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Integriertes Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung für die Weststadt Pforzheim Abschlussbericht Stadt Pforzheim

Integriertes Quartierskonzept zur energetischen ... · 3 In der Arbeit der verschiedenen Netzwerke (beispielsweise im Energieforum Pforzheim) und mit Hilfe erster Analyseergebnisse

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Integriertes Quartierskonzept

zur energetischen Stadtsanierung

für die Weststadt Pforzheim

Abschlussbericht

Stadt Pforzheim

Integriertes Quartierskonzept

zur energetischen Stadtsanierung

für die Weststadt Pforzheim

Abschlussbericht

Planung und Entwicklung Gesellschaft mbH Schellingstraße 4/2, 72072 Tübingen Tel. 07071 93 94 0, Fax 07071 93 94 99 [email protected] www.eboek.de Dipl.-Phys. Gerhard Lude B.Eng. Valentine Jung Dipl.-Phys. Rosemarie Hellmann

Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Mühlrain 9, 70180 Stuttgart Tel. 0711 62009360, Fax 0711 62009389 [email protected] www.weeberpartner.de

Dipl.-Ing. M.Eng. Jochen Aminde

B.Sc. Iris Hemmen

Gabriele Steffen

Pforzheim-Weststadt 1

Inhalt

Inhalt ................................................................................................................................................. 1

1 Einleitung ................................................................................................................................ 3

2 Bestandsanalyse .................................................................................................................... 6

2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim 6

2.2 Charakteristik und Stadtbild 7

2.3 Verkehr und Mobilität 12

2.4 Nahversorgung 17

2.5 Stadtklima 18

2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt? 18

2.7 Eigentümerstruktur 19

2.8 Nutzungsstruktur 19

2.9 Methodik der energetischen Analysen 21

2.10 Baualter 22

2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands 25

2.12 Erneuerbare Energien 28

2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung 30

2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz 32

3 Entwicklungspotenziale und –ziele ..................................................................................... 34

3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050 34

3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim 35

3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung 36

3.4 Effizienz der Energieversorgung 39

3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen 41

3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale 42

4 Akteursbeteiligung ............................................................................................................... 44

4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte 44

4.2 Energieforum Pforzheim 44

4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren 45

4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm 46

4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 47

5 Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan .......................................................... 48

5.1 Gebäude und Gebäudehülle 51

5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser 54

5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort 54

5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte 55

5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz 58

5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume 63

5.7 Mobilität 66

2 Pforzheim-Weststadt

5.8 Stadtklima 68

5.9 Bebauung Messplatz 69

5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit 74

6 Vorbereitung der Umsetzungsphase .................................................................................. 77

6.1 Maßnahmenkatalog 77

6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements 80

6.3 Qualitätssicherung und Monitoring 80

6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten 81

7 Literatur ................................................................................................................................. 84

8 Quellen................................................................................................................................... 85

9 Anhang .................................................................................................................................. 86

9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in

Pforzheim 86

9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen 88

9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe 89

9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse 90

9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden 91

9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen 92

9.7 Wohnklima und Innenluftqualität 93

9.8 Dokumentationen 95

9.9 Karten 95

Pforzheim-Weststadt 3

1 Einleitung

KfW-Programm Nr. 432

Das KfW-Förderprogramm Nr. 432 "Energetische Stadtsanierung – Zuschüsse für Integrierte Quar-

tierskonzepte und Sanierungsmanager" zielt darauf ab, Konzepte für die energetische Gebäudesa-

nierung mit Lösungen für die Wärmeversorgung zu kombinieren und mit den relevanten städtebau-

lichen, denkmalpflegerischen, baukulturellen und sozialen Aspekten zu verknüpfen. Durch ein

koordiniertes Vorgehen auf Quartiersebene sollen lokale Potenziale genutzt und Akteure, Eigentü-

mer und Bewohner frühzeitig eingebunden werden. Auf diesem Weg sollen Lösungen erarbeitet

werden, die sich allein aus Einzelsanierungen nicht ergeben würden. Für eine an der Gesamteffizi-

enz energetischer Maßnahmen ausgerichtete Sanierung und Investitionsplanung bilden diese

Integrierten Quartierskonzepte somit eine zentrale strategische Entscheidungsgrundlage und Pla-

nungshilfe.

Die "klassischen" städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsprozesse müssen neu mit den

Aufgaben des Klimaschutzes verknüpft werden und dabei weit über die sektorale Bearbeitungswei-

se hinausweisen. Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Energieeinsparung werden in eine quar-

tierbezogene, fachübergreifende Planung eingebettet und werden zu einem Bestandteil der kom-

munalen Planungsaufgaben. Dieser noch relativ junge Ansatz eröffnet viele Chancen, insbesonde-

re auch im Blick auf bestehende Stadtgebiete und Siedlungen, die den Großteil des Gebäudebe-

standes ausmachen und deren energetische Sanierung damit in besonderer Weise zu einem weit-

gehend klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 beitragen kann.

Warum ein "Integriertes" Quartierskonzept?

Mit einer die Fachdisziplinen übergreifenden Betrachtungs- und Arbeitsweise lassen sich vielseitige

Synergien erschließen, und dies nicht nur zum Nutzen von Klimaschutz, Energieeinsparung und

einer effizienten Energieversorgung, sondern auch zur gleichermaßen dringlichen Verbesserung

der Lebens- und Wohnqualität in vielen Stadtquartieren. Hierzu gehört, sich gesellschaftlichen

Herausforderungen zu stellen und den Blick auf die Potenziale des urbanen Lebens zu lenken:

neue Formen der Mobilität mit Kombinations- und Wahlmöglichkeiten, Aufenthaltsqualitäten von

Grün- und anderen Freiräumen, Nutzungsvielfalt im Quartier (Arbeit, Wirtschaft, Versorgung,

Dienstleistung) und gute Bedingungen für das Aufwachsen und das Leben und Älterwerden in der

Stadt. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmi-

schung. Sie werden in ihrer Bedeutung in diesem Zusammenhang noch unterschätzt. Beispiels-

weise verbraucht kompakte Bebauung weniger Energie und erzeugt weniger Verkehr aufgrund der

kurzen Wege und der wechselseitigen Nutzung zu unterschiedlichen Tageszeiten.

Viele Handlungsfelder und ihre Wechselwirkungen sind tangiert: Städtebau, Baukultur, die kommu-

nale und soziale Infrastruktur, die Immobilienwirtschaft, die Belange der sonstigen Eigentümer und

Mieter der Wohnungen und Betriebe und nicht zuletzt die Energieversorgung. Die Projekte müssen

daher fachübergreifend und gemeinschaftlich durch die Stadtplanung, die Energieplanung und

durch die Eigner und Betreiber der Gebäude und Anlagen entwickelt werden. Hierbei ist die Ver-

ständigung aller Beteiligten und Betroffenen über Inhalte und Gewichtungen der Planziele stets als

wichtiger erster Schritt zu sehen. Die Erarbeitung konkreter Win-Win-Konstellationen schafft dann

die Voraussetzungen für die Umsetzbarkeit. Im Zusammenhang der Quartiersentwicklung und -

sanierung bedingt Integration auch das konstruktive Zusammenwirken der Akteure, um die Reali-

sierung von Projekten zu ermöglichen. Hier liegt der schwierigste Teil des Entwicklungsprozesses,

aber auch das größte Potenzial für überdurchschnittliche Ergebnisse, die den Zielen der Förder-

richtlinie gerecht werden und damit auch den Klimaschutzzielen der Bundesregierung.

4 Pforzheim-Weststadt

Ein Integriertes Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung für die Weststadt

Die Stadt Pforzheim hat den Antrag vom 12.12.2011 auf Förderung eines Integrierten Quartiers-

konzepts (KfW-Förderprogramm Nr. 432) durch die KfW am 31.1.2012 bewilligt bekommen. Das

Programm bietet Pforzheim die große Chance, für Teile der Weststadt und der Südweststadt ein

Integriertes Quartierskonzept zu erarbeiten, das einen Schwerpunkt auf Energieeffizienz und Kli-

maschutz legt, das aber auch das Zusammenspiel aller städtebaulichen, denkmalpflegerischen,

baukulturellen, wohnungswirtschaftlichen und sozialen Aspekte im Quartier mit einbezieht.

Pforzheim ist mit diesem Quartierskonzept eines von bundesweit 65 Pilotprojekten des Förderpro-

gramms "Energetische Stadtsanierung" des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung

(BBSR) und soll bis 2015 von einer Begleitforschung untersucht und unterstützt werden. Beginn

der Begleitforschung ist Juli 2013.

Der eingeschlagene Weg der energetischen Stadtsanierung soll dazu führen, den energetischen

Standard wesentlich zu verbessern und damit einen wirksamen Beitrag zur Reduzierung der CO2-

Emissionen in Pforzheim zu leisten. Die erarbeiteten Lösungswege sollen dabei modellhaft sein

und sich auf andere Quartiere der Stadt übertragen lassen. Das Integrierte Quartierskonzept soll in

das übergeordnete "Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim" und in das Stadtentwicklungs-

konzept "Masterplan Pforzheim" eingebunden sein sowie in die bestehenden Konzepte zum Sanie-

rungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße/Weststadt.

Aufgabenteilung des Planungsteams Weeber+Partner und ebök

Das Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Weeber+Partner aus Stuttgart und ebök Planung

und Entwicklung Gesellschaft mbH aus Tübingen erarbeiteten gemeinsam und in enger Kooperati-

on das Integrierte Quartierskonzept. Die Aufgaben waren dabei wie folgt aufgeteilt:

¯ Die Projektsteuerung und die Gesamtverantwortung gegenüber der Stadt Pforzheim liegen bei

Weeber+Partner. Das Institut moderiert die Veranstaltungen zum Projekt, beispielsweise das

Energieforum. Außerdem hat Weeber+Partner die Vernetzung der Akteure und die Beteiligung

der Menschen vor Ort im Blick und bereitet Ergebnisse aus dem Prozess für die Öffentlichkeit

auf. Darüber hinaus werden die Themen Städtebau und Stadtentwicklung, Wohnen und Woh-

numfeld, Sozialstruktur und Mobilität analysiert, bearbeitet und aufbereitet.

¯ Die Analyse zum Energieverbrauch und -bedarf im abgegrenzten Gebiet führt ebök durch. Ebök

entwickelt daraus Möglichkeiten zur Energieeinsparung und Effizienzverbesserung sowie den

Einsatz erneuerbarer Energien. Umweltauswirkungen und die Wirtschaftlichkeit von Maßnah-

men werden ebenfalls von ebök bewertet.

Vorgehen

In der Projektlaufzeit von September 2012 bis Dezember 2013 wurde parallel auf drei Ebenen

gearbeitet:

1 Die Energie-Analysen wie beispielsweise die Wärmebedarfsermittlung oder die städtebauli-

chen Analysen erforderten eine zeitintensive Phase der Datensammlung und -aufbereitung.

Erst nach etwa Dreiviertel der Projektlaufzeit ließen sich erste Analyseergebnisse so darstellen,

dass Strategien und idealerweise auch Schlüsselprojekte für die zukünftige Umsetzungsphase

erkennbar werden.

2 Von Beginn an wurden verschiedene Netzwerke aufgebaut, um das Verständnis für das Pro-

jekt zu stärken und eine gemeinsame Arbeitsebene aller Akteure aus Stadtverwaltung, Ener-

gieversorgern, Eigentümern, Gewerbetreibenden und weiteren im Quartier wichtigen Betroffe-

Pforzheim-Weststadt 5

nen aufzubauen. Auch für den Erfolg der späteren Umsetzungsphase ist der frühzeitige Aufbau

der Netzwerke entscheidend.

3 In der Arbeit der verschiedenen Netzwerke (beispielsweise im Energieforum Pforzheim) und mit

Hilfe erster Analyseergebnisse wurden erste Ansätze für Schlüsselprojekte gefunden, sowohl

investive wie beispielsweise Wärmeverbünde als auch nicht-investive aus den Bereichen Bil-

dung, Information und Beratung. Sie sollen die eigentliche Umsetzungsphase vorbereiten.

Abb. 1 Vorgehen auf drei Ebenen Quelle: Weeber+Partner

6 Pforzheim-Weststadt

2 Bestandsanalyse

2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim

Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend von der Nachkriegszeit geprägt, nur entlang der Kaiser-

Friedrich-Straße gibt es zusammenhängende Bebauung aus der Gründerzeit. Die Bebauungsstruk-

tur ist inhomogen und besteht teilweise aus geschlossenen Blockrändern mit dichter Hinterhofbe-

bauung, teilweise aus typischer Zeilenbebauung der 50er- und 60er-Jahre. Es finden sich auch

Solitäre wie die Feuerwehr, ein Autohaus und ein deutschlandweit tätiges Versandhaus. Der Stadt-

körper wird im Süden von der Enz durchquert, ein hochwertiger Grünraum für das gesamte Stadt-

gebiet. Im mittleren Teil prägen die Straßenräume der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der

Habermehlstraße das Erscheinungsbild. Im Norden bildet die Bahnlinie die Abgrenzung. Vom Enz-

tal ausgehend steigt das Gelände nach Norden und noch stärker nach Süden an.

Die großen Straßenquerschnitte, die relativ dichte Bebauung und die Gebäudehöhen lassen das

Untersuchungsgebiet wie auch die gesamte Weststadt großstädtisch und urban erscheinen. Der

Stadtteil stellt allerdings ein eher zufällig gewachsenes "Scharnier" oder eine "Brücke" zwischen

der Innenstadt im Osten und dem mehr dörflich geprägten Brötzingen im Westen dar. Es fehlt eine

eigene identitätsstiftende Mitte. Zumindest ist das Kulturhaus Osterfeld von großer Bedeutung und

auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sowie der intensiv genutzte Benckiser-Park – beide

liegen nahe dem Untersuchungsgebiet. Die großen Frei- bzw. Brachflächen Messplatz im Süden

und das ehemalige Bahngelände im Norden bilden markante "Leerräume" im sonst dicht bebauten

Stadtraum.

Abb. 2 Lage des Untersuchungsgebiets in der Stadt Quelle: Weeber+Partner

Das Integrierte Quartierskonzept schließt an vorangegangene Entwicklungsschritte und Entschei-

dungen an. Im Jahr 2007 wurde das Sanierungsgebiet "Kaiser-Friedrich-Straße" in das Programm

"Soziale Stadt" aufgenommen. 2008 erwog die Stadt Pforzheim eine Erweiterung des Sanierungs-

gebiets und beauftragte die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH mit den vorbereitenden Unter-

suchungen. Auf dieser Grundlage wurde 2009 das Sanierungsgebiet um die Weststadt erweitert

Pforzheim-Weststadt 7

mit der Möglichkeit der steuerrechtlichen Förderungen von Sanierungsmaßnahmen privater Bau-

herren. Nur im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße bestehen auch Möglichkeiten zu direkter inves-

tiver Förderung. 2011 erstellten agenceTer aus Karlsruhe sowie Weeber+Partner aus Stuttgart in

einem kooperativen Verfahren einen Rahmenplan zur Stadtentwicklung für die Weststadt mit Leitli-

nien, Zielen und Maßnahmen.

Das Untersuchungsgebiet ist Teil der Weststadt und entlang der Kaiser-Friedrich-Straße auch Teil

der Südweststadt. Es ist kein zusammenhängender Stadtraum mit eigenem Quartierscharakter,

zentralem Platz oder auch nur einem "gefühlten" Zusammenhang. Wichtig bei der Wahl der Ge-

bietsabgrenzung durch die Stadt war die Bedeutung der Übertragbarkeit auf ähnliche Sanierungs-

konzepte in anderen Quartieren oder Stadtteilen. So wurden möglichst viele unterschiedliche und

für Pforzheim typische Gebäude und Stadtstrukturen zusammengefasst.

2.2 Charakteristik und Stadtbild

Das Untersuchungsgebiet lässt sich in fünf Bebauungsstreifen unterteilen, die aufgrund ihrer städ-

tebaulichen Entwicklungsgeschichte und dem heutigen Stadtbild jeweils eine eigene Charakteristik

haben, nur die beiden nördlichen sind sich dabei ähnlich und werden zusammengefasst.

Abb. 3 Charakteristik des Untersuchungsgebiets: Bebauungsstreifen und Verbindungen Quelle: Weeber+Partner

Nachkriegsbebauung, Gewerbe

Der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit hat in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahr-

hunderts typische städtebauliche Strukturen, Gebäude und Gestaltungsdetails mit besonderen

Qualitäten geschaffen, teilweise durchaus mit Charme:

¯ Zeilenbebauung mit großzügigen Grünräumen dazwischen

¯ Pavillons für Einzelhandel und wohnortnahe Dienstleistung (an wichtigen Fußweg-Querungen)

¯ Fassaden, die sich zum Straßenraum mit Läden großzügig öffnen und in den Obergeschossen

durch stark gestaffelte Balkone und expressive Erker besonders aufgelockert erscheinen.

Die Gebäude des Versandhauses BRUNO BADER GmbH + Co. KG nehmen hier eine Sonderstel-

lung ein. Der Verwaltungs- und Einzelhandelskomplex ist schrittweise in den Stadtkörper hineinge-

wachsen und nimmt teilweise Maßstäbe und wichtige Wegeverbindungen auf.

8 Pforzheim-Weststadt

Abb. 4 Nachkriegsbebauung: Zeilenbebauung mit Pavillons (oben), aufgelockerte Fassadengestaltung (unten) Quelle: Weeber+Partner

Industriegeschichte

Die Westliche Karl-Friedrich-Straße war die Verbindungsstraße zwischen Pforzheim und Brötzin-

gen. Dieser Bereich westlich der Innenstadt war ein wichtiger Produktionsstandort der Eisenindust-

rie, später der Schmuck- und Uhrenherstellung. Hier siedelten sich im frühen 19. Jahrhundert Fab-

rikanten mit herrschaftlichen Villen und Gärten an, die beim Großangriff am 23.2.1945 weitgehend

zerstört wurden. In der Nachkriegszeit entstanden auf dem Vorkriegs-Stadtgrundriss großformatige

Bebauungen mit teilweise geschlossenen Blockrändern, teilweise Zeilenbebauungen. Die Indus-

triegeschichte zeigt sich noch in der Mischung aus gewerblicher und Wohnstruktur, die aber zurzeit

eher ungeordnet und wenig qualitätsvoll wahrgenommen wird. Ein besonders negatives Beispiel

einer scheinbar "wilden" Konversion eines ehemaligen Lagergebäudes zu Eigentumswohnungen

ist im Hof der Erasmusstraße 6 zu finden.

Abb. 5 Bereich "Industriegeschichte": gut sanierte Hofeinfahrt mit Pförtner-Büro (links), Wildwuchs mit Wohnbebauung in ehemaligem Gewerbebau im Hinterhof (rechts) Quelle: Weeber+Partner

Pforzheim-Weststadt 9

Gründerzeitbebauung

Die Weststadt ist im Rahmen der Industrialisierung als typisch gründerzeitliche Vorstadt entstan-

den. In solchen Stadterweiterungen fanden die Nutzungen, Gruppen und Aktivitäten Platz, für die

die Altstädte und früher ummauerten Stadtkerne in jeder Hinsicht zu eng waren. Sie waren – und

sind oft bis heute – gekennzeichnet durch eine ausgeprägte kleinteilige Mischung unterschiedlicher

Nutzungen, hier liegen Wohnen und Gewerbe nahe bei einander. Die Bebauung entlang der Kai-

ser-Friedrich-Straße spiegelt dies exemplarisch wider.

Abb. 6 Gründerzeitbebauung entlang der Kaiser-Friedrich-Straße Quelle (links): Stadt Pforzheim Quelle (rechts): Weeber+Partner

Baudenkmale

Im Untersuchungsgebiet befinden sich sieben Baudenkmäler, über deren Erhalt die Untere Denk-

malschutzbehörde bestimmt. Diese sind gut dokumentiert, werden aber öffentlich noch wenig

wahrgenommen. Ein Beispiel im Untersuchungsgebiet ist das zweiteilige Stadtwohnhaus Westliche

Karl-Friedrich-Straße 189/191. Es wurde 1914-15 für einen Malermeister und einen Bauunterneh-

mer erbaut und mit aufwendigen farbigen Dekorationsmalereien auf der Fassade und im Treppen-

haus ausgestattet, die heute noch erhalten sind. Drei Fassadeninschriften erinnern an den Kriegs-

ausbruch im August 1914 und spiegeln die damalige Zeitstimmung wider. Die ursprünglich reich

mit Sprossen versehenen Fenster sind überwiegend verloren gegangen.

Abb. 7 Baudenkmal Karl-Friedrich-Straße 189/191 Quelle: Weeber+Partner

Verbindungen, Frei- und Erholungsräume

Das Untersuchungsgebiet ist stark gegliedert durch die Straßenräume in Ost-West-Richtung paral-

lel zur Talrichtung. Sie funktionieren – mit starken Einschränkungen für die Radfahrer in der Westli-

chen Karl-Friedrich-Straße – als Verkehrsräume hinreichend. Allerdings sind die Wege für Fuß-

gänger nicht attraktiv und stellen auch keine positiv erlebbaren Stadträume dar. Verbindungen in

Nord-Süd-Richtung sind für alle Verkehrsteilnehmer deutlich unterrepräsentiert, besonders für

Fußgänger und Radfahrer sind großen Barrieren und Lücken vorhanden.

10 Pforzheim-Weststadt

Der Bereich "Nachkriegsbebauung, Gewerbe" ist durch seine teilweise aufgelockerte Zeilenbebau-

ung etwas großzügiger mit öffentlichen und halböffentlichen Freiräumen ausgestattet, insbesonde-

re zwischen den Wohnzeilen in Nord-Süd-Ausrichtung. Allerdings werden sie im Schwerpunkt als

Erschließungsräume genutzt, nur an der Ecke Antoniusstraße / Westliche Karl-Friedrich-Straße

gibt es einen Kinderspielplatz. In diesem Bereich liegt auch der kleine Vorplatz der Kirche St. Anto-

nius zwischen Maximilianstraße und Antoniusstraße, der gerne als Treffpunkt und zur Erholung

genutzt wird.

Abb. 8 Spielplatz und Treffpunkt im Bereich "Nachkriegsbebauung/ Gewerbe" Quelle: Weeber+Partner

Die geschlossene Blockrandbebauung im Bereich "Industriegeschichte" lässt außer den Gehwegen

– durchweg ohne Begrünung oder Bäume – keine öffentlichen Freiräume zu. Die privaten Innenhö-

fe sind überwiegend dicht bebaut und hoch versiegelt, die Aufenthaltsqualität zu Erholungszwe-

cken ist ungenügend.

Abb. 9 typischer Straßenraum und Hinterhof im Bereich "Industriegeschichte" Quelle: Weeber+Partner

Der Bereich "Messplatz" hat ein großes ungenutztes Potenzial an Frei- und Erholungsräumen. Der

Messplatz ist durch seine flächige Versiegelung und die Art der Nutzung (vgl. Kap. 4.4) zurzeit

absolut unattraktiv zum Aufenthalt, bietet aber durch seine Nähe zur Enz große Entwicklungsmög-

lichkeiten, auch im Zusammenhang mit einer Bebauung. Die Grünbereiche direkt an der Enz bieten

attraktive Wege, aber noch wenige Sitzgelegenheiten. Auf der südlichen Uferseite fehlt auch die

Anbindung an die bestehenden Wegeverbindungen und Straßenräume, sodass das eigentlich

attraktive Ufer kaum einladend, erreichbar und erlebbar erscheint. Die Fußwegeverbindungen über

die Enz sind funktional befriedigend, aber stellen in ihrer Gestaltung – insbesondere auch die Be-

reiche vor und hinter den Brücken – keine erlebbaren Schnittstellen oder Übergänge von einem

Stadtbereich in den anderen dar. Beispielhaft hierfür ist die platzähnliche Aufweitung der Hans-

Sachs-Straße / Ecke Steubenstraße an der Fußgängerbrücke, die aber nur als Parkfläche und

unstrukturierte Verteilerfläche genutzt wird (vgl. Abb. 44).

Pforzheim-Weststadt 11

Abb. 10 schlecht und gut erlebbare Enzauen auf der südlichen Uferseite Quelle: Weeber+Partner

Der Bereich "Gründerzeit" erlebt als Sanierungsgebiet Soziale Stadt zurzeit eine starke Umfor-

mung. Die bislang wenig attraktiven Straßenräume werden neu gestaltet, sodass sie voraussicht-

lich angenehmer zu nutzen sind. Die teilweise engen privaten Innenhöfe bergen ein höheres Po-

tenzial als bislang genutzt. Auch hier gibt es bereits Neugestaltungen mit Unterstützung durch

Sanierungsmittel der Stadt. Die Anbindung an die attraktiven Enzauen ist – wie oben beschrieben –

noch nicht befriedigend.

Abb. 11 Innenhof und Straßenraum mit Sanierungspotenzial entlang der Enzauen im Bereich "Gründerzeit" Quelle: Weeber+Partner

12 Pforzheim-Weststadt

2.3 Verkehr und Mobilität

Kraftfahrzeuge

Markant im Untersuchungsraum ist die Verkehrsbelastung durch Kraftfahrzeuge. Aufgrund der

innenstadtnahen Lage in Pforzheim ist das Untersuchungsgebiet sehr gut erschlossen und mit dem

Kfz zu erreichen. "Der weit überwiegende Teil des Kraftfahrzeugverkehrs in Pforzheim beginnt

und/oder endet im Stadtgebiet. Nur etwa 2% aller Fahrten in der Gesamtstadt sind reine Durch-

gangsverkehrsfahrten durch das gesamte Stadtgebiet." (VEP 2009, Kurzfassung, S. 3). Negative

Folgen davon sind Straßenräume, die vom Kraftfahrzeugverkehr dominiert sind, wie die Haber-

mehlstraße mit 23.800 Kfz pro Tag (2008) mit trennender Wirkung für die Fußwege zwischen den

Wohnquartieren. Im städtischen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) gehört sie zum Vorbehaltsnetz

und ist damit wichtiger Verkehrsweg innerhalb des Stadtgebiets. Auch im Zielkonzept ist die Straße

als wichtiger und viel befahrener Verkehrsweg beschrieben (VEP, Plan K 15.1). Ebenso zum Vor-

behaltsstraßennetz gehören die Maximilianstraße sowie die Westliche Karl-Friedrich-Straße (VEP,

Plan K5). Dies wirkt sich auch auf die Qualitäten des Straßenraums aus. Mehrere Straßenabschnit-

te im Gebiet sollen durch Sanierungen des Fahrbahnbelags und der Gehwege umgestaltet und

aufgewertet werden, darunter die Antoniusstraße in Verbindung mit der Maximilianstraße, die

Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie die Kaiser-Friedrich-Straße (vgl. VEP, Plan K13). Letztere

befindet sich derzeit bereits im Umbau.

Abb. 12 Kfz / 24 h, Ausschnitt aus dem Verkehrsentwicklungsplan Quelle: VEP, 2008, Plan K1

Parken

Dem ruhenden Verkehr wird mit dem Messplatz eine besonders große Stellplatzfläche angeboten.

Dieser ist – außer bei einzelnen Großveranstaltungen – ganzjährig zum Parken nutzbar. Ein weite-

rer wichtiger Parkplatz in nächster Nähe zum Untersuchungsgebiet befindet sich in der Germania-

straße. Darüber hinaus finden sich auch Straßenraum-begleitend viele Parkierungsflächen.

Autos teilen

Carsharing, die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines oder mehrerer Autos, spielt für Städ-

te eine immer wichtigere Rolle. Auch in Pforzheim gibt es bereits mehrere Stationen. Sie werden

über den carsharing-Verbund "stadtmobil" verwaltet und organisiert. Die Station Brötzingen befin-

det sich nahe dem Untersuchungsgebiet. In direkter Nähe, die gut zu Fuß zu erreichen ist, befindet

sich keine Station.

Pforzheim-Weststadt 13

Abb. 13 Carsharing und Elektro-Mobilität Quelle: Weeber+Partner

Elektromobilität

Zu den neuen Mobilitätsformen, die in Zukunft noch wichtiger werden, zählen auch Elektrofahrzeu-

ge. Auch wenn noch nicht viele Fahrzeuge mit Elektroantrieb unterwegs sind, werden schon ent-

sprechende Rahmenbedingungen geschaffen, um die Nutzung zu erleichtern. In Pforzheim gibt es

bereits vier Strom-Tankstellen, allerdings alle mindestens einen Kilometer vom Untersuchungsge-

biet entfernt. Die Stadtwerke Pforzheim sind Kooperationspartner:

¯ Tiefgarage Landratsamt, Zähringer Allee 3

¯ Parkhaus VolksbankHaus, Zerrennerstraße 28

¯ Parkhaus Kaufland (Wilferdinger Höhe), Wilhelm-Becker-Straße 15

¯ SWP-Kundencentrum, Werderstraße 38.

Öffentlicher Personen-Nahverkehr (ÖPNV)

Am Bahnhaltepunkt Maihälden wird in direkter Nähe ein Regionalbahn-Halt angeboten, mit direkter

Anbindung über Hochdorf (bei Horb) nach Tübingen. Außerdem gibt es auch eine direkte Verbin-

dung nach Bad Wildbad (Linie S6). Am Haltepunkt hält mindestens ein Zug stündlich. Auffällig ist

die unzureichende Verknüpfung des Bahn-Haltepunkts mit Buslinien, die das Gebiet im Süden

durchqueren. Aus Richtung Fritz-Erler-Schule oder Hans-Sachs-Straße fehlt eine Linienführung

nach Norden zum Bahn-Haltepunkt. Die Linien sind stark West-Ost orientiert.

