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Wege zur zukunftsfähigen Fabrik Wo Transportwagen alleine fahren Mehrwerte maschinellen Lernens DAS KUNDENMAGAZIN DES FRAUNHOFER IPA | AUSGABE 2.2017 interaktiv

intera ktiv - Fraunhofer IPA · Prinzip der Selbstorganisation und der Selbstoptimierung eigenständig. Warnecke nannte sie »Fraktale«, aber wenn wir heute von cyberphysischen Systemen

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Wege zur zukunftsfähigen Fabrik

Wo Transportwagen alleine fahren

Mehrwerte maschinellen Lernens

DAS KUNDENMAGAZIN DES FRAUNHOFER IPA | AUSGABE 2.2017

interaktiv

interaktiv 2|2017 Editorial 3

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Sie halten das aktuelle Interaktiv-Heft mit einem Schwerpunkt zur »Zukunfts -

fähigen Fabrik« in Händen. »Wandlungsfähigkeit« ist hier eine entscheidende

Zielgröße, die das IPA seit seinen Anfängen bewegt.

Das Organisationsmodell der »Fraktalen Fabrik«, von Hans-Jürgen Warnecke

in den frühen 90er Jahren entwickelt, zeigt noch heute seine visionäre Kraft

in Veränderungsprozessen hin zu flexiblen Produktionsstrukturen im Rahmen

von Industrie 4.0.

Autonome und hochdynamische Einheiten, wie wir sie im Rahmen der digi-

talen Wertschöpfung in Produktionssystemen einsetzen, handeln nach dem

Prinzip der Selbstorganisation und der Selbstoptimierung eigenständig.

Warnecke nannte sie »Fraktale«, aber wenn wir heute von cyberphysischen

Systemen sprechen, meinen wir im Grund das Gleiche.

Warneckes Nachfolger am IPA, Engelbert Westkämper, nutzte viele Prinzipien der Fraktalen Fabrik

und übertrug sie auf gesamte Unternehmen. Das »Stuttgarter Unternehmensmodell« leitet sich aus

der Vision der Wandlungsfähigkeit von Unternehmen ab, dem neuen Paradigma der digitalen Fabrik:

Sämtliche Veränderungen werden möglichst in Echtzeit simuliert und dadurch werden sowohl die

Qualität als auch die Geschwindigkeit aller Entscheidungsprozesse deutlich verbessert.

Eine Fabrik, die nah am Markt ist, und die mit möglichst geringen Stückkosten je nach Bedarf auf-, um-

und gegebenenfalls wieder rückgebaut wird, ist selbst ein Hightech-Produkt mit guten Marktchancen.

Ich bin davon überzeugt, dass sich die Produktion auch in Zukunft an den Prinzipien der Fraktalen Fabrik

orientieren wird. Sie wird digital und von enormer Wandlungsfähigkeit sein, aber sie wird auch nach-

haltig sein und ganzheitlich gestaltet und bewertet werden.

Das vorliegende Interaktiv-Heft stellt Ihnen neue Entwicklungen in der Fabrik vor. Die Titelgeschichte

erzählt, warum sie schlank, wandlungsfähig und menschengerecht sein wird. Im Beitrag über

Maschinelles Lernen wird darüber berichtet, wie das IPA die Vision der Fraktalen Fabrik verwirklicht.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und einen erholsamen Sommer.

Ihr Thomas Bauernhansl

Unsere neue Erklär-Video-Reihe zeigt

Innovationen, die begeistern. Humorvoll

erklärt geht es vom reinsten Reinraum

der Welt über die Technik der Holzwespe

bis hin zur Energiewende mit PowerCaps.

Als Physiker, Buchautor, Kolumnist, Moderator, aber allen voran als Kabarettist

nähert sich Vince Ebert in seinem Bühnenprogramm »Zukunft is the Future«

den großen Themen unserer Zeit: Arbeit, Leben, Sudoku und Thermodynamik.

In dieser Reihe fehlen nur noch die Produktionstechnik und Automatisierung.

Diesen Disziplinen widmet er sich jeden Monat aufs Neue und drückt dem Slogan

des Fraunhofer IPA »Wir produzieren Zukunft« seinen ganz eigenen, unverwech-

selbaren Stempel auf.

www.wir-produzieren-zukunft.de/Zukunftsforscher

TIPP!

interaktiv 2|2017 Inhalt 54 Inhalt interaktiv 2|2017

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Wege zur zukunftsfähigen Fabrik

Auf Basis der Fabrikplanungs-Erfahrung mehrerer Jahrzehnte

haben Wissenschaftler am Fraunhofer IPA einen Methoden -

kanon entwickelt, der drei Zielgrößen der Fabrik der Zukunft

in den Mittelpunkt stellt: schlanke Produktionsabläufe, wand-

lungsfähige Strukturen und eine menschengerechte Aus stattung.

42

Mehrwerte des maschinellen Lernens

für die Automatisierungsbranche

Komplexe Prozesse überwachen, intelligent analysieren und sie

dazu befähigen, auch in ungeplanten oder unbekannten Situationen

eigenständig richtig zu entscheiden: Dieses Ziel verfolgen IPA-Experten

aktuell mit neuen Lösungen, die auf Verfahren des maschinellen

Lernens basieren. Damit sollen Produktionsabläufe oder Automati -

sierungslösungen kontinuierlich optimiert und ein höherer Auto -

nomiegrad erreicht werden, was wiederum die Flexibilität und

Wirtschaftlichkeit verbessert.

25

Meilensteine der Robotik

Seit der Eröffnung des Technikumgebäudes im Instituts -

zentrum der Fraunhofer-Gesellschaft in Stuttgart am 7. Juli

können Besucher des Fraunhofer IPA die Dauer-Ausstellung

»Meilensteine der Robotik« erleben. Dort ist die Entwick -

lung der Robotik am IPA an Originalexponaten zu sehen

und kommen Ereignisse und Personen zur Sprache, die das

Thema die vergangenen 50 Jahre geprägt haben.

Editorialvon Thomas Bauernhansl 3

PlattformNachrichten und Notizen 6

TitelWege zur zukunftsfähigen Fabrik 10

FuEVom Automation Assessment bis zur wandlungsfähigen Fabrik 16

Viel mehr als Gebäudeplanung 20

Interviewmit Markus Fuchs, Werkleiter, Elektror airsystems GmbH 22

FuEWeniger Stress in der Produktion, mehr Zeit für Betreuung 24

Blickpunkt»Meilensteine der Robotik« 25

FuEEuropäischer Robotikwettbewerb geht in die entscheidende Phase 28

EU-Parlament empfiehlt neue Gesetze für die Robotik 30

Industrie 4.0Informationsbedarfsanalyse als Einstieg in Industrie 4.0 32

Wo Transportwagen alleine fahren – ein Innovationsreport 34

Neue Anwendungsszenarien für Industrie 4.0 entwickelt 38

FuEFlexibler Näherungssensor macht Oberflächen intelligent 41

Mehrwerte des maschinellen Lernens für die Automatisierungsbranche 42

7. Technologieforum – Fahrerlose Transportsysteme und mobile Roboter 45

Im Gesprächmit Henrik Schunk, Geschäftsführender Gesellschafter, Schunk GmbH & Co.KG 46

FuEEU-Projekt »ROSIN« fördert Entwicklung und Einsatz von Open-Source-Software 48

Projekt »SeRoNet« 48

Mehr als nur Zukunftsmusik 49

Impressum 50

34

Wo Transportwagen alleine fahren

Im »Applikationszentrum Industrie 4.0« zeigen Petra Foith-Förster

und ihr Team, wozu Industrie 4.0 gut sein kann.

Um die Entwicklungszeiten von Silizium-Solarzellen der nächsten Generation durch intelligente Anlagennutzung signifikant zu

reduzieren, haben sich die Fraunhofer-Institute für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und für Solare Energiesysteme

ISE, das Institut für Photovoltaik der Universität Stuttgart (ipv) und das International Solar Energy Research Center, Konstanz (ISC)

in einem vom Land geförderten Projekt (»InES – Industrie 4.0 im Einsatz für zukünftige Solarzellenentwicklung und -fertigung«)

zusammengeschlossen und das Solarzellen-Technikum 4.0 gegründet. Geforscht wurde in realen Labors an den Instituten, die

zum Technikum 4.0 digital vernetzt waren. Im Technikum 4.0 tauschen Maschinen auf Basis standardisierter Industrie 4.0-Schnitt -

stellen Daten mit einem zentralen Rechner aus, der wiederum mit mobilen Endgeräten kommuniziert. Die Technologie wurde

für die Entwicklung von industrietauglichen hocheffizienten Solarzellen getestet und kann künftig auch für das schnelle An -

fahren neuer Produktionslinien und die laufende Qualitätskontrolle genutzt werden. Am 6. Juli 2017 präsentierten die Projekt -

partner die Ergebnisse und Projektleiter Martin Kasperczyk übergab Ministerialdirigent Günther Leßnerkraus vom Ministerium

für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau den Abschlussbericht.

interaktiv 2|2017 Plattform 76 Plattform interaktiv 2|2017

Anfang des Jahres wurde in Stuttgart-Vaihingen ein neues Technikumgebäude

für die Fraunhofer-Institute IGB und IPA in Betrieb genommen. Der Neubau

beherbergt Labors, Versuchsfelder und Technika in den Themenfeldern Robotik,

Ressourceneffizienz und Laborautomatisierung, Lebensmittel- und Medizin -

technik sowie Wasseraufbereitung. Damit steht dem Standort weitere wichtige

Infrastruktur zur Verfügung, um auch künftig Innovationen für die Region, das

Land Baden-Württemberg, Deutschland und Europa voranzutreiben. Am 7. Juli

2017 wurde das neue Technikumgebäude offiziell eingeweiht. Nicole Hoff -

meister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes

Baden-Württemberg, und Professor Alfred Gossner, Vorstand Finanzen, Con -

trol ling und IT der Fraunhofer-Gesellschaft, gehörten zu den prominenten Gästen.

Eckdaten des neuen Technikumgebäudes

Maßnahme: Neubau von Labor-,

Büro- und Technikumsflächen

Bauherr: Fraunhofer-Gesellschaft, München

Nutzer: Fraunhofer-Institute IPA und IGB

Architekten: Hascher Jehle Architektur, Berlin

Baukosten: bewilligte 38,4 Millionen Euro

Bruttorauminhalt: 77500 cbm

Bruttogrundfläche: 16700 qm

Arbeitsplätze: 306

Technikumgebäude eingeweiht – von Laborautomatisierungüber Robotik bis hin zur Wasseraufbereitung

Industrie 4.0 in der PhotovoltaikAbschlussbericht über Solarzellen-Technikum 4.0 übergeben

Ausgezeichneter Ort 2017 – Future Work Lab

Die Initiative »Deutschland – Land der Ideen« und die Deutsche Bank richten den Innovations -

wettbewerb »Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen« seit zwölf Jahren gemeinsam aus.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist Schirmherr der Initiative. Eine hochkarätig besetzte

Jury wählte dieses Jahr das Future Work Lab unter rund 1000 eingereichten Bewerbungen

aus. Im Future Work Lab bündeln die Fraunhofer-Institute für Arbeitswirtschaft und Organi -

sation IAO und für Produktionstechnik und Automatisierung IPA sowie das Institut für Arbeits -

wissenschaft und Technologiemanagement (IAT) und das Institut für Industrielle Fertigung

und Fabrikbetrieb (IFF) der Universität Stuttgart ihre Kompetenzen rund um das Thema

Industrie 4.0. Mit greifbaren Demonstratoren, Angeboten zur Kompetenzentwicklung und

Weiterbildung sowie einer Plattform für den wissenschaftlichen Austausch richtet es sich an

Industrie, Arbeitnehmerverbände, Politik und Wissenschaft – und an die Produktions mit -

arbeiter der Zukunft.

Dr. Moritz Hämmerle und Simon Schumacher

bei der Preisverleihung in Berlin

Gemeinsam in die vernetzte Zukunft

Unter diesem Motto präsentierte sich die Fraunhofer-Gesell schaft

auf drei Gemeinschaftsständen – Zukunftsfabrik, Simulation

und Produktion – auf der diesjährigen Hannover Messe. Die

vom Fraunhofer IPA bereits im Jahr 2012 aus der Taufe geho-

bene Cloud-Plattform »Virtual Fort Knox« stand im Zentrum

des Fraunhofer-Verbund-Stands Produktion und zeigte Wege

zu einer intelligenten und vernetzten Produktion und Wert -

schöpfung. Unternehmen konnten in Echtzeit verfolgen, wie

unterschiedliche Anwendungen und Prozesse abgestimmt

aufeinander interagierten. Ziel ist es, die Plattform föderativ

mit und für die Technologieführer des deutschen Mittelstands

weiter auszubauen.

interaktiv 2|2017 Plattform 98 Plattform interaktiv 2|2017

Die im Mai dieses Jahres erschienene Studie »Digitalisierung im Mittelstand«, die das Fraunhofer IPA im Auftrag des Arbeit -

geber verbands Südwestmetall durchgeführt hat, blickt in den Arbeitsalltag kleiner und mittelständischer Unternehmen der

Metall- und Elektroindustrie und liefert Entscheidungsgrundlagen und Handlungsempfehlungen.

Die Stärken der Metall- und Elektroindustrie in Deutschland ergeben sich aus der hohen Auslandsorientierung und festen

Einbindung in internationale Produktionsnetzwerke sowie einer hohen Wissensorientierung und Innovationsneigung.

Erste Warnsignale zeichnen sich heute schon am Trend sinkender Produktivitätszuwächse ab.

Während vor allem große Unternehmen mit Elan die Digitalisierung vorantreiben, verhält sich der Großteil der KMU bisher

abwartend. Dieses ist zunächst den unsicheren Zukunftsprognosen und den zumeist wenig greifbaren Aussagen zu Entwick -

lungstrends geschuldet. Zudem fehlen angepasste und pragmatische Handlungsempfehlungen, was zur Folge hat, dass das

Potenzial der Digitalisierung stark unter-, aber auch überschätzt wird.

Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass Projekte zur Digitalisierung vor allem

die Produktion betreffen. Entwicklung, Beschaffung, Vertrieb und weitere unterstützende

Pro zesse stehen mehrheitlich nicht im Fokus. Die Möglichkeiten zur Digitalisierung der

Produkte und zur Ableitung digitaler Zusatzangebote und -services sind den meisten

Unternehmen bekannt. Eine breite Umsetzung dieser Ansätze erfolgt aktuell jedoch noch

nicht. Keines der befragten Unternehmen gab an, auf Basis digitaler Serviceangebote

aktuell Umsatz zu erzielen.

Die Studie umfasst 110 Seiten und steht kostenfrei zum Download bereit:

www.ipa.fraunhofer.de/studien

Digitale Services noch in den Kinderschuhen

Industrie 4.0 für Ressourceneffizienz einsetzen

Die Themen Industrie 4.0 und Ressourceneffizienz behandeln die meisten Unternehmen getrennt von-

einander. Dabei lassen sich die Technologien der digitalen Transformation auch dafür einsetzen, die

Ressourceneffizienz zu steigern. Die neue Studie »Ressourceneffizienz durch Industrie 4.0 – Potenziale

für KMU des verarbeitenden Gewerbes«, die das Fraunhofer IPA und Partner im Auftrag des VDI

Zentrums Ressourceneffizienz (VDI ZRE) durchgeführt haben, beleuchtet erstmals die Chancen dieser

Wechselwirkungen. Die 270-seitige Ausarbeitung identifiziert Best-Practice-Beispiele und gibt Industrie,

Politik und Forschung konkrete Handlungsempfehlungen.

Unternehmen setzen Industrie-4.0-Technologien vorrangig ein, um wirtschaftliche Kennzahlen zu ver-

bessern. Beispiele sind Kundenzufriedenheit, Stabilität der Prozesse oder Produktivität. Die Ressourcen -

effizienz betrachten sie entweder getrennt oder sie lassen sie außen vor. Auch die Forschungsliteratur

behandelt die Wechselwirkungen zwischen den beiden Themen nur am Rande. Ziel der neuen Studie ist

es daher, gerade dieses Zusammenspiel zu beleuchten. Im Zentrum stehen die Fragen, welche Technologien KMU zur Steige rung

der Ressourceneffizienz verwenden können und wie sich diese Themen gegenseitig beeinflussen. Der Fokus liegt auf dem ver-

arbeitenden Gewerbe, insbesondere dem Maschinenbau, der Kunststoff- und Elektronikindustrie.

Die Studie umfasst 270 Seiten und kann kostenlos auf der Website des VDI ZRE heruntergeladen werden.

http://www.ressource-deutschland.de/themen/industrie-40/studie-industrie-40/

Big-Data-Analysen verfolgen das Ziel, Datenmengen sinnvoll zu verarbeiten und damit Mehr -

werte für das Unternehmen zu generieren. Produzierende Unternehmen setzen die Methode

bislang aber kaum ein. Mit der Studie »Big-Data-Analytik: Datenbasierte Optimierung produ-

zierender Unternehmen« zeigt das Fraunhofer IPA, welche Veränderungen sich dabei im Unter -

nehmen ergeben. Auf dieser Basis werden Entwicklungsfelder abgeleitet und Unterstützungs -

angebote zugeordnet.

Big-Data-Analysen gelten als Schlüsseltechnologie von Industrie 4.0. Im Handel, in der Fin anz -

branche oder bei Unternehmen wie Amazon oder Google gehören sie zum Alltag, produzie-

rende Unternehmen nutzen sie hingegen kaum. »Unsere Befragung zeigt, dass nur 14 Prozent

der Firmen eine konkrete Strategie für die Einführung von Big-Data-Analytik haben; und das,

obwohl die Mehrzahl der Befragten ein großes Potenzial erwartet«, kritisiert Projektleiter Dennis

Bauer vom Fraunhofer IPA. Viele erkennen den Mehrwert nicht, sorgen sich um Datensicher -

heit oder es fehle an Wissen und Personal, fährt er fort. Um Unternehmen den Einstieg zu er-

leichtern, hat das Fraunhofer IPA die Studie aufgesetzt. Im Zentrum steht der produzierende Mittelstand.

Für ihre Ausarbeitung haben die Wissenschaftler Thesen zu nötigen Veränderungen in den Unternehmensdimensionen Mensch,

Technik, Organisation und Geschäftsmodell generiert. Diese verifizierten sie bei 150 Entscheidern aus der Industrie in einer

Online-Befragung und vertieften sie in Experteninterviews. Anschließend wurden Rückschlüsse gezogen, Entwicklungsfelder

generiert und diesen Unterstützungsangebote zugeordnet.

