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KLINISCHE WOCHENSCHRIFT x6. JAHRGANGNr. xI I3. MARZ x937 ORIGINALIEN. INSULIN UND GLUKAGON IN IHREN BEZIEHUNGEN ZUM DIABETES. yon Prof. MAX B~3RGER, Aus der MedizialschenPoliklinik der Unive~it~tBonn. Die Mehrzahl der Zuckerkranken 1ABt sich durch Insulin gfinstig beeinflussen. Daraus darf geschlossen werden, dab im wesentlichen FunktionsstSrungen des Pankreas ffir die menschliche Zuckerkrankheit verantwortlich zu machen sind. Eine Theorie des Diabetes wird sich also vor allem auf die Physiologie der Insulinwirkungen stfitzen mfissen. Die groBe Literatur, welche fiber die Wirkungen und Nebenwirkungen des Insulins seit seiner Entdeckung entstanden ist und mehr- fach monographisch bearbeitet wurde, am ausffihrlichsten yon MACLEOD 1, ist auf Erfahrungen aufgebaut, welche mit den Insulinen des Handels gewonnen wurden. Diese im Handel als Insulin bezeichneten Pr~iparate stellen aber, was vielfach beim Studium ihrer Wirkung fibersehen wurde, durchaus kein chemisches Individuum dar, sondern k6nnen bestenfalls als hochgereinigte Pankreasextrakte bezeichnet werden a. Den Bemfihungen ABELS 3 ist es gelungen, das Insulin krystallinisch zu gewinnen. In der l~berzeugung, daB allein mit dieser chemisch genau definierten Substanz zuverl~ssige Aussagen fiber die physiologischen Wirkungen und I~Iebenwirkungen des Insulins gemacht werden k6nnen, habe ich in Gemein- sehaft mit meinen Mitarbeitern reich bemfiht, nach dem Abelschen Verfahren krystallinisches Insulin zu gewinnen und die Wirkungen dieser reinen Substanz mit den Wirkungen der Handelsinsuline zu vergleichen4. Wiihrend uns bislang die Darstellung krystallinischer Pr~parate lediglich unter Ver- wendung eines hochgereinigten amerikanischen Trocken- prAparates der Firma SQUIBB als Ausgangsmaterial m6glich war, wobei die Ausbeuten 13 % des Ausgangsmaterials nicht fiberstiegen, ist es neuerdings Frl. Dr. STALLMANN 5 gelungen, auch aus deutscher~ Ausgangsmaterial yon Insulintrocken- pulver krystallinisches Insulin in einer Ausbeute yon 30% darzustellen. Dieser groBe Fortschritt in der Gewinnung krystallinischen Insulins basiert auf den Beobaehtungen von D. A. SCOTT6, welcher 1934 zeigen konnte, daB Zink ein Bestandteil der Abelschen Insulinkrystalle ist. SCOTT konnte dutch Zusatz von Zink-, Nickel-, Kobalt- oder Cadmium- chlorid die Ausbeute wesentlich steigern. Eine noch h6here Ausbeute und ein erheblich sichereres Verfahren der Krystalli- sation, welches sofort im ersten KrystMlisationsgang ganz rein weil3e krystalline Substanz liefert, ist unter gteichzeitigem Zusatz yon Eisen- und Zinksalzen yon B. STALLM/kNN in unserem InstituO ausgearbeitet worden. Damit besteht die Aussicht, in die Praxis der Diabetesbehandlung statt der als ,,Insulin" bezeichneten Pankreasextrakte, welche nach Wir- kungseinheiten definiert werden, das krystallinische Produkt einzuffihren, welches gewichtsmgflig verordnet werden kann. Es ist frei von oft unliebsamen Nebenwirkungen, welche den Begleitsubstanzen der Handelsinsuline zuzuschreiben sind. Die physiologischen Wirkungen des reinen Insulins sind in einer Reihe von Untersuchungen aus meinem Institut an gesun- den und zuckerkranken Menschen und Tieren geprfift worden. Schon im Jahre 1928 habe ich mit meinem Mitarbeiter KRAMER~ zeigen k6nnen, daB Muskelarbeit die Insulinwirkung erheblich steigert. Wir haben daraus geschlossen, dab die Muskulatur den Hauptangri]]sort des Insulins darstellt. Diese Beobachtungen haben sich auch in der Praxis best~itigt. Wir wissen, dab in der Ruhe mit Insulin und Di~t gut eingestellte Diabetiker nach k6rperlichen Anstrengungen zur Hypoglykiimie neigen. KlirdscheWochenschrlft, x6.Jahrg. Die