Buslinien erschließen das Untersuchungsgebiet gut. Auf der Westlichen Karl-Friedrich-Straße

sowie der Kaiser-Friedrich-Straße verlaufen die Stammstrecken des Busverkehrs: die Linie 9 (Jä-

gersteig - Eutingen), Linie 1 (Arlinger – Eutingen), Linie 10 (Oberes Enztal – HBF/ZOB Süd), Linie

720/721 (HBF/ZOB - Äußere Dietlinger Straße), Linie 2 (Sonnenhof - Redtenbacherstraße) und die

Linien 43/743/744 (HBF-Büchenbronn). Hier kommt dem Quartier die zentrale Lage in der Stadt

zugute. Die Taktzeiten liegen in den Hauptverkehrszeiten bei 30 min (Linie 9) bis zu 15 min (Linien

1 und 2). In den Abendstunden ab 20 Uhr und am Wochenende kann dies jedoch nicht aufrecht-

erhalten werden, und die Taktzeiten reduzieren sich auf 1 Stunde.

14 Pforzheim-Weststadt

Abb. 14 Öffentlicher Personen-Nahverkehr Quelle: Weeber+Partner

Fahrrad fahren

Radwege im Untersuchungsgebiet werden überwiegend nur im Mischverkehr – zusammen mit

motorisiertem Verkehr – geführt, eine Ausnahme bildet der attraktive Enztalradweg. Eine wichtige

Ost-West-Verbindung – auch für die Gesamtstadt – ist die Westliche Karl-Friedrich-Straße, die

Verkehrsbelastung ist hier allerdings mit 5.000 bis zu 10.000 Kfz/24h relativ hoch. Hinzu kommen

parkende Autos entlang der Straße, die die Übersichtlichkeit für Radfahrer einschränken und beim

Ein- und Ausparken und beim Ein- und Ausstieg auf der Straßenseite die Radfahrer gefährden.

Abb. 15 Fehlende Radwege an der Kreuzung Westliche Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße Quelle: Weeber+Partner

Pforzheim-Weststadt 15

Abb. 16 Radwege Quelle: Weeber+Partner

Im Radwegenetz fehlen Nord-Süd-Verbindungen durch die Weststadt, die Anbindung der S-

Bahnhaltestelle und die Verbindung weiter nach Maihälden. Wichtig wäre auch eine attraktive und

gefahrlose Erreichbarkeit der Fritz-Erler-Schule mit dem Fahrrad. Dies betrifft insbesondere die

Querungen im Kreuzungsbereich vor der Schule (Westl. Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße).

Eine Anbindung an den Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr ist zwar über die Unterführung

vorhanden, aber nur mit Erschwernissen erreichbar.

Abb. 17 Pforzheimer Radverkehrskonzeption Quelle: Modus Consult, Vorstellung Hauptnetz im Planungs- und Umweltausschuss, Folie 11, Juli 2013

In der Radverkehrskonzeption, die im Juli 2013 vorgestellt wurde, führt zwar eine Radwegergän-

zung von der Bohrainstraße kommend östlich am Messplatz über die Benckiserstraße vorbei an

der Osterfeldrealschule nach Norden, doch befriedigt diese den oben beschriebenen Mangel noch

nicht. Attraktiv ist dagegen der Verlauf des Enztalradwegs durch das untersuchte Gebiet. Diese

Radroute ist auch weit über Pforzheim hinaus bekannt und wird im Sommer von vielen Freizeit-

16 Pforzheim-Weststadt

sportlern genutzt. Entlang der Enz befinden sich dann auch ruhigere Abschnitte mit geringer Belas-

tung ohne konkurrierende Verkehrsteilnehmer (Kfz).

"Call a Bike" – Leihfahrräder der Deutschen Bahn – werden in anderen Städten zunehmend stärker

genutzt, aber in Pforzheim sind keine Stationen vorhanden (http://www.callabike-interaktiv.de/).

Zu Fuß gehen

Die Fußwege sind stark vom Autoverkehr dominiert. Besondere Stressräume sind die stark befah-

renen Straßen Westliche Karl-Friedrich-Straße und die Habermehlstraße. Um die Verbindungen in

Nord-Süd-Richtung durch das Gebiet noch zu verbessern, fehlen weitere Querungen über die

Habermehlstraße, insbesondere an der Ecke Maystraße als Verbindung über den Messplatz hin-

weg zur Enz und weiter zur Südweststadt. Ein positives Beispiel ist die Maximilianstraße. Hier wird

den Fußgängern ein separater, angenehmer Gehweg unter Bäumen und von der Straße durch

einen Grünstreifen getrennt angeboten. Entlang der Enz finden Fußgänger einen angenehmen

Raum und attraktive Erholungsflächen. Im weiteren Verlauf der Enz nach Westen weitet sich der

Grünraum ab dem Untersuchungsgebiet noch weiter auf (u.a. Kleingartenanlagen).

Abb. 18 (links) Stressraum für Fußgänger in der Westlichen Karl-Friedrich-Straße (rechts) attraktiver Fußgängerweg von der Straße getrennt in der Maximilianstraße Quelle: Weeber+Partner

Abb. 19 Fußwege und Straßenräume Quelle: Weeber+Partner

Pforzheim-Weststadt 17

2.4 Nahversorgung

Qualitäten des Quartiers oder der Nachbarschaft zeichnen sich dadurch aus, dass die wichtigsten

Güter des täglichen Bedarfs auf kurzem Weg und in direkter Wohnumgebung vorhanden und er-

reichbar sind.

Abb. 20 Nahversorgung Quelle: Weeber+Partner

Die Nahversorgung ist im Untersuchungsgebiet stark eingeschränkt, nur in der Westlichen Karl-

Friedrich-Straße konzentriert sich ein kleines Angebot aus Bäckern und teilweise spezialisierten

Obst-, Gemüse- und allgemeinen Lebensmittelläden. Vollsortimenter und Discounter finden sich

erst in einem Abstand von mindestens einem Kilometer, eine Ausnahme bildet ein NORMA-Markt

in der Nähe der S-Bahnstation Maihälden.

Abb. 21 Lebensmittelmärkte in der Umgebung des Untersuchungsgebietes Quelle: Weeber+Partner

18 Pforzheim-Weststadt

2.5 Stadtklima

Abb. 22 Stadtklima Quellen: Wärmebildplan Abendsituation, Stadt Pforzheim; Landschaftsplan "Klima" für den Nach-barschaftsverband Pforzheim, 2001 Darstellung: Weeber+Partner

Aus einem Wärmebildplan der Abendsituation (Thermalscannerbefliegung) und Daten aus dem

Landschaftsplan für den Nachbarschaftsverband Pforzheim lassen sich Aussagen zur Klimasituati-

on im Untersuchungsgebiet ableiten. Rod und Brötzinger Waldwiesen fungieren als wichtige

Frischluftgebiete für die Weststadt. Kaltluftströme fließen aus südwestlicher Richtung hangabwärts

und entlang des Enztals. Eine besonders große Wärm- oder Hitzeinsel befindet sich über dem

Messplatz. Im Landschaftsplan erhält das Untersuchungsgebiet die Kategorie Stadt-Klimatop, was

einen Bereich mit Wärmeinseln und Schadstoffbelastungen bezeichnet. Folglich besteht aus stadt-

klimatischer Sicht großer Handlungsbedarf, insbesondere für den Messplatz.

2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt?

Beim Untersuchungsgebiet handelt es sich um keinen einheitlichen Stadtraum (vgl. Kap. 3.1). Im

Geltungsbereich finden sich Teile der Weststadt ebenso wie Teile der Südweststadt mit der Kaiser-

Friedrich-Straße wieder – mit jeweils unterschiedlicher Größe, Bevölkerungsstruktur und Beson-

derheiten. Aus der Veröffentlichung des Eigenbetriebs "Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim",

Geschäftsbereich Kommunale Statistik vom 19.07.2013 lassen sich dennoch unten genannte

Merkmale ableiten, die auf das Untersuchungsgebiet übertragen werden können und eine grobe

Einordnung der sozialen Lage zulassen.

Die Zahlen verdeutlichen, dass die Untersuchungsgebiete Weststadt ebenso wie das Sanierungs-

gebiet Kaiser-Friedrich-Straße deutlich von der Sozialstruktur der Gesamtstadt abweichen. Sie sind

geprägt von typischen Merkmalen urbaner, zentrumsnaher Quartiere: Sowohl der Anteil der Aus-

länder als auch der Anteil der Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen und / oder auf Transfer-

leistungen angewiesen sind, sind fast doppelt so hoch wie in der Gesamtstadt. Es werden deutlich

mehr Kinder von nur einem Elternteil erzogen und mehr Familien nehmen die Leistungen der Hilfe

zur Erziehung in Anspruch. Zu diesen Umständen kommt die starke Fluktuation: Beide Bereiche

weisen mit mehr als 20 % pro Jahr einen überdurchschnittlich hohen Anteil an zugezogener Bevöl-

kerung auf. Die Anzahl der Bewohner hat im Vergleich zum Jahr 2003 in beiden Bereichen zuge-

nommen, wobei dieses Wachstum gerade in der Weststadt, mit 802 Personen, deutlicher ausfällt.

Pforzheim-Weststadt 19

Weststadt

Sanierungs- gebiet Kaiser-Friedrich-Str.

Pforzheim

Anzahl Haushalte 5.163 1.865 73.658

Bevölkerungszahl 7.845 2.918 118.002

Bevölkerungsanteil Menschen <18 Jahre 18,7 % 19,8 % 17,0 %

Ausländeranteil 37,7 % 38,3 % 20,0 %

Ausländeranteil an Menschen <18 Jahre 33,4 % 33,3 % 16,5 %

Anteil Alleinerziehende an allen Haushalten mit Kindern

40,7 %

45,5 %

33,9 %

Sozialleistungen für Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren (SGB II)

38,1 %

33,3 %

16,5 %

Anteil Sozialhilfeempfänger an Erwerbstätigen (SGB XII)

2,1 %

2,3 %

1,3 %

Anteil der Haushalte mit 3 oder mehr Kindern an allen Haushalten mit Kindern

18,9 %

19,3 %

13,5 %

Anteil der "Hilfen zur Erziehung" an der Bevölkerung bis 21 Jahre

6,6 %

7,3 %

4,6 %

Anteil der Zuzüge an der Bevölkerung 22,7 % 21,7 % 7,5 %

Bevölkerungszu-/ -abnahme geg. 2003 11,4 % 2,0 % 1,9 %

Tab. 1 Bevölkerungsstruktur Weststadt, Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße Quelle: Stadt Pforzheim

2.7 Eigentümerstruktur

Hierzu wurde eine Karte erarbeitet, die aber aufgrund des Datenschutzes nicht veröffentlicht wer-

den kann. Die Wohngebäude im Quartier sind etwa zur Hälfte im Eigentum ortsansässiger Woh-

nungsunternehmen. Die andere Hälfte ist in privatem Streubesitz. Im Bereich des Gewerbes sind

die beiden großen Gewerbebetriebe Fa. Rösch und Fa. Bader dominant. Daneben existieren je-

doch noch eine Reihe Eigentümer mit mittelgroßem und kleinem Besitz bzw. gewerblichem Streu-

besitz. Mit der Hauptfeuerwache Habermehlstr. ist auch die Stadt Pforzheim als Eigentümerin im

Quartier vertreten.

2.8 Nutzungsstruktur

Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend geprägt durch Wohnbebauung. Vor allem der südliche

Teil an der Kaiser-Friedrich-Straße ist fast ausschließlich Wohngebiet. Im Bereich nördlich der Enz

(Habermehl- und Westliche Karl-Friedrich-Straße) findet sich vereinzelt und typischerweise in den

Erdgeschossen abweichende, vor allem kleingewerbliche oder gastronomische Nutzung (Abb. 23,

Abb. 24). Prägend im Quartier nördlich der Enz sind auch die großen Gewerbebetriebe (Fa. Rösch,

Fa. Bader). Im Bereich öffentlicher Bauten ist neben vereinzelter Nutzung durch kirchliche Einrich-

tungen vor allem das Feuerwehrgebäude an der Habermehlstraße (Hauptfeuerwache) zu nennen.

Direkt außerhalb des Gebiets sind mit Fritz-Erler-Schule und Osterfeld-Schule / Kulturhaus Oster-

feld zwei große öffentliche Gebäude zu finden. Ebenfalls außerhalb und direkt angrenzend ist der

Messplatz, der als unbebaute, aber weitgehend befestigte Fläche für öffentliche Veranstaltungen

(Kirmes, Messe) dient. Außerhalb dieser Zeiten wird er als kostenloser Parkplatz für das Quartier

genutzt.

20 Pforzheim-Weststadt

Abb. 23 Nutzungsstruktur in den Erdgeschossen

Abb. 24 Nutzungsstruktur in den Obergeschossen

Pforzheim-Weststadt 21

2.9 Methodik der energetischen Analysen

(s.a. Anhang 9.1 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen)

Bedarfsberechnungen

Städtebauliche Bedarfsanalysen basieren auf der individuellen Kenntnis der einzelnen Gebäude.

Basis ist die Berechnung der Energiebezugsfläche, welche aus Gebäudeumriss, Geschossigkeit

und Dachform sowie einem Umrechnungsfaktor für die Nettofläche (in der Regel NGF/BGF = 0,87)

berechnet wird. Der typologische Ansatz aufgrund der Baualtersstruktur liefert musterhaft Energie-

kennwerte im IST-Zustand unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Renovierungen (sowie im

historischen Zustand, der hierbei aber keine Rolle spielt). So kann für jedes Gebäude ein Energie-

kennwert sowie ein Energiebedarfswert im jetzigen Zustand berechnet werden. Durch rechneri-

schen Austausch von Bauteilen (z.B. bei angenommener Renovierung der Außenwand) können

Sanierungszustände musterhaft auf bestimmten Niveaus erzeugt werden:

¯ Energieeinsparverordnung EnEV: Gebäude entspricht der EnEV 2009 Referenzstandard

¯ Effizienzhaus EffH115. Förderstandard der KfW (115 % d. EnEV Neubauniveaus)

¯ Effizienzhaus EffH100. Gebäude entspricht dem EnEV Neubaustandard (100 % d. EnEV)

¯ EnerPHiT: Sanierung mit Passivhauskomponenten.

Bezugszeitpunkte der Bilanzierung

Die IST–Analyse (oder IST-Zustand) bezieht sich auf die Aufnahme des Quartiers zum Zeitpunkt

des Projekts und ist damit Ausgang der weiteren energetischen Analysen. Die Potenzialanalyse

bezieht sich auf einen angenommenen Endzustand, z.B. alle Gebäude nach dem Standard der

Energieeinsparverordnung renoviert. Der so erzeugte Zustand (SAN-Zustand) gibt somit das,

unter der Annahme der gleichen Nutzung und ohne die Berücksichtigung von Zubau und Abriss,

erreichbare Niveau des Energiebedarfs wieder. Die Potenzialanalyse beinhaltet nicht die zeitliche

Entwicklung, d.h. es werden keine Annahmen über Sanierungsraten etc. getroffen. Die Differenz

zwischen IST-Zustand und SAN-Zustand gibt das Einsparpotenzial wieder.

Datenerhebung und Verortung der Bilanzdaten

Um valide Aussagen zu ermöglichen, wurden alle erreichbaren Datenquellen herangezogen; die

Grenzen der Datenerhebung liegen jedoch im Aufwand der Erhebung; So konnten z.B. keine Ein-

zelbegehungen der Gebäude durchgeführt werden. Im Rahmen des Projekts war es ebenfalls nicht

möglich, eine Befragung auch nur eines repräsentativen Querschnitts der Bevölkerung vorzuneh-

men. Dies stellt nach heutigem Kenntnisstand eine der wenigen Möglichkeiten dar, nicht-

leitungsgebundene Energieverbrauchsdaten und zugehörige Energieträger (z.B. Heizöl) daten-

rechtlich sicher und qualitativ hochwertig zu erheben. Es war innerhalb der Projektlaufzeit ebenfalls

nicht möglich, Schornsteinfegerdaten über die Beheizungsarten zu erhalten.

Weiterhin begrenzen die Erfordernisse des Datenschutzes eine allzu feinkörnige Erhebung, bei der

Rückschlüsse auf personenbezogene Daten möglich wären. Aus Datenschutzgründen konnten

keine Energieversorgerdaten der Stadtwerke (Gas, Fernwärme) eingepflegt werden. Es standen

aber Pläne über das Leitungsnetz Erdgas und Fernwärme zur Verfügung, so dass die Anschlüsse

identifiziert werden konnten.

Datenbasis der Analysen

Für den Sektor Wohngebäude wurde eine flächendeckende Bedarfsanalyse durchgeführt. Sie

basiert auf der GIS Stadtkarte (Gebäude und Liegenschaftskataster) der Stadt Pforzheim. Diese

Basisstruktur wurde durch ebök im Rahmen von Luftbildanalysen und Vor-Ort-Begehungen ergänzt

um folgende Daten:

¯ Anzahl Stockwerke (Quelle Luftbilder)

¯ Dachform, Nutzung des Dachgeschosses (Quelle Luftbilder)

¯ Nutzung; getrennt nach EG und Obergeschossen (Quelle Luftbilder, Begehung)

22 Pforzheim-Weststadt

¯ Sichtfassaden / Denkmalschutz (Quelle: Stadtplanung, Begehung)

¯ Sanierungszustand und Sanierungsmöglichkeit der Gebäude, Bauteilerneuerung (Quelle: Be-

gehung)

Zur Analyse des Energieverbrauchs standen folgende Daten-Quellen zur Verfügung:

¯ Gewerbebetriebe Fa. Rösch, Fa. Bader

¯ Gebäude der Wohnungswirtschaft (teilweise)

¯ Städt. Gebäude (Feuerwehr)

Aufgrund der beschriebenen Datenlage wurde folgende Vorgehensweise gewählt:

¯ Für Wohngebäude wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt und wo möglich mit den Ver-

brauchswerten abgeglichen

¯ Verbrauchswerte der Gewerbebetriebe wurden – wo vorhanden – übernommen.

Gesamtbilanz und Klimaindikatoren

Wesentlicher Bestandteil des Quartiersansatzes ist die Verortbarkeit der Aussagen. Top-Down-

Analysen, welche aus gesamtstädtischen Daten heruntergebrochen werden, liefern daher nur

unzureichende Aussagen. Eine solche Grobbilanz wurde in Kap. 3.2 aufgestellt. Eine Bottom-Up-

Klimabilanz konnte jedoch für den Stadtteil schon aus dem Grund nicht aufgestellt werden, dass

nur unzureichende Energieträgerdaten zur Verfügung standen. Damit konnte auch bei Kenntnis

des Wärmebedarfs im Rahmen des Konzepts keine auf Quartiersdaten bezogene Bilanz der Ener-

gieträger (und damit CO2) erstellt werden. Auch im Bereich der Klimabilanz ergeben sich die we-

sentlichen konzeptionellen Aussagen aus einer Potenzialanalyse (und nicht aus einem Vergleich

mit gesamtstädtischen oder Landesdaten), welche Wechselszenarien in der Energieversorgung

berücksichtigen. Es ist jedoch klar, dass Potenzialanalysen ohne Basisanalysen nicht aufzustellen

sind.

2.10 Baualter

Abb. 25 Baualtersklassen

Pforzheim-Weststadt 23

Aufgrund von Auswertungen öffentlich verfügbarer Luft- und Satellitenbilder (Google Maps, Google

Earth, BING) sowie Vor-Ort-Begehungen konnten die Baualtersklassen der Gebäude ermittelt

werden, siehe Abb. 25. Eine Aufstellung der vorkommenden Gebäude sowie der Anzahl in den

Klassen zeigt Tab. 2. Im Quartier dominiert der Typ GMFH Blockrandbebauung Baualtersklasse D

(Baujahr 1949-1957). Diese typologische Aufstellung ist Basis der weiteren Berechnungen (IST –

Zustand, SAN-Zustand, Potenzial s.u.).

24 Pforzheim-Weststadt

Tab. 2 Baualtersklassen, Verteilung im Untersuchungsgebiet aus der Zuordnung der Baualtersklassen. Die Aufstellung bezieht sich auf die Wohnbebauung. Die Beispiele sind (aus Gründen der Übertragbarkeit) nicht dem Quartier entnom-men. Leere Felder bedeuten, dass der Typ im Quartier nicht vorkommt.

Pforzheim-Weststadt 25

2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands

Wohnen

An überraschend vielen Gebäuden in der Weststadt, insbesondere an Gebäuden der Wohnungs-

unternehmen, wurden bereits umfängliche Maßnahmen zur Energieeinsparung umgesetzt. Dies

zeigen z.B. die Karten Fassadenoberflächen Abb. 26 und Fensterqualitäten Abb. 27, in welchen die

Ergebnisse der städtebaulichen Begehung und Erhebung dargestellt sind.

Abb. 26 Istzustand Fassaden (Ausschnitt)

Abb. 27 Istzustand Fensterqualität

26 Pforzheim-Weststadt

Die oben genannten Sanierungsmaßnahmen der Wohnungsunternehmen wirken sich positiv auf

den Wärmeschutz der betreffenden Gebäude und damit auf den Energiebedarf aus. Nimmt man

als Maßstab die Bedarfsdaten Endenergie Heizung und Warmwasser in Bezug auf die gültige

Energieeinsparversordnung, so weisen bereits viele Gebäude Bedarfswerte auf, wie sie die EnEV

im Falle einer Sanierung vorsieht (Gelbe Bereiche in Abb. 28). In einigen wenigen Fällen werden

diese Werte sogar unterschritten (Grüne Bereiche in Abb. 28).

Abb. 28 Energiekennwert (Endenergie Heizung und Warmwasser) im Istzustand.

Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD)

Die Verbrauchsanalysen (Endenergie Heizung, Warmwasser) beziehen sich nur auf die Gewerbe-

betriebe Bader und Rösch sowie auf das städtische Gebäude Feuerwehr. Verbrauchsdaten der

Wohnungsunternehmen wurden im betreffenden Sektor Wohnen behandelt. In diesem Sektor

dienten die Verbrauchswerte vor allem als Abgleich zu den Bedarfswerten. Weitere Verbrauchs-

werte lagen leider nicht vor und konnten aus genannten Gründen gebäudescharf auch nicht aus

sekundären Quellen ermittelt werden. Eine Bewertung der spezifischen Kennwerte z.B. im Ver-

gleich zur EnEV wie im Bereich der Wohnbebauung konnte im Gewerbebereich nicht vorgenom-

men werden.

Energieverbrauch und Einsparpotenzial im Sektor GHD wurden nicht bewertet, da auch Bench-

marks bei vielen der vorliegenden Nutzungen keine ausreichende Bewertungsbasis liefern. Allen-

falls Verwaltungsgebäude können noch pauschal bewertet werden.

Bei den Firmen Bader und Rösch wurde im Rahmen des Projekts eine Gebäudebegehung durch-

geführt. Das Gebäudemanagement erhielt dabei eine kurze individuelle Beratung und Hinweise auf

Basis von Erfahrungswerten. In beiden Fällen ist das Management aktiv an Maßnahmen interes-

siert, hat teilweise bereits konkrete Maßnahmen im Blick und wird diese sukzessive ausführen.

Insbesondere bei Fa. Bader sind nicht nur Energiewerte für Heizung zu bewerten, sondern vor

allem Prozesse wie Licht, Druckluft, Maschinenantriebe usw. Eine Bewertung hierzu verlässt den

Bereich des städtebaulichen Konzepts sehr deutlich.

Pforzheim-Weststadt 27

Abb. 29 Nutzflächenspezifische Verbrauchsdaten (Mittelwerte, witterungsbereinigt wo vorhanden) im Bereich GHD und Öffentliche Gebäude.

Öffentliche Gebäude

Die Feuerwehr mit einer Energiebezugsfläche von ca. 3345 m² weist einen mittleren Energiekenn-

wert von rd. 146 kWh/(m²a) auf. Damit liegt der Wert knapp unter dem Benchmarkwert von 155

kWh(m²a) für Feuerwehren [EnEV RegelnNiWo09]. Der Fortbestand des Gebäudes als Feuer-

wehrgebäude ist momentan offen, da über die Organisation der Feuererwehr in Pforzheim disku-

tiert wird. Bevor über das Gebäude entschieden wird, sollte jedoch die Nutzung geklärt werden.

Aufgrund der Bauweise ist eine Sanierung eher schwierig durchzuführen.

Energieverbrauchsdichte im IST – Zustand

Die absolut ermittelten Bedarfs- und Verbrauchswerte der Gebäude und Liegenschaften wurden in

einer Grobstruktur als Dichtewert zusammengefasst. Die Abgrenzungen werden dabei als "Bau-

block" definiert. Ein Baublock umfasst in der Regel ein Straßencarrée. Die Nachfragedichte ergibt

sich damit als ein auf die Baublockfläche bezogener Energiebedarfswert. Dieser ist ein Indikator für

mögliche zentrale Versorgungsstrukturen sowie für hohe Nachfrage. Bereits ab einem Dichtewert

von 250 MWh/(ha a) (entspricht 25 kWh/(m²a)) kann Fernwärmeversorgung lohnenswert sein.

Daher wurden die in Tab. 3 beschriebenen Kategorien eingeführt.

kWh/(m²a) Baublockfläche Fernwärme wirtschaftlich?

0 - 20 nicht wirtschaftlich möglich

21 – 40 sollte geprüft werden

41 – 80 wahrscheinlich lohnenswert

81 – 125 lohnenswert

126 - 250 sehr dicht. lohnenswert

Tab. 3 Bewertung Verbrauchsdichte hinsichtlich Fernwärme

28 Pforzheim-Weststadt

Abb. 30 Bedarfs-/ Verbrauchsdichte im IST-Zustand. Die Summenwerte Energie für Heizung und Warmwasserbereitung wurden auf die Baublockfläche bezogen. Auch enthalten: Gewerbe, Feuerwehr und möglicher Dichtewert Messplatz.

Die Dichtewerte im Untersuchungsgebiet sind im jetzigen Zustand sicherlich ausreichend für den

Betrieb einer Fernwärmeversorgung. Besonders hohe Dichtewerte sind im Bereich der Kaiser-

Friedrich-Str. zu verzeichnen, welche nicht als Ausbaugebiet Fernwärme der Stadtwerke Pforzheim

ausgewiesen ist. Im Bereich des Messplatzes wurde ein möglicher Entwurf quantifiziert und in die

Bewertung eingebracht (s.a. Kap. 5.8). Auch in diesem Bereich ergibt sich ein ausreichender Dich-

tewert.

2.12 Erneuerbare Energien

Erneuerbare Energien im Unter-

suchungsgebiet könnten sich

auf die Erzeugung sowie auf

den Einsatz für Gebäudebehei-

zung und Warmwasserbereitung

sowie auf Stromanwendungen

und Verkehr beziehen. Insbe-

sondere außerhalb des Aus-

baubereichs Fernwärme im

Bereich der Kaiser-Friedrich-

Straße ist der verstärkte Einsatz

effizienter, regenerativ betriebe-

ner Energieversorgungssysteme

wünschenswert (siehe auch

Abb. 41: Handlungsfelder "Energie"). Folgende Möglichkeiten und Einschränkungen bestehen:

Oberflächennahe Geothermie

Aufgrund der Aussage der Abteilung Umwelttechnik der Stadt Pforzheim ist das Quartier aufgrund

der Belastungsdichte mit Schadstoffen und der damit möglichen Schadstoffverlagerung durch

Erdwärmebohrungen nicht geeignet für die Nutzung von Erdwärme. Im Bereich KF sollte diese

Option nochmals grundstücksscharf geprüft werden.

Pforzheim-Weststadt 29

Holzheizungen (Holzpellets, Holzhackschnitzel, Stückholz), Biomasseheizungen

Das Quartier liegt im verdichteten innerstädtischen Bereich mit hoher Belastung an Feinstaub. Aus

diesem Grund hat das RP Karlsruhe 2006 einen Luftreinhalte-/Aktionsplan aufgestellt und 2012

fortgeschrieben [RP Karlsruhe 2006], [RP Karlsruhe 2012]. Folge ist die Aufstellung einer Umwelt-

zone für Pforzheim, in der auch das Untersuchungsgebiet liegt. Diese ist zwar für die Ausführung

von Heizanlagen nicht bindend, es ist jedoch nicht sinnvoll, Heizanlagen mit vergleichsweise ho-

hem Feinstaubausstoß zu propagieren, wenn insgesamt hohe Belastungswerte zu verzeichnen

sind. Im Vergleich zu Gasheizungen (nahezu feinstaubfrei) und Fernwärme (im Quartier feinstaub-

frei) ist zur Zeit auch bei den günstigsten Kleinfeuerungsanlagen (Pelletkessel bis 25kW) mit einer

PM10 Emission von ca. 792 mg/kWh zu rechnen (Tab. 6, [UBA Feinstaub 2006]. Als begleitende

Maßnahme zur Luftreinhaltung empfiehlt daher auch der Luftreinhalteplan den Verzicht auf Holz-

feuerungen aus Kleinfeuerungsanlagen. Mit der Novellierung der 1. BImSchV werden zwar ab

2015 höhere Anforderungen an kleine und mittlere Feuerungsanlagen gestellt, diese positiven

Effekte werden sich allerdings aufgrund langer Übergangsvorschriften nur zögerlich einstellen.

Eine mögliche Lösung besteht darin, auch in Kleinfeuerungsanlagen Feinstaubfilter einzusetzen.

Zunehmend kommen kleinere Kessel und Filter auf den Markt, die bereits heute die zukünftigen

Grenzwerte unterschreiten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei blockweiser Versorgung

mehrerer Gebäude emissionsarme Holzpelletkessel mit höheren Leistungen (ab ca. 150kW) mit

sehr hochwertiger neuester Filtertechnologie einzusetzen. (S.a. Kap. 5.2).

Thermische Solarnutzung

Die solarthermische Nutzung durch Anlagen zur Warmwasserbereitung (und in Grenzen zur Behei-

zung) ist im Gebiet grundsätzlich möglich. Viele Dächer sind südausgerichtet und gut geeignet.