Die Studie kann auf der Website des Fraunhofer IPA kostenlos heruntergeladen werden:

www.ipa.fraunhofer.de/studien

Studie zeigt Veränderungen durch Big-Data-Analytik

Die Ultraeffizienzfabrik muss auch digital sein

Am 12. Juli 2017 fand in den Räumlichkeiten der ARENA2036

in Stuttgart die Tagung »Digitalisierung & Ultraeffizienz« statt.

Ziel der Weiterentwicklung des bestehenden Ultraeffizienz -

fabrik-Konzepts ist der Aufbau eines Zentrums für Ultra effi -

zienzfabriken zu Forschungs- und Demonstrationszwecken.

Hierbei sollen Unternehmen aktiv eingebunden werden und

ihnen so die Möglichkeit gegeben werden, die Ergebnisse

direkt als Vorreiter in die Industrie zu übertragen. In der Rolle

als Forschungspartner untersucht das Fraunhofer IPA aktuelle

Technologien, bewertet diese und koppelt sie mit nachhaltigen

Technologieinnovationen.

Weitere Informationen

www.ultraeffizienzfabrik.de

IPA-Institutsleiter Prof. Thomas Bauernhansl und IPA-Bereichsleiter

Prof. Alexander Sauer im Gespräch mit Minister Franz Untersteller

während der Tagung (v.l.n.r.)

interaktiv 2|2017 Titel 11

hin zur Personalisierung die schlank zu gestaltenden Produk -

tionsabläufe immer komplexer werden. Der derzeitige Fokus

der methodischen Weiterentwicklung liegt daher auch auf

der Variantenfertigung und den dazu erforderlichen Planungs-

und Steuerungsregeln.

Aber auch diese neuen Anforderungen lassen sich leichter

bewältigen, wenn Produktionsabläufe durch eine transparente

Umsetzung auf dem Shop Floor für die Fabriknutzer erkenn-

bar bleiben. Die in der Lean Production eingeübten Methoden

der transparenten Fabrikgestaltung (Markierungen, Farbe, Licht)

und Visualisierung von Ergebnissen (Kennzahlen) bleiben wei-

terhin ein wichtiges Erfolgskriterium.

»Ideale Fabrik« – Die Fabrik der Zukunft ist hoch flexibel,

wandlungsfähig und modular

Bei der Planung einer zukunftsfähigen Fabrik stellt sich nach

Festlegung der schlanken Produktionsabläufe die Frage, wie

die zugehörige Fabrik in Layout und Gebäude denn idealer-

weise aussieht. Das beantwortet in klassischer Weise die ma te -

rialflussorientierte Layoutplanung, die wegeoptimierte Betriebs -

mittelanordnungen vorschlägt. Erst danach umgibt man das

Fabriklayout mit einer Gebäudehülle, da ja nicht die Architek -

tur den Produktionsprozess bestimmen soll. Als hoch flexible

Fabrik erfüllt sie dann alle Anforderungen, die wir heute schon

kennen. Wie sieht es aber mit künftigen Anforderungen aus?

Wenn heute über die Fabrik der Zukunft nachgedacht wird,

dann hat es auch in der fachlichen Diskussion oft den An -

schein, dass sie nicht intelligent genug sein kann. Dabei würde

sie, wenn sie wirklich intelligent wäre, ihre Zukunft selbst in

die Hand nehmen. Bis es soweit ist, wollen (und sollten auch)

die Fabrikbetreiber ihre Fabrik gestalten. Und zwar so, dass

sie zukunftsfähig ist. Was aber bedeutet das?

Auf der Basis der Fabrikplanungs-Erfahrung mehrerer Jahr -

zehnte haben die Forscher am Fraunhofer IPA einen Methoden -

kanon entwickelt, der drei Zielgrößen in den Mittelpunkt stellt.

Demnach hat die Fabrik der Zukunft schlanke Produk tions -

abläufe, wandlungsfähige Strukturen und eine menschenge-

rechte Ausstattung.

»Lean Production« – Die Fabrik der Zukunft ist hoch

produktiv, wertstromorientiert und transparent

Jetzt kann man fragen: Lean Production soll die Zukunft sein?

Klingt eher nach Vergangenheit. Und richtig: Die Grundprinzi -

pien stammen von Frederick Winslow Taylor und Henry Ford;

die konsequente Umsetzung als ganzheitliches Produktions -

system bei Toyota von Taiichi Ohno. Jedoch die Grundidee der

Lean Production, die Vermeidung von Verschwendung, wird

auch in Zukunft gelten. Ohne konsequente Ausrichtung auf

hohe Produktivität werden auch High-Tech-Fabriken für per-

sonalisierte Produkte nicht erfolgreich sein können.

Für die wertstromorientierte Gestaltung von Fabriken wurde

am Fraunhofer IPA das Vorgehen nach acht bewährten, syste-

matisch aufeinander aufbauenden Gestaltungsrichtlinien kon-

tinuierlich weiterentwickelt. Daraus ist das Standardwerk »Wert -

stromdesign. Der Weg zur schlanken Fabrik« beim Springer

Verlag hervorgegangen. In den letzten Jahren lag die Heraus -

forderung überwiegend darin, die Methode, ausgehend von

der Automobil-Branche, auf andere Branchen – Maschinen -

bau, Elektrotechnik, Medizintechnik, Consumer-Produkte und

zuletzt Prozessindustrie inkl. Bergbau – zu übertragen. Dabei

hat sich gezeigt, dass die Richtlinien an die jeweils spezifischen

Bedingungen anzupassen sind. Und dies wird auch künftig

der Fall sein, wenn mit steigender Varianz der Produkte bis

Wege zur zukunftsfähigenFabrik Von Klaus Erlach

Sch lanke und e ff i z i en te Fabr iken p lanen ohne R i s i ko

Eine neue Fabrik plant man nicht täglich. Um ein zukunftsfähiges Pla-

n ungs ergebnis zu erhalten, sind der konstruktive Einbezug aller Fabrik -

nutzer so wie ein neutraler Blick von außen unbedingt empfehlenswert.

So wird nicht nur die Akzeptanz des Ergebnisses erhöht, sondern auch das

implizite Wissen der Mitarbeiter berücksichtigt. Unangenehme Überrasch -

ungen direkt nach Fertigstellung des Fabrikgebäudes der Art »Wieso

haben wir daran eigentlich nicht gedacht?« werden so vermieden.

Mehr auf Seite 20ff.

interaktiv 2|2017 Titel 1312 Titel interaktiv 2|2017

Den entsprechenden Lösungsansatz, der über die bloße Ein -

planung von Baufenstern für künftige Erweiterungen hinaus-

geht, hat die Produktionsforschung schon früh mit dem Stich -

wort »Wandlungsfähigkeit« bezeichnet, ohne allerdings eine

praktikable Umsetzungsstrategie anzugeben. Unter den realen

Bedingungen, dass Fabriken auch wirtschaftlich sein sollen,

reicht es nämlich nicht aus, lediglich maximale Wandlungs -

fähigkeit zu fordern. Eine Fabrik, die vom Bleistift bis zum Flug -

zeug alles nach relativ kurzer Umbauzeit produzieren kann,

benötigt niemand.

Wie groß ist eine ideale Fabrik?

Eine wandlungsfähige Fabrik zeichnet sich vielmehr dadurch

aus, dass mit einem Wandlungsrahmen ihre Grenzen vorab

festgelegt sind. So wie ein Bearbeitungszentrum nur Bauteile

einer bestimmten Größenordnung (von … bis …) bearbeiten

kann, so kann auch eine Fabrik nur bestimmte Typen von

Produktionsprozessen beherbergen und damit eben nur ein

ganz bestimmtes, hinsichtlich Art und Menge eingeschränktes

Produktspektrum überhaupt jemals sinnvoll, d. h. wirtschaft-

lich, produzieren. Mit diesem Denkansatz wird nebenbei auch

eine ganz andere Frage beantwortet, die insbesondere Firmen

mit mehreren Standorten umtreibt, nämlich die Frage nach

der idealen Fabrikgröße. Ein definiter Wandlungsrahmen lie-

fert Aussagen zur minimalen und maximalen Fabrikgröße

gleich mit und gibt so wertvolle Hinweise zur Standortfrage.

Prozess- und Logistikmodule bestimmen die Minimal größe

Wie kommt man nun zu den Grenzen des Wandlungs rahmens?

Für einen gegebenen technologischen Stand gibt es immer

eine minimal akzeptable Gesamtausbringung. Der Durchsatz

eines Betriebsmittels kann aus wirtschaftlichen (z.B. hohe Fix -

kosten) oder technologischen Gründen (z.B. prozessbedingt

minimale Chargengröße) nur bei Verlust der Wirtschaftlichkeit

unter eine minimale Grenze reduziert werden. Auf dieser Basis

können technische Prozessmodule dimensioniert werden. Für

den zugehörigen Materialfluss mit seinem Bedarf an Tran sport-,

Kommissionier-, Puffer- und Lagerflächen konzipiert man dar-

auf abgestimmte Logistikmodule. Durch Zusammenfügung

über einen gesamten Wertstrom hinweg erhält man so die

Fabrikgrößenuntergrenze. Soweit so einfach. Wie kommt man

nun aber zur Obergrenze?

Die Maximalgröße hängt von den Monumenten ab

Skaliert werden kann die Fabrik durch Multiplikation dieser

Wertstrommodule. Voraussetzung dafür ist die Grundidee der

wandlungsfähigen Fabrik, nämlich eine durchgängige Modu -

larität aller Fabrikelemente. Die Hochskalierung könnte man

dann eigentlich bis ins Unendliche fortsetzen, kämen da nicht

die »Monumente« ins Spiel. Betriebsmittel mit monumentalem

Charakter, wie z.B. Härteöfen, Galvanik oder Lackieranlagen,

sind auf lange Sicht prägend für die Werkstruktur, weil sie

wegen ihrer mangelnden Mobilität sowie ihrer sehr spezifischen

Anforderungen an die Gebäudestruktur und die technische

Gebäudeausstattung nach ihrer Erstinstallation einen faktisch

unveränderlichen Standort im Werk haben. Eine Änderung

des Produktionsprogramms hinsichtlich Art und Menge führt

zu ineffizienten Materialflüssen um das dann auf einmal mit-

ten im Weg stehende Betriebsmittel herum. Eine wirtschaft-

lich sinnvolle Werkvergrößerung wird dadurch maßgeblich

behindert. Für eine spätere Erhöhung der Ausbringung muss

eine Vergrößerung oder Duplizierung der immobilen Betriebs -

mittel bereits in der ersten Ausbaustufe vorgesehen werden.

Die Fabrikgrößenobergrenze hängt nun genau an der Dimen-

s io nierung dieser Monumente. Das ist zum einen eine Verein -

fach ung, weil man außer den Monumenten keine weiteren

Betriebsmittel berücksichtigen muss. Und es zeigt zum anderen

die grundlegende Schwierigkeit, die darin besteht, dass be -

reits bei Erstinstallation der monumentalen Betriebs mittel die

Endausbaustufe einer Fabrik festgelegt wird. Erweitert man

die Fabrik später über diese Maximalgrenze hinaus, dann wird

sie an Effizienz verlieren, mithin nicht mehr ideal sein können.

Monumente gehören in die Ecken

Generelle Voraussetzung ist nun die richtige Positionierung

des Monuments im Layout. Wenn die Fabrik wandlungsfähig

sein soll, dann darf eine Hochskalierung nicht zur Änderung

der Fabrikstruktur führen. Dies lässt sich dadurch am einfach-

sten dauerhaft gewährleisten, dass man die Monumente in

»Ecken« platziert, den Materialfluss also immer um 90 Grad

dreht, wenn er über ein Monument verläuft. Das verhindert,

dass die Monumente im Mittelpunkt des Fabriklayouts und

damit immer im Weg stehen. Bei der Wahl des richtigen Grund -

layouts hilft ein Entscheidungsbaum (siehe Abbildung unten).

Auf Basis der Grundlayouts sind dann alle Flächen in Abhängig -

keit der benötigten Wertstrommodule zu dimensionieren.

Unterschiedliche Anforderungen an die Gebäudeinfrastruktur

klassifizieren die wandlungsfähigen technischen Module in

Segmente, die innerhalb einer Klasse einen Wandel ohne Ein -

schränkung erlauben (grüne Kreuze in der Abbildung) und

beim klassenübergreifenden Wandel gewisse Vorhaltekosten

(gelbe €-Zeichen) erforderlich machen (siehe Abbildung Seite

14 oben). Außen vor bleiben das »Kreuz der Monumente«

und bei Bedarf gewisse Sonder tech nologien, für die man den

Wandlungsbedarf aus strategischen Gründen ausschließt.

»Industrie 4.0« – Die Fabrik der Zukunft ist teilauto-

matisiert, menschengerecht und attraktiv

Eine wandlungsfähige Fabrik reagiert nicht nur auf Änderun gen

im Produktspektrum, sondern auch auf den Fortschritt bei

den eingesetzten Technologien. Schon im Rahmen der Lean

Production hat sich die Wahl des richtigen Automatisie rungs -

grads als erfolgsentscheidende Aufgabe gezeigt. Vor dem

Hintergrund des Scheiterns des CIM-Ideals einer »Menschen -

leeren Fabrik« hat sich gezeigt, dass Automatisierung kein

Selbstzweck sein darf. Je nach Technologie macht sie zuweilen

das Fabriksystem über Rüstaufwände insgesamt zu unflexibel

hinsichtlich der steigenden Variantenzahl. Hohe Investitions -

LayoutI

LayoutL

Layout

M

U

Eine Produktions-

stufe

MehrereProduktions-

stufen

Einzel- & mehrere

Produktions-stufen

Ohne Monument

Dezentrale Logistik

I-Form U-Form I-Form split L-Form U-Form split Z-Form Z/I-Form

Zentrale Logistik

Zentrale Logistik

Zentrale Logistik

Zentrale Logistik

Dezentrale Logistik

Dezentrale Logistik

Ohne Monument

Bis zu zwei Monumente

Mit einem Monument

Mit zwei Monumenten

Mit einem Monument

Gestaltung wandlungsfähiger Fabriken auf Basis

automatisierter Prozessmodule

Ein Umsetzungspartner für die Gestaltung wandlungsfähiger Fabriken ist

die Firma Elektrolux im Produktbereich der Kühl schränke gewesen. Im

Rahmen der Konzeption einer schlanken Fabrik mittels Wertstromdesign

werden ausschließlich standardisierte Prozessmodule verplant. Diese

haben idealerweise zuvor über ein »Automation Assess ment« ein Auto -

matisierungskonzept einschließlich der technischen Anforde rungen an

das erforderliche Automatisierungsequipment erhalten.

Mehr auf Seite 16ff.

Die Abbildung zeigt, wie in Ab hängigkeit von den (roten)

Monumenten die grundlegende Materialflussstruktur mit

den drei Basislösungen des I-, L- und U-Layouts aussieht.

In grüner Fläche hinterlegt sind zudem die Wareneingangs-

und Versandflächen. Rosa markiert ist die sinnvolle Anord -

nung eines Gebäuderiegels für indirekte Flächen nutzung wie

Büros und Instandhaltung. Gestrichelt sind be reits mögliche

Gebäude erweiterungen skizziert, die die Fabrik struktur nicht

nachteilig verändern.

interaktiv 2|2017 Titel 1514 Titel interaktiv 2|2017

kosten erzwingen hohe Auslastungen und verringern dadurch

die Mengenflexibilität. Die installierte Fördertechnik bei fester

Verkettung treibt Adaptionskosten nach oben und behindert

so technische Innovationen in den Produktionsprozessen. Lohn -

intensive Instandhaltungs- und Bedienungskosten stellen zu -

weilen im Nachhinein die Wirtschaftlichkeit der Automatisie -

rung selbst in Frage.

Das Hauptproblem dieser technologiezentrierten Ansätze liegt

dabei in der Zielsetzung: Nicht die menschenleere, sondern

die menschengerechte Fabrik sollte das Leitbild für die Pla nung

auch einer zukunftsfähigen Fabrik sein. Nicht alles was tech-

nisch möglich ist, muss auch umgesetzt werden. Eine intelli-

gente Lösung zeichnet sich durch eine ebensolche Auswahl

aus. Das Ziel sind dann besser informierte, intelligente Mit -

arbeiter durch zielgerichtet unterstützende Informations ver -

arbeitung, nicht aber deren Ersetzung durch »intelligente«

Apparate.

Die eigentliche Herausforderung ist zugespitzt formuliert,

»be wohnbare« Fabriken zu bauen, gewissermaßen ein »Tech -

no top« zu schaffen, das ein attraktives Umfeld für alle Fabrik -

nutzer bietet. Auch wenn man sicher nicht nur so zum Spaß

arbeitet, so sind Fabriken doch Ausweis der Lebensqualität in

einer Region. Gesellschaftlicher Wohlstand bemisst sich auch

an der Attraktivität der Fabriken. Neben dem Eigeninteresse

der Mitarbeiterbindung gehört dieses übergeordnete Ziel der

Fabrikgestaltung auch zur unternehmerischen Verantwortung. n

A

B

C

Bewertung der Wandlungsfähigkeit:

: Transformierbar ohne Einschränkung

Prozess 1

normal normal

StandartStandart

3t/m² 10t/m² 20t/m² 5t/m²

5m 10m 12m

geringhoch hoch

Sonder 2Sonder 1

Höhe

Tragfähigkeit

Medien

Sauberkeit

Prozess 2 Prozess 3 Prozess 4 Prozess 5 Prozess 6

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€ : Anfallende Opportunitätskosten zur Erreichung voller Transformierbarkeit

Dr. Klaus Erlach

Gruppenleiter Fabrikplanung und Wertstromdesign

Telefon +49 711 / 970-1293

[email protected]

Dr. phil. Dipl.-Ing. Klaus Erlach ist nach Abschluss seines

Studiums in Maschinenbau und Philosophie seit dem Jahr

2000 tätig am Fraunhofer IPA in der Abteilung Fabrik -

planung und Produktionsoptimierung. Er berät die produ-

zierende Industrie aus zahlreichen Branchen wie Maschinen-

und Anlagenbau, Fahrzeugbau, Optik und Feinmechanik,

Elektronik und Elektrotechnik, Stahl und Baugewerbe zur

wertstromorientierten Planung von Fabriken sowie zur

Optimie rung von Produktionsabläufen nach Lean-Prinzipien.

Inhaltlicher Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung und Anwendung der Methode »Wertstromdesign«

zur Festlegung von Produktionsstrategien bis hin zur Konzeption der Produktionsplanung und -steuerung,

nachzulesen in seinem erfolgreichen Buch »Wertstromdesign. Der Weg zur schlanken Fabrik«.

