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Interessenkonflikte in der Internationalen Schiedsgerichtsbarkeit: Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Offenlegungspflichten Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Rechte des Fachbereichs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vorgelegt von Justus Wilke, LL.M. (London) 2005

Interessenkonflikte in der Internationalen ... · Zuletzt danke ich Herrn Rechtsanwalt am BGH ... Schiedsrichter in eigener Sache zu sein ... Vermittlungsbemühungen und das schiedsverfahrensrechtliche

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Interessenkonflikte in der Internationalen Schiedsgerichtsbarkeit:

Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Offenlegungspflichten

Dissertation

zur Erlangung des Grades eines

Doktors der Rechte

des Fachbereichs

Rechts- und Wirtschaftswissenschaften

der Johannes Gutenberg-Universität

Mainz

vorgelegt von

Justus Wilke, LL.M. (London)

2005

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Wilke, Justus: Interessenkonflikte in der Internationalen Schiedsgerichtsbarkeit : Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Offenlegungspflichten / Justus Wilke. – Als Ms. gedr.. – Berlin : dissertation.de – Verlag im Internet GmbH, 2006 Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 2006 ISBN 3-86624-099-6 Erstberichterstatter: Prof. Dr. iur. Peter Huber, LL.M. (London) Zweitberichterstatter: Prof. Dr. iur. Ulrich Haas Tag der mündlichen Prüfung: 14. Februar 2006

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. dissertation.de – Verlag im Internet GmbH 2006 Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungs-anlagen, auf Datenträgern oder im Internet und der Übersetzung, vorbehalten. Es wird ausschließlich chlorfrei gebleichtes Papier (TCF) nach DIN-ISO 9706 verwendet. Printed in Germany. dissertation.de - Verlag im Internet GmbH Pestalozzistraße 9 10625 Berlin URL: http://www.dissertation.de

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P a r e n t i b u s

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit hat im Wintersemester 2005/2006 an der Johannes Gutenberg-

Universität als Dissertation vorgelegen. Das Manuskript war im Mai 2005 abgeschlossen.

Mein besonders herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Peter Huber,

LL.M. (London). Er hat die Betreuung meines Promotionsvorhabens ohne Zögern

übernommen und mir bei der Anfertigung der Arbeit vollständige wissenschaftliche Freiheit

belassen. Er stand jederzeit für Anregungen und Fragen bereit. Die Abstimmung meiner

beruflichen Tätigkeit mit einem zügigen Fortgang und erfolgreichen Abschluss dieser

Abhandlung hat er stets wohlwollend ermöglicht. Herrn Professor Ulrich Haas bin ich für

seine sehr zügige Korrektur verbunden. Zuletzt danke ich Herrn Rechtsanwalt am BGH

Hilmar Raeschke-Kessler für seine kollegiale und sehr zuvorkommende Unterstützung meines

Vorhabens durch Bereitstellung der Sitzungsprotokolle der IBA Working Group.

Meinen Geschwistern, Schwägern und insbesondere meinen Eltern danke ich von ganzem

Herzen für ihre wunderbare und ausdauernde Unterstützung in jeder Hinsicht. Sie haben mich

immer wieder in meinem Vorhaben bestärkt und mich gefordert. Ohne ihre Hilfe wäre diese

Abhandlung wohl gar nicht geplant und geschrieben worden.

Es war eine schöne Zeit.

Bielefeld, im Februar 2006 Justus Wilke

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- I -

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Gliederung S. V

Abkürzungsverzeichnis S. XXVII

Entscheidungsverzeichnis S. XXXIII

Literaturverzeichnis S. XLII

Ausarbeitung:

Einleitung S. 1

1. Teil: Stand der Diskussion zur Bewältigung von

Interessenkonflikten in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit S. 7

A. Interessenkonflikte: Terminologie, Ursachen und

Auswirkungen S. 8

B. Stand der Diskussion der Bewältigung von

Interessenkonflikten: Unparteilichkeit, Unabhängigkeit

und Offenlegungspflichten S. 20

C. Zusammenfassung des 1. Teils S. 66

2. Teil: Das Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen

der Parteiautonomie und der Fairness als Ursprung von

Interessenkonflikten S. 69

A. Die Praxis internationaler Schiedsverfahren im Wandel S. 69

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- II -

B. Kontrolle der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

durch staatliche Gerichte S. 70

C. Der Grundsatz der Parteiautonomie in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit S. 75

D. Der Grundsatz der Fairness in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit S. 90

E. Wechselwirkungen zwischen den Grundsätzen der

Parteiautonomie und der Fairness S. 141

F. Zusammenfassung des 2. Teils S. 159

3. Teil: Verwirklichung der Grundsätze der Parteiautonomie und

der Fairness durch die IBA Guidelines 2004 S. 161

A. Notwendigkeit und Ausgestaltung eines international

gültigen schiedsverfahrensrechtlichen Ethos S. 161

B. IBA Guidelines on Conflicts of Interest als Grundwerk

eines internationalen schiedsverfahrensrechtlichen Ethos S. 181

C. Zusammenfassung des 3. Teils S. 268

4. Teil: IBA Guidelines on Conflicts of Interest 2004 im

(inter-)nationalen Normengefüge S. 271

A. Rechtsnatur und Rang der IBA Guidelines 2004 S. 271

B. Wirkungsweise der IBA Guidelines 2004 S. 296

C. Zusammenfassung des 4. Teils S. 300

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- III -

5. Teil: Fazit, Thesen und Ausblick S. 303

A. Fazit und Thesen S. 303

B. Ausblick S. 309

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- IV -

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- V -

G l i e d e r u n g

Einleitung S. 1

1. Teil:

Stand der Diskussion zur Bewältigung von Interessenkonflikten

in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit S. 7

A. Interessenkonflikte: Terminologie, Ursachen und

Auswirkungen S. 8

I. Der Begriff des „Interessenkonflikts“ als Sammelbegriff S. 8

II. Abgrenzung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit S. 11

1. Nationales Schiedsverfahrensrecht S. 11

2. Die besondere „Kultur“ internationaler Schiedsverfahren S. 13

III. Interessenkonflikte und ihre Ursachen S. 14

1. Differenzierte Erwartungshaltung der Parteien S. 15

2. Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der

Parteiautonomie und der Fairness S. 16

IV. Rechtsunsicherheit durch bloße Kategorisierung von

Beurteilungskriterien S. 18

V. Auswirkungen dieser Rechtsunsicherheit S. 19

B. Stand der Diskussion der Bewältigung von Interessenkonflikten:

Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Offenlegungspflichten S. 20

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- VI -

I. Terminologische Vielfalt S. 21

II. UNCITRAL Model Law on International Commercial

Arbitration 1985 S. 22

1. Prüfungsmaßstäbe für Offenlegung, Ablehnung und

Aufhebung S. 23

2. Kritik und Stellungnahme S. 24

a. Offenlegung, Art. 12 Abs. 1 S. 24

b. Fehlende Offenlegung als selbständiger Ablehnungsgrund? S. 24

c. Fehlen einer „when in doubt, disclose“-Regelung S. 25

d. Nachträglich entdeckte Parteilichkeit, Art. 4, 12f., 34

und 36 ML S. 25

III. Verschiedene Jurisdiktionen S. 27

1. Vereinigte Staaten von Amerika S. 28

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 28

b. Offenlegung S. 30

c. Präklusion bzw. Verzicht S. 31

2. Schweiz S. 32

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 33

b. Offenlegung S. 34

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- VII -

c. Präklusion bzw. Verzicht S. 34

3. Frankreich S. 35

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 36

b. Offenlegung S. 36

4. England S. 37

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 38

b. Offenlegung S. 41

c. Präklusion bzw. Verzicht S. 42

5. Schweden S. 44

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 44

b. Präklusion bzw. Verzicht S. 45

c. Offenlegung S. 46

6. Australien S. 47

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 47

b. Offenlegung S. 48

c. Präklusion bzw. Verzicht S. 49

7. Neuseeland S. 50

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- VIII -

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 50

b. Offenlegung S. 51

c. Präklusion bzw. Verzicht S. 51

8. Deutschland S. 52

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 52

b. Offenlegung S. 53

c. Präklusion bzw. Verzicht S. 53

IV. Zusammenfassung zu II. und III. S. 55

V. Internationale Schiedsorganisationen und Schiedsordnungen S. 56

1. Prüfungsmaßstab schiedsrichterlicher Interessenverflechtung:

Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 58

2. Offenlegung S. 59

3. Präklusion bzw. Verzicht S. 60

VI. Verhaltenskodizes S. 61

1. Prüfungsmaßstab schiedsrichterlicher Interessenverflechtung:

Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 63

2. Offenlegung S. 64

3. Präklusion bzw. Verzicht S. 66

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- IX -

C. Zusammenfassung des 1. Teils S. 66

2. Teil:

Das Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der

Parteiautonomie und der Fairness als Ursprung von

Interessenkonflikten S. 69

A. Die Praxis internationaler Schiedsverfahren im Wandel S. 69

B. Kontrolle der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

durch staatliche Gerichte S. 70

I. Die für internationale Schiedsverfahren maßgeblichen

Rechtsordnungssysteme S. 70

II. Berechtigung eines Primats staatlicher Kontrolltätigkeit

im Hinblick auf internationale Schiedsverfahren? S. 71

III. Fortgang der Untersuchung S. 74

C. Der Grundsatz der Parteiautonomie in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit S. 75

I. Terminologie „Parteiautonomie“ S. 76

II. Die Ursache von Interessenkonflikten im Primat

der Parteiautonomie S. 76

1. Parteiwille als Ursprung und Eigentümlichkeit

internationaler Schiedsgerichtsbarkeit S. 77

2. Rechtfertigung der Maßgeblichkeit des Parteiwillens

in internationalen Schiedsverfahren S. 78

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- X -

a. Herkömmliche Rechtfertigung S. 78

aa. Vertragliche, originiäre Begründung S. 78

bb. Prozessrechtliche, derivative Begründung S. 79

b. Die Grundlage der Geltung des Parteiwillens im

völkerrechtlichen Comitas-Prinzip S. 79

III. Der ordre public-Vorbehalt als Beschränkung parteiautonomer

Verfahrensgestaltung in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit?! S. 81

1. Grundsätzliches zum ordre public S. 81

a. Exkurs: Der Ordre Public-Vorbehalt und die Forderung

nach de-nationalisierten Schiedssprüchen S. 82

b. “Violation of Basic Notions of Morality and Justice” S. 84

2. Ordre public interne, international und transnational S. 85

a. Grundsätzliche Differenzierung S. 85

b. Insbesondere: “ILA Resolution on Public Policy as a Bar

to Enforcement of International Arbitral Awards” S. 87

aa. Ordre public international S. 87

bb. Ordre public transnational S. 88

cc. Präklusion bzw. Verzicht S. 89

D. Der Grundsatz der Fairness in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit S. 90

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- XI -

I. Terminologie „Fairness“ S. 91

1. Grundsätzliches S. 91

2. Einwirken der Fairness auf schiedsrichterliche

Interessenkonflikte S. 93

II. Verortung der Fairness in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit S. 95

1. Die “duty to arbitrate in good faith” in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit S. 95

a. Grundsätzliches S. 95

b. Vertragliche Hauptpflicht „to arbitrate in good faith“ S. 96

aa. Herkömmliche Pflichten S. 97

bb. Existenz der „duty to arbitrate in good faith“ im

internationalen Kontext S. 98

cc. Die „duty to arbitrate in good faith“ als übergeordnete

vertragliche Hauptpflicht S. 100

dd. Stillschweigende Vereinbarung bzw. Vermutungsregelung S. 101

ee. Einklagbarkeit dieser Hauptpflicht S. 102

c. Notwendigkeit der praxisbezogenen Konkretisierung

der „duty to arbitrate in good faith“ S. 104

2. Artikel 6 Absatz 1 ECHR S. 105

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- XII -

a. Anwendbarkeit in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit S. 105

b. Richtungsweisende Differenzierung zwischen „compulsory“

und „voluntary“ arbitration S. 107

c. „Drittwirkung“ über Art. 6 Abs. 1 ECHR? S. 108

aa. Staatliche Gerichte S. 109

bb. Schiedsgericht und Schiedsparteien S. 109

d. Präklusion bzw. Verzicht v. Fairness? S. 110

aa. Verzicht durch bloßen Abschluss einer

Schiedsvereinbarung S. 111

bb. Verzicht durch Art und Weise der konkreten

Verfahrensgestaltung S. 111

cc. Zwischenergebnis S. 112

e. Ausblick: Grundsätzliche Unterschiedlichkeit von

Menschenrechten und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit S. 113

III. Säulen des Grundsatzes der Fairness: Schiedsrichterliche

Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität S. 116

1. Schiedsrichterliche Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit S. 117

a. Das Merkmal der Unparteilichkeit S. 118

b. Das Merkmal Unabhängigkeit S. 120

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- XIII -

2. Verwirklichung des Konzepts der Fairness durch das

Primat der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit S. 121

a. Position des Arbitration Act England 1996 S. 121

b. Primat des Grundsatzes der schiedsrichterlichen

Unparteilichkeit S. 124

aa. Rechtfertigung dieses Ansatzes S. 124

bb. Justitiabilität dieses Ansatzes S. 125

3. Die Rolle des Merkmals der schiedsrichterlichen Neutralität S. 126

a. Herkömmliches Verständnis S. 126

b. Notwendiges Verständnis als „international mindedness“ S. 128

4. Das Primat der Unparteilichkeit und der anwendbare

Prüfungsmaßstab S. 129

a. Vorrang des „actual partiality“-Tests S. 130

b. „Actual partiality“-Test i.S. eines „realistic likelihood“

-Prüfungsmaßstabs S. 132

aa. Beweis tatsächlicher Parteilichkeit nicht erforderlich S. 132

bb. „Realistic likelihood“-Test als notwendiger, aber

ausreichender Maßstab S. 133

aaa. Herkömmliche Prüfungsparameter S. 133

bbb. Ausgestaltung des „realistic likelihood“-Tests S. 135

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- XIV -

cc. Zeitpunkt der Anwendung des „realistic likelihood“-Tests S. 137

5. Exkurs: Begründungspflicht als Stärkung des Grundsatzes

der Fairness? S. 138

E. Wechselwirkungen zwischen den Grundsätzen der

Parteiautonomie und der Fairness S. 141

I. Problemstellung S. 141

II. Im Schnittfeld der Grundsätze der Parteiautonomie und der

der Fairness: Das Verbot, in eigener Sache Schiedsrichter zu sein S. 142

1. Inhalt des Verbots, Schiedsrichter in eigener Sache zu sein S. 142

2. Geltung des Verbots in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit S. 144

3. Wirksamkeit eines Verzichts auf die Geltung des Verbots,

in eigener Sache zu richten S. 145

a. Kein wirksamer Verzicht bei schiedsparteilicher Unkenntnis S. 145

b. Wirksamer Verzicht bei schiedsparteilicher Kenntnis S. 146

c. Möglichkeit der Akzeptanz dieses Verzichts durch

nationale Vollstreckungssysteme S. 149

III. Zusammenfassung zu I. und II. S. 151

IV. Der parteibenannte Schiedsrichter als Ausdruck

dieser Wechselwirkungen S. 152

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- XV -

1. Die Rolle des parteibenannten Schiedsrichters in der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit S. 152

a. Das Recht zur Schiedsrichterbenennung als Wesenszug

eines jeden internationalen Schiedsverfahrens S. 152

b. Die vermeintliche Notwendigkeit des Merkmals der

Unabhängigkeit S. 153

2. Das kontradiktorisch arbeitende Schiedsgericht S. 156

a. E. Bucher´s Modell S. 156

b. Stellungnahme: Möglichkeiten und Grenzen parteibenannter

Schiedsrichter im kontradiktorisch arbeitenden Schiedsgericht S. 158

F. Zusammenfassung des 2. Teils S. 159

3. Teil:

Verwirklichung der Grundsätze der Parteiautonomie und der

Fairness durch die IBA Guidelines2004 S. 161

A. Notwendigkeit und Ausgestaltung eines international

gültigen schiedsverfahrensrechtlichen Ethos S. 161

I. Das schiedsverfahrensrechtliches Ethos - Praxisrelevanz,

keine Theorielastigkeit S. 162

1. Notwendigkeit der Entwicklung eines

schiedsverfahrensrechtlichen Ethos S. 162

2. Das schiedsverfahrensrechtliche Ethos als (kleinster)

gemeinsamer Nenner S. 164

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- XVI -

3. Das Ethos der Verfahrensbeteiligten S. 165

a. Das Ethos der Schiedspartei und ihres Interessenvertreters S. 165

b. Das Ethos des Schiedsrichters S. 167

4. Praxisrelevanz des Ethos - keine Theorielastigkeit S. 169

II. Vermittlungsbemühungen und das schiedsverfahrensrechtliche

Ethos S. 171

1. Herkömmliche Rolle schiedsrichterlicher

Vermittlungsbemühungen S. 171

2. Wirkungsvolle Ergänzung durch

Vermittlungsbemühungen: „Med/Arb“ S. 172

a. Funktionsweise einer „Med/Arb“ S. 173

b. Pro „Med/Arb“-Bemühungen S. 174

III. Nachforschung bzw. Offenlegung und das

schiedsverfahrensrechtliche Ethos S. 174

1. Notwendiger und ausreichender Umfang einer

Nachforschungs- und Offenlegungspflicht S. 175

2. Anwendbarer Prüfungsmaßstab: „Realistic likelihood“

aus Sicht des objektiv vernünftig urteilenden Dritten S. 178

a. Die Perspektive des objektiv vernünftig urteilenden Dritten S. 178

b. Prüfungsmaßstab einer „realistic likelihood“ S. 179

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- XVII -

c. Maßgeblicher Zeitpunkt S. 180

B. IBA Guidelines on Conflicts of Interest 2004 als Grundwerk

eines internationalen schiedsverfahrensrechtlichen Ethos S. 181

I. Notwendigkeit eines “principled and pragmatic approach” S. 181

1. Maßgeblicher Einfluß durch Locabail (UK) Ltd v. Bayfield

Properties Ltd S. 182

2. Aufkommen und Akzeptanz von Verhaltenskodizes S. 185

a. IBA Ethics for International Arbitrators 1987 S. 186

b. AAA/ABA Code of Ethics for Arbitrators in Commercial

Disputes 1977 bzw. Revisited 2004 S. 188

c. Eine wegweisende Arbeit von Bishop und Reed, 1998 S. 190

II. IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International

Arbitration 2004 S. 192

1. Ziele und Grundsätze der IBA Guidelines 2004 S. 193

2. Entscheidende Weichenstellungen im Verlauf

der Erarbeitung der IBA Guidelines S. 195

a. Grundsätzliches S. 195

b. Effektive Implementierung moralisch-ethischer Maximen

über Anwendungslisten S. 198

aa. System der Listen S. 198

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- XVIII -

bb. Kritik am System der Listen S. 200

3. General Standards 1 und 5: Geltung des Grundsatzes der

Unparteilichkeit und Unabhängigkeit für jeden Schiedsrichter S. 202

a. Sachlicher Geltungsbereich, GSt 1 S. 202

b. Exkurs: Schiedsrichter und staatliche Richter S. 202

c. Persönlicher Geltungsbereich, GSt 5 S. 204

aa. Vorsitzende, parteibenannte und einzeln sitzende

Schiedsrichter sowie „secretaries“ gleichermaßen, GSt 5 Satz 1 S. 204

bb. Analogie: “civil servants” und “government officers” S. 206

cc. Ausgenommen: Der „non-neutral arbitrator“,

GSt 5 Satz 2 S. 208

d. Zeitlicher Geltungsbereich: functus officio, GSt 1 S. 209

aa. functus officio S. 209

bb. Für jeden Verfahrensabschnitt gleichermaßen S. 209

4. General Standard 2: Objektiver Prüfungsmaßstab für

Ablehnungsanträge S. 210

a. Schiedsrichterliche Selbstablehnung, GSt 2(a) S. 210

b. „Likelihood“-Test aus Sicht des informierten und

vernünftigen Dritten, GSt 2 lit. (b) und lit. (c) S. 212

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- XIX -

aa. Objektiver Prüfungsmaßstab: „justifiable doubts“

i.S. einer „likelihood“ S. 212

bb. Kritische Stellungnahme S. 212

aaa. „actual partiality“ v. „appearance of partiality“ S. 212

bbb. „objectivity“ or „subjectivity“: “the reasonable and

informed third person” S. 213

ccc. „justifiable doubts“ i.S. einer „likelihood“ S. 214

aaaa. Vorrang von GSt 2(c) gegenüber GSt 2(b) S. 214

bbbb. Kritik an GSt 2(c) S. 215

ddd. Für jeden Verfahrensabschnitt gleichermaßen S. 217

c. “prevailing party autonomy”, GSt 2(b) a.E. S. 218

d. Konsequenz: Erfolgreiche Ablehnungsanträge nur noch unter

erschwerten Bedingungen S. 218

5. General Standard 2(d): „non-waivable Red List“ - Schranke

der Parteiautonomie S. 219

a. Keine Möglichkeit zum wirksamen Verzicht -

Offenlegung irrelevant S. 220

aa. Kurzer Abriß der Entstehungsgeschichte S. 220

bb. Offenlegung irrelevant S. 221

b. Nicht abschließende Aufzählung einschlägiger

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- XX -

Fallgestaltungen S. 222

aa. „identity“, “legal representative” bzw. „legal entity“ S. 223

aaa. „legal entity“ S. 223

bbb. „identity“ und „legal representative“ S. 223

bb. “significant financial or personal interest“ S. 224

aaa. Entwicklung im Rahmen der Arbeiten der Working Group S. 224

bbb. Inhalt S. 225

cc. „affiliate“ und „significant financial income therefrom“ S. 226

6. General Standards 3 und 7: Offenlegungspflicht i.S. einer

Nachforschungs- und Informationspflicht S. 228

a. Primat des „informed consent“ S. 228

b. Seine fragwürdige Förderung durch die „when in doubt, disclose“-

Regelung des GSt 3(c) S. 229

aa. GSt 3(c) S. 229

aaa. Abriß der Entstehungsgeschichte und Inhalt S. 230

bbb. Systematisches Problem der „when in doubt, disclose“-

Regelung S. 231

bb. Verhältnis von GSt 3(c) zu Verschwiegenheitspflichten S. 231

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- XXI -

c. GSt 3(b): Kein Ablehnungsautomatismus allein aufgrund

Offenlegung S. 232

aa. Selbsteinschätzungsprärogative des Schiedsrichters S. 232

bb. Vorschlag: Ihre Stärkung durch eine widerlegbare

Unparteilichkeitsvermutung S. 234

d. Allgemeine Nachforschungs- und Informationspflicht, GSt 7 S. 234

aa. Parteien und Interessenvertreter in die Pflicht genommen,

GSt 7 lit. (a) und lit. (b) S. 235

aaa. Tendenzielle Erstnachforschungs- und

Informationstätigkeit durch die Schiedspatei S. 235

bbb. Ausgestaltung und Umfang der Nachforschungs-

und Informationstätigkeit S. 237

bb. Schiedsrichter in die Pflicht genommen, GSt 7(c) S. 238

aaa. „Aufnehmende“ Nachforschungs- und Informationstätigkeit

durch Schiedsrichter S. 238

bbb. Ausgestaltung und Umfang der Nachforschungs- und

Informationstätigkeit S. 239

e. Geltung für jeden Verfahrensabschnitt gleichermaßen,

GSt 3(d) S. 240

7. Insbesondere: Offener, subjektiver Prüfungsmaßstab des

General Standard 3(a) S. 241

a. Prüfungsmaßstab des GSt 3(a) S. 241

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- XXII -

aa. „in the eyes of the parties“ S. 242

bb. „Green List“ als Schranke dieser subjektiven Perspektive S. 242

cc. „facts that may give rise to doubts“ S. 243

dd. Kritische Stellungnahme S. 243

ee. Vorschlag: Objektiver Prüfungsmaßstab einer „realistic

likelihood“ S. 245

b. GSt 3(a) und die „Orange List“ S. 246

8. General Standard 4 lit. (a), lit. (b) und lit. (c): Präklusion bzw.

Verzicht S. 247

a. Sinn und Zweck von GSt 4(a), (b) und (c) S. 247

b. Unabdingbare Schranke: GSt 4(b) i.V.m. GSt 2(d) S. 247

c. Verzicht, GSt 4(c) S. 248

d. Kritische Stellungnahme zu GSt 4 lit. (b) und lit. (c) S. 249

e. Präklusion, GSt 4(a) S. 251

aa. „receipt of any disclosure“ bzw. “learns of facts” S. 251

bb. Problem des „may not raise any objection at a later stage“ S. 252

f. Präklusion und „ex parte“-Schiedsverfahren S. 253

g. Kritische Stellungnahme zu GSt 4(a) S. 254

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- XXIII -

9. General Standard 4(d): Interessenkonflikte v.

Vermittlungsbemühungen?! S. 255

a. Sinn und Zweck S. 255

b. Sachlicher und zeitlicher Umfang S. 256

c. Zusätzlicher Schutz: Schiedsrichterliche

Selbstablehnung, GSt 4(d) letzter Satz S. 256

d. Kritische Stellungnahme S. 257

10. General Standard 6 lit. (a) und lit. (b): Sozietäts- und

Unternehmensgruppenzugehörigkeit S. 257

a. Rechtfertigung einer eigenständigen Sonderregelung S. 258

b. Insbesondere: Interessenkonflikte aufgrund

Sozietätszugehörigkeit, GSt 6(a) S. 259

c. Insbesondere: Interessenkonflikte aufgrund

Unternehmensgruppenzugehörigkeit, GSt 6(b) S. 260

d. Kritische Stellungnahme zu GSt 6 lit. (a) und lit. (b) S. 260

aa. GSt 6(a) S. 260

bb. GSt 6(b) S. 262

11. Die Anwendungslisten: „Red“, „Orange“ und „Green List“ S. 262

a. Nutzbarmachen der Anwendungslisten S. 263

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- XXIV -

b. Insbesondere: Die „waivable Red List“ S. 264

c. Insbesondere. Die „Orange List“ S. 265

aa. Grundsätzliches S. 265

bb. Englische Barrister, die als Schiedsrichter

praktizieren - ein Sonderfall? S. 266

d. Insbesondere: Die „Green List“ S. 267

C. Zusammenfassung des 3. Teils S. 268

4. Teil:

IBA Guidelines on Conflicts of Interest 2004 im (inter-)nationalen

Normengefüge S. 271

A. Rechtsnatur und Rang der IBA Guidelines 2004 S. 271

I. Die Position der Working Group S. 271

1. Rechtsnatur einer Verabschiedung durch die IBA S. 272

a. Struktur der IBA S. 272

b. Rechtsetzungsbefugnis der IBA S. 272

2. Vorrang nationalen Rechts und des Rechts

institutioneller Schiedsorganisationen S. 273

3. De facto - Wirkung S. 275

a. „Best International Practice“ S. 275

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- XXV -

b. „Rule(s) of Law“ S. 276

II. Die IBA Guidelines 2004 als transnationales Recht S. 278

1. Kein „domestic law“ bzw. „public international law“ S. 278

2. Existenz und Terminologie einer transnationalen

Wirtschafts(rechts)ordnung S. 279

a. Terminologie „transnationales Recht“ S. 280

b. Vorgeblich „strukturelle“ Schwäche transnationalen Rechts

und Zukunftsentwürfe S. 281

aa. Teubner´s „Globale Bukowina“ - Globales Recht

der Peripherie S. 282

bb. Das Konzept der „creeping codification“ S. 287

cc. Stellungnahme - Prozess der „Verrechtlichung“

ökonomischer Beziehungen S. 289

aaa. „Globale Bukowina“ und „creeping codification“ S. 290

bbb. Aufbruch: Prozess der „Verrechtlichung“

ökonomischer Beziehungen S. 292

c. Zusammenfassung zu 2. S. 294

3. IBA Guidelines 2004 als (verfahrensrechtliches)

transnationales Recht S. 294

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- XXVI -

B. Wirkungsweise der IBA Guidelines 2004 S. 296

I. Geringe Aussagekraft ihrer Klassifizierung als „soft Law“ S. 297

II. Präsenz- und Einstrahlungswirkung S. 298

C. Zusammenfassung des 4. Teils S. 300

5. Teil:

Fazit, Thesen und Ausblick S. 303

A. Fazit und Thesen S. 303

B. Ausblick S. 309

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- XXVII -

A b k ü r z u n g s v e r z e i c h n i s

AA Arbitration Act

AAA/ABA Code 1977 bzw. 2004 AAA/ABA Code of Ethics for Arbitrators in

Commercial Disputes 1977 bzw. Revisited 2004

ADR Alternative Dispute Resolution

A.C. Appeal Cases

American J.C.L. American Journal of Comparative Law

American Rev. Int. Arb. American Review of International Arbitration

ArbInt Arbitration International (Journal of the LCIA, London)

Arb.J. Arbitration Journal

Arb.&Med. The Arbitrator & Mediator

Art. Artikel

ASA Bulletin Association Suisse de l´Arbitrage - Bulletin of

the Swiss Arbitration Association

BB Der Betriebsberater

Bd. Band / Volume

BGH Bundesgerichtshof / German Federal Supreme

Court

BGHZ Entscheidungen des BGH in Zivilsachen / Civil

Judgments of the German Federal Supreme Court

B.L.I. Business Law International

CENTRAL Center for Transnational Law

Colum. J. T. L. Columbia Journal of Transnational Law

d. der, die, das etc.

DAC Departmental Advisory Committee

ders. derselbe

dies. Dieselben

Diss. Dissertation / Dissertation, doctoral thesis

D.R.J. Dispute Resolution Journal

ed. Edition oder Editor

eds. Editoren

E.J.I.L. European Journal of International Law

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- XXVIII -

Emory J. Int´l D.R. Emory Journal of International Dispute Resolution

E.P.I.L. Encyclopedia of Public International Law

et al. und andere / and others

EuGRZ Zeitschrift für Europäische Grundrechte

F. (z.B. 2nd) Federal Reporter, (z.B. Second Series)

FAA Federal Arbitration Act

F. Supp. (z.B. 2nd) Federal Supplement, (z.B.) Second Series

Fordham I.L.J. Fordham Journal of International Law

FT(D) Financial Times (Deutschland)

Georgetown J. L. E. Georgetown Journal of Legal Ethics

German L. J. German Law Journal

GSt General Standard

Harvard Int´l L. J. Harvard International Law Journal

Harvard L. Rev. Harvard Law Review

Hdb. Handbuch

IBA Ethics 1987 IBA Ethics for International Arbitrators 1987

IBA Guidelines 2004 IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International

Arbitration 2004

I.B.L. International Business Law

ICCA International Council for Commercial

Arbitration

I.C.L.Q. International & Comparative Law Quaterly

ICSID Convention ICSID Convention on the Settlement of Investment

Disputes between States and Nationals of other States, 1

8. März 1965

ILA International Law Association

I.L.M. International Law Magazine

Int. A.L.R. International American Law Review

Int´l J. Comp. Labour L. &

Industr. Relations International Journal of Comparative Labour Law &

Industrial Relations

IPRG Schweizer Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht

Page 35: Interessenkonflikte in der Internationalen ... · Zuletzt danke ich Herrn Rechtsanwalt am BGH ... Schiedsrichter in eigener Sache zu sein ... Vermittlungsbemühungen und das schiedsverfahrensrechtliche

- XXIX -

International bedeutende Schiedsorganisationen:

AAA American Arbitration Association

(www.adr.org)

CIETAC China International Economic and Trade

Arbitration Commission (www.cietac.org)

DIS Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit

(www.dis-arb.de)

ICC International Chamber of Commerce

(www.iccwbo.org)

ICSID International Center for the Settlement of

Convention on the Settlement of Investment Disputes

(www.worldbank.org/icsid)

JCAA Japan Commercial Arbitration Association

(www.jcaa.or.jp)

LCIA London Court of International Arbitration

(www.lcia-arbitration.com))

SCC Swedish Chamber of Commerce

(www.chamber.se)

WIPO World Intellectual Property Organisation

(www.wipo.com)

ZCC Zurich Chamber of Commerce

(www.zurichcci.ch)

J. Journal

J. Comp. Int´l Arb. Journal of Comparative International Arbitration

JInt´lArb Journal of International Arbitration

J. L. & Com. Journal of Law & Commerce

J. Maritime L.C. Journal of Maritime Law and Commerce

L. Law

L.Q.R. Law Quaterly Review

Mealey´s Int´l Arb.Rep. Mealey´s International Arbitration Report

Michigan L. Rev. Michigan Law Review

NAI Netherlands Arbitration Institute

NCPC Nouveau Code de Procédure Civile

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- XXX -

NJW Neue Juristische Wochenschrift

NYC United Nations Convention on the Recognition and

Enforcement of Foreign Arbitral Awards, New York,

10.6.1958

(www.jus.uio.no/lm/un.arbitration.recognition.and.enfor

cement.convention.newyork.1958/portrait)

N.Y.U.L.Rev. New York Uniform Law Review

Ohio State J. D. R. Ohio State Journal of Dispute Resolution

PCA Permanent Court of Arbitration (The Hague)

PECL Principles of European Contract Law

PIL Private International Law

Rep. Report

Review Foreign Investment L.J. Review Foreign Investment Law Journal

RIW Recht der Internationalen Wirtschaft

SchO Schiedsordnung

S.L.R. Singapore Law Review

Stanford J. Int´l L. Stanford Journal of International Law

Sydney L. Rev. Sydney Law Review

Tax Cas Taxation Cases

Texas I.L.J. Texas International Law Journal

The Int´´l Lawyer The International Lawyer

Tulane L. Rev. Tulane Law Review

UNCITRAL United Nations Commission on International

Trade Law

UNCITRAL ML bzw. ML UNCITRAL Model Law on International

Commercial Arbitration, 21.6.1985

(www.jus.uio.no/sisu/un.arbitration.modellaw.1985/port

rait)

Unif. L. Rev. Uniform Law Review

Vanderbilt J.T.L. Vanderbilt Journal of Transnational Law

Verf. Verfasser

Vol. Volume

YBCA Yearbook of Commercial Arbitration, ICCA

Yale L.J. Yale Law Journal

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- XXXI -

ZEuP Zeitschrift der Europäischen Praxis

ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht

ZZP Zeitschrift für Zivilprozeß

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- XXXII -

Page 39: Interessenkonflikte in der Internationalen ... · Zuletzt danke ich Herrn Rechtsanwalt am BGH ... Schiedsrichter in eigener Sache zu sein ... Vermittlungsbemühungen und das schiedsverfahrensrechtliche

- XXXIII -

E n t s c h e i d u n g s v e r z e i c h n i s

Australische Entscheidungen:

- Gas & Fuel Corporation of Victoria v. Wood Hall (1978) VR 385

- Giustiniano Nominees Pty Ltd v. Minister for Works (1996) 16 W.A.R. 87

- Johnson v. Johnson (2000) 174 A.L.R. 655

- Mond and Mond v. Berger (2004) V.S.C. 45

- Ramadan v. NSW Insurance Ministerial Corporation (unreported, NSWCA, 7 April 1995)

- Webb v. The Queen (1996) 181 C.L.R. 41 (HCA)

Deutsche Entscheidungen:

- BGHZ 41, 104

- BGHZ 51, 79

- BGH, Urteil vom 5. November 1970 - VII ZR 31/69 = BGHZ 54, 392-400

- BGHZ 65, 59

- BGHZ 77, 65

- BGHZ 77, 70

- BGHZ 94, 92

- BGHZ 141, 90

- BGH NJW 1986, S. 3079

- BVerfGE 82, 30

- OLG Frankfurt a.M., IPrax 1982, 149

- OLG Frankfurt a.M., 28.1.1998 - 19 U 92/96

- OLG Köln, Beschluß vom 26.3.1996 (1 W 70/95), VersR 1996, S. 1125

- OLG Naumburg, Beschluß vom 19.12.2001 - 10 SchH 3/01, SchiedsVZ 2003, S. 134ff.

- RGZ 29, 319

- RGZ 33, 265

- RGZ 74, 321

- RGZ 145, 171

- RGZ 148, 1

- Schiedsgerichtsverfahren DIS-SV-217/02, IDR-Beilage 3 (= Beilage 8 zu BB 2003), S. 24ff.

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- XXXIV -

Englische Entscheidungen:

- AT & T v. Saudi Cable Co. (CA) (2000) Lloyd´s Rep. 127

- Burkett Sharp & Co. v. Eastcheap Dried Fruit Co. (unreported)

- Channel Tunnel Group and France Manche SA v. Balfour Beatty Construction:

(1993) A.C. 334; (1993) 2 W.L.R. 262; (1993) 1 All E.R. 664; 137 S.J.L.B. 36;

(1993) 1 Lloyd´s Rep. 291; 61 B.L.R. 1; 32 Con.L.R. 1; (1993) N.P.C. 8; The

Times, January 25, 1993, HL; affirming (1992) Q.B. 656; (1992) 2 W.L.R.

741; (1992) 2 All E.R. 609; 136 S.J.L.B. 54; 56 B.L.R. 23; (1992) 2 Lloyd´s

Rep. 7; 8 Const.L.J. 150; (1992) N.P.C. 7; The Times, January 23, 1992;

Financial Times, Januar 29, 1992, CA

- Cole Brothers Ltd. v. Phillips (1981) STC 671, 55 Tax Cas. 188

- Compagnie Europeene De Cereales S.A. v. Tradax Export S.A. (1986) (unreported)

- Coppée Lavalin v. Ken-Ren (1994) 2 W.L.R. 631

- Dredging and Construction Company Limited v. Delta Civil Engineering Co Ltd (No 2) 72

Con. L.R. 99A

- Enderby Town Football Club Ltd v. The Football Association Ltd (1971) Ch. 591

- Frome United Breweries Co. Ltd. v. Bath Justices (1926) A.C. 586

- Glencot Development and Design Co Ltd. v Ben Barrett & Son (Contractors) Ltd. (2001)

BLR 207, 13.2.2001

- Groundshire v. VHE Construction (2001) B.L.R. 395

- Harvey v. Sheldon, 1844, 7 Beav, 455

- Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmes Ltd. (1988) 1 All E.R. 348 (CA)

- Laker Airways Inc v. FLS Aerospace Ltd (1999) 2 Lloyd´s Rep. 45

- Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited (2000) Q.B. 451

- Merchants Marine Insurance Co. Ltd. v. North of England Protecting and Indemnity

Association (1926) 26 Ll.L.R. 201

- Metropolitan Properties Co (FGC) Ltd v. Lannon (1969) 1 Q.B. 577

- Mousaka Inc. v. Golden Seagull Maritime Inc. and others, (2002)1 W.L.R. 395

- North Range Shipping Ltd v. Seatrans Shipping Corp., (2002) 1 W.L.R. 2397

- O´Callaghan v. Elliot (1996) 1 Q.B. 601

- Omnium de Traitement et de Valorisation SA v. Hilmarton Ltd (1999) 2 Q.B. 222

- Perera (1962) 1 Ll.L.R. 267

- Porter v. Magill (2002) 2 A.C. 357

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- XXXV -

- Prince Jefri Bolkiah v. KPMG (1992) 2 A.C. 222

- Ranger v. Great Western Railway Co (1854) 2 HL Cas 72

- Re Clout and Metropolitan & District Railway Companies (1882) 46 LT 141

- Re Elliot and South Devon Railway Co (1848) 12 Jur 445

- Richardson v. Mellish (1824) 2 Bing. 228 = (1824-34) All E.R. 258

- R v. Barnsley Licensing Justices, ex parte Barnsley and District Licensed Victuallers´

Association (1960) 2 Q.B. 167

- R v. Bath Compensation Authority (1925) 1 K.B. 685

- R v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate Ex p. Pinochet Ugarte (No.1) (1998) 3

W.L.R. 1456 = (2000) 1 A.C. 61 (HL)

- R v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate, ex parte Pinochet Ugarte (no. 2)

(1999) 2 W.L.R. 272 = (2001) 1 A.C. 119 (HL)

- R v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate Ex p. Pinochet Ugarte (no. 3) (1999) 2

W.L.R. 827. = (2000) 1 A.C. 147 (HL)

- R v. Camborne Justices, ex parte Pearce (1955) 1 Q.B. 41

- R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646 (HL)

- R v. Land (1866) L.R. 1 Q.B. 230

- R. v. Spencer (1987) A.C. 128

- R v. Sussex Justices Ex p. McCarthy (1924) 1 K.B. 256

- Re an Arbitration between the owners of Steamship Catalina and the owners of Motor

Vessel Norma NV (KBD) (1938) 61 Ll. L. Rep. 360

- Sterndale v. Brine Builders (2001) (unreported)

- Taylor and another v. Lawrence and another (2002) 2 All E.R. 353 = (2003) Q.B. 528

- Three Rivers District Council v. Governor and Company of the Bank of England (No. 3)

(2000) 2 W.L.R. 1220

- Walford v. Miles (1992) 2 A.C. 208 (HL)

- Welex AG v. Rosa Maritime Ltd (the „Epsilon Rosa“) (2002) 2 Lloyd´s Rep. 81

EU-Spruchkörper:

EuGH:

- Eco Swiss China Time Ltd v. Benetton International NV, Case C-126/97, (1999) ECR I-

3055

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- XXXVI -

EComHR und EHRR/ECtHR:

- Albert and Le Compte v. Belgium, Application Nos. 7299/75 and 7496/76, decision of 10

February 1983, Series A-58, §35

- Bramelid and Malström v. Sweden, EComHR Application 8588, 8589/79, 12.12.1983 = 15

ASA Bulletin 99 (1997)

- Brogan and others v. United Kingdom, Judgment of November 29, 1988, Series A, No 145-

B, Applications 00011209/84; 00011234/84; 00011266/84; 00011386/85

- Bulut-Enscheidung, Judgment of 22 February 1996, Reports 1996-II, Vol. 5

- Deweer v. Belgium, Application NO. 6903/75, decision of 27 February 1980

- De Wilde Ooms and Versyp v. Belgium (No. 2) (1971) 1 EHRR 373; (1972) 1 EHRR 438

- Dombo Beheer B.V., Judgment of 27 October 1993, A.274

- Findlay v. United Kingdom (1997-I) Reports 198

- Hakansson and Struresson v. Sweden (1991) 13 EHRR 1

- Krombach, Case-7/98, Urt. v. 28.3.2000

- Lithgow and others v. United Kingdom (1986) 8 EHRR 329 (judgment dated 8 July 1986)

- Metropolitan Properties Co. (F.G.C.) Ltd. v. Lannon (1969) 1 Q.B. 577

- Nordström-Janzon and Nordström Lehtinen v. The Netherlands, Application No. 28101/95,

decision of 27 November 1966

- Oberschlick v. Austria (1991) 19 EHRR 389

- Osmo Suovaniemi and others v. Finland, Application No. 31737/96, decision of 23 February

1999

- R v. Switzerland (1987) 51 DR 83 = EComHR Application No. 10881/84

- Scarth v. United Kingdom, EComHR Application 33745/96, judgment dated 22 July 1999

(unreported)

- X v. Germany, Application No. 1197/61, decision of 5 March, 1962

Französische Entscheidungen

- Consorts Ury v. S.A. des Galeries Lafayette, Cass. 2e civ., Apr. 13, 1972, JCP, Ed.G.