Tatsaehe der insulinsparenden Wirkung der Muskelarbeit muB bei der Zurfickffihrung der Zuckerkranken in ihren Beruf welt mehr als das bisher geschehen ist Berficksichtigung finden. Das MaB der geforderten oder erlaubten Muskelarbeit sollte in keiner di~tetischen Vorschrift -- wie auch immer sie im einzelnen gestaltet ist -- fehlen. Die Beobachtungen fiber die dutch Muskelarbeit gesteigerten Wirkungen des Insulins waren der AnlaB, umgekehrt die Insulinwirkung unter Aus- achaltung der Muskulatur zu studieren. Mit meinem Mit- arbeiter KRAMER 8 habe ich dutch Abklemmung der groBen, zur Muskulatur ffihrenden Gef~Be die Durchblutung der Muskulatur weitgehend gedrosselt. Unter diesen Umst~nden bleibt der blutzuckersenkende Effekt des Insulins praktisch aus. Bei Verwendung yon Handelsinsulinen kommt es unter Drosselung der Muskeldurchblutung nicht selten zur starken Hyperglykdmie, deren Ursache sp~ter besprochen werden soll. Die Muskulatur ist auch danach der Hauptangrif]sort des Insulins. Durch Insulin werden die I~ohlehydrate in der Muskulatur einer geordneten Verwendung zugefiihrt, welche bei Insulinmangel ausbleibt. Im Gasstoffwechsel drfickt sich die rasche Verwendung der Kohlehydrate beim Gesunden wie beim Zuckerkranken durch einen gesteigerten Sauersto]/- verbrauch aus, dem die Kohlens~ureabgabe nicht immer entsprechend schnell folgt, wie Untersuchungen mit PhTZOLD 9 zusammen gezeigt haben. Der Sauerstoffverbrauch strebt nach intravenSser Insulininjektion bald wieder dem Ausgangs- wert zu, um bei Ann~herung des Blutzuckerspiegels an hypo- giykamische Werte einen zweiten Gipfel zu erreichen. WAh- rend die erste Phase des Sauerstoffmehrverbrauchs bei Diabe- tikern in die Zeit des kompensatorischen Ausgleichs eines be- stehenden Insulinmangels f~llt, ktindet die zweite Phase des Sauerstoffmehrverbrauchs den beginnenden Mangel an ver- fiigbaren Kohlehydraten an. Es beginnt ein I{ampf der Teile um die letzten Kohlehydratreserven, bei welchem die Musku- latur anf Kosten der empfindlicheren Nerven siegt. Jede Zelle braucht offenbar fiir ihre geordnete Arbeit ein Minimum an Kohlehydratfunktionsmaterial -- ,,Zellzucker'" -- ; fehlt dieser, so kcmmt es, wie bei Sauerstoffmangel, zu mehr oder weniger starken Erregungen, die yon beschleunigter Herz- und Atemt~tigkeit und Unruhe des Patienten begleitet sind. Dieser Zustand kfindet sich durch vermehrten Sauerstoff- verbrauch an, lange bevor es zu eigentlichen hypoglyk~.mi- schen Kr~mpfen bzw. zum Korea kommt, bei welchem lau- fende Gasstoffwechseluntersuchungen nicht m6glich sind. Insulin steigert demnach sowohl bei gesunden wie bei zueker- kranken Tieren und Menschen sowohl den Zuckerverbraueh wie auch den Zuckerbedarf der Muskulatur. Die Leber hat offenbar die Aufgabe, gebrauchsfertiges Material nachzu- liefern. In der groBen Insulin- und Diabetesliteratur spielt die Vorstellung, daB es die Hauptaufgabe des Insulins sei, die Glykogenstapelung in der Leber zu f6rdern, eine dominante Rolle. Das ist sicher eine Irrlehre. Sowohl die Untersuchungen yon BODO und NEUWIRTH 10 wie auch meine eigenen mit KOI~L n vermittels besonderer Technik durchgeffihrten Studien be- weisen uns, daB die Leber nach intraportaler Insulininjektion an Glykogen verarmt (llKurve S. 278), und zwar rascher ver- armt, als wir sonst beim ntichtern gehaltenen Tier sehen. Die Tatsache des Glykoge~schwundes ist die Folge der Zucker- verarmung des Blutes, und diese wieder leitet sieh yon dem gesteigerten Zuckerverbrauch der Muskulatur her. Der Glykogengehalt der Leber ist ffir die Entstehung des Diabetes sicher yon sekund~rer Bedeutung. Die Leber ist weniger ein Stapelorgan, als ein Trans]ormator des ihr vom Darm her zustr6menden Materials. 20

