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Innovativer Energiespeicher Bundeswasserstraßen; Innovative Energy Storage in Federal Waterways;

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Page 1: Innovativer Energiespeicher Bundeswasserstraßen; Innovative Energy Storage in Federal Waterways;

Z Energiewirtsch (2013) 37:261–276DOI 10.1007/s12398-013-0119-3

Innovativer Energiespeicher Bundeswasserstraßen

Maik Plenz · Stephan Mattner · Heinrich Degenhart ·Lars Holstenkamp

Online publiziert: 6. November 2013© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Zusammenfassung Mit Hilfe der vorliegenden Untersu-chung soll ein Beitrag zur Frage der Systemintegration vongroßtechnischen Energiespeichern geschaffen werden. Eswird erarbeitet, ob und wie die Wasserstraßen Deutschlandszu diesem Zweck genutzt werden können. Zunächst wer-den – in einer ersten Grundlagenbetrachtung – die Bundes-wasserstraßen systematisch auf ihre Tauglichkeit zur Ener-giespeicherung durchleuchtet. Eine wesentliche Rolle hier-bei spielt neben der technischen auch die hydromechani-sche Realisierung des Speicherprozesses sowie die Vor- undNachteile der Bundeswasserstraßen im Vergleich zu konven-tionellen Pumpspeicherkraftwerken. Die Darstellung undKlassifizierung der zur potenziellen Nutzung verfügbarenKanalabschnitte der Bundeswasserstraßen ermöglicht dabeieinen Überblick der speichertauglichen Systeme. Eine ei-gens konzipierte Speichersimulation anhand eines Anwen-

M. Plenz (B)EU-Innovations-Inkubator, TM 1.1/KT EnERgioN,Professur für Finanzierung und Finanzwirtschaft, LeuphanaUniversität Lüneburg, Lüneburg, Deutschlande-mail: [email protected]

S. MattnerHelmut-Schmidt-Universität Hamburg, Hamburg, Deutschlande-mail: [email protected]

Prof. Dr. rer. pol. H. DegenhartGesamtprojektleitung EU-Innovations-Inkubator EnERgioN,Professur für Finanzierung und Finanzwirtschaft, LeuphanaUniversität Lüneburg, Lüneburg, Deutschlande-mail: [email protected]

L. HolstenkampProjektkoordinator EU-Innovations-Inkubator EnERgioN,Professur für Finanzierung und Finanzwirtschaft, LeuphanaUniversität Lüneburg, Lüneburg, Deutschlande-mail: [email protected]

dungsbeispiels weist die Fähigkeit des „EnergiespeichersBundeswasserstraßen“ zum Ausgleich von Lastschwankun-gen und zur zeitlichen Verschiebung des Energiedargebotstheoretisch nach. Dies geschieht mit Hilfe des Simulati-onsprogrammes Matlab auf der Grundlage von syntheti-schen Last- und Einspeiseprofilen. Abschließend werdenan den Beispielen der Schachtschleusengruppe Uelzen unddes Doppelsenkrecht-Schiffshebewerkes Scharnebeck ent-wickelte Umrüstungsvarianten erläutert, technisch abstra-hiert, wirtschaftlich untersucht und in Kombination mitalternativen Erzeugungsanlagen in Form eines virtuellenKraftwerkes simuliert. Die Formulierung detaillierter, wei-terführender Ansätze und die Kalkulation möglicher Ein-satzszenarien stehen dabei im Vordergrund.

Innovative Energy Storage in Federal Waterways

Abstract The present analysis provides a contribution tothe question of how a system integration of large-scale en-ergy storages can be implemented. It is to be investigatedif and how federal waterways can be used for this purpose.Initially, a baseline study was carried out in which the fed-eral waterways are systematically assessed with regard totheir suitability for/as energy storage systems. Apart fromthe technical and the hydro mechanical implementation ofthe storage process, the advantages and disadvantages of thefederal waterways in comparison to conventional pump stor-age stations play a significant role. A presentation and clas-sification of the potentially available canal sections providesan overview of the suitable storage systems of the federalwaterways. A specifically designed storage simulation onthe basis of a sample application is used, in order to deter-mine the capacity of the canal system for energy storage.Consequently, the simulation showed the theoretical capa-bility of the federal waterways as energy storage systems,

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through their ability to balance the load and temporal fluc-tuations of the energy input. The simulation program Mat-lab was used on the basis of the synthetic load and deliveryprofiles. Finally, based on the example of the ships lock inUelzen and the Scharnebeck boats lift, a simulation of thepossible re-equipping options will be described, technicallyabstracted, economically analysed and combined with re-newable energy facilities within a virtual power plant. Thedetailed formulation of further approaches and the calcu-lation of possible application scenarios play a central rolewithin this analysis.

1 Die Bundeswasserstraßen als Speichersystem

Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit demThemengebiet der Energiespeicherung. Es wird untersucht,inwieweit das bestehende Netz der Bundeswasserstraßen(BWS) dazu geeignet ist, als großtechnischer Energiespei-cher zu fungieren. Zielsetzung ist die Etablierung einesökologisch und ökonomisch verträglichen, neuartigen Ener-giespeichersystems und die nachhaltige Sicherstellung derEnergieversorgung innerhalb geeigneter, lokal begrenzterRegionen. Der Anstoß zu den vorliegenden Untersuchun-gen ergab sich aus der Notwendigkeit, dass trotz allenökologischen Mehrwertes der Energiewende die belaste-ten Einzelsysteme (Erzeuger, Netz, Speicher, Verbraucher)den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen stand-halten müssen. Die BWS, welche speziell in Nord- undMitteldeutschland, also „speicherarmen“ Regionen mit ho-her Windenergieeinspeisung, vorhanden sind, werden suk-zessive nach ihrer Speichertauglichkeit durchleuchtet. Alsein Teil des Projektes EnERgioN (Erzeugung, Speicherungund Vermarktung von Erneuerbarer Energie in der RegionNord) der Leuphana Universität Lüneburg (2012) – geför-dert durch die Europäische Union im Rahmen des Euro-päischen Fonds für Regionale Entwicklung und des LandesNiedersachsen – wurde nach Lösungen gesucht, die tech-nologisch ausgereifteste Speicherform für elektrische Ener-gie, ein Pumpspeicherkraftwerk (PSKW), in eine Verbin-dung mit regionalen Gegebenheiten und möglichst geringenInvestitions- und/oder Betriebskosten zu bringen.

1.1 Technische Realisierung

Konventionelle Pumpspeicherkraftwerke nutzen überschüs-sige elektrische Energie, um Wasser von einem niedrige-ren Niveau eines Speichersystems (Unterbecken, hUB ) aufein höheres Niveau, in ein unabhängiges Aufnahmesystem(Oberbecken, hOB ), zu befördern. Die elektrische Energie(Eel) wird dabei in Lageenergie bzw. potenzielle Energie(Epot ) umgewandelt.

• Potentielle Energie in Kanalpumpspeichern

Epot = ρH2O × VH2O × g × (hOB − hUB) [W s] (1.1)

ρH2O : Dichte des Wassers [kg/m3]; hOB : Höhe Oberbe-cken ü. NN [m]; VH2O : Volumen des Wassers [m3]; hUB ;Höhe Unterbecken ü. NN [m].

Zur Rückwandlung wird das Wasser aus dem Oberbe-cken abgelassen und über einen Maschinensatz (Turbinemit Generator) wieder in Strom (Eel) umgewandelt.

• Umwandlung elektrischer Energie

Eel = ηGesamt × Epot [MWh] (1.2)

Der Wirkungsgrad des Speichersystems ist wie in allentechnischen Umwandlungsprozessen mit vielfältigen Ver-lusten beim Ein- und Ausspeichern elektrischer Energiebeaufschlagt. Der Gesamtwirkungsgrad großer, modernerPumpspeicherkraftwerke bewegt sich in Bereichen zwi-schen 75–80 % (Konstantin 2009). Im Gesamtsystemwir-kungsgrad (ηGesamt ) ist die abgegebene Energiemenge da-bei um die Wirkungsgradverluste des Pumpspeicherwer-kes, durch Rohrreibungsverluste, Verluste im Maschinen-satz, etc., geringer als die ursprünglich bezogene Energie-menge.