- Excelsior Film TV, Srl v. UGC-PHOA, 24.3.1998, Cour de Cassation

- Fougerolle v. Procofrance, 25.5.1990, Rev. Arb. 1990, 892

- Republique de Cote d´Ivorie v. Norbert Beyrard, 12.1.1993, Rev. Arb. (1993), 685

- Société Cubic Defense Systems, Inc. v. Chambre de Commerce Internationale, September

15, 1998, Cour d`appel de Paris, 1re Ch. A, 12 Rev. Arb. 103 (1999)

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- XXXVII -

- Société des Services Contractuels des Messageries maritimes c/ Comité de la Bourse

d´Amsterdam et Mouren, Cour d´appel de Paris, 24.4.1940, Recueil Sirey

1942, 2, S. 29ff.

HongKong-Entscheidungen

- China Nanhai Oil Joint Services Corporation v. Gee Tai Holdings Co. Ltd., 8. Supreme

Court of Hong Kong, High Court, 13 July 1994, No. MP 2411, per Kaplan J, XX

YBCA (1995), S. 671-680

- Hebei Import and Export Corporation v. Polytek Engineering Co. Ltd (1999) 2 HKC 205

Italienische Entscheidungen

- Milan Court of Appeal, 4.12.1992, YBCA XXII (1997), S. 725

Neuseeländische Entscheidungen

- Bell v. Disciplinary Committee of the Pharmaceutical Society of New Zealand High Court,

Wellington, CP265/00, 8/12/00

- Carver v. Law Society of New South Wales (1997) 43 NSWLR 71(CA)

- Clenae Pty Ltd v. Australia & New Zealand Banking Group Ltd (1999) 2 VR 573 (CA)

- Glencot Development and Design Co Ltd v. Ben Barret and Son (Contractors) Ltd (2001)

B.L.R. 207

- Golden Valley Golf Course Ltd v. British Columbia (2001) 200 DLR (4th) 248 (BCCA)

- Lawrence v. R Courts Material Appeal Court, AP84-SW00, 29/8/01

- Man o´ War Station Ltd v. Auckland City Council (2001) 1 NZLR 552 (CA)

- Riverside Casino Ltd v. Moxon (2001) 2 NZLR 78 (CA)

- O´Conner v. Thaico High Court, Christchurch, CP119/99, 11/11/99

- T v. Wellington Newspapers Ltd High Court, Wellington, CP11/02, 22/1/02

Niederländische Entscheidungen

- Republic of Ghana v. Telekom Malaysia Berhard, Case No. HA/RK 2004, 667, 18 October

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- XXXVIII -

2004 (bestätigt durch Republic of Ghana v. Telekom Malaysia Berhard, Case No.

HA/RK 2004, 778, 5 November 2004)

Schwedische Entscheidungen

- Svea Court of Appeal Case, No. ÖÄ 7914-01 (23.11.2003)

Schweizer Entscheidungen

- ATF I. SA v. V, 9.2.1998, ASA Bulletin (1998), S. 634ff.

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- Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines on Impartiality,

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- Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines on Conflicts

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- 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International

Arbitration, 28th January, 2004

- Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines on Conflicts of Interest in

International Arbitration, 30th April, 2004

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- Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines on Conflicts of Interest in

International Arbitration, 15th May, 2004

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- an die Working Group, 3. Juli 2003, Betreff: Conflicts of Interest

Hwang, Michael

- an die Working Group, 13. Februar 2004, Betreff: RE: Conflicts

- an die Working Group, 28. Juni 2004, Betreff: Conflicts

Jones, Doug:

- an die Working Group, 29. Mai 2004, Betreff: RE: conflict

Landau, Toby:

- an die Working Group, 17. Mai 2004, Betreff: Re: conflicts

Marriott, Arthur

- an Otto de Witt Wijnen, 7. Februar 2004, Betreff: Draft of 28th January, 2004

Sachs, Klaus

- an die Working Group, 26. Juni 2003

Voser, Nathalie

- an die Working Group, 7. August 2002, Betreff: Status of the Project and reminder

for missing Reports

- an die Working Group, 11. September 2003, Betreff: IBA Guidelines on Conflict of

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- an die Working Group, 8. April 2003, Betreff: Proposition of the task force “Waiver

of Black list Situations” and General Standard 5

Wijnen, Otto de Witt

- an die Working Group, 28th February 2003, Betreff: List of Principle Points

- an die Working Group, 5. März 2003, Betreff: Conflicts working group

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- an die Working Group, 17. Mai 2004, Betreff: Re: Conflicts

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- England, 28 June 2002, (John Beechey)

- France, 9 July 2002, (Emmanuel Gaillard)

- Germany, May 8 bzw. June 24, 2002, (Klaus Sachs bzw. Hilmar Raeschke-Kessler)

- Mexico, June 24, 2002, (Emilio G. Castilla)

- Netherlands, 3 June 2002, (Otto de Witt Wijnen)

- New Zealand, August 2002, (David Williams)

- Singapore, 24 June 2002, (Michael Hwang)

- Sweden, 6 May 2002, (Tore Wiwen-Nilsson)

- Swiss, 10 May bzw. 26 June 2002, (Nathalie Voser bzw. dieselbe/Gabrielle

Kaufmann-Kohler)

- USA, 27 June 2002, (James H. Carter und David W. Rivkin)

Addenda der National Reports (zit.: Name, National Report Addendum Land):

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- Germany, July 8, 2002, (Hilmar Raeschke-Kessler)

- Singapore, 26 July 2002, (Michael Hwang)

- Sweden, June 19 / 2 July 2002, (Tore Wiwen-Nilsson)

- Swiss, 22 July 2002, (Nathalie Voser und Gabrielle Kaufmann-Kohler)

- USA, July 22, 2002, (James H. Carter und David. W. Rivkin)

Notes:

- 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels (durch Voser, Nathalie (9 April / 2 May 2002))

- 2nd Meeting, 14th May, 2002, London

- Conference Call, 1st July, 2002

- Session on Ethics in Arbitration, Durban Conference, October 21, 2002

- 3rd Meeting, Durban, October 22, 2002

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- List of Principle Points, 28th February 2003

- Conference Call, 12th March 2003

- 4th Meeting, Tylney Hall, England, May 9 and 10, 2003

- Conference Call, 11th July, 2003 (vorbereitet durch Discussion Paper, July 9, 2003)

- 5th Meeting, 2 January 2004

Schriftwechsel:

- 20th May 2003, David Brynmor Thomas an Otto de Witt Wijnen, Stichwort: An

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- 23 May 2003, Otto de Witt Wijnen´s Antwort

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- 1 -

Einleitung

Bereits 1963 hat Heinrich Kronstein unter Bezugnahme auf die private Schiedsgerichtsbarkeit

des anglo-amerikanischen Rechtskreises festgestellt, was die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit heute, mehr als 40 Jahre später, für sich weltweit beanspruchen kann:

„Arbitration is power“1. Die aktuellen Jahresberichte der etablierten internationalen

Schiedsinstitutionen unterlegen die Gültigkeit dieser Feststellung in beeindruckender Weise -

sei es bezogen auf den Bestand oder Neuzugang von Schiedsverfahren, die Vielfalt der

beteiligten Jurisdiktionen, der Nationalitäten der Schiedsparteien und Schiedsrichter, des

anwendbaren Rechts, der zugrundeliegenden Vertragstypen, oder auch auf die Bandbreite der

Wahl des Schiedssitzes („seat of the arbitration“) oder einfach nur auf die Höhe der

Streitwerte2. Spätestens seit der Empfehlung der UNO-Vollversammlung in 19853, das

UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration (ML)4 bei der Erarbeitung,

Überarbeitung und Verabschiedung nationaler Schiedsgesetze zu berücksichtigen bzw. es

teilweise oder vollständig zu rezipieren, und im Rahmen nachfolgender Gesetzesinitiativen

zahlreicher Jurisdiktionen aller Erdteile5 scheint sich das Konzept nicht-staatlicher

Streitentscheidungsmechanismen endgültig weltweit durchgesetzt zu haben. Jüngst haben

Japan6 und Spanien7 das ML rezipiert, das österreichische Schiedsrecht wird ebenfalls einer

am ML ausgerichteten Reform unterzogen8. Entwicklungs- und Schwellenländer, häufig

Vertragspartner anglo-amerikanischer und kontinental-europäischer Unternehmen im Rahmen 1 Kronstein, N. Y. U. L. Rev. 38 (1963), 661, 699; zur Übertragbarkeit dieser Feststellung auf die damaligen deutschen Verhältnisse vgl. Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 1f. 2 So für 2003 z.B. ICC: Statistical Report, 15 ICC Bulletin 1 (2004), 7-15 (auch unter www.iccwbo.org); LCIA: Director-General´s Review, 9 LCIA News 1 (2004), 2-4 (auch unter www.lcia-arbitration.com); SCC: Annual Report, Stockholm Arbitration Newsletter 2/2003, S. 3 (auch unter www.sccinstitute.com); AAA: Annual Report bzw. Service Report (auch unter www.adr.org). 3 General Assembly Resolution 40/72, 40 GAOR Supp. No. 53, A/40/53, p. 308 (adopted 11 December 1985); s. auch Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 1. 4 Vom 21.6.1985, UN-Doc. GA A/40/17, Annex 1, in: ICCA Handbook, Binder No. IV, unter dem Stichwort „UNCITRAL“; auch bei Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, Anhang 3/4, S. 404ff. 5 S. aktuelle Übersicht der Länder, die das ML rezipieren wollen bzw. bereits rezipiert haben, unter www.uncitral.org; ebenso Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act 1999, S. 1, Fn. 4, abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/artikelarkiv/report_sekolec.pdf; s. auch Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 417ff., Rdn. 7ff.; Gottwald, Generalbericht, S. 11-14. 6 Arbitration Act Japan 2004, am 1. März 2004 in Kraft getreten; eine englischsprachige Version ist unter www.kantei.go.jp/foreign/policy/sihou/arbitrationlaw.pdf abrufbar. 7 Arbitration Act Spain 2003 (Arbitration Law 60/2003), verabschiedet am 1. Dezember 2003, am 23. Dezember 2003 in Kraft getreten; eine kurze Einführung bringt Abadía, Arbitration Law in Spain, in: Pannone Law Group, Arbitration and Dispute Resolution Bulletin (Winter 2004), S. 2 (abrufbar unter http://www.plg.eu.com/ftp/en/newsletters/plgnewsletterarbitrationwinter2004.pdf); s. auch Bühring-Uhle, Das neue Spanische Schiedsgerichtsbarkeitsgesetz, 88 ZVerglRWiss (1989), 287ff. (allerdings zur vorhergehenden Reformierung des spanischen Schiedsrechts). 8 Vgl. die Kommentierung des Reformvorhabens durch Liebscher, SchiedsVZ 2003, 65ff.; aktuell Zeiler, Significant Arbitration Changes on the Horizon, abrufbar unter www.internationallawoffice.com/ld.cfm?r=10935&i=1047451 (das neue Schiedsrecht wird voraussichtlich mit Wirkung zum 1. Januar 2006 in Kraft treten).

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von Großanlage-, Infrastruktur- und Kommunikationsprojekten, haben sich dieser

Entwicklung mit eigenen nationalen Schiedsgesetzen und der Gründung institutioneller

Schiedsorganisationen geöffnet9. Nicht zuletzt die über die New York Convention 1958

(NYC 1958)10 eröffneten, weltweiten Vollstreckungsmöglichkeiten11 führen dazu, dass

internationale Handels- und Wirtschaftsvereinbarungen jeglicher Größenordnung inzwischen

regelmäßig Schiedsklauseln enhalten12; das hat in der Folge zu einer stetig wachsenden

Akzeptanz der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit an sich geführt. Ob

Schiedsgerichte im internationalen Wirtschaftsverkehr jedoch tatsächlich bereits die

„primären Organe der Streitschlichtung und Streitentscheidung“ sind13, kann dahinstehen,

weil sich zumindest Eines deutlich zeigt: Die internationale (Wirtschafts-

)Schiedsgerichtsbarkeit ist selbst zu einem eigenen Markt mit einem klassischen

Anbieterwettbewerb und so zu einer Wachstumsindustrie geworden14. Dieser Markt wird

weiter in dem Verhältnis wachsen, in dem globaler Wirtschaftsverkehr zunimmt15. Diese

Entwicklung kann einerseits positiv gesehen werden, weil mit ihr ein

Streitentscheidungsmechanismus Verbreitung findet, der vom internationalen

Wirtschaftsverkehr selbst begründet und in Jahrtausende andauernder Praxis der Ausweitung

einer nunmehr globalen Marktwirtschaft Vorschub geleistet hat16. Mit sich gebracht hat dieses

Wachstum andererseits aber auch, dass internationale Schiedsverfahren ihre Aura gütiger

Streitentscheidung im kleinen Kreis ehrwürdig ergrauter Schiedsrichter-Eminenzen verloren

9 Mit zahlreichen Beispielen Gottwald, Generalbericht, S. 14-19. 10 United Nations Convention on the Recognition and Enforcement for Foreign Arbitral Awards, New York 10 June 1958 (NYC 1958), englischsprachige Version abrufbar unter www.jus.uio.no/lm/un.arbitration.recognition.and.enforcement.convention.newyork.1958/portrait; s. zum Beitritt Deutschlands das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958, BGBl. II 1961, S. 122, (UNÜ). 11 Vgl. zum aktuellen Stand derjenigen Länder, die die NYC 1958 bereits rezipiert haben bzw. rezipieren wollen, www.un.org.at/uncitral/english/status/index/htm; dazu auch BT-Drucks. 13/5274 vom 12.7.1996, S. 24f. 12 Verlässliche statistische Daten sind aufgrund chronischer Nichtöffentlichkeit und Vertraulichkeit der Schiedsverfahren zumindest nicht öffentlich zugänglich - allerdings wagen van den Berg/van Delden/Snijders, Netherlands Arbitration Law, S. 122, Stumpf/Steinberger, S. 174, und Berger, Parteiautonomie RIW 1994, 12f., eine Schätzung von ca. 90%. 13 So, nach eigener Einschätzung „mit etwas Übertreibung“, Gottwald, Generalbericht, S. 126. 14 So zu Recht Kerr, in: Liber Amicorum Lord Wilberforce, S. 111, 128; Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 7; Thirgood, 21 JInt´lArb 4 (2004), 341, 349; kritisch Blessing, Introduction to Arbitration, Rdn. 324 (auch abrufbar unter http://www.baerkarrer.ch/Publications/1010/4_3_10.pdf). 15 Zutreffend die bildliche Umschreibung dieses zwingenden Zusammenhangs durch Hunter, 16 ArbInt 4 (2000), 379, 386: „This follows as night follows day.“. 16 Eingehend zur Bedeutung privater Schiedsgerichtsbarkeit im römischen Recht Ziegler, Das private Schiedsgericht im antiken römischen Recht, 1971; vgl. auch Holdsworth, History of English Law, Vol. XIV, S. 187; Pathak, in: ICCA Congress Series No. VIII, S. 173; Schottelius, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S. 17-22; Mustill, 6 JInt´lArb 2 (1989), 43ff.

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haben17. Internationale Schiedsrichter müssen sich Parteien stellen, die eine Ausurteilung

ihres Streits idealerweise in einem von allen Seiten fair geführten Verfahren erreichen sollten,

schlimmstenfalls jedoch meinen, das Verfahren als taktischen Mechanismus missbrauchen zu

können: Der Streitwert eines internationalen Schiedsverfahrens ist aufgrund des

typischerweise zugrundeliegenden Streitgegenstands regelmäßig bedeutend18; zu solch

direkten finanziellen Interessen treten häufig weitere Überlegungen der Parteien hinzu, so z.B.

politische und ökonomische im Falle der Beteiligung von Staaten oder staatennaher

Organisationsformen, insbesondere im Rahmen von Investitions(schutz)streitigkeiten19, oder

auch eine (Neu-)Positionierung innerhalb eines Dauerschuldverhältnisses20. Letztlich zeigt

sich so, dass die internationale (Wirtschafts-)Schiedsgerichtsbarkeit nicht um ihrer selbst

willen existieren kann, sondern den Anforderungen der sie überwiegend nutzenden Praxis

einer global aktiven Wirtschaftsgemeinschaft genügen muß: Das sollte allen

Verfahrensbeteiligten, Schiedsrichtern und Schiedsparteien sowie deren Interessenvertretern,

stets bewusst sein21.

Vor diesem Hintergrund analysiert die vorliegende Untersuchung bereits etablierte und jüngst

erarbeitete Mechanismen, die aufzeigen, auf welchem Wege Interessenkonflikte in einem

internationalen Schiedsverfahren vermieden bzw. bewältigt werden können22: Diese Arbeit

beschäftigt sich mit Fragen, die sich aus Beziehungen und Verflechtungen zwischen

(prospektiven) Schiedsrichtern einerseits und den Schiedsparteien bzw. ihren

Interessenvertretern andererseits sowie dem Streitgegenstand im weitesten Sinne ergeben. Für

die Beurteilung dieser Fragen ist ein Bündel von Mechanismen maßgeblich, die erst mit ihrem

Ineinandergreifen eine zunehmend reibungslosere Gestaltung von Schiedsverfahren auf 17 In diesem Sinne Hunter, 53 Arbitration (1987), 219, 220 li.Sp., der bereits 1987 eine „new generation, who have participated in the development of the combative style of arbitration“ erkennt und feststellt, dass „arbitration is no longer a gentlemanly and somewhat academic exercise following which all concerned shake hands and walk away with smiling faces”. 18 Vgl. zur Übersicht der Bandbreite von Streitwerten in internationalen Schiedsverfahren z.B. vor der ICC den 2003 Statistical Report, 15 ICC Bulletin 1 (2004), S. 14 (Daten vorheriger Jahrgänge sind abrufbar unter www.iccwbo.org (Stichwort: Statistical Report)); vor dem LCIA: Director-General´s Review, 9 LCIA News 1 (2004), S. 3 (Daten vorheriger Jahrgänge sind abrufbar unter www.lcia-arbitration.com (Stichwort: Director-General´s Review)); für ein praktisches, alltägliches Beispiel s. Peter, Arbitration of Mergers and Acquisitions: Purchase Price Adjustment Disputes, 19 ArbInt 4 (2003), 491ff. 19 S. hierzu die ICSID Convention, 18. März 1965, in Kraft getreten am 14. Oktober 1966, abrufbar unter www.lexmercatoria.org (Stichwort: ICSID Convention); mittlerweile ist ihre Schiedsklausel standardmäßiger Bestandteil von mehr als 2.000 bilateralen Investitionsschutzabkommen, s. dazu eine Übersicht unter www.worldbank.org/icsid/ (Stichwort: BITs). 20 Hunter, 16 ArbInt 4 (2000), 379, 382. 21 Vgl. zu den Herausforderungen, denen sich die internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit im 21. Jhrdt. stellen muß, Hunter, 16 ArbInt 4 (2000), 379ff. 22 Allgemein zu dieser Thematik auch ASA Special Series No. 18, July 2001, Conflicts of Interest in International Commercial Arbitration, Conference in Zurich of January 26, 2001, kostenlos beziebar über www.arbitration-ch.org bzw. email: [email protected].

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internationaler Ebene gewährleisten können: Es sind dies Offenlegungs-, d.h.

Nachforschungs- und Informationspflichten, die Ausgestaltung des schiedsparteilichen

Ablehnungs- und Aufhebungsrechts sowie die Aufgabe bzw. der Verlust des

schiedsparteilichen Rügerechts durch Verzicht bzw. Präklusion. Man kann die Problematik

von Interessenkonflikten nur im Kontext unserer heutigen Zeit analysieren, da die

Vermeidung und Lösung solcher Konflikte den betroffenen Verfahrensbeteiligten und der

Wirksamkeit der Schiedsgerichtsbarkeit an sich und nicht lediglich akademisch-theoretischer

Selbstverwirklichung dienen soll23. So wird die vorliegende Arbeit durchgängig von der

pragmatischen Erkenntnis geprägt, dass insbesondere ein internationales Schiedsverfahren

dem Einfluß des gesamten Repertoires menschlicher Stärken, im Kontext des zu

behandelnden Themas aber vor allem menschlicher Schwächen wie insbesondere mangelnder

Fairness24, Arroganz, Ignoranz, Neid, Betrug, oder schlichter Gleichgültigkeit unterliegt;

hinzu tritt der Einfluß faktischer, z.B. unaufschiebbarer und einschneidender betrieblicher

Veränderungen, die zu Umstrukturierungstätigkeiten oder Übernahmen führen. Obgleich die

Untersuchung ihren Schwerpunkt auf die Behandlung von Interessenkonflikten im

internationalen Kontext legt, werden nationale Schiedsverfahrensnormen de lege lata

zwingend berücksichtigt werden müssen: Denn letztendlich ist zu überlegen, wie sich

Beziehungsgeflechte zwischen Schiedsrichtern auf der einen und Schiedsparteien und deren

Interessenvertretern auf der anderen Seite auf die Anerkennung und Vollstreckung eines

Schiedsspruchs durch nationale, staatliche Gerichte auswirken. Für den Praktiker formuliert

sich die ganze Problematik schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen dadurch in das

Primat des endgültigen und vollstreckbaren Schiedsspruchs: Dieses Ziel zu verwirklichen, ist

Aufgabe und Pflicht aller Verfahrensbeteiligten - auch der Schiedsparteien und ihrer

Interessenvertreter25.

23 „International Arbitration has made many converts around the world, not because people have become more idealistic, but because the mechanism has proved itself to be beneficial. There is nothing good about arbitration in and of itself. It is a means to an end - perhaps many ends.”, so Paulsson, in: ICCA Congress Series No. VIII, S. 237, 238. 24 Einleitend zu diesem Begriff der Duden, Fremdwörterbuch, Band 5, 7. Auflage, 2001 - Fairness: gerechtes, anständiges Verhalten (im Geschäftsleben); ehrliche Haltung anderen gegenüber; s. auch ergänzend die 3. (Vorgänger-)Auflage, 1974 - Fairneß: Unparteilichkeit des Schiedsrichters. 25 Insofern soll der Arbeitstitel der „Interessenkonflikte in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit“ auch wortwörtlich verstanden werden - diese Konflikte, die auf Verflechtungen der Beteiligten im weitesten Sinne gründen, sind nicht vor allem ´schiedsrichterliche´ Konflikte; ganz im Gegenteil, zunächst einmal muß die Schiedsrichterbank als Ausdruck des Willens der Schiedsparteien gesehen werden; insofern wird von ´schiedsrichterlichen´ Interessenkonflikten oder -verflechtungen nur deshalb durchgängig gesprochen, weil diese sich nach außen hin an der Person eines Schiedsrichters aufhängen: Entweder lehnt sich in der Praxis ein Schiedsrichter selbst ab bzw. tritt zurück oder aber stellen die Schiedsparteien Ablehnungs- bzw. Aufhebungsanträge, die mit einem ´Mangel´ in seiner Person im weitesten Sinne begründet werden.

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Diese Arbeit ist in fünf Teile gegliedert: Der 1. Teil gibt den derzeitigen Stand der Diskussion

um die Behandlung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen in mehreren, für die

internationale (Wirtschafts-)Schiedsgerichtsbarkeit bedeutenden Jurisdiktionen dreier

Kontinente (Vereinigte Staaten von Amerika, Schweiz, Frankreich, England, Schweden,

Australien, Neuseeland und Deutschland) und innerhalb international aufgestellter

Schiedsorganisationen wider. Im 2. Teil wird der Ursprung der internationalen (Wirtschafts-

)Schiedsgerichtsbarkeit und damit zugleich der Ursprung eines jeden Interessenkonflikts

analysiert: Die Herleitung und inhaltliche Bestimmung der Grundsätze der Parteiautonomie

und der Fairness und ihre Wechselwirkungen im Rahmen internationaler Schiedsverfahren

bilden hier den Schwerpunkt. Der 3. Teil entwickelt auf Grundlage der Koexistenz dieser

beiden Grundsätze ein schiedsverfahrensrechtliches Ethos, das jedes grenzüberschreitende

Schiedsverfahren durchdringen muss, und seine ansatzweise Verwirklichung durch ein

Projekt der International Bar Association (IBA), die sog. IBA Guidelines on Conflicts of

Interest in International Arbitration 2004 (IBA Guidelines 2004)26. Im 4. Teil wird eine

Verortung dieses neuen Regelungswerks im nationalen und internationalen Normengefüge

vorgenommen und werden seine tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten zugunsten der

schiedsverfahrensrechtlichen Praxis analysiert. Die Arbeit schließt im 5. Teil mit einem

Ausblick auf die zukünftige Behandlung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen auf

Grundlage der Ergebnisse des 1. bis 4. Teils.

Die Untersuchung wird aufzeigen, wie sehr die internationale (Wirtschafts-

)Schiedsgerichtsbarkeit auf eine vernunftbezogene Verfahrensgestaltung durch die

Schiedsparteien, ihre Interessenvertreter und die Schiedsrichter angewiesen ist und dass die

IBA Guidelines 2004 einem bislang eher konturlosen Ethos dieser Beteiligten erstmals Leben

einhauchen können. Die Arbeit nimmt u.a. auf deutsches Recht bezug, soweit sie sich mit

unterschiedlichen Konzepten der Merkmale der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit in

einzelnen Jurisdiktionen beschäftigt. Im Übrigen soll sie jedoch eher Brücke zwischen diesen

Jurisdiktionen einerseits und den IBA Guidelines 2004 andererseits und damit ein Baustein in

der dringend benötigten Harmonisierung schiedsrichterlicher und -parteilicher Offenlegungs-

und Ablehnungsstandards werden.

26 Durch die IBA am 22. Mai 2004 verabschiedet; die englischsprachige Version ist abrufbar unter www.ibanet.org/pdf/InternationalArbitrationGuidelines.pdf; s. zusätzlich auch die erläuternden Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433-458, der verantwortlichen IBA Working Group des Committee D on Arbitration and ADR (auch kostenlos abrufbar unter www.ibanet.org/pdf/BackgroundInformation.pdf); allgemein zu dieser IBA Initiative Voser, SchiedsVZ 2003, 59ff.

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1. Teil:

Stand der Diskussion zur Bewältigung von Interessenkonflikten in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit

“I cannot define it but I know it when I see it.”27.

Als Justice Potter Stewart diese Feststellung im Rahmen seines Versuchs traf, die Begriffe der

Obszönität bzw. Pornographie aus US-amerikanischer Sicht zu definieren, konnte er nicht

damit rechnen, dass sich Schrifttum und Rechtsprechung zur internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit seiner Worte bedienen würden, um ihrer Hoffnungslosigkeit Ausdruck

zu geben, einen praktisch handhabbaren und weltweit anerkannten Prüfungsmaßstab für die

Vermeidung und Bewältigung von Interessenverflechtungen zwischen Schiedsrichtern28

einerseits und beteiligten Schiedsparteien, deren Interessenvertretern und dem

Streitgegenstand andererseits zu formulieren29. Die Entwicklung eines solch universal

anerkannten Maßstabs wird jedoch erforderlich sein, weil der grenzüberschreitende

Wirtschaftsverkehr regelmäßig Streitigkeiten zwischen den beteiligten Parteien mit sich

bringt, sozusagen als „typisches Nebenprodukt“30; sind solche Auseinandersetzungen

absehbar oder schon eingetreten, verhärten sich die Verhandlungsfronten der Parteien: Statt

einvernehmlich eine Lösung zu finden, konzentrieren sie ihre Kräfte darauf, die eigene

Ausgangsposition für eine streitige Entscheidung bestmöglich zu gestalten - und dabei scheint

sich ihnen als wirksames Betätigungsfeld geradezu aufzudrängen, einem Schiedsrichter

Verflechtungen mit den (anderen) Verfahrensbeteiligten oder dem Streitgegenstand im

weitesten Sinne vorzuwerfen.

27 Jacobellis v. Ohio, 378 U.S. 184, 197 (1964) per Potter Stewart J, der zu erklären versucht, wann eine „erotic expression“ pornographischen Inhalts nach US-amerikanischen Recht nicht mehr vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt ist: Streitgegenstand war ein Film von Louis Malle („le amants“) über eine Frau in einer unglücklichen Ehe; vgl. auch Gewirtz, 105 Yale L.J. (1996), 1023; ähnlich die englische Rechtsprechung in Merchants Marine Insurance Co. Ltd. v. North of England Protecting and Indemnity Association (1926) 26 Ll.L.R. 201, 203 per Scrutton LJ, der darüber befand, dass ein Schwimmkran kein „ship or vessel for purposes of insurance policy“ war und sich dabei erläuternd auf das Bild des Gentleman bezog „who could not define an elephant but knew what it was when he saw one.“; ebenso O´Callaghan v. Elliot (1996) 1 Q.B. 601, und auch Cole Brothers Ltd. v. Phillips (1981) STC 671, 55 Tax Cas. 188. 28 Der sprachlichen Einfachheit halber wird im Folgenden vom Schiedsrichter bzw. Vorsitzenden oder Präsidenten gesprochen; gemeint sind dabei jeweils der Schiedsrichter und die Schiedsrichterin, bzw. der Vorsitzende / Präsident und die Vorsitzende / Präsidentin. Damit eingeschlossen sind, wiederum der sprachlichen Einfachheit halber, auch noch nicht förmlich ernannte Schiedsrichter, also Personen, die im Hinblick auf die Ernennung zum Schiedsrichter kontaktiert wurden (sogenannte prospektive Schiedsrichter). 29 Marriott, ASA Special Series No. 18, S. 25, 31; Aksen, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 55; Hunter, 53 Arbitration (1987), 219, formuliert ähnlich: “In those days it would not have occurred to any of us even to think about the question of ethics of the arbitrators.”. 30 Thirgood, 21 JInt´lArb 4 (2004), 341.

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Nachfolgend werden unter A. der Begriff des Interessenkonflikts und die Gründe für seine

besondere Relevanz im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr analysiert. Unter B. wird

dann der für die Beurteilung und Behandlung von Interessenkonflikten bislang überwiegend

durch das ML vorgegebene Prüfungsmaßstab untersucht und analysiert, inwieweit seine

Mechanismen zur Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen durch

verschiedene Jurisdiktionen und internationale Schiedsorganisationen rezipiert und

fortentwickelt worden sind. Es wird sich zeigen, weshalb die ansonsten für internationale

Schiedsverfahren gewünschte Flexibilität und Vielfalt der Lösungsansätze im Bereich der

Bewältigung von Interessenkonflikten eher hinderlich zu werden droht und im schlimmsten

Fall zum Kollaps des Schiedsverfahrens führen kann. Der Ruf nach Harmonisierung wird

vernehmbar lauter.

A. Interessenkonflikte: Terminologie, Ursachen und Auswirkungen

I. Der Begriff des „Interessenkonflikts“ als Sammelbegriff

Das Ziel eines Schiedsverfahrens, die zügige und ökonomische Lösung einer

Auseinandersetzung, wird letztlich nur über einen die Verfahrensbeteiligten endgültig

bindenden Schiedsspruch erreicht. De lege lata gewähren nationale Schiedsverfahrensgesetze

diese Sicherheit dadurch, dass sie internationale Schiedssprüche regelmäßig anerkennen und

für vollstreckbar erklären; lediglich dann, wenn diese das Ergebnis eines grundlegend

unfairen Verfahrens sind, verweigern sie sich. Weil ein Schiedsspruch abschließende und

einem Urteil gleichgestellte Rechtswirkungen entfaltet, müssen Schiedsrichter ihre

Entscheidung allein aufgrund des Sach- und Beweisvortrags treffen; den Schiedsparteien

obliegt es, den entscheidungserheblichen Sach- und Beweisvortrag vorzutragen.

Obgleich bereits diese nüchterne Aufgabenverteilung innerhalb eines Schiedsverfahrens

Gewähr für seinen reibungslosen Ablauf sein könnte, wurde und wird es - bewusst oder

unbewusst - dadurch behindert, dass Beziehungen und, weitergehend, Verflechtungen

zwischen den Verfahrensbeteiligten untereinander und im Hinblick auf den Streitgegenstand

bestehen. Da entsprechende empirische Untersuchungen noch in ihren Kinderschuhen

stecken31, kann nur auf die veröffentlichten Zahlenwerke z.B. der American Arbitration

31 Zu diesem “schwarzen Loch” der internationalen (Wirtschafts-)Schiedsgerichtsbarkeit kritisch, aber dennoch konstruktiv, Drahozal, Of Rabbits and Rhinoceri: A Survey of Empirical Research on International Commercial Arbitration, 20 JInt´lArb 1 (2003), 23: “For too long perceptions about international commercial arbitration have been driven by anecdotes. Much of our understanding of what happens in arbitration proceedings is based on anecdotal sources of information, such as reported court cases, published arbitral awards, and attorney “war stories”. The problem with anecdotes, of course, is that it is difficult to evaluate whether the event described is

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Association (AAA), der International Chamber of Commerce (ICC), dem London Court of

International Arbitration (LCIA) oder der Swedish Chamber of Commerce (SCC)

zurückgegriffen werden32. Daraus ergibt sich, dass die Anzahl der initiierten

Ablehnungsverfahren im Verhältnis zur Gesamtanzahl der anhängigen und eingehenden

Schiedsverfahren gering und die der erfolgreich, d.h. mit der Wirksamkeit der Ablehnung

eines Schiedsrichters, abgeschlossenen Ablehnungsverfahren verschwindend gering ist33: So

musste z.B. die SCC zwischen Januar 1999 und Juni 2003 bei 689 Neueingängen nur 13

Ablehnungsanträge vermelden, von denen nur einer erfolgreich, also wirksam gewesen ist34.

Ähnlich sieht es bei der ICC aus, die zwischen 1993 und 2003 bei jährlich durchschnittlich

484 Neueingängen im Schnitt 20 Ablehnungsanträge zu verzeichnen hatte, von denen jeweils

nur durchschnittlich zwei tatsächlich bestätigt wurden.

Der Verfasser schließt sich nicht der weithin vertretenen, mangels aussagefähiger,

empirischer Statistiken aber mit Vorsicht zu sehenden Feststellung an, dass die Zahl der

Ablehnungsanträge im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit stetig steigt35. Man

sollte vielmehr daran arbeiten, dass solche Anträge mangels Ursache die Ausnahme werden

und jeglicher Anreiz einer dadurch hervorgerufenen Verfahrensverzögerung oder noch

weitergehenden Verfahrensbeeinflussung beseitigt wird. Um das zu erreichen, muss eine

tiefsitzende Unsicherheit bei Schiedsrichtern darüber beseitigt werden, welche Beziehungen

und Verbindungen zu den Schiedsparteien, ihren Interessenvertretern und dem

Streitgegenstand offenzulegen sind, damit sie über den weiteren Verlauf des Verfahrens eine

informierte Entscheidung treffen können36. Gleichermaßen muss man die Schiedsparteien

daran erinnern, dass ihre eigene Verfahrensgestaltung darüber bestimmt, ob ihre

typical or atypical, frequent or infrequent, ordinary or extreme.”; insbesondere Drahozal´s Ausführungen zur “Congnitive Psychology and Arbitral Decision-Making” sind für die vorliegende Arbeit sehr informativ, ders., ebenda, S. 32f.: “An important future area of empirical research on international commercial arbitration would be to extend these experimental studies to arbitral decision-making. To what extent are international arbitrators subject to cognitive biases?”. 32 Jeweils abrufbar unter www.adr.org (AAA), www.iccwbo.org (ICC), www.lcia.com (LCIA) und www.sccinstitute.com (SCC). 33 So auch Whitesell, ASA Special Series No. 18, S. 57, 61. 34 S. SCC Annual Report 2003, S. 1f., und den Arbitration Newsletter 1/2004 (jeweils abrufbar unter www.sccinstitute.com); vgl. auch Öhrström, Decisions by the SCC Regarding Challenge of Arbitrators (1999-2002), Stockholm Arbitration Report 2002:1; S. 35, 38 (auch abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/artikelarkiv/marie_sar_2002_1.pdf); Zahlenwerke für 1995-1999 besprechen Johannsson, Stockholm Arbitration Report 1999:2, S. 183-191 (bestellbar unter www.sccinstitute.com), und für 1987-1997 (25 Ablehnungsanträge, davon 4 stattgegeben) Magnusson, Stockholm Arbitration Newsletter 2/2004, S. 2 (auch abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/newsletter/newsletter_2_2004_eng.pdf). 35 So aber z.B. Marriott, IDR 3, S. 2; Tupman, 38 I.C.L.Q. (1989), 26ff.; Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 138; Winstanley, 4 LCIA News 4 (2002), 23f. 36 So IBA Guidelines 2004, Introduction No. 1.

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Auseinandersetzung zügig und erfolgreich, d.h. mit einem notfalls vollstreckbaren

Schiedsspruch, oder aber mit einem Kollaps des konkreten Schiedsverfahrens und der

wirtschaftlichen Zusammenarbeit endet.