Insulin und Glukagon in Ihren Beziehungen zum Diabetes

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KLINISCHE W O C H E N S C H R I F T x6. J A H R G A N G N r . xI I3. M A R Z x937

ORIGINALIEN. INSULIN UND GLUKAGON IN IHREN

BEZIEHUNGEN ZUM DIABETES.

yon

Prof. MAX B~3RGER, Aus der Medizialschen Poliklinik der Unive~it~t Bonn.

Die Mehrzahl der Zuckerkranken 1ABt sich durch Insulin gfinstig beeinflussen. Daraus darf geschlossen werden, dab im wesentlichen FunktionsstSrungen des Pankreas ffir die menschliche Zuckerkrankheit verantwortl ich zu machen sind. Eine Theorie des Diabetes wird sich also vor allem auf die Physiologie der Insulinwirkungen stfitzen mfissen. Die groBe Literatur, welche fiber die Wirkungen und Nebenwirkungen des Insulins seit seiner Entdeckung entstanden ist und mehr- fach monographisch bearbeitet wurde, am ausffihrlichsten yon MACLEOD 1, ist auf Erfahrungen aufgebaut, welche mit den Insulinen des Handels gewonnen wurden. Diese im Handel als Insulin bezeichneten Pr~iparate stellen aber, was vielfach beim Studium ihrer Wirkung fibersehen wurde, durchaus kein chemisches Individuum dar, sondern k6nnen bestenfalls als hochgereinigte Pankreasextrakte bezeichnet werden a. Den Bemfihungen ABELS 3 ist es gelungen, das Insulin krystallinisch zu gewinnen. In der l~berzeugung, daB allein mit dieser chemisch genau definierten Substanz zuverl~ssige Aussagen fiber die physiologischen Wirkungen und I~Iebenwirkungen des Insulins gemacht werden k6nnen, habe ich in Gemein- sehaft mit meinen Mitarbeitern reich bemfiht, nach dem Abelschen Verfahren krystallinisches Insulin zu gewinnen und die Wirkungen dieser reinen Substanz mit den Wirkungen der Handelsinsuline zu vergleichen 4. Wiihrend uns bislang die Darstellung krystallinischer Pr~parate lediglich unter Ver- wendung eines hochgereinigten amerikanischen Trocken- prAparates der Firma SQUIBB als Ausgangsmaterial m6glich war, wobei die Ausbeuten 13 % des Ausgangsmaterials nicht fiberstiegen, ist es neuerdings Frl. Dr. STALLMANN 5 gelungen, auch aus deutscher~ Ausgangsmaterial yon Insulintrocken- pulver krystallinisches Insulin in einer Ausbeute yon 30% darzustellen. Dieser groBe Fortschri t t in der Gewinnung krystallinischen Insulins basiert auf den Beobaehtungen von D. A. SCOTT 6, welcher 1934 zeigen konnte, daB Zink ein Bestandteil der Abelschen Insulinkrystalle ist. SCOTT konnte dutch Zusatz von Zink-, Nickel-, Kobalt- oder Cadmium- chlorid die Ausbeute wesentlich steigern. Eine noch h6here Ausbeute und ein erheblich sichereres Verfahren der Krystalli- sation, welches sofort im ersten KrystMlisationsgang ganz rein weil3e krystalline Substanz liefert, ist unter gteichzeitigem Zusatz yon Eisen- und Zinksalzen yon B. STALLM/kNN in unserem Insti tuO ausgearbeitet worden. Damit besteht die Aussicht, in die Praxis der Diabetesbehandlung stat t der als , ,Insulin" bezeichneten Pankreasextrakte, welche nach Wir- kungseinheiten definiert werden, das krystallinische Produkt einzuffihren, welches gewichtsmgflig verordnet werden kann. Es ist frei von oft unliebsamen Nebenwirkungen, welche den Begleitsubstanzen der Handelsinsuline zuzuschreiben sind.

Die physiologischen Wirkungen des reinen Insulins sind in einer Reihe von Untersuchungen aus meinem Inst i tut an gesun- den und zuckerkranken Menschen und Tieren geprfift worden. Schon im Jahre 1928 habe ich mit meinem Mitarbeiter KRAMER~ zeigen k6nnen, daB Muskelarbeit die Insulinwirkung erheblich steigert. Wir haben daraus geschlossen, dab die Muskulatur den Hauptangri]]sort des Insulins darstellt. Diese Beobachtungen haben sich auch in der Praxis best~itigt. Wir wissen, dab in der Ruhe mit Insulin und Di~t gut eingestellte Diabetiker nach k6rperlichen Anstrengungen zur Hypoglykiimie neigen.

Klirdsche Wochenschrlft, x6. Jahrg.

Die Tatsaehe der insulinsparenden Wirkung der Muskelarbeit muB bei der Zurfickffihrung der Zuckerkranken in ihren Beruf welt mehr als das bisher geschehen ist Berficksichtigung finden. Das MaB der geforderten oder erlaubten Muskelarbeit sollte in keiner di~tetischen Vorschrift - - wie auch immer sie im einzelnen gestaltet ist - - fehlen. Die Beobachtungen fiber die dutch Muskelarbeit gesteigerten Wirkungen des Insulins waren der AnlaB, umgekehrt die Insulinwirkung unter Aus- achaltung der Muskulatur zu studieren. Mit meinem Mit- arbeiter KRAMER 8 habe ich dutch Abklemmung der groBen, zur Muskulatur ffihrenden Gef~Be die Durchblutung der Muskulatur weitgehend gedrosselt. Unter diesen Umst~nden bleibt der blutzuckersenkende Effekt des Insulins praktisch aus. Bei Verwendung yon Handelsinsulinen kommt es unter Drosselung der Muskeldurchblutung nicht selten zur starken Hyperglykdmie, deren Ursache sp~ter besprochen werden soll. Die Muskulatur ist auch danach der Hauptangrif]sort des Insulins. Durch Insulin werden die I~ohlehydrate in der Muskulatur einer geordneten Verwendung zugefiihrt, welche bei Insulinmangel ausbleibt. Im Gasstoffwechsel drfickt sich die rasche Verwendung der Kohlehydrate beim Gesunden wie beim Zuckerkranken durch einen gesteigerten Sauersto]/- verbrauch aus, dem die Kohlens~ureabgabe nicht immer entsprechend schnell folgt, wie Untersuchungen mit PhTZOLD 9 zusammen gezeigt haben. Der Sauerstoffverbrauch strebt nach intravenSser Insulininjektion bald wieder dem Ausgangs- wert zu, um bei Ann~herung des Blutzuckerspiegels an hypo- giykamische Werte einen zweiten Gipfel zu erreichen. WAh- rend die erste Phase des Sauerstoffmehrverbrauchs bei Diabe- t ikern in die Zeit des kompensatorischen Ausgleichs eines be- stehenden Insulinmangels f~llt, ktindet die zweite Phase des Sauerstoffmehrverbrauchs den beginnenden Mangel an ver- fiigbaren Kohlehydraten an. Es beginnt ein I{ampf der Teile um die letzten Kohlehydratreserven, bei welchem die Musku- latur anf Kosten der empfindlicheren Nerven siegt. Jede Zelle braucht offenbar fiir ihre geordnete Arbeit ein Minimum an Kohlehydratfunktionsmaterial - - ,,Zellzucker'" - - ; fehlt dieser, so kcmmt es, wie bei Sauerstoffmangel, zu mehr oder weniger starken Erregungen, die yon beschleunigter Herz- und Atemt~tigkei t und Unruhe des Patienten begleitet sind. Dieser Zustand kfindet sich durch vermehrten Sauerstoff- verbrauch an, lange bevor es zu eigentlichen hypoglyk~.mi- schen Kr~mpfen bzw. zum Korea kommt, bei welchem lau- fende Gasstoffwechseluntersuchungen nicht m6glich sind. Insulin steigert demnach sowohl bei gesunden wie bei zueker- kranken Tieren und Menschen sowohl den Zuckerverbraueh wie auch den Zuckerbedarf der Muskulatur. Die Leber hat offenbar die Aufgabe, gebrauchsfertiges Material nachzu- liefern.