Im Bereich des Ausbaugebiets Fernwärme (Abb. 41: Handlungsfelder "Energie") nördlich der Enz

und teilweise im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ist aus drei Gründen jedoch die Solarthermie

nur nachrangig zu betrachten:

1 Als vorranging wurde hier der Energieträger Fernwärme identifiziert. Solarthermie steht hierzu

in starkem wirtschaftlichem und auch umwelttechnischem Konflikt. Die Anlagentechnik müsste

voll redundant ausgeführt und betrieben werden. Der Fernwärmeanschluss muss auch im

Sommer bezahlt werden. Der Betreiber der Anlage muss im Sommer überschießende Wärme

der Stromerzeugung (Kraft-Wärmekopplung) entweder rückkühlen oder die Leistung reduzie-

ren.

2 Bei der vorliegenden dichten Bebauung und der damit einhergehenden hohen Zahl der Bewoh-

ner je Gebäude sind die vorliegenden Dachflächen eher ungeeignet, da zu klein, um den Be-

darf an Warmwasser mit ausreichender Deckungsrate zu befriedigen.

3 Solarthermische Nutzung steht in Bezug auf die Dachflächen in Konkurrenz zur Nutzung von

Photovoltaik.

Im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ("effiziente Einzelheizungen und Blockversorgung“) ist der

Einsatz von thermischen Solaranlagen dann sinnvoll, wenn sie (wirtschaftlich) in ein Versorgungs-

konzept eingebunden werden können. Dies ist vor allem bei kleineren Gebäuden mit geringem

regenerativem Anteil der Versorgung, welche vom Eigentümer selbst genutzt werden, sinnvoll.

1 Die thermische Solaranlage sollte nicht in Konkurrenz zum Betrieb eines BHKW o.ä. stehen.

2 Die Anlage muss in die ggf. bestehende Warmwasserbereitung einzubinden sein.

3 Thermische Solaranlagen sind Zusatzinvestitionen, welche aus den eingesparten Brennstoff-

kosten refinanziert werden. Daher sind sie vor allem bei hohen Brennstoffkosten wirtschaftlich

sinnvoll.

4 Die Dachflächen müssen ausreichenden Ertrag für den vorhandenen Bedarf liefern (die vor-

handenen Dachflächen sind bei den vorhandenen Mehrfamilienhäusern im Verhältnis zur

Wohnfläche eher ungünstig).

5 Im Mieter- / Vermieterverhältnis muss die Heizkosten-Umlage bzw. Finanzierung der Anlage

geklärt werden.

30 Pforzheim-Weststadt

Grundsätzlich stehen thermische Solaranlagen in Konkurrenz zu Photovoltaik-Anlagen (s.u.). Hier

sollte – bezogen auf das Gebäude – untersucht werden, ob eine photovoltaische Nutzung nicht

einfacher und sinnvoller durchgeführt werden kann.

Biomasse

Der Anfall von nutzbarer Biomasse im Quartier ist vernachlässigbar. Die Gebrauchsmöglichkeiten

von Biomasse (außer Holz) im Gebiet sind vernachlässigbar.

Biogas

Vermehrt wird Biogas (in Erdgas-Qualität) auch für Endverbraucher auf dem Energiemarkt angebo-

ten. Hierbei handelt es sich nicht um eine Gas-Direktversorgung, sondern – genauso wie bei

Ökostrom-Anbietern – um eine bilanzierte Versorgung aus dem normalen Gasnetz. Die Verpflich-

tungen des [EEWärmeG-2009EWärmeG-BW2007] können durch Einsatz von 30% Biomethan

erfüllt werden. Beim Nachweis nach EnEV findet die Biogasversorgung nur Anrechnung, wenn die

Erzeugung in unmittelbarem Kontext zum Gebäude steht, was im Fall der Weststadt in keinem Fall

gegeben sein dürfte.

Strom (-erzeugung)

Im Untersuchungsgebiet sind keine Wasserkraftwerke sowie keine Windkraftwerke vorhanden. Das

Musterprojekt Güterstraße 30 (Kap. 5.4) wurde im Konzept mit einer Windkraftanlage versehen.

Diese wird voraussichtlich auch realisiert. Grundsätzlich ist Windenergienutzung im städtischen

Umfeld mit Kleinst-Windkraftanlagen nach heutigem Stand technisch und wirtschaftlich (noch) nicht

etabliert.

Es gibt Hinweise, dass Strom vereinzelt in Blockheizkraftwerken erzeugt wird (Fa. Nordson, Ha-

bermehlstr.). Vorrangig soll und wird Strom im Untersuchungsgebiet photovoltaisch erzeugt. Die

Fa. Rösch betreibt bereits einige, auch fassadenmontierte, Anlagen.

Abb. 31 Photovoltaik Fassadenanlage Fa. Rösch Quelle: ebök

Viele Dachflächen sind gut südorientiert und damit gut geeignet für die Montage von PV-Anlagen.

Im Streubesitz ist deren Umsetzung jedoch eher schwierig. Potenziale sind vor allem noch bei der

Fa. Bader vorhanden. Hier sollte die Möglichkeit der Montage konkret aus gestalterischen und

statischen Gesichtspunkten geprüft werden.

2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung

Das Untersuchungsgebiet wird durch die Stadtwerke Pforzheim mit Erdgas und Fernwärme ver-

sorgt. Die Fernwärme wird dabei in eigenen Wärmekraftwerken erzeugt. Sie steht mit einem sehr

guten Primärenergiefaktor von 0,441 zur Verfügung. Sowohl Fernwärme- als auch Erdgasnetz sind

1 Bescheinigung nach FW309-1 bis 2021 des Gutachters FW 609-003

Pforzheim-Weststadt 31

jedoch nicht flächendeckend vorhanden. Es handelt sich vielmehr um eine gewachsene Struktur,

die typische Schwachstellen wie örtlich begrenzte Kapazitäten und Lücken im Versorgungsnetz

aufweist. Viele Gebäude im Gebiet nördlich der Enz sind sowohl mit Erdgas als auch mit Fernwär-

me versorgt (Abb. 32). Im Rahmen des Projekts konnte jedoch keine Kenntnis darüber erlangt

werden, ob die Gasanschlüsse tatsächlich genutzt werden. Möglich ist, dass Gas nur zum Kochen

oder für sonstige Prozesse (z.B. Backöfen in Bäckereien), nicht für Beheizung zur Verfügung steht.

Der gebäudeweisen Ermittlung (z.B. über Verbrauchsdaten und Tarife) standen Gründe des Da-

tenschutzes entgegen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass bei Gebäuden, die einen Fernwär-

meanschluss haben, dieser auch zur Beheizung genutzt wird.

Viele Gebäude sind weder an Gas noch an Fernwärme angeschlossen. Der Energieträger ist bei

diesen Gebäuden unbekannt. Um diesen einzugrenzen, wären Schornsteinfegerdaten hilfreich

gewesen, die jedoch ebenfalls aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise zur Verfügung

standen. Aufgrund der Verteilung der Energieträger für die Gesamtstadt (Abb. 33) kann davon

ausgegangen werden, dass ein Großteil der unbekannten Versorgungsarten dem Energieträger

Heizöl zuzuordnen sind.

Die Stadtwerke Pforzheim sehen in der Versorgung mit zwei leitungsgebundenen Energieträgern

(Erdgas, Fernwärme) eine unwirtschaftliche Situation, weshalb im Bereich zwischen Enz und Bahn

des Untersuchungsgebiets eine Entflechtungsstrategie verfolgt wird. Der Ausbau von Fernwärme

hat Vorrang vor Gas. Gleichzeitig soll die Erdgasversorgung in dem betreffenden Gebiet rückge-

baut werden. Das Rückbaugebiet Erdgas erstreckt sich über die östlichen und westlichen Grenzen

des Untersuchungsgebiets hinaus ebenfalls grob zwischen Enz und Bahn. Hier soll lang- und mit-

telfristig Fernwärme als vorrangige leitungsgebundene Energie (neben Strom) verbleiben. Die

Stadtwerke fördern den Umstieg auf Fernwärme (siehe http://www.stadtwerke-

pforzheim.de/de/1941.php#ID_1945 vom 6.8.2013).

Im Gebiet südlich der Enz (Kaiser-Friedrich-Str.) ist Fernwärme nur bis ca. zur Hausnummer 102

vorhanden. Hier verläuft nach Auskunft der Stadtwerke im südlichen Bereich eine kellerverlegte

Fernwärmeleitung, deren Kapazität begrenzt ist. Ein weiterer Ausbau in diesem Bereich ist nur sehr

begrenzt möglich. Obwohl aktuell (Sommer 2013) im Bereich Kaiser-Friedrich-Str. neue Leitungen

verlegt werden, wurde ein Ausbau der Fernwärme nicht durchgeführt. Die Stadtwerke geben hier

als Grund den begrenzten Raum an, in dem bereits bei der jetzigen Leitungsführung (mit Gas- und

Gashochdruckleitungen) Leitungen übereinander, d.h. in mehreren Lagen, angeordnet wurden.

32 Pforzheim-Weststadt

Abb. 32 Versorgung mit Erdgas, Fernwärme sowie Rückbaugebiet Gasversorgung

2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz

Auf Basis der Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg für die Stadt Pforzheim

(Bewertungsjahr 2009) konnte nach dem Anteil der Bewohnerzahl der Weststadt an der Gesamt-

stadt (vgl. Kap. 2.6) folgendermaßen kalkuliert werden: Die Einwohner der Weststadt verursachen

im Mittel rund 6,6 % des CO2-Ausstoßes der Stadt Pforzheim von rund 168.000 Tonnen pro Jahr.

Dieser Anteil sowie der zugehörige Energieverbrauch können tatsächlich höher oder niedriger

liegen, da die spezifischen Verbrauchs- und Emissionswerte je Einwohner der Weststadt sicher

von denen der Gesamtstadt abweichen. Quartiersdaten konnten aufgrund fehlender lokaler Infor-

mationen zur Versorgung – insbesondere der Energieträger der Einzelfeuerungsanlagen – nicht

ermittelt werden.

Pforzheim-Weststadt 33

Für die Gesamtstadt wurde 2011 von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg

GmbH (KEA) ein Klimaschutzkonzept aufgestellt. Hierbei wurden auch Bilanzen für einzelne Sekto-

ren und Energieträger sowie Szenarien veröffentlicht [KEA 2011]. Der hierbei gewählte Ansatz der

Top-Down-Bilanzierung (anhand von wenigen Messwerten wie dem Gesamt-Gasverbrauch, über-

wiegend statische Auswertungen) harmoniert nicht optimal mit dem beim vorliegenden Konzept

gewählten Bottom-Up-Ansatz (Betrachtung einzelner Gebäude).

Abb. 33 Endenergieverbrauch nach Energieträgern (Referenz) [KEA 2011]

Abb. 34 CO2-Emissionen 2010 nach Sektoren (Referenz) [KEA 2011]

34 Pforzheim-Weststadt

3 Entwicklungspotenziale und –ziele

3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050

Die Bundesregierung stellt mit dem "Energiekonzept 2050 - Meilensteine und Bewertungen" einen

langfristigen Entwicklungspfad für ambitionierte Klimaschutzziele, Energieeffizienz und Erneuerba-

re Energien auf2. Die einzelnen Entwicklungsschritte sind:

¯ Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2020 um 40 %, bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70%

und bis 2050 um 80-95 % (jeweils gegenüber 1990) sinken.

¯ Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch 18 % erreichen und

danach kontinuierlich weiter steigen auf 30 % bis 2030 und auf 60% bis 2050. Ihr Anteil an der

Stromerzeugung soll bis 2050 sogar 80% betragen.

¯ Energieeffizienz: Der Primärenergieverbrauch soll bis 2020 um 20 % und bis 2050 um 50 %

gegenüber 2008 sinken.

¯ Die Sanierungsrate für Gebäude soll von 1 % auf 2 % pro Jahr verdoppelt werden.

¯ Im Verkehrsbereich soll der Endenergieverbrauch bis 2020 um rund 10% und bis 2050 um rund

40% zurückgehen. Es sollen 6 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 auf die Straßen gebracht

werden.

Um derartig ambitionierte Ziele zu erreichen, sind Anstrengungen auf allen Ebenen notwendig.

Insbesondere die Verdoppelung der Sanierungsrate sowie der Umstieg auf regenerative Energien

muss auch und gerade mit den Akteuren vor Ort umgesetzt werden. Um die Sanierungsrate nen-

nenswert zu erhöhen, müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen oder ausgebaut

werden. Wichtige Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang:

¯ Die Anforderung an Gebäudehülle und Wärmeversorgungstechnik (Primärenergiebedarf) wird

durch die Energieeinsparverordnung [EnEV 2009] geregelt. Die Energieeinsparverordnung ist

die nationale Umsetzung der Europäischen Effizienzrichtlinie für Gebäude [EU 2002/91/EG], sie

soll noch in 2013 novelliert verabschiedet werden.

¯ Ein Anteil regenerativer Energie für Beheizung und Warmwasser wird für Neubauten im Erneu-

erbare-Energien-und-Wärmegesetz des Bundes [EEWärmeG-2009], für Bestandsbauten im

Landesgesetz Baden-Württemberg [EWärmeG-BW2007] geregelt.

¯ Der Bund fördert über die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW u.a. den Neubau sowie die Sa-

nierung auf wärmetechnischen Niveaus, die teilweise weit über die gesetzlichen Anforderungen

hinausgehen.

Kommunen haben in der Regel keine Möglichkeit, mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen

einzufordern. Ob Belange des Klimaschutzes – welche im Baugesetzbuch durchaus formuliert sind

– in Satzungen umgesetzt werden können, ist nach wie vor strittig. Von Vorteil ist, wenn Maßnah-

men mit Hilfe des Privatrechts (Vertragsrecht nach BGB) durchgesetzt werden können. Vorausset-

zung hierfür ist jedoch, dass sich Grundstücke oder Liegenschaften in städtischer Hand befinden.

Daher gilt, dass Kommunen nur bei eigenen Liegenschaften einen direkten Durchgriff auf die

Handlungsoptionen haben. Ein indirekter Einfluss ist im Bereich der Wohnungswirtschaft zu ver-

zeichnen. Nur mittelbaren Einfluss haben Kommunen auf Gewerbe und private Eigentümer (Ge-

bäude im Streubesitz).

2 Siehe http://www.bmu.de/themen/klima-energie/energiewende/beschluesse-und-massnahmen/energiekonzept-

2050-meilensteine-langfristiger-entwicklungspfad-fuer-ambitionierte-klimaschutzziele-energieeffizienz-und-

erneuerbare/ (6. Aug. 2013)

Pforzheim-Weststadt 35

3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim

Masterplan

Die Stadt Pforzheim hat im Jahr 2010 einen strategischen

Stadtentwicklungsprozess über alle Bereiche und Belange

des Zusammenlebens in einer Großstadt hinweg in Gang

gesetzt (http://www.pforzheim.de/leben-in-pforzheim/mas-

terplan.html). In Leitsatz 8 ist der Klimaschutz als Entwick-

lungsziel 2025 mit höchster Handlungspriorität (A) genannt:

"Pforzheim ist Vorreiter beim Klimaschutz und im Umgang

mit den natürlichen Ressourcen“.

Folgende Maßnahmen wurden zur Umsetzung genannt:

¯ "Klimaneutrale Stadt" als verbindliches Ziel

¯ Prüfung Windkraft Büchenbronner Höhe

¯ Landesgartenschau unter dem Motto "Stadt im Klimawandel"

¯ Förderung der Bedeutung des Fahrrads in Pforzheim

¯ Ausbau der Solarkampagne in Pforzheim

¯ Kommunales Beschaffungswesen weiterhin auf Klimawirksamkeit überprüfen

¯ Öffentlichkeitsarbeit für Klimaschutz verstetigen

¯ Erhaltung der Frischluftzufuhr/Kaltluftschneise

¯ Stadtklima durch Begrünung und Luftzufuhr verbessern

¯ Fernwärme ausbauen

¯ Regenerative Energien in Bebauungsplänen verbindlich festsetzen

¯ Auflage von energetischen Sanierungsprogrammen im Gebäudebestand

¯ Energetische Bausanierung öffentlicher Gebäude.

Konvent der Bürgermeister

Pforzheim ist nach dem Beschluss des Gemeinderats vom

22.7.2008 dem "Konvent der Bürgermeister" beigetreten

und gehört mit Heidelberg und Freiburg zu den drei ersten

baden-württembergischen Städten, die sich verpflichtet

haben, die verbindlichen Reduktionsziele der EU noch zu

unterbieten. Beim Konvent der BM handelt es sich um einen

Zusammenschluss europäischer Städte, die sich zu beson-

deren Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel

verpflichtet haben.

Die Ziele im Einzelnen:

¯ Die Ziele für 2020 der EU bzgl. der CO2 Reduktion sollen um mind. 20% unterschritten werden.

¯ Am 19.4.2011 wurde ein Aktionsplan vorgelegt [KEA BM 2011].

¯ Mindestens alle zwei Jahre nach Veröffentlichung des Aktionsplans soll ein Umsetzungsbericht

zwecks Bewertung, Überwachung und Überprüfung vorgelegt werden.

¯ Es sollen Energietage oder Städte-Konvent-Tage in Zusammenarbeit mit der europäischen

Kommission und anderen Interessensvertretern organisiert werden.

¯ Teilnahme an der jährlichen EU-Konferenz der Bürgermeister für eine nachhaltige Energienut-

zung in Europa.

36 Pforzheim-Weststadt

Klimaschutzkonzept

Im Dezember 2011 wurde durch die KEA ein Klimaschutz-

konzept für die Stadt Pforzheim erstellt [KEA 2011]. Da

Pforzheim schon in der Vergangenheit umfangreiche Aktivi-

täten in Sachen Klimaschutz entwickelt hat, war von 1990 –

2010 bereits ein Rückgang der CO2 -Emissionen um 20 %

zu verzeichnen, v.a. durch die Verdrängung von Kohle

durch Biomasse und Ersatzbrennstoffe im Heizkraftwerk

(Inbetriebnahme des Biomasse-Blocks in 2005).

Mit dem Klimaschutzkonzept verfolgt die Stadt Pforzheim folgende Teilziele:

¯ Erstellen einer fortschreibbaren Energie- und CO2 -Bilanz

¯ Kommunikation mit den maßgeblichen Akteursgruppen

¯ Ausarbeitung des Aktionsplans ("SEAP“) für den Konvent der Bürgermeister

¯ Erarbeitung einer langfristigen Klimaschutzstrategie

¯ Ausarbeiten eines Maßnahmenkataloges

¯ Festlegung von Prioritäten für Maßnahmen.

Im Klimaschutzkonzept wurde auch eine Reihe von Maßnahmen hoher Priorität zur Umsetzung

genannt sowie mit dem Masterplanprozess und den Zielen des Konvents der Bürgermeister ver-

zahnt. Das hier erarbeitete und mit diesem Bericht dargestellte Integrierte Quartierskonzept leitet

sich als eine der Maßnahmen direkt aus dem Klimaschutzkonzept ab.

3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung

Grundsätzliche Überlegungen zur Erschließung von Effizienzpotenzialen sowie die Einflussmög-

lichkeiten der Stadt Pforzheim finden sich im Anhang 0 sowie 9.6.

Wohnen

Im Bereich der Wohnbebauung wurden – ausgehend von den berechneten Kennwerten im IST-

Zustand der Gebäude – verschiedene energetische Sanierungsniveaus untersucht. Dabei wurde

folgendermaßen vorgegangen: Die Maßnahmen im Bereich Fenster, Fassade, Dach usw. wurden

für jedes einzelne Gebäude bestimmt, ohne jedoch die Tiefe und Qualität eines individuellen Ge-

bäudekonzepts erreichen zu können. Die Energiekennwerte der Gebäude ergeben sich im histori-

schen, im IST-Zustand sowie im SAN-Zustand aus typologischen Musterberechnungen (s.a. Kap.

2.9). Augenscheinlich bereits sanierte Bauteile wurden keiner weiteren Maßnahme unterzogen.

Bei denkmalgeschützten Fassaden und Schmuckfassaden wurden keine Maßnahmen getroffen;

wenn möglich wurde die rückwärtige Fassade gedämmt ("Teilsanierung"). Bei Schmuckfassaden

wurden Maßnahmen wie Innendämmung angenommen. Die Anwendbarkeit solcher Maßnahmen

ist jedoch eine Planungsaufgabe für das betreffende Gebäude.

Folgende Sanierungsniveaus wurden angenommen (s.a. Kap. 2.9):

EnEV 2009 Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung

KfW Effizienzhaus 115 Förderniveau der KfW im Bereich Sanierung

KfW Effizienzhaus 100 Förderniveau Sanierung auf EnEV Neubauniveau

EnerPHit Sanierung mit Passivhauskomponenten

Eine Auswahl der Untersuchungen ist in den Abbildungen Abb. 35 bis Abb. 37 dargestellt. Für die

in den Karten gezeigten Gebäude wurden Sanierungsmaßnahmen oder Teil-

Sanierungsmaßnamen angenommen. Alle nicht genannten Gebäude verbleiben im IST – Zustand,

da die Sanierungsmaßnahmen augenscheinlich unwirtschaftlich sind (Ersatz von neuen oder fast

neuen Bauteilen).

Pforzheim-Weststadt 37

Abb. 35 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnEV 2009. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.

Abb. 36 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienz-haus 100. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.

38 Pforzheim-Weststadt

Abb. 37 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.

Sektor Wohnbebauung Summe Differenz

zu IST =

Einsparung

Anzahl betrachtete Wohngebäude gesamt 110

Anzahl sanierter Gebäude 61

Anzahl teilsanierter Gebäude 15

Nettogrundfläche = Energiebezugsfläche der betrachte-

ten Gebäude

89.449 m²

Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-

tung im IST-Zustand

11.439 MWh

Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-

tung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler

und schützenswerten Gebäude nach EnEV2009

9.331 2.107 MWh

Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-

tung bei Sanierung nach KfW EffH 115

8.906 2.533 MWh

Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-

tung bei Sanierung nach KfW EffH 100 (Neubaustan-

dard)

8.432 3.007 MWh

Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserberei-

tung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler

und schützenswerten Gebäude nach EnerPHit

7.038 4.401 MWh

Tab. 4 Summen und Potentiale Energieeinsparung des untersuchten Quartiers (Wohnbebauung). Quelle ebök.

Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD)

Für diesen Sektor können die Sparpotenziale nur eingeschränkt dargestellt werden, da erstens

nicht alle Gewerbegebäude erfasst wurden und zweitens bei den erhobenen Gebäuden nur sehr

individuelle Lösungen gefunden werden können. Hierbei ist nicht nur der Sektor Heizung / Warm-

wasser, sondern vor allem auch der Sektor betriebliche Prozesse zu betrachten. Auch sind die

Pforzheim-Weststadt 39

Firmen Bader und Rösch in ihren Möglichkeiten bereits sehr weit gegangen und können für andere

Betriebe als Vorbild dienen.

Öffentliche Gebäude

Im Gebiet ist neben einigen kleineren kirchlichen Gebäuden nur die Feuerwehr als öffentliches

Gebäude bekannt. Der IST-Wert der Feuerwehr liegt bei ca. 146 kWh/(m²a) (s. Kap 2.11), das

Potenzial bei einem Zielwert von 85 kWh(m²a). Das entspricht einem Benchmarkwerk in Anlehnung

an die Anforderungen des Effizienzhaus 85 (15% günstiger als EnEV 2009). Die Einsparung ent-

spricht damit rund 20 MWh/a.

3.4 Effizienz der Energieversorgung

Ausgangssituation

Wärmeversorgung

Möglicher Wechsel zu Kommentar

Heizung WarmW. Heizung WarmW.

Fernwärme Fernwärme Kein Wechsel

Gas zentral

Heizöl zentral

Gas zentral

Heizöl zentral

Fernwärme Fernwärme In der Regel gut möglich,

wenn FW angeboten wird

Wärme-

pumpe

Wärme-

pumpe

Bedingt möglich. Vorausset-

zung: Erdbohrung möglich

oder günstigere Energiequel-

le (Abwasser, Grundwasser).

Fußbodenheizung sinnvoll.

WW-Bereitung eher ineffi-

zient. Luft-Wasser-WP nicht

sinnvoll

Holzpellets /

Holzhack

Holzpellets /

Holzhack

In der Regel gut möglich.

Lager muss vorhanden oder

machbar sein. Problem:

Feinstaub.

Gas zentral Elektro-Boiler

in den Bädern

Fernwärme

Wärme-

pumpe

Holzpellets/

Holzhack

Kein Umstieg auf zentrale WW-

Bereitung i.d.R. mit hohen

Kosten verbunden. Nur mög-

lich bei Kernsanierung.

Sonst. Einschränkungen s.o.

Heizöl zentral

Gas Einzel-

öfen

Gas- oder

Elektro-

Durchlauf-

Erhitzer oder

Elektro-Boiler

in den Bädern

Fernwärme

Wärme-

pumpe

Holzpellets/

Holzhack

Fernwärme

Wärme-

pumpe

Holzpellets/

Holzhack

Hohe Kosten für Wärmever-

teilung. Umstieg auf zentrale

WW-Bereitung in der Regel

mit hohen Kosten verbun-

den. Nur möglich bei Kern-

sanierung. Sonstige Ein-

schränkungen siehe oben.

Heizöl Einzel-

öfen

Kohleöfen

Elektr. Spei-

cherheizung

Stückholzöfen

(Ergänzung)

Kein Wech-

sel möglich

Alle zentralen

Warmwasser-

versorgungen

Solar zusätz-

lich

Kombination mit FW nicht

sinnvoll. Sonst gut möglich.

Reine Zusatz-Investition.

Umfasst Solarkollektoren,

Regelung, Leitung sowie

solartauglicher Speicher.

Tab. 5 Wärmeversorgung, Ausgangssituation, Wechselmöglichkeit.

40 Pforzheim-Weststadt

Die Effizienz der Wärmeversorgung bezieht sich einerseits auf die Anlagentechnik selbst, anderer-

seits auf die Wahl der Energieträger, bei der ein hoher Regenerativanteil wünschenswert ist. Heiz-

kessel haben in der Regel eine Lebensdauer von 15-25 Jahren, weshalb die Erneuerung im Zuge

der notwendigen Sanierungszyklen im Vergleich zu Maßnahmen wie Fenstertausch, Außenwand-

erneuerung etc. verhältnismäßig schnell erfolgt. Alte Anlagen werden in der Regel durch effiziente,

moderne ersetzt. Eine Ausnahme stellen hier elektrische Speicherheizungen dar, die längere

Standzeiten besitzen. Die EnEV 2009 [EnEV 2009] schreibt einen Austausch dieser Beheizungsart

vor; in der Novellierung der EnEV 2014 ist diese Vorschrift jedoch nicht mehr enthalten [EnEV

2014]. Ohne Kenntnis der genauen Versorgungsstruktur kann kein exaktes Potenzial zur Effizienz-

steigerung der Wärmeversorgung ausgewiesen werden. Es gibt jedoch grundsätzliche Überlegun-

gen, welche vorhandenen Wärmeversorgungssysteme eine Effizienzsteigerung erleichtern oder

erschweren (Tab. 5).

Kennzeichnend für die Effizienz eines Wärmeversorgungssystems ist die (primärenergiebezogene)

Aufwandszahl der Anlage ep. In sie gehen neben den Verlusten für Erzeugung, Speicherung und

Verteilung auch die Erzeugungs-, Speicherungs- und Verteilungsverluste des Energieträgers ein.

Aufwandszahlen können nach DIN 47101-10 berechnet werden. Tab. 6 gibt eine Übersicht über

übliche Aufwandszahlen für typische Systeme, wie sie in Gebäuden der Weststadt vorkommen3.

Aus der Musterberechnung ist klar ersichtlich, dass der Primärenergieaufwand bei elektrischen

Speicherheizungen mit Abstand am höchsten ist. Dies liegt zum einen am hohen Primärenergiefak-

tor des Energieträgers Strom, andererseits auch an der ineffizienten Anlage. Am günstigsten in

Bezug auf CO2-Ausstoß und nichtregenerativen Primärenergieeinsatz schneiden Holzheizungen

ab. Im Vergleich der Anlagen kann erwartet werden, dass der Primärenergieaufwand für Fernwär-

meanschlüsse incl. Anlagentechnik nur wenig ungünstiger ist als bei Holzheizungen. Da die Ver-

brennung fester Brennstoffe – in diesem Falle Holzpellets – lokale Emissionen, allen voran Staub-

emissionen der Schadstoffklasse PM10 mit sich bringt, ist der Fernwärmeanschluss einer Holzhei-

zung vorzuziehen.

Anlage

Nieder-

tempera-

tur (NT)

Kessel

Gas-BW-

Kessel So-

lar unter-

stützt

Elektrische

Speicher-

heizung und

Durchlauf-

erhitzer

Holz-

Pellet-

kessel

Fern-

wärme

SWP

ep

Primärenergie-

Anlagenauf-

wandszahl

1,40 1,02 2,52 0,40 0,52

Energieträger Erdgas H Erdgas H Strom Mix Holzpellets

Fern-

wärme

SWP

fp

Primärenergie-

faktor des

Energieträgers

1,1 1,1 2,6 0,2 0,44

CO2

CO2

Äquivalente

[kg/kWh]

0,25 0,25 0,68 0,05 k.A.

PM10 Staub

[g/kWh] 0 0 k.A. 0,0792 k.A.

Tab. 6 Anlagenaufwandszahlen und Kennwerte Primärenergiefaktor, CO2-Äquivalentwerte, sowie Staub (Klasse PM10) der zugehörigen Energieträger und Prozesse. Quelle DIN 4710-10, Gemis 4.14, PHPP 2007, eigene Recherchen. Die Anlagenaufwandszahl ep wurde anhand eines typischen Mustergebäudes (unsaniertes Mehrfamilienhaus) in der Weststadt auf Basis von 4701-10 Diagrammverfahren berechnet. Sie ist anlagen- und gebäudeabhängig (s.a. Kap. 0).