Die vorliegende Untersuchung behandelt nur schiedsrichterliche, nicht aber anwaltliche

Interessenkonflikte; letztgenannte entstehen regelmäßig dann, wenn mehrere Mandaten mit

widerstreitenden Interessen durch dieselbe Sozietät bzw. denselben Anwalt vertreten

werden37; auch auf anderweitige Interessenkonflikte wird nicht näher eingegangen38. Das

Problem von Interessenverflechtungen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist im

Kontext der politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der globalen Marktwirtschaft zu

behandeln, die ihre Teilnehmer und deren regelmäßigen Streitentscheidungsmechanismus, das

Schiedsverfahren, prägt: Die Initiatoren internationaler Schiedsverfahren sind regelmäßig

grenzüberschreitend tätige Unternehmen, Unternehmensgruppen, Zweckgemeinschaften wie

z.B. Arbeitsgemeinschaften oder Joint Ventures und zuweilen auch Einzelunternehmer39. In

dem Maße, in dem der Siegeszug weltweiter „Mergermania“ erneut gestartet ist40, werden

enttäuschte Unternehmen nach effizienten Streitentscheidungs- und -

schlichtungsmechanismen suchen: Vergangene, aktuelle und zukünftige Beziehungen und

Verbindungen eines Schiedsrichters mit dem Streitgegenstand, die Verflechtung seiner

eigenen Interessen, ob direkter oder nur indirekter Art, mit dem Ausgang des

Schiedsverfahrens, mit einer bzw. auch sämtlichen Parteien oder deren Interessenvertretern,

können dazu führen, dass ein in zahlreichen nationalen Schiedsverfahrensgesetzen

vorgesehener Mechanismus zur Disqualifizierung dieses Schiedsrichters in Gang gesetzt wird:

Bestandteile dieses Mechanismus sind regelmäßig Ablehnungstatbestände, deren erfolgreiche

Geltendmachung an Offenlegungs-, Verzichts- und Präklusionstatbestände geknüpft ist. Die

37 Einzelheiten hierzu z.B. in “Konflikt zwischen Gewissen und Gewinn”, FTD vom 14.12.2004, S. 28; zum Standard anwaltlicher Kollisionsprüfungen Chester/Rowley/Mcmillan Binch, B.L.I. 2 (2000), 36-88; Günther, ASA Special Series No. 18, S. 45ff.; Pawsey, IBA News (January 2002), S. 13f.; Steuber, Anwalt 2002, 17ff.; s. auch den Code of Conduct for Lawyers in the EU des Council of the Bars and Law Societies of the European Union (CCBE) vom 28.11.1998/6.12.2002 (englischsprachige Textversion abrufbar unter www.ccbe.org); hierzu Mullerat, 8 ICC Bulletin 1 (1997), 41-47; ders., Is a Global Code of Ethics attainable?, IBA News, June 2004, S. 33. 38 Vgl. dazu z.B. den Problemkreis der Corporate Governance-Regelungen für Unternehmen, supranationale Organisationen oder auch Non-Governmental Organisations (NGOs) (z.B. die OECD Principles on Corporate Governance 2004; oder den internen Kodex für einzelne Mitglieder der EU-Kommission, FTD vom 25.11.2004, S. 13; oder auch den Verhaltenskodex für international aktive Rating-Agenturen, FTD vom 6.12.2004, S. 17; jüngst auch der Corporate Governance-Kodex für Anlagegesellschaften der Fondsindustrie BVI, Die Welt vom 28. April 2005, S. 17). 39 Für eine Übersicht gängiger Vertragstypen, die z.B. unter den Arbitration Rules der ICC verhandelt werden, s. die ICC Statistical Reports 2003, 2002, 2001 etc. (jeweils unter www.iccwbo.org (Stichwort: Statistical Report)). 40 Zum Begriff vgl. Karrer, ASA Special Series No. 18, S. 3; zum Wiederaufleben der Mergers&Acquisition-Aktivitäten vgl. FTD vom 13.12.2004, S. 18 („Deutschland kann bei Fusionen international nicht mithalten“).

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Gründe einer Schiedspartei, einen internationalen Schiedsrichter abzulehnen, seinen

Schiedsspruch aufheben bzw. seine Vollstreckbarerklärung versagen zu lassen, sind

mannigfach; sie können natürlich berechtigt sein, aber diametral entgegengesetzt auch dem

Einfluss menschlicher Schwächen unterliegen und sich als unberechtigt herausstellen41.

Deshalb ist ein Schiedsverfahren, und insbesondere ein internationales, für die entscheidende

Schiedsrichterbank eine Gradwanderung zwischen Erfolg (d.h. ihr Schiedsspruch wird durch

ein nationales Gericht anerkannt und nach der NYC 1958 für vollstreckbar erklärt) und

Misserfolg. Deshalb muss sich jeder einzelne Schiedsrichter vor Aufnahme seiner Tätigkeit

und während des gesamten Verfahrens auf seine Fähigkeit gegenüber den Parteien prüfen,

deren Streit nur nach Sach- und Rechtslage zu entscheiden - und so seinen bzw. den

menschlichen Schwächen der Parteien keine Angriffsfläche zu bieten.

II. Abgrenzung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

Für die vorliegende Untersuchung der Problematik von Interessenkonflikten in der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist deren Abgrenzung von der nationalen

Schiedsgerichtsbarkeit in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: Einerseits in bezug auf die

Bildung einer Art „tronc commune“ derjenigen Unterschiede, die sich aus dem jeweiligen

nationalen Schiedsverfahrensrecht ergeben (dazu nachfolgend unter 1.) und andererseits

hinsichtlich solcher Unterschiede, die auf der besonderen „Kultur“ eines internationalen

Schiedsverfahrens gründen und es mit nationalgerichtlichen Verfahrensmechanismen schwer

vergleichbar machen (dazu nachfolgend unter 2.)42.

1. Nationales Schiedsverfahrensrecht

Während manche Jurisdiktionen eine unterschiedliche Regelung für nationale und

internationale Schiedsverfahren nicht für sachgerecht halten und sich deshalb für eine

einheitliche Regelung entschieden haben bzw. eine solche einführen wollen43, trennen z.B.

Frankreich und die Schweiz ihr nationales Schiedsrecht von der internationalen

41 Eindringlich zur Bedeutung dieser menschlichen Schwächen Marriott, ASA Special Series No. 18, S. 25, 31. 42 Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 38ff., führt als weiteren „rechtspolitischen“ Unterschied an, dass der nationalen im Gegensatz zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit stets noch der staatliche Gerichtsbarkeitsmechanismus als Alternative zur Verfügung stehe; dieser Ansatz wird in der vorliegenden Arbeit allerdings nicht weiterverfolgt. 43 Z.B. Deutschland (Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997, mit Wirkung zum 1.1.1998, BGBl. I 1997, Nr. 88, S. 3224ff.); England (Arbitration Act England 1996, Chapter 23, vom 17.6.1996, mit Wirkung zum 31.1.1997); Japan (Arbitration Law, in Kraft getreten am 1.3.2004); Spanien (Arbitration Law, in Kraft getreten am 1.12.2003); Österreich (soll mit Wirkung zum 1. Januar 2006 in Kraft treten, dazu Zeiler, Significant Arbitration Changes on the Horizon, abrufbar unter www.internationallawoffice.com/ld.cfm?r=10935&i=1047451; s. auch Liebscher, SchiedsVZ 2003, 65ff.).

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Schiedsgerichtsbarkeit44: Sie wollen dadurch gegenüber schiedswilligen internationalen

Vertragsparteien ihre Bereitschaft verdeutlichen, ein Verfahrensrecht zu gewähren, das auf

dem gemeinsamen Verständnis dieser Parteien beruht und frei von lokalen bzw.

nationalstaatlich geprägten Besonderheiten ist. Die im Wege der Anlehnung oder (teilweisen)

Rezeption des ML verabschiedeten nationalen Schiedsverfahrensgesetze zeigen aber wohl

insgesamt eher die Tendenz zu einer einheitlichen Regelung auf45: Um Parteien, die aus

verschiedenen Ländern und Rechtskulturen stammen, weiterhin ein Schiedsverfahren

„gemeinsamen Verständnisses“ bieten zu können, muss die Staatengemeinschaft, egal, ob sie

der eingleisigen oder zweigleisigen Lösung folgt, ihre grundsätzlich liberale Haltung

gegenüber internationalen Schiedsverfahren beibehalten, erweitern und sie gleichermaßen

auch in nationalen Fällen zeigen46.

Die vorliegende Arbeit bezieht in den Kreis der internationalen Schiedsverfahren sämtliche

Verfahren ein, in denen die Schiedssache ein den nationalen Rahmen übersteigendes

internationales Element aufweist47: Dieser weitest mögliche Ansatz umschließt den liberalen

Ansatz unter Art. 1 Abs. 3 ML mit seiner Anknüpfung an die Sitzverschiedenheit der Parteien

oder einen ausländischen Sitz des Schiedsgerichts ebenso wie auch die in Frankreich unter

Art. 1492 NCPC vorgenommene Abgrenzung, wonach ein Schiedsverfahren international ist,

wenn es Interessen des internationalen Handels berührt48; gleiches gilt für die Entscheidung

der Schweiz, die auf einen Schweizer Sitz des Schiedsgerichts abstellt, verbunden mit dem

fehlenden Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt zumindest einer der Parteien in der

Schweiz, Art. 176 Abs. 1 IPRG. Dieses weite Verständnis von Internationalität ist

insbesondere aufgrund der nach Ansicht des Verfassers gegebenen besonderen „Kultur“49

eines solchen grenzüberschreitenden Schiedsverfahrens erforderlich:

44 Z.B. Frankreich (Dekret Nr. 80-354 vom 14.5.1980 und Dekret Nr. 81-500 vom 12.5.1981, Nouveau Code de Procédure Civile (NCPC), IV. Buch: Schiedsverfahren, Artikel 1442 bis 1507, wodurch ein eigener Abschnitt für internationale Schiedsverfahren in den NCPC eingeführt wurde); Schweiz (Schweizer Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) vom 18.12.1987, 12. Kapitel: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Artikel 176-194); dazu auch Poudret, Le recours au Tribunal fédéral suisse en matière d´arbitrage interne et international, ASA Bulletin (1988), S. 33ff. 45 Auch wenn das ML grundsätzlich nur auf internationale Schiedsverfahren Anwendung findet, so Art. 1 ML. 46 So zu Recht Wetter, Mealey´s Int´l Arb.Rep. 5 (1990), 3, 17; s. auch Thirgood, 21 JInt´lArb 4 (2004), 341f. 47 So auch Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 36ff. 48 Vgl. Haas, S. 24ff.; eine solche Interessenberührung wird demnach nach dem objektiven Kriterium einer grenzüberschreitenden Warenlieferung, Dienstleistung oder Kapitaltransferleistung entschieden, Gottwald, Generalbericht, S. 5. 49 Hierzu Böckstiegel, in: ICCA Congress Series No. VIII, S. 219, 225f.; Paulsson, ebenda, S. 237ff.

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2. Die besondere „Kultur“ internationaler Schiedsverfahren

Die weltweite Akzeptanz, Anerkennung und (teilweise) Rezeption des ML zeigen eine

deutliche Aufwertung internationaler Schiedsverfahren. Das ML ist ein weiterer Schritt auf

dem Weg zu einer harmonisierten internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gewesen50,

insbesondere aufgrund der Einführung des Territorialprinzips durch Art. 1 Abs. 3 und der

überwiegenden Entscheidung nationaler Gesetzgeber, den parallelen Lauf ihrer Regelungen

für nationale und internationale Schiedsverfahren aufzugeben. Als beispielhaft kann dabei u.a.

die Begründung des deutschen Gesetzgebers gelten, der bereit zu sein scheint, das nationale

Schiedsverfahrensrecht aus seinem national-protektionistischen Kokon herauszuführen51.

Internationalen Schiedsgerichten kommen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben neben der primär

bestehenden Funktion der Rechtsfindung und Streitentscheidung im Vergleich zu nationalen

Verfahren aber weitere, neue Rollen zu; die Anforderungen an die Schiedsrichter,

Schiedsparteien und Interessenvertreter gleichermaßen sind im internationalen Kontext

umfassender: Internationale Schiedsgerichte sind in Anbetracht der unterschiedlichen

Erwartungen der aus regelmäßig verschiedenen Ländern, nicht nur Jurisdiktionen

stammenden Verfahrensbeteiligten im Interesse der Durchführung eines fairen und von diesen

als fair empfundenen Verfahrens52 gehalten, zwischen den politischen, kulturellen und

rechtlichen Grundwerten der Beteiligten zu vermitteln53. Man bezeichnet sie deshalb auch zu

Recht als (Ver-)Mittler zwischen den (Rechts-)Kulturen54. Um dem Anspruch eines solchen

(Ver-)Mittlers gerecht werden zu können, hat Lalive deshalb gefordert, dass nur ein „truly

international arbitrator“ ein internationales Schiedsverfahren entscheiden sollte55. Als

Voraussetzung hierfür sieht er nicht nur eine entsprechende fachliche Qualifikation56 im

50 S. Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 2, mit kurzem geschichtlichen Abriß zum Geneva Protocol 1923, der Geneva Convention 1927, NYC 1958, European Convention on International Commercial Arbitration 1961 und Washington Convention 1965. 51 Dazu BT-Drucks. 13/5274 vom 12.7.1996, S. 22ff. 52 Die hier anklingende Foderung von Lord Hewart C.J. “that it is not merely of some importance but is of fundamental importance that justice should not only be done, but should manifestly and undoubtedly be seen to be done”, R v. Sussex Justices Ex p. McCarthy (1924) 1 KB 256, 259, wird im Verlauf der Untersuchung deutlich abgeschwächt werden, vergleichbar der Äußerung bei Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, S. 250: “but the dictum (d.h. Lord Hewart´s in R v. Sussex Justices, d. Verf.) should not be allowed to lead to the erroneous impression that it is more important that justice should appear to be done than that it should in fact be done” (R v. Camborne Justices, Ex p. Pearce (1955) 1 QB 41, 52, per Slade J.); mit deutlicher Reserviertheit gegenüber einer Dogma-gleichen Verkrustung der Feststellung Lord Hewart´s auch Nariman, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 45 re.Sp. 53 Allgemein zur Rolle des internationalen Schiedsrichters Bernardini, 20 ArbInt 2 (2004), 113ff. 54 S. auch Elsing, IDR 2, S. 19. 55 Lalive, Swiss Arbitration Studies No. 1, S. 27f. 56 Zur Schwierigkeit der Feststellung allein der “applicable laws” vgl. die systematische Darstellung bei Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 2.

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Bereich des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts sowie der Rechtsvergleichung57 als

entscheidend an; er verlangt darüber hinaus auch eine „juridical open-mindedness, and an

international outlook characterized by a sympathy for other countries´ legal cultures and

institutions, i.e. a comparative law approach, and an absence of legal nationalism or

parochialism”58. Hinzutreten müssen weiter die praktische Kenntnis grenzüberschreitender

Wirtschaftsvorgänge, die in dieser Form bei nationalen Schiedsverfahren nicht notwendig ist,

und natürlich zunächst Sprachfertigkeiten; letzteres kann nicht überbetont werden, denn die

überwiegend anzutreffende englischsprachige Verhandlungsführung erfordert solide

Kenntnisse der Fachtermini und Umgangssprache; mangelnde Kenntnisse wirken sich

automatisch zu Lasten der Verfahrensökonomie aus.

Solch ein “test of international mindedness”59 kennzeichnet das Anforderungsprofil an einen

internationalen Schiedsrichter, aber auch an die Verfahrensbeteiligten insgesamt: Denn in

Abwandlung der herkömmlichen Feststellung, dass ein Schiedsverfahren nur so gut wie die

Schiedsrichterbank ist60, ist es nach Auffassung des Verfassers tatsächlich nur so gut, wie es

die Verfahrensbeteiligten zulassen61. Dieser Ansatz lenkt das Augenmerk auf die

Schiedsparteien, die der Schiedsrichter mit all ihren persönlichen und beruflichen Eigenheiten

sowie ihrer ganzen „nationalen Andersartigkeit“ versuchen muss anzunehmen62. Fouchard

spricht in diesem Zusammenhang davon, dass ein Schiedsrichter zu Recht von den Parteien

erwarten kann „to cooperate throughout the arbitral proceedings. That principle is self-evident

although, regrettably, it does not appear in most rules of arbitral procedure.“63.

III. Interessenkonflikte und ihre Ursachen

Interessenkonflikte bauen sich an unterschiedlichen Erwartungshaltungen der das

Schiedsverfahren initiierenden Parteien auf (dazu nachfolgend unter 1.)64. Gekennzeichnet

57 Schiedsverfahren werden aber natürlich auch durch Nicht-Juristen entschieden, z.B. Experten in einem bestimmten Handelszweig, was sehr häufig in der englischen Jurisdiktion der Fall ist (dazu Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 4-36: “Some standard forms of international contracts, and particularly those used in the shipping and commodity trades and the insurance and reinsurance industries, identify the kind of arbitrator to be chosen in the event of a dispute.“.) 58 Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395, 402f. 59 Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395, 403f.; ebenfalls Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 4-42. 60 Lalive, Swiss Arbitration Series No. 1, S. 27 61 In diesem Sinne auch Hascher, 6 ICC Bulletin 2 (1995), 4, 18. 62 Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 4-41. 63 Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration, Rdn. 1164; lediglich Art. 32(2) LCIA Arbitration Rules fordert hierzu auch die Schiedsparteien auf: „In all matters not expressly provided for in these Rules, the LCIA Court, the Arbitral Tribunal and the parties (Hervorhebung durch d. Verf.) shall act in the spirit of these Rules …”; Art. 35 ICC Arbitration Rules hingegen spart die Schiedsparteien aus. 64 Grundlegend dazu Hobeck, DIS Materialien Band VI, S. 11ff.; Lachmann, AnwBl 1999, 241, 242.

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sind sie durch das (lösbare) Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der

Parteiautonomie einerseits und der Fairness65 andererseits (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Differenzierte Erwartungshaltung der Parteien

Welche Erwartungen auch immer die Parteien an ein Schiedsverfahren und die

Schiedsrichterbank stellen - die grundsätzliche Ausgangssituation dieser Arbeit ist es, dass die

Schiedsparteien in dem Bestreben übereinstimmen und sich einig sind, dass das Verfahren

eine faire, zumindest aber keine eindeutig ungerechte Streitentscheidung bringt66. Fairness

mag als ein amorphes Konzept erscheinen; eine ihrer Säulen ist jedoch das gegenseitige

Vertrauen der Schiedsparteien in die Existenz eines Fair-Play-Grundkonsenses, der seinerseits

auf der Wahrnehmung beruht, dass die Schiedsrichterbank unparteilich (und unabhängig67)

entscheidet. Das Merkmal der Unparteilichkeit schiedsrichterlicher Streitentscheidung ist

deshalb Grundvoraussetzung für das Vertrauen des internationalen Wirtschaftsverkehrs in die

Funktionstüchtigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit. Dies erfordert klar definierte

Prüfungsmaßstäbe für die Verfahrensleitung durch einen Schiedsrichter und eine ebenso faire,

wenngleich in der Sache streitige Haltung der Parteien.

Diese Positionierung der Arbeit stimmt mit der international anerkannten Annahme überein,

dass die internationale Schiedsgerichtsbarkeit vornehmlich gewählt wird, um für eine zügige

und die Vertragsbeziehungen der Parteien erhaltende bzw. schützende Entscheidung über

maximal flexible Handlungsmöglichkeiten sorgen zu können, die in einem vollstreckbaren

Schiedsspruch endet68. Sicherlich gibt es immer wieder Parteien, die sich von der

Bevorzugung eines Schiedsverfahrens gegenüber staatlicher Gerichtsbarkeit vor allem

größere Freiheiten für die Verfahrensverzögerung, den Missbrauch, die Manipulation

schiedsverfahrensrechtlicher Mechanismen bzw. in letzter Konsequenz den Kollaps des

Verfahrens versprechen: Gerade deswegen sind Schiedsparteien auch nicht etwa „bessere“

Parteien als sie es vor staatlichen Gerichten wären. Auf die Wurzeln der

65 S. einleitend zu diesem Begriff den Duden, Fremdwörterbuch, Band 5, 7. Auflage, 2001 - Fairness: gerechtes, anständiges Verhalten (im Geschäftsleben); ehrliche Haltung anderen gegenüber; ergänzend die 3. (Vorgänger-)Auflage, 1974 - Fairneß: Unparteilichkeit des Schiedsrichters. 66 Ebenso Donahey, 9 JInt´lArb 4 (1992), 31, 42; Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395, 396f. 67 Zu den Beweggründen des Verfassers, das Merkmal der Unabhängigkeit durch seine Klammerung als gegenüber dem der Unparteilichkeit nachrangig auszuweisen, s. nachfolgend unter 2. Teil, D., III. 68 Ebenso Bartos, S. 4; Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 34f; allgemein zu den Vorteilen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 29-34.

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Schiedsgerichtsbarkeit rückblickend69, muß man grundsätzlich von dem Idealfall der fair, also

unparteilich und nach Treu und Glauben handelnden Schiedsparteien ausgehen und

versuchen, Störungen dieses Vertrauenstatbestandes zwischen den Parteien über einen

Offenlegungs- und Ablehnungsmechanismus zu lösen70. Yu und Shore stellen diesbezüglich

kategorisch fest „Parties may choose arbitration for any number of reasons, but there is no

basis for thinking that any party believes that in doing so it is sacrificing impartiality.”71.

Paulsson vermutet vorsichtiger “that we all care, that we care simply and deeply, about fair

play in arbitration.“72.

2. Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der Parteiautonomie und der

Fairness

Der freiwilligen privaten Schiedsgerichtsbarkeit73 liegt die allgemein anerkannte Vorstellung

zugrunde, dass die Verfahrensbeteiligten ihre Streitigkeiten unter Ausschluss staatlicher

Gerichtsbarkeit in freier Selbstbestimmung einvernehmlich regeln können74. Dieser Grundsatz

wird, soweit ersichtlich, in sämtlichen nationalen Schiedsverfahrensgesetzen75, (inter-

)nationalen Schiedsordnungen76 und internationalen Übereinkommen77 anerkannt. Diese

Autonomie der Parteien wird auch als Leitmotiv („first principle“) des modernen

internationalen Schiedsrechts bezeichnet78. Sie umfasst u.a. die freie Wahl der Schiedsrichter,

freie Verfahrenswahl innerhalb der Grenzen des „due process“ und die Gestaltungsfreiheit

gegenüber Schiedsordnungen institutioneller Schiedsorganisationen79.

69 Vgl. Pathak, in: ICCA Congress Series No. VIII, 273, 274: “Commercial arbitration is rooted in the legal jurisprudence with which merchants are most familiar, that is to say, the freedom of contract.”; Thirgood, 21 JInt´lArb 4 (2004), 341; Blessing, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 97. 70 Zur Herleitung des Grundsatzes von Treu und Glauben als Verfahrensmaxime s. Satmer, S. 89f.; Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 172; BGE 109 Ia 83; BGE 111 Ia 259, 262; auch Yanming, 12 JInt´lArb 2 (1995), 5, 6. 71 I.L.Q.R. (2003), 935, 950f. 72 Paulsson, 70 Arbitration 3 (2004), 193. 73 Sog. „consensual arbitration“, vgl. dazu Evans, Arbitration (August 2001), 254, 257f; die sog. „mandatory arbitration“, d.h. die gerichtlich angeordnete (bzw. die aufgrund der Mitgliedschaft in einer Interessenvereinigung zwingend vorgesehene) Durchführung eines Schiedsverfahrens, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. 74 Bartos, S. 6, nennt das das „Primat des Parteireglements“; ähnlich auch Gottwald, Generalbericht, S. 22. 75 Z.B. Deutschland (§§ 1026, 1042 Abs. 3 ZPO), England (Section 1(b) AA 1996). 76 Dies ist schon aus der Tatsache ableitbar, dass institutionelle Schiedsordnungen nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung gelten, und wird insbesondere in den UNCITRAL Abitration Rules für ad hoc-Schiedsverfahren deutlich. 77 Z.B. Art. IV(1) und Art. VII der European Convention on International Commercial Arbitration of 1961, Genf, 21.4.1961, UN, Treaty Series, vol. 484, p. 364 no. 7041 (1963-1964); indirekt auch Art. II(1) der NYC 1958. 78 Coppée Lavalin v. Ken-Ren (1994) 2 W.L.R. 631, 639 per Lord Mustill LJ; s. auch Gottwald, Generalbericht, S. 120. 79 Gottwald, Generalbericht, S. 120f.

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Umstritten ist aber die als Kernproblem der privaten Schiedsgerichtsbarkeit bezeichnete

Frage, inwieweit der Selbstbestimmung der Schiedsparteien zur Gestaltung ihres

Schiedsverfahrens aus rechtspolitischen Erwägungen heraus Grenzen zu setzen sind80. Unter

Hinweis auf die Notwendigkeit, den beteiligten Parteien entsprechend ihren Erwartungen ein

faires Verfahren zu gewähren, das in einem der nationalen ordre public-Vorbehaltsklausel81

genügenden vollstreckbaren Schiedsspruch mündet, wird der Grundsatz der Fairness als

Schranke für eine entartende Parteiautonomie angeführt. Für manche ist die so herbeigeführte

Beschränkung selbstverständlich82: So stellt z.B. Thirgood fest „It is critical for legislators to

fine-tune the balance between the winner´s concern for finality and the loser´s concern for

procedural safeguards.”83; andere wollen hingegen auch auf diese (letzte) Beschränkung des

autonomen Parteiwillens jedenfalls dann verzichten, wenn die Parteien über die aus diesem

Verzicht möglicherweise resultierende Beeinträchtigung ihres Anspruchs auf ein faires

Verfahren durch eine schiedsrichterliche Interessenverflechtung informiert sind und

„sehenden Auges“ die Fortsetzung des Verfahrens wünschen84.

Die in internationalen Schiedsverfahren übliche Bestellung einer Drei-Personen-

Schiedsrichterbank, die aus parteibenannten beisitzenden Schiedsrichtern („co-arbitrators“)

und einem von diesen bestimmten Vorsitzenden („chairman“) besteht85, verdeutlicht dieses

einem internationalen Schiedsverfahren und dem Grundsatz der Fairness immanente

Spannungsverhältnis: Einerseits eröffnet das Benennungs- bzw. Vorschlagsrecht im Rahmen

der Konstituierung des Schiedsgerichts den Parteien die Möglichkeit, den Gang des

Verfahrens fördernd wie auch missbräuchlich zu beeinflussen86; andererseits fordert das de

lege lata bestehende Diktat des endgültigen, über die New York Convention on the

Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards 1958 (NYC) für vollstreckbar zu

erklärenden Schiedsspruchs von den Verfahrensbeteiligten, über den ordre public-Vorbehalt

80 S. hierzu Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, § 1036 Rdn. 1; Lotz, Anwaltsblatt 2002, 202. 81 Zur Frage der Existenz eines ordre public international vgl. die Resolution of the ILA on Public Policy as a Bar to Enforcement of International Arbitral Awards, adopted by the ILA, 70th Conference, New Dehli, India, 2-6 April 2002, abgedruckt in: 19 ArbInt 2 (2003), 213ff.; ergänzend Mayer/Sheppard (zum Final ILA Report on Public Policy as a Bar to Enforcement of International Arbitral Awards) und A. Sheppard (zum Interim ILA Report), beide unter 19 ArbInt 2 (2003), 249-263 und 217-248; vorbereitend Haas, S. 219ff., und Kilgus, S. 161ff. 82 So Evans, Arbitration (2001), 254, 258. 83 Thirgood, 21 JInt´lArb 4 (2004), 341, 348. 84 Zuletzt vertreten innerhalb der IBA Working Group des Committee D im Rahmen der Erarbeitung der IBA Guidelines 2004, IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 451 (s. dort auch den Hinweis auf entsprechende Möglichkeiten nach schwedischem und Schweizer Recht). 85 Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 139. 86 Horvath, Selection of Arbitrators, 1, 8, auch abrufbar unter www.freshfields.com/practice/disputeresolution/publications/pdfs/arbitratorselection.pdf.

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nationalstaatliche Wertentscheidungen zu berücksichtigen, zu denen in Form des ordre public

international bzw. transnational vornehmlich der Grundsatz der Fairness zu zählen ist.

IV. Rechtsunsicherheit durch bloße Kategorisierung von Beurteilungskriterien

Schiedsverfahrensgesetze, moralisch-ethische und berufsrechtliche Regelungen jeglicher Art,

Schiedsordnungen und -institutionen in Ausübung ihrer administrativen Tätigkeit sowie

staatliche Gerichtsentscheidungen am Sitz des Schiedsverfahrens sowie im Land der

Anerkennung und Vollstreckbarerklärung beschäftigen sich sämtlich mit Fragen

schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen: In der Vergangenheit begnügte man sich damit,

ein „Standesrecht“ des Schiedsrichters anhand der Entscheidungen über seine Ablehnung in

einer Art Negativliste abzulesen, zu kommentieren und zu definieren87; die dabei in der

Literatur vorgenommene Kategorisierung bestimmter Szenarien und die Bildung von

Fallgruppen88 hat bislang jedoch keine verlässliche Hilfe für die am Schiedsverfahren

Beteiligten gebracht, ihrerseits schiedsrichterliche Verflechtungen mit den Beteiligten oder

dem Streitgegenstand bewältigen zu können; solche Fallgruppen können nur vor dem

Hintergrund der allgemeinen Standards und Prüfungsmaßstäbe Hilfe gewähren, aufgrund

derer sie überhaupt für problematisch und erörterungswürdig gehalten werden - d.h. vor dem

Hintergrund der Grundsätze der Parteiautonomie und der Fairness. Praktisch umgesetzt

werden diese aber über das Merkmal der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit (und

Unabhängigkeit) und die Mechanismen der Selbstauskunft, Nachforschungs- und

Informations-, also Offenlegungspflicht, Verzichtserklärung und -vermutung sowie

Präklusionswirkung:

Erst das Zusammenwirken dieser Mechanismen kann ein auch international wirkungsvolles

Reglement zur Herstellung und Wahrung schiedsrichterlicher Unparteilichkeit bewirken; die

in der Literatur und auch Rechtsprechung bislang erörterten Fallgruppen können dann dazu

beitragen, diese allgemeinen Standards mit Leben zu füllen. Die Verfasser der IBA

Guidelines 2004 weisen dann auch zu Recht darauf hin, dass in Zweifelsfragen die von ihnen

festgelegten General Standards (GSt) - und gerade nicht die von ihnen ebenfalls erstellten

Anwendungslisten - letztlich entscheidend sein sollen89. Mit diesem gesamtheitlichen Ansatz

können Schiedsrichter und Verfahrensbeteiligte gleichermaßen diejenigen Probleme, die sich

87 Glossner, in: FS Karlheinz Quack, S. 709. 88 S. z.B. Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 507ff.; ders., ZZP 93. Band (1980), S. 121, 124ff.; Albers, S. 164-184; Walter, S. 54-79, S. 110-145 und S. 171-226; Satmer, S. 131-133. 89 “In all cases, the General Standards should control.”, IBA Guidelines 2004, Part II, No. 1.

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naturgemäß auch in den standardisierten Konfliktsituationen der IBA Guidelines 200490

wiederfinden, sicherer bewältigen, als dies bislang der Fall gewesen ist.

V. Auswirkungen dieser Rechtsunsicherheit

Die These Rau´s “perceptions are ultimate facts with which it is often futile to argue”91 findet

in dem negativen Bild Bestätigung, das derzeit von der Fairness, der Integrität internationaler

Schiedsverfahren und der Beteiligten gezeichnet wird. Fouchard meint hierzu „The

Development of arbitration has been accompanied by a perceived deterioration of its moral

standards.”92. Diese Wahrnehmung ist umso bedauerlicher und gefährlicher, als die

Grundsätze der Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) die Grundfesten des von den Parteien

nach Treu und Glauben betriebenen, fairen Verfahrens sind; Matscher bezeichnet sie

zweideutig als die „crux der Schiedsgerichtsbarkeit“93. Sind internationale Schiedsverfahren

also tatsächlich durch einen Verfall der Moralvorstellungen ihrer Schiedsrichter und der

beteiligten Parteien gekennzeichnet? Sind sie ihres hehren Anspruchs eines

Streitentscheidungsforums für ehrliche und gewissenhafte Kaufleute beraubt? Oder erweckt

nur die Art und Weise, wie Schiedsverfahren in verschiedenen Jurisdiktionen mit und ohne

administrativer Hilfe geführt werden, einen nachteilhaften Eindruck?

Selbst wenn man unterstellt, dass die Integrität internationaler Schiedsverfahren nicht

grundsätzlich gefährdet ist, so bleibt doch die Erkenntnis, dass es an der Vermittlung des

Bildes eines fairen und von allen Verfahrensbeteiligten nach Treu und Glauben geführten

Verfahrens mangelt. Das ist nach Ansicht des Verfassers auf das Fehlen eines international

anerkannten und praktisch handhabbaren Regelungswerks zur effektiven Sicherung

schiedsrichterlicher Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) zurückzuführen: Weder Art. 4, 12,

13, 18, 34 und 36 ML noch der AAA/ABA Code of Ethics 1977 bzw. Revisited 2004 noch

die IBA Ethics for International Arbitrators 1987 bieten den Nutzern der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit ein derartiges Regelungswerk; vielmehr sind sie de lege lata auf die

Standards und Prüfungsmaßstäbe nationalstaatlicher Schiedsregelungen angewiesen. Deren

gefährlich uneinheitliche Lösungsansätze werden nachfolgend unter B., III. offengelegt.

90 S. IBA Guidelines, Part II, 1. Non-Waivable Red List, 2. Waivable Red List, 3. Orange List und 4. Green List; vgl. auch die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 453ff. (mit Hinweisen auf Diskussionen innerhalb der IBA Working Group um die Bildung standardisierter Konfliktsituationen in Form der späteren Anwendungslisten). 91 Rau, 14 ArbInt 2 (1998), 115, 145f. 92 Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration, Rdn. 1010. 93 Matscher, in: FS Nagel, S. 227, 236; ders., JBl 1975, 455, 457; ähnlich auch E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599ff., und Jagenburg, in: FS Oppenhoff, S. 147, 158.

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B. Stand der Diskussion der Bewältigung von Interessenkonflikten: Unparteilichkeit,

Unabhängigkeit und Offenlegungspflichten

Die Beurteilung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte ist letztendlich, im Sinne des Diktats

eines endgültigen und vollstreckbaren Schiedsspruchs94, de lege lata eine Frage nationalen

Rechts unter Berücksichtung des jeweiligen ordre public international bzw. transnational95.

Der Vorschlag u.a. von Rubino-Sammartano, die nationale Prüfung der

Vollstreckbarerklärung durch einen „Arbitration Court“ i.S. einer internationalen

Berufungsinstanz anhand eines einheitlichen „tronc commun“ transnationalen Schiedsrechts

überprüfen zu lassen, hat sich bis heute nicht durchsetzen können96. Wie erfolgreich ein

solcher „Weltgerichtshof“ der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit sein könnte, hat das

Weltbankübereinkommen von 1965 mit seinem a-nationalen Vollstreckungsmechanismus

ansatzweise zeigen können97.

Schiedsrichterliche Interessenkonflikte werfen andere Probleme auf als diejenigen, die sich im

Rahmen zeitgleicher anwaltlicher Interessenvertretung mehrerer Mandanten in derselben

Angelegenheit ergeben98: Sie spiegeln die Auseinandersetzung zwischen dem Interesse an der

Verwirklichung des Grundsatzes der Fairness einerseits und dem persönlichen Interesse eines

Schiedsrichters an der Bevorzugung einer Schiedspartei andererseits wider99. Die Forderung

nach vollkommener, „reiner“ Unparteilichkeit100 ist angesichts der Vielzahl menschlicher

Schwächen nicht erreichbar; insofern kann sie nur Ideal sein, dem man sich weitest möglich

anzunähern versuchen muss. Unparteilichkeit in einem idealen Sinne verfehlt die Realität des

Menschen so offensichtlich, dass sie nicht zur Grundlage eines normativen

Begriffsverständnisse gemacht werden kann. Wer ein solches Ideal dennoch entscheiden

lassen will, verführt die Schiedsparteien dazu, diesen nicht erreichbaren Standard zur 94 S. Gottwald, Generalbericht, S. 134; ähnlich auch Jagenburg, in: FS Oppenhoff, S. 147, 158; gegen dieses Diktat z.B. Rubino-Sammartano, Int´l Arbitration Law, S. 512f. 95 Zur Frage der Existenz eines ordre public international vgl. jüngst die Resolution of the ILA on Public Policy as a Bar to Enforcement of International Arbitral Awards, abgedruckt in: 19 ArbInt 2 (2003), 213-215; ergänzend Mayer/Sheppard (zum Final ILA Report on Public Policy as a Bar to Enforcement of International Arbitral Awards) und A. Sheppard (zum Interim ILA Report), beide in 19 ArbInt 2 (2003), 249-263 und 217-248; s. auch Haas, S. 219ff., und Kilgus, S. 161ff. 96 Rubino-Sammartano, Int´l Arbitration Law, S. 512f.; s. auch Gottwald, Generalbericht, S. 112; van den Berg, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 87, 90. 97 ICSID Convention (Art. 53-55); allgemein hierzu Legum, 19 ArbInt 2 (2003), 143ff. 98 Zum Standard anwaltlicher Kollisionsprüfungen s. Chester/Rowley/Mcmillan Binch, B.L.I. 2 (2000), 36-88; Günther, ASA Special Series No. 18, S. 45ff.; Pawsey, IBA News (January 2002), 13f.; Steuber, Anwalt 2002, 17ff. 99 Tschanz, ASA Special Series No. 18, S. 65. 100 Tschanz, ASA Special Series No. 18, S. 65 (hier als Konzept verstanden, das über dem der Unabhängigkeit steht, diese also mit einschließt; so auch verstanden vom Departmental Advisory Committee (DAC) zum Arbitration Act 1996, dazu DAC Report on the Arbitration Bill (February 1996), 13 ArbInt 3 (1997), 275-316; dazu auch der DAC Supplementary Report on the Arbitration Act 1997, ebenda, 317-328.

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Grundlage überzogener Anforderungen an die schiedsrichterliche Unparteilichkeit zu machen

und so maßlose Ablehnungsanträge allein deshalb zu stellen, weil sie - gemessen an diesem

Standard - eigentlich nur erfolgreich sein können101. Tschanz stellt hierzu fest „The law needs

to draw the line at an acceptable and realistic requirement in order to keep arbitration

workable.”102.

Damit wird keinesfalls einem „abgestuften“ Unparteilichkeitsstandard das Wort geredet; denn

auch auf Grundlage des hier vertretenen pragmatischen Unparteilichkeitsbegriffs ist eine

Differenzierung nach der Schwere der Parteilichkeit nicht möglich: Ein Schiedsrichter ist

bereit, das Richtige zu tun oder er ist es nicht - eine vermittelnde Ansicht kann es

ausnahmsweise nicht geben. Damit wird der klaren Erkenntnis dessen gefolgt, was möglich

und machbar ist. „Realistische“ Unparteilichkeit kann nur in dem bescheidenen Sinne

verlangt werden, dass der Schiedsrichter stets zur Selbstkorrektur bereit sein muss, immer in

der Lage ist, eventuell bestehende Meinungen beiseite zu legen und sich durch sie nicht von

einer unvoreingenommenen Wahrnehmung der Belange einer Partei abbringen zu lassen.

Diese Erkenntnis bestimmt den nachfolgenden Gang der Untersuchung.

I. Terminologische Vielfalt

Die terminologische Vielfalt der entwickelten Prüfungsmaßstäbe zur Beurteilung

schiedsrichterlicher Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) in den jeweiligen Jurisdiktionen

ist ernüchternd; die folgende, keineswegs vollständige Übersicht verdeutlicht, dass ein

beinahe unerschöpfliches Reservoir an Termini Anwendung findet: „bias“, „perceived bias“,

„apparent bias“, „impression of bias“, „suspicion of bias“, „likelihood of bias“, „real

possibility of bias“, „demonstrable bias“, „potential bias“, „real danger“, „evident risk“,103

„likely partiality“104, „evident partiality“105, „doubts“, „justifiable doubts“, „Befangenheit“106,

„Besorgnis der Befangenheit“107, „Unvoreingenommenheit“108, „Misstrauen gegen die

Unparteilichkeit“109, „circumstances likely to give rise to“, „circumstances exist that give rise

101 Bernini, The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 31, 36 re.Sp., spricht in diesem Zusammenhang von der „Gefahr der Anbetung eines Fetischs“ (sinngemäße Übersetzung d. Verf.). 102 Tschanz, ASA Special Series No. 18, S. 65. 103 S. die Aufzählung bei Marriott, 68 Arbitration 1 (2002), 31. 104 Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395ff.. 105 Baum, ASA Special Series No. 18, S. 7. 106 Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, § 1036 Rdn. 3. 107 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 136, Rdn. 6. 108 Schwarze, ZZP 117. Band (2004), 249, 255; Lotz, Anwaltsblatt 2002, 202ff. 109 Vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 19.12.2001 - 10 SchH 3/01, SchiedsVZ 2003, 134ff.

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to“110 etc.. Diese Vielfalt ist nicht mit Verwerfungen erklärbar, die häufig einer Übersetzung

in eine andere Sprache, hier die englische, immanent sind. Es wird zu zeigen sein, dass es

nach derzeitiger Rechtslage weder einen weltweit anerkannten und harmonisierend wirkenden

Standard für die Vermeidung und Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen

noch insbesondere einen solchen Maßstab zur Überprüfung der schiedsrichterlichen

Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) gibt. Der Eindruck besteht, dass staatliche Gerichte

häufig Entscheidungen treffen, die eine deutliche Regionalisierung erkennen lassen und eine

entsprechend national geprägte Sprache sprechen111.

II. UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration 1985

Das UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration (ML) haben weltweit

bereits 59 Jurisdiktionen vollständig rezipiert112 und zahlreiche weitere Jurisdiktionen als

Leitmotiv oder Richtschnur für nationale Gesetzesvorhaben im Bereich des Schiedsrechts

genutzt113. Seine Diskreditierung als Minimalkompromiß114 hat nicht verhindern können, dass

es sich als wirkungsvolles Harmonisierungsinstrument für die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit dadurch erwiesen hat, dass es einen universal verständlichen

Regelungsrahmen für internationale Schiedsverfahren geschaffen hat115.

Mit seinem Regelungsrahmen in Art. 4 (Präklusion bzw. Verzicht), Art. 12 (Offenlegung und

Ablehnung), Art. 13 (Ablehnungsverfahren), Art. 18 (Gleichheit der Parteien), Art. 34

(Aufhebung als Rechtsmittel) und Art. 36 (Verweigerung der Anerkennung und

Vollstreckbarerklärung) bietet es u.a. auch die einzelnen Mechanismen, die zur Bewältigung

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte notwendig sind. Es wird zu untersuchen sein, ob diese

tatsächlich wirkungsvoll ineinandergreifen116. Dazu nun im Einzelnen:

110 So Art. 12 Abs. (1) und Abs. (2) ML. 111 So nach umfänglicher Untersuchung der Befund von Alvarez, 6 ArbInt 3 (1990), 203, 224f. 112 Dazu Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 1 und 3; Sanders, 11 ArbInt (1995), 1ff.; zu seiner Umsetzung vgl. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Einleitung (dort m.w.N.); eine interessante Gesamtübersicht bei Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act, 1999, S. 1, Fn. 4. 113 Z.B. England (so der DAC 1996 Report, 13 ArbInt 3 (1997), 275ff.) und Schweden (so Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act, 1999, S. 1f.), jüngst auch Dänemark mit einem Entwurf zur Neuregelung des Danish Arbitration Act 1972, der zum 1. Juli 2005 in Kraft treten soll (dazu Fogh, Danish Arbitration Act (April 2005), und ders., Legal Profession proposes Reform of Arbitration Act (August 2003), beides abrufbar unter http://www.internationallawoffice.com/ld.cfm?r=10256&i=1047451&print=1 und http://www.internationallawoffice.com/ld.cfm?Newsletters__Ref=7145&print=1. 114 Vgl. Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 9. 115 Ähnlich Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 18. 116 Zur internationalen Akzeptanz des ML s. Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 388; sehr kritisch die indische ML-Delegation, in: Sixth Secretariat Note, Analytical Compilation of Government Comments, A/CN.9/263 (19 March 1985), abgedruckt bei Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 397.

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1. Prüfungsmaßstäbe für Offenlegung, Ablehnung und Aufhebung

Art. 12 ML erhebt die schiedsrichterliche Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) zum

Leitmotiv der Vermeidung und Bewältigung interessenbezogener Konfliktsituationen für

jeden Schiedsrichter117. Die Wirksamkeit des Ablehnungsrechts in Abs. 2 Satz 1 HS. 1118 wird

durch eine schiedsrichterliche (nicht aber auch schiedsparteiliche) Offenlegungspflicht in

Abs. 1 gestärkt119; beide Mechanismen in Abs. 1 und Abs. 2 inkl. ihrer jeweiligen

Prüfungsmaßstäbe sind enumerativ, dabei jedoch bewusst weit gefasst und unterliegen

unterschiedlich strengen Kriterien120: Reichen jeweils „berechtigte Zweifel“ („justifiable

doubts“) aus, um die schiedsrichterliche Offenlegungspflicht bzw. das schiedsparteiliche

Ablehnungsrecht auszulösen bzw. zu eröffnen, gilt dies für die Pflicht zur Offenlegung schon

bei Umständen, die „wahrscheinlich Anlass“ zu eben diesen Zweifeln geben („likely to give

rise“), während das Recht zur Ablehnung erst bei Umständen entsteht, die tatsächlich

„Anlass“ hierfür geben („give rise“); insoweit ist der Kreis der offenlegungspflichtigen

Tatsachen unter Abs. 1 weiter bzw. offener gefasst als der Kreis der zur Ablehnung

berechtigenden Tatsachen unter Abs. 2. Maßgeblich ist nach dem ML also nicht, dass die

Parteilichkeit eines Schiedsrichters tatsächlich nachgewiesen wird, solange es einer Partei nur

gelingt, bereits das Vorliegen berechtigter Zweifel zu beweisen: Im Ergebnis wird die

„Wahrheitssuche“ nach der (Un-)Parteilichkeit eines Schiedsrichters damit zu einer nach dem

begründeten, bloßen „Anschein“ von (Un-)Parteilichkeit; es überwiegt die gesetzgeberische

Vorsicht121. Das ML verwirklicht damit die Forderung von Lord Denning M.R.: “Justice must

be rooted in confidence, and confidence is destroyed when right-minded people go away

thinking: ´The judge was biased´.”122.

117 Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 389. 118 Abs. (2) S. 1 HS. 2 ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung. 119 Vgl. auch Kröll, ZZP 116. Band (2003), 194, 199, der den Begriff der „Mitteilungspflicht“ vorschlägt; der Verfasser zieht allerdings den Terminus der „Offenlegung“ vor, da dieser ihren Sinn und Zweck trifft, den Parteien den „informed consent“ bzw. „waiver“ zu ermöglichen (s. hierzu die IBA Guidelines, Explanation to General Standard 3(b)). 120 First Working Group Report, A/CN.9/216 (23 March 1982) No. 43, abgedruckt bei Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 392f. 121 Bildlich hierzu Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 14: „The law prefers to err on the side of caution and would rather have 100 well-meaning and honest arbitrators removed where any reasonable person can enterntain a doubt about their impartiality than have one actually biased arbitrator sit over an arbitral proceeding.”. 122 Metropolitan Properties Co (FGC) Ltd v. Lannon (1969) 1 Q.B. 577, 599 (dort noch den damaligen englischen Prüfungsstandard der „likelihood of bias“ vertretend (s. dazu auch R v. Camborne Justices, Ex parte Pearce (1955) 1 Q.B. 41, 48-51)).

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2. Kritik und Stellungnahme

a. Offenlegung, Art. 12 Abs. 1 ML

Obgleich Art. 12 Abs. 1 ML den Prüfungsmaßstab der schiedsrichterlichen

Offenlegungspflicht bewusst nur beschreibt, nicht aber definiert123, gehen Holtzmann und

Neuhaus davon aus, dass seine Entstehungsgeschichte doch einige Hinweise auf den näheren

Inhalt des Beweises der „justifiable doubts“ gibt124. Die in dieser legislativen Zurückhaltung

auf jeden Fall zum Ausdruck kommende Sorge der Working Group zum UNCITRAL ML,

durch eine allzu weitgehende inhaltliche Empfehlung gegenüber nationalen Gesetzgebern die

Akzeptanz des ML zu mindern, mag in Anbetracht des Kompromißcharakters eines solchen

Projekts auf UN-Ebene verständlich sein - seinem Impetus jedoch, die internationale

(Wirtschafts-)Schiedsgerichtsbarkeit im Bereich der schiedsrichterlichen

Interessenverflechtung zu harmonisieren, ist dieser Ansatz diametral entgegengesetzt125.

Berücksichtigt man die oben festgestellte Vielfalt der in verschiedenen Jurisdiktionen

verwendeten Terminologie, hätte das ML hier wirkungsvoller sein müssen126 - dies

insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es unverbindlicher Rechtsnatur ist und frei von

nationalstaatlichem Protektionismus hätte weiter gehen können: Denn was sind „Zweifel“,

wann sind sie „berechtigt“? Wessen Sicht ist entscheidend? Keine Hilfe ist die allgemein

anerkannte Entscheidung, dass „berechtigte Zweifel“ nicht das Vorliegen tatsächlicher

Parteilichkeit erfordern127.

b. Fehlende Offenlegung als selbständiger Ablehnungsgrund?

Ähnlich ungeklärt ist der Umgang des ML mit der Frage, ob die bloße Verletzung der

schiedsrichterlichen Offenlegungspflicht an sich ein eigener Ablehnungstatbestand ist128 - dies

womöglich selbst dann, wenn die nicht offengelegten Umstände ihrerseits eine Ablehnung

nicht gerechtfertigt hätten129. Gegen einen solchen weiteren, neben Art. 12 Abs. 2

123 Vgl. allerdings GSt 2(c) IBA Guidelines 2004, der eine Legaldefinition der „justifiable doubts“ liefert. 124 Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 389: „the legislative history does provide a few guidelines”. 125 Ähnlich Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 14. 126 Hiergegen die UNCITRAL Working Group: “broad criteria can be expected to promote uniformity while providing national courts with a certain degree of flexibility and discretion.“, First Working Group Report, A/CN.9/216, para. 43, abgedruckt bei Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 393. 127 Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13. 128 Carter, 63 Arbitration 3 (1997), 170ff., schlägt vor, auf den Beweggrund eines nicht offenlegenden Schiedsrichters abzustellen (im Falle der Kenntnis der Offenlegungsverpflichtung („concealment“) sei die Ablehnung begründet, im Falle der Unkenntnis („honest believe“) hingegen nicht); der grundsätzlichen Befürwortung dieses Ansatzes durch Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 14, schließt sich der Verfasser nicht an, weil dieser Ansatz die praktische Schwierigkeit entsprechender forensischer Beweisführung verkennt. 129 So die kurz nach dem ML verabschiedeten IBA Ethics for Arbitrators 1987, No. 4.1 Satz 2, abgedruckt bei Redfern/Hunter, Law and Practice, Appendix L; vielleicht das “Paradebeispiel” aus der Rechtsprechung ist die

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bestehenden Ablehnungsgrund spricht dessen eindeutiger Wortlaut („only“); Okekeifere

hingegen geht davon aus, dass ein Ablehnungsgrund automatisch in dem Moment vorliegt, in

dem ein offenzulegender Umstand entsteht - unabhängig davon und also selbst dann, wenn

der Umstand unverzüglich offengelegt wird130. Sein Ansatz findet im Wortlaut von Art. 12

Abs. 2 keinen Halt. Er lässt auch die Möglichkeiten der beteiligten Parteien und ihrer

Interessenvertreter außer acht; denn die sind in der weitaus besseren Position, ihre eigenen

Beziehungen zum Schiedsrichter zu überprüfen, als es umgekehrt jemals der Fall sein

könnte131. Deutlich wird hier die Schwierigkeit, die sich aus der bewussten „Enthaltsamkeit“

des ML ergibt.

c. Fehlen einer „when in doubt, disclose“-Regelung

Nach dem ML ist der Schiedsrichter nicht gehalten, Zweifel in bezug auf Umstände, die den

Parteien die Beurteilung seiner Unparteilichkeit (oder Unabhängigkeit) ermöglichen können,

zugunsten einer Offenlegung dieser Umstände zu entscheiden. Über den Sinn und Zweck

einer solchen „when in doubt, disclose“-Regelung wird viel diskutiert132: Abgewogen werden

muß einerseits die Möglichkeit, mit Hilfe einer solchen Zweifelsregelung frühzeitig

potentielle Ablehnungsgründe zu erkennen und vor den Beginn des Verfahrens, gleichsam

„vor die Klammer“, zu ziehen; dagegen steht andererseits aber, dass ein Schiedsrichter

dadurch zur Offenlegung auch von Umständen gezwungen wird, die für das Verfahren keine

Bedeutung erlangen können, jedoch den Parteien zunächst einmal den

Ablehnungsmechanismus eröffnen.

d. Nachträglich entdeckte Parteilichkeit, Art. 4, 12f., 34 und 36 ML

Weder Art. 12 noch Art. 13 ML lösen die in der Praxis vorkommende und durch die

Fristregelung des Art. 13 Abs. 2 verschärfte Problematik, ob eine Partei ihr Ablehnungsrecht

noch geltend machen kann oder sich auf das Aufhebungsverfahren nach Art. 34 Abs. 2 lit. (a)

oder lit. (b)(ii) bzw. das Vollstreckbarerklärungsverfahren nach Art. 36 Abs. 1 lit. (a)(iv) oder

US-amerikanische Entscheidung in Commonwealth Coatings Corp. v. Continental Cas. Cor., 393 U.S. 145, 147-149 (1968). 130 Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 14; Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395, 427f.; Mullerat, Ethical Rules, III., 6., C., auch abrufbar unter http://www.cidra.org/articles/ethics/ethicalrules-index.htm. 131 Im Ergebnis ähnlich die im Verlauf der Arbeit noch zu untersuchenden GSt 7 i.V.m. GSt 3 IBA Guidelines 2004. 132 Zum deutschen Pendant der damit verbundenen „volenti non fit iniuria“- bzw. „put up or shut up“-Klausel vgl. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1036 Rdn. 23; für eine solche Zweifelsregelung z.B. Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395, 428f.; ebenso IBA Guidelines 2004, GSt 3(c); so auch, wenngleich erst nach langem Ringen, die Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 450f.; differenzierend Paulsson, 70 Arbitration 3 (2004), 193, 194; ders., JInt´Arb (1998), 13, 17f.; dagegen Taylor v. Lawrence (2002) 2 All E.R. 353, 370.

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lit. (b)(ii) ML verweisen lassen muss, wenn sie Kenntnis von den das Ablehnungsrecht

begründenden Umständen erst nach Erlass des Schiedsspruchs erhält133. Offen ist dabei auch,

wie es sich auswirkt, dass nach Art. 32 Abs. 1 und Abs. 3 ML das Schiedsgericht mit Erlass

des Schiedsspruchs „functus officio“ wird.

Die Lösung dieser Problematik wird durch das Spannungsverhältnis zwischen Art. 13 und

Art. 4 ML geprägt134. Das elementare Bedürfnis der Parteien nach unparteilicher

Entscheidung gerät in Konflikt mit den ebenfalls im Interesse der Partien stehenden

Prinzipien der Verfahrensökonomie und Rechtssicherheit: Art. 13 schweigt zu den Folgen des

Versäumnisses einer rechtzeitigen Rüge mangelnder Unparteilichkeit135. Okekeifere geht

ohne Weiteres davon aus, dass eine Partei weiterhin, aber auch nur innerhalb der Frist des Art.

13 Abs. 2 ein Ablehnungsrecht geltend machen kann; dessen Erfolg macht er davon abhängig,

ob ein Schiedsrichter tatsächlich parteilich oder abhängig ist136: Seiner Ansicht nach ist es

Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts, einem potentiellen Aufhebungsantrag

zuvorzukommen; eine entsprechende Auslegung von Art. 12 und Art. 13 ergebe, dass kein

Rechtsschutzbedürfnis bestehe, falls „the mischief, the law sought to prevent ab initio, did not

happen.“137. Allerdings sieht er auch den Weg über ein Aufhebungsverfahren nach Art. 34

oder Versagung der Vollstreckbarerklärung nach Art. 36 eröffnet und schließt salomonisch:

„Either way, the award fails. It will therefore be up to the aggrieved party to decide which

application to make or combine the two of them.“138.

Holtzmann und Neuhaus gehen weiter und wollen - unter Hinweis darauf, dass Art. 4 ML auf

die nicht abdingbaren Voraussetzungen der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit keine

Anwendung finde139 - sogar der die Säumnis bewusst herbeiführenden, d.h. der sie

„bezweckenden“ Partei das Ablehnungsrecht noch im Rahmen des Aufhebungs- bzw.

133 Vgl. zu dieser Frage Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 408f; zum deutschen Recht Kröll, ZZP 116. Band (2003), 194, 211ff. 134 Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 408f. 135 Der Vorschlag Norwegens, die säumige Partei im Schiedsverfahren und nachfolgenden staatlichen Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren mit dem versäumten Vortrag zu präkludieren, wurde nicht übernommen, hierzu Sixth Secretariat Note (Government Comments), A/CN.9/263, Art. 13, para. 4, abgedruckt bei Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 423. 136 Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 15; ebenso für ein nachträgliches Ablehnungsrecht - allerdings bezogen auf Richter - Schwarze, ZZP 117. Band (2004), 249ff. 137 Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 15. 138 Okekeifere, 3 Int. A.L.R. 1 (2000), 13, 15 und 36 (dort auf den Arbitration and Conciliation Act Nigeria 1990 hinweisend, der eine Fristverlängerung in das schiedsrichterliche Ermessen stellt). 139 Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 409f., S. 198f. (dort in Fn. 8ff. unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte von Art. 4 ML) und S. 583 (Seventh Secretariat Note, A/CN.9/264, Art. 19, para. 3).

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Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach Art. 34 bzw. Art. 36 ML gewähren140. Letzteres geht

wohl über den insoweit eindeutigen Wortlaut von Art. 4 ML hinaus: Er greift nur im Falle der

schiedsparteilichen Kenntnis („who knows“)141. Schließt man sich ihrem Argument dennoch

an, muss das, was schon für die treuwidrig, weil bewusst bzw. zweckgerichtet handelnde

Partei gilt, a fortiori für die nach Treu und Glauben handelnde Partei gelten. Offen bliebe

damit jedoch weiterhin das Problem, dass nach dem ML ein Schiedsspruch mit Übersendung

der unterzeichneten Exemplare an die beteiligten Parteien wegen Art. 31 Abs. 1 und Abs. 3

ML unabänderlich wird und nur noch das Aufhebungsverfahren bzw. die Versagung der

Vollstreckbarerklärung nach Art. 34 bzw. 36 ML möglich ist.

III. Verschiedene Jurisdiktionen

Im Folgenden werden für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit bedeutende Jurisdiktionen

vorgestellt, die das ML nicht einmal als Leitmotiv (dazu unter 1., 2. und 3.), doch immerhin

ergänzend (dazu unter 4. und 5.) oder vollständig (dazu unter 6., 7. und 8.) rezipiert haben142.

Eine solche Untersuchung ist jedenfalls deshalb erforderlich, weil internationale

Schiedsverfahren derzeit de lege lata nur im Kontext nationaler Jurisdiktionen existieren

(können)143: Nationale (Schieds-)Gesetze bestimmen die anwendbare lex arbitri und regeln

die Schiedsvereinbarung, die materiellen Ansprüche und insbesondere die Vollstreckung der

Schiedssprüche - das selbst dann, wenn administrierende Schiedsinstitutionen wie die ICC,

LCIA o.a. beteiligt sind.

Der Übersichtlichkeit halber, aber auch um die Besonderheiten der jeweiligen Jurisdiktion

darstellen zu können, beginnt die Analyse jeder Jurisdiktion jeweils mit dem dortigen

Prüfungsmaßstab schiedsrichterlicher Unparteilichkeit („bias“) (jeweils unter a.), analysiert

dann Fragen der Offenlegung („disclosure“) (jeweils unter b.) und schließt mit einer

Untersuchung der Möglichkeit des Verlusts des Rügerechts über die Mechanismen des

Verzichts bzw. der Präklusion („waiver“ bzw. „preclusion“) (jeweils unter c.).

140 UNCITRAL Model Law, S. 408f. (in der Annahme, dass Art. 4 ML die einzige Rechtsquelle für die Beurteilung eines Verzichts ist); s. auch Strohbach, in: ICCA Congress Series No. II, S. 103, 111. 141 Hierzu Commission Report, A/40/17, para. 54, abgedruckt bei Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 198f. 142 S. dazu und auch zum in dieser Arbeit nicht weiter behandelten italienischen Jurisdiktion Tampieri, 18 JInt´lArb 5 (2001), 549, 565-571. 143 Vgl. zur Absage an die Vorstellung, internationale Schiedsverfahren de-nationalisieren zu können, Blessing, Introduction to Arbitration, Rdn. 366ff. (auch abrufbar unter http://www.baerkarrer.ch/Publications/1010/4_3_10.pdf); informativ für ein neues Verständnis nationalstaatlicher Souveränität Radon, Sovereignty: A political Emotion, not a concept, 40 Stanford J. Int´l L. 2 (2004), 195ff.; ebenso Slaughter, Sovereignty and Power in a networked world order, ebenda, 283ff.

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1. Vereinigte Staaten von Amerika

Die Untersuchung der Rechtslage im Hinblick auf die Bewältigung schiedsrichterlicher

Interessenkonflikte innerhalb der US-amerikanischen Jurisdiktion steht am Anfang der

Untersuchung, weil sie der unbestreitbar größte existierende „Markt“ für (inter-)nationale

Schiedsverfahren weltweit ist144; vor allem aber, weil sie im Vergleich zu anderen, die

internationale Schiedsgerichtsbarkeit ebenfalls beeinflussenden Jurisdiktionen von Beginn an

eine eigenständige Entwicklung genommen hat: Nach US-amerikanischem Verständnis fällt

der Streitentscheidungsmechanismus der Schiedsgerichtsbarkeit unter die Alternative

Streitbeilegung145, ist also keine eigenständige Gerichtsbarkeit146.

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Den für Interessenkonflikte maßgeblichen rechtlichen Rahmen bestimmen Section 10(b) des

Federal Arbitration Act (FAA)147, die beinahe wortgleiche Section 12(a) Abs. 1 und Abs. 2

des Uniform Arbitration Act (UAA)148 und zum Teil mit Gesetzeskraft wirkende149 Ethical

Standards150. Das ML haben die meisten Bundesstaaten nicht rezipiert; selbst in den wenigen

Bundesstaaten, die es übernommen haben151, dürfte es nicht von maßgeblicher Bedeutung

144 Dazu Blessing, Introduction to Arbitration, Rdn. 66ff.; eine Übersicht des case load zwischen 1991 (62.327 Verfahren) und 2001 (218.032 Verfahren) ist abgedruckt in der AAA Dispute Resolution Times, April-June 2002, S. 1 und 17f.; Finizio, 7 Int. A.L.R. 3 (2004), 88 (Fn. 2), zufolge wurden bei der AAA in 2002 insgesamt 230.258 Schiedsverfahren anhängig gemacht; allgemein zur rasanten, beinahe explosionsartigen Entwicklung des AAA case load der AAA Service Report vom 13.04.2004 (abrufbar unter www.adr.org), aus dem sich für 1992 eine Zahl von über 1 Millionen und für 2002 von über 2 Millionen anhängigen, rechtshängigen, und erledigten Schiedsverfahren ergibt. 145 Alternativ Dispute Resolution (ADR); ein Überblick hierzu findet sich bei Goedel, in: Vertragsgestaltung, Band 4/II, Schriftenreihe DIS, S. 67ff.; Arkin, I.B.L. (1993), 373ff.; und Redfern/Hunter, Law and Practice, 3rd ed., Rdn. 1-49 bis 1-75. 146 Finizio, 7 Int. A.L.R. 3 (2004), 88, 92; nach kontinental-europäischem Verständnis ist die ADR wegen der Koexistenz staatlicher und privater Gerichtsbarkeit echte Gerichtsbarkeit. 147 Title 9, US Code, Sections 1-14, first enacted February 12, 1925 (43 Stat. 883), codified July 30, 1947 (61 Stat. 669), and amended September 3, 1954 (68 Stat. 1233); Chapter 2 added on July 31, 1970 (84 Stat. 692); two new Sections passed by the Congress in October of 1988 and renumbered on December 1, 1990 (PLS 669 and 702); Chapter 3 added on August 15, 1990 (PL 101-369); Section 10 amended on November 15; Section 4 räumt den Federal District Courts die Zuständigkeit für Schiedsverfahren dann ein, wenn sie entsprechend auch in einem staatlichen Verfahren zuständig wären. 148 Adopted by the National Conference of Commissioners on Uniform State Laws in 1955, amended in 1956, approved by the House of Delegates of the American Bar Association on August 25, 1955, and August 30, 1956; in Kraft in 48 US-Bundesstaaten, dem District of Columbia und Puerto Rico; der UAA wird derzeit überarbeitet, dazu Baum, ASA Special Series No. 18, S. 7, 8 (Fn. 3). 149 So Standard 7(d) der Ethics Standards for Neutral Arbitrators California, vom 1.07.2002 (die gemäß §1281.85 California Code of Civil Procedure als Bestandteil der California Rules of Court in Kraft gesetzt worden sind): “A person who is nominated or appointed as an arbitrator must disclose all matters that could cause a person aware of the facts to reasonably entertain a doubt that the proposed arbitrator would be able to be impartial.” (abrufbar unter www.court.info.ca.gov./rules/reports/documents/rule04); s. auch Finizio, 7 Int. A.L.R. 3 (2004), 88, 93; ebenso Slate II, AAA Dispute Resolution Times, April-June 2002, 1 und 12. 150 AAA/ABA Code of Ethics for Arbitrators Revised, verabschiedet am 1. März 2004. 151 Californien, Connecticut, Illinois, Oregon und Texas; hierzu Finizio, 7 Int. A.L.R. 3 (2004), 88, 90.

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sein, weil im Hinblick auf internationale Schiedsverfahren die Regelungen des FAA stets

vorrangig sind152.

Der gesetzgeberische Prüfungsmaßstab für Fragen der Unparteilichkeit ist gemäß Section

10(b) FAA der Beweis schiedsrichterlicher „evident partiality“153. Die US-amerikanische

Rechtsprechung hat bis heute keinen einheitlichen Ansatz für diesen Maßstab bilden können -

was in Anbetracht seiner vergleichsweisen Deutlichkeit verwunderlich ist. In einer

Entscheidung des US Court of Appeals heißt es dann auch “The abscence of a consensus on

the meaning of „evident partiality“ is evidenced by the approach adopted by the different

circuits.”154. Erstmals deutlich sichtbar waren die Schwierigkeiten der Anwendung des

„evident partiality“-Maßstabs in der Entscheidung des US Supreme Court in Commonwealth

Coatings Corp. v Continental Casualty Co.155 geworden - dort auch verbunden mit Fragen der

Reichweite einer schiedsrichterlichen Offenlegungspflicht. Die Mehrheit der Richter stellte

mit jeweils divergierender Begründung fest, dass die Aufhebung eines Schiedsspruchs

entgegen dem Wortlaut der Section 10(b) FAA bereits dann erfolgen müsse, wenn „even the

appearance of bias“ existiere. Diese Entscheidung hat trotz der Uneinigkeit der Richter

untereinander und der Vielfalt der von ihnen zur Begründung angewendeten Maßstäbe zur

Feststellung mangelnder schiedsrichterlicher Unparteilichkeit die US-amerikanische

Rechtsprechung bis heute beeinflusst156. Aus Sorge vor einem allzu strengen Offenlegungs-

und tatsächlich nicht erfüllbaren, „reinen“ Unparteilichkeitsstandard sind die Federal Courts

dieser Mehrheitsentscheidung nicht durchgängig gefolgt, konnten ihr jedoch ihrerseits bislang

keine klar erkennbare Rechtsprechungspraxis entgegensetzen: Formulierungen wie „the mere

appearance of bias or impropriety, standing alone, is insufficient to vacate an award“157 finden

ebenso Anwendung wie „the undisclosed facts must show a reasonable impression of

152 Zum Vorrang des Bundesrechts gegenüber Bundesstaatenrecht s. Mayo v. Dean Witter Reynolds Inc, 258 F.Supp.2d 1097 (N.D.Cal. 2003); ebenso Finizio, 3 Int. A.L.R. 1 (2004), 88, 93. 153 Section 10 FAA: “In any of the following cases the United States court in and for the district wherein the award was made may make an order vacating the award upon the application of any party to the arbitration: (a) Where the award was procured by corruption, fraud, or undue means; (b) Where there was evident partiality or corruption in the arbitrators, or either of them.”. 154 Montez v Prudential Securities Inc, 260 F.3d 980, 983 (8th Cir., 2001); in diesem Sinne auch Coe Jr., Arbitration, S. 312f.; ebenso Born, Arbitration, S. 643-651. 155 393 U.S. 145, 149f. (8th Cir., 1968); s. insbesondere die „Opinion“ von Black J. und „Concurring Opinion“ von White J; Näheres zum Inhalt der Entscheidung bei Yu/Shore, I.C.L.Q. (2003), 935, 944ff.; zu ihrer Weiterentwicklung vgl. Cook Industries, Inc v C Itoh & Co (America) Inc. 449 F.2d 106, 107f (2nd Cir., 1971). 156 In diesem Sinne auch Finizio, 3 Int. A.L.R. 1 (2004), 88, 90: „These differences have hobbled subsequent efforts to set out a clear test for „evident partiality” under s. 10 of the FAA.”. 157 Z.B. Health Services Management Corp. v Hughes, 975 F.2d 1253, 1264 (7th Cir. 1992); Apperson v Fleet Carrier Corp., 879 F.2d 1344 (6th Cir. 1989); ebenso Coe Jr., Arbitration, S. 312.

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partiality158 oder auch „the challenging party must put forward facts that objectively

demonstrate such a degree of partiality that a reasonable person could assume that the

arbitrator had improper motives”159.

Carter stellt zum Fehlen einer klaren Tendenz in der Rechtsprechung dann auch nur fest, dass

der „evident partiality“-Prüfungsmaßstab zur Aufhebung eines Schiedsspruchs wohl mehr als

„remote and speculative claims of bias“160 erfordere, nicht aber den Beweis tatsächlicher

Parteilichkeit161. In der Entscheidung Sphere Drake Insurance Ltd v All American Life

Insurance hat Justice Easterbrook einen „appearance of bias“-Test als mit dem Erfordernis der

„evident partiality“ i.S. von Section 10(b) FAA nicht vereinbar verworfen: Stattdessen

verlangt er einen Maßstab, der sich danach richtet „(that, d. Verf.) a direct and substantial

relationship or interest between the arbitrator and a party, or the matter of the dispute (exists,

d. Verf.)“162. Welcher Prüfungsmaßstab aber letztendlich jenseits des inzwischen wohl

verworfenen „mere appearance“-Tests Anwendung findet, bleibt unklar163. Als Anhaltspunkte

empfehlen Carter und Rivkin, die in der Entscheidung Consolidated Coal Co. v UMW Local

zusammengefassten Fallgruppen heranzuziehen164. Yu und Shore stellen zynisch fest, dass

mit einem Ansatz des „more than appearance but less than actual partiality“ praktisch nichts

gewonnen ist165. Eindeutig ist die US-amerikanische Rechtsprechung lediglich in ihrem

Urteil, die „evident partiality“-Prüfung anhand der objektiven Sichtweise eines vernünftigen

Dritten vorzunehmen („inquiring as to whether, in light of the facts an circumstances, a

reasonable person would have to conclude that the arbitrator was impartial“166).

b. Offenlegung

Die schiedsrichterliche Offenlegungspflicht soll gemäß der Rechtsprechungspraxis US-

amerikanischer Gerichte nicht übermäßig beschwerlich sein („not overly burdensome“),

158 Schmitz v Ziveti, 20 F.3d 1043, 1046f. (9th Cir. 1994). 159 ANR Coal Co v Cogentrix of NC Inc, 173 F.3d 493, 500f. (4th Cir. 1999). 160 Washburn v McManus, 895 F.Supp. 392, 400 (D. Conn. 1994). 161 Carter/Rivkin, IBA National Report USA, 27 June 2002, S. 1. 162 307 F.3d 617, 621 (7th Cir. 2002); ebenso Coe Jr., Arbitration, S. 314; auch Born, Arbitration, S. 873. 163 Coe Jr., Arbitration, S. 312f. 164 1643, 48 F.3d 125, 130 (4th Cir. 1995); Carter/Rivkin, IBA National Report USA, 27 June 2002, S. 2f. 165 Yu/Shore, I.C.L.Q. (2003), 935, 949 (Fn. 57), die auch den Schluss ziehen, dass die Schwellenwerte zur Beurteilung der schiedsrichterlichen und richterlichen Unparteilichkeit identisch sind. 166 Consolidation Coal Co. v United Mine Workers of America, 48 F.3d 125, 129 (4th Cir. 1995); Peoples Security Life Ins. v Monumental Life Ins., 991 F.2d 141, 146 (4th Cir. 1993); Morelite Construction Corp. v New York City District Council Carpenters Benefit Funds, 748 F.2d 79, 84 (2d. Cir. 1984); Yu/Shore, I.C.L.Q. (2003), 935, 944-951.

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jedoch so lange gelten, bis die Schiedsrichterbank functus officio wird167: Ein Schiedsrichter

sei nicht verpflichtet, die Parteien mit einem vollumfänglichen und schonungslos offenen

Lebenslauf zu informieren168.

Abgesehen von Canon II., D. des AAA/ABA Code of Ethics Revisited 2004 kennt die US-

amerikanische Jurisdiktion keine „when in doubt, disclose“-Regelung. Allerdings soll ein

Schiedsrichter verpflichtet sein, vernünftige Bemühungen („reasonable efforts“) zum

Erkennen möglicher Interessenkonflikte zu unternehmen169.

c. Präklusion bzw. Verzicht

Mit wenigen Ausnahmen170 scheinen US-amerikanische Gerichte Schiedsparteien in ihrem

Wunsch, darauf zu verzichten, einen (potentiellen) schiedsrichterlichen Interessenkonflikt

geltend zu machen, nicht beschränken zu wollen; dieser muss nur nach Kenntnisnahme der

ihn begründenden Umstände rechtzeitig und vollständig offengelegt sein171. Dieser Ansatz

verdeutlicht, dass nach US-amerikanischer Sicht die Schiedsgerichtsbarkeit „a matter of

contract“ ist und - nach entsprechender Offenlegung - dem Primat der Parteiautonomie

uneingeschränkt Geltung verschafft werden soll172. Zwar ermöglicht der FAA die

Überprüfung eines solchen Schiedsspruchs anhand des ordre public national/interne; die

Gerichte legen diesen wertbezogenen Einwand aber äußerst restriktiv aus173. Inwieweit

letztlich internationale Schiedsverfahren mit Sitz des Schiedsgerichts in den USA dem

angelsächsischen bzw. kontinental-europäischen Modell zur Bewältigung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen gleichstehen, z.B. über eine vergleichbare Wirkungsweise der

AAA/ABA Codes 1977 bzw. Revisited 2004 und der IBA Ethics 1987 bzw. Guidelines 2004,

ist umstritten174.

167 Merit Ins. Co. v Leatherby Ins. Co, 714 F.2d, 673, 678 (7th Cir. 1983); AAA/ABA Code 1977 und Revisited 2004, jeweils Canon II., C. 168 Reed & Martin, Inc. v Westinghouse Electric Corp., 439 F.2d 1268 (2d. Cir. 1971): “the duty of disclosure does not mandate that the arbitrator provide the parties with his complete and unexpurgated business biography.”. 169 “Reasonable efforts“, so Coe Jr., Arbitration, S. 315f. 170 So z.B. das Minderheitsvotum von Justice Oaks in Cook Industries, Inc v C Itoh & Co (America) Inc, 449 F.2d 106, 109; Milliken Woolens, Inc., 292 N.Y. S.2d 431, 434 (N.Y. App. Div. 1960): „Actual partiality may never be deemed waived.”. 171 Vgl. Carter/Rivkin, IBA National Report Addendum USA, unter Berufung auf Commonwealth Coatings Corp. v Continental Cas. Co., 393 U.S. 145, 150 (1968). 172 Astoria Medical Group v Health Ins. Plan of Greater New York, 182 N.E. 2d 85 (NY CA 1962); zur Vertragstheorie („contractualist theory of arbitration”) s. Yu/Shore, I.C.L.Q. (2003), 935ff. (die dort allerdings die Prozeßtheorie (“concessionary theory”) vertreten). 173 Carter/Rivkin, IBA National Report Addendum USA; allgemein hierzu Born, Arbitration, S. 869. 174 Dafür: Baums, ASA Special Series No. 18, S. 7 und S. 14ff. (unter Bezugnahme auf die IBA Ethics 1987 und Arbitration Rules institutioneller Schiedsorganisationen); dagegen: Carter/Rivkin, IBA National Report USA, S.

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2. Schweiz

Die Schweiz hat das ML nicht übernommen175. Die Behandlung schiedsrichterlicher

Interessenkonflikte richtet sich

- für nationale Schiedsverfahren nach Art. 18 Konkordat i.V.m. Art. 23 lit. (c) OFA176:

Danach kann ein Schiedsrichter u.a. abgelehnt werden „if there are circumstances of

such a nature as to give rise to the appearance of bias in the case“177;

- für internationale Schiedsverfahren, die ihren Schiedssitz in der Schweiz haben, nach

Kapitel 12 Internationales Privatrechtsgesetz (IPRG) 1989178 über Art. 180 Abs. 1 lit.

(c)179.

Trotz des leicht unterschiedlichen Wortlauts gibt die ständige Rechtsprechung des

Bundesgerichts beiden Vorschriftenkomplexen dieselbe Bedeutung180; deshalb wird im

3 (unter Bezugnahme auf die Spruchpraxis US-amerikanischer Gerichte, nach der Fragen der richterlichen Befangenheit zur U.S.-amerikanischen public policy zählen, die anhand eines US-amerikanisch geprägten Wertemaßstabes beurteilt wird (s. dazu z.B. Fertilizer Corp. of India v IDI Management, Inc., 517 F.Supp. 948 (S.D. Ohio 1981)); ebenso Born, Arbitration, S. 868; s. auch Yu/Shore, 52 I.C.L.Q. 10 (2003), S. 935 - S. 951. 175 Einen umfassenden Überblick zum Schweizer (inter-)nationalen Schiedsrecht vermittelt Blessing, Introduction to Arbitration, Swiss Commercial Law Series No. 10; allgemein zur schiedsrichterlichen Ernennung und Ablehnung nach Schweizer Recht Habegger, IBA Section on Business Law, Committee D News (September 1997), S. 25f.; das Ablehnungsrecht kommentierend Heini/Keller/Siehr/Vischer/Volken, IPRG, Art. 180, S. 1524 - S. 1528. 176 Schweizerisches Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit / Concordat Suisse sur l´arbitrage, verabschiedet durch die Cantonal Justice Directors´ Conference am 27.3.1969, bestätigt durch den Federal Council am 27.8.1969; Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege / Federal Statute on the Organisation of the Federal Administration of Justice (seine Art. 22-25 regeln den Ausschluß und die Ablehnung staatlicher Richter). 177 Art. 23 lit. (c) OFA: „s´il existe des circonstances de nature à leur donner l`apparence de prévention dans le procès.”. 178 In Kraft getreten am 1.1.1989, RS 291 (englisch: Federal Private International Law Statute (PIL)); s. allgemein zum IPRG Lalive/Poudret/Reymond, Le droit de l´arbitrage interne et international en Suisse, 1989; auch Blessing, Das neue internationale Schiedsgerichtsrecht der Schweiz, in: Böckstiegel, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz (II), 1989, S. 13 - S. 90. 179 Art. 180(1) lit. (c) IPRG lautet wie folgt: “Ein Schiedsrichter kann abgelehnt werden: (c) wenn Umstände vorliegen, die Anlass zu berechtigten Zweifeln an seiner Unabhängigkeit geben.“; die englische Version lautet: „An arbitrator may be challenged: (c) if circumstances exist that give rise to justifiable doubts as to his independence.”; einleitend zur Problematik schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen Lalive, Sur l´impartialité de l´arbitre international en Suisse, Sem. Jud. (1990), 362-371. 180 Zu Art. 18 Konkordat 1969 s. z.B. ATF Société Ligier et Société Diffusia c. Société Alfa Lancia Industriale, Rev. d. Arb. (1989), 505, 507: „Selon la jurisprudence, il faut qu´il existe des faits qui justifient objectivement la méfiance. Celle-ci ne saurait reposer sur le seul sentiment subjectif d´une des parties; un tel sentiment ne peut etre pris en considération que s´il est fondé sur des faits concrets, et si ces faits sont, en eux-memes, propres à justifier objectivement et raisonnablement pareil sentiment chez une personne réagissant normalement.“; zu Art. 180(1) lit. (c) s. z.B. ATF I. SA v. V, 9.2.1998, ASA Bulletin (1998), 634, 644: „Les doutes sur l´indépendance de l´arbitre dépendent, dans chaque cas, des circonstances; il n´y a pas de motif absolu de récusation. Ces doutes doivent se fonder sur l´existence de faits objectifs qui sont de nature, pour un observateur raisonnable, à éveiller des soupcons quant á l´independance de l´arbitre.“; s. auch Tschanz, ASA Special Series No. 18, S. 65, 67f. und 70.

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Folgenden nicht weiter zwischen nationalen und internationalen Schiedsverfahren

unterschieden.