Weitere Informationen: www.wertstromdesign.de

Informationsbedarfe für eine menschengerechte Fabrikorganisation

Die hohe Leistungsfähigkeit moderner Informationstechnologie verspricht

unter dem Titel »Industrie 4.0« vielfältige Möglichkeiten zur Flexibilisie rung

der Produktion. So wird es deutlich leichter oder überhaupt erst möglich,

personalisierte Produkte wirtschaftlich herzustellen. Zugleich ergeben sich

Möglichkeiten zur autonomen Fabriksteuerung. Um die Informations ver -

arbeitung sowohl verschwendungsarm als auch menschengerecht zu kon-

zipieren, ist die sorgfältige Analyse der Informationsbedarfe zu empfehlen.

Für den Einstieg in die »Fabrik 4.0« hat das Fraunhofer IPA einen neuen

methodischen Ansatz entwickelt.

Mehr auf Seite 32f.

Michael Lickefett

Abteilungsleiter Fabrikplanung und Produktionsoptimierung

Telefon +49 711 970-1993

[email protected]

Mit unserem Leistungsangebot zu Fabrikplanung und Pro duk -

tionsmanagement unterstützen wir Industrie unter nehmen

bei der Verfolgung ihrer wesentlichen Fabrikziele. Unsere Be -

ratung reicht vom großen Ganzen bis ins Detail: So begleiten

wir Unter nehmen bei der strategischen Ausrichtung der Pro -

duktion über die Gestaltung der Supply Chain bis hin zur

Gliederung der Werkstruktur. Gemeinsam mit unseren Kunden

entwickeln wir die optimale Auftragsabwicklung mit dem

richtigen Maß an IT. Ferner richten wir Produktionen nach dem Wertstromdesign aus, entwerfen Fertigungs -

systeme und Montagen und planen dabei die individuell benötigte Produktions-IT.

Unsere Projekte in Forschung und industrieller Anwendung orientieren sich an Trends wie Industrie 4.0 und

Digitalisierung, Wandlungsfähigkeit und Automatisierung, Komplexitätsmana ge ment und neuen Geschäfts -

modellen. Damit garantieren wir, dass Fabriken nach den neusten Erkenntnissen gestaltet werden, um den

Wettbewerbsvorsprung unserer Kunden in der Produktion nachhaltig zu sichern.

Ihr Kontakt in der Abteilung Fabrikplanung und Produktionsoptimierung

Bei der Suche nach Möglichkeiten zur Kostensenkung verlagert

sich häufig der Schwerpunkt innerhalb der Fertigung in die

Montage. Ausgangspunkt einer jeden Montageplanung ist die

Produktentwicklung. Eine montage- und automatisierungsge-

rechte Produktentwicklung, auch bekannt unter Design for

Automation (DfA), bildet die Basis einer hohen Montagefähig -

keit, wirtschaftlich effizienten Automatisierung sowie anforde-

rungsgerechten Prozess- und Produktqualität. Darüber hinaus

können mit standardisierten Produktdesignansätzen die Ferti -

gungskosten gesenkt und Produkteinführungszeiten verkürzt

werden. Unternehmen, die ihre Produkte montage- und auto-

matisierungsgerecht gestalten, werden den Aufwand für die

Automatisierung verringern bzw. diese aus technischer Sicht

überhaupt erst ermöglichen. Ein optimales und flexibilitäts-

orientiertes Produktdesign bildet die Grundlage für die Mach -

barkeit von Automatisierungslösungen sowie für die Gestal tung

von wandlungsfähigen Fabriken.

Automatisierungsgerechte Produktgestaltung und

Fabrikplanung mit Electrolux

Die Electrolux AB, im Folgenden Electrolux genannt, hat sich

zusammen mit dem Fraunhofer IPA diesem Thema gewidmet

und gemeinsam in zahlreichen Projekten innovative Lösungen

erarbeitet. Das Unternehmen Electrolux, mit Hauptsitz in

Stockholm (Schweden), entwickelt und produziert eine Viel -

zahl an Produkten für den Hausgerätebereich. Das Fraunhofer

IPA hat mit Electrolux im Wesentlichen in den Produktprogramm -

bereichen »Fabric Care, Dish Care, Food Preservation, Food

Preparation & Small Appliances« kooperiert. Die Schwerpunkte

lagen dabei maßgeblich auf der Modularisierung und Stan-

dar disierung von Produktarchite k turen zur Realisierung von

Automatisierungslösungen sowie auf der Planung und Ratio -

nalisierung von Fabriken. Die Pro jektarbeit bereitet die Fabriken

von Electrolux auf die Herau s forderungen der Digitalisierung

vor, um im Rahmen von Industrie 4.0 bereits heute und zu -

künftig innovative Tech nologien einzusetzen und intelligente

Fabriken zu entwickeln.

Im Fokus der gemeinsamen

Arbeit stehen die Durch füh -

rung von Automation Ass -

essments sowie die Ge sta l -

tung von wandlungsfähigen

Fabriklayouts. Das Fraunhofer

IPA hat Electrolux bereits an

mehr als fünfzehn Standorten

weltweit unterstützt.

interaktiv 2|2017 FuE 17

Automation Assessment am Beispiel der Herde

Das standardisierte Vorgehen beim Automation Assessment

ist in nebenstehender Abbildung am Beispiel der Herdplatt -

formen dargestellt. Dieses unterteilt sich insgesamt in fünf

Schritte.

Analyse (Schritt 1 und 2)

Ausgangspunkt eines jeden Automation Assessments ist die

Analyse der Produktfamilien und -varianten sowie der manu-

ellen Prozesse in der Montage, Fertigung und Logistik. Im

nachfolgenden Schritt erfolgt die Automatisierungs potenzial -

analyse (APA), die auf Basis jahrelanger Erfahrungen am

Fraun hofer IPA in Form einer Standardanalyse entwickelt wor-

den ist. Bei der Potenzialanalyse werden die manuellen Pro -

zesse anhand der sogenannten »Fitness for Automation« und

der »maximal möglichen Mitarbeitereinsparung« bewertet.

Darüber hinaus werden Potenziale zur Optimierung der Quali -

tät und Ergonomie sowie Materialkosteneinsparung unter-

sucht. Durch die APA werden diejenigen Prozesse identifiziert,

bei denen entweder eine Standard- oder eine Spezialauto -

mati sie rung möglich ist. Zudem werden dabei produkt- und

prozessspezifische Merkmale erfasst, die eine Prozessauto -

matisierung durch Produktanpassungen ermöglichen.

Design for Automation (Schritt 3)

Für die anschließende Konzeption von Automatisierungen

werden insbesondere diejenigen Prozesse berücksichtigt, die

eine sehr hohe Fitness for Automation und vielversprechende

Mitarbeitereinsparung aufweisen. Bei Prozessen mit hoher

Einsparung, jedoch geringer Fitness erfolgt eine Produktan -

passung unter Berücksichtigung definierter Designregeln.

Automatisierungskonzepte (Schritt 4)

Bei der Entwicklung der Automatisierungslösungen werden

zunächst die manuellen Prozesse eindeutig beschrieben und

skizziert. Im Anschluss erfolgt die detaillierte Auslegung der

Automatisierungskonzepte einschließlich der Festlegung tech-

nischer Anforderungen sowie der Ermittlung des notwendigen

Automatisierungsequipments.

16 FuE interaktiv 2|2017

Vom Automation Assessmentbis zur wandlungsfähigenFabrik

In diesem Kontext sind die folgenden Fragestellungen zu beantworten:

• Welche Produktanforderungen sind Voraussetzung für die effiziente Automatisierung?

• Welche Regeln können bereits bei der Produktentwicklung berücksichtigt werden?

• Wie können Verbesserungspotenziale am Produkt erkannt und bewertet werden?

• Was ist bei der Automatisierung von manuellen Prozessen zu berücksichtigen?

• Wie lassen sich Automatisierungslösungen wirtschaftlich konzipieren und umsetzen?

• Wie können die Automatisierungslösungen in die zukünftige Fabrik integriert werden?

• Modularisierung der Produktstruktur

• Standardisierung der Komponenten

• Geringe Anzahl von Bauteilen

• Keine biegeschlafen Bauteile

• Verwendung von Poka-Yoke-Ansätzen

Diese Regeln führen zum gewünschten Design for Automation:

• Vereinzelungsprozess vereinfachen

• Möglichkeit zum Greifen und Ausrichten der Bauteile

• Möglichkeit zum Positionieren der Bauteile

• Einfache lineare Positionier- und Fügebewegungen

• Klare Sicht und Zugänglichkeit zu den Fügestellen

• Verbindungsprozess vereinfachen

Bewertung und Auswahl (Schritt 5)

In einem letzten Schritt ist die Bewertung der Automatisie rungs -

konzepte, basierend auf definierten »Soft & Hard Facts« vor-

zunehmen. Neben der Bewertung beispielsweise von Qualität,

Erweiterbarkeit und Flexibilität der Automatisierungslösungen

können erste Abschätzungen über entstehende Investitionen,

Berechnungen wirtschaftlicher Mitarbeitereinsparung und

Amortisationszeiten sowie die Konzeptpriorisierung und

-auswahl vorgenommen werden.

Gestaltung eines wandlungsfähigen Fabriklayouts

Die resultierenden Flächen der Automatisierungen sind in Form

von Layoutmodulen abzubilden, die im Rahmen der Gestaltung

wandlungsfähiger Fabriken zu berücksichtigen sind. Das Vor -

gehen hierzu, das bei der Firma Electrolux für die Pla nung von

vier Fabriken angewendet worden ist, kann der Ab bildung

»Wandlungsfähige Fabrik am Beispiel Kühlschränke« entnom-

men werden. In den ersten beiden Schritten er folgt die

Produktfamilienbildung und Fabrikanalyse anhand der Wert -

stromanalyse. Im dritten und vierten Schritt werden die Auto -

matisierungskonzepte bei der Gestaltung des Fabrik designs

und idealen Layouts berücksichtigt und integriert. Die wesent-

liche Voraussetzung für die Integration ist, dass die Lay out -

module der Automatisierungslösungen transformierbar sind.

Ergebnisse des Automation Assessments

Die Ergebnisse des Automation Assessments bei Electrolux

zeigen, dass durch die Nutzung wirtschaftlicher Automati sie -

rungslösungen ohne notwendige Produktdesignanpassungen

eine Steigerung des Automatisierungsgrads bis zu 15 Prozent

und Mitarbeitereinsparung bis zu 10 Prozent pro Fabrik mög-

lich ist. Zudem kann unter Anwendung der Ansätze des Design

for Automation eine zusätzliche Mitarbeitereinsparung von bis

zu 20 Prozent bzw. in Summe maximal 30 Prozent erreicht

werden. Weitere Potenziale

liegen in der Erhöhung der

Qualität und Produktivität

sowie der Sicherung der

Wettbewerbs fähig keit durch

eine hohe Varianten- und

Stückzahlflexibilität.

Industrie 4.0

Bereits heute und in Zu kunft

wird sich Electrolux den

Heraus forderungen der

Digitalisierung stellen müssen.

Wichtige Be reiche sind

neben der Fertigung und

Montage sicherlich auch die

Intralogistik und Supply

Chain der Produk tionsnetz -

werke. Im Kontext von

Industrie 4.0 werden neue

Möglich keiten der Leistungs -

opti mierung und Über wach ung in Ferti gungs- und Montage -

pro zessen sowie Instandhal tungs unter stüt zung gegeben.

Potenzielle Prozesse dafür sind bei der Herstellung von Haus -

geräten u.a. Spritzgießen, Stanzen, Schäumen, Thermisches

Verformen, Emaillieren und Kleben.

Veranstaltungstipp

Fabrik- und Erweiterungsplanung

Der Weg zu zukunftsfähigen Werk- und Produktionsstrukturen

8. und 9. November 2017

Themen

• Wertstrom in der Fabrikplanung

• Zahlreiche effiziente Analysemethoden

• Systematisches Planungsvorgehen zur Konzepterstellung

• Nutzen von Ideallayouts

• Entwicklung von Reallayoutvarianten

• Flächenoptimierung bei der Fabrikplanung

• Anwendung einfacher Planungswerkzeuge

• Erfahrungen aus Industrieprojekten mit zahlreichen Beispielen

Kontakt

Dr. Klaus Erlach

Telefon +49 711 970-1293

[email protected]

Buchungsnummer

FP_FWP_171108

Anmeldung und weitere Informationen

www.stuttgarter-produktionsakademie.de

18 FuE interaktiv 2|2017

Autoren

Philipp Holtewert

Projektleiter Fertigungssystemplanung | Fraunhofer IPA

Frank Börkey

VP Operations Home Care & SDA | Electrolux AB

Kontakt

Timo Denner

Telefon +49 711 970-1082 | [email protected]

n

20 FuE interaktiv 2|2017 interaktiv 2|2017 FuE 21

Gewachsene Fabrikstrukturen erschweren Produktivitäts- und

Durchlaufzeitziele zu erreichen. Symptome, die auf inneffiziente

Fabrikstrukturen hinweisen, sind hohe Bestände in der Produk -

tion, Fehlteile, Suchaufwände und großer Transportaufwand.

Der hohe Gemeinkostenanteil und schlechte Produktivitäts -

kennzahlen vieler Betriebe zeigen eindeutig, welche Poten ziale

in den Fabriken schlummern.

Planungsziele

Die Kernaufgabe eines Fabrikplaners liegt darin, unter Berück -

sichtigung der aktuellen und zukünftigen strukturellen Anfor de -

rungen eines Unternehmens eine möglichst optimale Fabrik -

struktur zu planen, sodass ineffiziente Abläufe auch langfristig

vermieden werden können. Eines der wesentlichen zu verfol-

genden Planungsziele heißt, eine höchstmögliche Produktiv -

fläche schaffen. Ist die Fläche für die Produktion möglichst

groß auszulegen, muss der Aufwand an Transport, Handling

und Organisation sowie die Durchlaufzeit der Fertigungsauf -

träge darauf möglichst klein gehalten werden.

Um diese Ziele zu erreichen, muss der Fabrikplaner einige Vor -

aussetzungen erfüllen. Nachdem die Prozesse in der Produk tion

sowie der unterstützenden Bereiche nachvollzogen und ver-

standen sind, müssen zuerst die aktuellen sowie zukünftigen

Anfo r derungen identifiziert werden.

Denn Beschaffungs- und Wert schöp-

f ungs netz, Auftragsabwick lung s -

prozesse und Pro duktions abläufe

eines Unter nehmens haben unmit-

telbaren Ein fluss auf die Planungs -

inhalte und die Qualität der Pla -

nungs ergebnisse und bestimmen

langfristig die Effizienz einer Fabrik.

Das breite Spektrum der genannten

Planungsinhalte unter streicht die

hohe Komplexität von Fabrik -

planungs aufgaben und macht

deutlich, welchen Risiken eine

Fabrikplanungs auf gabe unterliegen

kann, wenn diese zu einer reinen

Gebäude planung reduziert wird.

Gebäudeplanung

Vor dem Hintergrund der genannten Faktoren, die die Fabrik -

planung beeinflussen, bleibt die Gebäudeplanung der Kern

der Fabrikplanungsaufgabe. Im Rahmen einer Werkzusam men -

legung unterstützte das Fraunhofer IPA den Automobilzu lieferer

für hochqualitative Stanzteile, Fa. Bernecker Umformtechnik

GmbH, bei der Planung seiner zukünftigen Fabrik an einem

bestehenden Standort. Ein besonderes Augenmerk sollten die

Fabrikplaner auf die Logistikanforderungen legen. Dabei defi-

n

Die konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Firma Bernecker,

dem Fraunhofer IPA sowie Architekten und Bauunternehmen

der Firma Harsch ermöglichen eine schnelle Umsetzung des

erarbeiteten Planungskonzepts, sodass der Bau der neuen

Fabrik in der geplanten Zeit erfolgen kann.

Horst Bernecker, der Geschäftsführer und Eigentümer, ist sehr

zuversichtlich, dass er seine Produktivitätsziele mit der neuen

logistikoptimierten Struktur nachhaltig erreichen kann. »Die

Planung mit Fraunhofer IPA hat uns fundamental geholfen. Es

war genau die richtige Vorgehensweise: Analyse, verschiede-

ne Umsetzungsmöglichkeiten, dann Realitätsbezug und Um -

setzung«, äußert er zufrieden. Denn der Bau einer neuen Fabrik

stellt eine seltene Chance für Unternehmen dar. Das Übe r -

denken der Produktionsprinzipien und Materialflüsse und die

Berücksichtigung höchster Effizienzkriterien hilft, eine logistik-

optimierte Fabrikstruktur zu erarbeiten und Risiken zu vermei-

den, die das Unternehmen womöglich Jahrzehnte begleiten.

Kontakt

Hans Reinerth

Telefon +49 711 970-1981

[email protected]

Viel mehr alsGebäudeplanungDie Umsetzung einer hocheffizienten, logistikoptimierten Fabrik

EinflussfaktorenBeschaffungs- und Wertschöpfungsnetz

Auftragsabwicklung

PlanungsinhaltePlanungsphasen• Ist-Analyse

• Grundstück / Gebäude• Flächennutzung (Produktion, Logistik,...)• Betriebsmittel• Personal• Transport• IT• Versorgungsinfrastruktur

• Idealplanung• Realplanung

Produktion

nierte der Auftraggeber als eines seiner Hauptziele, die Stapler -

transporte im Werk auf ein Minimum zu reduzieren und

zukünftige Anforderungen im Bereich Verpackung, Versand

und Schnittstellen zu externen Dienstleistern systematisch zu

berücksichtigen.

Welche Planungsaufgaben bei der Gebäudeplanung berück-

sichtigt werden müssen, zeigt die nachfolgende Liste der

IPA-Fabrikplaner:

• Anordnung der Wareneingänge und -ausgänge

• Anordnung der Lagerbereiche (für Rohmaterialien,

Zwischen produkte, Fertigwaren, Kundenbehälter,

Werkzeuge)

• Anordnung der Produktionsbereiche (Pressen, Reinigen,

Strahlanlagen, Montageanlagen, Verpacken) und

Dimensionierung der Flächen

• Anordnung der produktionsunterstützenden Bereiche

(Werkzeugbau, Instandhaltung)

• Pufferbereiche, erforderliche Lagertechnik (Palettenlager,

Durchlaufregal …) und Flächenbedarfe

• Transportwege und Verkehrsregeln

22 Interview interaktiv 2|2017

Elektror airsystems gmbh ist einer der international füh-

renden Hersteller von Industrieventilatoren und Seiten -

kanalverdichtern an zwei Produktionsstandorten. Eine

neue Lackieranlage und eine neue Blechbearbeitung

machten eine Erweiterung der Fabrik in Waghäusel not-

wendig. Das Fraunhofer IPA plante zusammen mit

Elektror die ganzheitliche Erweiterung des Werks. IPA-

Projektleiter Hans Reinerth sprach für Interaktiv mit

dem Werkleiter Markus Fuchs.

