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Institut für Physik in Berlin-Adlershof Stadtökologisches Modellvorhaben Bauen

Institut für Physik in Berlin-Adlershof€¦ · Ein außergewöhnliches Projekt des ökologi-schen Städtebaus – das ist das Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin

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Page 1: Institut für Physik in Berlin-Adlershof€¦ · Ein außergewöhnliches Projekt des ökologi-schen Städtebaus – das ist das Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin

Institut für Physik inBerlin-Adlershof

Stadtökologisches Modellvorhaben

Bauen

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Das Gebäude

Ein außergewöhnliches Projekt des ökologi-schen Städtebaus – das ist das Institut fürPhysik der Humboldt-Universität zu Berlin.Dort wurden verschiedene innovative Maß-nahmen realisiert. Schwerpunkt des Projektesbildet das Konzept zu Maßnahmen derdezentralen Regenwasserbewirtschaftung,der Gebäudebegrünung und der Gebäude-kühlung.

Regenwasser wird in Zisternen gesammeltund für die Bewässerung einer Fassaden-begrünung sowie die Erzeugung von Ver-dunstungskälte in Klimaanlagen genutzt.Überschüssiges Wasser wird im Innenhofdurch den Anstau eines Teiches verdunstetoder zur Versickerung gebracht.

Modell zum Architektur-wettbewerb 1997

SteckbriefLage Berlin Adlershof, Newtonstraße 15Entstehung Ergebnis eines Architekturwettbewerbs in 1997Baubeginn 1999Architekt Georg Augustin, Ute Frank, BerlinLandschaftsarchitekten Stefan Tischer und Joerg Th. Coqui, BerlinBauherr Land Berlin, mit finanzieller Beteiligung des Bundes

im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe HochschulbauBaudurchführung Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Abteilung VFertigstellung/Übergabe 2003Nutzer Humboldt Universität zu BerlinGesamtnutzfläche 9.700 m2

Grundfläche 19.000 m2

Bruttorauminhalt 74.000 m3

Auszeichnung beim Architekturpreis Berlin 2003

Foto

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Das Projekt

Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung erfolgt über das Landespro-gramm für Stadtökologische Modellvorhabeneine fachliche und wissenschaftliche Projekt-begleitung durch eine Arbeitsgemeinschaftder Technischen Universität Berlin, der Hum-boldt-Universität zu Berlin und der Hoch-schule Neubrandenburg.

Zielsetzung ist die Erarbeitung von Empfeh-lungen zur Optimierung und wirtschaftlichenNutzung der Anlagen mit dem Schwerpunkteines innovativen nachhaltigen Umgangsmit den Ressourcen Wasser und Energie undder Reduzierung von Betriebskosten.

Das Projekt umfasst u.a. ein kontinuierlichesMonitoring des Wasserverbrauchs von ver-schiedenen Pflanzenarten der Fassadenbe-grünung und der erzeugten Verdunstungs-kälte mit ihren Wirkungen auf die Energie-bilanz des Gebäudes. Die Bewässerung wirdvon einem internetgestützten Computersys-tem gesteuert und überwacht. Temperatur-und Strahlungsmessungen ergänzen dieAnalyse der ökonomischen und ökologischenEffekte der durchgeführten Maßnahmen.In Ergänzung zur Begleitung im Rahmen desModellvorhabens erfolgt eine Teilnahme anden Forschungsprojekten zur Evaluierungvon Energiekonzepten für Bürogebäude imRahmen der Forschungsarbeit des Institutsfür Gebäude- und Solartechnik der TU Braun-schweig.

Die Begleitung, Auswertung, Optimierungund Dokumentation der Projekterfahrungensoll die Voraussetzung zur langfristigen Um-setzung und Weiterentwicklung innovativerund wirtschaftlicher Technologien schaffen.Für künftige Projekte werden praxisrelevanteund anwendungsorientierte Erkenntnisse alsArbeitshilfe für Planung, Bau, Betrieb undWartung erarbeitet und dokumentiert.

Messgeräte zur Bestim-mung der potenziellenVerdunstung

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0 5 10 15 20 25 30

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Dezentrale Regenwasser-bewirtschaftung

Das Institutsgebäude hat keinen Anschlussan den Regenwasserkanal. Eines der zentralenZielstellungen der Regenwassernutzung alsElement der dezentralen Regenwasserbe-wirtschaftung ist die Retention von Regen-wasser. Das Regenwasser wird in fünf Zister-nen in zwei Höfen gesammelt und vorrangigfür die Bewässerung der Fassadenbegrünungund für die Gebäudekühlung genutzt. BeiStarkregenereignissen wird das überschüssigeRegenwasser in einen Teich geleitet, ver-dunstet oder zur Versickerung gebracht. DieVersickerung erfolgt über die bewachseneBodenzone, um das Grundwasser vor Verun-reinigungen zu schützen. Ein Teil der Dach-flächen ist extensiv begrünt.