In der groBen Insulin- und Diabetesli teratur spielt die Vorstellung, daB es die Hauptaufgabe des Insulins sei, die Glykogenstapelung in der Leber zu f6rdern, eine dominante Rolle. Das ist sicher eine Irrlehre. Sowohl die Untersuchungen yon BODO und NEUWIRTH 10 wie auch meine eigenen mit KOI~L n vermit tels besonderer Technik durchgeffihrten Studien be- weisen uns, daB die Leber nach intraportaler Insulininjektion an Glykogen verarmt (llKurve S. 278), und zwar rascher ver- armt, als wir sonst beim ntichtern gehaltenen Tier sehen. Die Tatsache des Glykoge~schwundes ist die Folge der Zucker- verarmung des Blutes, und diese wieder leitet sieh yon dem gesteigerten Zuckerverbrauch der Muskulatur her. Der Glykogengehalt der Leber ist ffir die Ents tehung des Diabetes sicher yon sekund~rer Bedeutung. Die Leber ist weniger ein Stapelorgan, als ein Trans]ormator des ihr vom Darm her zustr6menden Materials.

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362 In besonders darauf gerichteten Untersuchungen babe ich bei

Lebercirrhose unmit te lbar nach dem Tode das Glykogen dutch Alkoholin~ektion direkt in die Lcber fixiert und gesehen, datl die Leber prakt isch glykogenfrei war. Ich fund in einer Leber, welche 2 Stunden post exi tum exstirpiert wurde, bei einem Gesamtgewicht des Organs yon 85o g o,191 g Glykogen nach PFLi)Gm~, in einem zweiten Falle yon Lebercirrhose, in welchem das Organ 650 g wog, o,416 g Glykogen (Bi)RGER12). 13ekanntlich ft ihrt auch die schwerste Lebercirrhose niemals zum Diabetes, obwohl sie praktisch tiber I~ohlehydratreserven, wie diese Versuche zeigen, n icht verfiigt. Auf der anderen Seite kennen wir Zustande, in denen die Leber in iiberm~tBiger Weise mit Glykogen angereichert ist (Glykogenspeicher- krankheit) und die Peripherie t ro tzdem zu wenig Kohlehydrate erhAlt. Auch hierbei fehlen diabetische Symptome.

Der G l y k o g e n g e h a l t de r L e b e r s che i n t uns also u n m a B - geb l ieh ffir das d i abe t i s che Geschehen . "Weder die Glykogen- a r m u t de r c i r r h o t i s c h e n Leber , noch die K o h l e h y d r a t s p e r r e bei de r f iberm~Big g lykogenre i chen L e b e r f f ihr t zu d i abe t i - s chen S to f fwechse l s t6 rungen . E s i s t a u c h b i she r n i ema l s ge lungen , d u r c h f iberm~Bige I n s u l i n g a b e n e inen de r Glykogen- s p e i c h e r k r a n k h e i t ~hn l i chen Z u s t a n d in de r L e b e r h e r v o r z u - r u f e n ; i m Gegente i l , I n s u l i n m a c h t regelm~Big Glykogen- schwund. E r s t w e n n die M u s k u l a t u r i h r e n 13edarf an 13renn- m a t e r i a l gedeck t ha t , k a n n die L e b e r u n t e r g le ichzei t iger K o h l e h y d r a t z u f u h r bei G e g e n w a r t yon Insu l in wieder Glyko- gen s t ape ln , l : lber die Kohlehydratreserven, welche b e i m Ge- s u n d e n d e m O r g a n i s m u s zur Ver f i igung s tehen , m a c h e n w i t n n s i m a l l geme inen fa lsche Vors te l lungen . 13ei e inem m i t t l e r e n G l y k o g e n g e h a l t yon 5 % in e iner 15oo g schweren L e b e r ver - if igt de r n f i c h t e r n e Mensch t iber 75 g L e b e r g l y k o g e n bzw. 3oo Calorien. Las sen w i t d iesen n t l c h t e r n e n Menschen y o n 8o kg Gewich t m i t 2o kg L a s t e inen iooo m h o h e n 13erg er- s te igen, so l e i s te t e r e ine M i n d e s t a r b e i t yon i o o o o o m/kg . :Eine Calorie e n t s p r i c h t bei e i l lem N u t z e f f e k t yon 25 % r u n d IOO m / k g ; bei 3o0 Calorien, die i b m in se inem L e b e r g l y k o g e n zur Ver f f igung s tehen , wfirde er d e m n a c h bes ten fa l l s 30ooo m / k g le i s ten k b n n e n , also bei e t w a 30o m H b h e t iber ke ine R e s e r v e n in de r L e b e r m e h r ver f f igen : de r , ,Brenn- s toff des L e b e n s " i s t ausgegangen . A u c h u n t e r E insch luB de r Vor r~ te in de r M u s k u l a t u r (o, 4 % Glykogen n a c h Mos- XATI ~ ) l a n g e n die K o h l e h y d r a t v o r r A t e des n f i c h t e r n e n Men- sehen bei w e i t e m n i c h t aus, u m diesen lOOO m h o h e n B e r g zu bes te igen . W i t s t e h e n bei d ieser l~lberlegung vo r d e m Di l emma , uns e n t w e d e r ffir eine 13erei ts tel lung yon IZohle- h y d r a t e n aus a n d e r e n Quel len - - h i e r k~me wohl zunAchst t r a n s f o r m i e r t e s D e p o t f e t t in F rage - - ode r Ifir die Mbgl i chke i t de r direkten V e r b r e n l l u n g des F e t t e s in de r M u s k u l a t u r en t - sche iden zu mfissen. Ft i r be ide A nf f a s s ungen lassen sich A r g u m e n t e ins Fe ld f t ihren. F i i r die Mbgl i chke i t der U in - w a n d l u n g v o n F e t t e n in IZoh lehydra t e u n t e r de r E i n w i r k u n g de r M u s k e l a r b e i t m b c h t e ich folgende T a t s a c h e n an f t ih ren :

