wie können wir neuen Technologien eine Chance geben, ohne dass die Beschäftigten

gläsern werden.

Der Dialogprozess ist ja keine Nabelschau. Sie wollen vielmehr eine Grundlage schaffen, um die Arbeitswelt

mitzugestalten. Was steht da für Sie konkret im Mittelpunkt?

Letztlich finden die Veränderungen ja ganz konkret in den Betrieben statt. Dabei kommt es wesentlich da-

rauf an, dass dies vertrauensvoll und auf Augenhöhe vonstattengeht. Und dass Akzeptanz entsteht für neue

Technologien und die Veränderungen, die sie auslösen. Eine Schlussfolgerung war für uns deshalb, soge-

nannte Experimentierräume zu unterstützen. Wir wollen Mittel und Know-how zur Verfügung stellen, damit

in großen ebenso wie in kleinen Unternehmen neue Lösungen schlicht ausprobiert werden können! Auf der

begleitenden Internetplattform www.experimentierraeume.de werden dann sukzessive positive Beispiele

vorgestellt, von denen andere wiederum lernen können. Zudem haben wir neue Förderprogramme aufge-

legt, etwa um die Entwicklung von digitalen Veränderungen in den Firmen zu unterstützen mit wissenschaft-

licher Begleitung. Auch das auf kleine und mittlere Unternehmen abzielende Beratungs- und Förderpro-

gramm „unternehmenswert:Mensch“ haben wir um eine digitale Komponente erweitert.

Ziel von alldem ist auch, voneinander zu lernen: Unternehmen von anderen Unternehmen, Sozialpartner von

anderen Sozialpartnern. Und auch die Politik soll lernen, damit wir gesetzliche Rahmenbedingungen nicht

abstrakt verändern, sondern auf Basis dessen, was ganz real in den Firmen geschieht.

Erst Grünbuch, dann Weißbuch – wie geht’s weiter?

Ideen haben wir viele, aber die Umsetzung hängt natürlich auch davon ab, wie die Bundestagswahlen im

Herbst ausgehen, zumindest, wenn es um Gesetze geht. Umgesetzt werden aber in jedem Fall die Experi-

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mentierräume. Im Übrigen: Egal wie die Wahl ausgeht – die Philosophie des Dialogs, des Ausprobierens, die

wird ganz bestimmt weitergetragen!

Sensibilisieren und initiieren

Zum Schluss wollte die Moderatorin von den Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmern wissen, wel-

chen Beitrag ihr jeweiliges Netzwerk zur Qualifizierung im digitalen Wandel leistet. Das Ergebnis: 55 Prozent

sensibilisieren für den Prozess, 36 Prozent sehen sich als Initiatoren, 25 Prozent als Lotsen. Nur noch bei

einem Viertel der Fachkräftenetzwerke spielt das Thema bislang keine Rolle.

5. Impulsvortrag Dr. Josephine Hofmann, Leiterin des Competence Cen-

ters Business Performance Management im Fraunhofer IAO: „Erhalt der

Beschäftigungsfähigkeit durch Qualifizierung“

Durch Qualifikation Beschäftigungsfähigkeit erhalten

Ihr Thema ist die Frage, wie sich Beschäftigungsfähigkeit erhalten lässt. Dazu forscht Dr.

Josephine Hofmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)

in Stuttgart seit vielen Jahren. Beim Innovationstag in Berlin sprach sie über den derzeiti-

gen Wandel der Arbeit, angestoßen durch die massive IT-Durchdringung und Vernetzung,

die vielen neuen Möglichkeiten, wie Arbeit gestaltet werden kann und muss, und was das

alles für die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen bedeutet.

Manches ändert sich nicht. Zum Beispiel die Definition von Beschäftigungsfähigkeit. Das ist „die Fähigkeit zur

Teilhabe am Arbeits- und Berufsleben“, sagte Dr. Josephine Hofmann vom Fraunhofer IAO. Zudem sei Be-

schäftigungsfähigkeit „Ergebnis der Übereinstimmung oder Differenz zwischen Anforderungen der Arbeits-

welt einerseits und Kompetenzen sowie individueller Gesundheit und Arbeitsfähigkeit andererseits“. Man

könnte also sagen: Wo Übereinstimmung herrscht, ist die Beschäftigungsfähigkeit sichergestellt. Umgekehrt

zieht die Differenz einen Qualifizierungsbedarf nach sich.

Für immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nehmen derzeit die Differenzen zu. „Tatsache ist,

dass die gesamte Arbeitswelt von einer rasanten technologischen Entwicklung erfasst wurde“, führte Hof-

mann aus.

Das Publikum war gefragt:… Einblicke in den Dialogprozess „Arbeiten 4.0“ …Welchen Beitrag leisten Fachkräftenetzwerke

bisher zur Qulifizierung im digitalen Wandel?

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 17 | 33

„Wir erleben zugleich, wie sich durch die Digitalisierung komplette Geschäftsmodelle verändern. Innerhalb

kürzester Zeit drohen bewährte Konzepte wegzubrechen und entstehen neue.“ Als Beispiele nannte sie das

US-Unternehmen Uber, das weltweit den herkömmlichen Taxi-Betrieben Konkurrenz macht, ohne selbst ein

einziges Auto zu besitzen.

Auch in Stuttgart, dem Sitz des Fraunhofer IAO, seien die Verände-

rungsprozesse in vollem Gang. „Es gibt eine intensive Diskussion, was

eigentlich mit dem klassischen Verbrennungsmotor und den klassischen

Tätigkeiten in der Automobilindustrie geschehen werde, wenn die her-

aufziehende Elektromobilität eine komplette Branche umkrempelt“, be-

richtete Hofmann. Sie verwies auf einen Zeitungsbericht über Bosch:

Das Unternehmen wolle 1.000 Menschen neu einstellen, zwei Drittel

davon sollen allerdings IT-Fachleute sein, nicht etwa klassische Ma-

schinenbauer oder Elektroingenieure.

Qualifizieren! Aber wie? Und was?

Und damit gelangte Hofmann zu ihrem Kernthema: Wenn sich die Anforderungen der Arbeitswelt – und auch

die Anforderungen der Menschen an ihre Arbeitswelt – derart schnell und massiv verändern, wie kann dann

noch Beschäftigungsfähigkeit her- oder wiederhergestellt werden? Die Antwort ist einfach und schwierig

zugleich: durch Qualifikation. Einfach, weil das ja auf der Hand liegt. Und schwierig, weil ja erst einmal ge-

klärt werden muss, welche Qualifikationen überhaupt erforderlich sind.

Bevor Hofmann darauf näher einging, eruierte sie per TED, wer denn in den zurückliegenden 18 Monaten

eine betrieblich getragene oder eine privat initiierte und finanzierte Weiterbildungsaktivität gestartet oder

durchlaufen habe.

„Wow“, entfuhr es ihr beim Blick auf das TED-Ergebnis: 60 Prozent der

Anwesenden haben sich kürzlich beruflich weitergebildet, immerhin

knapp 45 Prozent privat. „Ein hoher Anteil“, befand Hofmann. Dieses

Weiterbildungsengagement führte die Fraunhofer-Expertin zu der zentra-

len Frage, welche Qualifizierungsinhalte denn nun eigentlich gefragt

seien. „Die Antwort ist leider alles andere als einfach“, gab sie zu, „denn

bis jetzt gibt es dazu kaum belastungsfähige Studien.“ Dennoch unter-

nahm sie in ihrem Vortrag eine Annäherung, zumindest in Bezug auf

Industriearbeitsplätze.