Herr Fuchs, was hat sich an Ihrer neu gestalteten Fabrik

verändert? Was ist das Besondere an ihr?

Die bestehende Halle und der Neubau sind zu einer 10 000 m²

Halle zusammengewachsen. Somit gibt es keine zwei unter-

schiedlichen Hallen mehr, sondern eine Halle mit einem Kon -

zept, auch wenn sich beide von außen unterscheiden. Diese

besticht durch ihre klare Struktur: Wege mit reichlich Platz -

ange bot, überall erkennbare und gekennzeichnete Park- und

Stellplätze für Logistikequipment, Rohmaterial und Fertig pro -

dukte. Jetzt können wir Maschinen und Anlagen einfacher

und schneller warten. So wurden beispielsweise alle Schalt -

schränke auf Galerien über den Anlagen positioniert und sind

leicht erreichbar. Die Halle kann dadurch für Maschinen und

Logistik vollumfänglich genutzt werden.

Die Wände sind in einem hellen Weiß gehalten, sodass viel

Tageslicht auf die Arbeitsplätze der Mitarbeiter fällt. Eine Photo -

voltaik-Anlage auf dem Dach, ein Blockheizkraftwerk und spar -

same Beleuchtung in Form von LED passen sehr gut zu unserem

ständigen Drang nach Kosteneinsparung und dem Wunsch,

der Umwelt etwas Gutes zu tun. Noch freie vorhandene Grund -

stücksflächen werden demnächst für ein weiteres Photovoltaik -

feld genutzt und zu einem späteren Zeitpunkt aufs Dach eines

zweiten Neubaus gesetzt.

Durch die klaren Strukturen wurde nach kurzer Zeit ein Produk -

tivitätsgewinn von bis zu 20 Prozent realisiert. Die Arbeits -

sicher heit wurde erhöht und die körperliche Entlastung der

Mitarbeiter weiter verbessert. Wir haben überall Hebehilfen,

Kräne, Pausenzonen etc. eingerichtet.

Was waren die größten Herausforderungen bei der Um set zung

des IPA-Planungsergebnisses?

Der Produktionsbetrieb wurde nie unterbrochen. Es gab kei-

nen Produktionsstillstand. Obwohl die Belastungen der Mit -

arbeiter durch Lärm, Staub, Einhaltung der Arbeitssicherheit

etc. beim Neu-und Umbau recht hoch waren. Neben dem

Bauprojekt hatten natürlich alle Beteiligten ihr Tagesgeschäft

zu bewältigen. Es wurden viele Überstunden geleistet. Mit der

Inbetriebnahme waren dann jedoch alle sehr zufrieden und

motiviert, ein solches Projekt noch einmal anzugehen.

Welche Veränderungen sind in der unternehmensinternen

Logistik umgesetzt worden?

Vor der Realisierung des Neubaus hatten wir eine Tages pla nung

der Vorproduktion, Kommissionierung, Montage und dem Ver -

sand. Diese Tagesplanung wurde durch ein MES-Light-System

soweit verbessert, dass wir die Prozesse trotz einer »Ein-Stück-

Produktion« in genau getakteter Sequenz durchlaufen. Kein

Material wird gesucht, alles hat seinen Platz und ist übersicht-

lich sortiert. Die Geschwindigkeit der Kommissionierung wurde

deutlich verbessert. Routenzüge bringen taktgenau die Ware

an die Montageinseln. Ohne den gewonnenen Platz wäre dies

nicht möglich gewesen. Die Mitarbeiter sehen die Verfügbar -

interaktiv 2|2017 Interview 23

keit ihrer benötigten Artikel an Displays in der Montage. Eine

Liefertreue von deutlich mehr als 90 Prozent ist das Ergebnis.

Welches war das größte Aha-Erlebnis während der Planungs -

phase?

In der Planung war bei Elektror alles auf die neue Logistik, die

Lackieranlage und mögliche Potenziale ausgerichtet. Das größte

Aha-Erlebnis hatten wir, als wir über eine mögliche spätere Er -

weiterung des Neubaus sprachen. Da sind schon einige Stunden

in die Diskussionen gelaufen. Und es war gut so! Denn heute,

nach fast 3 Jahren Produktion, würden wir die Halle wieder so

planen. Wir sind in der Lage, an die Neubauhalle eine weitere

Produktions- oder eine Logistikhalle anzudocken. Beide Mö g lich -

keiten sind geprüft, ausdiskutiert und geplant. Einen Schritt

weiter zu denken zahlt sich aus.

Welche Rolle spielt Wandlungsfähigkeit?

Eine sehr große! Sehr schnell haben wir nur durch diese Neu -

bau-Investition weitere Potenziale in der Produktion erkannt.

Nur um einige wenige Möglichkeiten und laufende Projekte

zu nennen: Industrie 4.0, Anbindung der Transportlogistik an

»Nach fast drei Jahren Produktion, würden wir dieHalle wieder so planen«

Elektror airsystems gmbh

Elektror stellt Radial- und Axialventilatoren her sowie Seiten -

kanal verdichter. Die verwendeten Werkstoffe Aluminiumguss,

Stahl und Edelstahl sowie der sehr breite Leistungsbereich er -

möglichen den Einsatz von Elektror-Produkten in zahlreichen

industriellen lufttechnischen Prozessen. In seinem Stammhaus

in Ostfildern (Land kreis Esslingen), an zahlreichen internationa-

len Vertriebsstand orten sowie an den Produktionsstandorten

Waghäusel (D) und Chorzów (PL) sind rund 300 Mitarbeiter

beschäftigt. Elektror investiert permanent in neueste Techniken

und Produktions verfahren. Durch exakt aufeinander abge-

stimmte Prozesse kann der Hersteller kurze Lieferzeiten ab

Stückzahl 1 garantieren.

Weitere Informationen: https://www.elektror.de

das ERP-System, Visualisierung der Tagesproduktion, Schwach -

stellenanalyse durch Vernetzung der Prozesse. Wir waren schon

sehr gut unterwegs in der Mitarbeiterentwicklung. Aber mit

dem Neubau wurde die interne und externe Schulung von Mit -

arbeitern noch einmal verstärkt. Schließlich müssen die Mit -

arbeiter mit der Geschwindigkeit der Unternehmens entwick -

lung Schritt halten können.

In Ihrer Produktion findet sich ja ein klassisches »Fabrik monu -

ment« – die Lackieranlage. Wie wurde diese eingebunden?

Das war ein Projekt im Projekt. Wir wollten die neue Lackier -

anlage für die nächsten 10 Jahre so dimensionieren, dass Um -

bauten oder eine Erweiterung wegen des großen bevorstehen -

den Wachstums bei Elektror nicht notwendig werden. Wir

können ohne Probleme den Umsatz verdoppeln und haben

dann sogar noch freie Schichtkapazitäten. Die neue Lackier -

anlage ist in unserem Umweltprogramm voll mit eingebunden.

Ebenfalls wurde die Arbeitssicherheit für die Mitarbeiter deut-

lich erhöht. Natürlich wird auch ständig etwas an der Anlage

verbessert, um zum Beispiel die Abfälle von Filter oder Lack -

mengen zu reduzieren. Das ist jedoch Alltag bei Elektror. n

Quelle: www.basearchitekten.com, Foto: Frank Aussieker

interaktiv 2|2017 FuE 2524 FuE interaktiv 2|2017

n

Gruppenleiter in Werkstätten für Menschen mit Behinde -

rungen haben alle Hände voll zu tun. Sie halten die

Produktion am Laufen und betreuen gleichzeitig ihre

Beschäftigten. Für die Betreuungsaufgaben sollen sie

künftig mehr Zeit haben. Im Projekt »AMBOS-3D« ent-

wickelt das Fraunhofer IPA mit der freien Werkstatt

Hobbyhimmel, der Ruck GmbH und den Neckartalwerk -

stätten des Caritasverbands für Stuttgart e.V. ein Assis -

tenzsystem, das Arbeitskräfte mit optischer 3D-Sensorik

beim Packprozess unterstützt. Die Lösung basiert auf

kostengünstigen Open-Source-Technologien und kann

von jedermann nachgebaut werden.

In Werkstätten für Menschen mit Behinderungen geht es nicht

nur darum, schnell und effizient zu fertigen, sondern den Mit -

arbeitern ein normales Berufsleben zu ermöglichen. Trotzdem

stehen die Qualitätsanforderungen der Kunden im Mittel punkt.

Dieser Inklusionsgedanke stellt den Gruppenleiter vor Heraus -

forderungen. Beispielsweise verpacken die Neckartalwerk stätten

im Auftrag eines Spezialisten für Druckkontrollüberwachung

kleine Tütchen mit Schrauben, Schraubnippeln, einem Schlauch

und einem Sicherheitshinweis. Der Gruppenleiter achtet dar-

auf, dass die Bauteile korrekt abgezählt sind und der Schlauch

die richtige Länge hat. Gleichzeitig übernimmt er die sozialen

und zwischenmenschlichen Aufgaben. »Diese Leute stehen im

Spannungsfeld zwischen Pädagogik und Produktion. Sie müs-

sen beide Bereiche überblicken und organisieren«, informiert

IPA-Wissenschaftler Christian Jauch, der den Prozess vor Ort

analysiert hat.

Dank Open Source vielseitig einsetzbar

Das Assistenzsystem, das die IPA-Wissenschaftler und ihre

Partner im Projekt AMBOS-3D entwickeln, soll die Gruppen -

leiter bei ihren Produktionsaufgaben entlasten und ihnen

mehr Zeit für die Betreuung einräumen. Mit Pick-by-Light

zeigt die Anwendung dem Beschäftigten den nächsten Arbeits -

schritt an. Über grüne bzw. rote Lichtsignale meldet sie ihm

unmittelbar zurück, ob er alles richtig gemacht hat. »Das

nimmt dem Gruppenleiter den Druck und steigert die Qualität

und Rentabilität der Produktion. Gleichzeitig ermöglicht es

den Werkstätten, mehr Produktvarianten in kleinen Stück -

zahlen zu fertigen«, erklärt Jauch. Ein erster Prototyp wurde

für den Packprozess der Neckartalwerkstätten umgesetzt,

prinzipiell lassen sich damit aber alle manuellen Arbeitsschritte

anzeigen und überwachen. Beispiele seien die Kommissio nie -

rung oder Montageaufgaben.

Für die Lösung hat das Projektteam einfache und kostengün-

stige Soft- und Hardware eingesetzt. Dazu gehören ein Rasp -

berry-Pi-Computer, 3D-Sensoren und eine 2D-Kamera, die

über den Boxen mit den Bauteilen installiert wird. Als erstes

muss der Anwender, bei den Neckartalwerkstätten der Gruppen -

leiter, den Prozess mit einer Companion-App konfigurieren.

Dank übersichtlicher Nutzerfläche geht das schnell und ein-

fach, ganz ohne Programmieren. Anschließend zeichnet die

Kamera die Arbeitsschritte auf, prüft diese mit modernen

Gestenerkennungsalgorithmen und löst bei Bedarf Fehler -

meldungen aus. Die Quellcodes und die Bauanleitung stehen

auf der Projektwebsite zum Download bereit. Unternehmen,

Werkstätten und Hobbybastler können das System damit

nachbauen, ohne viel Zeit und Geld zu investieren.

Nachbauen erwünscht

Erarbeitet wurde die Anwendung in mehreren öffentlichen

Workshops, bei denen das Projektteam und Freiwillige aus der

Maker-Szene mitgewirkt haben. Neben dem Assistenzsystem

hat das Konsortium weitere Lösungen entwickelt, die den Pack -

prozess der Neckartalwerkstätten verbessern. Dazu ge hört

eine spezielle Schaufel, mit der die Mitarbeiter – wie mit

einem Pizzaschieber – die Bauteile ins Tütchen stecken können.

»Damit reduzieren wir Verunreinigungen, weil die Mitarbeiter

nicht hineingreifen müssen«, so Jauch. Auch einen Zipper, mit

dem sie das Tütchen schnell und sicher verschließen können,

haben sie umgesetzt. »Wir freuen uns, den Beschäftigten ab

dem Sommer modernisierte Arbeitsplätze anzubieten, die

genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind«, bestätigt

Harald Hellstern, der Fertigungsleiter der Neckartalwerkstätten

in Stuttgart.

Das Projekt AMBOS-3D wird als eines von zehn Siegerprojekten

des Wettbewerbs »Light Cares« vom BMBF mit knapp 100 000

Euro gefördert. Aufgabenstellung ist, zusammen mit der Maker-

Szene photonische Technologien einzusetzen und dabei

Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Im Juni 2017

endete das Projekt. Seine Laufzeit betrug acht Monate.

Kontakt

Dr. Julia Denecke

Telefon +49 711 970-1829 | [email protected]

»Meilensteineder Robotik«Seit der Eröffnung des Technikumgebäudes im Institutszentrum

der Fraun hofer-Gesellschaft in Stuttgart am 7. Juli können

Besucher des Fraunhofer IPA erstmals die Dauerausstellung

»Meilensteine der Robotik« erleben. Dort ist die Entwicklung

der Robotik am IPA an Originalexponaten zu sehen. Personen

und Ereignisse kommen zur Sprache, die das Thema die ver-

gangenen 50 Jahre geprägt haben.

In chronologischer Folge können die Besucher der Ausstellung

Highlights an Roboterentwicklungen kennenlernen, die am IPA

ent wickelt oder mindestens weiterentwickelt wurden. Sie um -

fassen Industrie- und Serviceroboter, also auch Roboter für An -

wendungen außerhalb der Produktion. Von Anfang an hatte

sich das Fraunhofer IPA neben der Entwicklung von Roboter -

technologien insbesondere dem Einsatz von Industrierobotern

für moderne Produktionen eingesetzt. Die enorme Bandbreite

der realisierten Roboteranwendungen wird durch eine Installa -

tion aus früheren Industrierobotern und eine Fotodokumentation

von über 150 Greifern und Werkzeugen dargestellt. Für die

Servicerobotik werden beispielsweise mobile Systeme, Kletter -

roboter und das vergleichsweise neue Feld der Softrobotik ge -

zeigt. Daneben geht es um Exponate, die Einblicke in das

Arbeiten und Forschen am Institut bieten, sowie Schlüssel tech -

no logien der Robotik wie Navigation, Bildverarbeitung oder

Mensch-Roboter-Kollaboration.

Möglich gemacht hat die Ausstellung der Verein zur Förderung

produktionstechnischer Forschung e.V. (FpF), der die Entwick -

lungen am IPA seit Jahren begleitet und auch die Alumni-Arbeit

betreibt. Sein Geschäftsführer und langjährige Institutsleiter des

IPA, Professor Rolf Dieter Schraft, hat sich im Besonderen für

die Ausstellung eingesetzt und auch eigene Exponate aus seiner

Robotermodell-Sammlung beigetragen.

Weniger Stress in der Produktion, mehr Zeit für BetreuungAssistenzsystem unterstützt Werkstätten für

Menschen mit Behinderungen beim Packprozess

n

Blättern Sie um und werfen Sie einen

Blick auf unsere Greifergalerie!

interaktiv 2|2017 FuE 29

Wettbewerbe oder Challenges sind eine wertvolle Methode in

der europäischen Forschungslandschaft geworden, um Tech -

no logien auf ein neues Level zu bringen und von multidiszipli-

nären und international besetzten Expertenteams zu profitieren.

Einer der bekanntesten für die Robotik ist das Forschungs pro -

jekt EuRoC. Je fünf Teams arbeiten an Anwendungen für

Montage, Logistik und Manipulation sowie Fabrikinspektion.

In der ersten Wettbewerbsphase ging es darum, die Simu la tion

einer Anwendung zu entwickeln. Von ursprünglich 103 interes-

sierten Teams reichten schließlich 49 ein Proposal für einen der

drei Anwendungsbereiche ein. Hiervon wurden für Runde eins

15 Teams pro Anwendungsbereich ausgewählt. In die zweite

Runde kamen dann je fünf und erhielten eine Förderung von

375 000 Euro. In dieser zweiten Phase bekamen die Teams

Zugang zu führenden Robotikplattformen und Unterstützung

bei der Lösungsentwicklung von den gastgebenden Einrich -

tun gen, darunter das Fraunhofer IPA, das Deutsche Zentrum

für Luft- und Raumfahrt sowie die ETH Zürich. Während des

Workshops am IPA stellten die Teams ihre Lö sun gen vor und

beantworteten Fragen einer Jury aus führenden europäischen

Robotikexperten. Sechs Entwicklungen haben es in die letzte

Runde geschafft und erhalten noch einmal je 210 000 Euro

Förderung.

Die IPA-Wissenschaftler sind über ihre Rolle als betreuende

Experten hinaus in EuRoC auch wissenschaftlich eingebunden,

allerdings außerhalb der konkurrierenden Teams. So entwickelte

Bernd Winkler, Mitarbeiter in der Abteilung Roboter- und

Assistenzsysteme, eine neue Form der Roboterprogrammie rung.

Bisher erfolgt das Programmieren mithilfe aufwendiger und

vor allem wenig intuitiver Verfahren. Beispielsweise muss der

Programmierer die einzelnen Positionen mithilfe eines Welt -

koordinatensystems, also den drei Dimensionen oder Achsen

x,y und z, bestimmen. Hierfür muss er wiederholt die räumliche

Anordnung von Roboter und Werkstück auf das Weltkoordi -

natensystem übertragen. Die Lösung »VisualCue« vereinfacht

das Programmieren eines Roboters, indem sie dem Program -

mierer mithilfe von Sensoren am Roboter ein Bild bietet, das

dem Programmierer genau anzeigt, was der Roboter »sieht«.

Die graphische Bedienoberfläche der Software zeigt zudem

das zu bearbeitende Werkstück an und der Programmierer

kann mit der Maus Punkte oder Kanten für die Bearbeitung

auswählen. Anwender können damit die Roboterpro grammie -

rung effizienter und intuitiver umsetzen.

Insofern ermöglicht das EuRoC-Projekt dem Fraunhofer IPA

sowohl durch die beratende Tätigkeit als auch die technische

Beteiligung, Robotikanwendungen auf höchstem Niveau zu

begleiten, selbst mitzugestalten und in industrielle Anwen -

dungen zu überführen.