]3eim g e s u n d e n M e n s c h e n b e d i n g t eine s t a r k e kb rpe r l i che A r b e i t n a c h e inem v o r f i b e r g e h e n d e n A ns t i eg des Zuckers (primAre A r b e i t s h y p e r g l y k b m i e ) ein deu t l i ches A b s i n k e n des B lu t zucke r s . Diese T a t s a c h e h a b e ich la be re i t s 1914 a n de~ K b n i g s b e r g e r K l in ik u n t e r g e n a u e r 13erficksichtigung de r ge le i s te ten A r b e i t fes tgeste l l t .

So fiel z. B. bei einem kr~Lftigen 73 kg schweren Mann nach einer Arbeitsleistung yon 38o59 kg/m der Blutzucker auf 39 mg% ab, um ~ Stunden sparer, ohne dab in terkurrent Nahrung zugeftihrt wurde, wieder auf den Ausgangswert yon 78 rag% anzusteigen.

Die Ver suche ver l i e fen al le g le ichs inn ig : zun~tchst Aus- s c h f i t t u n g de r R e s e r v e n n a c h de r A n s t r e n g u n g (p r ima te Arbe i t shyperg lykXmie) , d a n n A b s i n k e n des 131utzuckers au f sehr n iedr ige W e r t e (Arbe i t shypog lyk~mie) , a n d schlieBlich wieder E i n r e g u l a t i o n des 131utzuckers a u f die Norm, ohne i n t e r k u r r e n t e N a h r u n g s z u f u h r . H i e r w a r e n also o f fenbar aus a n d e r e m M a t e r i a l ( u m g e w a n d e l t e n F e t t e n ) die K o h l e h y d r a t - b e s t ~ n d e wieder aufgef t i l l t worden .

Seh r e igen t t iml iche E r g e b n i s s e h a t t e n spa re r v o r g e n o m - m e n e Arbeitsversuche an DiabetikernlL O b w o h l die Zucker - k r a n k e n f iber sehr ger inge G l y k o g e n v o r r ~ t e in de r L e b e r ve r - ffigen, k o m m t es n a c h A r b e i t s l e i s t u n g e n zwischen 3 1 ooo u n d i 7 o o o m / k g zu e r heb l i chen S t e i ge r ungen des B lu t zucke r s . Diese A r b e i t s h y p e r g I y k ~ m i e h~ l t im Gegensa t z zu de r ge sunde r

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 16. J A H R G A N G . Mr. I I I3. MARZ ~937

Menschen hAufig stundenlang an. M a n k 6 n n t e v c r s u c h t sein, diese Arbeitshyperglykamie d a m i t zu erklAren, d a b die M u s k u - l a t u r des Z u c k e r k r a n k e n f i b e r h a u p t unf/~hig ist, mobi les K o h l e h y d r a t g e o r d n e t zu v e r w e n d e n .

I ch h a b e se inerze i t in de r R u h e u n d i m Ansch luB an kb rpe r - l iche L e i s t u n g e n d e s h a l b m e i n e n D i a b e t i k e r n Z u c k e r in j i z i e r t : s t e t s b] ieb die d u r c h i n t r a v e n b s e I n j e k t i o n b e w i r k t e E r h b h u n g des 131utzuckers n a c h v o r a u s g e h e n d e r kb rpe r l i che r T/~tigkeit ger inger als o h n e v o r a u s g e h e n d e kb rpe r l i che A n s t r e n g u n g . Also eine vol ls tAndige U n m b g l i c h k e i t , den Zucke r zu ve r - wer ten , lag s icher n i c h t vor .

Die A r b e i t s h y p e r g l y M i m i e de r D i a b e t i k e r k o m m t o f f enba r d a d u r c h zus t ande , d a b anderes Mate r i a l in be sch l eun ig t e r Weise in K o h l e h y d r a t u m g e w a n d e l t u n d in die 131utbahn geworfen wird. I ch h a b e diese e igent f iml iche F o r m de r A r b e i t s r e a k t i o n des D iabe t i ke r s ge radezu als ein neues S y m p t o m de r Z u c k e r k r a n k h e i t s chon 192o bescl l r ieben. SeiI1 ganze r Stoffwechsel i s t i r r i t ab l e r als in de r Norm. Es liegt, w e n n m a n so will, e ine r e i zba re Schw~che des K o h l e h y d r a t - s toffwechsels vor , m i t b e s c h l e u n i g t e m U m s a t z yon a n d e r e m Mate r i a l (Fe t t en? ) in K o h l e h y d r a t e . F t i r die E r h b h u n g des 131utzuckers wi i rde schon de r G lyee r inan t e i l y o n e twa 50 g F e t t aus langen . Diese 13eobach tungen s ind sons t schwer a n d e r s zu d e u t e n : Die Zelle des i n s u l i n a r m e n D i a b e t i k e r s , , d i i r s t e t " n a c h Zucker , den sie n u r u n v o l l k o m m e n v e r w e r t e n k a n n .