Überleitung vonRegenwasser aus denZisternen

-0,75-0,56-0,50-0,45-0,40-0,35-0,30-0,25-0,20-0,15-0,10-0,050,000,050,100,150,20

Geländemodellierung zur Gewährleistung einer Über-staukapazität in Abhängigkeit des Wasserspiegels

Dach- und Fassaden-begrünung

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Passive Gebäudekühlung

Undurchlässige Flächen wie Dächer undStraßen verändern das Mikroklima durch dieÄnderung der Strahlungs- bzw. Energiebilanz.Folge ist die Erhöhung der Temperaturen imengeren Gebäudeumfeld und ein unbehag-liches Raumklima bzw. die Erhöhung desEnergieverbrauchs bei der Gebäudeklimati-sierung. Eine Lösung besteht in der Gebäude-begrünung durch die Erzeugung von Ver-dunstungskälte. Nach Messungen an zweiDächern in Berlin-Tempelhof wandeln exten-siv begrünte Dächer in den Sommermonaten58 % der Strahlungsbilanz in die Verdunstungvon Wasser um.

Unbegrünte Dächer dagegen wandeln 95%der Strahlungsbilanz in Wärme um. Mit derBegrünung der Fassaden ist die unmittelbareAuswirkung auf das Gebäude noch größer.Die durchschnittliche Verdunstung zwischenJuli und August betrug zwischen 5,4 und 11,3Millimeter Wasser pro Tag in Abhängigkeit vonder Geschossebene. Diese Verdunstungsrateentspricht einer durchschnittlichen Kühlungs-leistung von 157 Kilowattstunden pro Tag.

ThermografischeAufnahme bei sommer-lichen Mittagstempe-raturen (Rot = warme,Blau = kühlere Fassaden-bereiche)

Fassadenbegrünung

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Energiebilanz im TagesmittelVergleich eines unbegrünten und eines begrünten Daches

Extensive Dachbegrünung

Strahlungsbilanz

Reflexion Verdunstungskälte fühlbare Wärme

erhöhte langwelligeAusstrahlung

Globalstrahlung

Wichtigste Einflussfaktoren:· Wasserspeichervermögen des Substrats· Exposition· Deckungsgrad der Vegetation

Globalstrahlung

Strahlungsbilanz

Reflexion Verdunstungskälte fühlbare Wärme

erhöhte langwelligeAusstrahlung

Wichtigste Einflussfaktoren:· Oberflächenfarbe (Albedo)· Wärmekapazität der Oberfläche· Exposition

Bitumendach

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Fassadenbegrünung

Die Realisierung einer begrünten Fassadesoll einen aktiven Sonnenschutz bieten. Als„Nebeneffekt" werden die verschiedenenJahreszeiten dargestellt. Zehn Arten vonKletterpflanzen wurden in 150 Fassaden-kübel an neun unterschiedlichen Fassadengepflanzt.

Die Fassadenbegrünung steht im unmittel-baren Zusammenhang mit der energeti-schen Optimierung des Gebäudes. Im Som-mer soll die Fassade begrünt sein, währenddas Sonnenlicht im Winter die Glasfassadeungehindert passieren kann. Ein zweiter Effektist die Erzeugung von Verdunstungskälte zurVerbesserung des Mikroklimas innerhalb desGebäudes und im unmittelbaren Gebäude-umfeld.

Bei der Auswahl der Kletterpflanzen wurdebesonderer Wert auf Arten gelegt, die unterden extremen Bedingungen in Pflanzkübelnwachsen können. Von den verwendeten un-terschiedlichen Kletterpflanzen hat sich bisherder Blauregen (Wisteria sinensis) am bestenentwickelt. Eine spezielle Form der Anstau-bewässerung und zwei unterschiedlicheSubstrate sind vergleichend verwendet wor-den. Der ausreichende kapillare Aufstieg warein Auswahlkriterium. Zum Ausgleich vonTemperaturschwankungen und zum Schutzgegen tiefe Temperaturen im Winter wurdenversuchsweise einige Kübel gedämmt. DerVergleich mit nicht gedämmten Kübeln haterhebliche Unterschiede in den Standortbe-dingungen und Wuchsleistungen der Kletter-pflanzen gezeigt.

Pflanzkübel mit Sub-strat an der Fassade

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Adiabate Abluftkühlung

In den Klimaanlagen des Institutsgebäudeswird Regenwasser zur Kühlung des Gebäudesin den Sommermonaten verwendet. Bei deradiabaten Abluftkühlung wird Wasser in denAbluftstrom des Gebäudes versprüht und dieZuluft über einen Wärmetauscher vorgekühlt.Bei der Verwendung von Regenwasser an-stelle von Trinkwasser in den Klimaanlagenwird zugleich Wasser und Abwasser gespart.