Kontakt

Bernd Winkler

Telefon +49 711-970 1218

[email protected]

Weitere Informationen

http://www.euroc-project.eu

Europäischer Robotik -wettbewerb geht in dieentscheidende Phase

28 FuE interaktiv 2|2017

Im vergangenen Mai trafen sich Teams aus Forschern, Systemintegratoren und Anwendern am Fraunhofer IPA und

stellten im Rahmen der Europäischen Robotics Challenge EuRoC innovative Robotiktechnologien vor. 6 von 15

Teams haben es in die finale Runde geschafft. Das IPA betreut seit Projektbeginn 2014 alle Teams, die zum Thema

Montage arbeiten, in technischen Fragen und entwickelt auch selbst eine neue Form der Roboterprogrammierung

für Montageanwendungen.

Quelle: EuRoC/Team FLAAIR

In die letzte Runde sind sechs Entwicklungen gekommen:

• Ein kooperierendes und konfigurierbares Robotersystem für

das Be- und Entladen von Paletten in CNC-Fräsmaschinen

(Team PIROS)

• Eine flexible, für Mensch-Roboter-Kooperation geeignete

Montageanwendung für die Automobilproduktion

(Team FLAAIR)

• Das roboterbasierte Greifen zur Bestellvorbereitung

in Warenlagern (Team RSAll)

• Das autonome Beschicken von Verpackungsmaschinen

mit Rohbauteilen (Team TIMAIRIS)

• Die visionbasierte Navigation von Mikrodrohnen für

Inspektionsaufgaben (Team TUM Flyers)

• Ein fliegender robotischer Co-Worker für die Instandhaltung

von Fabrikanlagen (Team GRV-CATEC)

n

§§Robotersysteme werden dank innovativer Technologien

wie Verfahren zum maschinellen Lernen intelligenter

und leistungsfähiger. Dies kann neue Fragen hinsichtlich

rechtlicher, ethischer und sozioökonomischer Faktoren

aufwerfen. Das Europaparlament hat sich in den letzten

Monaten mit dieser Debatte beschäftigt und eine Re so -

lution mit Vorschlägen zum Einsatz und Umgang mit

Robotik veröffentlicht. Die Reaktionen darauf sind viel-

fältig.

Der »smarte« Roboter von morgen, der nicht mehr hinter Sicher -

heitszäunen im Fabrikumfeld agiert, steht im Fokus der aktu-

ellen Debatte um Produktionsautomatisierung und Indus trie 4.0.

Zudem ist er laut der im Februar vom europäischen Parlament

vorgelegten Resolution »Zivilrechtliche Regelungen im Bereich

Robotik« in Umfeldern im Einsatz, die nicht speziell auf die

Maschine ausgelegt sind, beispielsweise in öffentlichen Ge -

bäuden oder im privaten Umfeld. Er agiert autonom, bietet

physische Unte rstützung, passt sein Verhalten und seine

Aktionen der Um welt an und lernt gegebenenfalls aus Erfah -

rungen sowie durch Interaktion. Explizit erwähnt die Resolu -

tion Roboter systeme für den autonomen Transport wie Autos

oder Drohnen, Assistenz- und Medizinroboter sowie Roboter,

die Verseh run gen am oder im menschlichen Körper behandeln,

darunter robotergesteuerte Prothesen oder Roboter, die be -

schädigte Organe reparieren oder ersetzen könnten.

Das EU-Parlament hat die Resolution am 16. Februar 2017 mit

451 Ja-, 138 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen verabschie-

det. Bereits seit 2015 beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe im

Parlament unter Leitung der stellvertretenden Vorsitzenden

des parlamentarischen Rechtsausschusses Mady Delvaux mit

den Inhalten und bezog mehrere Fachleute in die Erstellung

mit ein. Die EU-Kommission hat die gesetzgebende Initiative,

aber das Europäische Parlament kann die Kommission bitten,

auch einen Gesetzesvorschlag einzureichen. Dieser ist aller-

dings nicht bindend.

Überlegungen zur Ethik

Die drei Hauptthemen der Resolution sind Ethik, Haftung und

sozioökonomische Aspekte. Vorschläge für ethische Richt linien

adressieren zum einen Entwickler. So sollten alle Aktionen, die

Robotersysteme ausführen können, jederzeit umkehrbar sein.

Zudem sollten Entwickler einer umfassenden »Rechenschafts -

pflicht« unterliegen: Die Resolution empfiehlt, dass »Robotik -

ingenieure für die möglichen sozialen, ökologischen und ge -

sundheitlichen Folgen ihrer Robotik-Forschung für die heutige

und für künftige Generationen zur Rechenschaft gezogen

werden können«.

Ferner werden Ausschüsse für ethische Fragen in der For schung

vorgeschlagen. Einrichtungen wie die Fraunhofer-Institute be -

nötigten dann einen unabhängigen und nicht nur mit Ingen i -

euren besetzten Ausschuss, der die stattfindende Forschung

bewertet. Die Ethik-Vorschläge adressieren zudem Designer,

die beispielsweise sicherstellen sollten, dass ein Roboter auch

als solcher erkennbar ist. Nutzer sind unter anderem dazu

angehalten, einen Roboter nicht als Waffe einzusetzen.

Haftungsfragen und sozioökonomische Auswirkungen

Bestehende Maßnahmen zur Haftung sehen entweder den

Hersteller oder den Nutzer in der Verantwortung, falls ein

Schaden entsteht. Zunehmend »autonome« Systeme könnten

jedoch selbstständig Entscheidungen treffen, die sich der Kon -

trolle sowohl des Herstellers als auch des Nutzers entziehen,

so die Überlegungen des EU-Parlaments. Aus diesem Grund

schlägt die Resolution den Status einer »elektronischen Person«

oder »Persönlichkeit« für Roboter vor. Damit verbunden wäre

ein neues Versicherungssystem ähnlich dem für Autos. Jeder

Roboter sollte hierfür auf EU-Ebene registriert sein.

Der dritte Themenkomplex der Resolution beschäftigt sich mit

sozioökonomischen Auswirkungen, die der zunehmende Ein -

satz von Robotern haben kann. Dieser ist besonders im Kon -

text der voranschreitenden Digitalisierung zu sehen. So plä-

diert auch das EU-Parlament dafür, den Jobmarkt intensiv zu

interaktiv 2|2017 FuE 31

beobachten und Trends und Bedarfe frühzeitig zu erkennen,

sei es in Bezug auf neue geforderte Fähigkeiten, veränderte

oder ganz neue Berufsbilder, lebenslanges Lernen oder auch

mögliche Verschiebungen zwischen bestimmten Lohngruppen.

Vielfältige Reaktionen

Die Resolution erfuhr viel mediale Aufmerksamkeit. Zu beach-

ten ist in diesem Kontext auch, dass mehrere Länder, darunter

Frankreich, und Organisationen wie der größte Berufsverband

der Ingenieure IEEE ähnliche Fragen diskutieren, was die Be -

deutung des Themas unterstreicht. Entsprechend begrüßens-

wert sind die Aktivitäten des EU-Parlaments, weil sie wichtige

Debatten anstoßen.

Gleichwohl gibt es bezüglich einiger Inhaltspunkte Diskussions -

bedarf. Dies zeigen die Positionspapiere mehrerer Verbände,

darunter EUnited Robotics als europäischer Interessenverband

der produzierenden Industrie und euRobotics, der Robotik -

hersteller, -wissenschaftler und -anwender vertritt. Auch das

Fraunhofer IPA hat hierzu beigetragen, zudem engagierte sich

das Institut auf dem Europäischen Robotikforum im März und

suchte in einem Workshop den Dialog mit allen Interessierten,

um möglichst viele Meinungen für das Positionspapier von

euRobotics in einer konsolidierten Stellungnahme berücksich-

tigen zu können.

Offene Fragen

Den Einstieg in die Resolution mit Bezug zum fiktionalen

»Frankenstein« sahen bereits viele kritisch, da dies Klischees

betone, die von der realen Robotik weit entfernt seien. Auch

stelle sich die Frage, inwieweit sich sinnvoll einheitliche Ge -

setze für so verschiedene Systeme wie autonom fahrende Autos

und Medizinroboter einführen lassen. Hinzu kommt, dass die

Resolution nicht immer klar zwischen Begriffen wie Robotern,

künstlicher Intelligenz und Software unterscheide. Stattdessen

sei eine realistische Robotikdefinition, unter anderem basie-

rend auf bestehenden ISO-Vorlagen, wünschenswert, die die

Fähigkeiten aktueller und künftiger Systeme der nächsten 10

bis 15 Jahre, entsprechend dem Zeithorizont der Resolution,

richtig einordne. Auch die oben zitierte Rechenschaftspflicht

des Entwicklers, die weit über die selbst verantwortete Tätig -

keit hinausgehe, überhöhe die Rolle des einzelnen Entwicklers

und gefährde Innovationen.

Insgesamt blieb der Eindruck, dass viele der vorgeschlagenen

Maßnahmen die bereits heute vorhandene Bürokratie unnötig

weiter verstärken würden. Gerade hinsichtlich Haftungsfragen

seien bereits zahlreiche Richtlinien und Normen etabliert, ein

zusätzliches Regelwerk sorge für weitere Komplexität. Statt -

dessen sei es adäquater, die bestehenden Richtlinien an die

neuen smarten Systeme anzupassen. Nicht zuletzt sei generell

zu klären, inwiefern bei verteilten oder vernetzten Systemen

noch ein Roboter allein für etwas haftbar gemacht werden

könne, wenn die Intelligenz zunehmend an das verteilte System

gebunden sei. Ähnliche Fragen kämen auf, wenn Entwickler

Open-Source-Software nutzten, die sie naturgemäß nicht alleine

entwickelt haben.

Insofern bleiben noch viele Fragen zu klären und es gilt, die

Reaktion der EU-Kommission abzuwarten. Das Fraunhofer IPA

als angewandt forschende Einrichtung und Entwickler modern -

ster Robotertechnologien sieht es als entscheidend an, die

europäische Innovationskraft bestmöglich zu fördern und ihre

Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen aufstrebenden Märk -

ten weiter zu stärken. Durch den intensiven Austausch mit

unseren Industriepartnern kennen wir die bestehende Markt -

situation und eventuelle Hemmschwellen für Investitionen.

Diese sollten durch mögliche neue Regularien, die zudem nicht

in Zusammenarbeit mit den direkt Betroffenen entstanden sind,

nicht unnötig weiter erhöht werden.

Weitere Informationen

Die vollständige Resolution ist einsehbar unter:

http://s.fhg.de/pdf-robotik-eu-resolution

Kontakt

Dr. Karin Röhricht

Telefon +49 711 970-3874

[email protected]

30 FuE interaktiv 2|2017

Resolutionen sind Empfehlungen des

EU-Parlaments an die EU-Kommission

IEEE diskutiert ähnliche Fragen

n

EU-Parlament empfiehlt neue Gesetze für die Robotik von Karin Röhricht

Roboter als elektronische Person

32 Industrie 4.0 interaktiv 2|2017

Viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) suchen

derzeit nach Einstiegsmöglichkeiten in Industrie 4.0 – die digi-

tale Vernetzung aller Akteure eines Systems in Echtzeit. Insbe -

sondere KMU verunsichert dieser Einstieg. Die Möglich keiten,

die neue Informationstechniken bieten, scheinen unbegrenzt.

Besonders der Umgang mit den wachsenden Informations-

bzw. Datenmengen ist für viele eine große Heraus forderung.

Entwicklungen im Bereich des Informationsmana ge ments hin-

ken den informationstechnischen Entwicklungen hinterher.

Die Frage, die sich demnach vielen Unternehmen stellt, ist:

Wie können die Daten- und Informationsmengen, die die

digi tale Vernetzung mit sich bringt, betriebswirtschaftlich

sinn voll eingesetzt werden? In vielen Fällen erzeugt die hier

ent stehende Daten- und Informationsflut eine solche Komple -

xität, dass das Informationsmanagement mehr Kosten verur-

sacht als Nutzen stiftet. Alleine die Suche nach Informa tionen

kostet einen Mitarbeiter im Durchschnitt 40 Prozent seiner

Zeit. Ein gutes Informationsmanagement erhöht wiederum die

Transparenz und verbessert Entscheidungsfindung, Kommuni -

kation und Abstimmung im Unternehmen.

Neben der unglaublichen Flut an Daten und Informationen

wächst mit der Einführung von Industrie 4.0 und der wach-

senden Nachfrage nach personalisierten Produkten auch der

Anspruch an die Wandelbarkeit von Steuerungssystemen.

Auch dieser erhöht die Komplexität des Informationsmanage -

ments. Informationsversorgungssysteme sollen nicht nur mit

den großen Mengen an Daten und Informationen zurecht-

kommen können, sondern darüber hinaus auch dynamisch

und wandelbar sein.

Anforderungsgerechte Informationsversorgung

Das Fraunhofer IPA hat eine Methode entwickelt, mit der der

Einstieg in Industrie 4.0 gelingt und von vorne herein die zu

erwartende Komplexität im Umgang mit Daten und Infor -

ma tionen so gering wie möglich gehalten wird. Mit dieser

Methode kann eine verschwendungsarme Informationslogistik

für einen bestimmten Anwendungsfall erarbeitet werden. Der

methodische Schwerpunkt liegt auf der Identifizierung von

Potenzialen, die die Digitalisierung bei der Informationsversor -

gung aller Akteure eines Systems bietet. Um eine verschwen-

dungsarme digitale Informationsversorgung zu erhalten, wird

in einem ersten Schritt für den definierten

Anwendungsfall eine Informationsbedarfs -

analyse durchgeführt. Es wird erhoben,

wann eine Information wo und in welcher

Qualität vorliegen muss.

In der sogenannten Informationsflussanalyse

wird auf Basis des erhobenen Informations -

bedarfs der IST-Zustand der In formations -

versorgung erarbeitet. Mit Hilfe verschiede-

ner informationslogistischer Prozesse wie

dem Verarbeitungs prozess, dem Archivie -

rungs prozess, dem Erfassungs- und dem

Verwendungsprozess wird dieses System

visuell dargestellt (siehe Bild links).

Wann muss wo welche Information in welcher Qualität vorliegen?

Informationsbedarfsanalyseals Einstieg in Industrie 4.0

interaktiv 2|2017 Interview 33

Das Ergebnis liefert eine bildliche Darstellung aller Informa -

tionsflüsse, das heißt, aller informationslogistischen Prozesse,

aller verwendeten Informationstechniken und aller Schnitt -

stellen. Anhand dieser Darstellung können nun informations-

logistische Verschwendung und Digitalisierungs potenziale

identifiziert werden. Im abschließenden Informa tions fluss design

werden sowohl die Potenziale als auch die Verschwendungs -

arten adressiert.

Über den Lean-Ansatz zu Industrie 4.0

Die hier vorgestellte Methode erlaubt insbesondere KMU einen

methodischen und schlanken Einstieg in Industrie 4.0. Die

häufig bei diesem Schritt auftretende Komplexität im Umgang

mit den großen Informationsmengen wird von vorne herein

durch den Lean-Ansatz gering gehalten. Der methodische An -

satz zwingt Unternehmen über eine bedarfsorientierte Infor -

mationsversorgung nachzudenken. Dies beinhaltet nicht nur

die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen, sondern

auch das Löschen nicht mehr benötigter Informationen. Das

Lean-Prinzip, das hinter diesem Ansatz steht, ist in der Pro -

duktion und Materiallogistik ein bekanntes und bewährtes

Prinzip, das den Einstieg in die Methode erleichtert.

Die methodische Erfassung und Visualisierung eines Informa -

tionsversorgungssystems auf Basis definierter informations-

logistischer Prozesse schafft außerdem einen transparenten

Einstieg in Industrie 4.0. Auch Themen wie Informations -

qualität und IT-Compliance können mit Hilfe dieser Methode

aufgenommen und strukturiert diskutiert werden.

Zielgruppe für die Anwendung

Das Fraunhofer IPA unterstützt mit der Methode unter ande-

rem Unternehmen, die ihre Produktion (weiter) digitalisieren

möchten, jedoch wenig Kapazitäten für das Informations -

management bereitstellen können. Lösungen zum Thema

»Informationsversorgung in Industrie 4.0« beforschen und

entwickeln die Wissenschaftler insbesondere unter dem Begriff

»Digitaler Schatten«. Im Rahmen von öffentlich geförderten

Verbundprojekten ist eine gemeinsame Forschungsarbeit von

IPA und interessierten Unternehmen möglich. Des Weiteren

bietet das IPA Workshops an, in denen Informationsver sor -

gungssysteme analysiert und hinsichtlich ihrer informations-

logistischen Verschwendung und Digitalisierungspotenziale

untersucht werden können.

Kontakt

Silke Hartleif

Telefon +49 711 970-1232

[email protected]

Informationslogistische Prozesse

Informationsflussdesign

n

interaktiv 2|2017 Industrie 4.0 3534

Wo Transportwagen alleine fahren

In der geräumigen Innovationsumgebung auf dem Fraunhofer-

Campus in Stuttgart-Vaihingen steht noch alles still. In der

Mitte wartet ein hüfthoher Roboteruntersatz auf Rädern auf

seinen Einsatz. Beladen ist er mit einer schwarzen Kiste mit

Bauteilen. Petra Foith-Förster, die das Applikationszentrum seit

Sommer 2016 leitet, nimmt eine Fernsteuerung in die Hand

und startet das Fahrzeug. Summend wie ein Elektroauto, um -

fährt es eigenständig mehrere Hindernisse und weicht sogar

einem Mitarbeiter aus, der ihm in die Bahn läuft. »Industrie

4.0 macht eine autonome Produktion möglich. Zum Beispiel

fahren unsere mobilen Roboter unter Einbeziehung externer

Sensorik als Fahrerlose Transortfahrzeuge (FTF) frei die einzel-

nen Stationen an. Das Fraunhofer IPA hat dafür die Naviga -

tions algorithmen entwickelt«, erklärt Foith-Förster, die das

Steuergerät schon zur Seite gelegt hat.