Auf de r a n d e r e n Seite wird n e u e r d i n g s yon HIMWlCI~ 1~ au f G r u n d yon U n t e r s u c h u n g e n f iber dell r e sp i r a to r i s chen Q u o t i e n t e n pos tu l i e r t , dal3 die M u s k u l a t u r i m s t a n d e sei, direkt F e t t anzugre i fen . HIMWlCH h a t den r e sp i r a to r i s chen Q u o t i e n t e n des G e s a m t k 6 r p e r s u n d des Muskels in s i tu b e s t i m m t u n d k o m m t zur l'_'lberzeugung, d a b das F e t t n i c h t e r s t in der L e b e r ill Zucker u m g e w a n d e l t , d a n n in die M u s k u - l a t u r t r a n s p o r t i e r t u n d d o r t v e r b r a n n t wird, s o n d e r n das F e t t soll s chon im Muskel vollst~indig de r V e r b r e n n u n g zu- geff ihr t werden . ]:)as wt i rde also bedeu t en , d a b die Koh le - h y d r a t e i t l rer ausschl ie t l l ichen Rol le als , ,13rennstoffe des L e b e n s " e n t k l e i d e t wt i rden.

H ie r wi rd also eine der G r u n d f r a g e n des Stoffwechsels be r i ih r t , d e r e n E n t s c h e i d u n g ftir die Theor ie des D iabe t e s v o n a u s s c h l a g g e b e n d e r 13edeutung ist . I ch k a n n m i e h v o r e r s t m i t den Auf f a s snngen v o n HIMWlCH, d e n e n s ich n a c h e iner br ie f - l i chen M i t t e i l u n g a u c h THOMAS in Leipzig anschl ieBt , n i c h t be f r eunden . N a c h m e i n e r M e i n u n g sp rechen schon die f iberaus p r o m p t e n t t e i l ungse f f ek t e de r Z u c k e r i n j e k t i o n e n in h y p o - g lyk / tmischen Z u s t h n d e n ftir die b e v o r z u g t e A n g r e i f b a r k e i t de r K o h l e h y d r a t e a n d gegen die r a sche A n g r e i f b a r k e i t a n d e r e r 13rennmate r i a l i en (Fet te) .

De r p r o m p t e t t e i l ungse f f ek t ger inger Mengen Zucke r i m h y p o g l y k ~ m i s c h e n Shock k 6 n n t e s ich a b e t au f den Wiede r - e r sa tz des , ,Ze l lzuckers" beschr / inken , w/ ih rend die F e t t e ih re 13edeutung als energie l ie ferndes Ma te r i a l ftir die m e c h a n i s c h e n L e i s t u n g e n des Z u e k e r k r a n k e n b e h a l t e n wfirden.

Im Gegetlsatz zu HII~WlCH, der bei hungernden Hunden keine Fe t taufnahme der Muskulatur Ieststellte, zeigen vergleichende Untersuchungen meiues Inst i tu tes an normalen Pferden zwischen Arterien- und VenenMut einen erheblichen Fet tver lus t des venbsen Blutes gegentiber dem arteriellen, bezogen auf die Trockensubstanz. I - I IMwIcH 16 finder solch eine Aufnahme yon :Fett nu r bei pankreas- diabetisehen Hunden. Ich glaube, dab in der Norm das t31ut auf seinem Wege yon Arterie zur Yene Fe t t an die Gewebe abgibt . ~ b e r das intermedidre Schicksal dieses Fettes sind wir abet im einzelnen noch n icht unterr ichtet . Nur soviel scheint nach neueren Untersuchungen yon SCHbNREIME~ mit Deuterium st igmatisier tem Fe t t Iestzustehen, dab das Fet t , bevor es in den StofIwechsel ein- bezogen wird, zunachst einer Umpr~gung in den Geweben unterliegt. Unte r Insulin kann -- wie reich 17 Untersuchungen an der Milch lactierender Ziegen lehrten -- sogar eine vermehrte Fet tb i ldung nachgewiesen werden. Beim zuckerkranken Menschen bewirken ganz geringe Mengen Insulin (2,5--5 ~/kg) eine deutliche Zunahme der ]31utfette, gr6Bere (lO--15 y/kg) dagegen eine Abnahme xs.