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Nach derzeitiger Rechtslage kann das Bundesgericht mögliche Konflikte aus Beziehungen

zwischen Schiedsrichtern und den Verfahrensbeteiligten nur im Rahmen eines

Aufhebungsverfahrens gemäß Art. 190 Abs. 2 lit. (b) IPRG untersuchen; Ablehnungsanträge

hingegen werden ausschließlich durch das Schiedsgericht bzw. im Falle administrierter

Schiedsverfahren durch die Spruchkörper der Schiedsorganisationen entschieden. Den

anzuwendenden Prüfungsmaßstab sollen objektiv berechtigte Zweifel aus der Sicht eines

vernünftigen Dritten im Rahmen eines Anscheinstests („appearance of bias“ bzw. „risk of

bias“181) bilden; der Beweis tatsächlicher Abhängigkeit ist nicht erforderlich182. Die

Relativität der Bezeichnung eines Prüfungsmaßstabes als objektiv oder subjektiv wird

allerdings durch Blessing verdeutlicht, der Umstände, die bei einem vernünftigen Dritten

wenigstens den Eindruck („impression“) einer schiedsrichterlichen Befangenheit erwecken,

eher einem subjektiven als objektiven Maßstab zuordnet183. Das Fehlen des Merkmals der

“Unparteilichkeit” in Art. 180 lit. (c) IPRG ist auf einen Kompromiss während des

Gesetzgebungsverfahrens zum IPRG zurückzuführen184; man wollte den Parteien und

Schiedsrichtern mit dem objektiv verifizierbaren Unabhängigkeitsmerkmal eine

Handreichung für ein planbareres Verfahren machen185. Deshalb soll aus dem Fehlen des

Merkmals der Unparteilichkeit grundsätzlich kein unterschiedlicher Maßstab für

181 Für Ersteres Tschanz, ASA Special Series No. 18, S. 65, 68f.; so auch BGE in Hitachi Ltd. v. SMS Schloemann Siemag AG, 30.6.1994, ASA Bulletin (1997), 99, 105 (unter Berufung auf BGE 119 Ia 221 E. 3, 226; s. auch BGE 117 Ia 324ff. E. 2; ebenso BGE, 15. Mai 1992, ZBl 94/1993, 84ff. E. 3a); beides hingegen gleichsetzend Kaufmann-Kohler/Voser, IBA National Report Swiss, 26 June 2002, S. 2. 182 BGE in Hitachi Ltd. v. SMS Schloemann Siemag AG, 30.6.1994, ASA Bulletin (1997), 99, 105. 183 Blessing, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 97, 100; dagegen Kaufmann-Kohler/Voser, IBA National Report Swiss, 26 June 2002, S. 3, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Schweizer Bundesgerichts (z.B. BGE 114 Ia 50, 53; BGE 115 Ia 405; BGE 116 Ia 33; BGE 117 Ia 184; BGE 120 Ia 184 E. 2b; BGE 124 II 123). 184 Hierzu Blessing, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 97, 100f.; s. auch A. Bucher/Tschanz, Le nouvel arbitrage, N.168; während noch im Entwurf des IPRG von 1983 die Merkmale der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit vorgesehen waren, strich der Schweizer Gesetzgeber das Merkmal der Unparteilichkeit im Rahmen eines Kompromisses im Verlauf des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens (1987), nachdem die beiden beteiligten Gesetzgebungskammern beide Merkmale aus Furcht vor missbräuchlichen Ablehnungsanträgen schon vollständig hatten streichen bzw. beibehalten wollen; dazu auch Heini/Keller/Siehr/Vischer/Volken, IPRG, Art. 180, S. 1525 Rdn. 5f.. 185 So Tschanz, ASA Special Series No. 18, S. 65, 70.

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parteibenannte und vorsitzende Schiedsrichter abgeleitet werden können186; höchstrichterlich

ist das bislang aber noch nicht entschieden187.

b. Offenlegung

In bezug auf staatliche Richter unterscheidet der Schweizer Gesetzgeber zwischen

Ausschließungs- und Ablehnungsgründen; im ersten Fall muss der staatliche Richter jedes

Tätigwerden ablehnen, im zweiten Fall hat er lediglich möglicherweise relevante Umstände

offenzulegen und es liegt dann bei den Parteien, ihn im Amt zu belassen. Eine vergleichbare

Regelung für Schiedsrichter sehen weder das Konkordat noch das IPRG vor. Dennoch hat das

Bundesgericht entschieden, dass ein Schiedsrichter aufgrund vorvertraglicher bzw.

nebenvertraglicher Pflicht während der gesamten Dauer des Schiedsverfahrens „alles ihm

Mögliches zu tun hat, ein faires und zügiges Verfahren zu gewähren“188. In einer jüngst

ergangenen Entscheidung hat es Neuland betreten und auch die Parteien mit einer

Nachforschungs- und Informationspflicht zu Beginn des Schiedsverfahrens - und nicht erst im

Rahmen der Substantiierung des Vortrages für das Aufhebungsverfahren - belegt; das soll

zumindest dann gelten, wenn bereits Umstände in Bezug auf einen Schiedsrichter bekannt

sind, die einen Ablehnungsantrag wegen Befangenheit zumindest nicht mehr

unwahrscheinlich erscheinen lassen und wenn durch die frühzeitige Stellung eines solchen

Antrags eine Verzögerung des Schiedsverfahrens verhindert werden kann189.

c. Präklusion bzw. Verzicht

Bislang hat die Schweizer Rechtsprechung sich nicht ausdrücklich mit der Frage beschäftigen

müssen, ob, und wenn ja, in welchem Umfang ein Verzicht der Parteien auf ihr

Ablehnungsrecht und die Durchführung eines Aufhebungsverfahrens möglich ist. In der

Literatur wird die Ansicht vertreten, die Parteien könnten in Kenntnis aller maßgeblichen

Tatsachen, also „sehenden Auges“, einen vollständigen Verzicht erklären, weil es keine

gesetzliche Verpflichtung gebe, nach der ein Ablehnungs- oder Aufhebungsantrag bei

186 Für eine solche Abstufung z.B. Walter/Bösch/Brönnimann, IPRG, S. 110; A. Bucher/Tschanz, Le nouvel arbitrage, N. 168; Peter/Freymond, IPRG, Art. 180, N.10; für weitere Nachweise s. auch BGE 118 II 359, 361 (1992). 187 Offengelassen in BGE 118 II 359, 361f. (1992). 188 BGE 111 Ia 72, 76 (1985); so auch Blessing, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 100; ebenso Kaufmann-Kohler/Voser, National Report Swiss, 26 June 2002, S. 4f. 189 BG, 15.10.2001: „It is at the time when a party appoints its arbitrator that the verifications required by the circumstances must be made, this in order to permit a challenge without delay, section 180(2) 2nd sentence PIL, and to avoid disrupting the arbitral proceedings… . Opting for ignorance may, depending on the circumstances, constitute a violation of good faith comparable to delaying a challenge of an arbitrator.”, besprochen von Geisinger, IBA Section on Business Law, Committee D News (February 2003), S. 58f.

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Kenntnis der diese Anträge begründenden Umstände zwingend vorgeschrieben sei190.

Außerdem wird angeführt, dass die Parteien ihr Ablehnungsrecht nicht zuletzt aufgrund des in

der Regelung von Art. 180 Abs. 2 Satz 2 IPRG gesetzlich normierten Gebots des Handelns

nach Treu und Glauben in vollem Umfang verlieren, wenn es nicht „unverzüglich“ geltend

gemacht wird191: Technisch soll der Verzicht sowohl ausdrücklich als auch stillschweigend

durch ein Verstreichenlassen der Unverzüglichkeitsfrist möglich sein. Stützen kann sich diese

Ansicht auf Art. 192 Abs. 1 IPRG, nach dem die Parteien auf ihr Recht, ein

Aufhebungsverfahren zu initiieren, im Voraus verzichten können192; weil aber die Parteien

damit auf jeden möglichen Aufhebungsgrund wirksam im Voraus verzichten können, muss

dies a fortiori für einen Verzicht auf das „schwächere“ Ablehnungsrecht erst recht gelten.

Geklärt hat das Bundesgericht hingegen, dass die Säumnis der Frist unter Art. 180 Abs. 2 Satz

2 IPRG dem Verzicht einer Partei auf die Geltendmachung ihres Ablehnungsrechts

gleichsteht193 - unverzichtbare Grundrechtsansprüche sollen einer solchen Verwirkung

grundsätzlich nicht entgegenstehen194.

3. Frankreich

Auch Frankreich hat das ML weder rezipiert noch auch nur als Leitmotiv herangezogen. Art.

1452 NCPC195 ist die Ausgangsnorm zur Beurteilung mangelnder schiedsrichterlicher

Unparteilichkeit und Unabhängigkeit: Er stellt keine entsprechende schiedsrichterliche Pflicht

auf und definiert auch nicht den anwendbaren Prüfungsmaßstab; er fordert lediglich, dass ein

Schiedsrichter, der sich eines ihn betreffenden Ablehnungsgrundes bewusst ist, den Parteien

die diesem Ablehnungsgrund zugrundeliegenden Umstände offenlegen soll196.

190 A. Bucher/Tschanz, Le nouvel arbitrage, N.173. 191 Peter/Freymond, IPRG, Art. 180, N.21f.; A. Bucher/Tschanz, Le nouvel arbitrage, N.173; das ist höchstrichterlich durch BGE in Hitachi Ltd. v. SMS Schloemann Siemag AG, 30.6.1994, ASA Bulletin (1997), 99, 101 (unter Verweis auf BGE 118 Ia 282 E. 3a., 284 (m.w.N.)), geklärt worden. 192 Das setzt aber voraus, dass keine der Parteien ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Niederlassung in der Schweiz hat; insofern ist diese Regelung für internationale Schiedsverfahren umso gewichtiger; vgl. im Gegensatz dazu z.B. Deutschland, wo dies für Aufhebungsgründe i.S.d. §1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht gilt. 193 BGE in Hitachi Ltd. v. SMS Schloemann Siemag AG, 30.6.1994, ASA Bulletin (1997), 99, 101 (unter Verweis auf BGE 118 Ia 282 E. 3a., 284 (m.w.N.)); s. auch Geisinger, IBA Section on Business Law, Committee D News (February 2003), S. 58f. 194 BGE 118 Ia 282 E. 6, 292ff. 195 Nouveau Code de Procédure Civile, IV. Buch: Schiedsverfahren, Art. 1442-1507, wodurch ein eigener Abschnitt für internationale Schiedsverfahren in den NCPC eingeführt wurde (in Anwendung der Dekrete Nr. 80-354 (vom 14.5.1980) und Nr. 81-500 (vom 12.5.1981)); s. allgemein zur Durchführung internationaler Schiedsverfahren in Frankfreich Derains, France as Place for International Arbitration, in: Jan C. Schultsz/Albert Jan van den Berg (ed.), The Art of Arbitration, S. 111 - S. 119; zum „neuen“ französischen Reglement internationaler Schiedsverfahren vgl. einleitend Goldman, La nouvelle réglementation francaise de l´arbitrage international, in: Jan C. Schultsz/Albert Jan van den Berg (ed.), The Art of Arbitration, S. 153 - S. 174. 196 Art. 1452 NCPC lautet wie folgt: “An arbitrator who is aware of a ground for challenge regarding his or her person shall so inform the parties.” (englische Übersetzung d. Verf.).

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a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Nach französischer Rechtsprechung gilt, dass nur gesetzlich normierte Gründe für ein

Ablehnungsverfahren herangezogen werden dürfen. Mögliche Ablehnungsgründe können sich

damit nur aus Art. 341 NCPC ergeben. Diese Vorschrift umschreibt die richterliche Pflicht

zur Unabhängigkeit enumerativ, wird aber gleichermaßen auf Schiedsrichter angewendet197;

darüber hinaus ist allerdings höchstrichterlich eine allgemeine Pflicht zur schiedsrichterlichen

Unabhängigkeit entwickelt worden: In der Leitentscheidung Ury v. Galeries Lafayette198 hat

die Pariser Cour de Cassation entschieden, dass eine der essentiellen Qualitäten eines

Schiedsrichter seine unabhängige Einstellung bei der Ausübung richterlicher

Entscheidungsgewalt ist - gleich, auf welche Grundlage auch immer man diese stützt199. In

einer Reihe nachfolgender Entscheidungen haben französische Gerichte daraus den derzeit

geltenden Standard eines „definite risk of bias“-Prüfungsmaßstabs auf der Grundlage der

Existenz materieller oder intellektueller Beziehungen zwischen einem Schiedsrichter und den

Parteien entwickelt200.

b. Offenlegung

Es ist zu beobachten, dass sich die französische Rechtsprechung bei der Beurteilung von

Fragen schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen nicht so sehr vom Unparteilichkeits- und

Abhängigkeitsstandard leiten lässt, als vielmehr maßgeblich auf eine Verletzung der

schiedsrichterlichen Offenlegungspflicht in bezug auf die in Art. 1452 i.V.m. Art. 341 NCPC

genannten Ablehnungsgründe abstellt. Dabei ist umstritten, ob diese Offenlegungspflicht

objektiv oder subjektiv festzustellen ist: Die Cour de Cassation hat in zwei Entscheidungen

aus 1990 und 1991 einen objektiven Ansatz gewählt, indem sie festgestellt hat, dass ein

Schiedsrichter sämtliche Umstände offenlegen muss, die sich auf einen der

Ablehnungsgründe unter Art. 341 NCPC beziehen. Das Pariser Berufungsgericht hingegen

hat mit einer Entscheidung aus 1995 vorhergehende Rechtsprechung bestätigt, die einen

197 Als ein Ablehnungsbegehren rechtfertigende Gründe gelten damit (jeweils im Verhältnis eines Schiedsrichter zu den Schiedsparteien): (1.) das persönliche Interesse am Streitgegenstand, (2.) die schiedsrichterliche Gläubiger- oder Schuldnerstellung, (3.) familiäre Beziehungen, (4.) vormalige prozessuale Auseinandersetzungen, (5.) die Tätigkeit als Administrator, (6.) ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis, und (7.) öffentlich bekannte Freundschaften oder Antipathie. 198 Cour de Cassation, 13. April 1972, JCP, 1972, Ed. G. 199 “An independent mind is indispensable in the exercise of judicial power, whatever the source of that power may be … it is one of the essential qualities of an arbitrator” (englische Übersetzung d. Verf.); 1972 hat der Cour de Cassation diese Entscheidung aufrechterhalten. 200 “The independence of the arbitrator is essential to his judicial role, in that from the time of his appointment he assumes the status of a judge, which excludes any relation of dependence, particularly wih the parties. Further, the circumstances relied on to challenge that independence must constitute, through the existence of material or intellectual links, a situation which is liable to affect the judgement of the arbitrator by creating a definite risk of bias in favour of a party to the arbitration.”.

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subjektiven Ansatz gewählt hatte201. Die momentan wohl überwiegende Ansicht scheint

diesen subjektiven Ansatz zu befürworten; dies wohl nicht zuletzt aufgrund des Eindrucks

einer entsprechenden Sichtweise unter Art. 7(2) ICC Rules of Arbitration202: Demnach

müssen Schiedsrichter all jene Umstände offenlegen, die sich auf die unter Art. 341 NCPC

aufgelisteten Umstände beziehen - es sei denn, diese Umstände sind allgemein bekannt oder

lassen keine vernünftigen Zweifel an der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit und

Unabhängigkeit aufkommen. Keine oder eine unvollständige Offenlegung von potentiellen

Ablehnungsgründen kann dazu führen, dass ein Schiedsspruch für nichtig erklärt wird, falls

der Ablehnungsgrund bereits zum Zeitpunkt des Beginns des Schiedsverfahrens bestanden

hatte; auch kann er aufgrund fehlerhafter Bildung des Schiedsgerichts oder Verletzung des

Grundsatzes des Fair Trial aufgehoben werden.

4. England

„What is the law in England on bias? Presently a bit of a mess, but we are stuck with it.”203.

Die Entwicklung des englischen Rechts204 zur Bewältigung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen hat zwar mit dem Arbitration Act 1996205 erstmals eine

eigenständige und umfassende Regelung in den Sections 1 lit. (a), 24 Abs. 1 lit. (a), 33 Abs. 1

lit. (a), 68 Abs. 1 und Abs. 2 lit. (a) und Section 73 Abs. 1 lit. (c) und lit. (d) gefunden.

Bislang gibt es allerdings keine einzige höchstrichterliche Entscheidung zur definitiven

Ausgestaltung dieser normierten Grundregelungen selbst und auch nicht dazu, in welchem

Verhältnis sie zu der höchstrichterlichen Rechtsprechung unter den Arbitration Acts 1979 und

1950 stehen.

201 Paris Court of Appeal, 1995: “The arbitrator´s duty of disclosure, which enables the parties to exercise their right to challenge, should be examined not only in light of the extent to which the situation is common knowledge, but also in the light of the impact that it may reasonably be expected to have on the arbitrator´s judgment.”. 202 In der Fassung vom 1. Januar 1998, abrufbar unter http://www.iccwbo.org/court/english/arbitration/rules.asp. 203 So Gregor Reid, Partner der internationalen Sozietät Linklaters, während einer Konferenz am British Institute of International and Comparative Law (BIICL), London, am 4. Februar 2004 zu dem Thema „Independence, Impartiality and Disclosure in International Commercial Arbitration“. 204 Im Folgenden umschließen Begriffe wie „angelsächsische“ bzw. „englische Jurisdiktion“ oder auch nur die Begriffe „englisch“ und „England“ stets auch die walisische Rechtsordnung, die gemeinsam die Jurisdiktion „England & Wales“ bilden. 205 Arbitration Act England 1996, Chapter 23, vom 17.6.1996, größtenteils in Kraft getreten am 31.1.1997, abrufbar unter www.hmso.gov.uk (Stichwort: Arbitration Act 1996); diesen kommentieren die beiden offiziellen, durch das Departmental Advisory Committee (DAC) vorbereiteten Reports: (1.) DAC Report on the Arbitration Bill, February 1996, und (2.) DAC Supplementary Report on the Arbitration Act 1997 (beide abgedruckt in 13 ArbInt 3 (1997), 275-316 (= 1.) und 317-328 (= 2.)); obwohl der englische Gesetzgeber das ML nicht rezipiert hat, wird dessen grundsätzlicher Einfluss auf die Neugestaltung des Arbitration Act 1996 auch jenseits des Kanals nicht in Abrede gestellt, vgl. nur Veeder, Int´l Handbook, England, S. 3: “The philosophy of the UNCITRAL Model Law pervades the 1996 Act.”; ebenso Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 293.

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a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Der zur Beurteilung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen maßgebliche Bezugspunkt

ist nicht die tatsächliche, „reine“ Unparteilichkeit, weil es auch heute noch als unangemessen

gilt, die Entscheidungsfindung englischer Schiedsrichter oder Richter zu hinterfragen206;

hinzu kommt die Erkenntnis, dass mit einem solchen „reinen“ Unparteilichkeitsverständnis

unüberwindliche Probleme im Rahmen der schiedsverfahrensrechtlichen bzw. forensischen

Beweisführung einhergehen207. Vor diesem Hintergrund hat sich ein Prüfungsmaßstab

herausgebildet, der objektiv sämtliche Umstände des Einzelfalles berücksichtigen soll und

dabei zwei Parteilichkeitsgrade („threshold tests“) verwendet:

Der erste wird als „the rule in Dimes“ bezeichnet und nimmt Bezug auf die Entscheidung des

House of Lords in Dimes v. Proprietor of the Grand Junction Canal208: Danach sind Richter

oder Schiedsrichter automatisch vom Verfahren ausgeschlossen, falls sie an diesem ein

wirtschaftliches und finanzielles („pecuniary or proprietary“) Eigeninteresse haben. Mit seiner

aufsehenerregenden Entscheidung im Auslieferungsfall des chilenischen Diktators Pinochet209

hat das House of Lords dem wirtschaftlichen und finanziellen Eigeninteresse in sehr

begrenztem Maße ein nicht-finanzielles Eigeninteresse gleichgestellt210.

Der zweite Parteilichkeitsgrad findet in allen übrigen Fällen Anwendung, in denen eine

schiedsrichterliche Parteilichkeit „wahrgenommen“ werden kann („perception of bias“).

Bevor das House of Lords diesen Grad mit seiner Entscheidung in R v. Gough (Robert)211

begründete, hatte es selber wiederholt unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe angewandt:

Einerseits einen „reasonable suspicion“-Test mit der zu prüfenden Frage „whether a

reasonable and fair minded person sitting in the court and knowing all the relevant facts 206 Weiterführend zur Stellung englischer Richter im Beruf und in der Gesellschaft Richter, Der englische Richter - ein Fürst?, in: FS Wassermann, S. 177 - S. 191. 207 S. dazu Gregor Reid, Handout BIICL-Conference, S. 1. 208 (1852) 3 HL Cas. 759, insbesondere 793, (H.L.) (E.); s. auch die Inhaltswiedergabe in R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646, 673 (HL), sowie R v. Land (1866) L.R. 1 Q.B., 230, 232; ebenso Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 289. 209 R v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate, ex parte Pinochet Ugarte (No. 2) (1997) 2 W.L.R. 272 = (2001) 1 A.C. 119, (15 January 1999); R v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate Ex p. Pinochet Ugarte (No.1) (1998) 3 W.L.R. 1456 = (2000) 1 A.C. 61, (25 November 1998), und R v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate Ex p. Pinochet Ugarte (No. 3) (1999) 2 W.L.R. 827. = (2000) 1 A.C. 147, (24 March 1999). 210 Vgl. die Besprechung durch Jones, P.L. 1999, AUT, 391ff.; Henry, Sydney L.Rev. (1999), 26ff.; Olowofoyeku, P.L. 2000, AUT, 456ff.; mit interessanten Schlussfolgerungen aus diesem Fall für die Notwendigkeit der Errichtung eines englischen Supreme Court (der dort, vergleichbar dem BVerfG oder dem US Supreme Court, bislang nicht existiert) Masterman, P.L. 2004, SPR, 48ff. 211 R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646, 673 (HL) (dort ab S. 660 eine detaillierte Darstellung der Entwicklung der englischen Rechtsprechung zur Frage desjenigen Prüfungsmaßstabs, den der entscheidende Richter Lord Goff of Chieveley anwendet).

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would have had a reasonable suspicion that a fair trial by the defendant was not possible.”212,

andererseits einen “real likelihood“-Test mit der zu untersuchenden Frage “whether there was

a real likelihood of bias213”. In R v. Gough (Robert) stellte Lord Goof of Chieveley dann auch

entsprechend fest: “In fact, examination of the authorities reveals that selection of the

appropriate test does not simply involve a choice between the two tests. There are to be found

in the authorities variants of the real likelihood test, viz. whether there was a real danger of

bias, and there are also to be found in the authorities variants of the reasonable suspicion test;

and sometimes the two tests seem to have been combined.”214.

Mit seiner Entscheidung in R v. Gough (Robert) entschloss sich das House of Lords

letztendlich, den “real likelihood“-Test anzuwenden. Es definierte ihn über einen „real danger

of bias“-Test wie folgt: “Accordingly, having ascertained the relevant circumstances, the

court should ask itself whether, having regard to those circumstances, there was a real danger

of bias on the part of the relevant member of the tribunal in question, in the sense that he

might unfairly regard (or have unfairly regarded) with favour, or disfavour, the case of a party

to the issue under consideration by him.”215. Das (Schieds-)Gericht soll (1.) alle Umstände

aufklären, die entscheidungserheblich für die Prüfung der schiedsrichterlichen Parteilichkeit

sind, (2.) die Auswirkungen dieser Umstände nicht aus der Sicht eines objektiv vernünftig

urteilenden Beobachters bewerten, sondern (3.) selbst entscheiden, ob im Licht dieser

Umstände eine tatsächliche Gefahr schiedsrichterlicher Befangenheit gegeben war216.

Die kurz darauf über den Arbitration Act 1996 verabschiedete Section 24 Abs. 1 lit. (a) nimmt

den in R v. Gough (Robert) entwickelten “real likelihood“- bzw. „real danger“-Test nicht auf

- erstaunlicherweise, denn was hätte näher gelegen, als den kurz zuvor höchstrichterlich

ausgeurteilten Prüfungsstandard nicht auch endlich in Gesetzesform zu fassen. Stattdessen

212 Anklingend in R v. Sussex Justices, ex parte McCarthy (1924) 1 K.B. 256, per Lord Hewart C.J., der darauf hinweist, dass „even a suspicion that there had been an improper interference with the course of justice” ausreicht, das Schiedsverfahren zu desavouieren. 213 Erstmals so in R v. Land (1866) L.R. 1 Q.B. 230, 233, per Blackburn J., der sich auf Fallgestaltungen bezog, “in which there was a real likelihood that the judge would, from kindred or any other cause, have a bias in favour of one of the parties in which event it would be very wrong in him to act”; so später auch Frome United Breweries Co. Ltd. v. Bath Justices (1926) A.C. 586, 591 (per Viscount Cave L.C.), 607 (per Lord Atkinson) und 610 (per Lord Sumner); Rex v. Bath Compensation Authority (1925) 1 K.B. 685, 712; Reg v. Camborne Justices, ex parte Pearce (1955) 1 Q.B. 41; Reg. v. Barnsley Licensing Justices, ex parte Barnsley and District Licensed Victuallers´ Association (1960) 2 Q.B. 167, 187, per Devlin L.J.; Reg. v. Spencer (1987) A.C. 128; zunächst abschließend (den in R v. Land entwickelten Test erstmals als “real likelihood”-Test bezeichnend), dann R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646, 660f. (HL) per Lord Goff of Chieveley. 214 R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646, 660f. (HL). 215 R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646, 670 (HL), per Lord Goff of Chieveley. 216 Gregor Reid, Handout BIICL-Conference, S. 2.

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spricht sie von Umständen „that give rise to justifiable doubts as to his impartiality“ 217; aus

Sicht des Verfassers scheint sie damit eher den „reasonable suspicion”-Test aus R v. Sussex

Justices, ex parte McCarthy aufgenommen zu haben218. Gegen diese Annahme jedoch

sprechen wiederum die Ausführungen von Justice Rix in seiner Entscheidung in Laker

Airways Inc. v. FLS Aerospace Ltd: „The test laid down in section 24 reflects the test in R v.

Gough.“219; ebenso entschied das House of Lords in Locabail (UK) Limited v. Bayfield

Properties Limited unter dem Vorsitz der wohl ranghöchsten und bedeutendsten Richterbank

England´s220. In den zeitlich nachfolgenden Entscheidungen in Director General of Fair

Trading v. Proprietary Association of Great Britain bzw. Porter v. Magill221 nahmen der Court

of Appeal bzw. das House of Lords dann eine Angleichung des „real likelihood“- bzw. „real

danger“-Tests aus Anlass der Rezeption der ECHR in das englische Recht über den Human

Rights Act 1998 und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

vor222. Diese Angleichung bezieht sich auf obige Schlussfolgerungen zu (2.) und (3.):

Demnach soll das über die Parteilichkeitsfrage entscheidende Schiedsgericht nicht aus seiner

eigenen Sicht, sondern der eines fairen und informierten Dritten urteilen223.

Nach Ansicht des Verfassers geht die Entscheidung in Director General of Fair Trading v.

Proprietary Association of Great Britain jedoch (leider) erheblich weiter: Sie gibt den „real

likelihood“ bzw. „real danger“-Test zugunsten eines „real possibility of bias“-Test auf; der

Wortlaut der Urteilsgründe legt dies offen zu Tage. Schiedsrichterliche Befangenheit braucht

danach nicht mehr ´wahrscheinlich´ sein, sondern kann bereits dann angenommen werden,

219

217

So auch Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 308.

Art. 24(1) lit. (a) lautet wie folgt: “A party to arbitral proceedings may (upon notice to the other parties, to the arbitrator concerned and to any other arbitrator) apply to the court to remove an arbitrator on any of the following grounds - (a) that circumstances exist that give rise to justifiable doubts as to his impartiality.”. 218

(1999) 2 Lloyd´s Rep. 45; ebenso Sandy, 20 ArbInt 3 (2004), 305-321. 220 (2000) Q.B. 451 (die Richterbank bildeten Lord Bingham of Cornhill, L.C.J. (Lord Chief Justice), Sir Richard Scott V.C. (Vice-Chancellor) und Lord Woolf, M.R. (Master of the Rolls)): “This test (in R v. Gough, d. Verf.) appears to be reflected in section 24 of the Arbitration Act 1996.”. 221 (2002) 2 W.L.R. 37 (HL). 222 (2001) 1 W.L.R. 700; man spricht in diesem Zusammenhang immer über eine „lediglich geringfügige Anpassung“ des in R v. Gough (Robert) begründeten Standards, der durch die Rezeption der ECHR in englisches Recht (vermeintlich) notwendig geworden war; über den Human Rights Act England 1998 rezipierte die englische Jurisdiktion auch Art. 6 Abs. 1 ECHR (Näheres dazu im 2. Teil). 223 “Whether the circumstances would lead a fair-minded and informed observer (rather than the reviewing court) to conclude that there was a real possibility, or a real danger, the two being the same, that the tribunal was biased“; so auch nachfolgend Taylor v. Lawrence (2002) 2 All E.R. 353 = (2002) E.W.C.A. Civ. 90; Porter v. Magill (2002) 2 A.C. 357; für den Verfasser ist diese “lediglich geringfügige Anpassung aufgrund der Rezeption der ECHR in das englische Recht” nicht nachvollziehbar - denn ob nun die Sichtweise des entscheidenden Schiedsgerichts oder aber diejenige eines über die entscheidungserheblichen Umstände informierten, vernünftigen Dritten maßgeblich ist, hat keine Auswirkung; denn beide Sichtweisen sind identisch (sind sie es nicht, könnte das Schiedsgericht, dass sich von anderen Erwägungen als objektiven und vernunftbezogenen leiten lässt, nicht mehr unparteilich entscheiden).

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wenn sie ´möglich´ ist; der Kreis der Tatsachen, die einen erfolgreichen Ablehnungsantrag

ermöglichen, wurde damit erheblich erweitert. Der begriffliche Unterschied zwischen den

Worten der „likelihood“ einerseits und „possibility“ andererseits ist nach Ansicht des

Verfassers evident224; deshalb ist es auch nicht nachvollziehbar, dass dieser Unterschied

bislang nicht weiter in der englischsprachigen Literatur thematisiert worden ist. Die

Feststellung von Lord Goff in R v. Gough (Robert), dass für Richter und Schiedsrichter

derselbe Prüfungsmaßstab gelten müsse, ist durch die Entscheidung des House of Lords in

AT&T Corporation v. Saudi Cable Co bestätigt worden225.

Obgleich Section 24 Arbitration Act 1996 im weiteren Sinne Art. 12 ML aufnimmt, verlangt

sie über die explizit genannte Unparteilichkeit hinaus nicht die Beachtung des Merkmals der

Unabhängigkeit - zumindest nicht ausdrücklich. Das erklärt der DAC Report on the

Arbitration Bill 1996 damit, dass die Aufnahme eines Unabhängigkeitserfordernisses sowohl

überflüssig sei, weil bereits das Unparteilichkeitserfordernis ausreichend Schutz vor

schiedsrichterlicher Parteilichkeit biete, als auch zu missbräuchlichen Ablehnungsanträgen

führen könne226.

b. Offenlegung

Auch im Hinblick auf das Instrument einer schiedsrichterlichen Offenlegungspflicht ist weder

im Arbitration Act 1996 noch im common law eine ausdrückliche Regelung getroffen. Hierfür

liefert der DAC Report on the Arbitration Bill 1996 keine Erklärung; das ist insofern schwer

nachvollziehbar, als doch Section 24 Abs. 1 dem Abs. 2 von Art. 12 ML ähnlich ist und nur

im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 keine korrespondierende Regelung aufgenommen hat.

Obgleich die englische Rechtsprechung eine solche Offenlegung seitens eines Schiedsrichters

gleichwohl verlangt, bleibt bis dato offen, ob eine entsprechende Verpflichtung rechtlich oder

berufsethisch i.S. einer „best practice“ begründet wird227. Eastwood schlägt deshalb einen

224 Ebenso Beechey, IBA National Report England, 28 June 2002, S. 1; der Blick in jedes enzyklopädische Lexikon zu den Stichworten “Möglichkeit” bzw. “Wahrscheinlichkeit” zeigt das. 225 (2002) 2 Llyod´s Rep. 127; ebenso Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 289ff. 226 N.101-105, insbesondere N.104: „We should emphasize that we intend to lose nothing of significance by omitting reference to independence. Lack of this quality may well give rise to justifiable doubts about impartiality, which is covered, but if it does not then we cannot at present see anything of significance that we have omitted by not using this term.”; abgedruckt bei Merkin, Arbitration Act 1996, Appendix 8, S. 259; zur weiteren Information über die Rechtsprechung englischer Gerichte zu Section 24 Abs. 1 vgl. die Entscheidungen in Sterndale v. Brine Builders (2001) (unreported), Groundshire v. VHE Construction (2001) B.L.R. 395, Dredging and Construction Company Limited v. Delta Civil Engineering Co Ltd (No 2) 72 Con L.R. 99A; AT & T Corporation v. Saudi Cable Company (2000) 2 Lloyd’s Rep. 127, und Porter v. Magill (2002) 1 All E.R. 465. 227 S. dazu z.B. Locabail (UK) Ltd v. Bayfield Properties et alia (2000) Q.B. 451, 481: “The level of disclosure appropriate depends in large measure on the stage that the matter has reached. Thus if, before a hearing has begun, the judge is alerted to some matter which, depending on the full facts, may throw doubt on his fitness to

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„common sense approach“ vor und fordert (1.) die Anerkennung der „when in doubt,

disclose“-Regelung und (2.) eine Beschränkung des Umfanges der schiedsrichterlichen

Nachforschungs- und Informations-, also der Offenlegungspflicht auf vertretbare Maße228.

Auf jeden Fall jedoch besteht Übereinstimmung, dass das englische Recht die

Offenlegungsverpflichtung internationaler Schiedsorganisationen229 anerkennt, soweit deren

Schiedsordnungen von den Parteien in das Vertragsverhältnis einbezogen worden sind.

Englische Gerichte haben sich sogar für zuständig erklärt, die Einhaltung dieser

schiedsinstitutionellen Offenlegungspflichten auch dann zu überprüfen, wenn Schiedssprüche

nach einer institutionellen Schiedsordnung endgültig sind230. Im Hinblick auf eine

vergleichbare Verpflichtung der Schiedsparteien, ihrerseits nach möglichen

Interessenverflechtungen zu forschen, wird die Ansicht vertreten, eine solche Pflicht ergebe

sich aus Section 73 Abs. 1 Arbitration Act 1996231. Begrenzt werden soll diese

Nachforschungspflicht jedoch in dem Umfang, in dem die schiedsrichterliche Offenlegung

erfolgt, weil da Section 73 Abs. 1 nicht dazu führen soll, dass die Schiedsparteien diese

hinterfragen232: Problematisch ist jedoch, dass der Umfang gerade der Offenlegungspflicht

des Schiedsrichters nach englischem Recht derzeit unklar ist; und ist dieser Umfang ungewiss,

ist in der Folge dann auch das Verhältnis von Section 73 Abs. 1 zur Offenlegungs- und

Nachforschungspflicht insgesamt ungeklärt.

c. Präklusion bzw. Verzicht

Section 73 Abs. 1 lit. (c) und lit. (d) Arbitration Act 1996 sind dann auch Ausgangspunkt der

Beurteilung der Frage, ob die Parteien auf das schiedsrichterliche Unparteilichkeitserfordernis

wirksam verzichten können233. Dies scheint aus zwei Gründen höchst umstritten zu sein:

Erstens wegen der Frage der Abdingbarkeit der Voraussetzungen der Section 1, Section 24

sit, he should inquire into the full facts, so far as they are ascertainable, in order to make disclosure in light of those facts. In contrast, where a judge has embarked on a hearing in ignorance of a matter which emerges during the hearing, it is sufficient for the judge to disclose what he then knows. If he does make further inquiry and learns additional facts, he must also disclose those facts.”. 228 Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 298. 229 Arbitration Rules z.B. der ICC (Art. 7(2)), des LCIA (Art. 5(3)), der UNCITRAL (Art. 9), AAA (Art. 7(1)), DIS (Art. 16(1)), ICSID (Rule 6) oder auch SCC (Art. 17(2)). 230 So AT&T v. Saudi Cable Co. (2002) 2 Llyod´s Rep. 127; vgl. auch ICC Arbitration Rules (Art. 7(4)). 231 Gregor Reid, Handout BIICL-Conference, S. 4; so auch Eastwood, ArbInt 3(2001), 287, 300f.; s. auch die Entscheidung in Sterndale v. Brine Builders (2001) (unreported), nach der Section 73 auf Schiedsrichter anwendbar ist. 232 Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 300. 233 Weitere, über diese allgemeine Verzichtsregelung hinausgehende spezielle Regelungen sieht der Arbitration Act England 1996 nicht vor.

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und Section 33 Arbitration Act 1996234; und zweitens aufgrund der Unsicherheit, ob Section

73 Abs. 1 lit. (c) und lit. (d) nur dann greifen, wenn andere Normen auf sie ausdrücklich

Bezug nehmen235: Die Kommentierung zu Section 24 durch den DAC Report on the

Arbitration Bill 1996 weist auf beide Aspekte deutlich hin: Einerseits wird festgestellt,

Section 24 “effectively requires a party to ´put up or shut up´ if a challenge is to be made“;

andererseits wird aber auch vorgebracht „This is a mandatory provision. It seems to us that an

agreement to contract out of the cases we specify would really be tantamount to an agreement

to a dispute resolution procedure that is contrary to the basic principles set out in clause 1.”236.

Den Widerspruch im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Section 73 Abs. 1 lit. (c) und lit.

(d) auf Art. 1 lit. (a), Section 24 Abs. 1 lit. (a) und Section 33 Abs. 1 lit. (a) hat der Court of

Appeal in seiner Entscheidung in Locabail (UK) Ltd v. Bayfield Properties dadurch aufgelöst,

dass er den Verzicht in Kenntnis der die mögliche Parteilichkeit begründenden Umstände

erlaubt - ganz gleich, ob dieser ausdrücklich (als „informed waiver“) oder stillschweigend

durch Fristablauf (aufgrund einer „untimely challenge“) erklärt worden ist237; nach älteren

Entscheidungen soll das sogar dann gelten, wenn eine Partei von der potentiellen

Parteilichkeit eines Schiedsrichters nichts wusste, immer vorausgesetzt, der Schiedsrichter

hatte die diesbezüglich maßgeblichen Umstände nicht bewusst verheimlicht238. Offen aber

bleibt nach der Kommentierung des DAC Report on the Arbitration Bill 1996, ob der Verzicht

nur nach Beginn eines Schiedsverfahrens möglich ist239 oder auch schon im Voraus.

234 So hinsichtlich Section 24 und Section 33, Schedule 1, Mandatory Provisions of Part I, Arbitration Act England 1996; in Bezug auf Section 1 nicht zuletzt aufgrund des DAC Report on the Arbitration Bill 1996, N.110, abgedruckt bei Merkin, Arbitration Act 1996, Appendix 8, N.110. 235 So ausdrücklich Sections 66-68 Arbitration Act England 1996. 236 Gregor Reid, Handout BIICL-Conference, S. 5, fragt dann auch: “So, how does section 73 work in these circumstances?”. 237 (2001) Q.B. 451, 489 per Lord Bingham of Cornhill C.J.: “In a case in which before or during the trial the facts relating to the alleged bias have been disclosed to the parties, it seems to us right that attention should be paid to the wishes of the parties. They are the principals. If they are content that the trial should proceed the judge should, in our view, except where he doubts his ability to be impartial, be very slow to abort the trial.“(Hervorhebungen d. Verf.); so wohl auch Beechey, National Report, England, 28 June 2002, S. 2f.; s. auch Merkin, Law Library, N.8.24f. 238 Re Elliot and South Devon Railway Co (1848) 12 Jur 445; Ranger v. Great Western Railway Co (1854) 2 HL Cas 72; Re Clout and Metropolitan & District Railway Companies (1882) 46 LT 141. 239 Der DAC Report scheint unter Hinweis auf die Existenz und Berechtigung der sog. „put up or shut up“-Regel dafür zu sein, den Verzicht im Voraus zuzulassen, No.110 (vgl. dazu auch das deutsche Pendant „Stillehalten bedeutet Einwilligung“ bei Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1036 Rdn. 23) - es sei denn, dieser Hinweis ist bereits als ein das gesamte Schiedsverfahren umfassendes Abdingbarkeitsverbot in Bezug auf Section 1 lit. (a), Section 24(1) lit. (a) und Section 33(1) lit. (a) zu verstehen.