3 Großes Mehrfamilienhaus, ungedämmt

Pforzheim-Weststadt 41

3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen

Die gängigste Methode zur Beurteilung der Kosten einer Sanierungsmaßnahme ist die Annuitä-

tenmethode nach VDI 2067. Deren Grundlage ist die Kapitalwertmethode. Der Kapitalwert ist die

Summe aller Kosten (welche über den Betrachtungszeitraum anfallen) aus den Bereichen:

¯ kapitalgebundene Kosten (Investitionen),

¯ verbrauchs- oder bedarfsgebundene Kosten (Energiebedarf),

¯ betriebsgebundene Kosten (Wartung und Unterhalt).

Da Wirtschaftlichkeit als das Verhältnis von Ertrag (Rückzahlung) zu Aufwand (Kosten) definiert ist

(dessen Quotient über alle Formen und Zeitpunkte des Geldflusses summiert größer als 1 sein

sollte), ergebt sich eine grundsätzlich von vielen Randbedingungen abhängige Größe. U.a. haben

folgende Größen auf die Wirtschaftlichkeit und deren Bewertung Einfluss:

¯ Preis der Maßnahme; Durchführbarkeit der Maßnahme; technische, rechtliche oder planerische

Hemmnisse

¯ lokale Preise, Anbieterstruktur, Anbieterauslastung usw.

¯ lokale Energiepreise und zukünftige Energiepreissteigerung

¯ Kapitalzins und Möglichkeit der Geldbeschaffung

¯ Eigentümer und Eigentümerstruktur des Gebäudes, Nutzer des Gebäudes

¯ Zweck des Gebäudes, Nutzung des Gebäudes

¯ selbstgenutztes, vermietetes Gebäude

¯ Beurteilung von Prioritäten

Bereits aus der Komplexität der Einflussgrößen ist klar, dass die qualifizierte Beurteilung der Wirt-

schaftlichkeit einer Sanierungsmaßnahme Thema einer Feinkonzeption oder Vorplanung, nicht

jedoch eines städtebaulichen Konzepts sein muss.

Darüber hinaus steht der Aufwand für „Sowieso-Maßnahmen“ und Aufwendungen, welche nicht im

direkten Zusammenhang mit dem Energieverbrauch stehen (z.B. Brandschutzmaßnahmen, Umbau

und Verschönerung) nicht dem Nutzen zur Minderung des Energieverbrauchs gegenüber. Den

Nutzen "Energieeinsparung“ auf den Aufwand "Vollkosten“ zu beziehen, würde folglich unsinnige

Aussagen ergeben. Konkret bedeutet dies, dass bei der Erneuerung z.B. einer Außenwand mit

Wärmedämmverbundsystem folgende Arbeiten anfallen:

¯ Vorbereitung der Wand (oder des alten Putzes),

¯ Liefern und Anbringung einer Dämmung,

¯ Neuverputz (Unter- und Oberputz),

¯ Nebenarbeiten wie Anschüsse an Fenster, Dachtraufe etc.

¯ Nebenkosten für Gerüst etc.

Nur das Liefern und Anbringen der Dämmschichten sind energiebedingte Kosten; alle anderen

Kosten sind den "Sowieso-Kosten“ zuzurechnen. Bei einem so definierten Mehrkostenansatz stellt

sich jedoch naturgemäß die Frage nach der Bewertungsbasis. Eine Möglichkeit ist, die Mindestan-

forderungen der EnEV heranzuziehen. Die energiesparbedingten Mehrkosten ergeben sich dann

aus den zusätzlichen Kosten, die z.B. über eine größere als die Mindestdämmstoffdicke hinausge-

hen. Bei einer Wirtschaftlichkeitsberechnung sind so berechnete Mehrkosten als Differenz der

Energieeinsparungen zwischen einer Sanierung nach EnEV und der gewählten höherwertigen

Sanierung gegenüberzustellen. Einfacher und praktikabler ist es jedoch, die Dämmstoffe und deren

Einbringung sowie die Kosten verbesserter Fenster als energiebedingte Mehrkosten einer Maß-

nahme heranzuziehen.

Auf Basis vieler in den letzten Jahren durchgeführter Konzepte und Planungen können damit fol-

gende verallgemeinerte Aussagen getroffen werden:

¯ Nur sehr wenige Maßnahmen sind aus der Energieeinsparung voll finanzierbar, d.h. wirtschaft-

lich. Das bedeutet, dass eine Maßnahme in der Regel nicht alleine aufgrund der Energieeinspa-

42 Pforzheim-Weststadt

rung angegangen werden kann. Der richtige Zeitpunkt für eine energetische Sanierung von

Dach, Außenwand, Fenster, Heizungsanlage ist, wenn Bauteilersatz wenigstens teilweise not-

wendig wird oder wenn aus anderen Gründen Ertüchtigungen anstehen (z.B. Brandschutzauf-

lagen).

¯ Wird eine Maßnahme durchgeführt, so sollten sich Dämmmaßnahmen an der Grenze des

technisch und rechtlich Durchführbaren orientieren. Der Mehraufwand hierfür liegt hier in der

Regel unter dem Ertrag, wenn Energiepreissteigerungen der letzten zehn Jahre auch für zu-

künftige Preissteigerungen angenommen werden. Unter dem oben diskutieren Mehrkostenan-

satz sind auch ambitionierte Dämmstandards in der Regel wirtschaftlich.

¯ Im Bereich der Fenster ist der Mehrpreis von Dreischeibenverglasung i.d.R. wirtschaftlich dar-

stellbar.

¯ Im Bereich der Anlagentechnik ist der Einbau verbesserter Regel- und Überwachungstechnik

i.d.R. wirtschaftlich.

3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale

Die Weststadt wirkt durch ihre Dichte, die großen Straßenquerschnitte und hohen Gebäude an

vielen Stellen großstädtisch und urban. Augenfällig ist die starke Prägung des Stadtteils durch

Gebäude aus der Nachkriegszeit. Die Vielzahl der Nutzungen und Eigentümer sorgten für eine

städtische Vielfalt, allerdings macht die große Zahl der Eigentümer im Streubesitz auch koordinier-

tes Handeln schwierig. Dichte und Nutzungsmischung bieten vielfache Potenziale – in energeti-

scher ebenso wie in städtebaulicher, sozialer und kultureller Hinsicht.

Wichtige Stärken der Weststadt sind:

¯ die urbane Lage mit dem besonderen Potenzial des innenstadtnahen Wohnens

¯ die gute ÖPNV-Anbindung

¯ das umfangreiche Angebot der Schulen und Kindergärten im Gebiet und angrenzend

¯ die Vielfalt der Kirchen und Glaubensrichtungen

¯ kulturelle Einrichtungen hoher Qualität, die über den Stadtteil hinaus strahlen, z.B. Kulturhaus

Osterfeld

¯ der Benckiserpark und die Lage an der Enz

¯ die interessante Stadtgeschichte mit der dafür typischen Architektur und vielseitigen Fassaden.

Deutliche Schwierigkeiten der Weststadt sind unter anderem:

¯ die hohe Verkehrsbelastung, die Dominanz des Verkehrs sowie viele Stellplätze im öffentlichen

Raum, auf Brachflächen und in Block-Innenbereichen

¯ die Trennwirkung der Straßen, kaum gestaltete Straßenräume mit geringen Aufenthaltsqualitä-

ten

¯ die fehlende Nahversorgung im westlichen Teil

¯ der Rückgang der qualitätvollen Geschäfte und Gastronomie zu Gunsten von Billigangeboten

(Trading-Down-Effekt), zum Teil Leerstand

¯ wenige Spiel- und Bolzplätze

¯ der geringe Grünanteil im privaten und öffentlichen Raum

¯ der Mangel an attraktiven Wohnangeboten auch für neue Interessenten

¯ die fehlenden Verflechtungen mit dem Zentrum und den umgebenden Stadtteilen

¯ das kaum erkennbare bzw. eher negative Image, die geringe Identifikation mit dem Stadtteil,

das Fehlen bürgerschaftlich organisierter Strukturen (bei jedoch oft guten Nachbarschaften),

die hohe Fluktuation, die die Weststadt teils als Durchgangsstation erscheinen lässt.

Diese Probleme und Potenziale waren unter anderem die Grundlage für die im Rahmenplan West-

stadt 2011 entwickelten Szenarien und Leitmotive.

Pforzheim-Weststadt 43

Große Entwicklungspotenziale: Bahnareal und Messplatz

In der Weststadt befinden sich zwei große Freiflächen: der Messplatz im Süden und das ehemalige

Bahngelände im Norden des Gebiets. Beide Flächen bergen Möglichkeiten, den Wohn- und Ar-

beitsstandort Weststadt nachhaltig weiterzuentwickeln. Der Messplatz wird bislang über das Jahr

hauptsächlich als Parkierungsfläche genutzt und einmal pro Jahr für die "Pforzemer Mess", das

überregional bekannte und beliebte Stadtfest. Darüber hinaus gibt es noch weitere Veranstaltun-

gen wie den Automarkt. Bislang gibt es für diese Veranstaltungen noch keine alternative Fläche.

Das ehemalige Bahngelände ist über den Zwischeneigentümer aurelis Real Estate GmbH & Co.

KG auf einen Eigentümer in Ostdeutschland übergegangen, der wenig Bezug zum Pforzheimer

Geschehen hat und das Gelände vermutlich mittel- bis langfristig wieder veräußern wird. Somit

sind die Entwicklungsmöglichkeiten so lange unsicher, bis ein Investor bereit ist, das Gelände zu

entwickeln oder entwickeln zu lassen. Die Stadt sollte jedoch die sich bietenden Entwicklungs-

chancen aktiv wahrnehmen und zumindest im Rahmen ihrer Planungshoheit steuern.

Zukunftsoptionen am Messplatz Der Messplatz ist im Eigentum der Stadt Pforzheim. Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, über-

wiegend asphaltierten Fläche mit ihrer attraktiven Lage an der Enz und der zentralen Lage in der

Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus. Eine Bebauung des Messplatzes und damit eine

neue Nutzung würde der gesamten Weststadt zugute kommen, siehe auch Kapitel 6.7 und 6.8.

Heutige Defizite und Mängel des Untersuchungsgebietes und der Weststadt insgesamt könnten

durch eine neue Nutzung deutlich verringert oder ganz behoben werden. Eine Reihe von Potenzia-

len schlummern in der Entwicklung der Fläche:

¯ Hochwertiges Wohnen, Entwicklung differenzierter, auch neuer Wohnformen

¯ Weiterentwicklung von Einzelhandel, neue Gewerbe-Nutzungen

¯ Verknüpfungen der bislang getrennten Wohngebiete nördlich und südlich der Enz

¯ Inwertsetzung der Enzauen als Wohnstandort und Naherholungsfläche

¯ Mobilität: Qualitätsverbesserung der Nahmobilität (Radfahren, zu Fuß Gehen) und modellhafte

Verwirklichung neuer, zukunftsgerichteter Mobilitätsangebote (wie Carsharing, Elektro-Mobilität)

¯ Verbesserungen für das Stadtklima durch Minderung des Hitzestaus und Wärmeinsel-Effekts

(Entsiegelung, Grün im Wohnumfeld, Bäume, Dach- und Fassadenbegrünungen).

44 Pforzheim-Weststadt

4 Akteursbeteiligung Für eine langfristig erfolgreiche Umsetzung des Integrierten Quartierskonzeptes ist die Einbindung

in übergeordnete gesamtstädtische Konzepte, die Verknüpfung mit parallel laufenden Projekten

und die frühzeitige und umfassende Beteiligung aller relevanten Akteure und Betroffenen schon zu

Beginn des Projektes von großer Wichtigkeit.

4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte

Das Integrierte Quartierskonzept zur energeti-

schen Stadtsanierung ist eine der Umset-

zungsmaßnahmen des Klimaschutzkonzeptes

und orientiert sich an den Zielen des Master-

plans Pforzheim, beispielsweise Ziel 7 aus dem

Handlungsfeld V "Stadtbild und Wohnen":

"Quartiere bauen und erhalten, in denen man

angenehm und gemeinsam lebt". Es baut auf

dem "Rahmenplan Weststadt" von 2011 auf

und wurde auch im Austausch mit dem Soziale

Stadt-Quartiersmanagement des Sanierungs-

gebietes Kaiser-Friedrich-Straße entwickelt.

4.2 Energieforum Pforzheim

Um die wichtigsten Akteure frühzeitig in den Planungsprozess zu integrieren, den Austausch unter

den Fachdisziplinen zu fördern und aktuelle Analyseergebnisse zu diskutieren, wurde schon zu

Projektbeginn ein "Energieplanungs-Workshop" eingerichtet, der dann alle zwei Monate zwischen

September 2012 und Juli 2013 stattfand. Um dessen Aufgaben auch im Namen besser zu be-

schreiben, wurde er zur zweiten Veranstaltung in "Energieforum Pforzheim" umbenannt. Der Name

soll über die Projektlaufzeit von 12 Monaten hinausweisen und den zunächst Weststadt-bezogenen

Fokus öffnen auf die Gesamtstadt Pforzheim. Die aufgebauten Netzwerke sollen auch nach Ende

der Projektlaufzeit fortgeführt werden.

Die Treffen fanden mit folgenden Themen statt:

¯ Energieplanungs-Workshop 1, 4. September 2012

Projekt-Vorstellung, Erwartungen der Teilnehmer an das Projekt

¯ Energieforum 2, 15. November 2012

Projektablauf, Organisation der Gremien, Inhalte

¯ Energieforum 3, 16. Januar 2013

Bildung, Stadtkultur, Soziales

¯ Energieforum 4, 14. März 2013

GHD: Gewerbe (auch gewerbliches Wohnen), Handel, Dienstleistung

¯ Energieforum 5, 8. Mai 2013

"Wohnen hört nicht an der Haustüre auf“

¯ Energieforum 6, 10. Juli 2013

Freiraum, öffentlicher Raum, Klima

Rückblick, Planungsschwerpunkte, Ausblick

Pforzheim-Weststadt 45

Abb. 38 Beteiligte Akteure bei der Erstellung des Integrierten Quartierskonzepts Quelle: Weeber+Partner

Zunächst wurde beim Energieplanungs-Workshop 1 das Projekt vorgestellt, und es wurden Er-

wartungen von Seiten der Teilnehmer gesammelt und diskutiert: die Stadtverwaltung, die ansässi-

gen Firmen und die Wohnungsunternehmen. In den weiteren Energieforen wurde jeweils ein be-

stimmter Aspekt der energetischen Stadtsanierung vertieft dargestellt und diskutiert. Im Energiefo-

rum 2 wurde vorgestellt, wie das Integrierte Quartierskonzept an andere Gremien und Planungen

anknüpft und Vernetzungen aufgebaut werden. Wie wichtig die Integration und Einbeziehung von

Menschen aus anderen Kulturkreisen ist und welchen Stellenwert die (Umwelt-) Bildung und die

Stadtteilkultur (z.B. Projekte an Schulen) hat, wurde beim Energieforum 3 deutlich. Ein weiteres

Thema war im Energieforum 4 die Vorstellung von Förderprogrammen für Gewerbe und Woh-

nungsunternehmen bei Sanierungen und bei der Steigerung der Energieeffizienz. Außerdem zeigte

das Praxisbeispiel der Firma Bader zum Energiemanagement sehr eindrücklich, wie durch viele

kleine Maßnahmen Energie eingespart werden kann und wie die Mitarbeiter sensibilisiert und über

ihr Alltagsverhalten an das Thema herangeführt werden können. Auch über Sanierungen im ge-

werblichen Bereich und bei Wohnungsunternehmen konnte aus der Praxis berichtet werden. Über

Wohnqualitäten machten sich die Teilnehmer des Energieforums 5 Gedanken. Hierbei spielt ins-

besondere das Wohnungsklima und die Luftqualität in Innenräumen eine große Rolle. Fensterlüf-

tung ist möglich, mechanische Lüftung sorgt jedoch für sichere Feuchteabfuhr, gute Luft und ist für

stark lärmbelastete Wohnlagen von großem Vorteil. Wohnqualität hat aber auch mit dem Wohnum-

feld zu tun. Daher spielen Mobilität, lebenswerte Freiräume, die Nutzungsvielfalt im Quartier und

auch das Älterwerden für die Menschen eine gewichtige Rolle. Beim letzten Energieforum 6 wur-

den die Analyseergebnisse vorgestellt – sowohl aus energetischer als auch städtebaulicher Sicht –

und Handlungsmöglichkeiten beschrieben und durch die Teilnehmer diskutiert.

4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren

Mit den wichtigsten Akteuren gab es Einzelgespräche, so mit den beiden großen im Untersu-

chungsgebiet ansässigen Firmen Versandhaus BRUNO BADER GmbH+Co. KG und Autohaus

Rösch GmbH+Co. KG. Außerdem fanden mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH und

mit den Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger eG sowie der Stadtbau GmbH Pforz-

heim Gespräche statt. Zu den eigentlich wichtigen Bezirks-Schornsteinfegern vor Ort wurde eben-

falls Kontakt aufgebaut. Leider war es nicht möglich, diese zur Mitarbeit zu bewegen.

46 Pforzheim-Weststadt

Ziel dieser individuellen Gesprächsrunden war es, informell und direkt Kontakt zu den Akteuren zu

pflegen. Hierdurch sollte einerseits eine direkte Mitwirkung am Konzept, z.B. durch die Abfrage von

Verbrauchsdaten oder den Abgleich der konzeptionellen Ansätze im Versorgungsbereich, erreicht

werden. Andererseits konnte direkt und individuell auf Fragen oder Probleme eingegangen werden,

z.B. im Zusammenhang mit Energiesparmaßnahmen. Konzepte zu konkreten Maßnahmen an

Gebäuden oder zur Energieversorgung gehen jedoch über die städtebauliche Betrachtungsebene

hinaus und sollten in individuellen Gebäude-Feinkonzepten behandelt werden.

¯ Mit der BRUNO BADER GmbH + Co. KG wurden die bereits getätigten Maßnahmen des

Energiemanagements erörtert und mögliche weitere Maßnahmen besprochen. Einsparpoten-

ziale sind vor allem im Bereich der Gebäudehülle der älteren Verwaltungsbauten sowie im Be-

reich der Prozesse (Licht, Druckluft, Maschinen) identifizierbar. Das Energiemanagement der

Bruno Bader GmbH kümmert sich darüber hinaus auch um Nutzerschulung und Beschaf-

fungsmanagement.

¯ Das Autohaus Rösch GmbH + Co. KG stellte die sehr unterschiedlichen Gebäude auf dem

Firmengelände vor. Teilweise stammen die Gebäude noch aus der Gründungszeit des Unter-

nehmens. Die Nutzung ist sehr heterogen (Verkauf, Werkstadt, Lager, Büros). Viele Maßnah-

men wurden bereits durchgeführt oder sind in absehbarer Zeit nur schwer zu realisieren (z.B.

energiesparende Beleuchtung für Show-Verkaufsräume). Die Rösch GmbH erzeugt am Stand-

ort bereits mit verschiedenen, auch fassadenintegrierten Anlagen photovoltaisch Strom.

¯ Mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH wurden die Möglichkeiten zum Ausbau

der Fernwärme besprochen. Im Fokus stand vor allem der Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße.

Dem Ausbau stehen hier allerdings technische Grenzen des Leitungsbaus entgegen. Außer-

dem wurden mit den Stadtwerken bei diesem Termin die Vorrangstrategie des Fernwärmeaus-

baus vor Gasnetz in der Weststadt und die Konsequenzen für das Quartierskonzept deutlich.

Näheres hierzu im Kapitel 6.2.

¯ Im Bereich der Wohnungsunternehmen wurde auf eine musterhafte Behandlung eines Gebäu-

des verzichtet, da die umgesetzten Projekte in Pforzheim und dem Quartier bereits ein hohes

Niveau erreicht haben. Stattdessen kristallisierte sich im Projektlauf ein mögliches Projekt zur

gemeinsamen Wärmeversorgung der Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger

eG sowie der Stadtbau GmbH Pforzheim im Bereich Kaiser-Friedrich-Straße/Hans-Sachs-

Straße/Steubenstraße heraus. Bei einem Termin wurden die Möglichkeiten und die erforderli-

chen Randbedingungen ausgelotet, bei beiden besteht Interesse, eine gemeinsame Kraft-

/Wärmezentrale mit Blockheizkraftwerk zu realisieren.

4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm

Um auch die Nutzer der Wohnungen – die Mieter und selbst nutzenden Eigentümer – für die The-

men Klimaschutz und Energieeffizienz zu sensibilisieren und ihnen wichtige Informationen zum

Energiesparen an die Hand zu geben, wurde ein Film gedreht mit dem Titel „Energiesparen im

Haushalt: Wie mache ich es richtig?“. Ziel dabei war vor allem, Bevölkerungsgruppen anzuspre-

chen, die sich mit Informationsbroschüren und ähnlichen Druckerzeugnissen schwerer tun, insbe-

sondere auch mit der deutschen Sprache. Das Endprodukt – eine DVD und ein aus dem Internet

frei herunterladbarer Film – soll diese Zielgruppen leichter erreichen und die Aussagen mit Hilfe der

Synchronisation auf englisch, türkisch und arabisch gut verständlich machen. Der Film wurde im

Untersuchungsgebiet in der Kaiser-Friedrich-Straße gedreht, sodass eine Wiedererkennung und

Identifikation möglich ist, ohne die Wohnung und das Haus direkt ablesbar zu machen. Verteilt wird

der Film an Neubürger und im Baby-Startpaket der Stadt Pforzheim, beim Energietag am

19.10.2013 und über verschiedene Stellen wie das Büro des Quartiersmanagements, Jugendein-

richtungen, Schulen usw.

Pforzheim-Weststadt 47

Abb. 39 Dreharbeiten zum Energiesparfilm: Filmemacher Herr Wingert mit Darsteller Quelle: Weeber+Partner

Der Film beschreibt alltägliche Situationen im Haushalt, bei denen durch einfaches umweltbewuss-

tes Handeln erkennbar Energie gespart werden kann – so beispielsweise beim Stoßlüften über

wenige Minuten anstatt dauerhaft gekippter Fenster, beim Ausschalten des Standby an Elektroge-

räten oder bei der Einstellung der Heizungsthermostate auf mittlere Werte von drei bis vier. Am

Ende des Films wird auf weitere Informationsmöglichkeiten beim Energieberatungszentrum Pforz-

heim (EBZ) verwiesen. Idee und Konzept kamen von Weeber+Partner und ebök, die Dreharbeiten

und Schnitt erfolgten durch den Filmemacher Peter Wingert, Rottenburg mit Unterstützung durch

Weeber+Partner und ebök.

4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013

Der Informationstag zielte auf ein breites Publikum mit dem Schwerpunkt Weststadt und war auch

offen für alle Interessierten in Pforzheim. Wichtig war es, neben den bislang angesprochenen Akt-

euren aus Verwaltung, Wohnungsunternehmen und Energieversorgung, auch die Eigenheimbesit-

zer und Nutzer der Wohnungen in das Sanierungskonzept einzubinden. Sie sollten für Energiespa-

ren, Klimaschutz und Energieeffizienz sensibilisiert und über das Sanierungskonzept und ihre ganz

persönlichen Handlungsmöglichkeiten informiert werden. Für die Veranstaltung ging die Stadt eine

Kooperation mit der Fritz-Erler-Schule ein, um einerseits die oben genannten Themen auch in der

Schule darzustellen und andererseits die Eltern als Wohnungseigentümer und Mieter zu erreichen.

Es gab Kurzvorträge zu erfolgreichen Sanierungsprojekten, Finanzierungsmöglichkeiten und Ei-

genstromnutzung, außerdem viele Infostände der Stadt, der Stadtwerke und der Schule, teilweise

kombiniert mit Mitmachaktionen, Ausstellungen und Rundgängen.

Abb. 40 links: Presseresonanz zum Energietag Quelle: Pforzheimer Zeitung vom 21.10.2013 rechts: Flyer, Ausschnitt Titelseite Quelle: Stadt Pforzheim

48 Pforzheim-Weststadt

5 Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan

Aus der umfangreichen Bestandsanalyse in Kapitel 3 – sowohl der Energie- als auch der städte-

baulichen Analysen – und dem Vergleich mit den Entwicklungspotenzialen und –zielen in Kapitel 4

wurde das Integrierte Quartierskonzept mit Handlungsfeldern entwickelt.

Die folgenden zwei Abbildungen beschreiben die wichtigsten Handlungsfelder, so weit sie sich auf

Karten "verorten", also einzeichnen lassen. Eine ausführliche Beschreibung aller Handlungsfelder

erfolgt in den Kapiteln 6.1 bis 6.11 Hier werden auch "weiche" Handlungsfelder beschrieben, die

die gleiche Wichtigkeit haben können wie die hier bereits genannten, sich aber nicht auf den Karten

darstellen lassen. Auch wenn die Handlungsfelder "Energie" und "Städtebau" gemeinsam entwi-

ckelt wurden, sind sie getrennt dargestellt, um die Lesbarkeit der vielen Aussagen sicherzustellen.

Handlungsfelder "Energie"

Abb. 41: Handlungsfelder "Energie"

In Abb. 41 werden die Handlungsfelder des integrierten Handlungskonzepts im Bereich der Ener-

gienutzung und Energieeffizienz verortet zusammengefasst. Schwerpunkte im Bereich Gebäude-

hülle Wohnbau sind als rote Punkte markiert. Der blaue Bereich markiert den städtebaulichen Aus-

baubereich Fernwärme. Hier wären im Prinzip auch die lila und grün markierten Bereiche zu nen-

nen. Ein Ausbau der Fernwärme ist in diesen Bereichen jedoch absehbar nicht realistisch. Daher

sind diese Bereiche als Ausbaubereich Nahwärme (lila) und effiziente Einzelversorgung (grün)

markiert. Der Messplatz wäre im Bereich des zukünftigen Fernwärmeausbaus (außerhalb des

Untersuchungsgebiets) zu sehen.

Pforzheim-Weststadt 49

Handlungsfelder "Städtebau"

Abb. 42 Handlungsfelder "Städtebau" Quelle: Weeber+Partner

Aus den Defiziten in den Freiraumqualitäten, den fehlenden Fußwege- und Radfahrverbindungen,

dem Mangel an räumlichen Nord-Süd-Verknüpfungen, im Stadtklima und aus den Entwicklungspo-

tenzialen des Messplatzes ergeben sich sechs Handlungsfelder. Ziel ist es, die Lebensqualität im

Untersuchungsgebiet durch ein attraktives Wohnumfeld und eine einfache Mobilität zu Fuß und mit

dem Fahrrad wesentlich zu verbessern:

1 Fußwege-Verbindungen und -Aufwertungen als attraktive Nord-Süd-Verknüpfungen. Eine da-

von, die Verbindung S-Bahnhaltestelle – Enzauen, mit gestalterischen und funktionalen

Schwerpunkten

2 Radweg-Verbindung Maihälden – Südweststadt mit Variante im Bereich der Querung der Ha-

bermehlstraße

3 Westliche Karl-Friedrich-Straße: Begrünung, Aufwertung, Fuß- und Radwege

4 Südliche Enzauen: Erhalt und Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums mit einzel-

nen, dezenten Öffnungen zum Wohnen und zum Straßenraum hin zur Anbindung der Fußwe-

ge, aber ohne Versiegelung der Oberflächen

5 Entwicklungskonzept Messplatz mit Bebauung, Freiräumen, Verknüpfungen, auch zur Verbes-

serung des Stadtklimas, insbesondere zur Verminderung von Hitzeinseln

6 Blockinnenbereiche: Entsiegelung, Begrünung, auch zur Verminderung von Hitzeinseln.

Leitmotive "Rahmenplanung Weststadt" von 2011

Der Schlussbericht des kooperativen Planungsverfahrens "Rahmenplanung Weststadt" von 2011

von Weeber+Partner beinhaltete bereits umfangreiche Themen- und Fach-übergreifende Leitmoti-

ve für die Weiterentwicklung des Stadtteils (vgl. Rahmenplanung Weststadt). An dieser Stelle soll

nochmals an die vier von fünf Leitmotiven erinnert werden, die sich gut mit den Handlungsfeldern

dieses Integrierten Quartierskonzeptes verknüpfen lassen:

50 Pforzheim-Weststadt

¯ Weststadt – Gesund und in Bewegung: Der Klimawandel hat nicht zuletzt gesundheitliche

Folgen, die bisher noch wenig im Fokus der Diskussion stehen. Energetische Stadtsanierung

kann daher auch zur Gesundheitsförderung beitragen. Wichtige Aspekte sind hierbei Entsiege-

lung, privates und öffentliches Grün, Aufenthaltsqualität, angenehme Wege, Bewegungsgele-

genheiten, Förderung umweltverträglicher Nahmobilität. Dies unterstützt Bewegung und Ge-

sundheit der Einzelnen ebenso wie ökologische Qualitäten des Stadtteils. Die zahlreichen Ge-

sundheits-Dienstleister im Stadtteil können wichtige Kooperationspartner sein. Um Lebensquali-

tät in unterschiedlichen Lebenslagen – für Kinder, Jugendliche, Familien ebenso wie für das

Leben im Alter – zu fördern, ist die Weiterentwicklung des öffentlichen Raums von besonderer

Bedeutung.

¯ Bildung und Kultur in der Weststadt: Die Bildungs- und Kultureinrichtungen mit ihrem vielfäl-

tigen und teils hochwertigen Angebot sind eine große Stärke der Weststadt. Sie erleichtern die

Alltagsorganisation und tragen wesentlich zur Lebensqualität bei. Sie können auch eigene

Energiesparkonzepte entwickeln, ein besseres Nutzerverhalten vermitteln und über Bildungs-,

Kultur- und Kunstprojekte das Thema "Energie in der Weststadt" in die Öffentlichkeit und in den

Stadtraum tragen.