• Bildung des Gesamtwirkungsgrades

ηGesamt = η2L × ηtotM × η2

T raf o [–] (1.3)

ηGesamt : Gesamtwirkungsgrad [–]; ηL: Wirkungsgrad Lei-tungen [–]; ηtotM : Wirkungsgrad Maschinensatz [–]; ηT raf o:Wirkungsgrad Trafo [–].• Zusammensetzung des Wirkungsgrades Maschinensatz

ηtotM = ηT × ηGetriebe × ηG × (1 − ηEig) × ηP × ηM [–](1.4)

ηT : Wirkungsgrad Turbine [–]; ηEig : EigenversorgungWKA [–]; ηGetriebe: Wirkungsgrad Getriebes/Riemenan-triebes (sofern vorh.) [–]; ηG: Wirkungsgrad Generator[–]; ηP : Wirkungsgrad Pumpe [–]; ηM : Wirkungsgrad Mo-tor [–].

Die gute Regelfähigkeit, der hohe Wirkungsgrad und ver-gleichsweise kurze Anlaufzeiten trugen, speziell in den letz-ten Jahren, zu einer stärkeren Fokussierung auf diese Spei-chertechnologie bei (Giesecke und Mosonyi 2009). Gemäßdiesen Eigenschaften wurde ein kongruentes System inner-halb begrenzter, regionaler Gegebenheiten entwickelt. DieIntegration eines Pumpspeicherwerkes in die BWS erfordertjedoch die Untersuchung weiterer Faktoren.

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Unter anderem können stehende Gewässer, welche durchStaustufen, Schleusen oder Hebewerke von anderen Ge-wässern, Flüssen oder Flussabschnitten isoliert sind, alsSpeicherbecken betrieben und über Pumpwerke mit Was-ser gespeist werden. Das bedeutet, Uferumrandungen müs-sen befestigt sein und am Übergang zu einem Fluss oderKanal mit einer Staustufe begrenzt werden. Diese müs-sen über Wasserstandsregulierungsanlagen (Pumpen undEntlastungsleitungen) verfügen sowie an Speicherbeckenangebunden sein, die von außen mit Wasser versorgt wer-den können, ohne dass der versorgende Fluss/Kanal Ein-schränkungen erfährt. Selbiges gilt für die Abgabe des ge-speicherten Wassers. Darüber hinaus muss das zu nutzendeSpeicherbecken einen Mindestpotentialunterschied zu sei-nem versorgenden System, welches kein isoliertes Speicher-becken sein muss, aufweisen.

Durch unterschiedliche Pegel an den betrachteten Stau-stufen ergibt sich zwischen den entstehenden Speicherbe-cken die Möglichkeit zur Speicherung potentieller Ener-gie. Die Generierung des Speichervolumens wird durch ei-ne sogenannte „Speicherlamelle“ im System des Speicher-beckens erzeugt (siehe Abschn. 2.2 Speicherlamelle). Die-se Lamelle begrenzt einerseits das maximal mögliche Ein-speisevolumen und gibt anderseits die zulässige Höhendiffe-renz zwischen dem unteren und oberen Betriebswasserstandder Wasserstraßen an. Die gesetzlichen Rahmenbedingun-gen lassen eine Ein- und Ausspeisung nur innerhalb dieserwenige Zentimeter hohen Lamelle zu.

1.2 Vor- und Nachteile PSKW Bundeswasserstraßen

Aufgrund der vorgesehenen Nutzung der BWS als unkon-ventionelles PSKW werden ausschließlich Staustufen be-trachtet, an denen Wasserpumpen installiert sind. Diese wei-sen Leistungen von wenigen Hundert, bis zu 8.500 kW aufund befinden sich überwiegend an den künstlichen Kanälender BWS. Diese Pumpen werden regulär genutzt, um die Pe-gel der Flüsse und Kanäle auf einem individuellen Niveau zuhalten. So wird die Schiffbarkeit der Wasserstraßen sicher-gestellt.

Die zu erwartenden Vorteile einer Umsetzung, im Ver-gleich zum Neubau eines konventionellen PSKW, könnenwie folgt zusammengefasst werden:

1. Mögliche Speicherbecken bzw. -systeme existieren be-reits und müssen nur umgerüstet werden.

2. Eine zusätzliche Belastung der Anwohner in der Nähedes Kanals oder der Schleusungs- und Schiffshebeanla-gen ist nicht zu erwarten.

3. Teile der für die Energiewandlung benötigten Anlagenstehen, in Form von Wasserpumpen, bereits an zahlrei-chen Staustufen zur Verfügung. Die Netzeinspeisungs-punkte in die Mittelspannung sind bereits erschlossenund meist ausreichend dimensioniert.

4. Zusätzliche ökologische Folgeschäden sind in Anbe-tracht der momentanen Nutzung der BWS nicht zu er-warten.

5. Die BWS in Nord- und Mitteldeutschland besitzen geo-grafische Nähe zu großtechnischen, volatilen Erzeugern(siehe Abb. 1).

6. Im Winter kann eine Pumpspeicherung an Bundeswas-serstraßen das Vereisen verzögern bzw. aufgrund deserhöhten Pump-/Turbinenbetriebes gebildete Eissystemeaufbrechen.

Als Nachteil muss erwähnt werden, dass die Energiespei-cherung nicht zum Aufgabenbereich der WSV gehört. DieHauptaufgabe besteht in der Infrastrukturbereitstellung undam Rande auch in der Versorgung technischer, gewerbli-cher, landwirtschaftlicher oder hauswirtschaftlicher Anwen-der mit Betriebswasser. Die (a) Gewährleistung von Sicher-heit und Leichtigkeit der Schifffahrt, sowie (b) die nachhal-tige und energetisch optimierte Bewirtschaftung der Was-serressourcen haben für die zuständigen Behörden höchstePriorität (Friesicke 2009). Für den Betrieb einer Speicheran-lage wären ggf. andere Betreiber mit festgelegten Eingriffs-regelungen anzustellen.

Einen weiteren Nachteil stellten die ungleich verteil-ten Potenziale der Bundeswasserstraßen dar. Anders alsin einem abgeschlossenen Pumpspeicherwerk mit zweiSpeicherbecken ist die Pendelwassermenge eines Kanal-pumpspeichers von der zum benötigten Zeitpunkt zur Ver-fügung stehenden Lamelle und dem Potenzialunterschiedabhängig.

2 Potenzialanalyse

2.1 Gesamtpotenzial

Mit einer Gesamtlänge von ca. 7.350 Kilometern erstrecktsich das Netz der BWS über ganz Deutschland. Dabei ent-fallen etwa 75 % der Strecke auf Flüsse und 25 % auf Kanä-le. Das Hauptnetz der BWS beschränkt sich mit einer Längevon rund 5.100 Kilometern auf die fünf Systeme:

• Rhein mit den Nebenflüssen Neckar, Main, Mosel undSaar,

• Donau,• Weser,• Elbe,• sowie den verbindenden Kanalsystemen von der Oder bis

zur Donau.

Ein Großteil dieser Wasserstraßen befindet sich in Nord-und Mitteldeutschland (Schomerus und Degenhart 2011).Als Energiespeicher nutzbar ist davon jedoch nur ein ge-ringer Teil. Dies ist neben dem fehlenden Potenzialunter-schied und/oder der nicht ausreichend dimensionierten La-melle, dem Umstand geschuldet, dass bei Kanälen die bisher

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Abb. 1 Ausschnitt aus denBundeswasserstraßen. Quelle:WSV Karte (2012a)

als Laufwasserkraftwerke mit vorgelagerter Staustufe (z.B.an Rhein, Main) genutzt wurden, keine weiteren Untersu-chungen stattfanden. Folglich wird nicht untersucht, ob sichz.B. durch die weitere Anstauung frei fließender Gewässerweitere Potenziale zur Energieerzeugung aufbringen lassen(Stenzel 2012).

Von den deutschlandweit vorhandenen ca. 320 Schleu-sungs- und Hubanlagen (unter ihnen fünf Schiffshebewer-ke) können bei realistischer Betrachtung nur ca. 40 alsErzeugungs- und/oder Speicheranlagen genutzt werden. Miteiner Gesamtfallhöhe von knapp 360 m wird das begrenz-te Potenzial dieser regionalen Speicherform deutlich, da diedreißig größten PSKW Deutschlands eine mittlere Fallhöhevon 219 m aufweisen. Mithilfe der sieben nationalen Außen-stellen der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt(GDWS ASt) wurden u.a. die Daten der Speichervolumina,mittlere Fallhöhen, installierte Pump- und Turbinenleistun-gen sowie Freiwassermengen zusammengestellt. Eine Kapa-zität von mindestens 400 MWh potenzieller Energie scheintdabei deutschlandweit realisierbar.