Mehr als nur IT-Fachwissen

Eines weiß man allerdings jetzt schon ganz genau: „Anders als man vielleicht intuitiv glaubt, wird es auf weit

mehr als nur IT-Fachwissen ankommen“, betonte Hofmann. IT-Kompetenzen landeten bei einer Fraunhofer-

Befragung nur auf Platz 3. An der Spitze liegen die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen an sich sowie stär-

keres interdisziplinäres Denken und Handeln. Weitere wesentliche Grundeigenschaften, auf die es verstärkt

ankommen wird, sind etwa Planungs- und Organisationsfähigkeit oder Kommunikations- und Kooperations-

fähigkeit.

Dr. Josephine Hofmann: „Wir erleben, wie

sich durch die Digitalisierung komplette

Geschäftsmodelle verändern.“

TED-Umfrage: „60 Prozent der Anwesenden

haben sich kürzlich beruflich weitergebildet, immerhin knapp 45 Prozent privat.“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 18 | 33

„Mich hat durchaus erstaunt, in welcher Breite hier grundlegende Schlüsselqualifikationen genannt werden

und weniger IT- und technologiebezogene Aspekte“, gab Hofmann zu, „doch wenn man schaut, wie sich

Arbeitsplätze verändern, kann man das nachvollziehen.“ Es wird verstärkt situationsbasierte Organisations-

formen und dynamische Kompetenzprofile geben, das Arbeiten wird zum Beispiel von neuartigen Interakti-

onsformen, einer starken, zunehmenden Individualisierbarkeit und neuen physischen und digitalen Assis-

tenzsystemen geprägt sein. „Das alles erfordert verstärkt soziale und kommunikative Kompetenzen“, sagte

Hofmann.

Umschichtung von Arbeitsplätzen

Nicht wenige fürchten, dass der Wandel der Arbeit in manchen Fällen

auch zu einem Ende der Arbeit führen kann – zumindest für die Men-

schen, die sie bis dahin ausgeübt haben. Hofmann stellte dazu zwei

Studien vor. Einer US-amerikanischen Untersuchung aus dem Jahr 2014

zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, dass Jobs innerhalb von 20 Jahren

durch Maschinen ersetzt werden, besonders hoch bei Telefonverkäufern,

Packern oder Anlagenbedienern, aber etwa auch Kreditanalysten, Versi-

cherungs- und Immobilienmaklern. Zunehmende Vernetzung und

künstliche Intelligenz könnten also auch hochqualifizierte Jobs gefähr-

den.

Laut einer OECD-Studie vom vergangenen Jahr haben zwölf Prozent aller Jobs in Deutschland ein hohes

Automatisierungsrisiko. Während die Nachfrage nach hochqualifizierten Beschäftigten steige, würden viele

einfache Tätigkeiten wegfallen, heißt es in der Studie. Allerdings geht sie vor allem von einer Umschichtung

von Arbeitsplätzen aus. Die Studie prognostiziert den Wegfall von 490.000 „einfacheren“ Jobs und das Ent-

stehen 430.000 neuer Stellen. Der absolute Verlust läge also nur bei 60.000.

Zu solchen neuen Tätigkeitstypen könnten nach Ansicht der Fraunhofer-Expertin zum Beispiel Daten-

Experten, Geschäftsprozess-Designer, Projekt- und Programmmanager und Beziehungsmanager gehören.

Generell werde es zu neuen Mitarbeiterrollen kommen, sagte sie, etwa hinsichtlich von Beratungsfähigkeiten

und übergreifender Zusammenarbeit.

Lebenslanges Lernen als Führungsaufgabe

Was folgt nun aus dieser enormen Bewegung und Veränderung? Langfristige Perspektiven seien angesichts

der Dynamik der Entwicklung nicht möglich, schränkte Hofmann ein. Aber ein paar Leitplanken gebe es

doch. So sollten in den Unternehmen lebenslanges Lernen der Beschäftigten und Entwicklungsbegleitung als

wichtige Führungsaufgaben verankert werden. Außerdem gelte es, die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbei-

terinnen und Mitarbeiter im Sinne ihrer Beschäftigungsfähigkeit und Gesundheit zu stärken. Weitere Empfeh-

lung: „Vermitteln Sie Kommunikations- und Medienkompetenz für vernetzte Arbeitsumgebungen!“ Und auch

das sei hilfreich: Orientierung im Weiterbildungsdschungel zu geben.

Ein PDF der Präsentation „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit durch Qualifizierung“ von Dr. Josephine Hof-

mann finden Sie hier.

Blick ins Publikum

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 19 | 33

6. Mittagspause und Informationsstände

„Jede Menge Potenzial für mehr Netzwerkarbeit“

Preisverleihung und Impulsvortrag, Praxisforen und Diskussion – der Innovationstag ist

für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer auch ein Informationstag. Dabei legen sie

auch großen Wert auf den „kleinen Austausch zwischendurch“, am Rande einer Veranstal-

tung, beim Kaffee – und vor allem während der einstündigen Mittagspause. Unser Tages-

reporter sprach mit einigen darüber, was sie thematisch besonders bewegt.

Oft hörte man beim Innovationstag das Wort „aktives Netzwerken“. Da fragt der Journalist und Sprach-

freund natürlich direkt: Gibt es denn auch ein „passives Netzwerken“? Nun, von passiven, mehr oder weni-

ger inaktiven Mitgliedern in ihren Reihen wüssten sicherlich manche Fachkräftenetzwerke zu berichten. Die-

jenigen jedoch, die am 14. Juni nach Berlin gekommen waren, darf man getrost „aktive Netzwerker“ nen-

nen, besonders aktive sogar. Man sah und spürte förmlich, dass allüberall das Gespräch gesucht wurde. Zu

zweit, zu dritt, zu viert standen sie beieinander und tauschten sich aus. Und man konnte förmlich dabei zu-

sehen, wie das große Netzwerk der vielen Fachkräftenetzwerke und anderen Akteure wieder ein bisschen

engmaschiger wurde, wie neue Knoten und Schnüre dazukamen.

Birgit Sunder Plaßmann hatte einen kurzen Weg zum Veranstaltungsort. Sie nahm für das Nachbarschafts-

haus Urbanstraße e. V. in Berlin-Kreuzberg am 5. Innovationstag teil. Sunder Plaßmann arbeitet im Bereich

Beschäftigung und Qualifizierung, unter anderem mit Geflüchteten. Arbeiten 4.0, lebenslanges Lernen,

Work-Life-Balance – das alles sind Facetten des großen Themas Beschäftigung und Qualifizierung, die sie

beschäftigen. „Besonders interessiert mich, wie wir in unseren Coachings ein Bewusstsein für die Herausfor-

derungen und Chancen der Digitalisierung schaffen und wie wir sie auf die aktuellen Entwicklungen in der

Arbeitswelt ausrichten können“, erzählt sie.

Digitale Kompetenzen ansprechend vermitteln

Nur wenige Schritte weiter steht Hanna Buse von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke,

ebenfalls in Berlin. Auch sie ist heute wegen des Tagungsthemas „Digitalisierung braucht Qualifizierung“

hier. Dabei geht es ihr jedoch um die Qualifizierung derer, die dann ihrerseits Menschen für die Belange der

Digitalisierung qualifizieren sollen. Und zwar Menschen mit Behinderung. Stichwort: Inklusion. „Für mich ist

interessant, wie wir im Zuge des Wandels der Arbeitswelt künftig das Fachpersonal qualifizieren müssen, um

digitale Kompetenzen ansprechend vermitteln zu können.“

Südwestlich von Berlin liegt das schöne Potsdam. Dort leitet Andreas Hoffmann bei der Wirtschaftsförderung

Land Brandenburg GmbH das Team „Fachkräfte in Clustern und Regionen“ und die Regionalbüros für Fach-

kräftesicherung. Er ist ein besonders aktiver Netzwerker. „Ich stehe seit einigen Jahren in Kontakt mit dem

Innovationsbüro und nehme möglichst an allen Innovationstagen und Fachtagungen teil“, sagt er. Weshalb?