¯ Architektur und Denkmal: Die Weststadt hat eine interessante Industriegeschichte (u.a. frühe-

res "Millionenviertel", Uhren, Schmuck), von der trotz der schweren Kriegszerstörungen bis

heute zahlreiche Kulturdenkmäler zeugen. Diese – und der Erhalt des für den Stadtteil Typi-

schen – stellen besondere Anforderungen im Zusammenhang mit der energetischen Sanie-

rung. Im Zusammenhang mit der im Rahmenplan vorgeschlagenen In-Wert-Setzung des histo-

rischen Bestands, auch in Form von Kommunikation und Partizipation (Stadtteilspaziergänge,

Geschichtsprojekte, Einbindung der lokalen Ökonomie), könnten auch in diesem Zusammen-

hang befriedigende und beispielhafte Sanierungsbeispiele entwickelt und vermittelt werden, die

zugleich dazu beitragen, die bisher unbefriedigende Identität des Stadtteils zu stärken.

¯ Wohnen und Arbeiten in der Weststadt: Die Weststadt bietet vielfältige Potenziale für urba-

nes Wohnen und Leben für unterschiedliche Bedürfnisse und Gruppen, für neue Nutzungen

und Nutzungskombinationen. Neue Angebote können durch Modernisierung, Sanierung, Um-

bau, aber auch im Zuge von Neubau geschaffen werden, beispielsweise könnte der Messplatz

zu einem Modellprojekt für städtisches Wohnen und Arbeiten mit hohen Energiestandards und

neuen Mobilitätsformen werden.

Pforzheim-Weststadt 51

5.1 Gebäude und Gebäudehülle

Sektor Wohnen

Maßnahme 1: Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen

Maßnahme 2: Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technisch-

wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen.

Die möglichen Maßnahmen sind stark abhängig vom Eigentümer des Gebäudes. Grundsätzlich

können folgende Verhältnisse auftreten:

a. Wohnungsunternehmen mit – in der Regel – einem größeren Wohnungsbestand

b. Investoren und Einzeleigentümer von vermietetem Wohnraum (ein Besitzer des Gebäudes)

c. Selbstgenutzter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft

d. Vermieteter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft

e. Eigentümer selbstgenutzten Wohnraums (in der Regel Einfamilienhaus, Reihenhaus).

Unternehmen der Wohnungswirtschaft sind in der Regel – vor allem aber in Pforzheim – informiert

und engagiert. Sie unterliegen einem wirtschaftlichen Druck, bezahlbaren und vermietbaren Wohn-

raum zu schaffen oder zu erhalten. Energieeinsparungen kommen jedoch zunächst dem Mieter

über geringere Nebenkosten zu Gute. Der investive Aufwand muss über Mieterhöhung / Kosten-

umverteilung sowie andere Maßnahmen refinanziert werden. In den Energieforen wurde von den

Unternehmen formuliert, dass sich nicht alle Maßnahmen – einzeln für sich betrachtet – rechnen

müssen, die Mischung der Maßnahmen muss aber wirtschaftlich sein.

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Weni-

ger

wichtig

Wichtig Sehr

wichtig

Verbes-

serung

Fenstertausch Kernsanierung,

wohnungswei-

se bei Woh-

nungstausch

b Vermie-

ter

Wichtig Wichtig Weni-

ger

wichtig

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Erhalt

Reparaturen Nein

c, d WEG Sehr

wichtig

Wichtig Weni-

ger

wichtig

Erhalt Reparaturen Nein

e Eigen-

tümer,

selbst-

nutzend

Sehr

wichtig

Sehr

wichtig

Wichtig Verbes-

serung

Fenstertausch,

Deckendäm-

mung, Dach-

dämmung

Bei Besitzer-

wechsel

Tab. 7 zu erwartende Maßnahmen in Abhängigkeit von der Eigentümerstruktur. Quelle ebök.

Empfehlenswert ist in jedem Fall, nicht die Minimalanforderungen anzusteuern, sondern die tech-

nisch / wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen.

Fenster werden heute ausschließlich mit Wärmeschutzverglasung angeboten. Vielfach wird zwei-

fach Wärmeschutzglas mit einem Durchgangswert von 1,1 – 1,3 W/(m²K) verbaut. Marktgängig,

nur wenig teurer und daher empfehlenswert sind jedoch Fenster mit Dreifachverglasung. Hier las-

52 Pforzheim-Weststadt

sen sich bei Glaswerten von 0,6 – 0,8 W/(m²K) Fensterwerte von ca. 1 W/(m²K) erreichen. Diese

Fenster bieten nicht nur Vorteile beim Wärmeschutz: Aufgrund der hohen Oberflächen-Innen-

temperaturen im Winter wirken sich diese Fenster positiv auf die thermische Behaglichkeit aus.

Die Dämmung der obersten Geschossdecke kann leicht durchgeführt werden, wenn der Dach-

raum unbeheizt bleibt, was in der Regel bei Mehrfamilienhäusern angetroffen wird. Ist das Dachge-

schoss ausgebaut, so sind Dämmmaßnahmen häufig mit einer Dachsanierung verbunden.

Für Dachdämmungen bietet die Industrie eine Reihe von Aufdach-, Unterdach- oder Zwischen-

sparrendämmsystemen an. Übliche Dämmstärken liegen bei 20 – 30 cm.

Für Außenwände existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Dämmsysteme, die je nach Einsatz-

zweck vorteilhaft sind. Bei Mehrfamilienhäusern sind aufgrund der Fassadenhöhen Auflagen des

Brandschutzes zu beachten. Heute übliche Dämmstärken bewegen sich im Bereich von 10-16 cm

Dämmstoff zur Erfüllung der EnEV. Technisch machbar, baurechtlich zugelassen und wirtschaftlich

sind jedoch auch höhere Dämmstärken von 20-25 cm und darüber.

Die Dämmung der untersten Geschossdecke, der Kellerdecke (oder auch der Kellerwände) stellt

in jedem Fall eine einfache Maßnahme dar, deren Ausführung jedoch stark von den örtlichen Ge-

gebenheiten (Deckenhöhe, Leitungsführung usw.) abhängt.

Bei verbessertem Wärmeschutz der Gebäudeflächen sind zunehmend auch die Bauteilanschlüsse

zu beachten und gut gedämmt auszuführen. Ziel ist es, auch im Falle einer Sanierung Wärmebrü-

cken zu vermeiden, die nicht nur zu Wärmeverlusten führen, sondern auch bauphysikalische

Schäden nach sich ziehen können. Typisches Beispiel ist der Umgang mit dem vorhandenen Bal-

kon. Die Balkonplatte wurde bis in die 80er Jahre in der Regel durchbetoniert – eine im Falle der

Sanierung nicht zu akzeptierende Wärmebrücke. Es gibt nun die Möglichkeit, den Balkon (teilwei-

se) zu umdämmen oder abzuschneiden und als eigenes Bauteil vorzustellen (Abb. 43)

Abb. 43 Balkonlandschaften in der Weststadt mit vorgestellten Balkonen Quelle: ebök

Aufgrund der wichtigen Bauteilanschlüsse ist es empfehlenswert, Maßnahmenpakete anstelle von

Einzelmaßnahmen durchzuführen. Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) fördert die Sanierung

von Gebäuden auf die Effizienzhausniveaus in besonderer Weise (Tab. 8). Aktuelle Förderbedin-

gungen und –Konditionen sind im Internet veröffentlicht: www.kfw.de.

Pforzheim-Weststadt 53

Tab. 8 KfW Effizienzhäuser (Programme Wohnbau, privat 151, 153, 153 und 430). Stand 8/2013. Qp = Primärenergie-aufwand des Referenzgebäudes. H’T = mittlerer Transmissionskoeffizent der Gebäudehülle [EnEV 2009].

Auch Passivhäuser sind förderfähig. Der Nachweis orientiert sich beim Passivhaus nicht an der

EnEV (Bezug auf Primärenergie und damit Verknüpfung von Hülle und Haustechnik), sondern am

Nachweis des Heizwärmebedarfs von maximal 15 kWh/(m²a). Für Sanierungen existiert eine Ver-

einfachung "Sanierung mit Passivhauskomponenten" EnerPHit www.passiv.de.

Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):

Maßnahme 3: Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe

Maßnahme 4: Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln.

Die Gebäude im Sektor Gewerbe zeichnen sich durch eine große Vielfalt in der Nutzung aus. Fol-

gende Nutzungen konnten identifiziert werden:

¯ Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstattung, z.B. Fa. Bader Versandhaus

¯ Verwaltungsgebäude mit hoher technischer Ausstattung, z.B. Fa. Meyle+Müller

¯ Produktionsgebäude, Logistik, z.B. Fa. Bader Versandhaus

¯ Verkaufsgebäude groß, z.B. Fa. Bader, Fa. Rösch Autohaus

¯ Verkaufsgebäude klein, z.B. Bäckerei Wolff, Arturo's Heimtierland, Kiosk

¯ Werkstätten, z.B. Sahan Kfz Service, Fa. Rösch Autohaus

¯ Gaststätten, z.B. Cafe-Restaurant Lims.

Generelle Aussagen lassen sich dabei am ehesten für Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstat-

tung treffen. Für diese gelten ähnliche Maßnahmen wie im Wohnungsbau. Die Nutzung ist auf-

grund der Betriebszeiten, inneren Last usw. im weitesten Sinne mit einer wohnähnlichen vergleich-

bar. Die anderen genannten Nutzungen lassen sich nicht im städtebaulichen Kontext behandeln,

da individuelle Planungskonzepte angewandt werden müssen.

54 Pforzheim-Weststadt

Sektor öffentliche Gebäude:

Maßnahme 5: Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten

Maßnahme 6: Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen.

Im Bereich öffentlicher Gebäude ist die Hauptfeuerwache in der Habermehlstr. zu nennen. Hierfür

wurden bereits in Kap. 3.2 Potenziale für das Gebäude genannt. Feuerwehren sind in der Regel

intensiv genutzt, haben einen hohen Warmwasserbedarf (Duschwarmwasser, Reinigung), sind

durchgehend beheizt (auch die Wagenhallen) und haben systematische Schwachpunkte (z.B. die

Tore für die Fahrzeuge). Bei der städtebaulichen Begehung wurden die betreffenden Punkte auch

an der Hauptfeuerwache gesehen. Eine (tiefergehende) Gebäudebegehung fand jedoch nicht statt.

Konkrete Maßnahmen an der Hülle sind in einem Individualkonzept zu behandeln. Aufgrund der

Sandwichbauweise des Gebäudes sind Dämmmaßnahmen jedoch nicht einfach auszuführen.

Das Gemeindehaus in der Frankstraße lässt sich ähnlich einer Wohnbebauung behandeln.

5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser

Maßnahme 7: Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen

Maßnahme 8: Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht.

In Kap. 3.4 wurde gezeigt, dass die im Quartier vorhandene Fernwärme auch im Vergleich mögli-

cher dezentraler Heizungssysteme sehr effizient ist. Der Einsatz erneuerbarer Energien wurde in

Kap. 2.12 diskutiert. Daher wird, wie auch im Klimaschutzkonzept, der Ausbau der Fernwärme für

die Weststadt als primäres Versorgungskonzept empfohlen. Folgende Handlungsstufen sollen in

der Weststadt (und in ganz Pforzheim) angewandt werden:

1 Ist Fernwärme vorhanden, so hat diese Vorrang vor allen anderen Versorgungsarten.

2 In verdichteten Gebieten (wie der Weststadt), in denen keine Fernwärme, aber Erdgas vorhan-

den ist, ist die Möglichkeit lokaler Kraft-Wärmekopplung (BHKW, zukünftig Brennstoffzelle) zu

prüfen. Dies ist insbesondere dann lohnenswert, wenn mehrere Gebäude zusammengefasst

werden können (Heizlast > 100 kW) und sommerlicher Warmwasserbedarf vorhanden ist.

3 Sind 1 und 2 nicht möglich, so ist der Einsatz thermischer Solaranlagen zu prüfen (Im Fall 1

und 2 sollte Solarthermie ausgeschlossen werden). Solarthermische Nutzung kann in der Regel

gut in bestehende zentrale Warmwasserbereitungen integriert werden. Die Nutzung der Dach-

flächen steht jedoch in Konkurrenz zur Photovoltaik. Die Prioritäten sind im Einzelfall zu prüfen.

4 In innerstädtischen, vor allem stark mit Verkehr belasteten Gebieten (Umweltzonen) sollte Holz

als Brennstoff nur mit neuester Filtertechnik zum Einsatz kommen, um die Feinstaubbelastung

zu minimieren. In den Außenbezirken, die aufgrund der weniger dichten Bebauung keine wirt-

schaftliche Nahwärmeversorgung bekommen können, sind effiziente Holzheizungen (z.B.

Holzpelletkessel mit Zertifikat, keine Kaminöfen, offene Kamine und dgl.) zu unterstützen.

5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort

Maßnahme 9: Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbin-

dung mit Schallschutzmaßnahmen

Im fünften Energieforum "Wohnen hört nicht an der Haustüre auf" wurden die Schlüsselthemen für

gesundes Wohnen und Wohnumfeld behandelt. In diesem Sinne wären für die Weststadt Gebäude

sowohl mit hoher Innenraumqualität als auch mit hoher Aufenthaltsqualität im Freien anzustreben.

Eine hohe Innenraumqualität wird durch thermischen Komfort und gute Luft sichergestellt. Insbe-

sondere an den durch Lärmimmission belasteten Straßen sollte Wohnungslüftung der Regelfall und

nicht die Ausnahme darstellen.

Pforzheim-Weststadt 55

5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte

Maßnahme 10: "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren

Beispiel Kaiser-Friedrich-Straße

Abb. 44 Musterhafte Sanierung Wohnhaus KF 83 Quelle: ebök

Das Zehnfamilienhaus in der Kaiser-Friedrich-Str. wurde im "laufenden Betrieb“ saniert. Das Haus

ist vermietet. Für die Umbauphase stand eine Reservewohnung zur Verfügung, die umschichtig

entweder voll oder nur die Küche/ das Bad genutzt werden konnte. Neben der Dämmung von Dach

und Außenwand wurden auch die Bäder saniert. Eine Lüftungsanlage kam nicht zum Einsatz,

aufgrund der Bäder mit Fenstern war eine mechanische Belüftung nicht zwingend notwendig. Die

Qualität des Ergebnisses ist nicht zuletzt der Fachkenntnis und dem Engagement des Bauherrn

geschuldet, der in Pforzheim ein Ingenieurbüro betreibt. Die Umbaukosten in Höhe von 260.000

Euro wurden durch Zuschüsse aus dem Sanierungsförderungsprogramm, einer Mieterhöhung und

steuerlichen Abschreibungen getragen. Durch die Energieeinsparung reduzierten sich die Neben-

kosten für die Mieter um den (erhöhten) Mietbetrag, sodass eine win-win-Situation entstand (um-

fassend saniertes Gebäude + Energieeinsparung + Einnahmen und Ausgaben sind ausgeglichen).

Abb. 45 Ein Bad vor (links) und nach der Sanierung (rechts). Die Gasdurchlauferhitzer wurden entfernt.

Quelle BIROS Ing. Büro, Pforzheim

56 Pforzheim-Weststadt

Abb. 46 Energieausweis vor (links) und nach der Sanierung (rechts).Durch die Maßnahmen konnte der Endenergiebe-darf um ca. 63 % reduziert werden, was für eine Sanierung einen sehr guten Wert darstellt. Quelle BIROS Ing. Büro, PF

Maßnahme 11: Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren

Beispiel Güterstraße 30

Abb. 47 Musterprojekt Güterstraße 30, Bau und Grund GmbH: vorher (links), geplant (rechts) Quelle: Bau und Grund GmbH

In der Umgebung des Quartiers, am Pforzheimer Hauptbahnhof, befindet sich in der Güterstraße

30 ein Sanierungsprojekt der Bau und Grund GmbH. Es handelt sich um ein Modellvorhaben der

Deutschen Energie Agentur (dena) "Auf dem Weg zum Effizienzhaus Plus". Ziel ist eine öffentlich-

keitswirksame Vermittlung von Themen wie attraktives städtisches Wohnen, Erzeugung regenera-

tiver Energien und Nachverdichtung. Die Sanierung wird mit passivhaustauglichen Komponenten

durchgeführt. Das Gebäude wird aufgestockt und im bewohnten Zustand saniert. Herzstück ist die

neue hochwärmegedämmte Fassade mit Dreifachverglasung und integrierten Solarkollektoren auf

der Südfassade. Es wird eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert. Die Wärmever-

sorgung erfolgt über eine multivalente Wärmepumpe mit Fassadenelementen, Eisspeicher (Ab-

wasserwärmesammler) und Fortluft als Wärmequelle. Ergänzt wird das Konzept durch lokale

Windenergienutzung und Photovoltaik.

Das Konzept ist sehr gut geeignet, technische Möglichkeiten aufzuzeigen. Die hier verwendete

Wärmepumpenlösung sollte jedoch nur in Lagen konzipiert werden, für die kein Fernwärmean-

schluss zur Verfügung steht. Als äußerst wertvoll für die beteiligten Partner dürften sich auch Erfah-

rungen bei der Umsetzung ambitionierter Sanierungskonzepte (in bewohnten Zustand) erweisen.

Das Projekt verbindet anspruchsvolle Gestaltung mit technischen Innovationen und stellt somit zu

Recht ein Leuchtturmprojekt dar. Sehenswert auch der Animationsfilm zum Umbau unter

http://www.pz-news.de/videos_video,-Animationsfilm-Umbau-Wohnhochhaus-Gueterstrasse-in-

Pforzheim-_videoid,3938.html.

Pforzheim-Weststadt 57

Maßnahme 12: Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer

Energien untersuchen

Beispiel Steubenstr. / Kaiser-Friedrich-Str. in Pforzheim

Die Wohnungsunternehmen Stadtbau Pforzheim und Arlinger beabsichtigen, eine gemeinsame

Heizzentrale für die Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 zu

realisieren. Da in diesem Bereich absehbar keine Fernwärme zur Verfügung stehen wird (vgl. Kap.

2.13), könnte ein (beschränktes) Nahwärmenetz mit Kraft-Wärme-Kopplung lohnenswert sein. Die

Stadtwerke Pforzheim wurden aufgefordert, ein Contracting-Angebot abzugeben. Sollte sich die

Realisierbarkeit herausstellen, so könnte das Projekt sehr gut modellhaft für ähnliche oder noch

günstigere Situationen in der Weststadt bzw. Pforzheim sein.

Abb. 48 Ecke Hans-Sachs-Str / Steubenstraße Quelle: Weeber+Partner

In Bezug auf die zunehmend wünschenswerte dezentrale Stromversorgung im Zuge der Energie-

wende kommt der Kraft-Wärme-Kopplung (mit BHKW, zukünftig ggf. mit Brennstoffzelle) eine be-

sondere Bedeutung zu. Die Technik benötigt eine gewisse Größe, um wirtschaftlich arbeiten zu

können (größer 50-100 kWth.). Gründe hierfür sind im Wartungsaufwand für die verwendete Mo-

torentechnik und in den notwendigen Redundanzen zu finden. Zudem wird eine möglichst lange

Laufzeit (größer 4500 Volllaststunden p.a.) erwartet. Dies kann einfacher mit den Lastprofilen in

Mehrfamilienhäusern, Hotels und vor allem Schwimmbädern erreicht werden als in Einzelhaushal-

ten. Im vorliegenden Fall wäre es sicher günstiger, auch die Gebäude Steubenstr. 66, 68, 68 sowie

Kaiser-Friedrich-Str. 144, 146, 148, 150, 152 einzubeziehen. Letztere sind jedoch im Streubesitz

und folglich die Eigentümer schwerer zu motivieren. Gute Voraussetzungen für lokale Kraft-

Wärme-Kopplung bestehen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

¯ Es steht bereits ein Erdgasanschluss zur Verfügung.

¯ Eine Lastberechnung ergibt mehr als 4500 Volllaststunden p.a. Dies wird vor allem durch einen

hohen Sommerbedarf an Warmwasser erreicht (Mehrfamilienhaus mit hoher Personendichte,

Wohnheime, Hotels, Schwimmbäder).

¯ Leitungsführung zur Kopplung mehrerer Gebäude kann kostengünstig über Kellertrassen oder

durch Gärten erfolgen. Trassen mit teuren Oberflächen wie Straßen u.ä. sind ungünstig.

¯ Es steht qualifiziertes und engagiertes Personal zur Wartung zur Verfügung. Alternativ kann

auch der Contracting-Betreiber die Verantwortung übernehmen.

¯ Es kann ein hoher Eigenstromverbrauchsanteil realisiert werden. Die reine Einspeisung nach

KWK-Gesetz ist in der Regel nicht wirtschaftlich.

58 Pforzheim-Weststadt

Maßnahme 13: Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen.

Energieeffizienzprojekte unterstützen

Beispiel Nichtwohngebäude und Sonderfälle: Meyle+Müller

Für das Büro- und Produktionsgebäude der Meyle+Mülller wurden zwei Ingenieurbüros beauftragt,

alternative Energiekonzepte zu entwickeln. Das ist gleich doppelt erwähnenswert: Erstens ist die

Aufstellung eines Konzepts, das die Belange des Auftraggebers (hier: digitale Aufbereitung von

Daten, u. a. für Kataloge) mit Zielen der Energieeffizienz zusammenbringt, ein richtiger und erfolg-

versprechender Weg. Zweitens ist die Auslobung eines Wettbewerbs zweier Büros dazu geeignet,

höchst innovative und zielgerichtete Umsetzungen zu entwickeln.

Abb. 49 Bürogebäude Meyle+Müller Quelle: ebök

Das Gebäude ist aus den 60er Jahren und wurde den sich verändernden Nutzungsbedingungen

immer wieder angepasst, z.B. durch Installation einer Anzahl von Split-Kühlgeräten. Hier sollte eine

grundsätzlichere Lösung gefunden werden. Eine Besonderheit bei dem Gebäude ist das Auftreten

enorm hoher innerer Wärmequellen durch den intensiven Einsatz von EDV. Dadurch besteht trotz

der nicht mehr zeitgemäßen Gebäudehülle nur wenig Heizbedarf; größere Probleme bereitet dage-

gen die sommerliche Kühlung. Aufgrund der Arbeit mit Druckvorlagen müssen konstante und defi-

nierte Lichtverhältnisse herrschen, eine natürliche Beleuchtung ist damit ausgeschlossen.

5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz

Die Stadtbildqualitäten in der Weststadt lassen sich unter vier Aspekten beschreiben:

1 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale). Die im Untersuchungsgebiet

vorhandenen Baudenkmale sind in [Denkmalliste PF2009] gelistet.

2 Erhaltenswerte Gebäude sind ebenfalls in [Denkmalliste PF2009] aufgeführt, stehen aber nicht

unter Denkmalschutz.

3 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale ohne Schutzstatus, z.B.

- Fensterformate und Sprossen

- Lisenen und Umfassungen in den 50er Jahren

- Fensterläden

- Balkone

- Sockelgestaltung

- Dachlandschaften

4 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten

Pforzheim-Weststadt 59

Abb. 50 Baudenkmale und erhaltenswerte Gebäude

Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale)

Abb. 51 Fassade eines der wenigen Baudenkmäler im Gebiet Quelle: ebök

Denkmalschutz ist in Deutschland ein gesetzlicher Schutzstatus. Baudenkmale können außen nur

maßvoll oder überhaupt nicht verändert werden. An Sichtfassaden ist in der Regel keine Dämmung

möglich. Zur Verbesserung des Wärmeschutzes muss auf Innendämmung zurückgegriffen werden.

Innendämmung ist jedoch vergleichsweise teuer, es muss sehr auf die bauphysikalische Qualität

der Ausführung geachtet werden und zuletzt geht Wohnraum verloren. Eine generelle Vorgehens-

weise kann nicht empfohlen werden, es ist eine Prüfung im Einzelfall notwendig.

Problem: Kein Eingriff an der Fassade möglich

Lösung: Möglichkeit der Innendämmung prüfen; unkritische Bereiche wie Dächer, Keller maximal

dämmen; rückwertige Fassaden dämmen, Balkone ggf. entfernen

Fenster in originalgetreuer Teilung ersetzen.

Maßnahme 14: Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalge-

schützte Rückfassaden dämmen

60 Pforzheim-Weststadt

Erhaltenswerte Gebäude

Erhaltenswerte Gebäude genießen diesen Schutzstatus nicht in demselben Maße wie Baudenkmä-

ler. Eine Anhörung der unteren Denkmalschutzbehörde wird bei einer anstehenden Veränderung

jedoch empfohlen. Grundsätzlich unterscheidet sich jedoch der Umgang nicht vom Umgang mit

Kulturdenkmälern.

Abb. 52 Vorder- und Rückseite des Gebäudes. Die Rückseite kann gedämmt werden Quelle: Ebök

Oftmals stehen jedoch nur die straßenzugewandten Seiten unter Schutz, die rückwärtigen Fassa-

den können sehr gut gedämmt werden.

Problem: Kein Eingriff an der Fassade erwünscht

Lösung: gleiche Maßnahmen wie bei Denkmalen

Maßnahme 15: Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht

geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen.

Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale

Abb. 53 Links ist das Gesimse noch vorhanden, und die Fensterumfassung tritt hinter Dämmung und Putz zurück. Die Dämmschicht genügt nicht mehr den heutigen Anforderungen. Das Fenster wurde bereits in den 70er / 80er Jahren ersetzt. Dabei ging auch die alte Fensterteilung verloren. Rechts eine noch typische Fassade, allerdings bereits ergänzt um einen Miniaturrollladenkasten, welcher mit dem modernen Standard-Kunststofffenster eingebaut wurde. Quelle: ebök

Pforzheim-Weststadt 61

Der Umgang mit nicht denkmalgeschützten Fassaden und deren Details ist anspruchsvoll. Auch

hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Schutzcharakter eine aufwändige Innendämmung

rechtfertigt, auch wenn diese aus architektonischer Sicht vielleicht wünschenswert wäre. Lisenen

und Umrandungen werden in der Regel überdämmt oder treten hinter die Vorderkante der Däm-

mung zurück. Dies stellt übrigens auch wärmetechnisch keine ideale Situation dar, da Wärmebrü-

cken verbleiben. Umfassungen sollten besser entfernt werden und nicht als Anschlag der Wärme-

dämmung dienen. Eine mögliche aber teure Lösung wäre, Lisenen und Umfassungen wieder origi-

nalähnlich auf der Dämmung zu rekonstruieren. Weniger befriedigend ist es, die Originallage durch

Farbe oder einen kleinen Einschnitt anzudeuten. Fensterformate können und sollen jedoch auch

bei einer Erneuerung weitgehend erhalten bleiben. Die Industrie bietet hier eine breite Palette von

zeitgemäßen Lösungen an, die auch ästhetische Wünsche (schlanke Profile, Sprossen) befriedi-

gen.

Abb. 54 Typische Gesimse, Gewände und Lisenen, Fensterläden und Umfassungen prägen die Fassaden Quelle: ebök

Problem: Eingriffe an Fassade verändern Details und Proportionen

Lösung: Innendämmung prüfen

Veränderung der Proportionen bei großen Gebäuden nachrangig. Prüfen, ob hochwerti-

ger Dämmstoff mit geringerer Aufbaustärke eingesetzt werden kann

Lisenen und Gesimse sowie Umfassungen wieder herstellen oder durch Farbelemente

und/oder Einkerbungen betonen

Fensterläden erneuern und wärmebrückenarm montieren

An Details wie Vordächern, Anschlüssen usw. proportionsgerecht arbeiten

Originale Putzstrukturen und Farben verwenden

Fenster und Türen in originalgetreuer Teilung ersetzen.

Maßnahme 16: Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus)

exemplarisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und

Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fensterteilungen

und Türen originalgetreu oder passend erneuern.

62 Pforzheim-Weststadt

Abb. 55 Die originale Tür ist bereits durch eine Standard-Aluminiumtür mit sehr schlechtem Wärmeschutz ersetzt worden. Die Umfassung der Tür tritt auch hier hinter die Wärmedämmung zurück. Die Fenster sind Standard-Kunststofffenster mit Aluminium-Fensterbänken. Hier wurde weder der ursprüngliche Charakter erhalten, noch ein mo-derner Stil geprägt Quelle: Weeber+Partner

Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten

Es ist wünschenswert, dass Baudetails bestehen bleiben, die auch stadtbildprägend sind. Teilweise

sind das nicht die großen Formate der Gebäude, sondern Details an Fassaden und im Stadtbild.

Hier sind alle Beteiligten gefordert, die Details auch über eine Sanierung hinaus zu retten.

Abb. 56 Details aus verschiedenen Jahrzehnten … Quelle: ebök

Problem: Baudetails verschwinden

Lösung: Details auch bei einer Sanierung erhalten.

Maßnahme 17: Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich

Pforzheim-Weststadt 63

Konflikte bei Wärmeschutzmaßnahmen

Werden Dämmschichten angebracht, so wird dafür Raum gebraucht. Das kann zu Konflikten füh-

ren, die aus technischer und gestalterischer Sicht in der Regel zufriedenstellend gelöst werden

können:

Problem: Überschreitung von Baugrenzen und Baulinien

Die Dämmung ragt in den öffentlichen Straßenraum

Die Dämmung steht in Konflikt mit Masten, Telefonverteilern und Ähnlichem

Am Anschluss zweier Gebäude

Überschreitung der maximal zulässigen Firsthöhe bei Dachdämmung

Lösung: Hochwertigere Dämmstoffe benötigen weniger Raum

Dämmschichten lassen sich durch Aussparungen etc. anpassen

Bei Versprüngen etc. kann ein Anschluss gefunden werden.

Maßnahme 18: Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermögli-

chen

Werden durch die Anbringung von Dämmschichten baurechtliche Einschränkungen (Baulinie, Bau-

grenze, Firsthöhe, öffentlicher Raum) tangiert, so muss die Stadtplanung und Baugenehmigungs-

behörde per Satzungsbeschluss oder Ausnahmegenehmigung auf die notwendigen Maßnahmen

reagieren, z.B. indem Überschreitungen bis zu einer Maximalgröße generell zugelassen werden.