2.2 Speicherlamelle

Die zur Speicherung von Energie untersuchte „Speicherla-melle“ wird in ihrer ursprünglichen Form als Toleranzbandbzw. Ausgleichslamelle der Schifffahrt verwendet. Durch

die fehlende natürliche Speisung, die Wasserentnahme Drit-ter, Wettereinflüsse und Verluste durch Schleusung wird dieBewirtschaftung der Bundeswasserstraßen notwendig. Dieserfolgt mithilfe von Pumpen (befüllen) und Entlastungslei-tungen (entleeren), die den Sollwasserstand eines Beckensregulieren. Jener Sollwasserstand schwankt zwischen demoberen Bemessungswasserstand (OBW) und unteren Be-messungswasserstand (UBW). Sie stellen die maximalenAuslenkungen des Wasserspiegels für den gefahrlosen Be-trieb des Schiffverkehres dar.

Die Einhaltung des Sollwasserstandes wird halbautoma-tisch, durch die jeweilige Kanal zugehörige Wasser- undSchifffahrtsdirektion, gesteuert und kann je nach Beckenlän-ge und Schwingungszustand nur temporär verzögert stattfin-den. Aus diesen Gründen kann es kurzzeitig zu einer Über-bzw. Unterschreitung des UBW/OBW an den jeweiligenMesspunkten kommen (siehe Abb. 2). Die Höhe der Aus-gleichslamelle kann von einigen wenigen Zentimetern bis zu40 cm variieren, je nach geografischer Lage, Zuflüssen, Hu-banlagen, Frachtaufkommen oder der Aufnahme bzw. Ab-gabefähigkeit angrenzender Wassersysteme.

Zur Bestimmung der Kapazität der Bundeswasserstra-ßen wurde die Annahme getroffen, dass eine Speicherla-melle zur Verfügung steht, die das vorhandene Toleranzband(hT ) vollständig belegt. Sollte ein Gesamtoptimierungspro-gramm, welches Schiffbarkeit und Energiespeicherung ver-

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Abb. 2 Lamelle UelzenUnterbecken – ScharnebeckOberbecken. Quelle: WSV(2013)

bindet, eingeführt werden, besteht die Möglichkeit die Spei-cherlamelle anzupassen. Vorstellbar sind bei Pegelschwan-kungen, bisherigen Betriebsweisen und Expertenmeinungender WSV Begrenzungen auf 50 % dieser Lamelle (hS ).

Diese Speicherlamelle (hS ) dient der Energiespeiche-rung, wobei die Nebenbedingung „Gewährleistung der Si-cherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehres“ Vorrang be-sitzt und bei Bedarf auch die energetische Nutzung dieserLamelle verhindert. Deshalb kann es zu Einschränkungenkommen, wenn Einspeicherung und Ausspeicherung elek-trischer Energie durch den aktuellen Zustand des Beckens(Einspeicherung – Becken maximal befüllt/Ausspeicherung– Becken auf UBW) nicht erlaubt werden.

Die in der Abb. 3 dargestellte Speicherlamelle zeigt sche-matisch auf, in welcher Lamellenbreite Energie eingespei-chert werden könnte. Sie stellt keine endgültige, ideale Nut-zung der zur Verfügung stehenden Wasservolumina dar.Zweckmäßig erscheint zukünftig, eine an eine spätere Simu-lation angepasste Nutzung der Randbreiten der Ausgleichs-lamelle. Neben der Speicherlamelle bestimmen die Becken-breite (bK ) und die Länge des Kanalabschnittes (lK ) überdas zur Verfügung stehende Volumen. Welche Volumina undKapazitäten aus welchen Kanälen entstehen können, wirdim folgenden Abschnitt dargestellt.

2.3 Einzelanlagen und Verbünde

Eigene Untersuchungen haben ergeben, dass nicht jederKanal gleich gute Voraussetzungen zur Energiespeicherungbietet. Große Fallhöhen, wenige Hub- oder Schleusenwerkeund möglichst große Speicherbecken stellen die wichtigstenKomponenten für ein Pumpspeicherkraftwerk innerhalb ei-ner BWS dar.

Unter Betrachtung dieser Parameter wurde eine schema-tische Übersicht zu möglichen Beckennutzungen entwickelt.Die Abb. 4 zeigt den Mittellandkanal – MLK (Scheitel-haltung) als zentrales Oberbecken. Dieser gliedert sich di-rekt an mehrere potenziell interessante Staustufen sowie denElbe-Seitenkanal. Somit ist der MLK (Scheitelhaltung) inder Lage, drei verbundene Unterbecken zu bedienen. Diesich dabei ergebene potentielle Energie ist in der Grafik wie-dergegeben. Dazu muss erwähnt werden, dass die Werte oh-

ne technischen Wirkungsgrad bei Volumenabgabe in ein Un-terbecken angegeben sind. Zusätzlich stehen dem gezeigtenSystem vier Hoch- bzw. Höchstbecken zur Verfügung. Diesewurden der Vollständigkeit halber, dem untersuchten Sys-tem vorangestellt, besitzen jedoch eher nachrangigen Ein-fluss, auf die zu speichernde elektrische Energie.

Besonders deutlich zeigt die Grafik, die Flexibilität desPumpspeicherkraftwerks BWS. Je nach Verfügbarkeit undEnergiebedarf gelingt es, aus einem Pool von Beckensyste-men auszuwählen. Auch lohnt sich eine kurze, wirtschaft-liche Betrachtung der Ausbaumöglichkeiten im Pumpspei-cherverbund. Für die Investitionen und deren Kosten, zurUmrüstung der Anlagen, zeigt die Grafik einen entscheiden-den Vorteil der BWS: Im Gegensatz zu einem herkömm-lichen Pumpspeicherkraftwerk ist es keineswegs notwen-dig im ersten Finanzierungsschritt sämtliche Umbaukos-ten des Gesamtsystems zu erfassen. Vielmehr besteht dieMöglichkeit, je nach Kapitalverfügbarkeit, modular Unter-becken oder Hoch- und Höchstbecken zuzuschalten bzw.zu implementieren. Auf der Erlösseite ist es für eine Nut-zung des Gesamtsystems denkbar, mit den Einzelanlagenin den verschiedensten Wirtschaftsbereichen zu agieren.Die relativ kleinen, erzielbaren Leistungen der betrachte-ten Hochbecken (SKS, SKH und SKL) könnten z.B. Over-the-counter (OTC) vermarktet werden. Hingegen solltendie hohen erzielbaren Leistungen der Unterbecken Elbe-Seitenkanal (ESK) bzw. Elbe über die Staustufen Uelzenund Lüneburg, z.B. am Regelleistungsmarkt oder Spotmarktangeboten werden. Vorstellbar ist weiterhin auch eine, an ei-ne Gesamtsimulation der Bundeswasserstraßen gebundene,Gesamtvermarktung, um sowohl Speicherhaltung als auchSchifffahrt und Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Weiter-führende wirtschaftliche Betrachtungen wurden im ProjektEnERgioN bereits durchgeführt.

3 Technische und hydromechanische Untersuchungrelevanter Anlagen am Elbe-Seitenkanal

Sowohl als größter Einzelspeicher als auch als zweitgrößterSpeicherverbund (in Kombination mit dem MLK) stellt der

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Abb. 3 Schematische Darstellung der benutzten Speicherlamelle. Quelle: Eigene Darstellung

Abb. 4 Pumpspeicherverbund des Mittellandkanals (Scheitelhaltung) über mehrere Potentialebenen

Elbe-Seitenkanal die weiterführende Untersuchungsgrund-lage dar. Eine Zusammenarbeit mit den ansässigen Stadt-werken ermöglichte eine Simulation vorstellbarer Umbau-varianten und Einsatzmöglichkeiten.

3.1 Elbe-Seitenkanal

Der Elbe-Seitenkanal ist eine Bundeswasserstraße im Bun-desland Niedersachsen. Mit einer Länge von 115,2 km,gehört er neben dem östlichen Teil des Mittellandkanaleszum Gebiet des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Uel-

zen. Durch das Doppelsenkrecht-Schiffshebewerk Scharne-beck (siehe Abb. 8) und die Schachtschleusengruppe Uelzenüberbrückt der Kanal einen Bruttohöhenunterschied von 61m (Scharnebeck 38 m, Uelzen 23 m), vom Staubereich derElbe oberhalb von Geesthacht bis in die Scheitelhaltung desMittellandkanales nahe Wolfsburg.