Eine wenig b e a c h t e t e T a t s a c h e i s t die Zerst6rung des lnsulins dureh das Blut. A u c h auf d iesem Geb ie te w a r e n ve rg le i chende U n t e r s u c h u n g e n e r s t mbgl ich, n a c h d e m k r y s t a l - l in isches In su l i n zu r Ver f f igung s t and . In s y s t e m a t i s c h e r

Page 3: Insulin und Glukagon in Ihren Beziehungen zum Diabetes

~3. M~RZ 1937 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 16. J A H R G A N G . N r . i i 363

A r b e i t s ind wir de r F r a g e de r I n s u l i n z e r s t 6 r u n g d u r c h das B l u t n a c h g e g a n g e n u n d k 6 n n e n folgendes Ms f e s t s t e h e n d m i t - t e i l en : Die Geschwind igke i t der I n s u l i n z e r s t 6 r u n g i s t i m w e s e n t l i c h e n a b h g n g i g y o n d e m Leukoeytengehalt des Blu tes . L e u k A m i k e r b l u t z e r s t6 r t da s I n s u l i n schne l l e r als no rma les , o f f e n b a r wegen des G e h a l t s a n t r y p t i s c h e m F e r m e n t de r weiBen B l u t k 6 r p e r .

E i n e uns f i be r r a schende neue Ta t s ache , die v ie l l e ich t y o n e rheb l i che r t h e o r e t i s c h e r u n d p r a k t i s c h e r B e d e u t u n g ist, i s t d e r Be fund , d a b a u c h Diabetikerblut krys ta l l in i sches I n s u l i n schneller unwirksam macht als das B l u t gesunder Menschen .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . old Konlekldo'uer vonZnxul/h u ~'/u/

Abb, 1.

E i n z u s a m m e n f a s s e n d e s Schaub i ld , in w e l c h e m diese mf ihevo l l en B e o b a c h t u n g e n a n gesunden u n d z u c k e r k r a n k e n M e n s c h e n e i nge t r agen sind, m6ge diese T a t s a e h e n erl~iutern (Abb. I).

M a n e r k e n n t aus d iesem D i a g r a m m , d a b 4 cem D i a b e t i - k e r b l u t 4 ~ y k r y s t a l l i n i s chen Insu l ins sp~ te s t ens in 14 S t u n - den z e r s t 6 r t h a b e n , w g h r e n d das B l u r ge sunde r M e n s c h e n f fir die gleiche Menge eine K o n - t a k t d a u e r y o n 2 o - - 3 o S t u n d e n e r forder t . Sol l te s ich diese bis- he r a n D i a b e t i k e r n e r a r b e i t e t e T a t s a c h e we l t e r bes tg t igen , so wi i rde s ich d a m i t ein n e u e r W e g ffir die E r M g r u n g de r E r -

s c h e i n u n g e n de r Z u c k e r k r a n k h e i t erschliel3en. Bei Kompl i - k a t i o n e n des D i a b e t e s i s t es uns s chon lange b e k a n n t , d a b vermehrte InsulinzerstSrung z. B. bei I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n e inen e r h 6 h t e n I n s u l i n b e d a r f zur Folge h a t .

A n c h KARELITZ 19 h a t be re i t s i ihnl iehe B e o b a c h t u n g e n ge- m a c h t . Wie be re i t s e ingangs e rwghn t , e n t h a l t e n die H a n d e l s - insu l ine n e b e n d e m e igen t l i chen I n s u l i n B e g l e i t s u b s t a n z e n , die yon den m e i s t e n A u t o r e n als V e r u n r e i n i g u n g e n a u f g e f a g t we rden . W i r s ind de r Meinung , d a b u n t e r d iesen Begle i t - s u b s t a n z e n des In su l in s s ich m i n d e s t e n s eine bef inde t , we lche r e ine phys io logische B e d e u t u n g z u k o m m t . V~'ir20 ine inen das hyperglykamisierende Prinzip des Pankreas, das wir m i t MURLIN als Glukagon beze ichnen . Dieses G l u k a g o n h a t die E igenscha f t , das G lykogen in der L e b e r zu mobi l i s i e ren u n d n a c h i n t r a v e n 6 s e r I n j e k t i o n eine H y p e r g l y k g m i e zu bewi rken .

E i n e I n j e k t i o n yon n u r

I/NIX / ' , % \__

$00 ~0 gO 30 1t0 50 60 70 80 9014/h Abb. 2. Glukagon aus Trockeninsulin Wellcome

2o ~,]kg Kaninchen i. v.

20 y unseres r e i n s t e n G l u k a g o n - P r ~ p a r a t e s

p ro Ig i l og ramm K a n i n - c h e n s t e ige r t den B l u t - zucke r des n f i e h t e r n e n Tieres u m 5 ~ % des Aus- gangs w er t e s ffir die D a u e r y o n 4 o - - 6 o M i n . (Abb. 2), u n d zwar a u c h be i nebennierenlosen Tie- r en (Bi)RGER U. I~RA- MERe2). Das Glukagon i s t in se inen c h e m f s c h e n u n d p h y s i k a l i s c h e n El -

g e n s c h a f t e n d e m Insu l in ghnl ieh . E s is t eiweil3art iger S t r u k t u r . Sein G e h a l t an C, H, N u n d S i s t fas t de rse lbe wie der des Insul ins . Sein i soe lek t r i scher P u n k t l iegt bei e inem k le ine ren PH als de r des Insu l ins . Das G l u k a g o n i s t in Wasser , A lkoho l u n d o r g a n i s e h e n L 6 s u n g s m i t t e l n unl6s l ich , Seine Salze s ind in Wasser , ve rd f inn - t e m Alkohol u n d A c e t o n 16slich. E s i s t adialysabel u n d l~Bt s ich yon den v e r s c h i e d e n e n A d s o r p t i o n s m i t t e l n adsorb ie ren , t~s wi rd u n t e r den B e d i n g u n g e n , u n t e r d e n e n I n s u l i n d u r c h ve r - d f i n n t e Soda l6 su ngen u n d d u r c h Cys t e in i n a k t i v i e r t wird, n o e h nicht i n a k t i v i e r t . Das G l u k a g o n b e w i r k t e ine Blut- zuckersteigerung in K o n z e n t r a t i o n e n y o n derselben Gr6Ben- o r d n u n g , wie sie b e i m I n s u l i n eine Blutzuclcersenkung b e w i r k e n . Die physiologische Au]gabe des Glukagons sehen wir da r in , bei