„Um zu Netzwerken und mir regelmäßig ein Update zu besorgen, was die anderen Fachkräfteinitiativen ma-

chen!“ Außerdem wolle er den Stand der Diskussion in Sachen „Arbeiten 4.0“ kennenlernen.

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 20 | 33

Mittagspause: Zeit zum Netzwerken und

Entdecken der Informationsstände

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 21 | 33

Von Aachen bis Südthüringen

Viele nutzen die Mittagspause, um sich an den Ständen der fünf ausgezeichneten „Innovativen Netzwerke

2017“ näher über deren Arbeit zu informieren. Auf Interesse stoßen zudem die Infostände der Bundesagen-

tur für Arbeit, des RKW Kompetenzzentrums, der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA), des Audits „Zu-

kunftsfähige Unternehmenskultur“, der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie des Projekts Unterneh-

men Berufsanerkennung.

Und dazwischen immer wieder: angeregte Gespräche. Etwa zwischen Dorothea Maaß und Dieter Bensmann,

die sich soeben kennengelernt haben. Dorothea Maaß von der Regionalagentur Aachen beim Zweckverband

Region Aachen möchte wissen, wie man kleine und mittlere Unternehmen beim Wandel der Arbeitswelt

durch die zunehmende Digitalisierung unterstützen kann. Ihr Fokus dabei: die Qualifizierung der Beschäftig-

ten. Dieter Bensmann hingegen ist Netzwerk-Experte. Der Inhaber der Bensmann Netzwerk Beratung aus

Hamburg verfolgt mit Interesse die Entwicklung und Professionalisierung der Fachkräftenetzwerke. „Ich fin-

de toll, dass heute erstmals innovative Netzwerkkoordinatoren ausgezeichnet wurden“, sagt er, „denn die

spielen eine ganz wesentliche Rolle.“ Vermutlich auch in dem Buch, an dem er gerade schreibt. Der Titel:

„Netzwerke – eine innovative Organisationsform nutzen und managen“.

Welche neuen Wege zur Fachkräftegewinnung für kleinere Unternehmen in Frage kommen, möchte Silke

Sieber erfahren. Sie ist Referentin für Fachkräfte bei der IHK Südthüringen und steht im Kontakt zu mehre-

ren Fachkräftenetzwerken in ihrer Region. „Gerade kleinere Betriebe agieren oft allein, sind bisweilen wenig

vernetzt und schöpfen längst nicht alle Möglichkeiten aus, Fachkräfte zu akquirieren“, beobachtet sie. „Mit

der TU Ilmenau haben wir beispielsweise eine tolle Fachkräfteschmiede in der Region, doch viele Absolven-

ten gehen fort, weil sie zu wenig über die Karrieremöglichkeiten vor Ort wissen.“ Ein weiteres Betätigungs-

feld in der Region: mehr Schulabgänger für die duale Ausbildung zu gewinnen. Sieber: „Hier gibt es jede

Menge Potenzial für mehr Netzwerkarbeit.“

7. Parallele Foren am Nachmittag

Auch beim 5. Innovationstag stand die zweite Tageshälfte ganz im Zeichen der Netzwerk-

Praxis und damit der Wahl zwischen drei Praxisforen.

7.1 Praxisforum 1: Qualifizierung in Zeiten der Digitalisierung

Fast 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich für Praxisforum 1 entschieden und

damit für Antworten auf diese Fragen: Was beinhaltet Qualifizierung vor dem Hintergrund

des digitalen Wandels? Was bedeutet lebenslanges Lernen für die Unternehmen und den

Einzelnen? Und welche digitalen Zusatzqualifikationen sind der Standard von morgen?

Die Digitalisierung verändert alles. Innovationen, wohin man blickt. Die rasanten Veränderungsprozesse

erfordern Qualifizierung – und machen ihrerseits vor der Qualifizierung nicht halt. Doch stopp: „Was bedeu-

tet eigentlich ‚Innovativ Qualifizieren in Zeiten der Digitalisierung‘?“, fragten die Moderatoren Jasmin Günther

und Dominik Theisen vom Innovationsbüro zu Beginn des Praxisforums. Dazu hatte Michael Härtel vom Bon-

ner Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) einige Denkanstöße mitgebracht.

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 22 | 33

Impulsvortrag: Innovativ Qualifizieren

Da jede Innovation eine Basis braucht, stellte Härtel zunächst noch einmal klar, worum es eigentlich geht.

„Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wan-

delnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Hand-

lungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforder-

lichen Berufserfahrungen zu ermöglichen“, zitierte er aus dem Berufsbildungsgesetz.

Obgleich Jugendliche mit dem Internet und seinen unendlichen Möglich-

keiten aufwachsen, mithilfe ihrer Smartphones ihren Alltag gestalten und

im „peer to peer“ Umgang auf dieses Werkzeug nicht mehr verzichten

(können), muss die damit verbundene „IT- und Medienkompetenz“, die

für berufliches Lernen und Arbeiten inzwischen ein wichtiges Moment

spielt, mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Kurz: Bedien-

kompetenz (der Smartphones), ja, Medienkompetenz, nein. Hieraus

erwächst dem Ausbildungspersonal an den Lernorten des dualen Sys-

tems eine neue Verantwortung, da es sich um die zentrale Multiplikato-

rengruppe handelt, die für eine reflektierende Vermittlung eines ergeb-

nisorientierten Einsatzes von digitalen Medien und Features zu Lern- und

Arbeitszwecken verantwortlich ist.

Um einem Wildwuchs, aber auch zu starker Zurückhaltung vorzubeugen, ist es erforderlich, einen struktu-

rierten und am täglichen Ausbildungsgeschehen orientierten Ansatz medienpädagogischer Kompetenz für

das Ausbildungspersonal zu erarbeiten. Aus diesem Grund wollte das BIBB mit seinem Forschungsprojekt

„Einsatz digitaler Medien durch betriebliches Ausbildungspersonal“ herausfinden, welche digitalen Medien –

technischer Aspekt – aus welchem Grund – didaktischer Aspekt – auf welche Weise – methodischer Aspekt –

in Lehr-Lern-Prozesse eingebunden werden.

Digitale Medien böten sich an, um z. B. Inhalte bereitzustellen sowie Lerninhalte zu visualisieren, um zu ko-

operieren, zu dokumentieren oder um via Animationen abstrakte technische Systeme erfahrbar zu machen,

referierte Härtel und berichtete von Anwenderworkshops, bei denen digitale Lehr- und Lernwerkzeuge im

Ausbildungsalltag erprobt wurden. Als Beispiel nannte er „BLok“, ein Online-Berichtsheft, und „Social Aug-

mented Learning“, eine neue Lernform, bei der Lernen, gestützt durch einen didaktisch begründeten Tech-

nologieeinsatz, sowohl selbstgesteuert und individuell als auch eingebettet im sozialen Kontext des Lernen-

den und in Lerngruppen stattfindet.

Härtel stellte auch „Berufsbildung 4.0“ vor, eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Bildung

und Forschung (BMBF) und des BIBB. Die Gemeinschaftsinitiative untersucht, wie Fachkräftequalifikationen

und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeitswelt von morgen aussehen. Ein Berufe- und Branchen-

Screening, Medienkompetenz als berufsübergreifende Schlüsselqualifikation und ein Monitoring- und Projek-

tionssystem zur Ermittlung des zukünftigen Fachkräftebedarfs bilden die Schwerpunkte dieser Initiative.