Die Speicherlamelle der untersuchten Abschnitte beträgtmaximal 20 bzw. 25 cm. Die zur Speicherung genutztenTeilabschnitte des Elbe-Seitenkanals sind in der nachfolgen-den Karte (Abb. 5) mit den Buchstaben (A) bis (C) erläutertund stellen jeweils das Ober- bzw. Unterbecken der jeweili-

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Abb. 5 Elbe-SeitenkanalSpeicherschema Quelle: WSVÜbersichtskarte (2012b)

Tab. 1 Speichervolumina Elbe-Seitenkanal

Einheit (A) (B) (C) VMAX

Volumina Lamelle (10 cm) [1000 m3] Elbe 239 666 905

Volumina Lamelle (15 cm) [1000 m3] 359 999 1358

Volumina Lamelle (20 cm) [1000 m3] 479 1.332 1811

Volumina Lamelle (25 cm) [1000 m3] 600 1.332∗ 1932

∗ Die Speicherlamelle ist in diesem Teil des ESK–MLK auf 20 cmbegrenzt

gen Pump-/bzw. für späteren Einbau betrachteten Turbinen-einheit dar.

Im Folgenden werden die zur Verfügung stehenden Was-sermengen quantifiziert. Die in Abb. 5 dargestellten Ab-schnitte des Elbe-Seitenkanals sind hierfür wie folgt unter-teilt (Tab. 1).

(A) Unterbecken Scharnebeck: ESK – Elbe(B) Mittelbecken Scharnebeck/Uelzen: ESK(C) Oberbecken Uelzen: Übergang ESK – MLK

Es gibt eine Vielzahl umsetzbarer Möglichkeiten, Pump-speicherkraftwerke in Scharnebeck und Uelzen innerhalbdes Elbe-Seitenkanales zu integrieren. Die einzuhaltendenBedingungen lauten dabei jedoch immer wie folgt:

• Die Pegelhöhe im Kanal muss weiterhin reguliert werdenkönnen, ohne den Schiffsverkehr zu beeinträchtigen.

• Während der Umbauphase darf die Schifffahrt durch dieInstallation neuer Anlagenteile nicht übermäßig beein-

trächtigt oder weiterführend durch den Service und Be-trieb der Anlagen gestört oder gefährdet werden (z.B.durch Schwalleffekte oder Querströmungen) (Penche2004).

• (n−1)-Prinzip: Die Regulierung der Wasserstände inner-halb des Kanals, muss bei Ausfall einer Komponente (z.B.einer Pumpe) innerhalb der Pumpspeicherwerke weiter-hin sichergestellt werden.

3.2 Umbauvarianten Schiffshebewerk Scharnebeck undSchleuse Uelzen

Der erwartete ökonomische Vorteil eines Kanalpumpspei-chers besteht darin, dass die meisten Komponenten einesPumpspeicherwerkes (zwei Speicherbecken, Druckrohrlei-tung/-en und Maschinensatz/-sätze) bereits vorhanden sind(Tab. 2).

Die im weiteren Verlauf betrachteten Umbauvarianten jegeplantem PSKW Scharnebeck bzw. Uelzen unterscheidensich u.a. in den Zu- und Ableitungen des Wasserstromes, derPumpen- und Turbinenkonstellation, der Einbaugestaltungund den Betriebsmodifikationen.

Um optimale Lösungen für das Schiffshebewerk Schar-nebeck und die Schleuse Uelzen zu erhalten, werden bei-de Einheiten als Einzelsysteme betrachtet und verschiedeneVariationen je System untersucht. Jede der variablen Ein-zeleinheiten der betrachteten Umbauvarianten (UV) wurde– zur späteren Vergleichbarkeit – wirkungsgradoptimiert,nicht leistungsoptimiert, in das Gesamtsystem eingebun-den. Die bestehende Hauptleitung, durch welche das Wasser

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Tab. 2 Fakten der Stauanlagen

Kriterium Schiffshebewerk Scharnebeck Schleuse Uelzen

Pumpen

Pumpentypen Schraubenradpumpe Rohrschraubenpumpe

Anzahl der Pumpen 4 5

Nennleistung/Pumpe [kW] 1.200,00 1.700,00

Nennleistung gesamt [kW] 4.800,00 8.500,00

Pumpleistung/Pumpe [m3/s] 2,25 5,60

Pumpleistung gesamt [m3/s] 9,00 28,00

Pumpvolumen nach 01:00 h [m3] 32.400,00 100.800,00

Bruttofallhöhe [m] 38,00 23,00

Entlastungsanlagen

Durchmesser Hauptleitung [m] 2,50 3,00

Anzahl Entlastungsleitungen 2 2

Durchfluss gesamt [m3/s] 25,00 15,00

Durchfluss/h [m3/h] 90.000,00 54.000,00

Abb. 6 LängsschnittRohrleitungssystemScharnebeck (Vergleichbar mitUelzen) Quelle: WSA Uelzen

nach dem Einlaufbauwerk bei Entlastung zum Pumpenhausströmt, wird aufgrund voraussichtlich hoher Investitionskos-ten, in keiner der untersuchten Umbauvarianten verändert(Abb. 6).

Im folgenden Abschnitt werden die untersuchten Umbau-varianten kurz vorgestellt und theoretisch erläutert. Die Ein-bauorte werden auf der Abb. 7 verdeutlicht.

Variante 1: Umrüstung der Pumpen zu Pumpturbinen (A)In Variante 1 werden die vorhandenen Rohrschrauben bzw.Schraubenradpumpen durch den Hersteller der Pumpenumgerüstet, sodass sie auch im Turbinenbetrieb genutztwerden können. Dieses Unterfangen wurde (ohne vorhe-rige Veränderungen) im Vorlauf zur Weltausstellung inHannover 2000 bereits getestet. Dabei hat sich gezeigt,dass ein grundsätzlicher Umbau jeder Pumpe erforderlichist.

Variante 2: Einbau von Turbinen in die bestehenden Ent-lastungsleitungen (B)Die Umbauvariante 2 untersucht den Einbau speziellkonstruierter Kleinstturbinen (Ossberger-, Saugrohr- oderKaplanturbine), die auf niedrige Fallhöhen ausgerichtet

sind (Zilch et al. 2012). Diese werden in die bisher zur Ent-lastung des Oberbeckens genutzten Entlastungsleitungenintegriert und über einen Kegelstrahlschieber angesteuert.Ein Bypass-System wird dabei die bisherige Möglichkeitzum Ablassen des Wassers aus dem Oberbecken, auch imStörungsfall, garantieren.

Variante 3: Kombination 1 + 2 (A+B)Variante 3 stellt eine Kombination aus Variante 1 und Va-riante 2 dar. Neben dem Umbau der vorhandenen Pum-pen zu Pumpturbinen, werden Turbinen in die Entlas-tungsleitungen eingepasst. Diese müssen jedoch an dieca. 60 % geringere Wasserbeaufschlagung, aufgrund dererhöhten Anzahl an Rohrabzweigungen, angepasst wer-den.

Variante 4: Neubau der Entlastungsleitungen (komplettB)Zur Reduzierung von inneren Reibungs- und Biegungs-verlusten wurde über die Neuerrichtung von strömungsop-timierten Entlastungsleitungen nachgedacht (Variante 4).Diese können die bisherige Konstruktion, die nicht aufeine energetische Nutzung angepasst ist, ersetzen. Nach

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Abb. 7 RohrleitungssystemPumpenhaus desSchiffshebewerkes Scharnebeck(Vergleichbar mit Uelzen) –relevante Bereiche A und B(rot). Quelle: WSA Uelzen

entsprechender Anpassung erhöhen sich die Nettofallhöheund Strömungsgeschwindigkeit.

Variante 5: Zusatzleitungen außerhalb des Schiffshebewer-kes bzw. der Schleuse (Abb. 8)Umbauvorschlag 5 ist ausgerichtet auf die maximal erziel-bare Leistung. Die vorhandene Entlastungsleitung bleibtfür den Fall einer Havarie bestehen. Die Abb. 8 dient zurVeranschaulichung dieser genannten Variante.