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5. Schweden

Zu den Jurisdiktionen, die sich vom ML zumindest haben inspirieren lassen, zählt auch

Schweden240. Der Arbitration Act 1999241 bestimmt das Regelungswerk schiedsrichterlicher

Unparteilichkeit über Art. 8 (Unparteilichkeit), Art. 9 (Offenlegung), Art. 10

(Ablehnungsverfahren), Art. 21 (Verfahrensgerechtigkeit), Art. 34 Abs. 1 Nr. 5 oder 6

((teilweise) Aufhebung), Art. 34 Abs. 2 (Verzicht) sowie Art. 54 und 55 (Anerkennung und

Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche)242.

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Art. 8 Abs. 2 Satz 1 setzt für einen erfolgreichen Ablehnungsantrag „any circumstance which

may diminish confindence in the arbitrator´s impartiality” voraus. Die in Satz 2 Nr. 1-4

aufgeführten Fallgestaltungen sind Ausschlussgründe243; sie sind nicht enumerativ, sondern

beispielhaft genannt und sollen den Verfahrensbeteiligten eine „vital guideline“244 bieten.

Allgemein wird das Merkmal der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit als von dem der

240 Für einen Überblick s. Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act 1999, 1f. (abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/artikelarkiv/report_sekolec.pdf); Hobér, 17 ArbInt 4 (2001), 351, 352; Franke, Stockholm Arbitration Newsletter 1/99, 1 (abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/newsletter/newsletter_1_1999.pdf; allgemein zum schwedischen Schiedsverfahrensrecht Magnusson, Stockholm Arbitration Newsletter 2/2004, 1ff. (abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/newsletter/newsletter_2_2004_eng.pdf); informativ auch Berger, 17 ArbInt 4 (2001), 389ff.; und Aksen, 17 ArbInt 4 (2001), 419ff. . 241 Lag (1999:116) om skiljeförfarande / Swedish Arbitration Act, in Kraft getreten am 1.4.1999; die englische Version ist abgedruckt in 17 ArbInt 4 (2001), 361ff. und 425-441 (abrufbar unter www.chamber.se (Stichwort: Swedish Arbitration Act)); zum Reformgesetzesvorhaben allgemein Hobér, 17 ArbInt (2000), 351ff. 242 Allgemein zum Ablehnungsverfahren Ruotsi, Stockholm Arbitration Newsletter 1/2004, 1 (abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/newsletter/newsletter_1_2004.pdf; zur Anzahl derjenigen Ablehnungs- bzw. Aufhebungsanträge, denen der hierfür allein zuständige Svea Court of Appeal stattgegeben hat (1987-1997: 4 aus insgesamt 25 Verfahren; 1999-2003: 1 aus insgesamt 13 Verfahren) und der beschränkten Aussagekraft dieser Zahlen Magnusson, Stockholm Arbitration Newsletter 2/2004, 1, 2; bzgl. Art. 54f. Swedish Arbitration Act 1999 vgl. den zuvor geltenden Act on Foreign Arbitration Agreements and Arbitral Awards (Lag (1929:147) om utländska skiljeavtal och skiljedomar). 243 Art. 8 lautet wie folgt: „(1) An arbitrator shall be impartial. (2) If a party so requests, an arbitrator shall be discharged if there exists any circumstance which may diminish confidence in the arbitrator's impartiality. Such a circumstance shall always be deemed to exist (Hervorhebung d. Verf.): 1. where the arbitrator or a person closely associated to him is a party, or otherwise may expect benefit or detriment worth attention, as a result of the outcome of the dispute; 2. where the arbitrator or a person closely associated to him is the director of a company or any other association which is a party, or otherwise represents a party or any other person who may expect benefit or detriment worth attention as a result of the outcome of the dispute; 3. where the arbitrator has taken a position in the dispute, as an expert or otherwise, or has assisted a party in the preparation or conduct of his case in the dispute; or 4. where the arbitrator has received or demanded compensation in violation of section 39, second paragraph.”; dazu auch Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act 1999, S. 24 (Fn. 80 mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, zwingende Offenlegungstatbestände in den Schiedsverfahrensgesetzen der US-Bundestaaten Californien, Oregon und Texas auf die Beurteilung der Frage anzuwenden, wann Umstände vorliegen „which may diminish confidence in the arbitrator´s impartiality“); hierzu auch Heuman, Arbitration Law of Sweden, S. 223f.; Wiwen-Nilsson, IBA National Report Addendum Sweden, 19 June 2002, S. 2. 244 So Öhrström, Decisions by the SCC Regarding Challenge of Arbitrators (1999-2002), Stockholm Arbitration Report 2002:1; 35, 36 (abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/artikelarkiv/marie_sar_2002_1.pdf.

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Unparteilichkeit umfasst angesehen245. Der Prüfungsmaßstab für diesen generellen Standard

wird auf Grundlage einer “appearance to the general public rather than to the parties to the

dispute”, also einer objektiven, vernünftigen Perspektive bestimmt246; zugleich soll er aber

auch insoweit subjektiv sein, als die Sicht des Schiedsrichters, und nicht die eines objektiven

Dritten oder der Parteien entscheidend ist247. Die gesetzliche Regelung zur richterlichen

Unparteilichkeit ist bis zu einem gewissen Grad Vorbild für Art. 8 Arbitration Act 1999

gewesen: Ein staatlicher Richter soll aber dem strengeren Maßstab einer „likelihood of

appearance of partiality“ unterliegen, während für den Schiedsrichter der einer „possibility of

appearance of partiality“ ausreichen soll248; diese unterschiedlichen Schwellenwerte sollen

Ausgleich dafür sein, dass Schiedsparteien, ganz im Gegensatz zu Parteien vor staatlichen

Gerichten, keine Rechtsmittelinstanz zur materiellen Überprüfung anrufen können249.

b. Präklusion bzw. Verzicht

Mit dem Erlass des Schiedsspruchs verliert eine Partei endgültig die Möglichkeit, die

Ablehnung eines Schiedsrichters über Art. 10 Arbitration Act 1999 geltend zu machen250;

Grund hierfür ist, dass das Schiedsgericht mit Erlass des Schiedsspruchs ´functus officio´ wird

und dass die Ablehnung eines Schiedsrichters eben voraussetzt, dass dieser noch im Amt

ist251. Darüber hinaus soll nach schwedischer Rechtsprechung ein erfolgreiches

Ablehnungsverfahren gegen einen Schiedsrichter nicht mehr die Wirksamkeit eines bereits 245 Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act 1999, S. 23; Wiwen-Nilsson, IBA National Report Addendum Sweden, 19 June 2002, S. 2. 246 Wiwen-Nilsson, IBA National Report Sweden, 6 May 2002, S. 2; ders., IBA National Report Sweden, 19 June 2002, S. 2. 247 So Wiwen-Nilsson, IBA National Report Sweden, 6 May 2002, S. 1 - auch hier sieht der Verfasser den Widerspruch, dass die subjektive Sicht eines Schiedsrichters niemals maßgeblich sein kann, wenn man die Unparteilichkeit dieses Schiedsrichters zum Maßstab des von ihm geleiteten Schiedsverfahrens machen will (was nach hiesiger Ansicht unabdingbar ist); seine Perspektive muss die eines informierten, objektiv urteilenden Dritten (auch der Öffentlichkeit) sein. 248 Insofern scheint dieser Prüfungsmaßstab demjenigen zu entsprechen, der wohl in England nach der Entscheidung in R v. Gough (Robert) (inkl. seiner leichten Abänderung durch Director General of Fair Trading v. Proprietary Association of Great Britain (2001) 1 W.L.R. 700) gelten soll (wenngleich nach hiesiger Ansicht mehr denn je fraglich ist, wie nun genau der englische Prüfungsmaßstab aussieht; dazu bereits oben unter der Vorstellung des Status Quo der englischen Jurisdiktion (B., III., 4.)). 249 Swedish Supreme Court NJA (Nytt Jurisdiskt Arkiv (d.h. Reports of Supreme Court judgments and decisions, d. Verf.)) 1981, S. 1205; so auch Wiwen-Nilsson, IBA National Report Sweden, 6 May 2002, S. 2. 250 Section 10 lautet wie folgt: “(1) A challenge of an arbitrator on account of a circumstance set forth in section 8 shall be presented within fifteen days commencing on the date on which the party became aware both of the appointment of the arbitrator and of the existence of the circumstance. The challenge shall be adjudicated by the arbitrators, unless the parties have decided that it shall be determined by another party. (2) If the challenge is successful, the decision shall be subject to no appeal. (3) A party who is dissatisfied with a decision denying a motion or dismissing a motion on the grounds that the motion was not timely filed may file an application with the District Court that the arbitrator be removed from his post. The application must be submitted within thirty days commencing on the date on which the party receives the decision. The arbitrators may continue with the arbitral proceedings pending the determination of the District Court.”. 251 So zuletzt der Svea Court of Appeal, Case No. ÖÄ 7914-01, 23.11.2003; besprochen durch Söderlund, Vinge Newsletter Litigation & Arbitration June 2003, 2f. (abrufbar unter http://www.vinge.se/pdf/June2%202003.pdf).

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erlassenen Schiedsspruchs beeinträchtigen können, so dass in einem solchen Fall eine Partei

darauf verwiesen wird, gegen den Schiedsspruch selbst vorzugehen252: Dann aber soll

jedenfalls der Antrag auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs auf Grundlage des „possibility of

appearance of partiality“-Tests gemäß Art. 34 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 6 Arbitration Act 1999

eröffnet sein253 - dies jedoch wiederum nur unter den Voraussetzungen von Art. 34 Abs. 2,

d.h. also nur dann, wenn nicht bereits zuvor auf die Geltendmachung des Aufhebungsrechts

wirksam verzichtet worden war254:

Anders als das ML (dort einleitend Art. 4) findet sich die maßgebliche Verzichtsregelung des

schwedischen Arbitration Act 1999 unter der Bestimmung zur Aufhebung eines

Schiedsspruchs nach Art. 34; dessen Abs. 2 Satz 1 behandelt die allgemeine Zulässigkeit

sowohl eines stillschweigenden („through participation in the proceedings without objection“)

als auch ausdrücklichen Verzichts („or in any other manner“) und präkludiert entsprechenden

Parteivortrag für das Aufhebungsverfahren. Der ausdrückliche Verzicht soll nur als „informed

waiver“, also nicht im Voraus und auch nicht ganz allgemein möglich sein255. Art. 34 Abs. 2

Satz 3 stellt klar, dass sich Verzicht und Präklusion auch auf das Unparteilichkeitserfordernis

eines Schiedsrichters i.S.v. Art. 8 beziehen können256; allerdings gilt das nach dem Wortlaut

(„pursuant to sections 10 and 11“) wohl nur für den Fall, dass der Verzicht konkludent durch

Ablauf der 15 Tage-Frist des Art. 10 zustandegekommen ist: Eine entsprechende

Parteivereinbarung, gleich ob ausdrücklich oder stillschweigend, wäre demnach unwirksam

und würde der aufhebungsberechtigten Partei im Rahmen von Art. 34 Abs. 1 Nr. 5 wohl nicht

entgegen gehalten werden können.

c. Offenlegung

Art. 9 Arbitration Act 1999 auferlegt dem Schiedsrichter gegenüber den Mitschiedsrichtern

und den Parteien eine durchgängige Offenlegungspflicht im Hinblick auf die in Art. 8

252 Svea Court of Appeal, Case No. ÖÄ 7914-01, 23.11.2003; in der Berufung durch den Appellate Court bestätigt, jedoch vor dem Supreme Court nach der Entscheidung über die Zulassung der Berufung, aber vor einer endgültigen Entscheidung in der Sache verglichen (s. hierzu Söderlund, Vinge Newsletter Litigation & Arbitration June 2003, 3; dies scheint auch die überwiegende Ansicht deutscher Gerichte zu sein (dazu nachfolgend unter 8.)). 253 Allgemein zum Aufhebungsverfahren nach schwedischem Recht Ruotsi, Stockholm Arbitration Newsletter 1/2004, 1; s. auch Danelius, The Application of the NYC in Swedish Courts, S. 3 (abrufbar unter http://www.sccinstitute.com/_upload/danelius_new_york_conv_eng.pdf). 254 Aufgrund des Sinnzusammenhangs folgen nunmehr in Abweichung von der bisherigen Untersuchungsstruktur (dazu einleitend unter B., III.) zunächst Ausführungen zum Verzicht und zur Präklusion und erst danach diejenigen zur Offenlegung nach Schwedischem Schiedsrecht. 255 Wiwen-Nilsson, IBA National Report Addendum Sweden, 2 July 2002, S. 1. 256 So auch Wiwen-Nilsson, IBA National Report Addendum Sweden, 2 July 2002, S. 1.

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genannten Umstände, soweit diese ihn an der Ausübung des Amtes hindern könnten („(facts

which, d. Verf.) might be considered to prevent him from serving as arbitrator.“). Auch wenn

es nicht direkt aus dem Wortlaut erschließbar ist, soll der Kreis der offenlegungspflichtigen

Tatsachen aus Art. 9 weiter bzw. offener gefasst sein, als es derjenige der zur Ablehnung

berechtigenden Tatsachen in Art. 8 ist257. Bereits der Akt der Offenlegung und Information an

sich soll den Anschein schiedsrichterlicher Parteilichkeit („appearance of partiality“) nicht

beseitigen können258.

6. Australien

Probleme schiedsrichterlicher Parteilichkeit werden in der australischen Jurisdiktion im

Hinblick auf nationale Schiedsverfahren über Art. 42 Abs. 1 lit. (a) und lit. (b) des Uniform

Commercial Arbitration Act 1984 (UCAA 1984)259 und im Hinblick auf internationale

Schiedsverfahren über Art. 12 Abs. 1 Schedule 2 des International Arbitration Act 1974 (IAA

1974) geregelt. Letzterer hat sowohl das ML als auch die NYC vollständig rezipiert260.

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Grundsätzlich gründet der australische Prüfungsansatz zur Beurteilung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen auf dem Prinzip der „natural justice“261; das verlangt von einem

Schiedsrichter, dass er „interessenfrei und unvoreingenommen“ urteilt262, er die Parteien in

angemessenem Umfang und rechtzeitig über potentielle Interessenkonflikte informiert und

ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme gibt263. Zuletzt hat dies 2004 der Supreme Court of

Victoria in seiner Entscheidung Mond and Mond v. Berger264 bestätigt. Der australischen

Rechtsprechung zufolge ist der Beweis tatsächlicher Parteilichkeit („actual prejudice“)

aufgrund forensischer Beweisprobleme nicht erforderlich: „(it is, d. Verf.) customary for

cases of bias to be dealt with according to the objective criteria of apprehended bias rather

257 So Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act 1999, S. 21f. 258 Wiwen-Nilsson, IBA National Report Addendum Sweden, 2 July 2002, S. 1. 259 D.h. auf Antrag einer Partei kann der Supreme Court einen Schiedsspruch teilweise oder vollständig aufheben wenn “(a) there has been misconduct on the part of any arbitrator or umpire or an arbitrator or umpire had misconducted the proceedings, or (b) the arbitration has been improperly procured.”. 260 Schedule II; dazu auch Goldring, YBCA XV (1990), 299ff.; Pryles, American R. I. A. 1 (1990), 37ff.; ders., 9 JInt´lArb 4 (1992), 57ff; Westby, 45 Meijo Hogaku 2 (1995), 402ff. 261 So zuletzt Justice Dodds Streeton in Mond and Mond v. Berger (2004) V.S.C. 45, 104; besprochen durch Gronow, 70 Arbitration 3 (2004), 242ff.; Art. 18 (Schedule 2) des IAA 1974 lautet wie folgt: “The parties shall be treated with equality and each party shall be given a full opportunity of presenting his case.”. 262 Gas & Fuel Corporation of Victoria v. Wood Hall (1978) VR 385, 396, 398f., per Marks J. 263 Gas & Fuel Corporation of Victoria v. Wood Hall (1978) VR 385, 396, per Marks J. 264 (2004) V.S.C. 45 (104), per Dodds Streeton J.

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than the subjective one of actual prejudice.“265; man favorisiert damit einen Anscheinstest

(„appearance of bias“-Test). Diesen Prüfungsstandard für schiedsrichterliche Parteilichkeit

kleidete Judge Deane in der Leitentscheidung Webb v. The Queen in die Frage „whether in all

the circumstances, a fair-minded lay observer with knowledge of the material objective facts

might entertain a reasonable apprehension that the judge might not bring an impartial and

unprejudiced mind to the resolution of the matter before him.“266. Judge Deane nahm auch

ausführlich zur Notwendigkeit einer Differenzierung des australischen Prüfungsansatzes

gegenüber dem englischen Test einer “likelihood of bias” bzw. “real danger of bias”267

Stellung: „The adoption of a „real likelihood“ or „real danger“ test, with the appellate court

(or the trial judge) itself as the reference point would, in my view, go a long way towards

substituting, for the doctrine of disqualification by reason of an appearance of bias, a doctrine

of disqualification for actual bias modified by the adoption of a new standard of proof (i.e. a

real liklihood or possibility rather than probability in the sense of more likely than not).”.

b. Offenlegung

Während der UCAA 1984 keine schiedsrichterliche Offenlegungspflicht vorsieht, entspricht

Art. 12 Abs. 2 Schedule 2 IAA 1974 Art. 12 Abs. 1 ML; entsprechend gelten hier die oben

unter B., II. zu Art. 12 Abs. 1 ML gemachten Ausführungen. In seiner Entscheidung in

Gascor v. Ellicot268 hat der Court of Appeal of Victoria festgestellt, den Umfang der

Offenlegung in Abweichung von den Feststellungen der US-amerikanischen Entscheidung in

Commonwealth Coatings v Continental Casualty269 einzuschränken, sich jedoch einer

späteren, ebenfalls US-amerikanischen Entscheidung anzuschließen: Nach Reed & Martin,

Inc. v Westinghouse Electric Corp270 soll ein Schiedsrichter den Parteien potentielle

Ablehnungsgründe so frühzeitig wie möglich mitteilen; erfolgt keine bzw. nur eine

unvollständige Offenlegung, stellt dieser Umstand für sich allein genommen keinen

265 Ramadan v. NSW Insurance Ministerial Corporation (unreported, NSWCA, 7 April 1995, Kirby P, Cole JA, Folfe AJA), per Kirby P, S. 6. 266 (1994) 181 CLR 41, 67f., 69 und 74, 30.6.1994, per Deane J. (die auf S. 68 erläutert, weshalb sie den Begriff der „apprehension“ demjenigen der „suspicion“ vorzieht und zu dem Ergebnis gelangt, dass in der praktischen Anwendung nicht zuletzt aufgrund des Maßstabs eines vernünftigen, informierten Dritten wohl kein Unterschied bestehe); bestätigt in Johnson v. Johnson (2000) 174 A.L.R. 655, und in Mond and Mond v. Berger (2004) V.S.C. 45 (356); s. die Entscheidung in Giustiniano Nominees Pty Ltd v. Minister for Works (1996) 16 W.A.R. 87, als Beispiel für die Anwendung des Maßstabs einer „reasonable apprehension of bias“: Ein Schiedsrichter hatte für eine der Parteien des laufenden Schiedsverfahrens zeitgleich Fachseminare geführt, die thematisch mit dem Streitgegenstand befasst waren und von ihm zu ermäßigten Stundensätzen gehalten wurden. 267 S. dazu oben B., III., 4., dort insbesondere die Entscheidungen in R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646 und Director General of Fair Trading v. Proprietary Association of Great Britain (2001) 1 W.L.R. 700 (beachte jedoch, dass letztgenannte zeitlich erst nach der hier vorgestellten Beurteilung durch Judge Deane ergangen ist). 268 (1997) 1 VR 332. 269 S. oben unter B., III., 1. (393 US 145 (1968). 270 439 F.2d 1268 (2d. Cir. 1971).

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eigenständigen Ablehnungsgrund dar. Insofern liegt die australische Rechtsprechung mit der

offiziellen Kommentierung von Art. 12 Abs. 1 ML auf einer Linie. Ein Ablehnungsgrund soll

allerdings dann gegeben sein, wenn die nicht offengelegten Umstände eine „reasonable

apprehension of bias“ begründen271. Eine Zweifelsregelung ähnlich der „when in doubt,

disclose“-Klausel findet in der australischen Rechtsprechung keine Bestätigung, scheint aber

in der Literatur befürwortet zu werden272.

c. Präklusion und Verzicht

Die Beurteilung der Möglichkeit bzw. Reichweite eines ausdrücklichen oder

stillschweigenden Verzichts auf die Geltendmachung von Ablehnungs- oder

Aufhebungsgründen bzw. Gründen zur Versagung einer Vollstreckbarerklärung im Rahmen

der Beurteilung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen greifen Art. 4 Schedule 2 IAA

1974 und Art. 45 UCAA 1984 auf: Letztgenannter sieht allein in der Bestellung eines

Schiedsrichters noch keinen Verzicht der benennenden Partei auf ihr Ablehnungsrecht aus

Art. 42 Abs. 1 UCAA 1984273. In seiner Entscheidung in Mond and Mond v. Berger hielt

Judge Dodds Streeton allerdings eine Partei mit ihrem ihr Ablehnungsrecht begründenden

Vortrag ohne Weiteres für präkludiert, weil sie an dem weiteren Schiedsverfahren

widerspruchslos teilgenommen hatte274; nach Jones führt sowohl eine gemeinsame Bestellung

von Schiedsrichtern durch die Schiedsparteien als auch eine i.S. einer vollständigen

„Entblößung“ verstandene Offenlegung aller nur erdenklichen Umstände zur Präkludierung

des Vortrags entsprechender Umstände; und nach Harrison soll das womöglich sogar zu

einem kompletten Verlust des Ablehnungs- und Aufhebungsrechts führen können275.

271 Ebenso Jones, IBA National Report Australia, 16 August 2002, S. 4. 272 Batt, Arb.&Med. (1992), 199ff.: “I suggest that you err on the side of caution and at the earliest opportunity make the fullest disclosure …; for, if no objection is then taken, the disclosure made will prevent a later objection succeeding.”. 273 Art. 45 Abs. (1) lautet wie folgt: “A party to an arbitration agreement is not prevented from alleging in any legal proceedings with respect to the agreement that an arbitrator is not or may not be impartial, suitable, or competent by reason of a power of appointment having been exercised by that party in relation to the appointment of that arbitrator or by reason of facts or circumstances that that party knew or ought to have known when exercising that power.”; Abs. (2) lit. (b): “Where an arbitrator is so designated in an arbitration agreement, the party to the agreement will be regarded as having exercised that power at the time when the party entered into the arbitration agreement.”. 274 (2004) V.S.C. 45 (356f.); s. auch Gronow, 70 Arbitration 3 (2004), 242, 245f. 275 Harrison, Arb.&Med. (2001), 27, 37, unter Berufung auf die Entscheidung des Court of Appeal in Giustiniano Nominees Pty Ltd v. Minister for Works (1996) 16 WAR 87; für einen Verzicht nach Art. 4 Schedule 2 IAA 1974 gelten die Ausführungen B., II. sinngemäß.

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7. Neuseeland

Neuseeland hat mit seinem Arbitration Act 1996 (First Schedule) das ML vollständig

rezipiert276. Fragen der Vermeidung und Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte

werden auch hier auf Grundlage des Prinzips der „natural justice“ geklärt277; maßgeblich sind

die Art. 11 Abs. 5, Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2 Arbitration Act 1996278.

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Ähnlich der Entwicklung in der englischen Jurisdiktion unter der dortigen „rule in Dimes“279

stellt die neuseeländische Rechtsprechung bei einem direkten wirtschaftlichen Interesse eines

Schiedsrichters an dem Streitgegenstand eine unwiderlegbare Vermutung schiedsrichterlicher

Parteilichkeit auf. Nach Ansicht des Court of Appeal gibt es zwei Ausnahmen von diesem

Ausschlussgrund - die „de minimis“-Regel280 und die schiedsrichterliche Unkenntnis einer

Interessenverflechtung; mit letztgenannter Ausnahme soll verhindert werden, dass ein

Schiedsrichter durch ein persönliches Interesse, dessen er sich selbst nicht bewusst ist, doch

unbewusst beeinflusst werden kann. Noch nicht entschieden ist die Frage, ob sich die

neuseeländische Rechtsprechung der Entscheidung des House of Lords in R v. Bow Street

Metropolitan Stipendiary Magistrate, ex parte Pinochet Ugarte No.2281 anschließen wird, nach

der auch ein direktes nicht-wirtschaftliches, persönliches Interesse die schiedsrichterliche

Parteilichkeit begründen kann. Fallgestaltungen, die nicht der „rule in Dimes“ unterliegen,

sollen nach Cooke P in der Entscheidung Auckland Casino Ltd v. Casino Control Authority

anhand des in R v. Gough (Robert) begründeten „likelihood of bias“ bzw. „real danger of

bias“-Test gelöst werden282. Dessen weitere Entwicklung in England durch die

276 Grundsätzlich gelten daher für die neuseeländische Jurisdiktion die gleichen Ausführungen wie die allgemein zum ML gemachten (dazu oben unter B., II.); zur Gesetzgebungsgeschichte vgl. allgemein den Draft Arbitration Act, 8 October 1991, Arbitration materials 3 (1991), 170ff.; und auch The New Zealand Law Commission´s Report on the UNCITRAL Model Law, 8 ArbInt (1992), 281ff. 277 Arbitration Act 1996, First Schedule, Art. 34 Abs. 2 lit. (b)(ii) und Abs. 6 lit. (b)(i) sowie Art. 36 Abs. 1 lit. (b)(ii) und Abs. 3 lit. (b)(i); s. auch Kennedy-Grant, What the arbitrator should not do!, AMINZ Conference, Auckland, 9 July 2002, S. 7: „At its simplest, the concept of natural justice may be seen as directed ... to the person of the … arbitrator and … to the procedure of the … arbitration. The … arbitrator is required to be independent and impartial and the procedure is required to be fair.” (abrufbar unter http://www.kennedygrant.com/arbitrator.pdf). 278 Zum Wortlaut vgl. die inhaltsgleichen Art. 11 Abs. 5 und Art. 12 Abs. 1 und 2 ML. 279 Dimes v. Proprietor of the Grand Junction Canal (1852) 3 HL Cas. 759; gemeint ist der Grundsatz “nemo iudex in propria (sua) causa”; s. bereits oben unter B., III., 4. 280 “The law does not take account of trifles.” (engl. Übersetzung d. Verf.). 281 (2000) 1 A.C. 119. 282 (1995) 1 NZLR 142, 149: “The approach that has been adopted in this Court in recent years, however, has been to emphasise that there is little if any practical difference between the two tests (d.h. R v. Gough (Robert) in England und Webb v. The Queen in Australien, d. Verf.) … . Once it is granted that the hypothetical reasonable observer must be informed … the distinction becomes very thin. If a reasonable person knowing all the material facts would not consider that there was a real danger of bias, it would seem strained to say that nevertheless he or she reasonably suspects bias. One must query whether the law should countenance such refinements. In the

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Entscheidungen in Director General of Fair Trading v. Proprietary Association of Great

Britain283 und Porter v. Magill284 sowie in Australien durch Webb v. The Queen285 haben die

neuseeländischen Gerichte nicht nachvollzogen: Denn für sie ist die Sichtweise des

entscheidenden Schiedsgerichts maßgeblich und nicht, wie in England und Australien, die

eines informierten, objektiven Dritten. In der Praxis jedoch dürfte dies keine Auswirkungen

zeitigen286.

b. Offenlegung

William sieht in Art. 12 Abs. 1 Arbitration Act 1996 die Zweifelsregelung der „when in

doubt, disclose“-Klausel verwirklicht287.

c. Präklusion bzw. Verzicht

Die Gültigkeit bzw. Reichweite eines schiedsparteilichen Verzichts darauf, Ablehnungs- oder

Aufhebungsgründe bzw. Gründe zur Versagung der Vollstreckbarerklärung geltend zu

machen, wird aufgrund der Rezeption des ML in den Arbitration Act 1996 im Gleichschritt

mit Art. 4 ML beurteilt288: Der australische Court of Appeal hält in der Entscheidung

Auckland Casino Ltd v. Casino Control Authority den bewusst erst gegen Ende des

Schiedsverfahrens gestellten Ablehnungsantrag für präkludiert und dringt damit scheinbar auf

eine umfassende Geltung für das gesamte Schiedsverfahren. Er sieht allerdings die

ablehnungsberechtigte Partei einer „agonising choice“ ausgesetzt, wenn sie von den zur

Ablehnung berechtigenden Tatsachen im Verlauf des Verfahrens erfährt: Denn schweigt sie,

läuft sie Gefahr, mit dem späteren (verspäteten) Vortrag der Umstände präkludiert zu werden;

macht sie hingegen von ihrem Ablehnungsrecht womöglich in einem frühen Stadium des

result we accept the real danger test as satisfactory.”; bestätigt in Man o´ War Station Ltd v. Auckland City Council (2001) 1 NZLR 552 (CA), und auch Riverside Casino Ltd v. Moxon (2001) 2 NZLR 78 (CA). 283 (2001) 1 W.L.R. 700 (HL). 284 (2002) 2 W.L.R. 37 (HL). 285 (1994) 181 CLR 41 (CA). 286 Darauf hat der Verfasser bereits oben unter B., III., 4., hingewiesen: Denn die Sichtweise des objektiv vernünftigen Schiedsrichters wird derjenigen einer gleichermaßen vernünftig und objektiv handelnden dritten Person immer entsprechen (müssen); so auch Kennedy-Grant, What the arbitrator should not do!, S. 11, Fn. 44; weitere Beispiele zu Ablehnungs- und Aufhebungsverfahren im Rahmen nationaler Schiedsverfahren sind: O´Conner v. Thaico High Court, Christchurch, CP119/99, 11/11/99, per Master Venning; Bell v. Disciplinary Committee of the Pharmaceutical Society of New Zealand High Court, Wellington, CP265/00, 8/12/00, per Doogue J; Lawrence v. R, Courts Material Appeal Court, AP84-SW00, 29/8/01; s. auch T v. Wellington Newspapers Ltd, High Court, Wellington, CP11/02, 22/1/02, per Wild J; zu Beispielen im Rahmen internationaler Schiedsverfahren: Carver v. Law Society of New South Wales (1997) 43 NSWLR 71(CA); Clenae Pty Ltd v. Australia & New Zealand Banking Group Ltd (1999) 2 VR 573 (CA) (hierzu auch Staughton, 16 ArbInt 2 (2000), 215, 216f.); Golden Valley Golf Course Ltd v. British Columbia (2001) 200 DLR (4th) 248 (BCCA); Glencot Development and Design Co Ltd v. Ben Barret and Son (Contractors) Ltd (2001) B.L.R. 207. 287 Williams, IBA National Report New Zealand, August 2002, S. 3. 288 Insofern wird auf die Ausführungen unter B., II., hingewiesen.

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Verfahrens Gebrauch, kann dies im Falle des Scheiterns des Ablehnungsantrags zu einer

nachteilhaften Reaktion der Schiedsrichterbank führen. Deshalb soll es in bezug auf den

Verzichts- bzw. Präklusionmechanismus keinen Automatismus geben289 und er im Falle

tatsächlicher, offener Parteilichkeit - notfalls contra legem - nicht zwingend greifen290.

8. Deutschland

Im Zuge der Novellierung des 10. Buchs der ZPO291 hat der deutsche Gesetzgeber das ML

weitestgehend rezipiert292. Entsprechend richten sich Standard und Prüfungsmaßstab zur

Beurteilung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen nach §1036 Abs. 2 Satz 1 Hs 1. (ein

Ablehnungsrecht, „wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner

Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen“), §1036 Abs. 1 Satz 1 („alle

Umstände offenzulegen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken

können“), §1037 (Ablehnungsverfahren), §1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. (d) und Nr. 2 lit. (b)

(Aufhebungsverfahren), §1061 (i.V.m. NYC) (Versagung der Anerkennung und

Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche) sowie §1027 (Verlust des Rügerechts) ZPO.

a. Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Ausgangspunkt der Beurteilung der Schiedsrichterablehnung ist §1036 ZPO. Die

Ablehnungsgründe ergeben sich nunmehr unmittelbar aus Abs. 2 Satz 1 Hs 1293. Auch nach

deutschem Recht ist der Beweis tatsächlicher Parteilichkeit eines Schiedsrichters nicht

289 (2001) 1 NZLR 142, 151: „Inaction at that stage will not necessarily be treated as an implied waiver.“. 290 (2001) 1 NZLR 141, 152: „Displays of blatant bias ... should not necessarily be capable of private waiver.“; zu berücksichtigen ist aber, dass dem Verfahren vor dem Court of Appeal das Verfahren eines „administrative tribunal“ zugrunde lag, welches sich wiederum mit Fragen australischen Verwaltungsrechts beschäftigte, nicht des Wirtschaftsrecht. Es können für die Beschränkung der Wirkung von Art. 4 ML deshalb auch andere Gründe maßgeblich gewesen sein als nur der Grund einer „offensichtlichen Befangenheit“, so z.B. eine Schutzbedürftigkeit der ablehnungsberechtigten Schiedspartei gegenüber der staatlichen Behörde. 291 Neu gefasst durch SchiedsVfG vom 22.12.1997 (BGBl. I S. 3224), in Kraft getreten am 1.1.1998; zum Gesetzgebungsverfahren s. den Gesetzentwurf der BReg. zur Neuregelung des Schiedsverfahrens (Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz) in BT-Drucks. 13/5274, 12.7.1996, und dazu die Beschlussempfehlung /den Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drucks. 13/9124, 24.11.1997; eine Schilderung des Gesetzgebungsgangs bringt Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 52ff.; ders., m.w.N. zum Schrifttum (zur ZPO a.F.und n.F.) und zur Novellierung, ebenda, Übersicht vor §1025 Einleitung, S. 951ff. 292 Zum Ziel der weitgehenden Rezeption des ML vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der BReg. in BT-Drucks. 13/5274, 12.7.1996, S. 22ff.; dazu auch Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 62ff.; Raeschke-Kessler/Berger, Recht und Praxis, Rdn. 126; ebenfalls Schütze/Tscherning, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 5. 293 Das Schiedsrecht nach der ZPO a.F. verwies insoweit noch auf die richterlichen Ablehnungsgründe; eine derartige Verweisung war aber insbesondere für ausländische Rechtsanwender nicht praktikabel; indessen sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs der BReg., BT-Drucks. 13/5274, 12.7.1996, S. 40, diese neue, autonome Regelung der Schiedsrichterablehnung keine Änderung der Prüfungsmaßstäbe herbeiführen; so zieht dann auch das OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134ff., die richterlichen Ablehnungsgründe auch (nur) noch ergänzend heran.

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erforderlich294; entscheidend ist allein, ob vom Standpunkt des Ablehnenden aus genügend

objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken

können, der betreffende Schiedsrichter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit

nicht unparteilich gegenüber295. Die Sichtweise des Ablehnenden entspricht aufgrund des

Erfordernisses einer „vernünftigen Betrachtung“ der eines objektiv und vernünftig urteilenden

Dritten.

b. Offenlegung

Die das Ablehnungsrecht einer Partei erst ermöglichende Offenlegung hat der deutsche

Gesetzgeber im Vergleich zu der entsprechenden Regelung in Art. 12 Abs. 1 ML (noch)

offener gefasst: Während Art. 12 Abs. 1 noch „berechtigte Zweifel“ zur Voraussetzung einer

Offenlegung macht, reichen nach §1036 Abs. 1 Satz 1 ZPO schlichtweg „Zweifel“ aus. Nach

allgemeiner Ansicht kommt es dabei nicht auf die schiedsrichterliche oder die

schiedsparteiliche Perspektive an; ein Schiedsrichter muss nicht auf jeden erdenklich

möglichen Umstand hinweisen, sondern nur auf Umstände, von denen er annehmen muss, sie

könnten bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit

wecken. Damit entspricht der deutsche Standard zur Offenlegung der im internationalen

Vergleich überwiegend anzutreffenden Zweifelsregelung der „when in doubt, disclose“-

Klausel296. Das OLG Naumburg hat darüber hinaus anerkannt, dass in der Verletzung der

schiedsrichterlichen Offenlegungspflicht für sich genommen bereits die Besorgnis der

Befangenheit begründet sein kann; dies aber auch nur, wenn die angeführten Umstände

bereits im Ansatz die Pflicht zur Offenlegung begründen297.

c. Präklusion bzw. Verzicht

Die Frage, ob, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen nach deutschem Recht die

Parteien auf ihr Ablehnungs- oder Aufhebungsrecht wirksam verzichten (können) oder ihr

entsprechender Vortrag präkludiert ist, richtet sich nach §1027 ZPO; dieser entspricht dem

294 So Weigel, MDR 1999, 1360, 1362. 295 Vgl. OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134, 136; so auch BGHZ 141, 90, 93f.; BGHZ 77, 70, 72; BVerfGE 82, 30, 38; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, §42 Rdn. 9; Sachs, IBA National Report Germany, 8 May 2002, S. 1, bezeichnet diesen Standard als „reasonable appearance of bias“-Test; nach Häberlein, IDR 3, S. 7f., sollen derartige „berechtigte Zweifel“ nur dann vorliegen, wenn eine gewisse Intensivierung der Beziehungen zwischen einer Schiedspartei auf der einen Seite und dem Schiedsrichter auf der anderen Seite vorliegt. 296 So Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1036 Rdn. 10; so auch Raeschke-Kessler, IBA National Report Germay, 24 June 2002, S. 3; bestätigt durch OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134, 137. 297 OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134, 137f. (s. insbesondere Ziffer IV., 5., lit. b. der Beschlußgründe); s. hierzu auch die Besprechung von Kröll/Mallmann, SchiedsVZ 2003, 138, 139f.; so auch BGHZ 141, 90, 94f.; nach deutschem Recht soll die Verletzung der Offenbarungspflicht zu einer Schadensersatzhaftung des Schiedsrichters gegenüber der betroffenen Partei führen, so Voit, in: Musielak, ZPO, §1036 Rdn. 3.

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international geltenden Grundsatz des „informed waiver“. Nach der Rechtsprechung des BGH

soll ein Verzicht der Parteien nach entsprechender Offenlegung einer schiedsrichterlichen

Interessenverflechtung nur in zwei Fallkonstellationen beschränkt werden können und also

unwirksam sein: Erstens im Falle der Verletzung des Verbots, als Richter in eigener Sache

tätig zu sein; begründet wird das damit, dass die Beachtung dieses Verbots zu den

unverzichtbaren Grundsätzen jedes justizförmigen Verfahrens, welche auch von

Schiedsgerichten zu befolgen sein sollen, gehört298; zweitens im Falle fehlender

Rechtsfähigkeit der Schiedspartei299. Alle verbleibenden Fälle potentieller Parteilichkeit und

Abhängigkeit sind nach §1037 ZPO zu beurteilen, hängen also davon ab, dass eine Partei

entsprechende Tatsachen tatsächlich geltend macht: Diese Partei kann dann mit dem Vortrag

der eine Ablehnung begründenden Tatsachen gemäß Abs. 1 oder der hilfsweise eingreifenden

2-Wochen-Frist des Abs. 2 präkludiert sein. Die Frage, ob ein erst nach Erlass des

Schiedsspruchs bekannt gewordener Ablehnungsgrund im Vollstreckbarerklärungsverfahren

erstmals (noch) geltend gemacht werden kann, hat der BGH bislang generell verneint und so

seine noch zur ZPO a.F. ergangene Rechtsprechung bestätigt300: Er differenziert weiterhin

nicht zwischen Fällen, in denen potentielle Ablehnungsgründe vor Erlass des Schiedsspruchs

bekannt geworden sind und solchen, in denen die betroffene Partei erst nach diesem Zeitpunkt

Kenntnis dieser Umstände erlangt. Stattdessen verweist er die Partei darauf, die Umstände im

Rahmen des Aufhebungs- bzw. Vollstreckungsverfahrens geltend zu machen301; dort aber hat

ein entsprechender Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs bzw. Versagung der

Vollstreckbarerklärung nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein besonders schwerwiegender

und eindeutiger Fall schiedsrichterlicher Befangenheit vorliegt302. Auch letzteres soll aber

dann nicht mehr möglich sein, wenn ein Schiedsrichter sich selbst nicht für befangen hält und

subjektiv der Auffassung war, dass auch aus der Sicht der antragsberechtigten Partei keine

Umstände vorlagen, die diese Besorgnis begründen konnten303.