Ein PDF der Präsentation „Innovativ Qualifizieren“ von Michael Härtel finden Sie hier.

Michael Härtel vom Bonner Bundesinstitut für

Berufsbildung (BIBB) stellt bei Jugendlichen

oft fest: „Bedienkompetenz (der Smartpho-

nes), ja, Medienkompetenz, nein.“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 23 | 33

Impulsvortrag: Weiterbildungsdschungel – Regionaler Vermittlungsbedarf

Dass in Zeiten der Digitalisierung Weiterbildung unerlässlich ist, um beschäftigungsfähig zu bleiben, ist un-

strittig. Doch inzwischen braucht es fast schon eine eigene Qualifikation, um im Dickicht der Anbieter und

Angebote durchzublicken und das Richtige zu finden. Dr. Rainer Behrend kennt sich aus – zumindest in Hes-

sen. Er ist stellvertretender Geschäftsführer von Weiterbildung Hessen e. V., einem Verein, der für Qualität

und Transparenz in der Weiterbildung eintritt. Derzeit sind rund 310 Einrichtungen der allgemeinen, berufli-

chen und politischen Bildung Vereinsmitglied.

Behrends Impulsvortrag machte deutlich: Es braucht einen Lotsen durch

den Weiterbildungsdschungel. Hilfreich ist zum Beispiel die von dem

Verein betriebene hessische Weiterbildungsdatenbank, die alle relevan-

ten Angebote bündelt und einen anbieterunabhängigen, neutralen Ver-

gleich ermöglicht. Orientierung geben zudem Gütesiegel wie „Geprüfte

Weiterbildungseinrichtung“, denn sie basieren auf einheitlichen Quali-

tätsstandards. Eine Weiterbildungsinstitution wird beispielsweise hin-

sichtlich ihrer Organisation und Infrastruktur ebenso abgeklopft wie in

Bezug auf das Personal, den Verbraucherschutz und die Bildungsveran-

staltungen.

Am Beispiel von „ProAbschluss“, einem Förderprogramm zur Nachqualifizierung mit dem Instrument des

Qualifizierungsschecks, stellte Behrend zudem Ansätze zur Lösung des regionalen Vermittlungsbedarfs vor.

Sein Verein hat dazu eine hessenweite Beratungs- und Begleitstruktur in allen Kreisen und kreisfreien Städ-

ten implementiert. Für die einheitliche Qualität sorgt auch hier ein Gütesiegel: „Zertifizierte/-r Berater/-in“.

Einen Wermutstropfen hatte Behrend allerdings auch zu bieten: „Punktuell gibt es in Hessen bereits Angebo-

te zur Digitalisierung“, sagte er, „aber flächendeckend kann davon in der Weiterbildungslandschaft noch

nicht die Rede sein.“

Ein PDF der Präsentation „Weiterbildungsdschungel – Regionaler Vermittlungsbedarf“ von Dr. Rainer Beh-

rend finden Sie hier.

Praxisbeispiel: Anforderungen an Qualifikationen und Qualifizierungsangebote heute und mor-

gen aus Unternehmersicht

Sodann berichtete Daniel Zapf aus der Unternehmenspraxis. Der ge-

schäftsführende Gesellschafter der wycomco GmbH, einem Berliner IT-

Dienstleister, der seinen Service auch digital per Fernwartung anbietet,

sucht ständig IT-Nachwuchs. Dabei steht im Bewerbungsgespräch stets

eine Frage vor allen anderen: „Sind Sie gewillt, ein Leben lang (dazu) zu

lernen?“ Das gehe gar nicht anders, weil der Wandel der IT so umfas-

send sei. „Die IT ist heute als einzige Einheit in einem Unternehmen mit

allen übrigen Bereichen verbunden und wird künftig viel gezielter zur

Entwicklung der gesamten Organisation beitragen“, erläuterte Zapf. Die

IT werde also zum Berater im eigenen Unternehmen und zum Teil der

Wertschöpfungskette.

Dr. Rainer Behrend, stellvertretender Geschäfts-

führer von Weiterbildung Hessen e. V., setzt sich

für Qualität und Transparenz in der Weiterbildung

ein

Daniel Zapf, geschäftsführender Gesellschaf-

ter der wycomco GmbH, fragte das Publikum

zu Beginn: „Sind Sie gewillt, ein Leben lang zu

lernen?“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 24 | 33

Natürlich komme es weiterhin auf gute fachliche Kenntnisse an. Doch Zapf braucht Leute, die zudem intrin-

sisch motiviert sind, eine schnelle Auffassungsgabe haben, mit Leidenschaft Probleme lösen wollen, Arbeits-

methodik und Selbstorganisation beherrschen und über kommunikative Fähigkeiten verfügen.

Um solche Fachkräfte zu finden, geht wycomco auch ungewöhnliche Wege. So nimmt das Unternehmen an

dem Berliner Studienaussteiger-Programm „your turn“ teil. „Wenn der Abbruch gut begründet ist, geben wir

sehr gerne eine Chance“, betonte Zapf, der an den Wechslern schätzt, dass sie älter, reifer und lebenserfah-

rener sind und bereits vor der „Sinnfrage“ standen.

Ein PDF der Präsentation „Anforderungen an Qualifikationen und Qualifizierungsangebote heute und morgen

aus Unternehmersicht“ von Daniel Zapf finden Sie hier.

Praxisbeispiel: Zusatzqualifikationen für digitale Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung

(Modellprojekt)

„Zusatzqualifikationen für digitale Kompetenzen in der Aus- und Weiter-

bildung“ hatte Gerd Woweries im Gepäck. So heißt ein von der Berliner

Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales gefördertes Mo-

dellprojekt, das derzeit am Ausbildungszentrum Berlin des Unterneh-

mens ABB gemeinsam mit der k.o.s. GmbH umgesetzt wird. Das ABB-

Ausbildungszentrum ist ein Ausbildungsbetrieb für den ABB Konzern

sowie ein überbetrieblicher Bildungsdienstleister, bei dem derzeit rund

150 Unternehmen ihre zukünftigen Fachkräfte ausbilden lassen. In 25

Berufen bietet das Zentrum die Verbundausbildung für die berufliche

Erstausbildung an. Es zählt ungefähr 800 Azubis.

Bei dem Modellprojekt wird neben berufsspezifischen Zusatzqualifikationen auch eine berufsübergreifende

Zusatzqualifikation entwickelt, die über den jeweiligen Ausbildungsgang hinaus Azubis, Ausbildungspersonal

und Beschäftigten digitale Kompetenzen vermitteln sollen. Die fünf Module der Zusatzqualifikation sollen zu

Grundlagen der Digitalisierung, Lernen und Arbeiten in der digitalen Welt, IT- und Telekommunikationskom-

petenz, dem Umgang mit Daten sowie zu Systemen und Prozessen schulen.

„In dem Modellprojekt geht es aber nicht nur um die Inhalte“, erläuterte Woweries, „sondern auch darum,

auf welche – auch digitale – Weise diese Inhalte sich am besten vermitteln lassen.“ Lehrer und Trainer wer-

den nicht obsolet werden, doch halten auch neue Lernformen wie Webbinare Einzug.

Ein PDF der Präsentation „Zusatzqualifikationen für digitale Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung

(Modellprojekt)“ von Gerd Woweries finden Sie hier.