Die dunklen Linien kennzeichnen den Verlauf der Rohr-leitungen und das orangene Rechteck stellt das Turbinen-haus dar. Die Wasserentnahme aus dem Oberbecken mussaus Sicherheitsgründen mittels Heberleitungen realisiertwerden. Hierbei wird die Fallhöhe direkt ausgenutzt, umdie Verluste der Rohrreibungen gering zu halten. Nach demTurbinieren fließt das Wasser in geringem Gefälle in das Un-terbecken ab. Die optimale Ausnutzung und die geringerenerreichbaren Verlusthöhen stellen den Vorteil dieser Varian-te dar. Die für dieses Beispiel ermittelten Werte entsprecheneinem Optimum, welches flankiert wird durch die vorge-schriebenen Maximalwerte im Bereich Fließgeschwindig-keit und Querströmung vor einem Stauwerk. Somit wäre einGesamtdurchfluss von ca. 40 m3/s realisierbar. Den Grenz-wert bildet hierbei die kurzzeitig zulässige maximale Fließ-geschwindigkeit von 0,50 m/s innerhalb des Kanals. Bei ei-nem durchschnittlichen Fließquerschnitt von rund 96 m2 so-wie einem Durchfluss von 40 m3/s, bewirkt dies eine Fließ-geschwindigkeit von ca. 0,42 m/s im Kanalabschnitt (Durst2006).

Variante 6: Neue Pumpturbinen als Ersatz für die beste-henden Pumpen (A)Weiter besteht die Möglichkeit, moderne Pumpturbinen –an Stelle der bisherigen Pumpen – zu integrieren. Der Vor-teil dieser Variante besteht vor allem im Bereich der einfa-chen Umsetzbarkeit sowie Integration standardisierter Ein-heiten. Ebenfalls kann ein deutlich höherer Wirkungsgradals in allen anderen Optionen realisiert werden.

Variante 7: Partieller Austausch einzelner Einheiten (A)In Variante 7 werden nur einzelne Pumpen durch Pumptur-binen getauscht. Primär steht diese Option unter der Ziel-

stellung, zu geringsten Investitionskosten eine Pumpspei-cherung zu ermöglichen. Angedacht ist hierbei, im Schiffs-hebewerk eine Pumpturbine und in der Schleuse zweiPumpturbinen zu installieren. Die Anzahl der zu tauschen-den Einheiten wird dabei durch das n − 1 Ausfallkriteri-um (Schulz et al. 2010) ermittelt. Beim maximal mögli-chen Betrieb von vier (Scharnebeck) respektive fünf (Uel-zen) Pumpen, soll trotz Ausfall einer regulären Pumpeund gleichzeitigem Ausfall (durch z.B.: Installationen oderWartungen) der neuinstallierten Einheiten, ausreichendPumpkapazität zur Wasserstandsregulierung – also min-destens zwei Pumpen – zur Verfügung stehen. Die neuenPumpturbinen haben aufgrund ihrer beidseitigen Ausrich-tung (Pumpen/Turbinieren) weniger Pumpleistung, stellendabei – differierend zur Variante 6 – nur eine geringfügigeBeeinträchtigung der Gesamtpumpleistung dar.

Variante 8: Hydraulischer Kurzschluss (A+B)Die letzte ermittelte Option stellt gleichzeitig auch dietechnisch anspruchsvollste dar. In beiden Systemen wirdein hydraulischer Kurzschluss installiert, um die schnellst-mögliche Regelbarkeit sicherzustellen. Der hydraulischeKurzschluss stellt eine Sonderform in der Betriebsart einesPumpspeicherkraftwerkes dar. Pumpe und Turbine werdengleichzeitig und voneinander unabhängig betrieben. DasWasser wird dauerhaft zwischen dem Oberbecken und demUnterbecken zirkuliert, wobei die Pumpe mit ihrer Mi-nimalleistung die Turbine mit Wasser beaufschlagt. Diesführt dazu, dass sowohl Pumpe als auch Turbine stark ver-kürzte Anlaufzeiten aufweisen, was dazu beitragen kann,dass Erlöse nicht nur am Spotmarkt oder Minutenreser-veleistungsmarkt, sondern auch am Sekundär- oder Pri-märregelleistungsmarkt erzielt werden können. Diese Op-tion wurde von der WSV jedoch aufgrund des bautechni-schen Aufwandes (Installation von Druckleitungen, Raum-verhältnisse im Pumpenraum) bisher als unrealistisch be-wertet.

Zur einheitlichen Ermittlung der Speicherkapazität wur-den vergleichbare PSKW in Deutschland herangezogen(Schluchseewerk 2010; Jarass und Obermair 2012). Als

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Abb. 8 Umbauvariante 5 amBeispiel des SchiffshebewerkesScharnebeck Quelle: WSAUelzen

Tab. 3 Umbauvarianten im Vergleich

Variante Erläuterung Pele Pumpen [MW] Pele Turbinen [MW] ηGesamt Mittelwert [%] Speicherkapazität In/Out [MWh]

UV 1 Umrüstung Pumpen 13,30 5,60 55,04 57,94/31,90

UV 2 Turbinen Entlastung 13,30 5,47 53,85 57,94/31,22

UV 3 UV 1 + UV 2 13,30 4,75 46,79 57,94/27,12

UV 4 Neubau Entlastung Nicht untersucht 1

UV 5 Extra Entlastung 13,30 12,222 58,37 57,94/33,82

UV 6 Neue Pumpturbinen 5,75 4,95 72,723 34,50/25,04

UV 7 (n − 1)Pumpturbinen 11,79 1,10 55,06 51,73/6,604

UV 8 Hydraulischer Kurz. Nicht untersucht

1 Der Neubau der Entlastungsleitungen stellt eine theoretische, technisch schwierig zu verifizierende Umbauvariante der Einzelanlagen dar. Nebeneiner Anhebung des Systemwirkungsgrades auf bis zu 70 % wird davon ausgegangen, dass auch der Parameter „elektrische Leistung der Turbinen“signifikant steigt2 Die elektrische Leistung der Turbinen ist ein theoretisch ermittelter Parameter. Diese Ermittlung wurde in der vorliegenden Betrachtung nur fürdas Schiffshebewerk Scharnebeck durchgeführt. Innerhalb des Kanals wurden von einer Speichergruppe ausgegangen3 Der, im Vergleich zu den anderen Umbauvarianten, relativ hohe Wirkungsgrad ist dadurch zu erklären, dass eine komplette Pumpturbineneinheitneuster Generation, auch den Einzelwirkungsgrad der Pumpeneinheit anhebt4 Aufgrund des Einsatzes nur einer/zweier Pumpturbine/n bedeutet dies nur eine geringe Erzeugungskapazität. Beim Ablassen der kompletteingespeicherten Lamelle, betrüge die Summe der Ablaufzeiten beider Anlagen 51,6 Stunden. Die Effektivleistung nach Betriebsstunden beliefesich dann auf 28,38 MWh

Kennziffer gelten dabei maximal sechs Stunden Pump- undsechs Stunden Turbinenbetrieb pro Tag. Werden diese sechsStunden der richtungsgebundenen Betriebsdauer nicht er-reicht, wird davon ausgegangen, dass nur die Wasserkapazi-tät eingespeichert/ausgespeichert werden kann, welche vor-her auch abgelassen bzw. hoch gepumpt wurde. Dies ge-schieht, da einerseits der Turbinendurchfluss aufgrund derGravitation beschleunigt zum Pumpdurchfluss stattfindetund andererseits der bestehende Leitungsdurchmesser hö-here Durchflüsse verhindert. Freiwassermengen, nicht ge-kennzeichnete Entnahmen oder Schleusenverluste bliebenim ersten Modell unbeachtet. Der Gesamtsystemwirkungs-grad ηGesamt wurde gemäß Formel (1.3) ermittelt.

Die Table 3 verdeutlicht, dass die – unabhängig von derUmbauvariante – erzielbaren Leistungen unter denen, be-kannter Pumpspeicherwerke liegen (IWES 2010). Den Hin-tergrund dafür stellen die geringen potentiellen Höhenun-terschiede, die geringe Durchflussgeschwindigkeiten, sowiedie Turbinen dar. Insbesondere im Bereich der Kleinstwas-serturbinen wurde in der Entwicklung weniger auf einenPumpspeicherbetrieb, als auf einen Laufwasserbetrieb ge-achtet, der andere Anforderungen an die Einheiten stellt.Einzig eine komplette Entfernung bestehender Anlagentei-le inklusive einer Neuinstallation moderner Pumpturbinen,hebt den Parameter Wirkungsgrad auf ein vergleichbares Ni-veau mit bestehenden Anlagen.