Bei dem Roboteruntersatz auf Rädern handelt es sich um die

Hardware eines Demonstrators, den die IPA-Experten »Cloud

Navigation« nennen. Um ihn herum sind noch mehr Maschinen

aufgebaut, meistens mit einem Monitor verbunden und mit

Kameras oder Sensoren ausgestattet. »Hier inspirieren wir

Unternehmen, Industrie 4.0 einzusetzen«, informiert Foith-

Förster, die an der Universität Karlsruhe Maschinenbau studiert

hat und bis 2013 bei Bosch für den Logistikbereich eines Werks

verantwortlich war. Dabei wolle das Team Beispiele aufbauen,

die man anschauen und testen kann. »Nicht nur wissen -

schaft liche Papers, die in Fachzeitschriften verschwinden«, fügt

sie hinzu. Für diesen Auftrag hat das Fraunhofer IPA vom

Bundes ministerium für Bildung und Wirtschaft 3,5 Millionen

Euro erhalten.

Einzelanfertigungen wie beim Schneider, nur viel

günstiger

Doch wozu brauchen Unternehmen solche Technologien?

»Industrie 4.0 hilft ihnen, Daten automatisiert zu verarbeiten«,

antwortet Foith-Förster wie aus der Pistole geschossen. Ziel

ist, Einzelanfertigungen zu Kosten der Massenproduktion her-

zustellen. Das sei wichtig, weil sich Konsumenten immer stär-

ker Produkte wünschen, die genau auf sie zugeschnitten sind.

»Im Jahr 1850 mussten die Leute dafür noch zum Schneider

gehen und sich für viel Geld ihren Anzug machen lassen.

Schon heute kann man mit dem Online-Konfigurator auf

Daimler.de seine eigene S-Klasse zusammenstellen«, so die

Expertin. In Zukunft seien die Konsumenten als Prosumer

aktiv am Produktentstehungsprozess beteiligt.

Produkte in Losgröße eins zu fertigen, können die Unter nehmen

mit den gängigen Produktionsverfahren kaum stemmen.

Industrie 4.0 mache das aber möglich. Dafür müssen sie ihre

Produktion über eine Cloud vernetzen. Die einzelnen Ma schinen,

Geräte, Werkstückträger oder Bauteile werden intelligent

gemacht und können miteinander kommunizieren. Experten

sprechen von cyberphysischen Systemen, die neben der physi-

schen auch über eine virtuelle Informationswelt verfügen.

Solche Objekte gibt es im Alltag schon jede Menge. »Smart -

phones sind ein sehr gutes Beispiel: Das physische Endgerät

wird durch Apps von der Plattform des App Stores individuali-

siert«, erklärt Foith-Förster. Für Unternehmen sei es damit viel

einfacher, ihre Produktion zu lokalisieren oder die Qualität zu

prüfen. Der Mensch werde zum Dirigenten. »Er muss hinzu-

gezogen werden, wenn er etwas besser beurteilen kann als

die Maschinen«, ist Foith-Förster überzeugt.

Auch alte Maschinen kann man intelligent machen

Im Applikationszentrum stehen mittlerweile über 30 Demon -

stratoren. Ein Klassiker ist eine alte Drehmaschine aus dem

Jahr 1956. »Unternehmen denken oft, dass sie sich für

Industrie 4.0 einen neuen Maschinenpark kaufen müssen.

Dabei kann man schon mit einfachen Technologien alte An -

lagen an die Cloud anbinden«, sagt die Chefin der Inno va -

tionsumgebung und schaltet das Gerät an. Im nächsten

Moment erscheinen auf einem Dashboard Datenreihen, die

sich kontinuierlich aktualisieren. Die Drehzahl, die Riemen -

spannung und der Bearbeitungsmodus werden angezeigt.

Außerdem wird detektiert, ob sich ein Werker vor der Ma -

schine befindet. Alles wird echtzeitnah in die Cloud übertra-

gen. »Dazu braucht man nur einen Cloud-Plug und einfache

Sensorik«, sagt Foith-Förster und deutet auf einen faustgroßen,

blauen Kasten am Fuß der Maschine.

Im »Applikationszentrum Industrie 4.0« zeigen Petra Foith-Förster

und ihr Team, wozu Industrie 4.0 gut sein kann

Ein Innovationsreport von Ramona Hönl

36 Industrie 4.0 interaktiv 2|2017

dafür eine App entwickelt, die die CAD-Daten

des Roboters mit der Brille verknüpft. Hilfreich

sei das zum Beispiel bei der Anlagenplanung.

»So können Unternehmen ihre Produktions ab -

läufe schon im Vorfeld durchspielen und Ver -

besserungen vornehmen«, erklärt Foith-Förster.

Auch Wartungs arbeiten oder Reparaturen seien

damit einfacher, weil sich der Techniker alles im

Vorfeld anschauen kann.

Einen Besuch im Applikationszentrum kann Petra

Foith-Förster nur empfehlen. »Bei unseren

Be suchertagen zeigen wir den Unternehmen

komprimiert, worauf es bei Industrie 4.0 an -

kommt«, so die Forscherin. Außerdem sei so

ein Nachmittag sehr kurzweilig, weil die Demon -

stratoren laufen und es viel zu sehen gibt. Wer

sich dazu entschließt, Industrie 4.0 für die eige-

ne Produktion zu nutzen, kann auf verschiede-

ne Arten mit dem Fraunhofer IPA zusammenar-

beiten. »Wir bieten zum Beispiel Potenzial ana -

lysen und Forschungskooperationen an. Auch

als Testumgebung ist unser Applikations zentrum

nutzbar. Unternehmen können das Fraunhofer

IPA natürlich auch projektspezifisch beauftragen«,

meint Foith-Förster. Am besten sei es, sich zu -

sammenzusetzen und die Varianten durch-

zugehen.

Kontakt

Petra Foith-Förster

Telefon +49 711 970-1978

[email protected]

Auch das FTF aus dem Cloud-Navigation-Demonstrator über-

mittelt, ebenso wie seine Artgenossen, fortlaufend Daten an

die Cloud. Auf diese Weise wird eine Umgebungskarte er -

zeugt, die sich ständig aktualisiert. »Meine Kollegen aus der

Servicerobotik verlagern die rechenintensiven Navigations -

algorithmen in cloudbasierte Rechen- und Speichereinheiten

und ermöglichen damit eine vernetzte und kooperative Flotten -

navigation. Es werden Umgebungsmerkmale und typische

Bewegungsabläufe erkannt und für die weitere Routen pla nung

benutzt«, weiß Foith-Förster. Die FTF können also nicht nur

eigenständig fahren, sondern auch den besten Weg berech-

nen und dazulernen. Die Besonderheit daran ist, dass die

Algorithmen zur Routenoptimierung in der Cloud laufen, nicht

auf dem einzelnen FTF. Für kleine Losgrößen eignen sie sich

hervorragend, weil sie schnell und flexibel reagieren. Ihre Navi -

gationssoftware basiert auf frei zugänglichen ROS-Kompo -

nenten (Robot Operating System) und lässt sich intuitiv bedie-

nen. »Die IT-Benutzerschnittstelle ist für den Menschen ge -

macht, nicht für den Roboter. Damit kann auch ich, obwohl

ich nichts von Roboterprogrammierung verstehe, damit um-

gehen«, erklärt Foith-Förster.

Anlagen virtuell planen ist mit Industrie 4.0

kein Problem

Industrie 4.0 am eigenen Leib erleben, kann man im Appli ka -

tionszentrum besonders gut mit einer Augmented-Reality-

Brille. Wer sie aufsetzt, tappt erst einmal orientierungslos

durch den Raum und greift mit den Händen ins Leere. Was

Außen stehende aber nicht wissen: Durch die Brille sieht der

Träger einen virtuellen Roboter, den er auf einer Anlage plat-

zieren und bewegen kann. Die IPA-Wissenschaftler haben

n

n

interaktiv 2|2017 Industrie 4.0 37

Das Applikationszentrum Industrie 4.0 des Fraunhofer IPA

Was: Forschung, Entwicklung und Demonstration innovativer Industrie-4.0-Lösungen in unmittelbarer Zusammenarbeit mit der Industrie

Wo: Fraunhofer IPA, Nobelstraße 12, 70569 Stuttgart

Wie: Unternehmen können vielseitig mit dem Fraunhofer IPA zusammenarbeiten. Möglich sind strategische Kooperationen, zum Beispeil

in Form von Labs, projektspezifische Beauftragung, Wissenstransfer, die Nutzung des Applikationszentrums als Testumgebung oder die

Unterstützung von Start-Ups.

Website: http://www.ipa.fraunhofer.de/industrie-40_applikationszentrum.html

interaktiv 2|2017 Industrie 4.0 39

Als erstes Entwicklungsfeld für Industrie 4.0 haben die IPA-

Forscher die »Digitalisierung der Wertschöpfung« identifiziert.

Denn eine echtzeitnahe Datenbasis ist die Voraussetzung für

weitere Optimierungsmaßnahmen. Dieses Stadium veranschau -

lichen die Wissenschaftler mit einer neuen Mixed-Reality-Lösung.

Sämtliche Maschinen- und Anlagen haben sie an die Cloud-

Plattform Virtual Fort Knox (VFK) angebunden. Ebenfalls damit

vernetzt ist eine HoloLens-Brille mit 3D-Raumerken nung. Der

Träger erhält nun die echtzeitnahen Maschinendaten auf einem

virtuellen Dashboard angezeigt. »Der digitale Schatten der

Produktion wird so erlebbar gemacht«, informiert Petra Foith-

Förster, die das Applikationszentrum leitet.

Cyberschrank steigert Effizienz beim

Werkzeug management

Als weiteren neuen Demonstrator dieser Entwicklungsstufe

zeigt das Fraunhofer IPA den Cyberschrank. Die Anwendung

sieht aus wie ein herkömmlicher Werkzeugschrank, ist aber

mit der Anbindung an VFK über den Manufacturing Service

Bus (MSB) mit allen anderen Maschinen vernetzt. Über End -

geräte wie Tablets, Smartphones oder Computer kann sich

der Nutzer jetzt anzeigen lassen, wie die Werkzeuge und

Mate rialien verplant sind. »Aufträge können so besser orga-

nisiert werden und der Mitarbeiter muss nicht jedes Mal hin-

laufen und nachschauen«, so Foith-Förster. Es ist auch mög-

lich, das Dashboard mit der HoloLens-Brille virtuell abzurufen.

Im zweiten Entwicklungsfeld »Das personalisierte Produkt« zeigt

das Fraunhofer IPA, wie Kundendaten echtzeitnah erhoben

und in den Produktionsprozess integriert werden können.

Verdeutlicht wird dies am Beispiel einer Brille, die mit 3D-Druck

hergestellt wird. Dafür scannt die Anwendung »IRIS Scan«

das Gesicht eines Freiwilligen. Über die dazugehörige App

kann dieser persönliche Vorlieben wie Muster, Farbe und

Schrift züge eingeben. Die Daten werden anschließend an den

3D-Drucker »3D-Fab« übermittelt, dieser legt sofort los und

stellt die Brille her. Ein Modul zur Inline-Qualitätsüber -

wachung prüft den Vorgang und meldet, wenn

Abweichungen entstehen. Im Hintergrund laufen

Analytics Apps, die Rückschlüsse für die weitere

Produktion ziehen. Mit Machine-Learning-

Algorithmen wird beispielsweise aus den

Parametern vergangener Aufträge die

Produktionszeit personalisierter Pro -

dukte vorhergesagt. »Bislang haben

Unternehmen in einem PPS-System

feste Stammdaten für die Produk -

tionszeit hinterlegt. Bei Produkten

der Stückzahl eins lässt sich das aber

nicht mehr realisieren. Mit Analytics

Apps erhalten wir genaue Angaben,

mit denen wir die weiteren Prozesse

flexibel planen und steuern können«,

hebt Foith-Förster hervor. Der Showcase

geht auch darauf ein, welche Verfahren und

Materialien sich für den 3D-Druck eignen und

für welche weiteren Produktionsszenarien das Scan-

Verfahren in Frage kommt. »Anwendbar ist es zum

Beispiel für die Ersatzteilherstellung oder personalisierte

Werkzeuge, die sich ergonomisch an den Mitarbeiter anpassen«,

weiß die Expertin.

Adaptiver Arbeitsplatz mit Bio-Licht erweitert

Das dritte Entwicklungsfeld heißt »Der Mensch als Dirigent

der Produktion«. Denn Industrie-4.0-Anwendungen sollen

den Mitarbeiter bestmöglich in seinem Arbeitsumfeld unter-

stützen. Hierzu gehört auch die ergonomische Optimierung

des Arbeitsumfelds. Im Showcase zeigen die Wissenschaftler

einen adaptiven Arbeitsplatz, der sich automatisch auf die

Körpermaße des Mitarbeiters einstellt. Dafür haben sie einen

höhenverstellbaren Arbeitsbereich errichtet und mit einem

Montageassistenzsystem verknüpft. Sobald sich eine

Person davor stellt, scannt die integrierte 3D-

Kamera die Maße und leitet diese an den MSB.

Der Arbeitsplatz passt sich jetzt selbststän-

dig an die Person an und stellt ihr die

Materialien bedarfsgerecht zur Ver fü gung.

Als neue Zusatzfunktion haben die IPA-

Wissen schaftler das Montageassistenz -

system mit Bio-Licht ausgestattet. Je

nach Tageszeit, Stressbelastung oder

Montageaufgabe wird die Lichtzufuhr

automatisch reguliert. »Ein hoher Rot -

lichtanteil aktiviert, Blaulicht beruhigt

hingegen«, informiert Foith-Förster.

Eine zweite Neu heit in diesem Showcase

ist die Intra logistik-App Info@need, die

den Mitarbeitern abhängig von seinem

Standort in Echt zeit neue Kommissionierungs -

aufträge zuspielt. Möglich ist dies über iBeacon-

Sende module, anhand denen das IT-System erkennt,

wo sich die Mitarbeiter gerade auf halten. Das Personal

muss damit nicht ständig zu einem zentralen Punkt im Lager

zurück laufen und findet das Material bedarfsgerecht vor.

Optimierungswerkzeug um Maschinensteuerungs-

Konnektor erweitert

An vierter Stelle auf dem Weg zur Industrie 4.0 steht das

Entwicklungsfeld »die autonome Produktion«. Ziel ist, das

Fertigungssystem so intelligent zu vernetzen, dass es anhand

von Produktions- und Qualitätsdaten automatisiert Muster

erkennt und sich fortlaufend selbst optimiert. Als Showcase

zeigen die IPA-Wissenschaftler eine weiterentwickelte Variante

ihrer »Smarten Systemoptimierung«. Das Werkzeug erkennt

Fehler sowie deren Ursachen in verketten Fertigungssystemen

und zeigt die Fortpflanzung auf. Schlüsseltechnologie sind

adaptierte Data Mining Algorithmen, die speziell zur Analyse

von Stückgüter-Produktionslinien entwickelt wurden. Für die

Datenakquise kommen intelligente Kameras zum Einsatz, die

echtzeitnah große Mengen an Bilddaten kontinuierlich verar-

beiten und nur relevante Informationen zur Auswertung wei-

terleiten. Ein neuer hochperformanter Konnektor sorgt dafür,

dass neben den Kameradaten zusätzlich große Datenmengen

aus gängigen Maschinensteuerungen extrahiert werden kön-

nen. Erfolgreich eingesetzt wurde das System zum Beispiel bei

der SCHOTT Schweiz AG für die Optimierung eines hochauto-

Neue Anwendungsszenarien für Industrie 4.0 entwickeltIm Juli 2016 hat das Fraunhofer IPA die Studie »Industrie 4.0: Entwicklungsfelder für den Mittelstand« veröffent-

licht. Die Ergebnisse haben die Forscher dafür eingesetzt, ihr Applikationszentrum Industrie 4.0 bedarfsgerecht

weiterzuentwickeln. Seitdem hat sich einiges getan. Mit neuen und erweiterten Demonstratoren sowie deren

industrielle Umsetzung können Unternehmen den Nutzen einer intelligent vernetzten Produktion erleben.

interaktiv 2|2017 FuE 41

matisierten Fertigungssystems zur Herstellung von Spritzen.

»Unser Team konnte ein neues Konzept für die Produk tions -

linie ableiten, das die Gesamtanlageneffektivität, die OEE, um

ca. 10 Prozent für bestehende Anlagen erhöht«, bestätigt

Foith-Förster.

Geteilte Rechnerarchitektur bei FTF ermöglicht lokale

Bahnplanung

Als weiteren neuen Demonstrator zeigen die IPA-Wissen schaftler,

wie sich Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) mit verteilter

Rechenleistung autonom in der Produktion bewegen. »Die

Cloud wird sozusagen dezentralisiert. Neben dem zentralen

Server verfügen die FTF auch über einen lokalen Rechner«,

erklärt die Expertin. Mit dieser Lösung, auch Fog- oder Edge-

Computing genannt, können die Fahrzeuge lokale Konflikte

40 Industrie 4.0 interaktiv 2|2017

bei der Bahnplanung selbstständig lösen. Basierend auf den

Umgebungsdaten, berechnen sie, ob es tatsächlich zu einer

Blockade kommt oder ob ein Ausweichen oder eine Ge -

schwin digkeitsanpassung zur Laufzeit möglich ist. Weiterhin

erlaubt es die geteilte Rechenarchitektur, die einzelnen Ein -

heiten dynamisch mit Software zu bespielen. »Damit lässt sich

zum Beispiel der Betriebszustand mühelos überwachen«, be -

tont Foith-Förster.

Kontakt

Petra Foith-Förster

Telefon +49 711 970-1978

[email protected]

Auf den ersten Blick wirkt der Näherungssensor nicht beson-

ders spektakulär: eine dünne, elastische Silikonschicht, auf der

schwarze viereckige Flächen aufgedruckt sind. Was aussieht

wie Farbe, sind aber unzählige mikroskopisch kleine Kohlen -

stoffnanoröhren, die Menschen oder Gegenstände lokalisieren

können. »Der Näherungssensor erkennt alles, was elektrisch

leitfähig ist. Sobald sich ein Objekt nähert, ändert sich das elek -

trische Feld«, weiß IPA-Wissenschaftler Florian Bodny. Das sieht

man aber erst, wenn man ihn an eine Auswertungselektronik

anschließt. Sobald eine Hand oder ein metallisches Objekt da -

rüber gehalten wird, leuchtet die Lampe auf. Dabei wird nicht

nur das Objekt erkannt, sondern auch dessen Position, wenn

die Fläche aus mehreren Sensorelementen besteht.