7.2 Praxisforum 2: Netzwerke als Initiatoren und Lotsen für Weiterbildungsangebote in den

Regionen

Welche Fachkräfte- und Qualifizierungsbedarfe gibt es in den einzelnen Regionen? Wie können

dort die Qualifizierungsangebote gebündelt und vermittelt werden? Und was können Netzwer-

ke dazu beitragen, um Fachkräfte und Unternehmen beim Thema Qualifizierung zu unterstüt-

zen?

Gerd Woweries, Geschäftsführer von ABB

Berlin, hatte digitale Kompetenzen in der Aus-

und Weiterbildung im Gepäck

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 25 | 33

Anhand von vier Praxisbeispielen informierten sich unter der Moderation von Alexander Ciesiolka vom Inno-

vationsbüro rund 40 Netzwerkerinnen und Netzwerker über entsprechende Ansätze.

Impulsvortrag: Qualifizierungsangebote – Mehrwert für die Region durch Bündelung und Bera-

tung

98 Prozent der Firmen in Thüringen sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Fast alle der über 90.000

Firmen haben also 250 oder weniger Beschäftigte. Je kleiner das Unternehmen, desto begrenzter in der

Regel die personellen und finanziellen Ressourcen. Das wiederum erhöht ihren Bedarf an Beratung in Fragen

der Personalentwicklung.

Deshalb gingen bereits 1998 sogenannte Qualifizierungskoordinatoren an den Start. Inzwischen heißt das

Angebot Thüringer Qualifizierungsentwicklung. Die Beraterinnen und Berater, unter ihnen Christian Schmidt

und Marlis Biel, die die Initiative beim Innovationstag vorstellten, beraten die Firmen und analysieren ge-

meinsam mit ihnen deren Qualifizierungs- und Fachkräftebedarf. Zudem sensibilisieren sie für das Thema

Ausbildung, beraten konzeptionell für passgenaue Weiterbildungsmaßnahmen und kennen sich mit Förder-

möglichkeiten aus.

Partner des Programms sind die HWK Erfurt, die HWK für Ostthüringen,

die HWK Südthüringen, die IHK Erfurt, die IHK Ostthüringen zu Gera, der

Verband der Metall- und Elektro-Industrie in Thüringen, der Paritätische

Thüringen sowie Arbeit und Leben Thüringen. Diese Träger stellen je

zwei bis drei Qualifizierungsentwickler. Pro Jahr finden 2.500 bis 3.000

Beratungen statt. Die Ergebnisse sind auf das jeweilige Unternehmen

zugeschnitten und reichen von der Organisation eines spezifischen Trai-

nings über die Vermittlung eines allgemeinen Qualifizierungsangebots

bis zum Kontakt zu Jobcenter oder Thüringer Agentur für Fachkräftege-

winnung (ThAFF).

Die Qualifizierungsentwickler helfen Unternehmen auch bei der Ausarbeitung von Stellengesuchen und plat-

zieren diese auf Wunsch in der ThAFF-Stellenbörse. Auf die Frage aus dem Publikum, wie der Kontakt zu den

Firmen zustande komme, erläuterten Schmidt und Biel, dass die Qualifizierungsentwickler per Telefonakquise

aktiv auf die Unternehmen zugehen.

Ein PDF der Präsentation „Qualifizierungsangebote – Mehrwert für die Region durch Bündelung und Bera-

tung“ von Christian Schmidt und Marlis Biel finden Sie hier.

Praxisbeispiel: dreipunktnull

Joachim Beck von BECK UND CONSORTEN in Wuppertal stellte im Praxisforum das Projekt „dreipunktnull“

vor, das ursprünglich vom Bergischen Fachkräftebündnis mitinitiiert wurde. Es geht von dem Wunsch vieler

Mittelständler aus, Schlüsselpositionen auch aus den eigenen Reihen besetzen zu wollen. Sie möchten ihre

Potenzialträger gerne an sich binden, entwickeln und auf die Übernahme von Schlüsselpositionen vorberei-

ten. Nicht jede Firma hat aber die Möglichkeiten dazu. Deshalb gibt es „dreipunktnull“, ein berufsbegleiten-

des Personalentwicklungsprogramm.

Thüringer Qualifizierungsentwicklerin Marlis

Biel analysiert mit Unternehmen deren Qualifi-

zierungs- und Fachkräftebedarf

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 26 | 33

Meist zehn bis 15 Nachwuchskräfte aus bergischen Unternehmen durch-

laufen über einen Zeitraum von zwölf Monaten überbetriebliche Weiter-

bildungsmaßnahmen. Die einzelnen Bausteine des Programms umfassen

ein auf die Bedürfnisse der Teilnehmer und der Unternehmen kon-

zentriertes Qualifizierungspaket, ein professionelles Mentoring-Angebot

und einen intensiv begleiteten Prozess mit gemeinsamen Projektarbeiten

in den beteiligten Betrieben. Damit bietet sich den Teilnehmern die

Möglichkeit, neue Formen der Zusammenarbeit zu erproben und wert-

volle Kontakte zu knüpfen.

Mussten die bergischen Firmen anfangs erst von dem Programm, insbesondere der Kooperation mit anderen

Betrieben überzeugt werden, ist es längst zum Selbstläufer geworden. Immer mehr KMU spüren, dass das

Programm bei den teilnehmenden Fachkräften zu einer höheren Bindung ans Unternehmen führt. Mit „drei-

punktnull“ können die KMUs ihren Potenzialträgern ein Angebot machen, das vergleichbar ist mit Trainee-

und Personalentwicklungsprogrammen von großen Unternehmen. Damit steigern sie ihre Arbeitgeberattrak-

tivität bei den akademischen Bewerbern sowie ihre Wettbewerbsfähigkeit im Kampf um die Talente.

Im Publikum interessierten sich einige für die Finanzierung. Die Teilnahme koste die Firmen 9.600 Euro,

sagte Beck. „Das ist in der Regel kein Problem“, ergänzte er, „viel anspruchsvoller ist es für manchen kleinen

Betrieb, ihren Potenzialträger für 16 Lehrgangstage freizustellen.“

Die Broschüre zum Projekt „dreipunktnull“ finden Sie hier.

Praxisbeispiel: Regionale Qualifizierungsberatung – Weiter durch Qualifizierung

Dr. Hubert Lerche ist seiner Heimatregion Lausitz derart verbunden, dass er sich auch als Ruheständler in-

tensiv bei der Wirtschaftsinitiative Lausitz e. V. engagiert, die inzwischen 75 Mitgliedsfirmen mit zusammen

14.500 Beschäftigten zählt.

In Berlin stellte Lerche die Qualifizierungsberatung für KMU in der Lausitz vor, ein Modellprojekt, das es in-

zwischen bundesweit gibt. Vielen KMU mangelt es an passenden Weiterbildungsmöglichkeiten, zumal nicht

jeder Betrieb für sich genommen genügend Ressourcen hat, um Beschäftigte systematisch weiterzubilden.

Die Qualifizierungsberatung des Arbeitgeber-Services der Agenturen für Arbeit im Netzwerk umfasste wäh-

rend der Modellphase 2009 bis 2012 eine Demografieanalyse, eine Analyse der Personalstruktur und des

Bildungsbedarfs, die Planung des jeweiligen Bildungsbedarfs sowie ein Bildungscontrolling. Dazu begleitete

ein fester Qualifizierungsberater die Geschäftsführung und Personalleitung über mehrere Monate. Zudem

gab es regelmäßig Gespräche, bei Bedarf auch mit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Während der Pilotphase wurden fast 400 Firmen kontaktiert, 311 nahmen teil. 600 Qualifizierungsmaßnah-

men wurden ermittelt, drei Viertel davon extern. Seit 2013 wird das Lausitzer Modell von der Bundesagentur

für Arbeit deutschlandweit als ständiger Service der Agenturen für Arbeit angeboten.