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Abb. 9 Vergleich derWirkungsgrade aller UV mitalten und neuen Pumpen

Der arithmetische Mittelwert des Gesamtsystemwir-kungsgrades über alle Umbauvarianten beträgt ca. 57 %und übertrifft damit zum Teil auch andere, aktuell diskutier-te Speicherformen, wie Power-to-Gas. Deutlich wird, dassspeziell die bisher installierten älteren Pumpen, mit Baujah-ren ab 1970, die Wirkungsgrade des Gesamtsystems negativbeeinflussen. Der anfänglich angedachte Vorteil stellt in die-sem Fall den Schwachpunkt des Systems dar. Werden diesePumpen in einem weiteren Schritt, aufgrund von Rentabili-tätsgründen, bisherigen Wirkungsgraden oder erhöhten Ser-viceintervallen, durch modernere Pumpen ersetzt, verbesser-te dies auch die Gesamtsystemwirkungsgrade der betroffe-nen Varianten 1 bis 5. Dabei wird angenommen, dass diesePumpen einen Einzelwirkungsgrad (ηP ) von 90 % aufwei-sen (Giesecke und Mosonyi 2009) (Abb. 9).

Eine Steigerung des Gesamtsystemwirkungsgrades überalle Umbauvarianten von 57 % auf 63 % beschreibt den Ein-fluss einer Systemeinheit, hier der Pumpen, auf den gesam-ten Vorgang. Eine Verbesserung des Verhältnisses PP /ηP

– des Leistungsbedarfes der Pumpe (PP ) zum Pumpenwir-kungsgrad (ηP ) – sollte ein Ziel auf dem Weg zur Pumpspei-cherung im Elbe-Seitenkanal sein. Aus diesem Grund wirdempfohlen, die bestehenden Pumpen systematisch durch ef-fektivere Einheiten zu ersetzen.

3.3 Wirtschaftlichkeit eines KanalpumpspeicherwerkesESK

Im voranstehenden Abschnitt wurden unterschiedliche Um-bauvarianten aus technischer Perspektive dargestellt. ImFolgenden gilt es zu untersuchen, ob ein Kanalpumpspei-cher wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Der Betreibereines Pumpspeichers fungiert auf den Energiemärkten so-wohl als Einkäufer/Nachfrager – zum Pumpen wird Strombenötigt – als auch als Verkäufer/Anbieter – beim Freilassender potenziell gespeicherten Energie. Dabei kann der Betrei-ber eines Kanalpumpspeichers auf unterschiedlichen Märk-ten (u.a. auf den Großhandels- und Regelleistungsmärkten)aktiv werden.

3.3.1 Methodik

Kostenseitig werden die Investitionskosten aller wirtschaft-lich durchführbaren Umbauvarianten, durch technische

Richtpreisangebote – welche wirtschaftlich und/oder tech-nisch bei einer Umrüstung abweichen können – unterschied-licher Firmen, ermittelt. Es entfällt neben den Varianten 4und 8, auch Umbauvariante 5, da kein Richtpreisangebot fürZusatzleitungen außerhalb des Schiffshebewerkes Scharne-beck eingeholt werden konnte.

Weiterhin wird auf der Erlösseite, als Zwischenresultatder bisherigen Untersuchungen, nur die Umbauvariante 6(Installation neuer Pumpturbineneinheiten) auf den Spot-bzw. Regelleistungsmärkten eingesetzt. Hintergrund dafürsind intern ermittelte, abwägungsrelevante Parameter. Ne-ben den geringsten Investitionskosten (im Bereich annäh-rend gleicher Leistungsdaten) und der damit besten Voraus-setzung für ein wirtschaftliches Betreiben wird ein hoherGesamtsystemwirkungsgrad, eine einfache Umsetzbarkeit(durch den möglichen Tausch einzelner Einheiten) und einepotenzielle Installation von Standardeinheiten (Reparatur-und Servicekostenreduzierung) als ausschlaggebend bewer-tet. Sollte mit dieser Umbauvariante kein wirtschaftlichesBetreiben eines Pumpspeichers, an einem der im folgen-den Kapitel untersuchten Märkte, möglich sein, kann davonausgegangen werden, dass sich unter den gegebenen Bedin-gungen keine der angeführten Varianten amortisiert. Jedochsind auch hier einige Faktoren zu bedenken: Die modernenPumpturbinen-Einheiten der UV 6 besitzen – im derzeitigenAngebot (siehe Tab. 3) – weniger Pumpleistung (einzeln alsauch summiert) als die bestehenden Pumpen. Anfragen beiden Herstellern haben ergeben, dass stärker dimensionier-te Standardeinheiten, speziell bei der Pumpleistung, eben-falls entwickelt, angeboten und implementiert werden könn-ten. Gleichfalls sollte untersucht werden, ob die bestehendenPumpleistungen zukünftig benötigt werden. Nach ersten Be-rechnungen erscheint speziell die SchachtschleusengruppeUelzen in der Gesamtpumpleistung überdimensioniert.

Die Kennzahlen der vorgestellten Umbauvariante 6 (ca.5 MW kumulierte Leistung von Pump- oder Turbinenein-heiten; ca. 50 MWh Speicherkapazität) weisen das PSKWElbe-Seitenkanal, im Vergleich zu anderen Projekten, alskleines Kraftwerk aus. Folgende zusätzliche Annahmenwerden für die weiteren Untersuchungen getroffen:

• Die Investitionskosten der Umbaumaßnahmen der jewei-ligen technischen Umsetzungsvarianten ergeben sich auf

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Basis von Angeboten unterschiedlicher Firmen (sieheTab. 4).

• Die spezifischen Investitionskosten sind mit 545€/kWTurbine, jeweils inklusive Maschinen- und Elektro-technik, angesetzt. Diese geringen Investitionskosten stel-len einen Sonderfall dar – die durchschnittlichen spezifi-schen Investitionskosten über alle Umbauvarianten betra-gen ca. 1.000 €/kW. Hinter dieser Annahme steht dieÜberlegung zu zeigen, ob bei günstiger Wahl des tech-nischen Umbaus ein rentabler Speicherbetrieb möglichist. Im Vergleich zu weiteren Speicherformen stehen diespezifischen Leistungsinvestitionskosten des PSKW ESKin der Nähe vergleichbarer Großtechnischer Speicher-formen (große PSKW: 500–2000 €/kW, CAES: 500–1000 €/kW, H2 -/Brennstoffzellen-Systeme: 2000–6000€/kW) (IFEU 2009).

• Für die spezifischen Betriebskosten werden 2,5 €/MWhund für die Kapitalkosten 8 % der Investitionssumme an-genommen.

• Es fließen außerdem weitere Nebenbedingungen, die nurbei einem Kanalspeicher auftreten, wie z.B. Eistage, Was-serentnahmen, Freiwassermengen und Schleusungsvor-gänge, in die Analyse mit ein.

• Die durchschnittliche Nutzungsdauer der Anlage wird miteiner Laufzeit von 50 Jahren bemessen, eine Amortisationsoll nach der Hälfte der Zeit erreicht werden.

Für die Simulation, ob und ab wann kleine Anlagen ei-ne Wirtschaftlichkeit erreichen, wurden Intraday-Datendes EPEX SPOT sowie Daten der Regelleistungsmärkte(Primär-, Sekundär- und Minutenreserveleistung) ermittelt.Der Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag auf den jewei-ligen Märkten ist für die Umbauvariante errechnet und aufTagesbasis dargestellt.

An der Börse EPEX SPOT werden die 15-minütigenIntraday-Tagesdaten des Jahres 2011 herangezogen. Mithil-fe eines Cash-Flow-Modells, in welches die arithmetischenMittelwerte der sechs höchst- und niedrigstpreisigen Stun-den eines jeden Tages einfließen, und den für die Umbauva-riante 6 anzunehmenden Betriebsstunden können die tägli-chen Auszahlungen und Einzahlungen ermittelt werden.

Weiterhin wird die Wirtschaftlichkeit der UV 6 unterZuhilfenahme der Marktdaten der deutschen Regelenergie-märkte (Sekundärregelleistung und Minutenreserveleistung)mithilfe der Daten des Jahres 2011 untersucht. Unter derAnnahme der Abrufdauer von 16 h pro Monat (8 h positi-ve Regelleistung und 8 h negative Regelleistung pro Monat– je 4 h HT bzw. 00–04 und 4 h NT) werden die Ermitt-lungen für den Sekundärregelleistungsmarkt und Minuten-reserveleistungsmarkt durchgeführt. Dieser Wert stellt die,aus den Erhebungen festgesetzte, Untergrenze sicherer Zu-schläge dar und gilt sozusagen als Referenzwert des Mini-malerlöses. Im Primärregelleistungsmarkt konnten aufgrundder geringen Anfahrzeit (t ≤ 30 s) die Präqualifikationen bei

der betrachteten Umbauvariante nicht erreicht werden. Eskann keine Benetzung bzw. kein Ansaugen von Pumpturbi-nen und das Hochfahren des Maschinensatzes auf die Maxi-malleistung innerhalb dieses vorgegebenen Zeitfensters er-reicht werden.