110 i

700~

r a s c h e i n s e t z e n d e m Z u c k e r b e d a r f in de r P e r i p h e r i e d e n Z u c k e r in de r L e b e r zu mobi l i s i e ren . Das in v ie len H a n d e l s - p r g p a r a t e n v o r k o m m e n d e G l u k a g o n b e w i r k t in de r T a t n a c h i n t r a v e n 6 s e r I n j e k t i o n bei G e s u n d e n u n d Z u c k e r k r a n k e n eine initiale Hyperglyk~mie. Die Gr6Be de r 4nitialen Hyper- glykdmie i s t b e i m G e s u n d e n a b h ~ n g i g r u m G l y k o g e n g e h a l t de r Leber . Bei Lebe rc i r rhose z. B. sehr gering, bei D i a b e t e s n m so ger inger , j e h6her der Blutzuckerni~chternwert so. W i r s e h e n die phys io log ische W i r k u n g des G lukagons in de r W e g b e r e i - t u n g ffir die zucke r f ix i e rende W i r k u n g des In su l i n s in de r P e r i p h e r i e d u r c h eine r a s c h e S i c h e r u n g des K o h l e h y d r a t - n a c h s c h u b s aus de r Lebe r .

Dieses G l u k a g o n i s t a l l en H a n d d s i n s u l i n e n be igemisch t . J e m e h r G l u k a g o n e in solches I n s u l i n en th~ l t , u m so gr6Ber i s t ee ter i s p a r i b u s die p r i m a t e H y p e r g l y k g m i e u n t e r de r Vor- a u s s e t z u n g eines a u s r e i e h e n d e n G l y k o g e n b e s t a n d e s de r Leber . Die e igen t l i che I n s u l i n w i r k u n g t r i t t n a t u r g e m g B u m so s p s ein, je s t g r k e r die i h r v o r a u s g e h e n d e h y p e r g l y k s G l u k a g o n w i r k u n g ist . AuI diese , , G e g e n r e g u l a t i o n " (DEPISC~131) h a b e ich 193o in e iner U n t e r s u c h u n g f iber d ie W i r k u n g s - v e r s c h i e d e n h e i t t e c h n i s e h e r I n s u l i n e u n d k r y s t a l l i s i e r t e r P r g - p a r a t e bezfigl ich de r p r i m ~ r e n I n s u l i n h y p e r g l y k ~ m i e h in - gewiesen u n d den Begr i f f de r ,,Latenzzeit der Insulinwirkung" geschaf fen 3.

Die Geschwind igke i t des B l u t z u c k e r a b f a l l s n a c h I n s u l i n i s t auBer v o m G l u k a g o n g e h a l t des P r ~ p a r a t e s d u t c h d e n Gly- k o g e n b e s t a n d de r L e b e r b e s t i m m t 22. Diese b e i d e n F o r m e n de r , , G e g e n r e g u l a t i o n " s ind b e k a n n t u n d kon t ro l l i e rba r . S c h w e r k o n t r o : l i e r b a r s ind a b e r al le w e i t e r e n H y p o t h e s e n , die f iber die , , G e g e n r e g u l a t i o n " au fges te l l t u n d zu r Bas i s s eh r w e i t g e h e n d e r p r a k t i s c h e r Vorsch lgge g e m a c h t w u r d e n (DEPISCH 21).

Ff i r die E r k l ~ r u n g m a n e h e r S y m p t o m e des D i a b e t e s k 6 n n t e eine i iberm/iBige G l u k a g o n p r o d u k t i o n bei n o r m a l e r I n s u l i n - b i l d u n g d u r d l a u s zure iehen , die Dyszooamylie zu e rk l~ren . A u c h die in AusmaB u n d D a u e r ges te ige r te Arbeitshyper- glykdmie bei D i a b e t i k e r n wfi rde in e inem g e s t 6 r t e n V e l h ~ l t - n is y o n G l u k a g o n u n d I n s u l i n p r o d u k t i o n ih re E r k l h r u n g f inden . So wt i rde es sehl ieBlich auch v e r s t g n d l i c h , d a b die Sek t i on y o n D i a b e t i k e r n d u r c h a u s n i c h t m i t de r t heo re - t i s ch zu f o r d e r n d e n Gese tzm~Bigke i t e ine V e r m i n d e r u n g de r Zah l de r In se ln oder be i n o r m a l e r Z a h l de r v o r h a n d e n e n I n s e l n eine Degeneratim~ oder V e r g n d e r u n g de r se lben er- k e n n e n lgBt.

U n s e r e t h e o r e t i s e h e n B e m f i h u n g e n f iber die Phys io log ie des reinen In su l i n s u n d Glukagons , u n s e r e p r a k t i s c h e n B e o b - a c h t u n g e n f iber b e s o n d e r e F o r m e n der A r b e i t s r e a k t i o n e n des D i a b e t i k e r s d r g n g e n uns zu de r Auffassung, d a b e in t ie feres E i n d r i n g e n in die ge s t6 r t en R e g u l a t i o n e n des Z u e k e r k r a n k e n a u c h u n s e r e d i g t e t i s c h e n B e m f i h u n g e n n a c h h a l t i g bee in f lus sen werden .

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