Ein PDF der Präsentation „Regionale Qualifizierungsberatung – Weiter durch Qualifizierung“ von Dr. Hubert

Lerche finden Sie hier.

Joachim Beck von BECK UND CONSORTEN

stellte ein berufsbegleitendes Personalent-

wicklungsprogramm vor

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 27 | 33

Impulsvortrag: Weiterbildung stärken in Netzwerkstrukturen

Immer wieder stellen sich Netzwerke die Frage, wie Qualifizierungsprojekte nachhaltig konzipiert werden

können. Gunda Fischer von der Regiestelle „Fachkräfte sichern“ in Berlin stellte dazu am Beispiel der Initiati-

ve „Fachkräfte sichern: weiter bilden und Gleichstellung fördern“ eine Fördervariante vor, die Weiterbildung

in KMU und den Aufbau vernetzter Weiterbildungsstrukturen unterstützt. Die Initiative wird aus Mitteln des

BMAS sowie des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.

Handlungsfelder der ESF-Sozialpartnerrichtlinie sind:

der Aufbau von Personalentwicklungsstrukturen,

der Aufbau vernetzter Weiterbildungsstrukturen in KMU,

die Initiierung von Branchendialogen,

die Stärkung der Handlungskompetenz betrieblicher Akteure im Hinblick auf Chancengleichheit und

die Entwicklung lebensphasenorientierter Arbeitszeitmodelle und Karrierewegplanungen.

Ziel sei es unter anderem, dass durch systematische Personalentwick-

lung nachhaltige Weiterbildungsstrukturen entstehen und mehr KMU-

Beschäftigte insbesondere an Weiterbildung unterrepräsentierte Be-

schäftigtengruppen an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen. Auch die

qualifikationsgerechte Erwerbsbeteiligung von Frauen soll verbessert

werden.

Antragsberechtigt sind Sozialpartner, Unternehmen und Bildungsträger.

Nähere Informationen dazu gibt es bei der Regiestelle „Fachkräfte si-

chern“.

„Mit dem vierten Förderaufruf knüpft die Sozialpartnerrichtlinie an den Dialogprozess „Arbeiten 4.0“ des

BMAS an. Gefragt sind praxisrelevante Gestaltungsansätze, die aufzeigen, wie die Herausforderungen der

Digitalisierung auf betrieblicher Ebene genutzt werden können“, warb Gunda Fischer. Interessenbekundun-

gen können zwischen 4. September und 13. Oktober 2017 eingereicht werden!

Ein PDF der Präsentation „Weiterbildung stärken in Netzwerkstrukturen“ von Gunda Fischer finden Sie hier.

7.3 Praxisforum 3: Qualifizierungsstrategien für Unternehmen

Wie vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit dem Thema Arbeiten 4.0 umgehen,

welche Strategien sie für die Qualifizierung ihrer Beschäftigten entwickeln und wie ihr

Unterstützungsbedarf beim Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit aussieht: Dazu bot das

Praxisforum 3 Antworten aus Wissenschaft und Unternehmen.

Für Jan Kuper, Leiter des Innovationsbüros und Moderator des dritten Praxisforums, war es der Schlüssel-

satz des Vormittags: Staatssekretär Thorben Albrecht hatte von seiner norwegischen Kollegin und deren

Frage an einen Unternehmer berichtet, wie er denn damit umgehen würde, wenn er Beschäftigte qualifiziere

und diese dann den Betrieb verließen. Die Antwort des Unternehmers: Viel schlimmer sei, die Menschen

nicht zu qualifizieren – und sie blieben dann.

Gunda Fischer von der Regiestelle „Fachkräfte

sichern“: „Gefragt sind praxisrelevante Gestal-

tungsansätze.“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 28 | 33

Impulsvortrag: Qualifikationsbedarf und Qualifizierung – Anforderungen im Zeichen der Digita-

lisierung

„Qualifizierung ist also unstrittig“, betonte Kuper, „und welche Anforderungen sich daraus im Zeichen der

Digitalisierung ergeben, dazu hören wir jetzt zunächst Dr. Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirt-

schaft in Köln.“

Der Leiter des Kompetenzfelds Arbeitsmarkt und Arbeitswelt beim IW

stapelte zunächst tief: „Sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich Ihnen

keine maßgeschneiderte Qualifizierungsstrategie mitgeben kann.“ Das

liege auch an der kurzen Redezeit, sagte er mit Augenzwinkern, vor

allem jedoch daran, dass es diese eine Strategie nicht gebe. Aber ein

wenig Orientierung und ein paar Anregungen für die Praxis hatte er

dann doch dabei. „Zur Beruhigung: Derzeit können wir keinen Zusam-

menhang feststellen zwischen dem Digitalisierungsgrad eines Unter-

nehmens und dessen Beschäftigungsentwicklung oder zwischen der

Beschäftigungsentwicklung in einzelnen Berufsgruppen und der poten-

ziellen Ersetzbarkeit durch Roboter oder Software“, erklärte Stettes.

Diese Erkenntnis sei gleichzeitig jedoch problematisch: Es falle eben

auch schwer, konkrete Trends abzuleiten.

Eines sei aber unzweifelhaft: „Die allerwichtigste Frage am Anfang muss in jedem einzelnen Unternehmen

lauten: Was bedeutet Digitalisierung für uns? In welchem Zusammenhang sind wir betroffen von dem Wan-

del und was folgt daraus für die Arbeit?“, betonte der Arbeitsweltforscher.

Sein nächster Tipp: Man solle sich von Schlagwörtern nicht verrückt machen lassen. „Letztlich ist Digitalisie-

rung auch ‚nur‘ ein Change-Prozess – so wie es immer wieder andere Change-Prozesse in den Unternehmen

gibt. Das sollte man sich bewusst machen.“

Es brauche also genügend Führungskräfte und Mitarbeiter, die bereit für Veränderung sind. „Eine wichtige

Voraussetzung dafür ist wiederum: Die Menschen müssen das Gefühl vermittelt bekommen, sich auch ver-

ändern und entwickeln zu können“, sagte Stettes. Bei der Frage nach der Qualifizierung gehe es nun also

darum zu klären, welche Kompetenzen für diesen Veränderungsprozess im jeweiligen Unternehmen erfor-

derlich seien und welche Maßnahmen es bedürfe, um diese Kompetenzen zu erlangen.

„Aus unseren Untersuchungen schälen sich im Grunde drei Blöcke heraus“, sagte der IW-Experte. Erstens

komme es in Zukunft verstärkt auf Erfahrungswissen an. Das erworbene Wissen in unseren Köpfen sei maß-

geblich dafür, dass wir in Zukunft Potenziale nutzen und uns anpassen können. Zweitens seien natürlich IT-

und Internet-Kompetenzen unerlässlich. „Doch keine Bange: Wir müssen deshalb nicht alle Nerds werden“,

beruhigte Stettes, „auch in Zukunft reichen in vielen Fällen Anwendungskompetenzen aus.“

Dritter Block: Es wird zu ganz neuen Formen der Zusammenarbeit kommen. „Die Arbeitnehmer müssen

kommunizieren und kooperieren können und sich stärker eigenständig organisieren“, unterstrich Stettes.

Zudem würde eine lange Zeit übliche Anpassungsstrategie wie die, junge Menschen für den Wandel ins Un-

ternehmen zu holen und ältere möglichst sozialverträglich in den Ruhestand zu schicken, nicht mehr funktio-

nieren.