Als Zielstellung soll eine Antwort auf die Fragestel-lung gegeben werden, ob ein Kanalpumpspeicherwerk Elbe-Seitenkanal wirtschaftlich, wie und auf welchen Märktenbetrieben werden kann.

3.3.2 Investitionskosten

Die im Abschn. 3.2 – Umbauvarianten SchiffshebewerkScharnebeck und Schleuse Uelzen – vorgestellten Umbau-optionen werden innerhalb dieses Unterkapitels hinsichtlichder jeweiligen Investitionskosten untersucht. Dabei teilensich die Investitionen auf, in die folgenden Teilgebiete:

• den rein mechanischen Ein-/Umbau (von z.B.: Turbinen,Pumpturbinen, etc.);

• die dazugehörigen elektrischen Anschlüsse (z. B. An-schlüsse, Frequenzwandler, Transformator) – und

• die bautechnischen Umrüstungen (z. B. Ausbau des Pum-penhauses o. ä.).

Die Investitionskosten wurden ermittelt, durch die Einho-lung von technischen Richtpreisangeboten. Die hier aufge-führten Daten können bei einer Umsetzung von den realenDaten abweichen, wenn andere Unternehmen gewählt oderWeiter- oder Neuentwicklungen erfolgen bzw. genutzt wer-den (Tab. 4).

3.3.3 Ermittlung der Jahresüberschüsse

An der Börse EPEX SPOT ergeben die Berechnungen – fürUelzen – tägliche Überschüsse in Höhe von 48 €/d undfür Scharnebeck von 113 €/d bzw. addierte jährliche Über-schüsse von ca. 60.000 € über einen täglichen Pump- undTurbinenbetrieb von 6,00 h bzw. 4,54 h (Uelzen) und 6,00 hbzw. 5,71 h (Scharnebeck). Damit ist keine Amortisation derInvestitionskosten im untersuchten Zeitrahmen möglich.

Wird angenommen, dass die Anlagen nur an denjenigenTagen betrieben werden, an denen die Ausspeichererlöse hö-her sind als die Summe aus Speicher- und Betriebskosten,kann ein Jahresüberschuss von insgesamt 81.047 € ermit-telt werden. Die Anzahl der positiven Betriebstage und dertagesdurchschnittlichen Überschüsse lässt sich in Tab. 5 zu-sammenfassen.

Der Amortisationszeitpunkt der Anlage Scharnebeck istnach 31 Jahren – und somit nicht im erforderlichen Zeit-raum von 25 Jahren – erreicht. Das geplante Pumpspeicher-werk Uelzen kann die Investitionskosten auch im betrach-teten Zeithorizont von 50 Jahren nicht zurückführen. Die

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Tab. 4 Gesamtinvestitionskosten

Variante Erläuterung Schiffshebewerk Scharnebeck Schleuse Uelzen Gesamtinvestitionskosten

UV 1 Umrüstung Pumpen 1.900.000 € 3.500.000 € 5.400.000 €

UV 2 Turbinen Entlastung 2.600.000 € 3.650.000 € 6.250.000 €

UV 3 UV 1 + UV 2 4.500.000 € 7.150.000 € 11.650.000 €

UV 4 Neubau Entlastung Nicht untersucht

UV 5 Extra Entlastung Nicht untersucht

UV 6 Neue Pumpturbinen 600.000 € 2.102.000 € 2.702.000 €

UV 7 (n − 1)Pumpturbinen 150.000 € 840.000 € 990.000 €

UV 8 Hydraulischer Kurz. Nicht untersucht

Abb. 10 Addierte Jahresüberschuss der Anlagen im EPEX – SPOT

Tab. 5 Gegenüberstellung der positiven täglichen Rückflüsse vonUelzen und Scharnebeck bei UV 6

Uelzen Scharnebeck

Betriebstage POS [–] 196 268

Überschüsse Tagesbasis [€] 172,41 176,32

ersten Ergebnisse am EPEX – SPOT sind somit als nega-tiv einzustufen: Trotz der – gegenüber neu zu errichten-den Pumpspeicherwerken – deutlich niedrigeren Investiti-onskosten, rentiert sich am Spotmarkt keine der Umbauva-rianten bei täglichem Betrieb (siehe Abb. 10).

Bei den weiteren Umbauvarianten konnten teilweise nur36 positive Betriebstage (Tage an denen die Ausspeicherer-löse höher waren als Speicherkosten und Betriebskosten)ermittelt werden. Die vorliegende Differenz zwischen bei-den Anlagen lässt sich insbesondere auf die bessere Eig-nung des Schiffshebewerkes Scharnebeck als Pumpspeicherzurückführen. Neben der größeren Nettofallhöhe ist auchder Gesamtsystemwirkungsgrad (ηGesamt – siehe (1.3)) hö-her. Ein ertragreiches Betreiben der Anlagen (sowie aller

weiterer PSKW) nur am EPEX-Spotmarkt, ohne staatlicheFörderleistungen für Investition oder Betrieb eines Energie-speichers, scheint daher bei aktuellen Rahmenbedingungennicht erreichbar (Schüttrumpf 2013).

An den untersuchten deutschen Regelenergiemärkten(Sekundärregelleistung und Minutenreserveleistung) konn-ten unter den Annahmen der angegebenen Abrufdauern teil-weise bessere Ergebnisse erzielt werden. Speziell in derSekundärregelleistung können unter Zugrundelegung derangeführten Parameter, Jahresüberschüsse von 95.000 €für positive Regelleistung in den Bereichen HT und NTermittelt werden. In einem weiteren Zeitraum bietet dasPumpspeicherwerk ESK (Anlage Uelzen und Anlage Schar-nebeck) negative Regelleistung im Markt an. Dabei erzieltes, unter Verwendung der Vergangenheitsdaten des Jahres2011, 138.000 € Überschüsse p.a., Auch die ersten Unter-suchungen der Daten des Jahres 2012 deuteten auf keinehöheren Erlöse hin.

Im Minutenreserveleistungsmarkt fallen die Überschüs-se aus positiver und negativer Regelleistung wie erwartetdeutlich geringer aus. Mit ca. 8.000 € p.a. (positive Regel-

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leistung) und ca. 5.500 € p.a. (negative Regelleistung) istkein wirtschaftliches Betreiben dieser Umbauvariante denk-bar. Eine Anpassung durch die Erhöhung der Betriebsdauerkann Abhilfe schaffen. Unter der Annahme, dass die Anlagejede dritte Nacht von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr, Last (negativeRegelleistung) anbietet, kann ein Jahresüberschuss von ca.54.000€ generiert werden. Unter gleichen Voraussetzungenkönnten auf dem positiven Regelleistungsmarkt (unter Zu-hilfenahme der Turbinen) höhere Überschüsse von 75.000€erwirtschaftet werden.

Alles in allem zeigen die Berechnungen, dass ein wirt-schaftlicher Betrieb eines Kanal-Pumpspeichers bei gege-benen Marktregularien (energy only; derzeitige Strukturder Regelenergiemärkte) partiell nur in den ertragsreichs-ten Märkten (d. h. Primär- und Sekundärregelleistungs-markt) möglich ist. Dafür wären im Falle des Primärre-gelleistungsmarktes höhere Investitionskosten für eine bau-technische Anpassung (hydraulischer Kurzschluss, Druck-leitungen, Wasserschloss) notwendig. Gleichfalls könntenneue Märkte entstehen (z. B. Blindleistungsbereitstellung,Schwarzstartfähigkeit oder andere Systemdienstleistungen),wenn der notwendige rechtliche Rahmen geschaffen wird.Erlöspotenziale sind hierbei bisher allerdings nicht seri-ös zu kalkulieren, bis hinreichend Klarheit über Design,Nachfrage und Struktur der potenziellen Anbieter herrscht.Bei der Betrachtung des Spotmarktes erscheint es sinn-voll die Betriebszeiten – weg von 6 h als Festgröße – hinzu Betriebszeiten bei maximalen Spreads im Zeitraum t

(tMIN ≥ 15 min) zu optimieren. Dieser maximale Spread er-möglicht neben einer geringeren Laufzeit des KostenfaktorsPumpen auch eine deutliche Optimierung der Rückflüsse. Inähnlicher Weise wären für die Bereitstellung von System-dienstleistungen flexiblere Fahrweisen notwendig. Zugleichist davon auszugehen, dass sich das Marktdesign in mittlererFrist verändert. Damit werden möglicherweise andere tech-nische Anforderungen an ein Pumpspeicherwerk gestellt,soll dieses auf den neu gestalteten Märkten agieren. Alterna-tiv ist es denkbar, dass das System auf lokale bzw. regionaleGegebenheiten hin optimiert und in ein regionales Portfolioeingebunden wird. Eine erste Variante einer solchen Lösungwird im nachfolgenden Kapitel dargestellt.