Abb. 57 Die Dämmung der Außenwand ragt in den Straßenraum hinein, im rechten Bild an der einen Giebelwand deutlich schwächer als an der anderen. Die Dämmung steht auch in Konflikt mit dem Telefonverteiler sowie dem (im Bild nicht sichtbaren) engen Bürgersteig. Es wäre möglich gewesen, die Dämmung im Bereich der Laufwege und des Vertei-lers abzusetzen und so große Teile der Wand stärker zu dämmen Quelle: ebök

5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume

Eine "integrierte" Betrachtungs- und Arbeitsweise bedeutet, weit über den Tellerrand der Fachdis-

ziplinen wie Stadtplanung, Architektur und Energieplanung hinauszuschauen und neue Synergien

durch Information, Austausch und Zusammenarbeit zu erschließen. Beim Integrierten Quartiers-

konzept geht es nicht nur um Klimaschutz, Energieeinsparung und Energieeffizienz, sondern

gleichermaßen auch um die dringliche Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität. Es geht beim

Klimaschutz nicht nur – wie in der öffentlichen Diskussion häufig – um den Bereich Wohnen, son-

dern auch um Mobilität in allen Formen und um Gewerbe. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine

Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmischung. So sind kurze Wege ein wichtiger Bestand-

teil der hier genannten Handlungsfelder und auch Gesundheit im Zusammenhang mit den Folgen

des Klimawandels.

64 Pforzheim-Weststadt

Die Qualität der öffentlichen Freiräume im Untersuchungsgebiet ist stark verbesserungswürdig.

Davon sind sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner als auch die vielen Beschäftigten in der

Weststadt betroffen. Somit sind qualitätsvolle Freiräume auch als Standortfaktor für das Gewerbe

zu sehen, beispielsweise als angenehmes Arbeitsumfeld mit attraktiven Pausenmöglichkeiten. Um

sowohl die Fußwegeverbindungen zu stärken und zu verbessern als auch die Erholungsräume

auszubauen bzw. die bestehenden besser erlebbar zu machen, werden folgende Maßnahmen

vorgeschlagen:

Maßnahme 19: Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen

Hierzu zählen von West nach Ost die Hans-Sachs-Straße, die Erasmusstraße, die Merianstraße

und die Maystraße. Die Hans-Sachs-Straße sollte mehr Fläche für Fußgänger und deutlich weniger

für den Autoverkehr erhalten, außerdem eine großzügigere fußgängerfreundliche Querungsmög-

lichkeit der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der Habermehlstraße, insbesondere zur Anbin-

dung der Fritz-Erler-Schule. Die anderen drei Straßen sollten mit Grün (v.a. Bäume) und weniger

Parkierungsflächen einladender für die Fußgänger werden mit einem Schwerpunkt in der Eras-

musstraße, siehe nächsten Punkt.

Abb. 58 Verknüpfungen, Fußwegeverbindungen und Erholungsräume Quelle: Weeber+Partner

Maßnahme 20: Gestaltungsschwerpunkt setzen: Von Maihälden zur Enz

Als Gegengewicht zu den starken Ost-West-Verbindungen in der Weststadt wird eine neu zu ge-

staltende Nord-Süd-Achse zwischen der S-Bahnhaltestelle Maihälden und der Enz vorgeschla-

gen. Den Schwerpunkt dabei bildet der kleine Platz zwischen der Kirche St. Antonius und der 50er-

Jahre-Zeile mit Café und Trödelladen im Erdgeschoss. Mit Hilfe eines durchgehenden Platzbelags

und der Sicherung der den öffentlichen Raum prägenden 50er-Jahre-Fassade über Denkmalschutz

könnte das relativ ruhige und "verträumte" Flair unterstützt werden. Der kleine Platz bietet das

Potenzial für einen identitätsstiftenden und kommunikativen Ort für die Weststadt. Die neue Achse

würde dann der Treppe in der Erasmusstraße folgen. An der Querung der Westlichen Karl-

Friedrich-Straße würde ein weiterer gestalterischer Schwerpunkt folgen im Zusammenhang mit

dem bestehenden Pavillon (Begegnung, Treff, Identität, Nahversorgung), einer Aufweitung der

Fußgängerfläche und einer deutlichen Einschnürung der Fahrbahn. Die weiterführende Erasmus-

straße sollte mit Grün (v.a. Bäume) und weniger Parkierungsflächen einladender werden. Für die

gefahrlose Querung der Habermehlstraße in Richtung Enzauen ist eine Fußgängerampel unab-

dinglich.

Pforzheim-Weststadt 65

Maßnahme 21: Westliche Karl-Friedrich-Str. Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen

Um die Westliche Karl-Friedrich-Straße für Fußgänger attraktiver zu machen, ist mehr Distanz

zur Fahrbahn erforderlich, beispielsweise durch Begrünung und Bäume (vgl. gutes Beispiel Maxi-

milianstraße). Die Verkehrsflächen für die Fahrbahnen sind deutlich überdimensioniert und können

auf das erforderliche Maß für zwei Fahrstreifen zuzüglich je einen ausgewiesenen Fahrradfahrstrei-

fen reduziert werden. Es wäre auch zu prüfen, ob die Zahl der Stellplätze deutlich reduziert und

stattdessen Bäume gepflanzt werden können. Auch die Querungsmöglichkeiten sollten deutlich

verbessert werden, beispielsweise im Zusammenhang mit großzügigeren Vorbereichen an den

Pavillons. In diese Überlegungen sind auch die Radwege einzuplanen.

Abb. 59 Neuordnung und -gestaltung der Westlichen Karl-Friedrich-Straße mit Radwegen, Bäumen und Aufweitung des Fußgängerbereichs vor dem Pavillon mit ausgewiesener Fußgängerquerung im Bereich der Erasmusstraße Quelle: Weeber+Partner

Maßnahme 22: Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen

Wichtig ist der Erhalt und die weitere Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums der

Enzauen, doch sind auch einzelne, sensibel auszuführende Öffnungen zum Wohnen und zum

Straßenraum hin zu empfehlen. Hierzu zählen besonders eine Öffnung zur Steubenstraße hin

durch Beschnitt der Gehölzriegel, eine gestaltete Anbindung der bestehenden Fußwege an die

Uferwege und neue Sitzgelegenheiten, ohne dabei die Oberflächen mehr als unbedingt erforderlich

zu versiegeln. Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüche zwischen Naturschutz und Freizeitan-

spruch harmonisiert werden und die Maßnahmen mit dem bestehenden Bebauungsplan im Rah-

men der Ausgleichsplanung abgestimmt werden.

Maßnahme 23: Blockinnenbereiche aufwerten

Die in der Nachkriegszeit zwischen Habermehl- und Westlicher Karl-Friedrich-Straße entstandenen

geschlossenen Blockränder zeigen in ihrer Mischung aus gewerblicher und Wohnbebauung noch

etwas von der ursprünglichen Industriegeschichte, wirken aber heute eher ungeordnet und wenig

qualitätsvoll. Der besonders hohe Versiegelungsgrad und die Nutzung der Hinterhöfe zur Parkie-

rung mindern die Wohnqualität und führen zu einem ungünstigen Mikroklima mit Wärmeinseln.

Folgende Strategie wird vorgeschlagen:

¯ Erarbeitung eines städtebaulichen Leitbilds für die Entwicklung dieser Art von Blockrandbe-

bauungen in der Weststadt. Wichtig dabei ist es auch, die Geschichte der Industrieentwicklung

zu erhalten oder neu erlebbar zu machen, um die bislang geringe Identität herauszuarbeiten.

66 Pforzheim-Weststadt

Dazu zählen bauliche Details genauso wie die städtebauliche Struktur der besonderen Mi-

schung aus Arbeiten und Wohnen. Die Sammlung und Kommunikation von guten Beispielen

qualitätsvoller Höfe kann hierfür eine gute Hilfe sein.

¯ Die Blöcke zwischen Hans-Sachs-Straße und Merianstraße im Rahmen des bestehenden So-

ziale Stadt-Sanierungsgebietes als Gebiet mit "investiver Förderung" ausweisen (also über

die steuerrechtliche Förderung hinaus), um finanzielle Anreize für die Eigentümer zu schaffen.

¯ Bei Mindernutzungen einzelner Grundstücke (beispielsweise geringe Geschosszahl oder

Baulücken) sollte der Kontakt zu den Eigentümern aufgebaut werden, um ihnen Möglichkeiten

aufzuzeigen, im Rahmen des bestehenden Baurechts gestalterisch hochwertig zu bauen und

dann im Fall von umfangreicheren Sanierungen oder Neubebauungen auch die Hinterhöfe auf-

zuwerten oder ganz zu entsiegeln und zu begrünen.

¯ Die gemischte Struktur der Baublöcke sollte im Rahmen der Bauleitplanung erhalten und

gestärkt werden, allerdings ist die Auslegung oder auch die Ausnutzung des bestehenden Bau-

rechts bzw. der Satzungen zu prüfen, um einen "Wildwuchs" wie im Hinterhof der Erasmusstra-

ße 6 zu verhindern.

5.7 Mobilität

Die Weststadt ist geprägt von hoher Verkehrsbelastung. Auch wenn eine signifikante Minderung

nur durch gesamtstädtische Maßnahmen zu erreichen ist, sind im Untersuchungsgebiet trotzdem

Veränderungen möglich und dringend anzuraten, um die Wohn- und Aufenthaltsqualitäten für die

jetzigen und künftigen Bewohnerinnen und Bewohner zu verbessern. Damit lässt sich zugleich die

Umsetzung des gesamtstädtischen Verkehrskonzepts unterstützen.

Maßnahme 24: Mobilitätskonzept erstellen

Für die Weiterentwicklung des Stadtteils ist ein Mobilitätskonzept erforderlich, das den ÖPNV,

das Autofahren, den ruhenden Verkehr, den Ausbau alternativer Mobilitätsformen (beispielsweise

Elektromobilität und Carsharing), die Unterstützung der Fahrradnutzung und die Verbesserung der

Fußwege in einen Zusammenhang bringt, auch im Hinblick auf kurze Wege zur Unterstützung der

täglichen Nahversorgung. In diesem Zusammenhang sind auch die Verbindungen zu den groß-

räumigen Verkehrsströmen zu überprüfen, um mögliche Schwerpunkte für den Durchgangsverkehr

zu optimieren und als Ausgleich andere deutlich zu erleichtern. Auch der Quell- und Zielverkehr der

großen Gewerbebetriebe im Stadtteil und der Einfluss der Parkmöglichkeiten auf dem Messplatz

auf die Verkehrserzeugung sollten genau untersucht werden. Neben einer Aufwertung der Straßen-

räume und Wege zugunsten von Nahmobilität, zu Fuß Gehen, Radfahren und mehr Grün (vgl.

oben "Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume") sollten folgende Aspekte in das Mobilitätskon-

zept einfließen:

¯ Im Untersuchungsgebiet fehlen Nord-Süd-Verbindungen im öffentlichen Personennahver-

kehr (ÖPNV), insbesondere zur Anbindung des Bereiches Westliche Karl-Friedrich-Straße,

Messplatz und Kaiser-Friedrich-Straße an den Bahnhaltepunkt Maihälden und weiter in den

Norden der Weststadt. Es ist zu prüfen, ob die Buslinienführung durch eine ergänzende Ver-

bindung zwischen den Haltestellen Fritz-Erler-Schule und Kochstraße angepasst werden kann.

¯ Carsharing – die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines Autos in der Stadt – gibt es in

Pforzheim durch die Unternehmensgruppe stadtmobil bereits, allerdings liegen die Standorte

mindestens 500 Meter, die meisten über einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Es

ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt möglich sind und welche Rah-

menbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt werden können, insbesondere auch

im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Eine gute Lösung für die Auslastung

der Teilautos ist auch die gemeinsame und wechselseitige Nutzung zu verschiedenen Tages-

zeiten, beispielsweise tagsüber – wie bereits bislang möglich – durch städtische Beschäftigte

und außerhalb der Geschäftszeiten durch Private. Das nahe gelegene Karlsruhe kann ein gutes

Pforzheim-Weststadt 67

Beispiel sein, denn die Stadt ist bundesweit die "Carsharing-Hauptstadt" und hat die meisten

geteilten Autos pro Einwohner (1,8 Autos pro 1000 EW, der Bundesschnitt liegt bei 0,1, laut

Bundesverband Carsharing, http://www.carsharing.de/presse/pressemitteilungen/carsharing-

staedtevergleich-karlsruhe-weiterhin-carsharing-hauptstadt)

¯ Alle Ladestationen für Elektroautos in Pforzheim liegen mindestens einen Kilometer vom Un-

tersuchungsgebiet entfernt. Es ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt

möglich sind und welche Rahmenbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt wer-

den können, insbesondere auch im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Da-

bei sind auch technische Erfordernisse mit zu beachten, beispielsweise die Effizienz von Elek-

tromobilität in Abhängigkeit von der Art der Stromerzeugung, also möglichst den Strom vor Ort

und selbst zu erzeugen.

¯ Generell ist es wichtig, nicht nur an die Bewohner, sondern auch an die vielen Beschäftigten in

der Weststadt zu denken. Hier sollten die Unternehmen hinsichtlich eines betrieblichen Mobi-

litätsmanagements beraten und unterstützt werden. Es geht darum, den betriebsbedingten

Verkehr – der Pendlerverkehr und die Geschäfts- und Transportfahrten – kosteneffizienter und

umweltverträglicher zu gestalten. Ein Maßnahmenkonzept beinhaltet beispielsweise die Einfüh-

rung eines Jobtickets für den ÖPNV oder die Optimierung der betrieblichen Verkehrswege.

¯ Ein Mobilitätskonzept soll vor allem eine Vielzahl von Verbundlösungen unterstützen. Es wird

zunehmend wichtiger, tages-, wetter- und ziel-abhängig verschiedene Mobilitätsformen wie

ÖPNV, Carsharing oder Fahrrad miteinander zu kombinieren. Hierfür ist es wichtig, mobile In-

formationen zur Verfügung zu stellen ("smarte Mobilität") und finanziell durch gemeinsame Tari-

fe attraktiv zu machen.

Maßnahme 25: Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen

Abb. 60 Bestehende und mögliche neue Routenführungen für Radfahrer Quelle: Weeber+Partner

Im Untersuchungsgebiet und in der Weststadt insgesamt fehlen attraktive und gefahrlose Nord-

Süd-Verbindungen. Um die Fahrradnutzung im Untersuchungsgebiet und für die gesamte Stadt

Pforzheim attraktiver zu machen, wird vorgeschlagen, eine neue Route auszubauen (rote durch-

gezogene Linie in Abb. 56) als Verbindung zwischen Maihälden und der Südweststadt. Von Mai-

hälden kommend kann die S-Bahnstation angebunden werden, dann die Fritz-Erler-Schule und

68 Pforzheim-Weststadt

weiter der Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr. Die weitere Verbindung zur Südweststadt kann

entlang der Enz und dann ansteigend über die Bohrainstraße erfolgen.

Die beiden Knotenpunkte Westliche Karl-Friedrich-Straße / Hans-Sachs-Straße / Antoniusstraße

und Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße müssen dazu deutlich fahrradfreundlicher umgestaltet

werden, da sie jetzt schon ein hohes Gefahrenpotenzial bergen und allein die Ausweisung eines

Fahrradstreifens im parallelen Bus- und PKW-Verkehr voraussichtlich nicht die erforderliche Si-

cherheit bietet, insbesondere nicht für Schüler. Im Rahmen eines Verkehrskonzeptes ist zu prüfen,

ob für den Knotenpunkt Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße eine oberirdische Querung mit

Fahrradampeln zielführender wäre oder eine Anbindung an die Fahrradunterführung mit kleinem

Umweg (rote gestrichelte Linie in Abb. 53). Falls erforderlich, könnte durch den Wegfall der Park-

plätze entlang der Hans-Sachs-Straße vor der Fritz-Erler-Schule eine ausreichende Fahrbahnbreite

für einen zusätzlichen Fahrradstreifen erreicht werden.

Maßnahme 26: Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen

Im Hinblick auf eine möglichst flexible Wahl der Mobilitätsmittel innerhalb der Stadt haben Leih-

fahrräder eine große Bedeutung. Wenn Pforzheim sich für ein stadtweites Netz an Leihstationen

entscheidet, sind mögliche Standorte in der Weststadt der S-Bahn-Halt Maihälden, der Platz vor

der Kirche St. Antonius und der Messplatz, sofern er baulich entwickelt wird. Neben "normalen"

Leihfahrrädern sollten dann auch E-Bikes zur Verfügung stehen aufgrund der bewegten Topografie

und für Menschen mit eingeschränkter Fitness.

5.8 Stadtklima

Die Freiräume und ihre Benutzungsqualität sind entscheidend für das Wohlbefinden der Bewohne-

rinnen und Bewohner in der Weststadt. Diese Qualität wird maßgeblich auch vom Stadtklima be-

einflusst, das sich aus dem Zusammenspiel von gebauter Stadt und der sie durchdringenden Luft

mit Temperatur, Feuchte und Bewegungsgeschwindigkeit ergibt. Das Untersuchungsgebiet wird

von mehreren Hitzeinseln stark belastet, weshalb großer Handlungsbedarf besteht, insbesondere

im Bereich des Messplatzes. Der Klimawandel mit steigender mittlerer Jahrestemperatur, einer

höheren Zahl von Hitzetagen und Extremereignissen wie Starkregen und Hochwasser erfordert

eine eigene Anpassungsstrategie.

Maßnahme 27: Hitzeinseln in den Hinterhöfen entschärfen: Grünanteil erhöhen

Die Hinterhöfe der Blockrandbebauungen haben einen besonders hohen Versiegelungsgrad und

bedürfen einer besonderen Strategie, vergleiche Maßnahme 23: "Blockinnenbereiche aufwerten".

Diese Strategie muss auch einen Fokus auf die Erhöhung des Grünanteils legen, sowohl an schat-

tenspendenden Bäumen als auch an Grünflächen zur Pufferung des Regenwassers und für Ver-

dunstungskälte. Hinzu kommt die Förderung der Dach- und Fassadenbegrünung im Rahmen der

Bauleitplanung und der Förderkriterien bei Sanierungsmaßnahmen. Neben Regenwasserpufferung

und Verdunstungskälte verringert sie auch die Wärmeabstrahlung der Gebäude.

Maßnahme 28: Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten

Sowohl für den Stadtteil als auch gesamtstädtisch von großer Bedeutung ist das Freihalten der

Kaltluftbahnen entlang der Enz und der sie speisenden Flächen Rod und Brötzinger Waldwiesen.

Hinzu kommt der Aufbau zusammenhängender Freiraumstrukturen mit schattenspendenden Bäu-

men und weiteren Grünflächen mit Wasserflächen und durchfeuchteten Flächen für Verdunstungs-

kälte. Der bislang komplett versiegelte Messplatz und die angrenzenden Enzauen bieten das größ-

te Potenzial dazu. Die Komplexität erfordert ein eigenes Fachgutachten, das Ziele für die Stadtent-

wicklung in Bezug auf das Stadtklima formuliert.

Pforzheim-Weststadt 69

5.9 Bebauung Messplatz

Maßnahme 29: Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den Messplatz

erarbeiten

Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, überwiegend asphaltierten Fläche mit seiner attraktiven

Lage an der Enz und der zentralen Lage in der Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus.

Der Messplatz stellt ein städtebauliches Vakuum in der Weststadt dar, das stadträumliche Verbin-

dungen unterbricht und die Entwicklung des Stadtteils hin zu einem attraktiven Wohn-, Lebens- und

Arbeitsstandort stark behindert. Eine Bebauung und damit eine neue Nutzung würde der gesamten

Weststadt zugute kommen, denn eine Vielzahl der in Kapitel 3 beschriebenen Defizite und Mängel

des Untersuchungsgebietes und der Gesamt-Weststadt könnten durch eine neue Nutzung deutlich

verringert oder ganz behoben werden. Ohne die Entwicklung des Messplatzes sind eine Reihe von

Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des Untersuchungsgebietes möglich (beispielsweise Rad-

und Fußwege), aber erst durch die Umnutzung würde ein nachhaltiges "Heilen" und Zusammen-

wachsen des gesamten Stadtteils Weststadt möglich werden. Von großer Wichtigkeit ist es, für den

Messplatz ein langfristiges städtebauliches Entwicklungskonzept zu erarbeiten, das auf die nach-

folgend genannten Entwicklungspotenziale eingeht.

Maßnahme 30: Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen:

neue Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbildung,

Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme

Entwicklungspotenzial Wohnen

Die Größe des Messplatzes bietet die Chance, nicht nur eine, sondern viele unterschiedliche

Wohnformen zu realisieren – auch in modellhafter Form –, die sich gegenseitig befruchten können.

Es gilt, ein differenziertes Wohnangebot für unterschiedliche Zielgruppen wie Familien, Studenten,

Ältere und Menschen mit viel oder wenig Einkommen zu schaffen. Kurze Wege und gute Erreich-

barkeiten, neue Mobilitätsformen, Wohnen und Arbeiten, Generationenwohnen und Baugemein-

schaften sind weitere Möglichkeiten für das Wohnen in der Stadt, die modellhaft auf dem Messplatz

entwickelt werden könnten. Besonders wichtig ist die Einbeziehung der Enz bei der Entwicklung

des Geländes. "Wohnen und Arbeiten am Wasser" mit einer besonders guten Gestaltung der Au-

ßenbereiche kann als Motto für die Entwicklung des Gebiets stehen.

Entwicklungspotenzial Einzelhandel und Gewerbe

Im Vergleich zu einem reinen Wohngebiet ist die Nahversorgung im Untersuchungsgebiet nicht

völlig unbefriedigend, denn viele kleinere Anbieter erlauben die Möglichkeit, sich mit dem Nötigsten

und auch mit Frischem zu versorgen. Allerdings fehlt ein reichhaltiges Angebot, vergleichbar mit

einem Vollsortimenter, denn die kleinen Geschäfte haben teilweise nur ein begrenztes Angebot für

einen eingeschränkten Kundenkreis. Allein die Erhöhung der Anzahl der Bewohner im Stadtteil

durch die Bebauung des Messplatzes wird zu einer deutlichen Erhöhung der Kaufkraftdichte in der

Weststadt führen und voraussichtlich ein oder mehrere Einzelhandelsgeschäfte wirtschaftlich trag-

bar machen. Es ist auch zu prüfen – beispielsweise mit Hilfe eines Einzelhandels- und Zentrenkon-

zept, ob bei einer baulichen Entwicklung des Messplatzes sogar ein Vollsortimenter angesiedelt

werden kann. Als heutige und zukünftige Kunden sind nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner

der Weststadt zu bedenken, sondern auch die hier Beschäftigten.

Entwicklungspotenzial Stadtraum-Verknüpfungen und Zentrenbildung

Durch eine Bebauung des Messplatzes mit räumlichen Bezügen und Wegeverbindungen in die

Weststadt und die Südweststadt bietet sich die Chance, die nördlich und südlich gelegenen Wohn-

gebiete neu zu verknüpfen und an die hochwertigen Freiräume an Enz anzubinden. Die Stadt kann

an dieser Stelle "heilen" und zusammenwachsen, und der Messplatz bietet die Chance, mittel- bis

langfristig die neue Mitte der Weststadt zu werden. Eine Neubebauung darf sich nicht abgrenzen

und einen eigenen Stadtteil im Stadtteil bilden.

70 Pforzheim-Weststadt

Entwicklungspotenzial Enzauen

Neues Wohnen auf dem Messplatz wird in Verbindung mit Wasser besonders attraktiv. Gleichzeitig

laden die Enzauen die Pforzheimerinnen und Pforzheimer als Naherholungsflächen zum Spazier-

gang und Ausruhen ein. Eine neue Gestaltung der Uferbereiche mit breiten Grün- und Platzflächen

kann sowohl den neu hier Wohnenden als auch allen in Pforzheim vielfältige Möglichkeiten bieten.

Entwicklungspotenzial zukunftsgerichtete Mobilität

Das neue Wohnquartier könnte modellhaft für neue, zukunftsgerichtete Mobilität stehen. Innen-

stadtnahes Wohnen ohne eigenes Auto, aber mit einem vielfältigen Mobilitätsangebot aus Carsha-

ring (bislang fehlen Carsharing-Standorte in der Weststadt), ÖPNV, Radwegen und Leihfahrrädern

kann vorbildlich für die gesamte Stadt sein. Das Fahrrad als kurze Verbindung in die Innenstadt

kann auch in Zusammenhang mit dem Enztalradweg besonders attraktiv sein, auch im Hinblick auf

den lokalen bis überregionalen Fahrrad-Tourismus für Einzelhandel und Gastronomie. Eine Elekt-

ro-Tankstelle oder E-Bikes könnten dem neuen Quartier in der Weststadt auch über die Stadtteil-

grenzen hinaus Aufmerksamkeit verschaffen.

Entwicklungspotenzial Stadtklima

Aufgrund der heute großen versiegelten Fläche entwickelt sich besonders an Sommertagen ein

Hitzestau über dem Messplatz. Durch Dachbegrünung, viel Grün in den Freiflächen, eine Aufwei-

tung der Enzauen und eine Bebauung, die für die Kaltluftströme entlang des Enztals durchlässig

bleibt, kann der Wärmeinsel-Effekt deutlich gemindert werden.

Entwicklungspotenzial Fernwärme

Die Wärmebedarfs- bzw. Verbrauchsdichte im Untersuchungsgebiet ist im heutigen Zustand aus-

reichend für den wirtschaftlichen Betrieb der Fernwärmeversorgung (vgl. Abb. 31). Mit zunehmen-

der Verbesserung des Wärmeschutzes reduziert sich der Wärmebedarf der Gebäude, wobei nach

heutigem Kenntnisstand auch zukünftig ein wirtschaftlicher Betrieb in der Weststadt möglich ist. Ein

Teil des Fehlbetrags kann durch die Nachverdichtung im Bereich des Messplatzes sinnvoll ausge-

glichen werden. Es ist davon auszugehen, dass es sinnvoll ist, die Neubebauung ebenfalls mit

Fernwärme zu versorgen.

Abb. 61 Entwicklungspotenzial Wahrnehmung: Temporäre Aufwertungen

Quelle: Weeber+Partner, Rahmenplan Weststadt, 2011

Kurzfristige Aufwertungen: Entwicklungspotenzial Wahrnehmung

Bereits im Schlussbericht "Rahmenplan Weststadt" wurden neben einer mittel- bis langfristigen

attraktiven Wohnnutzung auch Vorschläge für eine kurzfristige Aufwertung im Bestand gemacht.

(vgl. Rahmenplanung Weststadt, Kap. 3.4.2) Durch Gestaltung und Veränderungen des Belags,

Aufwertungen des Uferbereichs und temporäre Nutzungen (Gastronomie, Kunst, Märkte, Sport)

kann die bislang unattraktive Fläche neu und anders in Erscheinung treten und in Schritten zuneh-

mend als attraktiver städtischer Raum wahrgenommen werden.

Kurzfristige Aufwertungen

Pforzheim-Weststadt 71

Maßnahme 31: Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren

Studenten des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fakultät für Architektur am Institut Entwer-

fen von Stadt und Landschaft bei Professor Bava, haben sich mit der städtebaulichen Entwicklung

des Messplatzes in der Weststadt auseinandergesetzt und im Wintersemester 2012/2013 hierzu

verschiedene Entwürfe für das "Neue Wohnen an der Enz" erarbeitet, die im Sommer 2013 im

Rathaus Pforzheim ausgestellt waren. Die folgenden drei Arbeiten wurden stellvertretend für die

insgesamt zehn verschiedenen Entwürfe ausgewählt. Sie zeigen unterschiedliche und interessante

Lösungen für eine mögliche Bebauung auf, sie stellen aber längst noch nicht die ganze Spannweite

der Entwicklungsmöglichkeiten für den Messplatz dar. Die drei Studienarbeiten werden hier in ihrer

Bedeutung für die Entwicklung der Weststadt diskutiert.

Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser

Abb. 62 Schematische Darstellung des Entwurfs Graf/Moser, eigene Darstellung

Abb. 63 Entwurf Graf/ Moser: Gestaltungsvorschlag Enzauen

Der Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser zeichnet sich durch einen Wechsel von unter-

schiedlich großen Blockrandbebauungen mit dazwischen gesetzten niedrigeren Solitären aus. Die

Neubebauung nimmt die Maßstäblichkeit des angrenzenden Gebiets zwischen Habermehl- und

Karl-Friedrich-Straße auf, außerdem die bestehenden Straßenachsen und schafft auch neue

Sichtbeziehungen zur Enz hin. In dieser Bebauungsform lässt sich eine Mischung aus Wohn-,

gewerblicher und öffentlicher Nutzung gut vorstellen und ein allmähliches Zusammenwachsen mit

dem Bestand. Die geschlossenen Blöcke trennen klar zwischen privat und öffentlich und bieten

Entwicklungsmöglichkeiten für die Innenhöfe. Zur Enz hin entsteht eine breite Freifläche mit einem

weit ausschwingenden Uferbereich, der vielfältige Freiräume für Freizeit und Naherholung bietet –

nicht nur für die Neubebauung, auch für den gesamten Stadtteil.

72 Pforzheim-Weststadt

Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz

Abb. 64 schematische Darstellung des Entwurfs Platten/Schmitz, eigene Darstellung

Abb. 65 Entwurf Platten/Schmitz: Innenhöfe und großzügig angelegter Uferbereich an der Enz

Der Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz bildet eine starke Raumkante entlang der

Habermehlstraße. Dies schirmt den Verkehrslärm ab, erschwert aber auch ein stadträumliches

Zusammenwachsen mit dem nördlich angrenzenden Bestand. Der entstehende Straßenraum mit

seinen angrenzenden Erdgeschossflächen ist wahrscheinlich nur eindimensional für den Verkehr

zu optimieren, nicht aber auch qualitätsvoll für Fußgänger, Einzelhandel oder Wohnen.

Als Ausgleich zum geschlossenen Auftreten an der Habermehlstraße öffnen sich die Baublöcke zur

Enz hin, lockern auf und halten großen Abstand zugunsten einer breiten Uferzone. Diese bietet

großzügige Naherholungsflächen nicht nur für die Neubebauung, sondern auch für den gesamten

Stadtteil. Der breite Grünraum wird durch eine großzügige Freitreppe an der Fußgängerbrücke zur

Südweststadt unterbrochen.