298 BGHZ 94, 92, 98; zum Inhalt dieses Grundsatz z.B. BGHZ 65, 59, 67; auch Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, § 1036 Rdn. 6. 299 BGH NJW 1986, 3079, 3080. 300 Z.B. BGHZ 24, 1, 7 (m.w.N.). 301 D.h. über § 1059 Abs. 2 Nr. 1(d) und Nr. 2(b) ZPO bzw. §1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. V Abs. 1 lit. (d) und Abs. 2 lit. (b) NYC 1958. 302 Schlosser, Anm. zu BGH, 4.3.1999 - III ZR 72/98, LM §1032 ZPO, Nr. 9 Bl. 3, sieht in dieser Formulierung einen Fall „aktueller Befangenheit“ und nicht nur einer „Besorgnis der Befangenheit“. 303 BGHZ 141, 90, 92-95; zustimmend Kröll, Anmerkung in EwiR § 1041 ZPO 199, 1087, 1088; so auch schon RGZ 148, 1 (im Anschluß an RGZ 145, 171); a.A. die Vorinstanz (OLG Frankfurt a.M., 28.1.1998 - 19 U 92/96); anders als der BGH aber das Schweizer Bundesgericht in BGE 111 Ia 72ff. (diesem wiederum stimmt Schlosser zu, Anm. zu BGH, 4.3.1999 - III ZR 72/98, LM §1032 ZPO, Nr. 9 Bl. 3); ohne weitere zeitliche oder inhaltliche Beschränkung der Geltendmachung des Ablehnungsrechts Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO, §1036 Rdn. 3.

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IV. Zusammenfassung zu II. und III.

Das ML hat einen weltweit einflussreichen Prüfungsmaßstab zur Sicherung der

schiedsrichterlichen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zur Übernahme in nationale

Rechtssysteme empfohlen. Für die Entwicklung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

bedeutende Jurisdiktionen (Vereinigte Staaten von Amerika, Schweiz, Frankreich, England,

dazu oben unter B., III., 1.-4.) sind dieser Empfehlung zwar nicht im Sinne einer

vollständigen Rezeption gefolgt, wie es andere Jurisdiktionen getan haben (Schweden,

Australien, Neuseeland und Deutschland, dazu oben unter B., III., 5.-8.); die Analyse

sämtlicher Jurisdiktionen bezüglich des jeweils angewendeten Prüfungsmaßstabs der

Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, der Pflicht zur Offenlegung und der Geltung eines

Präklusions- bzw. Verzichtsmechanismus hat aber grundsätzliche Übereinstimmung in

Folgendem gezeigt: Der Autonomie der Parteien zur eigenständigen Verfahrensgestaltung

wird Raum gewährt; letzte Grenze dieses Freiraums soll der Grundsatz sein, dass niemand

Schiedsrichter in eigener Sache sein darf.

Diese grundsätzliche Einigkeit der Jurisdiktionen ist aber nicht bei der nationalen

Ausgestaltung der Parteiautonomie und des Verbots, Schiedsrichter in eigener Sache zu sein,

zu beobachten; so ist bereits die Vergleichbarkeit der angewendeten Prüfungsmaßstäbe in den

einzelnen Jurisdiktionen durch die terminologische Vielfalt erschwert bzw. derzeit nicht

möglich: daran ändert auch die Analyse der Rechtsprechung wenig: Ausgehend vom „evident

partiality“-Test in den USA, der entgegen seinem Wortlaut aber auch einen beinahe diametral

entgegengesetzten Anscheinstest für den Erfolg eines Ablehnungsantrags zulassen soll, über

den „likelihood of bias“- bzw. „real danger of bias“-Test, der durch Gerichte einiger

Jurisdiktionen des Commonwealth angewendet wird, bis hin zum „reasonable possibility of

bias“-Test hat eine Partei die Möglichkeit, einen Schiedsrichter abzulehnen.

Sämtliche Jurisdiktionen anerkennen und fordern die schiedsrichterliche Offenlegungspflicht:

Eine korrespondierende Nachforschungs- und Informationspflicht der die Schiedsrichter

ernennenden oder doch zumindest vorschlagenden Schiedsparteien wird hingegen kaum

anerkannt; eine Ausnahme bildet nur die Schweizer Rechtsprechung. Im Folgenden wird

deshalb zu untersuchen bleiben, inwiefern eine zumindest gleichwertige, wenn nicht sogar

weiterreichende Verpflichtung der Schiedsparteien angenommen werden kann, einen

Schiedsrichter nur aufgrund eigener Nachforschungs- und Offenlegungstätigkeit benennen

bzw. vorschlagen zu können.

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Auch der Verzichts- bzw. Präklusionsmechanismus unterliegt nicht einheitlichen Maßstäben:

Das ML trifft über die Wirkungen eines Verzichts letztlich keine klare Entscheidung; die

Arbeitsmaterialien zu seiner Entstehung sind widersprüchlich. Die analysierten Jurisdiktionen

erkennen das Recht einer Partei, auf die Geltendmachung ihres Ablehnungsrechts zu

verzichten, zwar grundsätzlich an - und ebenso die spiegelbildliche Präkludierung

entsprechenden verfristeten Vortrags. National hingegen fällt die Ausgestaltung des

Mechanismus sehr unterschiedlich aus.

All das führt in der täglichen Praxis internationaler Schiedsverfahren, die de lege lata ihren

Sitz in einer bestimmten Jurisdiktion haben, sowohl für Schiedsrichter als auch die Parteien

und ihre Interessenvertreter zu nicht hinnehmbaren Risiken, weil so die erfolgreiche

Beendigung des Verfahrens über einen vollstreckbaren Schiedsspruch gefährdet wird.

V. Internationale Schiedsorganisationen und Schiedsordnungen

Trotz der rasanten Verbreitung des ML hat die Entwicklung der letzten Jahrzehnte deutlich

gezeigt, dass nationale und vor allem international aktive Schiedsorganisationen die treibende

Kraft der beständig wachsenden Bedeutung der internationalen (Wirtschafts-

)Schiedsgerichtsbarkeit gewesen sind; dies gilt insbesondere auch für ihre beständige

Auseinandersetzung mit Fragen der Stellung internationaler Schiedsrichter gegenüber den

Verfahrensbeteiligten und dem Streitgegenstand304. Nicht unausgesprochen soll hier

allerdings ein grundsätzliches Problem administrierter Schiedsverfahren bleiben, welches sie

bei der Harmonisierung ihrer Prüfungsmaßstäbe in der Bewältigung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen elementar behindert - das der Nichtveröffentlichung der

Schiedssprüche. Die beinahe beharrliche Weigerung305 wird mit der von den Parteien

304 S. z.B. die Symposia der AAA, ICSID und ICC: VIth Symposium on Int´l Arbitration, 27.10.1988, Paris, Titel „The Arbitral Process and the Independence of Arbitrators“, ICC Publication No. 472, Paris 1991; 12th Joint Colloquium on Int´l Arbitration, 17.11.1995, Paris, Titel „The Status of the Arbitrator, ICC Publication No. 564, Paris 1996; vgl. auch die ICCA Conference, Seoul, 10.-12.10.1996, Titel „International Dispute Resolution: Towards an International Arbitration Culture“, ICCA Congress Series No. VIII, 1996; für einen weiteren Überblick zur Schaffenskraft internationaler Schiedsorganisationen s. nur Blessing, Introduction to Arbitration, Rdn. 21ff.; und Coulson, Future Growth of institutional Administration in International Arbitration, in: Jan C. Schultsz/Albert Jan van den Berg (eds.), The Art of Arbitration, S. 73 - S. 81. 305 Ausnahmen hiervon gibt es in nennenswertem Umfang bislang nur bei der ICC: Jarvin/Derains: Arbitral Awards 1974-1985; Jarvin/Derains/Arnaldez: ICC Arbitral Awards 1986-1990; Arnaldez/Derains/Hascher: ICC Arbitral Awards 1991-1995; in unregelmäßigen Abständen neuerdings aber auch bei der SCC: Öhrström, Decisions by the SCC Regarding Challenge of Arbitrators (1999-2002), Stockholm Arbitration Report 2002:1; auch bei Johansson, Stockholm Arbitration Report 1999:2, 183-191.

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verlangten Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens auf Dauer nicht zu rechtfertigen sein306 und

bringt die internationale Schiedsgemeinschaft um einen wertvollen Beitrag zur

Harmonisierung der Lösungsansätze für schiedsrichterliche Interessenkonflikte.

Dennoch, Parteien eines administrierten Schiedsverfahrens optieren in einen umfassenden

Mechanismus zur Vermeidung und Entscheidung solcher Interessenverflechtungen307. De lege

lata bleibt auch ein internationales Schiedsverfahren an die zwingende lex fori und lex arbitri

seines Sitzes oder einer anderen, von den Parteien vereinbarten Jurisdiktion mit der Folge

gebunden, dass nationales Schiedsrecht auf die Beurteilung eines schiedsrichterlichen

Interessenkonflikts Einfluss hat; dies gilt umso mehr, als das ausdrückliche oder zumindest

implizite Ziel auch eines administrierten Schiedsverfahrens der in einer nationalen

Jurisdiktion vollstreckbare Schiedsspruch ist308. Deshalb ist es vorteilhaft, dass staatliche

Gerichte regelmäßig die zuweilen veröffentlichten Entscheidungen der Schiedsorganisationen

als Richtlinie für ihre eignen Entscheidungen im Rahmen gerichtlicher Ablehnungs- und

Aufhebungsanträge der Parteien heranziehen309.

Der Vergleichbarkeit mit den oben untersuchten Jurisdiktionen wegen werden auch hier die

jeweils geltenden Prüfungsmaßstäbe schiedsrichterlicher Unparteilichkeit analysiert (dazu

nachfolgend unter 1.), dann die Kriterien der Nachforschungs-, Informations- und damit

Offenlegungspflichten (dazu nachfolgend unter 2.) und schließlich die Möglichkeit des

Verlusts des schiedsparteilichen Rügerechts über die Mechanismen der Präklusion und des

Verzichts (dazu nachfolgend unter 3.). Gegenstand der Untersuchung sind die bedeutenden

Schiedsordnungen der AAA, CIETAC, DIS, ICC, JCAA, LCIA, SCC, UNCITRAL, WIPO

und ZCC310.

306 Bereits eine schlichte Anonymisierung der Schiedssprüche könnte die Vertraulichkeit des Verfahrens schützen; in den unter Fn. 305 genannten Sammlungen wird dies ab und an bereits praktiziert; allgemein hierzu Lew, in: Jan C. Schultsz/Albert Jan van den Berg (eds.), The Art of Arbitration, S. 223 - S. 232. 307 S. z.B. die Zusammenfassung und Übersicht der maßgeblichen Arbitration Rules zur schiedsrichterlichen Unparteilichkeit der AAA, CIETAC, DIS, ICC, JCAA, LCIA, SCC, UNCITRAL, WIPO, ZCC in: LESI Synoptical Spreadsheet of Arbitration Rules, 2nd ed. (International), Stand: 29.8.2002 (beachte jedoch die seitdem reformierten CIETAC und JCAA Arbitration Rules), S. 19-21, unter „Neutrality“ und „Disqualification of Arbitrators“, abrufbar unter http://www.dis-arb.de/download/SpreadsheetArbitrationRulesFinal290802.pdf; für einen ersten vergleichenden Einblick in die Schiedsordnungen der ICC, LCIA, AAA und CIETAC s. Greenblatt/Griffin, 17 ArbInt 1 (2001), 101ff. 308 So ausdrücklich Arbitration Rules: ICC (Art. 35) und LCIA (Art. 32(2)). 309 Auf diesem Wege werden auch die IBA Guidelines 2004 mit ihrem harmonisierenden Impetus wirken können, dazu im 4. Teil. 310 Arbitration Rules: AAA (Stand: 1. Juli 2003, http://www.adr.org/sp.asp?id=22440); CIETAC (1. Mai 2005, http://www.cietac.org.cn/epop_1.htm); DIS (1. Juli 1998, http://www.dis-arb.de/scho/); ICC (1. Januar 1998, http://www.iccwbo.org/court/english/arbitration/rules.asp); JCAA (1. März 2004, http://www.jcaa.or.jp/e/arbitration-e/kisoku-e/shouji-e.html); LCIA (1. Januar 1998, http://www.lcia-

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1. Prüfungsmaßstab schiedsrichterlicher Interessenverflechtung: Unparteilichkeit bzw.

Unabhängigkeit

Mit Ausnahme der Schiedsordnung der CIETAC311 verlangen alle übrigen untersuchten

Schiedsordnungen ausdrücklich die fortwährende Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines

jeden Schiedsrichters, zumindest aber das Vorliegen eines der beiden Merkmale312; keine

Schiedsordnung unternimmt den Versuch, die Merkmale zu definieren oder auch nur

inhaltlich näher auszugestalten. Das „Auslassen“ eines der beiden Merkmale soll nach

allgemeiner Ansicht nicht seinem Verzicht gleichstehen313. Wie auch in den bereits

analysierten Jurisdiktionen ist auch hier der Beweis tatsächlicher schiedsrichterlicher

Parteilichkeit („actual bias“) für ein erfolgreiches Ablehnungsverfahren nicht erforderlich, der

(bloße) Anschein („appearance of bias“) soll genügen: Danach reichen Umstände aus „that

give rise to justifiable doubts“314 oder auch „legitimate doubts“315; anderslautende

Formulierungen wie „alleged lack of independence or otherwise“316 oder „justified reasons to

suspect“317 spiegeln einen inhaltlich gleichwertigen Prüfungsansatz wider318; Whitesell stellt

arbitration.com/arb/uk.htm); SCC (1. April 1999, http://www.sccinstitute.com/_upload/shared_files/regler/web_A4_vanliga_2004_eng.pdf); UNCITRAL (15. Dezember 1976, http://www.uncitral.org/english/texts/arbitration/arb-rules.htm); WIPO (1. Oktober 1994, http://arbiter.wipo.int/arbitration/rules/index.html); ZCC (1. Januar 1999, http://www.zurichcci.ch/docs/cci-rules.pdf). 311 Allerdings ist hier bereits aufgrund der „Notice to Arbitrators of the CIETAC“ vom 6.4.1993, abgedruckt bei Yanming, 12 JInt´lArb 5 (1995), 5, 15f., und auch Art. 19 bzw. Art. 26(2) davon auszugehen, dass Schiedsrichter auch unter den CIETAC Rules zur Unparteilichkeit und/oder Unabhängigkeit verpflichtet sind. 312 Beide Merkmale: AAA (Art. 7(1)); DIS (Art. 15); JCAA (Rule 28(1)); LCIA (Art. 5(2)); SCC (Art. 17(1)); UNCITRAL (Art. 6(4); WIPO (Art. 22(a); nur das der Unabhängigkeit: ICC (Art. 7(1)) und ZCC (Art. 16(1); beachte aber jetzt Art. 15(2) - dazu Hascher, ICC Bulletin (1995), S. 4 (Fn. 16)); vgl. auch Webster, 19 JInt´lArb 3 (2002), 261f. 313 Obwohl die ICC auf die ausdrückliche Aufnahme eines Unparteilichkeitserfordernisses verzichtet hat (s. inzwischen aber auch Art. 15(2)), wird allgemein von dessen zumindest impliziten Geltung ausgegangen (klarstellend insoweit Hascher, ICC Bulletin (1995), 4, 5, 6 (Fn. 16)); zustimmend Figueroa, 18 Mealey´s Int´l Arb.Rep. (July 2003), 41, 43f.; zur geschichtlichen Entwicklung insgesamt Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, No.12.04, 13.03 und 13.05; vgl. auch Calvo, 15 JInt´lArb 4 (1998), 63, 64; und Bond, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 9, 11. 314 UNCITRAL (Art. 10(1)); AAA (Art. 8(1)); DIS (Art. 18(1)); JCAA (Rule 29(1)); LCIA (Art. 10(1)); WIPO (Art. 24(a)); SCC (Art. 18(1); dessen Wortlaut sagt dies nicht ausdrücklich, vgl. dazu aber die Entscheidungen der SCC bei Öhrström, Decisions by the SCC Regarding Challenge of Arbitrators (1999-2002), 35, 57, Stockholm Arbitration Report 2002:1; und auch bei Johansson, Decisions by the SCC Regarding Challenge of Arbitrators (1995-1999), Stockholm Arbitration Report 1999:2, 183-191). 315 ZCC (Art. 16(1). 316 ICC (Art. 11(1)). 317 CIETAC (Art. 26(2)). 318 Zu ICC (Art. 11(1)) vgl. Whitesell, ASA Special Series No. 18, S. 57, die auf ein weites schiedsgerichtliches Ermessen hinweist; ähnlich Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, No.13.03 und No.13.05, die das Merkmal der Unabhängigkeit als intellektuelle und finanzielle Abhängigkeit verstehen und dabei mit den gleichen Fallgruppen arbeiten, welche von Schiedsordnungen unter deren „justifiable doubts“-Test gebildet werden; ähnlich auch Tupman, 38 I.C.L.Q. (1989), 26, 43: „The ICC appears to consider a „basket“ of national laws to derive appropriate standards of independence, taking into account the nationality of the parties and the situs of the arbitration, because the award could well be sought to be enforced in one or more of those countries.“.

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in bezug auf die ICC Arbitration Rules fest, dass der ICC Court über jeden Schweregrad

behaupteter Abhängigkeit entscheiden kann und es keinen klaren Prüfungsstandard im Sinne

einer Prüfungsformel gibt319. Allgemein anerkannt ist, dass die Perspektive eines vernünftigen

Dritten entscheidend sein soll320.

2. Offenlegung

Bis auf die Schiedsordnung der ZCC verpflichten sämtliche anderen analysierten

Schiedsordnungen den vorgeschlagenen, benannten, bestätigten oder auch ernannten

Schiedsrichter dazu, potentiell ablehnungsrelevante Umstände - auch im Zweifelsfall321 -

offenzulegen322. Die Erklärungsmodi variieren: Einige Schiedsordnungen lassen die

prospektiven Schiedsrichter eine gesonderte schriftliche Erklärung abgeben323; andere

verlangen nur, dass sich ein Schiedsrichter entsprechend erklärt, egal in welcher Form324.

Stets wird die Offenlegung bei „circumstances likely to give rise to justifiable doubts“

gefordert; von diesem eher objektiven Ansatz325 scheint nur die ICC durch ihre Betonung der

Bedeutung der Parteiensicht in Art. 7(2) Arbitration Rules („circumstances which might be of

such nature as to call into question the arbitrator´s independence in the eyes of the parties“

(Hervorhebung d. Verf.)) abzuweichen: Ob der Schiedsrichter bei der Erfüllung seiner

Verpflichtung zur Offenlegung den Blickwinkel eines objektiv urteilenden vernünftigen

Dritten oder den einer objektiv vernünftig urteilenden Schiedspartei einnimmt, kann nach

Ansicht des Verfassers dann dahinstehen - denn beide Perspektiven machen die objektive und

vernunftbezogene Entscheidung zum alleinigen Beurteilungsmaßstab. Das gilt jedoch nicht

für den durch die ICC praktizierten Blick „through the eyes of the parties“, der seinem

Wortlaut nach für eine rein subjektive Sichtweise der Schiedsparteien spricht; sollte die ICC 319 Whitesell, ASA Special Series No. 18, S. 57, 61. 320 Whitesell, ASA Special Series No. 18, S. 57, 58. 321 Vgl. Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, No.13.05, unter bezug auf die ICC Rules of Arbitration: „The broadest disclosure is counseled to comply with the spirit of the Rules.”; in diesem Sinne auch Forderungen der ASA, LCIA und ICC Germany, eine solche Zweifelsregelung in die IBA Guidelines 2004 aufzunehmen, so IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 450; ebenso Winstanley, LCIA News (Dezember 2002), S. 23, 27. 322 UNCITRAL (Art. 9); ICC (Art. 7(2) und 7(3)); AAA (Art. 7(1)); CIETAC (Art. 25); DIS (Art. 17); LCIA (Art. 5(3)); SCC (Art. 17(2) und 17(3)) und WIPO (Art. 22 lit. (b) und lit. (c)); s. auch Donahey, 9 JInt´lArb 4 (1992), 31, 36; im Falle der ZCC Arbitration Rules ist auf jeden Fall von einer impliziten Offenlegungspflicht für internationale Schiedsverfahren auszugehen, so Lalive, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 119, 125. 323 So nach ICC (Art. 7(2)): „Declaration of Acceptance and Statement of Independence“ (ihr genauer Wortlaut ist abgedruckt bei Whitesell, ASA Special Series No. 18, S. 57, 64); LCIA (Art. 5(3)): „Declaration“; DIS (Art. 16(2) und 17(1)), ebenso CIETAC (Art. 25(1)): „Statement“; SCC (Art. 17(2)), AAA (Art. 7(1)): “Notice of Appointment”; ICSID (Rule 6(2)). 324 So UNCITRAL (Art. 9); WIPO (Art. 22 lit. (b) und lit. (c)); natürlich drängt sich eine schriftliche Erklärung auch hier auf, dies bereits allein aus Beweiszwecken. 325 Die Verwendung der Begriffe “likely” und “justifiable” spricht eher für den Blickwinkel eines objektiven, vernünftigen Beobachters als für eine rein subjektive Parteiperspektive.

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von diesem rein subjektiven Ansatz abweichen wollen, wird sie sich automatisch bei der von

allen übrigen Schiedsordnungen anerkannten verobjektivierten, vernünftigen Parteiensicht

bzw. der objektiven Sicht eines objektiven Dritten einfinden müssen326.

3. Präklusion bzw. Verzicht

Mit Ausnahme der Schiedsordnung der ZCC sehen die übrigen hier untersuchten

Schiedsordnungen eine Generalklausel zum Verzicht bzw. zur Präklusion vor327; keine jedoch

verknüpft diese Generalklausel direkt mit dem anerkannten Grundsatz der

schiedsrichterlichen Unparteilichkeit und Unbefangenheit. Ein Vergleich mit Art. 4 ML und

dessen ausstrahlendem Regelungscharakter für das gesamte ML könnte dazu führen, diese

Generalklausel sämtliche Regelungen einer Schiedsordnung und also auch den Grundsatz der

Unparteilichkeit und Unabhängigkeit umfassen zu lassen: Denn während Art. 4 ML noch die

Möglichkeit des Verlusts des Rügerechts auf Normen beschränkt „from which the parties may

derogate“, findet sich dieser Passus in keiner der hier analysierten Schiedsordnungen wieder.

Dann wären auch grundsätzlich zwingende Regelungen auf einmal abdingbar328.

Uneinheitlich aber lösen die Schiedsordnungen dann die Frage, ob die Kenntnis oder das

Kennenmüssen der relevanten Umstände für die Wirksamkeit eines Verzichts, Verlustes des

Rügerechts bzw. einer Präkludierung erforderlich sind329.

Selbst wenn der Verzichts- bzw. Präklusionsmechanismus nach den Regelungen der

Schiedsordnungen grundsätzlich möglich ist, so muss sich doch ein institutionseigener

Spruchkörper, der über einen Ablehnungsantrag entscheidet, stets das Ziel der

Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs in einer nationalen Jurisdiktion vergegenwärtigen.

326 Erstaunlich insoweit und die sprachliche Ungenauigkeit von Art. 7(2) ICC Arbitration Rules verdeutlichend der Hinweis von Whitesell, ASA Special Series No. 18, S. 57, 58 (im Hinblick eben auf Art. 7(2) ICC): „The arbitrator´s independence is to be viewed „in the eyes of the parties“, which is thus not a totally objective standard.“ (Hervorhebung d. Verf.). 327 „Waiver of the right to object“, dazu Arbitration Rules: UNCITRAL (Art. 30), ICC (Art. 33), AAA (Art. 25), CIETAC (Art. 8), JCAA (Rule 51), DIS (Art. 41), LCIA (Art. 32(1)), SCC (Art. 29), WIPO (Art. 58); die ZCC (Art. 27, 31, 32 und 34) sieht zwar auch den Verlust bestimmter Rechte und die Präkludierung entsprechenden Vortrags vor - das allerdings nicht in Form einer Generalklausel und auch nicht bezogen auf Interessenverflechtungen. 328 So auch IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 451; a.A. bzgl. Art. 7(1)-(6) ICC Arbitration Rules wohl Blessing, Introduction to Arbitration, Rdn. 132 (jedoch ohne weitere Begründung). 329 Erforderlich nach Arbitration Rules: AAA (Art. 25); CIETAC (Art. 8); JCAA (Rule 51); DIS (Art. 41); LCIA (Art. 32(1)); UNCITRAL (Art. 30) und WIPO (Art. 58); hingegen nicht erforderlich nach Arbitration Rules: ICC (Art. 33) und SCC (Art. 29).

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VI. Verhaltenskodizes

Aus der bisherigen Untersuchung ist bereits deutlich geworden, dass sämtliche nationalen und

internationalen Regelungswerke zur (Wirtschafts-)Schiedsgerichtsbarkeit einerseits das

Primat der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit (und beinahe ausnahmslos der

Unabhängigkeit) anerkennen, fördern und fordern. Dennoch sind es Verhaltenskodizes

berufsrechtlichen und moralisch-ethischen Ursprungs im weitesten Sinne, die dieses Primat

ausformulieren und inhaltlich mit Leben füllen330. Konnte Glossner dies bereits 1991

beobachten331, gilt es heute um so mehr:

U.a. dem Thema der Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen widmen sich

heute verbandsbezogene, nationale und internationale einflussreiche Verhaltenskodizes332.

Derzeit existieren allerdings nur drei solcher Kodizes, die sich ausnahmslos der Vermeidung

und Bewältigung von Interessenkonflikten in der (Wirtschafts-)Schiedsgerichtsbarkeit

verschrieben haben und die weltweit Beachtung finden: Es sind dies einerseits der

grundsätzlich für die nationale US-amerikanische Jurisdiktion konzipierte AAA/ABA Code of

Ethics for Arbitrators in Commercial Disputes 1977 bzw. Revisited 2004333, und andererseits

die beiden - tatsächlich zur weltweiten Anwendung vorgesehenen und wahrlich

„kosmopolitischen“ - Regelwerke der IBA, der Code of Ethics for International Arbitrators

1987334 und die Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration 2004335.

Sämtlich regeln diese Kodizes das schiedsrichterliche Verhalten im Hinblick auf den

gesamten Ablauf eines Schiedsverfahrens: Während jedoch der AAA/ABA Code 1977 bzw.

Revisited 2004 und die IBA Ethics 1987 darüber hinaus auch die Tätigkeit des Schiedsrichters

an sich regeln, konzentrieren sich die IBA Guidelines 2004 ausschließlich auf die in dieser

Arbeit zu untersuchenden Interessenverflechtungen zwischen Schiedsrichtern einerseits und

330 Zum Vorrang moralisch-ethischer Überlegungen gegenüber positivistischer Rechtsetzung im herkömmlichen Sinne der Einheit von Recht und Staat s. Schauer, The Limited Domain of the Law, 90 Virginia L.R. 7 (November 2004), 1909ff. 331 Glossner, in: FS Karlheinz Quack, S. 709f. 332 Vgl. zur ersten Orientierung die Übersicht bei Mullerat, Ethical Rules, III., 6., C.; s. auch den Code of Ethics for Vancouver Maritime Arbitrators Association No. 3 und 4, abgedruckt bei Forbes, 9 JInt´lArb 3 (1992), 5, 25f.; ebenso den Code of Professional and Ethical Conduct for Arbitrators des CIArb vom Juni 1999, abgedruckt in 66 Arbitration (2000), 66ff. (dazu Öre, 68 Arbitration 2 (2002), 90, 93-104); allgemein zur Rolle von (Verhaltens-)Kodizes Harding, 64 Arbitration 2 (1998), 67ff. 333 (AAA/ABA Code 2004): Die Version 1977 ist abgedruckt in 33 Business Lawyer (1977), 309; die Version 2004 (in Kraft seit dem 1. März 2004; eine erste Besprechung liefern Meyerson/Townsend, 59 D.R.J. 1 (2004), 10ff.) ist abrufbar unter www.adr.org (Stichwort AAA/ABA Code). 334 (IBA Ethics 1987): abgedruckt in 2 Mealey´s Int´l ArbRep (1987), 287; YBCA XII (1987), 199; Redfern/Hunter, Law and Practice, Appendix L; eine erste Besprechung bei Branson, 3 ArbInt (1987), 72. 335 (IBA Guidelines 2004): verabschiedet am 22. Mai 2004, abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: IBA Guidelines on Conflicts); sehr informativ die von der Working Group dieses Projekts veröffentlichten IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433ff.

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den Parteien, Interessenvertretern und dem Streitgegenstand andererseits336. Gemeinsam ist

den Kodizes, dass sie de lege lata nur im Wege vertraglicher Vereinbarung gelten337 und

ausdrücklich auf ihre Nachrangigkeit gegenüber Gesetz und institutionellen

Schiedsordnungen hinweisen338; auch anerkennen und fordern sie das Primat

schiedsrichterlicher Unparteilichkeit stets im Zusammenspiel mit dem der Unabhängigkeit,

entweder direkt oder indirekt im Wege einer Negativdefinition339.

Eine bemerkenswerte Harmonisierung zwischen diesen drei Regelwerken (in ihren jeweils

unterschiedlichen Versionen) hat die in 2004 beendete Novellierung des AAA/ABA Code

gebracht: Nunmehr gilt auch für in den USA stattfindende Schiedsverfahren ohne Rücksicht

darauf, ob ein Schiedsrichter von einer Partei vorgeschlagen ist oder nicht, die Vermutung

seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit; damit wird die diametral entgegensetzte

Vermutung des Canon VII. der Version aus 1977 beseitigt340: Die unterschiedliche

Behandlung parteibenannter Schiedsrichter hatte den AAA/ABA Code 1977 immer als nicht

akzeptable Besonderheit des US-amerikanischen Schiedsgerichtswesens erscheinen lassen341;

336 Gegenüber den Guidelines 2004 sollen die IBA Ethics 1987 in den durch die Guidelines nicht geregelten Bereichen weiterhin gelten, so IBA Guidelines 2004, Introduction No. 8, und auch IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 456f.; nach hiesiger Ansicht ist der Wortlaut dieser Regelung kaum praktikabel, weil vollkommen schwammig; es könnte sein, dass lediglich No. 3 („Elements of Bias“) und No. 4 („Duty of Disclosure“) der IBA Ethics 1987 ihre Gültigkeit einbüßen (dazu aber mehr im 3. und 4. Teil). 337 So jeweils die Präambel des AAA/ABA Code 1977 bzw. Revisited 2004; ebenso die „Introductory Note“ bzw. „Introduction“ der IBA Ethics 1987 bzw. IBA Guidelines 2004; in welchem Umfang die Kodizes genutzt werden, unterliegt noch keiner statistischen Erhebung, es soll aber jährliche Reviews geben; positiv zu solchen (Verhaltens-)Kodizes Hunter, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 25f.; kritisch Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 189f.; nach Lalive, in: The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 119, S. 124ff., werden sie ebenfalls kritisch bei den administrierenden Schiedsgerichtsinstiutionen aufgenommen (dies hat sich jedoch im Verlauf der Arbeiten an den IBA Guidelines 2004 zumindest teilweise geändert, mit der Folge, dass sich auch die bedeutenden Schiedsorganisationen nicht mehr vollständig dagegen sperren; dazu mehr im 3., 4. und 5. Teil). 338 So “Note on Construction” (am Ende) des AAA/ABA Code 2004; “Introductory Note” (am Anfang) der IBA Ethics 1987; “Introduction” (No. 6) der IBA Guidelines 2004. 339 Direkt: IBA Guidelines 2004, Part I, GSt 1; AAA/ABA Code of Ethics 2004, Canon I.; indirekt: IBA Ethics 1987, No. 1 i.V.m. No. 3.1. 340 S. dazu jetzt die „Note on Neutrality“ der Version Revisited 2004 mit dem besonderen Hinweis auf die Verträglichkeit mit internationalen Schiedsverfahren; vgl. auch Meyerson/Townsend, 59 D. R. J. 1 (2004), 10f. 341 So Donahey, 9 JInt´lArb 4 (1992), 31, 32; Bader, JInt´lArb 3 (1995), 39-47; Glossner, in: FS Karlheinz Quack, S. 709, 712; dabei ist aber zu berücksichtigen, dass bereits auch die Version 1977 von dem parteibenannten Schiedsrichter ein grundsätzlich moralisch-ethisches Verhalten erwartet hatte und damit indirekt doch zumindest die Unparteilichkeit auch des parteibenannten Schiedsrichters verlangt hatte, s. dazu ´Canon VII., A. Obligations under Canon I.: „Nonneutral party-appointed arbitrators should observe all of the obligations of Canon I. to uphold the integrity and fairness of the arbitration process, subject only to the following provisions. (1) Nonneutral arbitrators may be predisposed toward the party who appointed them but in all other respects are obligated to act in good faith and with integrity and fairness. For example, nonneutral arbitrators should not engage in delaying tactics or harassment of any party or witness and should not knowingly make untrue or misleading statements to the other arbitrators.”´; ganz eindeutig insofern Metropolitan Property v JC Penney Cas Ins Co, 780 F.Supp. 885, 892 (D Conn 1991) (“Case law in the US holds that even where an arbitrator is not considered to be neutral, such arbitrators are not ´excused from their ethical duties and the obligation to participate in the arbitration process in a fair, hones and good-faith manner´”); ebenso Florasynth,

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den Parteien bleibt allerdings immer noch die Wahl eines „non-neutral“ Schiedsrichters unter

den Voraussetzungen von Canon IX. und Canon X. des AAA/ABA Code 2004.

Vom Aufbau und ihrer Gliederung her unterscheiden sich die einzelnen Kodizes, sie ähneln

aber inhaltlich einander und stimmen mit dem in dieser Arbeit bislang betonten

Ineinandergreifen der Grundsätze der Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit), ihren Kriterien,

dem Sinn und Zweck der Mechanismen der Offenlegung und des Verzichts bzw. der

Präklusion weitgehend überein.

1. Prüfungsmaßstab schiedsrichterlicher Interessenverflechtung: Unparteilichkeit und

Unabhängigkeit

Alle Kodizes sind im Primat der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit)

verankert342. Um es zu stärken, lassen sie für eine erfolgreiche Ablehnung bereits den

Anschein schiedsrichterlicher Befangenheit genügen, der Beweis tatsächlicher Parteilichkeit

oder Unabhängigkeit ist also nicht erforderlich343.

Lediglich die IBA Ethics 1987 geben potentiellen Nutzern einen Hinweis darauf, was diese

sich unter den Konzepten der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit vorstellen sollen344; dies

allerdings auch nur über die „negative“ Definition von Parteilichkeit und Abhängigkeit. Das

Fehlen einer solchen Definition bedeutet für den Nutzer der beiden anderen Regelungswerke

jedoch keinen Nachteil, da diese in Canon I. des AAA/ABA Code 2004 und - vielleicht noch

mehr - in GSt 2(d) i.V.m. der sog. „non-waivable Red List“ der IBA Guidelines 2004 einen

klaren Handlungskatalog vorfinden; dieser erschöpft sich nicht in einer - immer angreifbaren -

Kategorisierung bestimmter Fallgestaltungen, sondern bietet durch den Rückbezug auf den

GSt einen autarken Regelungsmechanismus.

Inc v Pickholz, 750 F.2d 171, 173 (2nd Cir. 1984 (“(arbitrators, Ergänzung d. Verf.) have a responsibility to be disinterested”); daraus folgert Hoellering Folgendes: “The Metropolitan Property Case has been heralded by the former general counsel of the AAA as indicating “heretofore laxer standard applicable to party-appointed arbitrators in domestic cases is being modified to a more neutral and less partisan position more closely aligned to the international standard under which all arbitrators, including those appointed by a party, are expected to be impartial and independent.”. 342 S. die “Note on Neutrality”, AAA/ABA Code 2004; “Introductory Note”, IBA Ethics 1987; GSt 1 IBA Guidelines 2004 nebst seiner Explanation. 343 AAA/ABA Code 2004, Canon I., C.; vgl. auch die Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 441. 344 IBA Ethics 1987, No. 3.1.

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Ebenso verlangen die Kodizes sämtlich die Beachtung des Gebots der schiedsrichterlichen

Selbstablehnung345; durch dessen exponierte Stellung gleich zu Beginn ihrer Bestimmungen

verdeutlichen sie, ein schiedsrichterliches Ethos zur Grundlage ihrer Regelungen zu machen

und räumen ihm dadurch sogar gegenüber dem Ablehnungsrecht der Parteien besonderes

Gewicht ein346. GSt 2(a) der IBA Guidelines 2004 verstärkt dies durch einen extra weiten,

offenen Wortlaut, der dazu führt, dass ein Schiedsrichter die Aufnahme der Tätigkeit bereits

dann aus eigenem Antrieb ablehnen sollte „if he ... has any doubts as to his ... ability to be

impartial or independent“ (Hervorhebung d. Verf.).

Das nachfolgende Ablehnungsrecht der Parteien soll jeweils aus der Sicht eines objektiv

vernünftig urteilenden Dritten geprüft werden347. Der Schwellenwert für eine erfolgreiche

Ablehnung ist in GSt 2 (c) der IBA Guidelines 2004 legaldefiniert und scheint eher dem

niedrigeren „reasonable possibility of bias“-Test des australischen Gesetzgebers angeglichen

zu sein als dem schwieriger beweisbaren „real likelihood“- bzw. „real danger of bias“-Test

der englischen Jurisdiktion348.

2. Offenlegung

Sowohl der AAA/ABA Code 2004 als auch die IBA Guidelines 2004 bestimmen eine

schiedsrichterliche Nachforschungs- mit folgender Offenlegungspflicht und sichern diese

durch eine Zweifelsregelung i.S. einer „when in doubt, disclose“-Klausel ab349.

Wichtig und erstmals in GSt 3(b) IBA Guidelines 2004 ausdrücklich geregelt ist die

Feststellung, dass die Offenlegung von Umständen für sich allein genommen nicht zum

Ausschluss eines Schiedsrichters führt oder für seine Ablehnung ausreicht. Eine solche

Feststellung war schon allein deshalb notwendig, um der Praxis der ICC zu begegnen,

diejenigen Schiedsrichter, die von ICC Nationalkomitees vorgeschlagen werden, schon dann

345 AAA/ABA Code 2004, Canon I., B., 1.; IBA Ethics 1987, No. 2.1; IBA Guidelines 2004, GSt 2(a). 346 Ebenso IBA Guidelines 2004, Explanation to GSt 2(a). 347 So ausdrücklich die Legaldefinition in den IBA Guidelines 2004, GSt 2(b): „... from a reasonable third person´s point of view having knowledge of the relevant facts.”. 348 GSt 2(b) lautet wie folgt: “The same principle (d.h. eine Beendigung der schiedsrichterlichen Tätigkeit, d. Verf.) applies if … circumstances exist … that … give rise to justifiable doubts …” i.V.m. GSt 2(c): ”Doubts are justifiable if a reasonable and informed third party would reach the conclusion that there was a likelihood that the arbitrator may be influenced by factors other than the merits of the case …”; ebenso die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 442f.; gleiches gilt für den in Canon I., C., des AAA/ABA Code 2004 vorgeschlagenen Wortlaut im Hinblick auf Umstände „which might reasonably create the appearance of partiality“. 349 AAA/ABA Code 2004, Canon II., B. und D.; IBA Guidelines 2004, GSt 3(c) und GSt 7(c).

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nicht zu ernennen, wenn diese nur eine erweiterte Erklärung („qualified statement“) im

Rahmen von Art. 7(2) ICC Arbitration Rules abgeben350.

(Begründet und) Gestärkt wird der eindeutig moralisch-ethische Impetus der Kodizes über die

Vermutung, dass sich ein Schiedsrichter, der seine Tätigkeit aufnimmt, für unparteilich hält,

weil er sich sonst von vornherein selbst abgelehnt hätte351. Nur dieser Ansatz, der so nicht im

AAA/ABA Code 2004 zu finden ist, ermöglicht es, die zur Sicherung der Fairness des

Verfahrens weit bzw. offen ausgestaltete Offenlegungspflicht nicht entarten zu lassen und das

Selbstverständnis eines Schiedsrichters zu stärken.