„Die meisten Unternehmen werden den Wandel mit der alternden Belegschaft machen“, stellte der Forscher

unmissverständlich klar. „Bei der Qualifizierungsfrage kommt es dann darauf an, wie Sie im Unternehmen

Dr. Oliver Stettes vom Institut der deutschen

Wirtschaft Köln: „Derzeit können wir keinen

Zusammenhang zwischen dem Digitalisierungs-

grad von Unternehmen und deren Beschäfti-

gungsentwicklung feststellen.“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 29 | 33

sicherstellen, dass die alternde Belegschaft alle erforderlichen Kompetenzen erwerben kann.“ Klar sei näm-

lich, dass Menschen jenseits der 50 klassische Lernformen, etwa Frontalunterricht, nicht sonderlich schätzen

würden. „Die Unternehmen müssen also einen Wissensaustausch organisieren, der für alle funktioniert, vor

allem durch unmittelbares Lernen am Arbeitsplatz und in altersgemischten Teams“, sagte Stettes.

Mit diesem Hinweis schloss sich der Kreis seiner Ausführungen: „Zunächst muss sich jedes Unternehmen

sehr klar machen, was Digitalisierung für es bedeutet und was daraus folgt“, wiederholte Stettes. „Und über

allem steht die Frage: Wie bewältige ich den Change-Prozess und wie bewältige ich den demografischen

Wandel?“

Ein PDF der Präsentation „Qualifikationsbedarf und Qualifizierung – Anforderungen im Zeichen der Digitali-

sierung“ von Dr. Oliver Stettes finden Sie hier.

Praxisbeispiel: Unternehmensinterne Strategie zur Qualifizierung der Mitarbeiter und Koopera-

tion mit externen Partnern zur Weiterbildung

Diese Fragen stellt sich im rheinischen Troisdorf auch Martin Böhm, In-

haber des Familienunternehmens Böhm Elektrobau. Der Handwerksbe-

trieb hat sich auf Energie- und Gebäudetechnik spezialisiert und kennt

sich mit Digitalisierung aus: Zum Portfolio gehören Smart-Home-

Lösungen, E-Mobilität und Energieverteilung. Affinität zur Digitalisierung

haben auch viele der 20 Beschäftigten, denn der Altersdurchschnitt liegt

bei 27 Jahren, Smartphones, Apps und Internet gehören bei ihnen zum

privaten wie beruflichen Alltag.

So sieht Böhm für sein Unternehmen denn auch Chancen in der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesell-

schaft: fürs Neugeschäft, für die Verknüpfung von Geschäftsfeldern und Gewerken, für die Mitarbeiterbin-

dung durch abwechslungsreiche Tätigkeiten und für die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. „Zudem

ermöglicht sie uns, zukunftsweisende Konzepte zu entwickeln“, sagte der Handwerksunternehmer.

Zugleich ergeben sich für die Beschäftigten neue Qualifikationsanforderungen. Das Berufsbild wandle sich

und entwickle sich vom traditionellen Handwerk hin zur hochqualifizierten Fachkraft und von Einzelaufgaben

hin zu verknüpften, komplexen Lösungen. „Aus Azubis werden E-zubis“, sagte Böhm mit Blick auf eine bun-

desweite Marketingkampagne des deutschen Elektrohandwerks.

Auf Basis dieser Erkenntnisse analysiert Böhm den betriebsinternen Schulungsbedarf für die neuen Techno-

logien. Für jeden definierten Bereich ermittelt er sodann passende Schulungsangebote und bespricht sie mit

dem jeweiligen Beschäftigten. „Unser Ziel ist, dass die Mitarbeiter Schwerpunktkompetenzen entwickeln, die

sich wechselseitig ergänzen“, fügte Böhm hinzu.

Weil das Unternehmen diese Qualifizierungen nicht allein stemmen kann, kooperiert es mit externen Part-

nern. Böhm arbeitet mit der Innung für Elektrotechnik Bonn/Rhein-Sieg, dem Fachverband Elektro- und In-

formationstechnische Handwerke NRW und dem Zentralverband des deutschen Elektro-Handwerks ZVEH

zusammen. So nutzen seine Beschäftigten beispielsweise die Schulungs- und Weiterbildungsangebote der E-

Akademie beim ZVEH. „Auch Qualifizierungsangebote des Großhandels und der Produkthersteller sind inte-

ressant für uns“, führte Böhm aus.

Martin Böhm, Inhaber des Familienunterneh-

mens Böhm Elektrobau: „Aus Azubis werden

E-zubis.“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 30 | 33

Teil der Qualifizierungsstrategie des kleinen Familienunternehmens sind dreijährige Schulungspläne, die Mit-

arbeiter bei entsprechendem Einsatz etwa vom Monteur zum Techniker oder vom Monteur zum Meister füh-

ren. „Das dient“, so Böhm, „zugleich der Mitarbeiterbindung!“

Ein PDF der Präsentation „Unternehmensinterne Strategie zur Qualifizierung der Mitarbeiter und Kooperation

mit externen Partnern zur Weiterbildung“ von Martin Böhm finden Sie hier.

Praxisbeispiel: „WE DO DIGITAL – Gesichter und Geschichten“ (bundesweite Kampagne der

IHK-Organisation)

Wie gelingt der digitale Wandel? In ihrer bundesweiten Kampagne „We do digital“ suchte die Organisation

der Industrie- und Handelskammern in diesem Frühjahr Gesichter und Geschichten rund um die Wirtschaft

4.0. Ob es um den Einsatz digitaler Assistenzsysteme geht, um den bedarfsgesteuerten Materialfluss oder

„nur“ um innovative Bezahlverfahren: In Deutschland gibt es – gerade in kleinen und mittleren Unternehmen

– viele Erfolgsgeschichten rund um die Digitalisierung. „Die Initiative ‚We do digital‘ brachte diese Beispiele

nun an die Öffentlichkeit, um damit anderen Betrieben Mut zu machen und die Chancen der Digitalisierung

in den Mittelpunkt zu rücken“, berichtete Linda van Renssen im Praxisforum, als sie die Ergebnisse der Kam-

pagne vorstellte.

Im Vordergrund der Kampagne standen die Unternehmer, die nun auf der Website www.wedodigital.de ihre

Erfolgsbeispiele vorstellen. Sie berichten, welche Konsequenzen die Digitalisierung für die eigene Branche

mitbringt und wie sie es geschafft haben, diese Veränderungen positiv für sich zu nutzen. Am Tag nach dem

Innovationstag wurden in Berlin die Gewinner der Kampagne vorgestellt und gekürt.

„WE DO DIGITAL“ – Das Beispiel spedifort: E-Learning für Speditionen

Ein Erfolgsbeispiel aus der Kampagne ist das Start-up INN-ovativ KG mit der E-Learning-App „spedifort“ für

Speditionen. Der Anlass für die Gründung war ebenso simpel wie ärgerlich: „Wir wollten Quereinsteiger und

Fahrer trainieren, haben dafür aber nichts Geeignetes gefunden“, berichtete Gründer Andreas Rinnhofer,

selbst 16 Jahre lang in der Speditionsbranche tätig, im Praxisforum.