Hohe Flexibilität und geringe Herstellungskosten

Bei ihrem Sensor haben die IPA-Wissenschaftler eine Kombi -

na tion aus Silikon und CNT eingesetzt. Der Aufbau erfolgt

schichtweise. Auf eine Lage Silikon folgt eine Lage Silikon-

CNT-Gemisch. Beide Materialien sind elastisch, flexibel und

weisen eine hohe Umweltstabilität auf. Der Sensor lässt sich

damit auch auf großen Oberflächen anbringen. Als Herstel -

lungsverfahren wählten die Experten den Siebdruck. Die Me -

thode sei schnell und komme ohne aufwendige Vorberei tun-

gen aus, bestätigt Bodny. Weiterhin sei es möglich, große

Flächen zu bedrucken und die Sensoren in großen Stück zahlen

herzustellen. »Der Sensor lässt sich einfach anbringen, ist

extrem vielseitig und kommt mit geringen Materialkosten aus«,

sagt Bodny.

In einer Versuchsreihe haben die IPA-Experten analysiert, welche

Parameter für die Genauigkeit der Detektion entscheidend

sind. Dabei fanden sie heraus, dass die Konzentration des

Aktivmaterials den größten Einfluss hat. An zweiter Stelle

steht die Schichtdicke, gefolgt von der Fläche des Sensors.

»Um ein Objekt auf 8 Millimeter Entfernung zu detektieren,

sind beispielsweise drei Druckschichten, eine Konzentration

von 1,5 Massenprozent und 36 cm² Fläche notwendig«, er -

läutert Bodny.

Partner zur Umsetzung gesucht

Für den Näherungssensor kommen vielseitige Anwendungen

in Frage. Denkbar sei er als künstliche Haut bei Robotern.

»Serviceroboter können zum Beispiel die Hand ausstrecken,

wenn sie eine Person erkennen«, so Bodny. Auch im Bereich

»Smart Home« gibt es viele Einsatzmöglichkeiten, etwa für

Lampen oder Türen, die an- oder aufgehen, sobald ein Mensch

davor steht. Mit seiner Elastizität ist der Sensor außerdem zur

Unfallprävention geeignet, beispielsweise auf Arbeits- und

Schutzkleidung. Die Wissenschaftler überlegen auch, ihn in

der Medizintechnik für Exoskelette einzusetzen. »Der Sensor

ist ab sofort erhältlich. Wir suchen noch nach Partnern aus

Industrie und Forschung, die ihn testen und weiterentwickeln

wollen«, erklärt Bodny.

Bei dem Näherungssensor handelt es sich um ein Beispiel für

gedruckte Elektronik. Anwendungen aus diesem Bereich wer-

den allgemein dazu verwendet, Oberflächen intelligent zu

machen. Im Zeitalter von Industrie 4.0, bei der Dinge mit

Intelligenz ausgestattet werden und als cyberphysische Systeme

miteinander kommunizieren, werden solche Sensoren immer

wichtiger. Oberflächen mit Näherungssensor fungieren dabei

als Mensch-Maschine-Schnittstelle (Human-Machine-Interface).

Kontakt

Florian Bodny

Telefon +49 711 970-3743 | [email protected]

Flexibler Näherungssensormacht Oberflächen intelligent

Der adaptive Arbeitsplatz passt sich automatisch auf die Bedürfnisse des Mitarbeiters an

n

n

42 FuE interaktiv 2|2017

Grundlagen des maschinellen Lernens

Ein anschauliches Beispiel für ML ist die Objekterkennung. Für

den Menschen ist dies eine einfache Aufgabe: Wenn er ein

Objekt sieht, kann er anhand von Kriterien wie Form, Größe,

Farbe oder komplexeren Merkmalen bestätigen, ob es sich

wirklich um dieses Objekt handelt, selbst wenn er eine spezi-

fische Ausprägung noch nie zuvor gesehen hat. Der Mensch

greift hierfür auf einen erlernten Erfahrungsschatz zurück. Für

computergesteuerte Systeme wie Roboter ist Objekt erken nung

ebenfalls eine Schlüsseltechnologie. Es wäre je doch zu kom-

plex, alle Objekte und ihre möglichen Varianten, die zum

Beispiel ein Serviceroboter in einer Alltagsumgebung erken-

nen können soll, zu modellieren und einzulernen. Gleicher -

maßen profitieren

Systeme in der

produzierenden

Industrie zum

Beispiel von der

Objekterkennung

und -sortierung

oder der Identifi -

zierung von Ano -

malien wie Löchern

oder Verfor mu n -

gen, um prozess-

kritische Fehler automatisch zu erkennen. Grundlage für das

ML bei der Objekterkennung ist, dass ein System anhand von

einmal eingelernten Basismerkmalen Objekte und ihre Varian -

ten selbst erkennt und kontinuierlich an Erfahrungswissen zur

Datenauswertung hinzugewinnt.

ML lässt sich in drei Ausprägungen gliedern: Für das über-

wachte Lernen ist es noch erforderlich, dass ein Experte dem

Komplexe Prozesse überwachen, intelligent analysieren

und sie dazu befähigen, auch in ungeplanten oder un -

bekannten Situationen eigenständig richtig zu entschei-

den: Dieses Ziel verfolgen IPA-Experten aktuell mithilfe

neuer Lösungen, basierend auf Verfahren des maschi-

nellen Lernens. Diese setzen sie ein, um Produktions -

abläufe oder Automatisierungslösungen kontinuierlich

zu optimieren und einen höheren Autonomiegrad zu

erreichen, was wiederum die Flexibilität und Wirtschaft -

lichkeit verbessert.

Maschinelles Lernen (ML) ist aktuell eine der zentralen und

zukunftsträchtigsten Innovationen und kann Abläufe in der

Produktions- und Automatisierungstechnik auf ein neues

Niveau heben. Die Grund -

idee hierbei ist, dass Sy -

steme mit Techno lo gien

ausgestattet werden, die

von mensch lichen Fähig -

keiten inspiriert sind, be -

ziehungsweise diese imi-

tieren. ML-Verfahren

spielen dort ihre Mehr -

werte aus, wo die Para -

meter eines Prozesses

nicht oder nicht vollstän-

dig bekannt sind, wo sich diese häufig ändern und wo die

Komplexität eines Prozesses so hoch ist, dass er nicht model-

liert und im weiteren nicht als ein feststehender Ablauf imple-

mentiert werden kann. »ML ermöglicht Systemen, basierend

auf echtzeitnah ausgewerteten Sensordaten, den Prozess lau-

fend anzupassen und ihre Performanz durch kontinuierliches

Lernen stets zu verbessern«, erklärt Martin Hägele, Abteilungs -

leiter Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA.

Mehrwerte des maschinellenLernens für dieAutomatisierungsbranche

System geeignete Parameter bzw. entsprechendes Vorwissen

und Beispiele mitgibt, damit die Klassifizierung erfasster Para -

meter funktioniert. In einer anderen Variante, dem unüber-

wachten Lernen, müssen die Trainingsbeispiele für den Lern -

prozess sowie relevante Parameter nicht mehr notwendiger-

weise benannt werden, sondern das System ermittelt diese

selbst und kann die Daten entsprechend gruppieren. Die dritte

Ausprägung ist das sogenannte bestärkende Lernen, bei dem

sich das System das gesamte relevante Vorwissen aus einer

Viel zahl an Prozesszyklen selbst erarbeitet.

In automatisierten Prozessen können die verschiedenen ML-

Verfahren auf vielfältige Weise helfen, die Leistungsfähigkeit

des Systems zu verbessern. Dazu gehören unter anderem an -

wenderspezifische Dienste oder adaptive und flexible Prozesse

aufgrund von kurzen Produktlebenszyklen und vielen Vari anten.

Damit können produzierende Unternehmen mit wirtschaftlichen

Lösungen auf die Anforderungen des Marktes reagieren.

Der selbstlernende Griff-in-die-Kiste

Aktuell arbeiten IPA-Experten in verschiedenen Projekten daran,

ML-Verfahren in industrielle Anwendungen zu überführen. Ein

Beispiel für das bestärkende Lernen ist die Optimierung des

roboterbasierten Griff-in-die-Kiste, also des automatisierten

Vereinzelns von ungeordnet vorliegenden Werkstücken. Das

Projekt »DeepGrasping« der Abteilung Roboter- und Assis -

tenzsysteme zusammen mit der Universität Stuttgart veran-

schaulicht das Vorgehen. Derzeitige Lösungen nutzen zur

Objekterkennung wiedererkennbare Merkmale (Features) und

fest programmierte, modellbasierte Objekterkennungs methoden.

Die Projektpartner möchten ML einsetzen, damit sich die Algo -

rithmen für den Griff-in-die-Kiste wie für die Objekt erkennung

und Positionsschätzung, das Greifen oder die Mani pulation,

auf Basis der auswertbaren Informationen autonom optimie-

ren können: Die Berechnungszeiten für den Griff verkürzen

sich, zudem erhöht sich die Rate erfolgreicher Griffe. Somit

steigert sich die Prozesssicherheit mit jedem Greifversuch.

Aktuell entsteht eine Simulationsumgebung, damit bereits vor

der Inbetriebnahme und ohne die Produktion zu stoppen viele

Greifprozesse mit dem benötigten Werkstück virtuell durch-

führbar sind. Ein sogenanntes neuronales Netz, also eine Viel -

zahl an vernetzten Recheneinheiten auf verschiedenen Ab -

straktionsebenen, lernt aus einer hohen Anzahl simulierter

Griffe und verbessert sein Prozesswissen kontinuierlich. Wird

dieses Vorwissen auf den realen Roboter übertragen, gehen

die Installation und Inbetriebnahme einer Griff-in-die-Kiste-

Lösung viel schneller als bisher. Gleichzeitig ist das System

leistungs- und wandlungsfähiger, sodass auch häufige Wechsel

von Produktvarianten effizient beherrschbar sind.

Intelligente Bildverarbeitung als Schlüsseltechnologie

Die Objekterkennung als ein Beispiel der Bildverarbeitung ist

für viele weitere Anwendungsfälle eine Schlüsseltechnologie.

Sie dient in der Servicerobotik dazu, Merkmale automatisch

zu klassifizieren und so beispielsweise Objektmodelle von

Produkten und deren 3D-Form, Größe, Textur oder Aufdrucken

zu erstellen. Auch ist eine Posenschätzung, also von Position

und Orientierung, in 3D möglich. Diese Informationen sind

zum Beispiel in der Logistik entscheidend, um unter anderem

in Warenlagern oder im Einzelhandel Einzelobjekte aus großen

Sortimenten erkennen und korrekt greifen zu können. Ziel ist

es, ML für das automatische Erkennen und Erfassen bisher

nicht gesehener Objekte zu nutzen. Auch das Erkennen von

Gesichtern oder Bewegungsabläufen ist ein typischer Anwen -

dungsfall. Denn wenn Serviceroboter Dienstleistungen für

Anwender erfüllen sollen, müssen sie die Person wie auch

deren Bewegungen erkennen können.

Indem Systeme Anomalien als Ausreißer in einem sonst homo -

genen Datenbestand erkennen, sind automatische Qualitäts -

kontrollen möglich, die unter anderem Beschädigungen auf-

decken können. In der »Smarten Systemoptimierung« des

Fraunhofer IPA konnten die Experten bereits in mehreren Pro -

duktionen ein kamerabasiertes Analysetool einsetzen, das

gleichzeitig alle In-Line-Prozesse beobachtet und Störursachen

sowie deren Auswirkungen auf Prozessketten in komplexen,

schnell taktenden Systemen zentral auswertet. So sind Opti -

mierungen ohne Prozesseingriff möglich, zudem erhalten

Anwender eine Fehlermusteranalyse über alle gesammelten

Daten. In der Servicerobotik könnten Anomalien zum Beispiel

künftig zur Erkennung von Schmutz auf Teppichen genutzt

werden, da sich dieser vom sonst homogenen Boden abhebt.

Ein weiterer Vorteil der Bildverarbeitung ist, dass unbekannte

Daten gruppiert werden können. Dies ist unter anderem bei

der 3D-Umgebungserfassung wichtig, wenn zusammengehö-

rige Oberflächen segmentiert oder geometrische Formen klas-

sifiziert werden sollen. Einsatzmöglichkeiten sind die Navi ga -

tion, Manipulation und die Erstellung semantischer Karten.

Dies ermöglicht Robotersystemen, Arbeitsbereiche optimal

abzugrenzen und deren beste Abarbeitungsreihenfolge zu

planen. Ein Anwendungsfall ist beispielsweise die automati-

sierte Gebäudereinigung, wenn Arbeitsbereiche pro Roboter

abzugrenzen sind.

Dies sind nur einige Beispiele für Technologien, an denen die

IPA-Experten aktuell zum Thema ML arbeiten. Ziel ist es, diese

in kundenspezifische Anwendungen zu überführen und effi-

zient in Produktionen zu integrieren. Besondere Kompetenz

wird das Institut künftig auch durch die geplante Einrichtung

seines »Zentrums für Cyber Cognitive Intelligence« bündeln

können und so ML in umfassendem Maße in sein Portfolio

integrieren. Hiermit soll für produzierende Unternehmen und

Ausrüster ein praxisnaher und attraktiver Ort für Koopera -

tions projekte und Technologietransfer geschaffen werden.

Kontakt

Dr.-Ing. Werner Kraus

Telefon +49 711 970-1049

[email protected]

Dr.-Ing. Milad Geravand

Telefon +49 711 970-1191

[email protected]

44 FuE interaktiv 2|2017 interaktiv 2|2017 FuE 45

Fahrerlose Transportsysteme der neuen Generation gewährleisten

eine schnelle, zuverlässige und kosteneffektive innerbetriebliche

Logistik. Gleichzeitig bieten sie maximale Prozesssicherheit und

lückenlose Warenverfolgung. Getragen werden diese modernen

FTS durch Technologieschübe in der Steuerungs- und Sensor -

technik und in der digitalen Vernetzung. Auf dem Technologie -

forum berichten Experten aus Industrie und Forschung über

neue Trends und Einsatzpotenziale der FTS im Spannungsfeld

zwischen Anwenderbedarf, technischer Machbarkeit und

Wirtschaftlichkeit.

Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) und Gabelstapler

verschmelzen

Weltweit ist ein zunehmendes Eindringen der FTF in die Ein -

satzbereiche des klassischen Gabelstaplers zu verzeichnen. Auf

dem Technologierforum werden aktuelle Lösungen in diesem

Segment präsentiert, die heute in der Automobilproduktion

und morgen in der durchgängig vernetzten Smart Factory

nutzbar sind.

FTF als Regalbediengerät

Aber nicht nur für den Transport ist das FTF gefordert, sondern

zunehmend auch für den aktiven Zugriff auf die Transport -

ware, die gezielte Handhabung von Transportkisten, Boxen,

Paletten und auch von Einzelstückgut. Hierfür ist das FTF ohne -

hin bereits aufgrund seiner Onboard-Sensorik zur Umgebungs -

erfassung und für den Kollisionsschutz ausgerüstet. Hinzu

kommen dann noch das aktive Lastaufnahmemodul, die

Hubeinrichtung oder in manchen Fällen auch der Roboterarm.

Kommissionierung mit dem FTF

Der weltweit stetig zunehmende Online-Handel verlangt nach

automatisiertem Kommissionieren mit FTF, was ein weiterer

Fokus des Technologieforums ist. Das Motto »Bestellen in

Sekunden – Kommissionieren in Minuten – Ausliefern in

Stunden« bestimmt den Takt der Intralogistik. Es entstehen

neue Paradigmen der teil- oder vollautomatisierten Kommis -

sionierung mit FTF wie »Ware-zum-Mann«, »Mann-zur-Ware«,

»Pick-by-Voice«, »Pick-by-Light« oder auch »Pick-by-Robot«.

Cloud-Navigation für FTF

Für die vernetzte Intralogistik haben die Wissenschaftler am

Fraunhofer IPA die »Cloud- Navigation« entwickelt. Dabei

profitiert die gesamte Intralogistik-Flotte davon, dass die ein-

zelnen FTF ihre lokal erfassten Navigationsdaten zur Um ge -

bung und Verkehrssituation zentral in einem beispielsweise

firmeninternen Cloud-Server bereitstellen. Aus diesem stets

aktuellen und umfassenden Vorwissen resultieren eine deut-

lich effizientere Bahnplanung, genauere Lokalisierung und in

Folge ein verbesserter Durchsatz. Die einzelnen FTF könnten

zusätzlich als »lean client« agieren, benötigten also weniger

Hardware und verfügten trotzdem über eine hohe Navigations -

intelligenz, weil rechenintensive Navigationsalgorithmen in

den Cloud-Server ausgelagert werden können. Auch die Ein -

bindung ex terner stationärer Sensoren, beispielsweise aus der

Produk tions umgebung, sowie eine Bereitstellung von Naviga -

tionsfunktio nalitäten als Service sind möglich. Die cloudbasierte

Naviga tion lässt sich nahtlos in Industrie-4.0-Umgebungen

integrieren.

Kontakt

Christoph Schaeffer

Telefon +49 711 970-1212

[email protected]

Weitere Informationen und Anmeldung

https://www.ipa.fraunhofer.de/de/veranstaltungen/messen/Techno

logieforum_Fahrerlose_Transportsysteme.html

n

7.Technologieforum

Fahrerlose Transport systemeund mobile Roboter 20. September 2017

n

Henrik A. Schunk | Geschäftsführender Gesellschafter/CEO

SCHUNK GmbH & Co. KG, Lauffen/Neckar

Quelle: SCHUNK

46 Im Gespräch interaktiv 2|2017

Zahlreiche Kooperationen verbinden das Fraunhofer IPA

mit dem Unternehmen SCHUNK, weltweit bekannt durch

seine Greifsysteme und seine Spanntechnik. Interaktiv

sprach mit dem Geschäftsführenden Gesellschafter

Henrik A. Schunk.

Herr Schunk, Ihre Firma besteht seit nunmehr über 70 Jahren

und ist einer der Marktführer in der Spann- und Greiftechnik.

Können Sie uns ein paar Einblicke in die Unternehmens philo -

sophie geben, die diese Zeit geprägt hat?

Den Grundstein für unser Familienunternehmen hat mein

Großvater Friedrich Schunk 1945 gelegt. Unter einfachsten

Verhältnissen eröffnete er damals eine kleine mechanische

Werkstatt. Seine Devise war: »Mehr bieten als der Kunde er -

wartet.« Er verstand sich als »Kümmerer« für den Kunden

und wollte perfekte Ergebnisse abliefern. Dieses Kümmerer-

Gen und das Streben nach Perfektion machen einen zentralen

Teil unseres Erfolgs aus. Es ist für mich immer wieder faszinie-

rend, wie sich unsere Mitarbeiter bei Kundenprojekten enga-

gieren und wie stolz sie sind, wenn sie Anwendern einen

Innovationssprung ermöglichen.

Auf welchen Ihrer zahlreichen Technologien und Produkte

gründet dieser Erfolg im Besonderen?