3.4 Simulation der regionalen Speicherkomponenteanhand eines künstlichen Lastprofils

In einer ersten Simulation des PSKW Elbe-Seitenkanal wirddie Verwendung des Speichers als Element, zum Ausgleichfluktuierender EE-Einspeiser im regionalen Raum, unter-sucht. Die Zielstellung wird als Residuallast = 0 angesehen.Die Leistungsdaten des Speichersystems ESK stammen ausder Umbauvariante 2 (Turbinen in die Entlastungsleitungenintegrieren – Nutzung bestehender Pumpen), da hier einehohe elektrische Turbinenleistung besteht. Eine wirtschaft-liche Untersuchung dieser regionalen Simulation ist in die-

sem Fall nicht Ziel der Untersuchung und wird aufgrund zuvieler hypothetischer Annahmen nicht erfolgen.

Die Simulation erfolgt am Beispiel eines angenommenErzeugungsportfolios, welches sich an in der Nähe derSchleuse Uelzen und des Schiffshebewerkes Scharnebeckansässige Gemeinden orientiert. Dabei entstand eine Lastmit 2500 Dreipersonenhaushalten und den regional vorkom-menden Unternehmen (u.a.: Gutshöfe, Gasthäuser, Klein-gewerbe). Um ein realistisches Einspeiseprofil zu erhalten,wurden entsprechend regionaler Vorgaben die folgenden Er-zeugungseinheiten und Leistungen angenommen: 5,8 MWWindenergie, 4,9 MW Solarenergie und 0,9 MW Leistungaus Biomasseanlagen. Die zur Ermittlung realistischer Er-zeugungsdaten verwendeten Einstrahlungs- und Windge-schwindigkeitsdaten wurden für den Verlauf von sieben Ta-gen, im Betrachtungshorizont der 29. Kalenderwoche (KW)des Jahres 2011, ermittelt (Abb. 11). Dieser Datensatz bildeteinen typischen Sommertag einer zufällig erzeugten Wocheab. Im weiteren Verlauf des Projektes wird das gesamte Jahrtechnisch und betriebswirtschaftlich simuliert.

Die Leistungsdifferenz Pt

Pt = Pt, Last − Pt,Erzeugung [kW] (3.1)

der erhaltenen Verbrauchs- und Einspeisewerte – auf 15-minütiger Basis – überstieg auf positiver Seite Werte von5.000 kW nicht und fiel ebenso nicht unter 2.500 kW ne-gativer Leistungsdifferenz (Abb. 12). Die erwünschte Ziel-stellung: Residuallast = 0 (R0) wird dabei als Graph gegen-übergestellt.

Für die weiteren Berechnungen wurde angenommen,dass unter Zuhilfenahme der Umbauvariante 2 das Pump-speicherwerk Elbe-Seitenkanal einen vertikal, zeitlich ver-schobenen Lastausgleich anstrebt. Die Zielstellung ist dieGenerierung eines konstanten, regionalen Baseloads. Die inder Simulation verwendeten Leistungsdaten können aus Ta-ble 3 entnommen werden.

In diesem Szenario (Abb. 13) gelingt es, zu 83,93 %eine zeitliche Verschiebung der fluktuierenden Energieein-speisung sicherzustellen und somit eine Region zum großenTeil autonom zu versorgen. Dies wird einerseits aufgrundder gegenläufigen Leistungsprofile von Verbrauchern undErzeugern erreicht. Anderseits zeigt sich, dass die BWS –in diesem Fall der Elbe-Seitenkanal – in der Lage ist, alsEnergiespeicher zu fungieren. Nicht verschobene Leistungs-spitzen sind auf zu geringe Durchflüsse, Pumpen-Turbinen-Leistungen und Wirkungsgrade der vorgestellten Variantezurückzuführen.

4 Fazit

Das bestehende Netz der Bundeswasserstraßen eignet sichzur regionalen Energiespeicherung. Untersuchungsmittel-punkt waren dabei die Referenzobjekte: Schiffshebewerk

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Abb. 11 Verbraucher undverfügbare Energie aus EE,Verbrauchsprofil in KW 29, Jahr2011

Abb. 12 Leistungsdifferenz imuntersuchten Zeitraum KW 29,2011

Abb. 13 SpeichersimulationESK am Beispiel Gemeinde inKW 29, des Jahres 2011

Scharnebeck und Schleuse Uelzen am Elbe-Seitenkanal.

Für eine weiterführende technische Realisierung inner-

halb einer bestehenden Schleusungs- bzw. Schiffshubanlage

müssen folgende, allgemeingültige Faktoren beachtet wer-

den:

• Die internen und externen Faktoren zur Pumpspeicherung(u.a.: ausreichende Potenzialunterschiede, durch Stau-stufen abgegrenzte Kanalsysteme, Vorhandensein einerSpeicherlamelle, keine Gefährdung oder Beschränkungder Schifffahrt) müssen erfüllt sein.

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• Eine, nach diesen Parametern ausgewählte Staustufe kannin unterschiedlicher Art und Weise zu einem Pumpspei-cherwerk umgerüstet werden. In der vorliegenden Arbeitwurden acht Varianten für die Staustufen Scharnebeckund Uelzen vorgestellt.

• Bestehende Anlagentypen dieser Staustufen sollten aufdem neuesten, technischen Entwicklungsstand sein, umden Wirkungsgrad des Gesamtsystems nicht überdurch-schnittlich zu belasten.

• Die einfachsten Lösungen bestehen in der Installationvon Turbinen in die zur Entlastung genutzten Leitungen,sowie die Neuinstallation von Pumpturbinen. Jede die-ser Turbinentypen hat andere Vor- und Nachteile. Wel-che Turbinenart für die entsprechende Staustufe in Fragekommt, bedarf einer Einzelfallprüfung. Die Verwendungmehrerer Turbinenarten an einer Staustufe oder die Imple-mentierung eines hydraulischen Kurzschlusses ist denk-bar.

• Der Bedarf an erforderlichen Umbauarbeiten ist vom ver-wendeten Turbinentyp abhängig. Deshalb ist eine indi-viduelle Abwägung der technischen Vor- und Nachteilebzw. Einsatzmöglichkeiten sowie der Wirtschaftlichkeitfür jede Staustufe erforderlich.

• Begrenzt werden die Umrüstungen insbesondere durchdas zur Verfügung stehende Platzangebot im Maschinen-haus und die Durchleitungen. Gleichfalls müssen Ein-flüsse wie Reibungen innerhalb des bestehenden Rohr-systems, Rohrverzweigungen und hydrodynamische Tur-bulenzen in einer örtlichen Verlusthöhe berücksichtigtund optimiert werden. Eine Überschreitung der rechtli-chen Vorgaben im Bereich Querströmungen, Schwallwel-len und Fließgeschwindigkeiten in den BWS wird – nachbisherigen Stand – nicht erwartet. Ebenso muss die Ent-stehung von Oberflächenwellen, die – kaum gedämpft –weite Strecken den Kanal entlanglaufen können, vermie-den werden.

Bei der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit konnte nurauf den ertragreichsten Märkten und unter Anpassung derBetriebsweise, eine – den Vorgaben entsprechende – Amor-tisationsdauer erreicht werden. Die angeführte Simulationzeigte darüber hinaus, dass eine autonome Energieversor-gung einer Region (in diesem Beispiel der Region Uel-zen/Niedersachsen), unter Zuhilfenahme bestehender, infor-mationstechnisch koordinierter, alternativer Erzeugereinhei-ten und eines Kanalpumpspeichersystems, zu großen Tei-len möglich erscheint. Weitere Untersuchungen speziell zur

ganzjährigen Implementierung eines Kanalpumpspeichers,seiner Wirtschaftlichkeit, rechtlicher Fragestellungen undweiterer Anwendungsgebiete für Kanalspeicher werden imProject EnERgioN untersucht.

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