Rinnhofer vertritt die These, dass betriebliche Innovationsfähigkeit vom

Wissen der Beschäftigten abhängt und dass der Erwerb dieses Wissens

interessant sein und Spaß machen muss. Weil es überdies in der Natur

der Sache liegt, dass Berufskraftfahrer häufiger irgendwo auf der Auto-

bahn sind als am Firmenstandort, kam Rinnhofer schnell auf die Idee,

dass hier weder das konventionelle Schulbuch noch der Präsenzunter-

richt Früchte tragen würde, sondern allein das E-Learning. So suchte er

sich geeignete Partner und entwickelte ein Online-Schulungskonzept

mit drei Bausteinen: dem Grundkurs „Vom Anfänger zum Disponenten“,

weiterführende, darauf aufbauende Kurse sowie jährliche Unterweisun-

gen mit Erinnerungsfunktion. Jedes Modul ist zeitgemäß konzipiert,

kurze Erklär- und Vorführvideos, etwa zur Ladungssicherung, machen

das Lernen kurzweilig.

Andreas Rinnhofer, Gründer des Start-ups

INN-ovativ KG: „Betriebliche Innovationsfä-

higkeit hängt vom Wissen der Beschäftigten

ab.“

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 31 | 33

„Mit E-Learning sparen die Unternehmen viel Zeit und Geld, zudem ermöglichen sie ihren Mitarbeitern flexib-

les, ortsunabhängiges Lernen“, erläuterte Rinnhofer. Weiteres Plus: Die Anpassung einzelner Module an

Besonderheiten des jeweiligen Betriebs sind ohne großen Zusatzaufwand möglich.

Weil aber auch der Austausch mit Anderen zum Lernerfolg beiträgt, bietet spedifort auch Social-Learning-

Elemente, etwa über den Zusammenschluss in sozialen Netzwerken. Möglich ist auch Blended Learning, also

die Kombination aus Online- und Präsenzelementen, was etwa bei Unterweisungen sinnvoll ist.

Rinnhofer und sein Team haben an alles gedacht, sogar Wettbewerbselemente. „Wir wollen, dass unsere

Kunden zufrieden sind“, sagte Rinnhofer. „Wann sind sie zufrieden? Wenn die User, also deren Mitarbeiter,

schnell und erfolgreich die Kurse absolvieren! Deshalb haben wir Elemente eingebaut, etwa Bestenlisten und

Wettbewerbe, um die Nutzer anzuspornen.“ Sogar einen Belohnungsshop gibt es. „Pro absolviertem Kurs

erhalten die Nutzer eine virtuelle Münze“, erzählte Rinnhofer, „und können dann mehrere Münzen gegen ein

T-Shirt oder ein Schlüsselanhänger eintauschen. Bis hin zu einem Gutschein für einen halben freien Tag,

wenn ein kompletter Grundkurs und die weiterführenden Kurse erfolgreich absolviert wurden!“

Ein PDF der Präsentation „WE DO DIGITAL - Gesichter und Geschichten“ (bundesweite Kampagne der IHK-

Organisation)“ von Linda van Renssen und Andreas Rinnhofer finden Sie hier.

8. Innovationsbüro Fachkräfte für die Region

Es gibt viel zu tun

Organisator des 5. Innovationstags 2017 „Fachkräftesicherung weiterdenken – Digitali-

sierung braucht Qualifizierung“ war das Innovationsbüro Fachkräfte für die Region. Es

wird aus Mitteln des BMAS finanziert und ist angesiedelt bei der DIHK Service GmbH des

Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Mit zahlreichen Dienstleistungen unter-

stützen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Fachkräftenetzwerke in den Regionen –

und die, die es werden wollen.

„Es gibt offenbar viel zu tun – ich finde, das hat irgendwie auch etwas Erschreckendes“, hatte Moderatorin

Tanja Samrotzki im Anschluss an den Impulsvortrag von Dr. Josephine Hofmann am Vormittag gesagt.

„Doch wissen wir jetzt immerhin besser, was zu tun ist.“ Dann hatte sie ergänzt: „Die gute Nachricht lautet,

dass wir mit alldem nicht allein sind, sondern dass es Hilfe gibt, zum Beispiel durch das Innovationsbüro

Fachkräfte für die Region!“

Schon seit sechs Jahren unterstützt das Innovationsbüro Netzwerkarbeit in den Regionen mit zahlreichen

Formaten. Zum Beispiel den Innovationstagen im Sommer und den Fachtagungen im Winter, bei denen re-

gelmäßig rund 200 Akteure aus Fachkräftenetzwerken nach Berlin kommen, um sich zu informieren und

auszutauschen. „Außerdem haben wir schon zahlreiche Workshops zur Gründung und Weiterentwicklung von

Netzwerken durchgeführt“, berichtete Kuper im Gespräch mit der Moderatorin.

Ein weiterer Unterstützungsbaustein aus Berlin: Das Innovationsbüro beruft zirka alle zwei Monate in den

Regionen Erfahrungsaustauschkreise ein. Hier geht es darum, die örtlichen Akteure für Fachkräftesicherung

zusammenzubringen, neue Ideen zu präsentieren und dabei möglichst immer auch Unternehmen einzube-

ziehen.

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 32 | 33

Team des Innovationsbüros Fachkräfte für die Region mit Doris Ebert vom BMAS (3. Reihe, 3. v. l.)

Zahlreiche Innovationen für die Netzwerkarbeit

„Bei einem Innovationstag haben bestimmt auch Sie selbst Innovationen zu verkünden?!“, befand Tanja

Samrotzki. Jan Kuper verwies auf mehrere Neuerungen auf der Website www.fachkraeftebuero.de. So hat

das Innovationsbüro seine Praxisdatenbank überarbeitet, in der bis Jahresende rund 60 Beispiele erfolgrei-

cher Netzwerkarbeit zu finden sein werden – mit dem ausdrücklichen Ziel, Kontakt aufzunehmen und aus

der Praxis für die Praxis zu lernen. Außerdem durchforstet das Innovationsbüro die deutsche Presseland-

schaft nach Berichten über Fachkräftethemen und den Schwerpunkt „Arbeiten 4.0“. Jeden Monat stellt sie

dazu eine aktuelle Presseschau ins Netz.

Darüber hinaus konnte Kuper den erfolgreichen Start der Entwicklungspartnerschaft für Fachkräftenetzwerke

vermelden. Sie soll die Gemeinschaft der Fachkräftenetzwerke stärken und zur Kooperation untereinander

motivieren.

„Und last, not least beginnt in wenigen Tagen der erste Zertifikatslehrgang ‚Netzwerkkoordinator/-in zur

Fachkräftesicherung (IHK)‘, den wir in den vergangenen zwölf Monaten konzipiert haben“, erzählte Kuper. In

72 Lehrgangsstunden, verteilt auf sechs Module, erlernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seit 26. Juni

grundlegende Kompetenzen und Kenntnisse, die für die Arbeit von Netzwerkkoordinatoren wichtig sind.

9. Kontaktdaten und Impressum

Veranstalter

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Wilhelmstraße 49

10117 Berlin

Organisation

Page 33: Innovationsbüro Fachkräfte für die Region ... · Fachkräfte für die Region und legt großen Wert auf die Arbeit der vielen Fachkräftenetz-werke in den Regionen. Erst dieses

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Veranstaltungsdokumentation, 5. Innovationstag Fachkräfte für die Region, 14. Juni 2017 33 | 33

Innovationsbüro Fachkräfte für die Region

DIHK Service GmbH

Breite Straße 29

10178 Berlin

Telefon: 030 20308 6201

E-Mail: [email protected]

Homepage: www.fachkraeftebuero.de

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Impressum

Text:

Lothar Schmitz, WORT & WIRTSCHAFT, Bonn

Fotos:

© Innovationsbüro Fachkräfte für die Region

Fotograf: David Biene

Moderation und Laudationes:

Tanja Samrotzki

Satz und Endredaktion:

Innovationsbüro Fachkräfte für die Region