Pforzheim-Weststadt 73

Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele

Abb. 66 schematische Darstellung des Entwurfs Dettmer/Eisele, eigene Darstellung

Abb. 67 Entwurf Dettmer/Eisele: Vogelperspektive, Freitreppe an der Enz

Der Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele erreicht eine besonders hohe Ausnutzung der

Messplatzfläche mit durchweg städtischer oder sogar großstädtischer Bebauung und hoher Dichte.

Wie der vorige Entwurf grenzt sich die Neubebauung durch eine hohe Raumkante gegenüber der

Habermehlstraße und dem nördlich angrenzenden Bestand ab, was ein Zusammenwachsen er-

schwert und einen eindimensionalen nur auf den Verkehr hin optimierten Straßenraum erzeugt.

Eine interessante Überlegung stellt die Uferpromenade mit urbanem Gepräge dar, in der Einzel-

handel, Gastronomie und Büros gut vorstellbar sind, sofern sich an dieser Position in der Gesamt-

stadt ein neuer Standort wirtschaftlich darstellen lässt. Der Entwurf verzichtet zugunsten von attrak-

tiv gelegenen Einzel- und Doppelhäusern an der Enz auf eine großzügigere Uferzone.

74 Pforzheim-Weststadt

5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit

Die energetische Stadtsanierung berührt die Interessen vieler und kann nur gelingen, wenn die

wichtigen Akteure in die Konzept- und Umsetzungsarbeit eingebunden sind, selbst aktiv werden

und so weit wie möglich am selben Strang ziehen. Die in der Konzeptphase begonnene Zusam-

menarbeit mit verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung, mit Wohnungsunternehmen, Stadtwer-

ken, Gewerbetreibenden und weiteren war fruchtbar und sollte in dieser Form unbedingt weiter

verfolgt werden. Dabei kommt der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit eine besondere Rolle zu.

Auch wenn die Stadt auf die Zusammenarbeit und die Unterstützung durch die unterschiedlichen

Akteure angewiesen ist, bleibt ihre Rolle die entscheidende bei der energetischen Stadtsanierung.

Die Initiierung, Koordination und Vermittlung ist eine der wichtigsten Tätigkeiten des von ihr beauf-

tragten oder direkt angestellten Sanierungsmanagements. Ihm kommt auch die Aufgabe zu, die

integrierte Betrachtung der Themen im Quartier zu gewährleisten und die Verknüpfung zu weiteren

Konzepten, Planungsverfahren und Umsetzungsprojekten herzustellen.

Maßnahme 32: Energieforum Pforzheim fortsetzen

Das Energieforum tagte während der Projektlaufzeit sechsmal und bot sowohl den vom Untersu-

chungsgebiet direkt betroffenen Fachleuten als auch der gesamten Stadt die neue Chance, sich zu

Fragen rund um Energie und Klimaschutz fachübergreifend auszutauschen. Dies erfolgte sowohl

zu Themen, die das Untersuchungsgebiet direkt betrafen, als auch zu allgemeinen Themen wie

Wohnqualität, Finanzierungsmöglichkeiten usw. Eine Fortführung des Gremiums wird in folgender

Weise vorgeschlagen:

¯ Erste Sitzung mit Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements zur Information über Ziele, Ar-

beitsweise und Einbindung der Akteure in die Umsetzungsphase. Die Stadtverwaltung bzw. das

Sanierungsmanagement soll einladen.

¯ Weitere 1-2 Sitzungen im Abstand von ca. 2 Monaten mit direktem Bezug zur Arbeit im Quartier

¯ Danach Öffnung der Themen und des Teilnehmerkreises hin zu einer gesamtstädtischen Be-

trachtungsweise. Sitzungstermine ca. zwei- bis dreimal pro Jahr. Mit der Öffnung soll die Initia-

tive vom Sanierungsmanagement auf eine breitere Verantwortung gestellt werden, beispiels-

weise im Wechsel durch die wichtigsten Akteure.

Maßnahme 33: Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-Friedrich-

Straße

Das Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt ist sehr gut vernetzt und kennt

die Strukturen, Schlüsselpersonen, Sorgen und Potenziale der Bewohnerinnen und Bewohner rund

um die Kaiser-Friedrich-Straße am besten. Außerdem existiert ein Büro der Stadt, das gegebenen-

falls noch besser ausgelastet werden kann. Hier sollen sowohl in personeller als auch räumlicher

Form Synergien ausgeschöpft werden.

Maßnahme 34: Wohnungsunternehmen: Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen

Die Wohnungsunternehmen haben ihren Gebäudebestand überwiegend mindestens auf die EnEV-

Anforderungen gebracht, daher ist das Einsparpotenzial in der Gebäudehülle begrenzt. Sie sind

aber prinzipiell offen für alternative Wärmeversorgungskonzepte über Blockheizkraftwerke und

Wärmenetze – sofern nicht bereits ein Anschluss an die Fernwärme besteht – und auch für

Contracting-Modelle. Die aktuelle Mietrechtsänderung erleichtert den Wechsel der Wärmeversor-

gung und berücksichtigt auch Contracting. Eine mögliche gemeinsame Heizzentrale kann für die

Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 entstehen, vgl. Kap. 5.4.

Für dieses Projekt besteht Bedarf zur Koordination der Beteiligten und evtl. auch in baurechtlichen

Fragen beim Bau einer Wärmeleitung.

Pforzheim-Weststadt 75

Maßnahme 35: Wohnungsunternehmen: Information der Mieter zum Energiesparen ver-

stärken

Der Energieverbrauch eines Gebäudes wird wesentlich auch vom Nutzerverhalten beeinflusst. Viel

erreichen kann oft eine persönliche Energiesparberatung der Mieter. Die Mieter sind als Verbrau-

cher auch eine Zielgruppe für die Umsetzung der energetischen Stadtsanierung. Es geht um einen

insgesamt verantwortungsbewussten Umgang mit Energie, nicht nur um Investitionen. Hier geht es

um Unterstützung der Wohnungsunternehmen bei der Beratung und den richtigen Kommunikati-

onswegen.

Maßnahme 36: Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung inten-

sivieren

Der Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 war der Start in die Zusammenar-

beit mit den Einzeleigentümern. Die Resonanz war nicht die erwartete und hat gezeigt, mit wie viel

Beharrlichkeit und Ausdauer das Thema auf allen Kanälen der Ansprache und Informationsarbeit

weiter verfolgt werden muss. Neben zentralen Veranstaltungen ist die Energieberatung eine der

wichtigsten Einstiegsmöglichkeiten in die energetische Sanierung. Sie bietet die Möglichkeit, mit

den Bauherren ins direkte Gespräch zu kommen.

Das Energie- und Bauberatungszentrum Pforzheim/Enzkreis (EBZ) ist dazu hervorragend aufge-

stellt, aber die Angebote sind vermutlich zu wenig bekannt. Aufgabe des Sanierungsmanagements

ist es, zusammen mit dem EBZ das bestehende Beratungskonzept für die Erstberatung und die

darauf aufbauenden Beratungs- und Planungsschritte zu optimieren.

Maßnahme 37: Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit

Energetische Stadtsanierung auf der Maßstabsebene eines Quartiers ist für viele Bürgerinnen und

Bürger und selbst für Fachleute aus den Bereichen Energie und Klimaschutz nicht selbstverständ-

lich und voraussichtlich weiterhin erklärungsbedürftig. Hier liegt eine besondere Aufgabe, Sinn und

Zweck der bevorstehenden Umsetzungsphase verständlich zu machen. Dabei ist es auch wichtig,

manche abstrakt erscheinenden Themen auf eine leicht verständlichere Betrachtungsebene "her-

unterzubrechen". So kann es beispielsweise zielführender sein, Wohnungseigentümer für Wohn-

komfort und Lebensqualität zu gewinnen als für Klimaschutz und Energieeffizienz. Um die Breiten-

wirkung auch weiterhin zu sichern, ist für die Öffentlichkeitsarbeit ein breit aufgestelltes Methoden-

konzept erforderlich. Wichtig ist es, vielfältig und in verschiedenen Formen der Ansprache auf die

Betroffenen – insbesondere die privaten Eigentümer – zuzugehen. Neben den klassischen Infor-

mationswegen Presse und Internet ist auch der direkte Kontakt in den Beratungen und Vor-Ort-

Veranstaltungen besonders zielführend. Die ersten Schritte für das Sanierungsmanagement sind:

¯ Pressegespräch zum Projektstart organisieren:

Der offizielle Start der Umsetzungsphase mit dem Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements

muss genutzt werden, um die Mitarbeiter der Redaktionen (freie Journalisten, Redakteure) für

ein Pressegespräch zu gewinnen, möglichst zusammen mit dem Baubürgermeister. Hierbei ist

Gelegenheit, im persönlichen Gespräch den nicht immer leicht nachvollziehbaren Weg von der

(theoretischen) Konzeption zur baulichen Umsetzung zu erläutern. Damit kann eine gute Basis

für weitere Zeitungsartikel geschaffen werden, für die dann einfache Pressemitteilungen genü-

gen, weil das Verständnis für das Thema bereits aufgebaut wurde.

¯ Regelmäßige Pressemitteilungen für die Tagespresse schreiben, möglichst als Artikelserie:

Auf der Basis des oben genannten Pressegesprächs kann über einen längeren Zeitraum von

einigen Monaten mit Pressemitteilungen für die Tagespresse gearbeitet werden, idealerweise

als Artikelserie zur energetischen Stadtsanierung. Die Beiträge können sich zum einen direkt

auf das Sanierungsgebiet beziehen, aber auch weitere Aspekte aufzeigen (zum Beispiel För-

dermöglichkeiten und -konditionen, Kombination von energetischer Sanierung und altersge-

rechtem Umbau usw.). Alle Presseinformationen müssen vom Amt für Presse- und Öffentlich-

keitsarbeit der Stadt Pforzheim koordiniert werden. Ein Artikel pro Monat gewährleistet ein Mi-

nimum an Präsenz des Projektes in der Öffentlichkeit.

76 Pforzheim-Weststadt

Maßnahme 38: Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten

Das Projekt zur energetischen Sanierung und insbesondere das Sanierungsmanagement benötigt

eine eigene Internetpräsenz, möglichst als Teil der Homepage der Stadt Pforzheim. Hier können

Interessierte permanent weitere Informationen erhalten, auch Verlinkungen zu wichtigen externen

Informationsquellen. Die eigene Seite ermöglicht es auch, sich kompakt über alle aktuellen Veran-

staltungen und Angebote des Sanierungsmanagements zu informieren, auch über die Öffnungszei-

ten des gegebenenfalls in der Kaiser-Friedrich-Straße eingerichteten Büros (vgl. Kap. 6.2).

Maßnahme 39: Besondere Marketingmittel: Das Thema Energie und Klimaschutz bei

den Bürgerinnen und Bürgern präsent machen

Schon im persönlichen Verbrauchsverhalten (Nutzerverhalten) liegen erhebliche Einsparpotenziale,

dabei sind einfache Möglichkeiten wie effektives Lüften nicht allen bekannt. Viele Bürgerinnen und

Bürger müssen überhaupt erst einmal für das Energiesparen sensibilisiert werden. Hier kommt

dem Sanierungsmanagement eine besondere Rolle der Aufklärung, Information und Überzeu-

gungsarbeit zu. Die Themen sollen durch mediale Präsenz im Quartier und darüber hinaus ständig

präsent sein. Dazu können auch Plakate geklebt oder ein Riesentransparent an einer leeren

Hauswand oder über die Straße gespannt werden. Auch die Nutzung und weitere Verbreitung des

im Rahmen des Integrierten Quartierskonzepts produzierten Films zum Energiesparen soll in die-

sem Zusammenhang intensiviert werden.

Pforzheim-Weststadt 77

6 Vorbereitung der Umsetzungsphase

6.1 Maßnahmenkatalog

Der Maßnahmenkatalog geht aus dem Integrierten Handlungskonzept aus Kapitel 5 hervor, die

ausführliche Erläuterung findet sich dort. Für die Vorbereitung, Koordination und Umsetzung ist in

der Regel das Sanierungsmanagement zuständig. Die Maßnahmen sind in Kurzform beschrieben

und bekommen als Gewichtung eine zeitliche Priorität. Prinzipiell ist eine Vorgehensweise in Stufen

realistischer und leichter umsetzbar als das längerfristig angelegte Klären von Konzepten und

Rahmenbedingungen für ein großes zusammenhängendes Projekt. Trotzdem ist es wichtig, bei

einigen Maßnahmen einen "langen Atem" zu bewahren, beispielsweise bei einem Entwicklungs-

konzept für den Messplatz.

Kategorien

sofort loslegen bzw. begonnene Arbeit intensiv fortführen

intensiv vorbereiten

stetig, mit längerem Zeithorizont angehen

Gelegenheiten suchen und nutzen

Für die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs ist darüber hinaus zu beachten:

¯ Baldige Umsetzung erster Pilotprojekte mit Ausstrahlung

¯ Raum für innovative Projekte schaffen

¯ Strukturen für Beteiligung und Kooperation schaffen (das ist zum Teil im Rahmen der Konzept-

entwicklung Quartierskonzept schon geschehen: Energieforum, Energietag, Energiefilm). Hier

ist es wichtig, an bereits aufgebauten Strukturen anzuknüpfen und sie weiterzuentwickeln

¯ in städtischen Handlungsprogrammen verankern

1 Gebäude und Gebäudehülle

M1 Sektor Wohnen:

Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen

M2 Sektor Wohnen:

Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technisch / wirt-

schaftlichen Potenziale auszuschöpfen

M3 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):

Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe

M4 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):

Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln

M5 Sektor öffentliche Gebäude:

Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten

M6 Sektor öffentliche Gebäude:

Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen

2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser

M7 Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen

M8 Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht

78 Pforzheim-Weststadt

3 Wohnkomfort

M9 Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbindung

mit Schallschutzmaßnahmen

4 Gute Beispiele und Musterkonzepte

M10 "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren

M11 Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren

M12 Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer Energien

M13 Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen. Ener-

gieeffizienzprojekte unterstützen

5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden,

Denkmalschutz

M14 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale):

Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalge-

schützte Rückfassaden dämmen

M15 Erhaltenswerte Gebäude:

Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht

geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen.

M16 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus) exemp-

larisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und

Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fenster-

teilungen und Türen originalgetreu oder passend erneuern

M17 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten:

Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich

M18 Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermöglichen

6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume

M19 Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen

M20 Gestaltungsschwerpunkt setzen: von Maihälden zur Enz

M21 Westliche Karl-Friedrich-Straße Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen

M22 Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen

M23 Blockinnenbereiche aufwerten

Pforzheim-Weststadt 79

7 Mobilität

M24 Mobilitätskonzept erstellen

M25 Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen

M26 Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen

8 Stadtklima

M27 Hitzeinseln entschärfen

M28 Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten

9 Bebauung Messplatz

M29 Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den Messplatz

M30 Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen: neue

Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbil-

dung, Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme

M31 Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren

10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und

Öffentlichkeitsarbeit

M32 Energieforum Pforzheim fortsetzen

M33 Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-Friedrich-Straße

M34 Wohnungsunternehmen:

Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen

M35 Wohnungsunternehmen:

Information der Mieter zum Energiesparen verstärken

M36 Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung intensivie-

ren

M37 Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit

M38 Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten

M39 Besondere Marketingmittel:

Das Thema Energie und Klimaschutz bei den Bürgerinnen und Bürgern prä-

sent machen

80 Pforzheim-Weststadt

6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements

Die Stadt Pforzheim möchte die mit diesem Quartierskonzept begonnene Arbeit zur energetischen

Stadtsanierung von einem aus dem KfW-Programm geförderten Sanierungsmanagement fortfüh-

ren lassen. Die Förderkonditionen dazu wurden im Juli 2013 von der KfW angepasst. Ein Sanie-

rungsmanagement wird jetzt für maximal drei Jahre bis zu einem Höchstbetrag von 150.000 Euro

bezuschusst, wobei der Zuschuss 65 Prozent der förderfähigen Kosten beträgt.

Die Arbeit wird in den die Schwerpunkten Initiierung von Umsetzungsmaßnahmen, Koordination

der Projektbeteiligten, Beratung (teilweise auch Energieberatung) und Öffentlichkeitsarbeit umfas-

sen. Wichtigste Aufgabe ist es, die in Kapitel 5 beschriebenen Handlungsfelder und Maßnahmen

zu initiieren, voranzutreiben und umzusetzen.

Das Sanierungsmanagement kann entsprechend den Förderkriterien der KfW sowohl von einer

externen Fachperson übernommen werden als auch von der Stadtverwaltung selbst. Es wird die

koordinierende Schnittstelle zwischen Stadtverwaltung, Stadtwerken, Dienstleistern, lokalen Akteu-

ren und Eigentümern sein. Es sollte mindestens als Halbtages-, besser Ganztagesstelle eingerich-

tet sein und mit einer Fachperson mit Qualifikationen im Projektmanagement, in der Koordination

und insbesondere in der Kommunikation besetzt sein. Die Person soll ausreichend Erfahrung in

mehreren der folgenden Bereiche mitbringen: Energiemanagement, Energieeinsparung, Energie-

versorgung, energetische Sanierung von Gebäuden, Stadtentwicklung, Stadtumbau- oder Quar-

tiersmanagement, Immobilien- und Wohnungswirtschaft, Beratung und Beteiligung. Selbständiges

Arbeiten, gute kommunikative Fähigkeiten und sicheres Auftreten sind von großem Nutzen für die

anstehenden Aufgaben.

Eine einladende und attraktive Präsenz im Sanierungsgebiet sollte durch ein temporäres oder

dauerhaftes Büro erreicht werden, das als zentrale Anlaufstelle dient. Hierfür bietet sich die Koope-

ration mit dem Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt in der Kaiser-

Friedrich-Straße an, um personelle und räumliche Synergien auszuschöpfen.

6.3 Qualitätssicherung und Monitoring

Das Sanierungsmanagement ist das Projektmanagement und somit die zentrale Stelle zur Umset-

zung des Integrierten Quartierskonzepts. Die Einsetzung eines Kümmerers und Koordinators ist die

wesentliche Grundlage zur Qualitätssicherung.

Zielwerte festlegen und überprüfen

Aufgabe des Sanierungsmanagements ist es, in Abhängigkeit von den gewählten Maßnahmen aus

dem Integrierten Quartierskonzept zur Wirkungskontrolle ein geeignetes Monitoring-Konzept weiter

auszuarbeiten. Dies soll in enger Abstimmung mit mindestens dem Planungsamt, dem Umweltamt

und dem Klimaschutz-Management erfolgen. Dies können zum Beispiel die Zahl der Energiebera-

tungen, die Zahl und Art der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen – beispielsweise durch die

erreichte Sanierungsrate – sein. Hierfür sind 2% pro Jahr ein erfolgreicher Wert (im Vergleich:

Durchschnitt in Deutschland 1 %). Zur Überprüfung der Zahl und Art der durchgeführten Sanie-

rungsmaßnahmen ist es erforderlich, eine jährliche Erhebung im Untersuchungsgebiet zu machen.

Die Erhebung kann unterstützt werden durch eine Auskunftspflicht derjenigen Bauherren, die eine

geförderte Energieberatung in Anspruch genommen haben. Eine CO2-Bilanz auf der Basis tatsäch-

licher Verbräuche ist nur unter erheblichem Aufwand und umfangreicher Auskunft der vielen Eigen-

tümer (beispielsweise zu Energieträgern) zu bewerkstelligen und daher eher unrealistisch.

Verstetigung

Zu einer soliden Strategieentwicklung gehört auch, von Anfang an über das Projektende hinaus zu

denken, wenn die Arbeit des Sanierungsmanagements beendet ist: tragfähige Strukturen, Perso-

nen und Netzwerke, die die wesentlichen Ziele und Erkenntnisse aus dem Projekt fortführen.

Pforzheim-Weststadt 81

6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten

Teilweise sind die Vorgehensweisen, die in der Weststadt

entwickelt wurden, auf andere Stadtteile leicht übertragbar,

teilweise bleiben sie spezifische Quartiersthemen. Um die

Übertragbarkeit auf die Gesamtstadt sicher zu stellen,

wurden oben bereits erläuterte und mögliche weitere

Herangehensweisen in einem "Städtebaulichen Werkzeug-

kasten" zusammengefasst. Er soll helfen, die wichtigsten

Arbeitsschritte strukturiert anzugehen, und die Übertragbar-

keit auf die gesamtstädtische Ebene erleichtern.

Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung

Grundlagen für das Handeln schaffen

Beitritt Klimabündnis usw. Klimaschutzziele festle-

gen

Zieldefinition, Beschlussfassung

Gemeinderat

Rahmenplan Energetische

Stadtsanierung

Quartiersentwicklung

festlegen

Aufstellung Leitlinien, Ziele und

(grobe) Maßnahmen

Energieleitlinie für eigene

Liegenschaften

Klimaschutz in eigenen

Liegenschaften, Vorreiter-

rolle der Kommune etab-

lieren

Aufstellung einer Energieleitlinie,

Umsetzung durch das Gebäudema-

nagement und Kommunikation der

Leitgedanken und Erfolge (Betreiber

v.a. öffentlicher Gebäude)

Öffentlichkeitsarbeit

Motivation Stadt als Vorreiter bei

Klimaschutz etablieren

Öffentlichkeitsarbeit durch Klima-

schutzleitstelle, Pressestelle. Re-

gelmäßige Veröffentlichungen, Akti-

onen, Logo usw.

Energieberatung Bekanntheit der Förder-

möglichkeiten steigern

Vortrag, ständige Beratung durch

IHK; Energieberatungsstelle

Förderberatung Erhalt von Baukultur Information und beim Bauherren

Interesse wecken durch Gespräche,

Beispiele etc.

Information "Dämmen und

Baukultur“

Bauherren, Bauträger,

Wohnungswirtschaft zum

Mitmachen motivieren

Gelungene Beispiele aktiv einbrin-

gen und vermarkten. Für die breite

Information zu einfach reproduzier-

baren Beispielen sind "good prac-

tice"-Beispiele oft besser als

"Leuchtturmprojekte"

„good practice“ Projekte

veröffentlichen und fördern

Darstellung von – auch in

wirtschaftlicher Hinsicht –

gelungenen Beispielen,

Handlungsmöglichkeiten

aufzeigen und Motivation

verbessern

Zur allgemeinen Motivation sind

"good practice“ -Beispiele oftmals

wichtiger als Leuchtturmprojekte, da

sie auf dem Boden der breiten Um-

setzbarkeit gründen. Hierbei spielen

auch Fragen der wirtschaftlichen

Umsetzbarkeit eine große Rolle.

82 Pforzheim-Weststadt

Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung

Leuchtturmprojekte

darstellen

Innovationen darstellen Um (technische) Innovationen

und/oder neue Wege aufzuzeigen,

sind solche Projekte unverzichtbar.

Sie genießen hohe Aufmerksamkeit

und sind Motivator.

Einbindung und Vernetzung der Akteure

Akteursgespräche mit Fra-

gebogen oder Checkliste

Lokale Akteure finden und

einbinden

Aktivitäten, Akteure und Multiplikato-

ren gezielt ansprechen, zum Ge-

spräch aufsuchen, kennenlernen, in

weitere Arbeitsschritte einbinden

Energieforum Stadtwerke, Wohnungs-

wirtschaft, betroffene

Ämter einbinden

Gesprächsrunde mit den Akteuren

Gestaltungsbeirat Gestaltung diskutieren

und sichern

Ein Gestaltungsbeirat aus motivier-

ten und fachkundigen Planern, Ar-

chitekten u.ä. kann sowohl im Sanie-

rungsfall als auch im Neubaubereich

wichtige Impulse geben

Sanierungsmanagement /

Quartiersmanagement

Umsetzung und Versteti-

gung der Aktionen

Neues Angehen

In vielen Prozessen besteht die

Gefahr, dass nach anfänglich gro-

ßem Zulauf der Prozess versandet.

Hier kann ein/e Sanierungsmana-

ger/in als dauernder Ansprechpart-

ner und "Kümmerer“ für Umsetzung,

Verstetigung und für neue Aktionen

sorgen

Grundlagenermittlung, Datensammlung (Input)

Akteursgespräche mit Fra-

gebogen oder Checkliste

Wie funktioniert der Stadt-

teil? Stärken und Schwä-

chen, Stolpersteine identi-

fizieren

Aktivitäten, Akteure und Multiplikato-

ren gezielt ansprechen, zum Ge-

spräch aufsuchen, kennenlernen, in

weitere Arbeitsschritte einbinden

Begehung zur Be-

standsanalyse

Überblick über den Ge-

bäudezustand, besondere

Gegebenheiten und Cha-

rakter des Ortes bekom-

men

Baualtersklassen zuordnen und

Sanierungszustand aufnehmen

Schornsteinfegerdaten Verbrauchsdaten- und

Energieträger-Analyse

Bezirksschornsteinfegermeister und

Innung ins Boot holen

Fragebogen an Eigentümer

und Haushalte

Verbrauchsdaten- und

Energieträger-Analyse

Repräsentative Umfrage

EVU Gute Kenntnis des Ener-

gieverbrauchs des Stadt-

teils

Verbrauchsdaten der Energieliefe-

ranten (vor allem der Primärversor-

ger z.B. Stadtwerke) einbinden

Pforzheim-Weststadt 83

Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung

Gebäudetypologie Gebäude in der Stadt /

dem Stadtteil klassifizie-

ren

Neben der reinen Klassifizierung,

die für viele Städte direkt oder aus-

reichend genau vorhanden ist, ist

die Erstellung (und ggf. die Veror-

tung) der Gebäudezahlen wichtige

Grundlage des Handelns.

Ortsanalysen Energieverbraucher und

Energiegewinnung identi-

fizieren, abstimmen. Po-

tenziale ermitteln

Durch verortete Analysen wird ge-

zieltes Handeln möglich. Hieraus

ergibt sich eine wichtige Ergänzung

zu stadtweiten Aussagen z.B. eines

Klimaschutzberichts.

Datenanalyse, Potenzialermittlung (Output)

Begehung Baudetailkatalog Überblick über die Kate-

gorien Denkmalschutz,

Gestaltungsmerkmale,

Details

Katalogisieren

Analyse Sozialstrukturen Erreichbarkeit der Eigen-

tümer und Wohnungsnut-

zer abschätzen. Je nach

Alter, Haushaltsgröße,

sozialer Lage etc. unter-

schiedliche Interessen

Städtische Daten verwenden und

aufbereiten.

Potenzialkarte Einsparpotenziale identifi-

zieren

Aus Bestandsanalyse und Zu-

standsszenario Potenzial berechnen

Handlungskonzept und Maßnahmen

Bebauungsplan, weitere

Satzungen

Konflikt zwischen Wärme-

schutz und Überschrei-

tung der Grundstücksflä-

che abmildern

B-Plan aufstellen, ändern:

Ausnahmen zulassen: Einbindung

Baurechtsamt, Beschlussfassung

Gemeinderat

Versorgungskarte (z.B.

Energieträger) aufstellen

Ausbau der regenerativen

Energieträger, Ausbau

Fernwärme

Aktiv in die Wärmeversorgung des

Stadtgebiets einsteigen und steuern.

Gespräche mit Makro-Akteuren (z.B.

Stadtwerke)

Energieverbrauchskarten

und Energiebedarfskarten,

Potenzialkarten

Energieverbrauch und

Energieerzeugung (veror-

tet) identifizieren

Hieraus ergeben sich örtlich bezo-

gene Handlungsempfehlungen.

Integriertes Entwicklungs-

konzept

Synergien generieren:

a. Klimaschutz, Energie-

einsparung und -effizienz

b. Verbesserung der Le-

bens- und Wohnqualität:

- Wohnkomfort Gebäude

- Wohnumfeld

c. Verkehr verringern:

- kurze Wege erleichtern

- Nahversorgung

- alternative Mobilität

Auswahl eines geeigneten Gebietes

auf der Grundlage einer gesamt-

städtischen Schau:

- wo sind größten Einsparpotenziale

- wo bestehen die größten Chancen

auf Umsetzbarkeit (Erreichbarkeit

der Eigentümer, Ausbau der (Fern-)

Wärmeversorgung usw.

- wo ist die größte Vorbildwirkung zu

erwarten

- Städtebaulicher Werkzeugkasten

84 Pforzheim-Weststadt

7 Literatur

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Online-Publikation 22/2009. urn:nbn:de:0093-ON2209R158

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(Hrsg.). Handlungsleitfaden zur Energetischen Stadterneuerung.

Berlin, Juni 2011.

[KEA 2011] Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest.

Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim. KEA 12-2011

[KEA 2011-2] Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest.

Klimaschutzkonzept Pforzheim Maßnahmenkatalog. KEA 2011

[KEA BM 2011] "Aktionsplan für nachhaltige Energie“ (Sustainable Energy Action Plan

– SEAP) der Stadt Pforzheim für den Konvent der Bürgermeister.

19.4.2011.

[RP Karlsruhe 2006] Luftreinhalte-/Aktionsplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe.

Regierungspräsidium Karlsruhe 2006.

[RP Karlsruhe 2012] Fortschreibung Luftreinhalteplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe.

Regierungspräsidium Karlsruhe 2012.

[VEP 2009, Kurzfassung] Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH Aalen/Stuttgart.

Verkehrsentwicklungsplan Stadt Pforzheim 2009

86 Pforzheim-Weststadt

9 Anhang

9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in Pforz-

heim

Präambel

Der Klimawandel ist eines der größten und in weiten Bereichen nicht mehr zu vermeidenden Prob-

leme, dem die Weltgemeinschaft gegenübersteht. Hauptursache der globalen Erwärmung ist die

Verbrennung fossiler Energieträger und der damit verbundene Ausstoß des Treibhausgases Koh-

lendioxid (CO2). Klimaschutz fällt dabei nicht allein in die Zuständigkeit von Staatsregierungen.