Unser Unternehmen ist in drei aufeinander aufbauenden Wellen

gewachsen: Den ersten großen Schub brachten 1966 Spann -

backen für Drehfutter, den zweiten 1978 unsere Präzisions -

werkzeughaltersysteme, allen voran das legendäre Hydro-Dehn -

spannfutter SCHUNK TENDO. Die dritte große Wellenbe we gung

schließlich lösten 1982 die Greifer aus. Vor allem der vielzahn-

geführte SCHUNK PGN-plus Universalgreifer hat in der Auto -

mation Maßstäbe gesetzt. Heute sind wir Zahlmarkt- und

Kompetenzführer für Greifsysteme und Spanntechnik sowie

führender Technologieausrüster von Robotern und Produk tions -

maschinen. Über 11 000 Standardkomponenten umfasst

unser Greifsysteme- und Spanntechnik-Sortiment. Damit sind

wir weltweit die Nummer 1. Mit 2 550 Greifern bieten wir

zudem das breiteste Standard-Greifkomponentenprogramm

am Markt.

Anfangs spielte die Robotik noch keine Rolle, doch dies hat

sich in den letzten Jahrzehnten merklich verändert. Wie beur-

teilen Sie als Komponentenhersteller den Robotikmarkt, insbe-

sondere in Deutschland und Europa?

Wir stehen am Beginn einer industriellen Revolution. Die um -

fassende Automatisierung und die Digitalisierung der indus t -

riellen Produktion und der Gesellschaft sind nicht mehr aufzu-

halten. Für die Robotik bietet die derzeitige Entwicklung ex -

zellente Zukunftsperspektiven, auch und gerade in Europa.

Denn die Stärke der europäischen Industrie hängt entschei-

dend von einer hohen Automatisierungskompetenz ab. Sie ist

der Schlüssel für den langfristigen Erfolg. Ich bin überzeugt:

Schon in wenigen Jahren wird es auch in kleinen und mittel-

ständischen Unternehmen alltäglich sein, dass Mensch und

Roboter gemeinsam Aufgaben verrichten. Mittelfristig werden

wir vollkommen neue Automatisierungsszenarien sehen –

hochintelligent und hochflexibel.

Mit dem Fraunhofer IPA gab es bereits zahlreiche Koopera -

tionsprojekte. Eine auch medial besonders beachtete war

sicherlich die Zusammenarbeit für den Serviceroboter Care-

O-bot 4, der 2015 öffentlich präsentiert wurde. Was hat Sie

hierzu motiviert und wie blicken Sie auf das Projekt zurück?

Mit den SCHUNK Expert Days on Service Robotics, die vor

zehn Jahren erstmals stattfanden, ist es SCHUNK gelungen,

die weltweit bedeutendsten Kommunikationsplattformen für

die ange-wandte Servicerobotik aufzubauen. Das geschah von

Anfang an in enger Kooperation mit dem Fraunhofer IPA. Es

ging zunächst darum, Pionierarbeit zu leisten, lange bevor die

Servicerobotik und aus ihr heraus die Mensch-Roboter-Kolla -

bo ration zu einem Massenphänomen wurden. Der Care-O-bot 4

und auch seine Vorgänger waren für uns wichtige Meilensteine,

um neue Technologien zu entwickeln und zu erproben, die

Mensch und Roboter sowohl funktional als auch emotional

zusammenführen. Ich erinnere mich bis heute an den Moment

zurück, als das Team des Fraunhofer IPA den Care-O-bot 4

innerhalb von zehn Minuten aus einzelnen Komponenten

funktionsbereit zusammenbaute. Damals kochte der Saal vor

Begeisterung.

Welche Potenziale sehen Sie in der Servicerobotik und welche

Pläne haben Sie hinsichtlich dieser Technologien?

Vor allem Assistenzroboter für den industriellen Einsatz ge -

win nen derzeit rasant an Bedeutung. Wir gehen davon aus,

dass autonom operierende CoBots künftig über den kompletten

Produktionsprozess zu finden sein werden. Vor allem in Mon -

tageanwendungen wird die Zahl robotergestützter Assistenz -

systeme schon bald sprunghaft ansteigen. Die Aufgabe von

SCHUNK liegt in der Entwicklung intelligenter, vernetzbarer

und flexibel einsetzbarer Greifsystemkomponenten für MRK-

Anwendungen. Künftig wird der Greifer dem Roboter sagen,

was er braucht, und der Roboter wiederum dem Greifer. Damit

entstehen vollkommen neue Applikationen.

Das Jahr 2017 hat für Sie mit der Verleihung des Hermes

Award auf der Hannover Messe sehr erfolgreich begonnen.

Können Sie uns den prämierten Greifer JL1 etwas genauer

erklären? Was muss der Greifer können, damit er für die

Mensch-Roboter-Kooperation zugelassen wird?

Hier gilt es zu unterscheiden: Damit ein Greifer in MRK-Um -

gebungen arbeiten darf, muss er die Schutzprinzipien der

DIN EN ISO 10218-1/-2 und DIN EN ISO/TS 15066 erfüllen.

Das gilt beispielsweise für die SCHUNK SVH 5-Fingerhand,

den weltweit ersten DGUV-zertifizierten Greifer für MRK-

Anwendungen. Bis Ende des Jahres werden noch weitere

SCHUNK Co-act Greifer das DGUV-Zertifikat erhalten. Die

Fähigkeiten des SCHUNK Co-act Greifer JL1 gehen weit über

die Anforderungen der DGUV hinaus: Der intelligente MRK-

Greifer interagiert und kommuniziert mit dem Menschen.

Hierfür kombiniert er – wie der Mensch – mehrere »Sinne«,

sodass er seine Umwelt mehrdimensional wahrnehmen kann.

Wir sprechen in diesem Zusammenhang von einer sensorischen

Aura, die den Greifer wie eine virtuelle Schutzhülle umgibt

und relevante Veränderungen der Umgebung erfasst, ohne

dass es zu einem Kontakt mit dem Greifer kommt. Eine spe-

zielle Software sammelt die unterschiedlichen Informationen

aus den einzelnen Sensorquellen und leitet daraus die korrek-

ten Erkenntnisse ab.

Wagen wir noch einen kurzen Blick in die Zukunft: Welche

Ziele haben Sie für die kommenden Jahre vor Augen?

Kurz gesagt: Wir wollen den Wandel zu Industrie 4.0 aktiv

gestalten. Mit unseren Greifern und Spannmitteln sind wir

schon heute unmittelbar am Werkstück und gewährleisten

einen zuverlässigen Prozess. Künftig werden unsere Module

systematisch Informationen über das gegriffene Bauteil, den

Prozess und auch über die Komponenten selbst erfassen, ver-

arbeiten und entsprechende Reaktionen ausführen. Letztlich

geht es um autonomes Greifen. Der Greifer selbst wird Kolli -

sionen vermeiden, wissen, wie Werkstücke zu greifen sind

und im intelligenten Zusammenspiel mit dem übergeordneten

Handhabungssystem die optimale Greifstrategie entwickeln.

Das wird ein vollkommen anderes Greifen sein als heute.

»Exzellente Zukunfts perspektiven für die Robotik«

interaktiv 2|2017 Im Gespräch 47

Ein Touch-Screen im Greifergehäuse und LED-Panels in den Fingern

ermöglichen beim SCHUNK Co-act Greifer JL1 eine unmittelbare

Kommunikation mit dem Bediener Quelle: SCHUNK

n

48 FuE interaktiv 2|2017

Traditionelle Orgelbauer verwenden Haselfichte, um daraus

Abstrakte zu fertigen. Das sind schmale Holzleisten, die die

Tasten und das Ventil der Orgelpfeifen verbinden. An diesem

Material schätzen die Hersteller vor allem seine typischen

Eigenschaften. »In Kirchen oder Konzertsälen treten je nach

Jahreszeit Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen auf.

Während sich andere Holzarten verformen, bleibt Haselfichte

stabil«, weiß Projektleiterin Melanie Klein vom Fraunhofer IPA.

Außerdem sei das Holz lange haltbar und ermögliche mit sei-

nem geringen Gewicht ein leichtgängiges Orgelspiel.

Haselfichte ist selten, teuer und schwierig zu beschaffen

Allerdings wird es für Orgelbauer immer teurer und aufwendi-

ger, an das Material heranzukommen. Der Baum wächst nur

in vereinzelten Regionen Südtirols und Nordsloweniens und

noch dazu sehr langsam. Um ihr Holz auszuwählen, müssen

Hersteller einen langen Reiseweg auf sich nehmen. Daneben

treiben der Verschnitt und die mühevolle Handverlesung die

Kosten in die Höhe. Die Firma Baumgartner Orgelbau GbR,

die seit 35 Jahren Mechanikteile für Pfeifenorgeln fertigt, hat

deshalb die Projektgruppe »Regenerative Produktion« des

Fraunhofer IPA in Bayreuth beauftragt, eine Alternative zu

suchen. »Das Substitutionsmaterial sollte leicht zu beschaffen

sein, preislich konstant bleiben und Stabilität bei Feuchtig keits-

und Temperaturschwankungen aufweisen«, betont Richard

Baumgartner, Inhaber von Baumgartner Orgelbau. Für diese

Aufgabe haben die IPA-Wissenschaftler im ersten Schritt die

Charakteristika der Haselfichte analysiert. Nachdem sie das

Material vermessen haben, bestimmten sie ein geeignetes Sub -

stitutionsmaterial. »Wir haben uns für CFK mit unidirektiona-

lem Laminataufbau entschieden, das der Haselfichte im Auf -

bau und den Eigenschaften ähnelt, dabei aber preiswerter und

leichter zugänglich ist«, so Klein. Nun galt es herauszufinden,

wie sich die CFK-Abstrakte beim Orgelspielen verhalten. Nach -

dem Baumgartner die Bauteile gefertigt und in die Referenz -

orgel integriert hatte, wurden Testreihen mit Holz- und CFK-

Abstrakten an der Orgel der Bayreuther Stadtkirche durchge-

führt. Mit Beschleunigungssensoren und Dehnungsmess streifen

zeichneten sie sämtliche Eigenschaften der Abstrakte auf, zum

Beispiel Verformung, Beschleunigung, Schwingungs verhalten

oder Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen.

Bei Tests an Referenzorgel liegen CFK-Abstrakte vorn

Die Versuche führten sie bei unterschiedlichem Klima in der

Kirche durch – mit überraschendem Ergebnis. »Die CFK-Ab -

strakte sind noch feuchtigkeits- und temperaturbeständiger

als Haselfichte. Während das Holz leichte Abweichungen auf-

wies, stellten wir bei CFK überhaupt keine Schwankungen fest«,

informiert Klein. Richard Baumgartner ist ebenfalls begeistert.

»Weil CFK als Meterware lieferbar ist, können wir die Ab -

strak te preiswerter und ohne langen Reiseweg fertigen«. Die

CFK-Bauteile verfügen zudem über geringeres Gewicht und

lassen sich leichtgängiger spielen. Im wichtigsten Punkt, dem

Klangverhalten, steht CFK der Haselfichte in nichts nach.

»Auch der Stadt- und Dekanatskantor Michael Dorn, der das

Instrument bei der Testreihe gespielt hat, war von unserer

Technologie begeistert«, erinnert sich Klein. In einem Folge -

projekt wollen die beiden Partner einen Prüfstand bauen, bei

dem alle Abstrakte – von der Taste über Winkel und Umlenk -

rollen bis zum Pfeifenventil – aus CFK bestehen. Schneidet der

Werkstoff auch hier gut ab, ist es für Baumgartner denkbar,

das Material dauerhaft in seine Instrumente zu integrieren.

Weiterführende Informationen

http://www.regenerative-produktion.fraunhofer.de

Kontakt

Melanie Klein

Telefon +49 921 78516-312 | [email protected]

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interaktiv 2|2017 FuE 49

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Mehr als nur ZukunftsmusikTestreihe zeigt: Im Orgelbau ist CFK eine fortschrittliche

Alternative zu Holz

Mehr als nur ZukunftsmusikTestreihe zeigt: Im Orgelbau ist CFK eine fortschrittliche

Alternative zu Holz

EU-Projekt ROSIN fördert

Entwicklung und Einsatz von

Open-Source-Software

Projekt »SeRoNet – Plattform

zur arbeitsteiligen Entwicklung

von Serviceroboter-Lösungen«

gestartet

Open-Source-Software ist in der Wissenschaft bereits etabliert

und bietet auch für industrielle Anwendungen Mehrwerte.

Die weltweite Initiative ROS-Industrial setzt sich deshalb für

die Verbreitung von ROS, dem Robot Operating System, ein.

Weitere Förderung erhält ROS jetzt über das im Januar dieses

Jahres gestartete EU-Projekt ROSIN mit dem Fraunhofer IPA

als einem von sechs Projektpartnern und koordiniert von der

TU Delft.

Drei Aktivitäten stehen während des Projektverlaufs im Zen trum.

Zum einen geht es darum, industriereife Softwarequalität zu

gewährleisten. Hierfür entstehen neue Verfahren zum auto-

matischen Testen von Codes sowie zur Qualitätssicherung,

was sich wiederum positiv auf das Interesse vonseiten der

Industrie auswirken soll. Außerdem wird rund die Hälfte des

Projektbudgets für die Verbesserung bestehender oder die

Entwicklung neuer Komponenten für businessrelevante An -

wendungen eingesetzt. Dies erfolgt im Rahmen sogenannter

»Focused Technical Projects«. ROSIN stellt hierfür eine Vor -

finanzierung von bis zu 30 Prozent der Gesamtkosten bereit,

um den ersten Meilenstein zu erreichen. Bedingung hierfür

ist, dass die Entwickler die weitere Finanzierung sicherstellen.

Nicht zuletzt realisieren die Projektpartner zahlreiche Weiter -

bil dungsangebote für Studierende und Industriepartner.

Interessierte Personen oder Firmen, sei es auf Entwickler- oder

Nutzerseite, können sich für die finanziell geförderte Teil nahme

im Projekt bewerben.

Weitere Informationen: http://rosin-project.eu

Kontakt

Mirko Bordignon

Telefon +49 711 970-1629

[email protected]

Seit März untersucht das Forschungsprojekt »SeRoNet«, wie

Roboterlösungen für die Intralogistik und Fertigung in einem

kooperativen Ansatz zwischen Anwendern, Systemintegra toren

und Komponentenherstellern effizienter entwickelt werden

können.

Unter der Leitung des Fraunhofer IPA und gefördert vom

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie arbeiten elf

Projektpartner daran, wiederverwendbare Komponenten für

professionelle Servicerobotik-Anwendungen über eine IT-Platt -

form einfach verfügbar zu machen.

Damit trägt das Projekt der steigenden Bedeutung von Öko -

systemen in der Software-Entwicklung Rechnung, die die

Ressourcen aller am Entwicklungsprozess Beteiligten bündeln

und eine effiziente Technologieentwicklung ermöglichen.

Dieser Ansatz soll Einstiegshürden senken und so die Service -

robotik weiter im Markt etablieren. Die auf Wachstum ange-

legte, offene IT-Plattform wird Ausrüster und Betreiber von

Servicerobotik zueinander bringen und die klassische lineare

Wertschöpfungskette durch ein Wertschöpfungsnetz ersetzen,

in dem alle Akteure dynamisch kooperieren. So kann sich

jedes Unternehmen auf seine Kernkompetenz spezialisieren

und zusammen mit weiteren Beteiligten eine Komplettlösung

anbieten. Entwicklungszyklen verkürzen sich rapide und die

Qualität verbessert sich.

Um eine breite Nutzerbasis zu erzielen, können sich Kompo -

nentenhersteller, Systemintegratoren und Endanwender ab

2018 für die finanzielle und technische Unterstützung bei der

Realisierung von kundenspezifischen Anwendungen bewerben.

Mit Pilotdemonstratoren in der Gesundheits-, Pharma- und

Automobilindustrie werden die Robustheit der IT-Plattform

und Entwicklungswerkzeuge sowie die Qualität der verfüg-

baren Komponenten und Services evaluiert.

Weitere Informationen: http://www.seronet-projekt.de

Kontakt

Dr. rer. nat. Björn Kahl

Telefon +49 711 970-1346 | [email protected]

n

Vorschau Interaktiv Ausgabe 3|2017

Mit Qualität 4.0 in die Zukunft

Intelligente und digital vernetzte Systeme sind zentrale Bestandteile von Industrie 4.0. Diese Systeme erzeugen in der Praxis

große Datenmengen, die ein enormes Potenzial für eine verbesserte Produktqualität aufweisen. Die erfolgreiche Nutzung

dieser Daten erfordert allerdings neue Konzepte und Methoden, nicht zuletzt, weil der Mensch mit dem Umfang der

Daten schnell überfordert ist. Die folgende Ausgabe gibt unter dem Themenschwerpunkt »Qualität 4.0« einen Überblick

zu den Arbeiten am Fraunhofer IPA, zu Ansätzen, Implementierungen und Erfolgsgeschichten aus der Praxis.

Impressum

interaktiv Ausgabe 2|2017 | Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA

Herausgeber:

Fraunhofer-Gesellschaft

Hansastraße 27c | 80686 München

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

Nobelstraße 12 | 70569 Stuttgart | Deutschland

Marketing und Kommunikation | Leitung: Fred Nemitz | [email protected]

Redaktion:

Ramona Hönl, Fred Nemitz, Christine Sikora (Bild und Produktion),

Dr. Birgit Spaeth, Dr. Karin Röhricht, Jörg-Dieter Walz (Chefredaktion)

Telefon +49 711 970-1667 | [email protected]

Fotos: Rainer Bez; alle nicht einzeln ausgewiesenen Abbildungen stammen aus folgenden Quellen:

Fraunhofer IPA, Universität Stuttgart (IFF), ARENA2036

Titelbild: Scribble der Titelstory »Wege zur zukunftsfähigen Fabrik«

Druck: Wahl-Druck GmbH

Bestellservice:

Telefon +49 711 970-1932 | [email protected] | www.ipa.fraunhofer.de/Bestellservice.html

50 Impressum interaktiv 2|2017

NEUES VOM Fraunhofer IPALIVE ERLEBEN

Exponat zu Smart Data Analytics auf der WGP-Sonderschau»Industrie 4.0 Area« in Halle 25

Vortrag 19.9.2017, 14.30–15.00 Uhr»Smart Data Analytics – Produktivitätssteigerung von verketteten Anlagen und automatisiertes Maschinen-Benchmarking«

Vortrag 20.9.2017, 13.30–14.00 Uhr »Smartes Sägen – Hocheffiziente Fertigung durch innovativeSägetechnologie«