Dieser Prozess der Gebäudeklimatisierung istderart effektiv, dass noch bei Außentempera-turen von bis zu 30°C die Zuluft auf 21–22°Cvorgekühlt werden kann, ohne auf technischerzeugte Kälte zurückgreifen zu müssen.

Innenansicht

Klimaanlage mit adia-bater Abluftkühlung

Energieverbrauch mit bzw. ohne adiabaterAbluftkühlung

0

1

2

3

5

6

[kW]

4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 440 [h]

[°C]

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AußentemperaturAnlage 4Reduktion des Energieverbrauchs >67%

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Erste Ergebnisse

Die Verdunstung von Wasser zur Gebäude-klimatisierung ist eine kostengünstige undeffektive Methode. Die Verdunstung einesKubikmeters Regenwasser erzeugt eine Ver-dunstungskälte von 680 kWh. Bei der adiaba-ten Abluftkühlung hat sich gezeigt, dass aufeine konventionelle Kälteversorgung nahezuverzichtet werden kann. Bei der Regenwasser-nutzung als dezentrale Regenwasserbewirt-schaftung sind hierbei weitere Synergien zuerzielen, da Regenwasser u.a. für die Bewäs-serung und adiabate Abluftkühlung einge-setzt werden kann.

Unterstützend für die adiabate Abluftkühlungwirken weitere Maßnahmen der passivenGebäudekühlung wie die Gebäudebegrü-nung. Die Begrünung von Dächern und Fas-saden hat ein großes Potenzial, durch Ver-dunstung die Oberflächentemperaturen zureduzieren und damit das Mikroklima inner-halb und um das Gebäude zu verbessern.

Fassadenbegrünung

Regenwasserteich imInnenhof

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Der Bereich Ökologisches Bauender Senatsverwaltung fürStadtentwicklung, Berlin

Die Anforderungen an ein Gebäude werdenzunehmend komplexer. Für die Planung sindheute nicht nur die anerkannten technischenRegeln erforderlich, sondern die Optimie-rung im Hinblick auf vielfältige, teils konkur-rierende Ziele.

Ziel ist es Planung, Bau und Betrieb der Pro-jekte so vorzubereiten, umzusetzen und zuorganisieren, dass

· die Umwelt und natürliche Ressourcengeschont werden

· ein Höchstmaß an Umwelt- und Sozialver-träglichkeit erreicht wird

· sowie dauerhaft gesunde Lebens- undArbeitsbedingungen realisiert bzw. gesichertwerden.

Die Erarbeitung von Standardvorgaben fürPlanung, Bau und Betrieb von öffentlichenund öffentlich geförderten Baumaßnahmenhat auch das Ziel

· der Kostenminderung bei Planung und Bau· und der Minimierung der künftigen Betriebs-

kosten bzw. Lebenszykluskosten eines Ge-bäudes.

Durch die Projekte im Landesprogramm„Stadtökologische Modellvorhaben” wurdenin den letzten Jahren wichtige Erkenntnissezur Weiterentwicklung des Wohnungs- undStädtebaus, zur Entwicklung neuer Techno-logien und als Vorgaben für das öffentlicheund öffentlich geförderte Bauen gewonnen.

Lage im Wissenschafts-standort Adlershof

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Links:www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/oekologisches_bauenwww.gebaeudekuehlung.de

Projektleitung:Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Abteilung VI,Ministerielle Angelegenheiten des Bauwesens,Bereich ökologisches BauenDipl.-Ing. Brigitte ReichmannWürttembergische Straße 6, 10707 BerlinTelefon: 030. 9012-8620Telefax: 030. 9012-8560Email: [email protected]

Projektpartner/ Wissenschaftliche Begleitung:Technische Universität Berlin; Institut für ArchitekturFachgebiet Gebäudetechnik und EntwerfenProf. Dipl.-Ing. Claus Steffan, Dipl.-Ing. Marco SchmidtStraße des 17. Juni 152, Sekr. A59, 10623 BerlinTelefon: 030. 314-23301, 030. 314-71307Telefax: 030. 314-26079Email: [email protected]

[email protected]

Humboldt- Universität zu Berlin; Institut für PhysikDipl.-Ing. habil. PD Günther Wernicke,Newtonstraße 15, 12489 BerlinTelefon: 030. 2093-7897Telefax: 030. 2093-7666,Email: [email protected]

Hochschule Neubrandenburg,Fachgebiet Landschaftsökologie / VegetationskundeProf. Dr. Manfred KöhlerBrodaer Straße 2, 17033 NeubrandenburgTelefon: 0395. 5693-210, Sekretariat: -203Telefax: 0395. 5693-299Email: [email protected]

Projektpartner:Humboldt-Universität zu Berlin; Technische AbteilungDipl.-Ing. Frank FiedlerZiegelstraße 10/11, 10117 BerlinTelefon: 030. 2093-1131Telefax: 030. 2093-1136Email: [email protected]

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