Auch auf kommunaler Ebene bestehen Gestaltungsspielräume zur Einflussnahme auf die Arten der

Energiegewinnung und auf die Menge der Energieverbräuche. Städte und Gemeinden können

beim Klimaschutz beispielhaft vorangehen, geeignete Rahmen setzen sowie ihre Bürger sachver-

ständig informieren und beraten.

Leitbild

Die Stadt Pforzheim verpflichtet sich dem Leitbild einer nachhaltigen und ressourcenschonenden

Stadtplanung. Zukünftig sollen die Flächennutzungsplanung, die Bebauungsplanung und informelle

städtebauliche Planungen auf ihre Auswirkungen auf Energieeinsparung, Energieeffizienz und

Klimaschutz geprüft werden.

Ziele einer nachhaltigen und energieeffizienten Stadtentwicklung

¯ Der Flächenverbrauch soll begrenzt werden. Die Innenentwicklung genießt Vorrang gegenüber

der Erschließung von weiteren Baulandflächen: "Innenentwicklung vor Außenentwicklung"

¯ Es soll eine kompakte und verkehrsvermeidende Siedlungsstruktur erreicht werden.

¯ Bei der Erschließung von neuen Baulandflächen ist eine ressourcenschonende Konzeption zu

wählen.

¯ Mit einem klimagerechten Städtebau sollen Bodenversiegelungen reduziert und ein günstiges

Kleinklima geschaffen werden.

¯ Durch eine „Stadt der kurzen Wege“ soll die Nutzungsmischung und die Reduzierung des MIV-

Aufkommens gefördert werden.

¯ Es sollen ressourcenschonende Verkehrsmittel (Fahrrad, ÖPNV usw.) besonders unterstützt

werden.

¯ Der Bebauungsplanung werden energieeffiziente Siedlungskonzepte und eine klima- und um-

weltfreundliche Energieversorgung zugrunde gelegt.

¯ Wo technisch und wirtschaftlich sinnvoll, sollen gegenüber den gesetzlichen Standards erhöhte

energetische Standards festgelegt werden.

¯ Die Wärmeversorgung der Gebäude soll mit einem hohen Anteil regenerativer Energie erfolgen

¯ Der Ausbau regenerativer Energiegewinnung vor Ort soll unterstützt werden

¯ In der Stadtentwicklung sollen bedarfsgerechte Wohnformen gefördert werden

¯ In der Stadtentwicklung soll das barrierefreie Wohnen im Innen- und Außenbereich unterstützt

werden.

Pforzheim-Weststadt 87

Wegweiser

Zur Umsetzung des städtischen Leitbilds für eine nachhaltige und energieeffiziente Stadtplanung in

Pforzheim bieten die folgenden Wegweiser eine wichtige Orientierung:

¯ Die kompakte Stadt mit hinreichend hoher städtebaulicher Dichte: Eine kompakte, sich vor-

nehmlich nach innen entwickelnde Stadt verringert die Ausweitung der Siedlungsfläche und

damit die Ausgesetztheit von Siedlungsflächen gegenüber Klimaänderungen. Gleichzeitig blei-

ben dadurch CO2-Senken im Freiraum bestehen.

¯ Eine kleinräumige Mischung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Freizeit im Vergleich zu

gering verdichteten und monofunktionalen Quartieren am Stadtrand oder im Umland: Die Funk-

tionsfähigkeit des Gesamtsystems kann auf diese Weise auch dann erhalten bleiben, wenn

einzelne Teile vorübergehend ausfallen.

¯ Ein engmaschiges Infrastrukturnetz zur Energieversorgung mit vielen Knoten bietet die Voraus-

setzung für den Einsatz dezentraler Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien und somit

zur Minderung von CO2-Emissionen.

¯ Verringerung des Ressourcenein- und umsatzes, Abfall- und Verkehrsvermeidung zur Minde-

rung von CO2-Emissionen.

¯ Erhöhung der Robustheit neu entwickelter Siedlungsflächen: Eine erhöhte Robustheit kann den

negativen Einfluss klimabedingter Extremwetterereignisse oder schleichender Umweltverände-

rungen verringern.

¯ Die durchgrünte Stadt bietet die Voraussetzung für ein angenehmes Stadtklima.

¯ Soziokulturelle Leitbilder: Neben Aspekten der Stadtplanung gehört auch der gesellschaftliche

Wertekanon zum Leitbild einer klimagerechten Stadt. Modelle für nachhaltigere Lebensstile o-

der die aktive Übernahme von Verantwortung für kommende Generationen erweitern diesen

Wertekanon und sind wichtiger Bestandteil einer Richtschnur hin zur klimagerechten und ener-

gieeffizienten Stadt.

Vorgehen zur Weiterentwicklung und Verabschiedung des Leitbildes

Damit das Leitbild seine Funktion als Richtschnur für die Stadtentwicklung erfüllen kann, sollte es:

¯ möglichst in Zusammenarbeit sowie im Konsens mit allen Akteuren und Akteurinnen der Stadt-

entwicklung entstehen,

¯ Bürger und Bürgerinnen bei der Entwicklung des Leitbildes einbeziehen,

¯ ganzheitlich angelegt sein und sich damit im Gleichgewicht befinden zwischen einer systemati-

schen und konzeptorientierten Gesamtstrategie und den einzelnen Strategien der beteiligten

Akteure (z. B. Wohnungsunternehmen, Energieversorger, aktive Bürgergruppen und Vereine).

(s. Deutscher Städtetag, S.14),

¯ in eine zielgerichtete Umsetzung und Prozessgestaltung eingebettet sein,

¯ durch ein funktionierendes Monitoring begleitet werden,

¯ in der Erstellung sowie bei der Umsetzung personell und finanziell hinterlegt sein,

¯ durch den Beschluss politischer Entscheidungsträger legitimiert werden. Danach kann das

Leitbild als Grundlage für alle raumrelevanten Planungen dienen (s. BBSR 24/2009, S.7).

(Quelle: Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder / Alianza

del Clima e.V., http://www.klimascout.de, 7.2.2014)

88 Pforzheim-Weststadt

9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen

Ziel ist es, nach Möglichkeit flächendeckend Bilanzen nach verschiedenen Sektoren (Wohnen,

Gewerbe etc.) sowie verschiedenen Energieträgern (Fernwärme, Strom, Gas etc.) aufzustellen.

Hierbei können grundsätzlich verschiedene Ansätze gewählt werden.

1 Verbrauchsanalyse

Die Verbrauchsanalyse basiert auf Messwerten, wie z.B. dem Endenergieverbrauch Gas für

Gebäudebeheizung und Warmwasser. Diese Werte stehen in der Regel nicht zur Verfügung

oder können aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise übermittelt werden.

2 Bedarfsanalyse

Bedarfswerte sind Rechenwerte, die auf standardisierten Annahmen über Gebäude und Nut-

zung beruhen. Alle rechnerischen Nachweisverfahren, z.B. EnEV, basieren auf Bedarfsberech-

nungen. Bei städtebaulichen Analysen stützen sich Bedarfsberechnungen auf die musterhaften

Berechnungen anhand von Typengebäuden nach Baualter, Größe, erneuerte Elemente etc.

3 Top-Down-Methode

Hierbei werden landes-, kreis- oder stadtspezifische Daten auf Quartiersebene heruntergebro-

chen. Es ist klar, dass bei dieser Methode quartiersspezifische Eigenheiten verloren gehen. Im

Kontext von Quartierskonzepten kann diese Methode allenfalls hilfsweise zum Einsatz kom-

men.

4 Bottom-Up-Methode

Ausgehend vom einzelnen Gebäude werden Daten auf möglichst feinem Raster (Gebäude,

Liegenschaft) erhoben und summiert. Der Datenschutz kann bei dieser Methode problematisch

sein. Zudem stehen die Daten oft nicht so fein zur Verfügung.

Vor- und Nachteile der Verbrauchs- und Bedarfsanalyse sind in Tab. 9 gegenübergestellt. Es ist

klar, dass die Bilanz nicht ausgeglichen sein kann. Der Stadtteil (und auch Pforzheim) versorgt sich

nicht selbst mit Energie für Gebäudeheizung und Gebäudebetrieb. Ziel der Analysen ist vielmehr,

die Möglichkeiten der Bedarfsreduktion auszuloten und eine möglichst umfassende regenerative

Versorgung sicherzustellen.

Bedarf

Vorteil

Kann sehr gut Bottom-Up für Quartiere (mit begrenzter Gebäudeanzahl) angewandt werden

Kann ohne Kenntnis der Verbrauchsdaten ermittelt werden

Kann flächendeckend ermittelt werden

Ermöglicht Potenzialermittlung

Nachteil

Ungenauer als Verbrauchsanalyse (aufgrund beschränkter Kenntnis über Gebäude, Nutzung)

Beinhaltet nicht den Energieträger der Versorgung

Ohne Energieträger keine CO2 Bilanz möglich

Schwierig für wenig standardisierte Sektoren, Gewerbe, Denkmäler usw.

Verbrauch

Vorteil

Liefert auch Energieträger

Berücksichtigt Nutzung sehr gut

Auch bei Gewerbe etc.

Nachteil

Witterungsbereinigung muss durchgeführt werden, Bilanzzeitraum für ca. 3 Jahre

Liegt in der Regel nicht flächendeckend vor

Datenschutz muss beachtet werden

Potenzialanalyse nur sehr ungenau über Benchmarks möglich

Tab. 9 Vergleich Verbrauchs- und Bedarfsanalyse (Auswahl). Quelle ebök

Pforzheim-Weststadt 89

9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe

Bei der Benennung energetischer Größen meint Verbrauch gemessene Größen. So ist z.B. der

Endenergieverbrauch Gas eine am Zähler ablesbare Größe. Berechnete energetische Größen

werden dagegen mit Bedarf bezeichnet. Der oben genannte Heizenergiebedarf (oder Heizwärme-

bedarf) ist z.B. die berechnete Menge an Wärme (Nutzenergie s.u.), die an die Räume eines Ge-

bäudes zur Beheizung abgegeben wird. Im städtebaulichen Kontext wird der Energiebedarf in

absoluten Größen der Jahresarbeit (Megajoule MJ/a oder Megawattstunden MWh/a) angegeben.

Spezifische Größen eines Gebäudes beziehen sich in der Regel auf die Nutzfläche eines Gebäu-

des in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m²a)). Für die Versorgung, insbesondere

bei zentralen Varianten, ist neben der Jahresarbeit die nachgefragte Leistung wichtig. Sie wird in

MW angegeben. Folgende Begriffe sind im Zusammenhang mit der Beurteilung des Energiebe-

darfs gebräuchlich:

Nutzenergiebedarf: Errechnete Menge an Energie (oder Wärme), die von der Heizungs- oder

Warmwasseranlage geliefert wird.

Endenergiebedarf: Die der Heizung, Warmwasseranlage oder auch elektrischem Gerät jeweils

zugeführte Menge an Öl, Gas, Strom usw. Der Endenergiebedarf enthält also alle anlagenspezifi-

schen Verluste. Er entspricht der (errechneten) Energiemenge, die vom Energieversorger bezogen

wird.

Primärenergiebedarf: Hierzu werden alle Energieträger (Wärme, Strom etc.) auf die bei der Er-

zeugung benötigten Mengen an Primärenergieträgern (Öl, Gas, usw.) bezogen. Der Primärener-

giebedarf enthält also neben den anlagenspezifischen Verlusten auch die bei der Erzeugung und

Verteilung auftretenden Verluste wie z. B. die Verluste bei der Stromerzeugung im Kraftwerk und

Verteilung im Stromnetz. Der Primärenergiekennwert ist der eigentlich umweltrelevante Wert, da-

her bezieht sich auch die Energieeinsparverordnung darauf.

Primärenergiefaktor des Energieträgers: Das Verhältnis von (gelieferter) Endenergie in kWh zu

Primärenergieaufwand in kWh des jeweiligen Energieträgers.

Anlagenaufwandszahl: (Primärenergiebezogene). Die Anlagenaufwandszahl ist eine Kenngröße

der Wärmeversorgungsanlage. Sie gibt das Verhältnis der (gelieferten) Nutzenergie zum Primär-

energieaufwand an. Die Anlagenaufwandszahl ist abhängig vom Energieträger der Versorgung,

den Anlagengüte, sowie dem Betrieb (der Nutzung) der Anlage.

Heizwert, Brennwert: Der Heizwert (oder untere Heizwert Hi, früher Hu) ist die bei einer Verbren-

nung maximal nutzbare Wärmemenge, ohne dass es zur Kondensation des im Abgas enthaltenen

Wasserdampfes kommt, bezogen auf die Menge (in Litern, m² usw.) eingesetzten Brennstoffs.

Kommt es zum Auskondensieren des Wasserdampfes, so wird die im Dampf latent gebundene

Wärme zusätzlich frei und man spricht vom Brennwert (oder oberen Heizwert Hs, früher Ho).

Brennwertgeräte nutzen genau diesen Effekt der Kondensation. Abhängig von der bei der Ver-

brennung enthaltenen Wassermenge arbeiten sie daher mit höherem Wirkungsgrad.

Das CO2-Äquivalent ist die Summe der Treibhauseffekt-wirksamen Emissionen, welche die glei-

che Wirkung wie die angegebenen Menge CO2 besitzt. Das CO2-Äquivalent wird spezifisch für

jeden Brennstoff angegeben. Damit lassen sich die Äquivalentmengen und damit die Umweltwirk-

samkeit eines (End-) Energieverbrauchs angeben und bewerten.

90 Pforzheim-Weststadt

9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse

Im diesem Arbeitsschritt des Quartierskonzeptes werden Energieeinspar- und Effizienzpotenziale

abgeschätzt. Um welches Potenzial handelt es sich? Insgesamt werden üblicherweise verschiede-

ne Potenzialebenen unterschieden:

Abb. 68: Darstellung der unterschiedlichen Potenziale und Potenzialbegriffe Quelle: Praxisleitfaden "Klimaschutz in Kommunen"

Das theoretische Gesamtpotenzial umfasst das gesamte physikalisch nutzbare Energieangebot

in einem zeitlich und räumlich festgelegten Betrachtungsraum, wie z.B. die maximal mögliche

Dämmung (z.B. Passivhaus) oder die von der Sonne auf die Erdoberfläche eingestrahlte Energie

(Globalstrahlung). Dieses Potenzial ist mehr als eine theoretische Obergrenze aufzufassen, da

aufgrund verschiedener Restriktionen (z.B. technische oder wirtschaftliche) in der Regel nur ein

deutlich geringerer Teil genutzt werden kann.

Das technische Potenzial beschreibt den Teil des theoretischen Potenzials, der unter den we-

sentlichen technischen Restriktionen genutzt werden kann. Dies sind zum Beispiel konstruktive

Grenzen der Dämmung im Gebäudebestand oder die mögliche in nutzbare Energieformen umge-

wandelte Globalstrahlung.

Das wirtschaftliche Potenzial beschreibt den Teil des technischen Potenzials, der unter ökonomi-

schen Gesichtspunkten umgesetzt werden kann. Das sind zum Beispiel wirtschaftliche Grenzen

der Dämmung oder Nutzung der Solarenergie. Nur wenn das Kostenverhältnis positiv ist, werden

z.B. Dämmung oder Solaranlagen auch installiert werden. Dieses Potenzial ist somit stark von den

Energiepreisen, den Kosten und möglichen Förderbedingungen abhängig. Diese Faktoren sind

zeitlichen Veränderungen unterworfen und damit ist dieses Potenzial eher eine Momentaufnahme

und kann sich im Laufe der Zeit in alle Richtungen verändern.

Schließlich werden nicht alle wirtschaftlichen Potenziale gleich umgesetzt. Bei der Dämmung und

Solaranlagen sind z.B. der begrenzende Faktor die jährlichen Sanierungsquoten oder mögliche

gestalterische oder rechtliche Restriktionen wie beispielsweise der Denkmalschutz. Letztendlich ist

dieses erschließbare Potenzial nur noch ein Bruchteil der Energie, die im theoretischen Potenzial

zur Verfügung steht.

Da die Aussagekraft des theoretischen und wirtschaftlichen Potenzials allein nicht zielführend für

das Quartier ist, wird auf das wirtschaftliche Potenzial zusätzlich eingegangen, eingeschränkt durch

die derzeit bekannten Restriktionen aus der Denkmalpflege.

Pforzheim-Weststadt 91

9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden

Effizienzpotenziale sollten in der Reihenfolge der Energieentwicklung erschlossen werden, d.h.

beginnend vom eigentlichen Nutzen über die Erzeugung zur Gestehung (Abb. 69). Energiema-

nagement und Energieeffizienzansätze müssen notwendigerweise in allen Ebenen ansetzen, es

bestehen jedoch nicht in allen Ebenen Handlungsmöglichkeiten.

Abb. 69 Wege der Energie Quelle: DIN 4701-10

In der kalten Jahreszeit muss durch die Heizung in Nutzräumen eine (konstante) Innentemperatur

aufrechterhalten werden. Dazu ist eine Wärmeabgabe z.B. aus den Heizkörpern notwendig. Die

Wärmemenge wird durch die Höhe der Wärmeverluste bestimmt, die in erster Linie aus der Quali-

tät der Gebäudehülle (Fenster, Außenwand etc.) resultieren. Dieser Nutzwärmebedarf wiederum

wird anlagentechnisch erzeugt (durch eine wie auch immer geartete Heizungsanlage). Es ist klar,

dass die Energiemenge in Einheiten von Energieträgern wie Erdgas, Heizöl, Strom, aber auch

Fernwärme größer ist als die Nutzenergie, da bei der Erzeugung und Verteilung Verluste auftreten.

Der Verbrauch von Energie besitzt in Abhängigkeit vom verwendeten Energieträger unterschiedli-

che Wirksamkeit bezüglich Gesamtbilanz der (unter Umständen weltweit verteilten) Erzeugung und

der Relevanz für das Klima. Entscheidend ist der Aufwand an nicht-regenerativen (in der Regel

fossilen) Energien für Erzeugung, Bereitstellung und Transport.

Abb. 70 Kreislauf erneuerbare Energien am Beispiel Holzenergie.

Wärme

CO2

Holz

H2O

Asche

(Mineralstoffe)

Sonnenernergie

92 Pforzheim-Weststadt

Im Gegensatz zu fossilen Energien wie Erdöl, Erdgas etc. erneuern sich regenerative Energien

(Holz, Biogas, Sonne etc.) in absehbarer Zeit. Da kein zusätzliches (fossil gebundenes) CO2 frei

wird, spricht man auch von CO2-Neutralität. Daraus ergibt sich jedoch nicht der Schluss, dass die

Effizienz zweitrangig ist. Gerade die Beschränktheit der alternativen Energien (in Menge oder Ar-

beit sowie in der zur Verfügung stehenden Leistung) bedingt notwendig eine hocheffiziente Technik

für Gebäude, Versorgung und Verkehr.

Damit wurden bereits die beiden wichtigsten Ansatzpunkte für Effizienzsteigerungen genannt:

Erstens die Minimierung der Wärmeverluste und zweitens die Erhöhung des Regenerativanteils.

Darüber hinaus sind auch die Erzeugungsverluste zu minimieren.

9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen

Der Einfluss der Kommune auf die Gebäudeeigner und -nutzer ist sehr unterschiedlich. Neben dem

allgemeinen Gesetzes- und Regelwerk, welchem Gebäude- und Anlagentechnik in jedem Fall

unterliegen wie z.B. Mindestwärmeschutz nach DIN, Energieeinsparverordnung oder Erneuerbare-

Energien-und-Wärmegesetz, kann die Kommune per Satzungsbeschluss nach Baugesetzbuch

Einfluss nehmen. Dies ist vor allem im Bereich der Energieversorgung (Anschluss- und Benut-

zungszwang, Verbrennungsverbot etc.), weniger im Fall ambitionierter energetischer Standards der

Gebäudehülle, der Nutzung usw. möglich. Nur im Falle einer Veräußerung können über privat-

wirtschaftliche Verträge und städtebauliche Verträge dezidierte Vereinbarungen getroffen werden.

Dieses Instrument sollte daher wo möglich angewandt werden. Keinen Einfluss hat die Kommune

auf Nutzung, Wohnungsgrößen, Innentemperaturen etc. Hier liegen die Handlungsmöglichkeiten

vor allem im Bereich der Beratung und Bildung. Daher ist es wichtig, gute Beispiele zu kommuni-

zieren. Förderungen, kommunal oder durch andere öffentliche Träger, sind wichtige Anschubhilfen.

In der Kommunikation ist es auch enorm wichtig, dass die Kommune mit gutem Beispiel vorangeht.

Bei eigenen Gebäuden, welche auch selbst bewirtschaftet werden, kann nicht nur direkter Einfluss

genommen werden, sondern es können auch gut vorzeigbare Beispiele generiert werden. Eine

Energieleitlinie zeigt und manifestiert hierzu den Willen der Stadt [KEA 2011-2]

Gebäude Sektor

Eig

entu

m/S

elb

stg

enu

tzt

Ver

mie

tet

Gew

erb

lich

Öff

entl

ich

/ ö

ff. H

and

Akteure Einfluss

EFH, DH, RH Wohnen x (x) Besitzer Mäßig

MFH Wohnen x x WohngsUntern. Gut

Wohnen x WEG Mäßig

Citybebauung GHD/Wohnen x x x Gewerbe Wenig

Büro/Verwaltung GHD x x x Gewerbe Wenig

Gewerbebauten, Industriebauten, Sonderbauten

GHD x x x Gewerbe Wenig

Produktion Industrie x x x Gewerbe Wenig

Öffentliche Sonderbauten

Öffentliche x Öffentliche Sehr gut

Tab. 10 Kommunale Einflussmöglichkeiten zu Erschließung von energetischen Potenzialen im Bestand (Quelle ebök).

Pforzheim-Weststadt 93

9.7 Wohnklima und Innenluftqualität

Gutes Wohnklima bedeutet rundum warm empfundene Wände ohne Feuchte und Schimmel, was

durch guten Wärmeschutz erreicht werden kann.

Bauübliche Dämmstoffdicken führen zu ausreichend hohen Oberflächentemperaturen an den In-

nenoberflächen. An Fehlstellen, Durchdringungen usw. können jedoch Wärmebrücken entstehen,

die zu Kondensat und Schimmel führen können. Zur Vermeidung von baupysikalischen Problemen

von muss der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 an allen Stellen gewährleistet sein. Insbeson-

dere im Sanierungsfall ist auf eine wärmebrückenarme Ausführung zu achten. Der Wärmeschutz

ist vor allem auch bei den Fenstern wichtig. So ermöglicht z.B. eine Dreischeibenverglasung in

einem entsprechend guten Fensterrahmen, auch nahezu raumhohe Verglasungen ohne Aus-

gleichsheizungen auszuführen. Während es bei Zweischeibenverglasungen notwendig ist, im Brüs-

tungsbereich Heizkörper zu installieren, um Zugerscheinungen durch kalte Fallwinde am Fenster

entgegenzuwirken, sind die angespro-

chenen Dreischeiben-Fenster auch im

Kernwinter ausreichend warm, um Auf-

enthaltsqualität auch in der Nähe des

Fensters zu bieten.

Eine luftdichte Gebäudehülle dient nicht

nur der Energieeinsparung, sondern vor

allem auch der Vermeidung von

Bauschäden durch Kondensationswas-

ser aufgrund von Durchströmungen oder

Abkühlung an Bauteilen. Die luftdichte

Ausführung der Gebäudehülle ist bereits

in der Energieeinsparverordnung festge-

schrieben.

Wohnkomfort bedeutet jedoch auch,

dass die Innenluftqualität gut sein muss

und nicht durch Feuchte, Gerüche oder

Schadstoffe belastet sein darf. Dies lässt

sich nur durch ausreichendes Lüften

erreichen: Ausgenommen an sehr expo-

nierten Standorten ist die Außenluftquali-

tät immer sehr viel besser als die Raum-

luftqualität. Fensterlüftung ist zwar aus-

reichend, aber nicht immer praktikabel

z.B. bei Abwesenheit oder während der

Nachtstunden. Insbesondere dann,

wenn Räume während der Nachtstunden genutzt werden und/oder wenn das Umfeld lärmbelastet

ist, empfiehlt sich die mechanische Lüftung der Räumlichkeiten. Eingesetzt werden können im

Wohnungsbau z.B. Abluftanlagen oder Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Lüftung (kei-

ne Behandlung der Luft, nur Förderung) darf nicht mit Kühlung oder Klimatisierung (Heizen, Küh-

len, Feuchte) verwechselt werden!

Abb. 72 Häufige Schadstoffquellen in Wohnräumen. Quelle: Impulsprogramm Hessen. Illustration Stephanie Ziegler

Abb. 71 Schimmel in Wohnräumen – ein vermeidbares Problem. Quelle: ebök

94 Pforzheim-Weststadt

Dezember, Januar, Februar 4 bis 6 min

März, November 8 bis 10 min

April, Oktober 12 bis 15 min

Mai, September 16 bis 20 min

Juni, Juli, August 25 bis 30 min

Tab. 11 Empfehlungen für Fensterlüftung alle zwei Stunden. Notwendige Lüftungsdauer für einen Luftwechsel bei Stoß-Lüftung (ganz geöffnetes Fenster bei Windstille) je nach jahreszeitlicher Außentemperatur. Quelle: Hessisches Ministeri-um für Wirtschaft und Technik (Hrsg.): Energiesparinformationen (8) Lüftung im Wohngebäude.

Abb. 73: Funktionsschemata Mechanische Wohnungslüftung. Quelle ebök.

Die Nachrüstung von Lüftungsanlagen ist auch im Bestand sinnvoll, in den meisten Fällen tech-

nisch möglich und daher zu empfehlen. Nach DIN 1946-6 "Lüftung von Wohnungen“ ist ein Lüf-

tungskonzept für eine Sanierung erforderlich, wenn mehr als 1/3 der Fenster getauscht werden

(EFH oder MFH) und wenn mehr als 1/3 der Dachfläche abgedichtet wird (EFH). Der Einbau von

Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung führt zusätzlich zu einer erheblichen Reduktion des

Wärmeenergiebedarfs.

An emissionsbelasteten Straßen, sowohl durch Lärm als auch durch Luftschadstoffe wie Staub

und Stickoxide, kann eine Lüftungsanlage – vorzugsweise mit Wärmerückgewinnung - auch gezielt

zur Verbesserung der Innenluftqualität eingesetzt werden, da nicht mehr unbedingt über geöffnete

Fenster gelüftet werden muss.

Bei innengedämmten Gebäuden kommt einer korrekt gehandhabten Lüftung sicher erhöhte Be-

deutung zu: Bei Innendämmungen oder Gebäudeanschlüssen zwischen gedämmten und unge-

dämmten Bauteilen wird es häufiger Details im Bereich der minimalen Kantentemperaturen nach

DIN 4108-2 geben. Diese sind jedoch bei sichergestellten vernünftigen Innenbedingungen auch

schadenfrei. Im Übrigen stellt auch DIN 1946-6 erhöhte Anforderungen an Gebäude und an die

nutzerunabhängig zu realisierende Feuchteschutzlüftung, falls Gebäude nicht wärmebrückenarm

(im Sinne von Beiblatt 2 zu DIN 4108-2) sind. In diesen Gebäuden kann die Lüftungsanlage mit

Wärmerückgewinnung auch als Kompensation des erhöhten Wärmebedarfs genutzt werden.

Pforzheim-Weststadt 95

9.8 Dokumentationen

Weitere Unterlagen zum Projekt sind als Begleit-Dokumentation auf CD beigelegt.

Hinweis1: Die Materialien entsprechen dem Entwicklungsstand zum Zeitpunkt der Erstellung.

Diese wurden teilweise im Projektverlauf überarbeitet und ergänzt. Die aktuellen Materialien sind

dem Endbericht zu entnehmen.

Hinweis2: Die Materialen unterliegen dem Copyright der Autoren und sind daher nur zum internen

Gebrauch bestimmt. Einer Veröffentlichung z.B. im Internet kann nicht ohne gesonderte Zustim-

mung der Betroffenen und Copyrightinhaber erfolgen!

9.9 Karten

Thema Datum/Nummer Version Quelle

Poster Energietag 19.10.2013 W+P

Handlungsfelder Städtebau 29.8.2013 W+P

Dachformen EK432Pf-DACH-02 1.8 ebök

Baualtersklassen EK432Pf-BAK-01 1.8 ebök

Denkmal EK432Pf-DENKM-02 1.0 ebök

Fassadenoberfläche EK432Pf-FASS-04 1.0 ebök

Istzustand Fenster EK432Pf-FE-04 1.1 ebök

Geschosse EK432Pf-GESCH-02 1.0 ebök

Gebäudenutzung EG EK432Pf-NU-EG-05 1.9 ebök

Gebäudenutzung OG EK432Pf-NU-OG-03 1.8 ebök

Anschlüsse Leitungsgebundene Energieträger EK432Pf-VERS-03 1.0 ebök

Endenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohn-

nutzung im IST-Zustand EK432Pf-EKW-IST-02 1.1 ebök

Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser

Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 100 EK432Pf-SAN-100-02 1.0 ebök

Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser

Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 115 EK432Pf-SAN-115-02 1.0 ebök

Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser

Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und

teilsaniert

EK432Pf-SAN-PH-02 1.0 ebök

Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser

Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und

teilsaniert

EK432Pf-SAN-W-02 1.0 ebök

Spezifische Verbrauchswerte GHD EK432Pf-VER-02 1.0 ebök

Wärmebedarfsdichte IST- Zustand Endenergie EK432Pf-BED-IST 1.0 ebök

Wärmebedarfsdichte saniert EnEV2009 Endenergie EK432Pf-BED-ENEV 1.0 ebök

Wärmebedarfsdichte saniert KfW100 Endenergie EK432Pf-BED-KfW100 1.0 ebök

Dichte Wohnen/GHD/Messplatz EK432Pf-BED-VER-02 1.0 ebök

Handlungsfelder Energie / Konzept EK432Pf-KONZ-03 1.0 ebök Y:\688 PFORZHEIM_KFW\L\0_BERICHT\ABGABE_END\ENDBERICHT_V2-3.DOCX