Als ebenso wirksam dürfte sich die Verpflichtung der Parteien erweisen, bereits vor der

Ernennung ihrerseits öffentlich einsehbare Informationsquellen für eine frühzeitige Klärung

etwaiger Verflechtungen mit einem Schiedsrichter zu nutzen352. Dies dürfte einen erheblichen

Erziehungseffekt haben und nach Ansicht des Verfassers den wahren Grund von

Interessenkonflikten erkannt haben und in Zukunft dingfest machen353. Der zur Offenlegung

verpflichtende Maßstab unter Canon II., A. des AAA/ABA Code 2004354 ist ebenso wie

derjenige unter GSt 3(a) der IBA Guidelines 2004355 weiter gefasst als der jeweils zur

Ablehnung berechtigende; man begründet das mit der Annahme, so den Sinn und Zweck der

Offenlegungspflicht erfüllen zu können, nämlich eine möglichst frühzeitige Vorwegnahme

potentieller Ablehnungsverfahren. Beide Kodizes lassen die Offenlegungspflicht auch jeweils

aus überwiegend subjektiver Perspektive beurteilen356. Diese Lösung unterscheidet sich

grundlegend von der in Art. 12 Abs. 1 ML und den einzelnen Jurisdiktionen gewählten

objektiven Sichtweise, soll aber im Falle der IBA Guidelines 2004 nur um ihrer Akzeptanz

durch die ICC, LCIA und DIS willen erfolgt sein357.

350 Hierzu Whitesell, ASA Special Series No. 18, S. 57, 59. 351 So zu Recht die IBA Guidelines 2004, Explanation to GSt 3(b). 352 So ausdrücklich GSt 7 lit. (a) und lit. (b) IBA Guidelines 2004. 353 In diesem Sinne auch Hascher, 6 ICC Bulletin (November 1995), 4, 18. 354 “… should disclose any interest or relationship likely to affect impartiality or which might might create an appearance of partiality.”. 355 “If … circumstances exist that may … give rise to doubts …”. 356 AAA/ABA Code 2004, Canon II., A., 2.; ebenso IBA Guidelines 2004, GSt 3(a) i.V.m. der „Orange List“ und „Green List“; s. auch die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 447-450, zu der innerhalb der IBA Working Group bei der Bestimmung des Prüfungsmaßstabes kontrovers geführten Diskussion; vgl. auch Sekolec/Eliasson, The Swedish Arbitration Act 1999, S. 22. 357 So die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 448f.; ähnlich Winstanley, 4 LCIA News 4 (December 2002), S. 23, 24.

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3. Präklusion bzw. Verzicht

GSt 4 der IBA Guidelines 2004 behandelt Ursache und Wirkung des Verlustes des Rügerechts

einer Partei; weder der AAA/ABA Code 1977 bzw. Revisited 2004 noch die IBA Ethics 1987

sehen eine ähnliche Regelung vor358. Angesichts der eher unklaren Behandlung des

Präklusions bzw. Verzichtsmechanismus in den entsprechenden Regelungen des ML und

einzelner Jurisdiktionen ist die ausführliche Stellungnahme der IBA Guidelines 2004 in GSt 4

zu begrüßen. In ihr spiegelt sich die ständige Spannung wider, die zwischen der weitest

möglich zu gewährleistenden Autonomie der Parteien einerseits und der auf jeden Fall als

Mindeststandard zu wahrenden Fairness andererseits besteht359. So stellt dann auch GSt 4(b)

i.V.m. der „non-waivable Red List“ fest, welche Beziehungen des Schiedsrichters zum

Streitgegenstand oder den beteiligten Parteien bzw. Interessenvertretern so prägend sind, dass

sie nicht mehr als mit einem fairen Verfahren vereinbar angesehen werden können. Diese

Unabdingbarkeit gilt zwar grundsätzlich auch in bezug auf die Situationen unter der

„waivable Red List“360, dort jedoch räumt die IBA der Parteiautonomie - unter Wahrung

größtmöglicher Transparenz - ganz bewusst den Vorrang ein361.

C. Zusammenfassung des 1. Teils

Der in der vorliegenden Arbeit verwendete Begriff des „Interessenkonflikts“ bzw. der

„Interessenverflechtung“ ist terminologischer Oberbegriff, wenn es um Beziehungen

zwischen einem Schiedsrichter einerseits und den Parteien, ihren Interessenvertretern oder

dem Streitgegenstand andererseits im weitesten Sinne geht. Entscheidend für die Bewältigung

eines solchen Interessenkonflikts ist das Zusammenwirken der international anerkannten

fundamentalen Grundsätze der Wahrung von Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) sowie

der sie ermöglichenden Transparenz des Schiedsverfahrens. Erschwert wird dieses

Zusammenwirken durch die Spannung, die zwischen dem Schutzbedürfnis der Parteien vor

Missbrauchstaktiken der jeweils anderen Partei einerseits und der Besonderheit der

Schiedsrichterwahl durch die Parteien im Schiedsverfahren andererseits besteht362.

358 Der unter Canon III., B., 6 und Canon IV., D. des AAA/ABA Code 2004 angedeutete Verzicht seitens einer Schiedspartei bezieht sich nur auf sog. „ex parte“-Verfahren. 359 Dazu mehr im 2. Teil. 360 Ausdrücklich so die IBA Guidelines, GSt 4(c) Satz 1. 361 So wie sie dem Grundsatz der Fairness in ihrer Begründung zur Existenzberechtigung der „non-waivable Red List“ gegenüber der Parteiautonomie den Vorrang einräumt, dazu IBA Guidelines 2004, Part II, No. 9: „With respect to the second question (d.h. ob die Situationen der „non-waivable Red List“ angesichts des Grundsatzes der Parteiautonomie nicht doch abdingbar sein sollen, d. Verf.) the conclusion of the Working Group was that party autonomy, in this respect, has its limits.“. 362 Ebenso Kröll/Mallmann, SchiedsVZ 2003, 138, 139; Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1036 Rdn. 15.

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Für den Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit herrscht im Umgang mit der

Vermeidung und Bewältigung solcher Interessenkonflikte eine erhebliche Rechtsunsicherheit:

Dies mag im Einzelfall nicht sogleich augenfällig sein, weil auch internationale

Schiedsverfahren letztlich vor dem Hintergrund des gesetzlichen Regelungswerks einer

nationalen Jurisdiktion mit entsprechender lex fori und regelmäßig auch lex arbitri geführt

werden; im Vergleich zu rein nationalen Schiedsverfahren kommt aber auf internationaler

Ebene erschwerend hinzu, dass die Parteien und Schiedsrichter ihre regelmäßig

unterschiedlichen, national geprägten Wertvorstellungen und Erwartungshaltungen

mitbringen; diese auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, ist bislang weder nationalen

Gesetzgebern durch harmonisierende Schiedsverfahrensgesetze noch bedeutenden

Schiedsinstitutionen über ihre maßgebliche Einbindung in die praktische Gestaltung

internationaler Schiedsverfahren gelungen.

Vor diesem Hintergrund ist der aktuelle Beitrag der IBA mit ihren Guidelines 2004 als neue

Herausforderung für die schiedsverfahrensrechtliche und auch forensische Praxis

internationaler Schiedsverfahren und der Schiedsgerichtsbarkeit an sich im Folgenden näher

zu untersuchen.

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2. Teil:

Das Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der Parteiautonomie und der

Fairness als Ursprung von Interessenkonflikten

In diesem Teil soll untersucht werden, worauf die Entstehung von Interessenkonflikten

zurückzuführen ist. In Kenntnis der Ursachen kann dann im 3. Teil ein Lösungsparameter zur

Vermeidung bzw. Behandlung solcher Konflikte entworfen werden.

A. Die Praxis internationaler Schiedsverfahren im Wandel

Der rasante Aufstieg der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zum primären

Streitlösungsmechanismus i.S. einer eigenen „forensischen Industrie“ der globalen

Marktwirtschaft363 und die regelmäßig hohen Streitwerte sowie potentiellen wirtschaftlichen

Auswirkungen haben mittlerweile dazu beigetragen, dass Verzögerungs- und Abwehrtaktiken,

vergleichbar denen vor staatlichen Gerichten, internationale Schiedsverfahren ihres

Wesenszuges zu berauben drohen - der in der Sache streitigen, aber grundlegend und

grundsätzlich fairen Streitbeilegung364. Park´s Feststellung “the candidats for the label of

arbitral pollutants include ... spurious attacks on arbitrators´ independence”365 scheint sich zu

bewahrheiten; seine Wortwahl der “arbitral pollutants” ist bezeichnend. Diese Entwicklung

mag durch die ausgeprägte Streitkultur anglo-amerikanischer Jurisdiktionen und deren

Bedeutung im internationalen Wirtschaftsverkehr begünstigt werden; selbst wenn dem so sein

sollte, hat sich die kontinental-europäische Streitentscheidungskultur im Hinblick auf diese

Entwicklung als allzu lernbegierige Schülerin erwiesen: Redfern´s „Winning the Battle“366

legt dafür Zeugnis ab. Sollte also die „freundliche Arbitrage“367 tatsächlich Opfer

kontradiktorischer Verrohung werden? Lalive glaubt, hierin einen „neuen soziologischen

Typus von Schiedsverfahren“ entstehen zu sehen368, und Berger schlägt vor, dieser

363 Berger, Parteiautonomie, RIW 1994, 12, 15. 364 Diese Entwicklung beklagt u.a. Thomas, Arbitration, S. 9, 11: „Unfortunately, the cardinal principles of natural justice and fair play that govern by law the resolution of disputes through arbitration, give the unscrupulous party and his willy lawyers a lot of scope. They will put the claimant to proof of each and every fact that has to be proved. They will find points to plead that seem unarguable. They will seek further and better particulars and further and better discovery, the further the better because it wears down the claimant´s patience, eats into his pocket, and delays the dreadful hour of having to part with money. Attempts to fix an early date for hearing will be met with gloomy forecasts of its duration, and pleas for sympathy on behalf of counsel with no dates free until late next year.”; ebenso Marriot, IDR 3, S. 2. 365 Park, 17 ArbInt 3 (2001), 263, 269f.: „The difficulty in dealing with these offenders, of course, is that they are linked to elements of arbitral procedure which, in their right place, can serve the ends of justice.”. 366 Int´l Commercial Arbitration: Winning the Battle, Private Investors Abroad, No. 11-1. 367 So besonders gut den Ursprung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit verbildlichend die „Hamburger freundschaftliche Arbitrage“, dazu Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 38. 368 1 ICSID Review - Foreign Investment L. J. (1986), S. 26, 30.

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Entwicklung mit rigiden Präklusions- und anderen „Ordnungsnormen“ in Schiedsgesetzen

bzw. -ordnungen beizukommen und so internationale Schiedsverfahren ihres informellen und

„freundlichen Charakters“ vollends zu berauben369. Ganz pragmatisch hingegen scheint

Petersmann diese Entwicklung angehen zu wollen: „Conflicts of interest, negotiations on their

resolution, and procedures for the settlement of disputes with the aid of third parties are a

basic fact of life in all societies.“370.

B. Kontrolle371 der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit durch staatliche Gerichte

I. Die für internationale Schiedsverfahren maßgeblichen Rechtsordnungssysteme

Grundsätzlich ist jedes streitig geführte und mit einem Schiedsspruch beendete internationale

Schiedsverfahren letztendlich auf die Unterstützung durch staatliche Gerichte angewiesen:

Dies gilt spätestens dann, wenn der Schiedsspruch nicht freiwillig erfüllt wird und gegen die

unterlegene Partei Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen372; diese können

aber derzeit nur über das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren eines

nationalen Gerichts erwirkt werden, da sich die Staatengemeinschaft bislang (noch) nicht auf

ein einheitliches Gericht mit der allumfassender Zuständigkeit für grenzüberschreitende

Schiedsstreitigkeiten hat einigen können373. Mit der Einschaltung eines nationalen Gerichts

wird das internationale Schiedsverfahren dessen lex fori und regelmäßig auch dessen lex

arbitri374 unterworfen und damit auch de facto dessen nationalen Wertentscheidungen über

Fragen der Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) der entscheidenden Schiedsrichterbank375;

369 Berger, Parteiautonomie, RIW 1994, 12, 15, der dort Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration, S. 153, wie folgt übersetzt: „Ist es nicht paradox, dass sich die Schiedsgerichtsbarkeit, die an sich ein flexibler, informeller Weg der Streitentscheidung sein will, immer mehr dem gerichtlichen Verfahren annähert, bis zu einem Punkt, wo sie sogar seine drakonischsten Vorschriften übernimmt? Die Angst vor Verzögerungstaktiken sollte die Reglementierung der Schiedsgerichtsbarkeit nicht so weit treiben, dass diese genauso schwierig zu handhaben wird wie Gerichtsverfahren.“. 370 Petersmann, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 615. 371 Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 4, schlägt den Begriff der „Staatsvorbehalte“ vor. 372 Allgemein zum Umfang gerichtlicher Unterstützungshandlungen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 7. 373 Zur Begründung eines derartigen „Weltschiedsgerichtshofs“ vgl. Holtzmann bzw. Schwebel, beide in: Martin Hunter (ed.), The Internationalisation of International Arbitration, 1995; vgl. die Ausführungen im 4. Teil; beobachtenswert aber die Gründung des Cour Commune de Justice et d´Arbitrage, Abidjan, Cote d´Ivoire, durch den OHADA Uniform Act (L´Organisation pour l´Harmonisation en Afrique du Droit des Affaires, begründet durch den Treaty relating to the Harmonisation of Laws in Africa, signed 17 October 1993, Port-Louis, abrufbar unter www.refer.org/camer_ct/eco/ecohada/ohada.htm); vgl. hierzu Leboulanger, Rev. d. Arb. (1999), 541ff.; Mbaye, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 535ff.; jüngst Douajni, 20 JInt´lArb 2 (2003), 205ff. 374 Sog. Schiedsverfahrensstatut, also das die Bestellung des Schiedsgerichts und das von ihm zu leitende Schiedsverfahren beherrschende Recht, vgl. hierzu allgemein Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 2. 375 Dies gilt zumindest für die Staaten, die der NYC 1958 beigetreten sind und diese rezipiert haben (damit aber auch für sämtliche Staaten, die im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit tätig sind, vgl. hierzu nur die Übersicht der Beitrittsstaaten mit Stand 3. November 2003, abgedruckt in YBCA XXVIII (2003), 555-561).

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bei Unterstützungshandlungen durch nationale Gerichte anderer Jurisdiktionen wird

zusätzlich deren lex fori berücksichtigt werden (müssen)376.

II. Berechtigung des Primats staatlicher Kontrolltätigkeit im Hinblick auf internationale

Schiedsverfahren?

Wollte man nationalen Gerichten in bezug auf internationale Schiedsverfahren ein sachliches

und rechtliches Prüfungsrecht im Umfange einer „revision au fond“ einräumen, würde man

den Streitlösungsmechanismus der Schiedsgerichtsbarkeit seines Werts für die

Schiedsparteien berauben, ihn zu einer außerstaatlichen Eingangsinstanz degradieren377 und

so den Willen der Schiedsparteien übergehen. Dies widerspräche der international

erkennbaren Tendenz, den Einfluß nationaler Gerichte auf die Gestaltung von

Schiedsverfahren zu verringern378 und auf die Gewährung von fundamentalen

Verfahrensprinzipien zu beschränken379; maßgebend sind hier immer noch Art. III und Art. V

der NYC380. Allerdings ist dem Grundsatz nach auch anerkannt, dass ebenso internationale

Schiedsverfahren einer nationalstaatlichen Kontrolle zugänglich sein müssen: Denn auch

derjenige, der in der Schiedsgerichtsbarkeit eine parteiautonome Alternative zur staatlichen

Gerichtsbarkeit sieht, kommt nicht umhin einzuräumen, dass Berührungspunkte zwischen

privater und staatlicher Streitentscheidung existieren381 - dies allein schon deshalb, weil

376 So mindestens im Hinblick auf Art. V Abs. 2 lit. (b) NYC 1958; zum Auseinanderfallen von lex arbitri und lex fori bereits vor Erlaß des Schiedsspruches, z.B. im Rahmen von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes oder zur Beschaffung von Beweismitteln über Gerichte außerhalb der lex fori, vgl. das Schiedsverfahren Channel Tunnel Group v. Balfour Beatty Construction (1993) 2 W.L.R. 262 (englische Gerichte entschieden dort, dass sie einstweiligen Rechtsschutz in Schiedsverfahren, die einer ausländischen lex arbitri unterliegen, gewähren können) und §1025 Abs. 2 i.V.m. §1050 ZPO (deutsche Gerichte können Schiedsverfahren, die einer ausländischen lex arbitri unterliegen, bei der Beweisaufnahme Hilfestellung gewähren). 377 Dazu aus englischer Sicht Kerr, I.C.L.Q. 34 (1985), 1, 15f. 378 So ausdrücklich für England Section 1 lit. (b) und lit. (c) Arbitration Act 1996. 379 So schon Coing/Ellwood/Fouchard/Waehler/Vondracek/Koschucharoff/Lando/Migliazza, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S. 21: „(Dass sich nämlich die staatlichen Rechtsordnungen, d. Verf.) sowohl bei der Frage, wann ein inländischer Schiedsspruch die Wirkung eines rechtskräftigen Gerichtsurteils erhalten kann, wie bei der Frage der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche hinsichtlich der Verfahrensregeln größte Zurückhaltung auferlegen, anders ausgedrückt, dass sie für die Anerkennung solcher Schiedssprüche nur die Einhaltung wirklich elementarer Verfahrensgrundsätze verlangen, aber nicht darüber hinausgehen.“; ebenso Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 7. 380 Hatte noch die “Vorgänger”-Konvention der NYC 1958, die Geneva Convention 1927 (Convention for the Execution of Foreign Arbitral Awards, Geneva, 26. September 1927, (1929-30) XCII League of Nations Treaty Series 302), staatlichen Gerichten bei der Prüfung der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Schiedsspruchs erheblichen Freiraum gelassen, muss nach Art. III NYC 1958 ein staatliches Gericht einen solchen Schiedsspruch nunmehr anerkennen und für vollstreckbar erklären - es sei denn, Art. V greift ein. 381 S. hierzu allgemein Delaume, Court intervention in arbitral proceedings, S. 195, 200ff.; Kerr, I.C.L.Q. 34 (1985), 1, 3; Rubino-Sammartano, S. 221ff.; informativ die Analyse bei Naón, Choice of law-Problems in Int´l Commercial Arbitration, S. 219-285.

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Vertragsfreiheit niemals Rechtslosigkeit legitimieren kann und also nicht grenzenlos ist382.

Wäre sie es, unterfielen auch von den Parteien und/oder Schiedsrichtern evident willkürlich

geführte und/oder ausgeurteilte Schiedsverfahren nicht mehr staatlicher Gerichtskontrolle383.

Dies gilt umso mehr mit Blick auf die Tatsache, dass Schiedssprüche grundsätzlich nur „inter

partes“ verbindlich und rechtskräftig werden und damit einen Streit endgültig beilegen. Es ist

immer noch ein nationales Gericht, dass dem internationalen Schiedsspruch zu dessen

durchschlagender Wirkung, d.h. der universalen Vollstreckbarkeit, verhilft.

Es wird deshalb die Ansicht vertreten, dass jede Rechtsordnung berechtigt sein soll, die

Einhaltung der von ihr für grundlegend erachteten Verfahrensprinzipien überwachen zu

können384, um „staatliche Vollstreckungsgewalt nicht zum Büttel von Gruppeninteressen“ zu

erniedrigen385: Danach können die Schiedsparteien nur dann das mit der Verleihung der

Titeleigenschaft eines internationalen Schiedsspruchs einhergehende hoheitliche Placet mit

der Möglichkeit nachfolgender Vollstreckung in Anspruch nehmen, wenn dieser

Schiedsspruch dem staatlichen Verständnis dessen, was Recht ist, entspricht. Staaten werden

daher internationale Schiedssprüche nur unter bestimmten Voraussetzungen anerkennen und

ihnen zur Durchsetzung verhelfen386.

Bezogen auf die Beurteilung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen ergibt sich daraus

Folgendes: Der international üblichen Praxis der Benennung der Schiedsrichter durch die

Parteien ist die Gefahr ihres Missbrauchs gleichsam per definitionem immanent: Nämlich

dass sich die Schiedsparteien (aufgrund der regelmäßig hohen Streitwerte) und Schiedsrichter

(aufgrund der Lukrativität und Dauerhaftigkeit ihrer Tätigkeit) bei der Benennung und 382 Die damit einhergehende Beschränkung der Vertragsfreiheit (bzw. Parteiautonomie, zum Begriff gleich unter C., I.) muss aber nicht zum Schutz nationalstaatlicher Interessen erfolgen (welcher auch?), sondern allein zum Schutz der Schiedsparteien und der Funktionsfähigkeit des von ihnen initiierten und gestalteten Schiedsverfahrens selbst; dazu mehr im 4. Teil. 383 Eine andere, jenseits nationaler Grenzen operierende Kontrollinstanz existiert ja derzeit ohnehin nicht, und einer nicht existenten Kontollinstanz kann keine Kontrollzustänigkeit entzogen werden. Abgesehen davon wird nachfolgend (vor allem im 4. Teil) die Existenz eines transnational zuständigen „Weltschiedsgerichtshofs“ befürwortet. 384 Vgl. hierzu Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 4f., der das Spannungsverhältnis „zwischen den Anforderungen des Rechtsstaats an die schiedsgerichtliche Rechtsprechung als Ersatz für primär staatliche Aufgabenerfüllung (einerseits, d. Verf.) und dem Anspruch der Schiedsparteien auf Belassung privatautonomer Rechtsstreitentscheidung“ andererseits im Wege einer wechselseitig nützlichen Ergänzung auflösen will. 385 So Habscheid, NJW 1962, 5, 8. 386 Es wird zu zeigen sein, dass dieses Verständnis des Staates als Wächter der Reinheit internationaler Schiedsverfahren zwar auf den ersten Blick für evidente Missbrauchsfälle gewissen Schutz bieten könnte - dass letztlich aber doch nur die Einsicht und Vernunft der am Schiedsverfahren Beteiligten selbst ein wirksames Regulativ gegen Exzesse sein kann; zum insoweit aus Sicht des Verf. überkommenen Begriff und Verständnis nationalstaatlicher Souveränität weiterführend Radon, 40 Stanford J. Int´l L. 2 (2004), 195ff.; ebenso Slaugther, ebenda, 283ff.; dazu mehr im 3. Teil.

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Streitentscheidung von sachfremden Erwägungen leiten lassen und damit gegen das Primat

verstoßen, das Schiedsverfahren fair, also nach Treu und Glauben zu führen (sog. „duty to

arbitrate in good faith“387).

Dies führt zu folgendem Dilemma: Verzichtet man in solchen Extremfällen auf jegliche

Kontrolle durch nationale Gerichte, erweist man der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

und damit den Schiedsparteien an sich - zumindest de lege lata - den denkbar schlechtesten

Dienst: Der Schiedsspruch wäre nicht korrigierbar und sein Inhalt unberechenbar; spätestens

bei einem Antrag auf Versagung der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung über Art. V

Abs. 1(d) NYC (d.h. fehlerhafte Besetzung des Schiedsgerichts) oder bei der von Amts wegen

vorzunehmenden Prüfung des ordre public-Vorbehalts über Art. V Abs. 2(b) NYC besteht

also die Notwendigkeit, dass das Schiedsverfahren gleichzeitig international wie auch national

anerkannten, fundamentalen Verfahrensgarantien entspricht388. Zwar ist die Prüfung des ordre

public-Vorbehalts in allen Jurisdiktionen nur als „Grobfilter“ bzw. „Notventil“ konzipiert;

hierin kommt der Widerwille zum Ausdruck, die Kontrolle der Einhaltung fundamentaler

Verfahrensgarantien389 - in aus nationalstaatlicher Perspektive systemwidriger Weise -

vollständig auf die Prüfungsebene des ordre public zu verlagern390. Nichtsdestotrotz schwebt

über einem internationalen Schiedsverfahren de facto stets Art. V Abs. 2(b) NYC wie ein

Damoklesschwert391.

Andererseits stellt sich aber die Frage, ob diese letztinstanzliche Prüfungstätigkeit tatsächlich

von nationalen Gerichten ausgeführt werden muss - oder ob nicht etwa die internationale

Schiedsgemeinschaft dadurch selbst regulierend tätig werden kann, dass sie

387 Grundlegend hierzu Veeder, 18 ArbInt 4 (2002), 431-450; vgl. auch die CIETAC Arbitration Rules (Art. 7). 388 Zum Inhalt des ordre public aus deutscher Sicht s. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1059 Rdn. 20-24; die Existenz von Art. V NYC 1958 hat zu einem Ausgleich dieser widerstreitenden Prinzipien dadurch geführt, dass für die Anerkennung und Vollstreckung internationaler Schiedssprüche weitgehend ein ordre public internationalen Zuschnitts (zuweilen auch „ordre public international“ genannt) anerkannt wird; von einer insoweit „geringeren bzw. milderen Prüfungsdichte“ spricht Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1059 Rdn. 22 Fn. 98-101; beachtenswert insbesondere die „Resolution of the ILA on Public Policy as a Bar to Enforcement of Int´l Arbitral Awards, adopted by the International Law Association“, abgedruckt in: 19 ArbInt 2 (2003), 213ff.; ergänzend hierzu Mayer/Sheppard, Final ILA Report on Public Policy as a Bar to Enforcement of Int´ Arbitral Awards bzw. A. Sheppard, Interim ILA Report on Public Policy as a Bar to Enforcement of Int´l Arbitral Awards, beide in 19 ArbInt 2 (2003), 249-263 bzw. 217-248. 389 Insbesondere die Garantie rechtlichen Gehörs und der Gleichbehandlung der Parteien. 390 So Spickhoff, 56 RabelsZ (1992), 116, 131. 391 Zur Anerkennung eines „ordre public international“ und dessen „abgesenkter Prüfungsdichte“ gegenüber dem „ordre public national“ bzw. „interene“ s. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1059 Rdn. 22 m.w.N. in Fn. 98-101; nach BT-Drucks. 13/5274 S. 59 re.Sp. (9) soll die Prüfung des ordre public über §1059 Abs. 2 Nr. 2(b) ZPO neben inhaltlichen auch prozessuale Mängel umfassen.

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Konsensregelungswerke392 verabschiedet, deren Beachtung notfalls über eine eigene, von

nationalstaatlichen Zuständigkeitserwägungen und falsch verstandenem nationalstaatlichen

Protektionismus unabhängige Schiedskontrollinstanz letztinstanzlich kontrolliert wird. Damit

ist das grundsätzliche Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zur herkömmlichen

Rechtsquellenlehre und damit dem traditionellen Verständnis der Einheit von Recht und Staat

angesprochen393: Kann die Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte jenseits

nationaler Jurisdiktionen so einheitlich geregelt werden, dass man der Staatengemeinschaft

zumuten kann, ihren diesbezüglichen, nach Ansicht des Verfassers ohnehin fragwürdigen

Anspruch auf das Rechtsetzungsmonopol aufzugeben und den Praktikern zu überlassen? Der

Verfasser sieht diese Möglichkeit, weiss aber auch um scheinbar unüberwindliche

Widerstände und schlägt deshalb im Folgenden vor, insbesondere das jüngst verabschiedete

Projekt der IBA, die Guidelines 2004394, für eine Neuorientierung des Verhältnisses zwischen

der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit einerseits und den Nationalstaaten andererseits zu

nutzen.

III. Fortgang der Untersuchung

Hinsichtlich der Problematik von Verflechtungen zwischen Schiedsrichtern einerseits und den

Parteien, ihren Interessenvertretern oder dem Streitgegenstand andererseits wird deshalb im

Folgenden auf die Geltung der Grundsätze der Parteiautonomie (dazu nachfolgend unter C.)

und der Fairness (dazu nachfolgend unter D.) und ihre Wechselwirkung (dazu nachfolgend

unter E.) eingegangen: Die Verwirklichung der Autonomie der Schiedsparteien ist relevant

für ihre regelmäßig zu beobachtende maßgebliche Beteiligung bei der Besetzung der

Schiedrichterbank im Wege eines Benennungsrechts395 und der diesem Benennungsrecht

zwangsläufig immanenten Missbrauchsmöglichkeit396. Dieser Missbrauch kann sich darin

392 Zu dieser Art von Regelungswerken zählen sicher auch die nachfolgend behandelten IBA Guidelines 2004. 393 S. Teubner, Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, Rechtshistorisches Journal 15 (1996), S. 255 - S. 290, mit einer soziologisch begründeten Rechtsquellenlehre. 394 Dazu bereits einleitend im 1. Teil, B., VI. 395 Von Ausnahmen abgesehen, kann man das parteibestimmte Drei-Personen-Schiedsgericht als die maßgeblich vorherrschende Entscheidungsform internationaler Schiedsgerichte bezeichnen; rechtsvergleichend auch Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395ff.; ebenso Rau, 14 ArbInt 2 (1998), 115, 123 und 144: „It would seem difficult to overcome a widely-shared conviction that the ability to participate in the selection of arbitrators is critical to fairness in dispute resolution; giving control of such aspects of the process to the parties themselves will be seen as particularly likely to „enhance disputants“ perceptions of impartiality and, in turn, their procedural justice judgments. This sentiment that party choice is essential to legitimate the arbitral process seems in fact to be burgeoning.”; ebenso Lind/Tyler, The Social Psychology of Procedural Justice, S. 126, 208, 215-217: “procedures are viewed as fairer when they vest process control or voice in those affected by a decision”; so jüngst auch Mankowski, SchiedsVZ 2004, 304. 396 Ausdrücklich Siehr, in: FS Keller, S. 485, 503 (allerdings den Begriff der ´Gesetzesumgehung´ gebrauchend); ebenso Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration, Rdn. 1010: „the development of arbitration has been accompanied by a perceived deterioration of its moral standards.“.

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äußern, dass nicht allein Tatsachenvortrag, Beweis und Beweiswürdigung den Ausgang des

Schiedsverfahrens bestimmen, sondern die unfaire Einflussnahme einer der Parteien oder

ihrer Interessenvertreter eben über die Zusammensetzung der Schiedsrichterbank.

Abgeschwächt kann man gleichermaßen feststellen, dass die Parteien zumindest versucht sein

können, ihr Recht, diese Zusammensetzung zu beeinflussen, so auszuüben, dass ihre eigenen

Interessen größtmögliche Aussicht auf Durchsetzung haben397.

Wenn auch in erster Linie der Parteiwille und erst in zweiter Linie dispositive

Gesetzesnormen die vertraglichen Beziehungen zwischen den Schiedsparteien gestalten und

damit die Schiedsparteien de facto originär Recht setzen, so unterliegt ihr freier Wille, das

Schiedsverfahrensrecht und damit auch die Schiedsrichterbank zu beeinflussen, de facto doch

Einschränkungen398: Denn jeder Staat hütet sein Verfahrensrecht als Inbegriff seiner

Souveränität und greift in privatrechtliche Schiedsverfahren dadurch ein, dass er die

Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines internationalen Schiedsspruchs an die

Erfüllung bestimmter Voraussetzungen knüpft; dies wiederum zwingt die Schiedsparteien um

eben der Ordnungsgemäßheit ihres Schiedsverfahrens willen praktisch dazu, bestimmte

Verfahrensregeln einzuhalten. Der Parteiautonomie scheinen damit aufgrund nationalen

Rechts zwingend ausgestaltete schiedsverfahrensrechtliche Normen entzogen zu sein.

Nachstehend wird zu untersuchen sein, ob ein international anerkannter Grundsatz der

Fairness existiert (dazu unter D.), inwieweit er als ein Korrektiv des gestalterischen

Parteiwillens zu berücksichtigen ist (dazu unter E.) und sich zu einem von nationalstaatlichen

Werteerwägungen unabhängigen Selbstregulativ für die Bewältigung schiedsrichterlicher

Interessenkonflikte entwickeln kann.

C. Der Grundsatz der Parteiautonomie in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

Diese Problemstellung führt dazu, die Gestaltungsfreiheit der Parteien bei der Begründung

und Durchführung eines internationalen Schiedsverfahrens, die sog. Parteiautonomie, unter

besonderer Berücksichtigung der Vermeidung und Lösung von Interessenkonflikten zwischen

Schiedsrichtern, dem Streitgegenstand und/oder den Parteien zu untersuchen399.

397 Dazu Mankowski, SchiedsVZ 2004, 304ff.; Haas, S. 227, sieht hierin „eine große Herausforderung; denn die Praxis der Parteien, bei der Schiedsrichterberufung „ihren Schiedsrichter“ zu benennen, ist nicht auszurotten.“. 398 Dazu bereits oben unter II. 399 Zur Parteiautonomie i.S. einer Parteikontrolle s. Webster, 19 ArbInt 2 (2003), 119ff.; s. auch Art. I:102 (Vertragsfreiheit) der Lando Principles of European Contract Law (PECL), aus 2000; obgleich dieses Regelungswerk nichtlegislatorisch und damit bis zu seiner Vereinbarung unverbindlich ist, dürfte die hinter diesem 20 Jahre andauernden Projekt stehende rechtsvergleichende Tätigkeit den Schluss der PECL-Kommission rechtfertigen, die in den Grundregeln festgeschriebenen, einheitlichen Rechtsgedanken als

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I. Terminologie „Parteiautonomie“

Ebenso wie die der materiellrechtlichen Gestaltungs- und Vertragsfreiheit zugrundeliegende

Privatautonomie, dient auch die gewohnheitsrechtlich anerkannte kollisionsrechtliche

Rechtswahlfreiheit400, die Parteiautonomie, letztlich keinem anderen Zweck als der

Ermöglichung der willensgesteuerten Inhaltsbestimmung des Vertrages. Sie unterscheidet sich

damit von der auf der Grundlage der Privatautonomie mit kautelarjuristischen Mitteln

vorgenommenen Inhaltsbestimmung nur dadurch, dass sie mit kollisionsrechtlichen Mitteln

geschieht und sich die Parteien mit ihr über das „ius cogens“ des an sich anwendbaren Rechts

hinwegsetzen können; die materiellrechtliche Gestaltungsfreiheit der Parteien hingegen kann

nur in dem vom zwingenden Recht gesteckten Rahmen wirken401. Da es aber letztlich um die

Herrschaft des Parteiwillens geht, scheint eine Differenzierung zwischen Privat- und

Parteiautonomie, abgesehen von ihrer Unterscheidungsfunktion, diese Arbeit nicht

voranzubringen; dies gilt umso mehr, als im anglo-amerikanischen Rechtskreis materiell- und

kollisionsrechtliche Gestaltungs- und Rechtswahlfreiheit pragmatisch zusammenfassend als

„party autonomy“ bezeichnet werden402. Im Folgenden wird deshalb einheitlich von

„Parteiautonomie“ gesprochen403.

II. Die Ursache von Interessenkonflikten im Primat der Parteiautonomie

Die These eines Primats der Parteiautonomie zieht sich wie ein roter Faden durch die

Reformdiskussionen vergangener Jahre und beherrscht alle Bereiche der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit; sie rührt an den Grundfesten des Wesens der Schiedsgerichtsbarkeit

an sich und denjenigen der Einheit von Recht und Staat.

zumindest europaweit einheitlich verstanden zu beschreiben; insoweit kann nicht daran gezweifelt werden, dass auch das auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhende Schiedsverfahren von diesem Konzept durchdrungen ist; weitere Details abrufbar unter www.storme.be/PECLre.html; zum deutschen Text der PECL s. Drobnig/Zimmermann/Wicke, ZEuP 2000, 675ff.; vgl. auch von Bar/Zimmermann, S. 92f. (im dortigen Vorwort erläutert Lando die Entstehungsgeschichte der PECL, S. XV-XX); ebenso zur Parteiautonomie Art. 1.7(1) UNIDROIT Principles 1994, abrufbar unter www.unidroit.org/english/principles/pr-main.htm. 400 Dazu grundlegend Siehr, in: FS Keller, S. 485ff.; zur gewohnheitsrechtlichen Anerkennung der Parteiautonomie vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht, §40III, 1., S. 288. 401 Grundlegend zur Unterscheidung kollisions- und materiellrechtlicher Parteiautonomie Zitelmann, Internationales Privatrecht I, S. 276f.; vgl. auch Lorenz, RIW 1987, 569, 571; zur Behandlung im deutschen Recht s. RGZ 108, 243, RGZ 120, 72 und RGZ 122, 318. 402 Vgl. auch Kropholler, Internationales Privatrecht, §40, I, S. 285f., der diese „Feinheiten der Terminologie“ als „historisch zufällig“ bezeichnet; zur Unterscheidung der Begrifflichkeiten auch Münzberg, S. 81ff. 403 Kritisch hierzu Siehr, in: FS Keller, S. 485, 486; für einen rechtsphilosophischen Erklärungsansatz vgl. Barry, Justice as Impartiality: A Treatise on Social Justice, S. 129: „What is of central importance in human life is that people should make up their minds about how to live and what to think and that they should be able to express their beliefs freely and act on their conclusions about the best way to live, subject to rules assigning rights to speak and act that are designed to protect the ability of others to do likewise.“.

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1. Parteiwille als Ursprung und Eigentümlichkeit internationaler Schiedsgerichtsbarkeit

Der allgemeine Gedanke, der der Anerkennung internationaler Schiedsgerichtsbarkeit und

insbesondere der Möglichkeit der Parteien, den Gang eines Schiedsverfahrens maßgeblich zu

beeinflussen, zugrunde liegt, ist ihre Parteiautonomie, kurzum der Parteiwille404. Dieser

verleiht dem Einzelnen nicht nur die Befugnis, seine Rechtsbeziehungen in materieller

Hinsicht zu gestalten, sondern auch die prozessuale Durchsetzung dieser Rechte zu

bestimmen. Deshalb stellt Habscheid zu Recht fest, dass die Schiedsgerichtsbarkeit der

Parteiautonomie „wie ein Schatten nachfolgt“405. Die notwendige Schlussfolgerung hieraus,

dass nicht nur staatliche Gerichte Recht sprechen können, der Staat also kein allgemeines

Rechtsprechungsmonopol für sich beanspruchen kann, ist heute ganz herrschende Ansicht406.

Stichhaltigstes Argument hierfür ist der Ursprung der Schiedsgerichtsbarkeit: Am Anfang der

Rechtsentwicklung stand, in nationaler wie internationaler Hinsicht, der private, von den

Parteien eingesetzte Schiedsrichter; zwar wurde er in der Jahrtausende alten Geschichte der

Schiedsgerichtsbarkeit durch nationalstaatliche Bestrebungen zeitweilig zurückgedrängt, aber

nie verdrängt407. Seit ihren Anfängen bewegt sich die Schiedsgerichtsbarkeit im

Spannungsfeld zwischen dem privaten Bedürfnis nach parteiautonomer Verfahrensgestaltung

einerseits und hoheitlichen Interessen, wie der Gewähr eines streitigen, jedoch fairen

Verfahrens, das die „Waffengleichheit“408 unter den beteiligten Parteien garantieren soll,

andererseits. In neuerer Zeit hat sich die Erkenntnis immer weiter durchgesetzt, dass staatliche

404 So z.B. §27 EGBGB oder Art. 116 Schweizer IPRG; vgl. auch Siehr, FS Keller, S. 485, 498; ebenso Habscheid, NJW 1962, 5, 11; für die NYC 1958 ebenso van den Berg, The NYC 1958, S. 267. 405 Und nicht umgekehrt, s. Habscheid, KTS 1959, 113, 114; Berger, RIW 1994, 12, 14 spricht vom „Primat der Parteiautonomie als Leitmaxime der Reformdekade“ und einem „Trend zur Maximierung der Parteiautonomie.“. 406 Aden, RIW 1997, 723, 727; Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 51; Habscheid, NJW 1962, 5, 7; anders soll es noch in Bezug auf die Frage aussehen, ob korrespondierend auch ein Rechtsetzungsmonopol angenommen werden kann. 407 Nach Plantey, in: ICCA Congress Series No. VI, 1994, S. 67, 71, ist die Schiedsgerichtsbarkeit älter als staatliche Gerichtsbarkeit; ebenso Mustill, 6 JInt´lArb 2 (1989), 43ff.; aufschlussreich insbesondere die Entwicklung der staatlichen Gerichtsbarkeit aus der Schiedsgerichtsbarkeit, dazu Bornhaak, ZZP 30. Band (1902), 1, 3, und Jhering, Der Geist des römischen Rechts, 1. Teil, S. 168f.; dazu auch Ziegler, Privates Schiedsgericht im antiken römischen Recht, 1971; zur vorrangigen Existenz der Schiedsgerichtsbarkeit in Griechenland Steinwenter, Streitbeendigung nach griechischem Rechte, S. 3ff.; zum Status der Schiedsgerichtsbarkeit unter indogermanischen Stämmen Matthiass, in: FS Windscheid, S. 5; zur neueren deutschen Entwicklung vgl. von Wächter, AcP 24 (1841): 230ff., (1842): 1, 35ff.; 161ff.; 361ff.; jüngst Parker, History of Commercial Arbitration, 1959, und Püls, Bedeutung des Parteiwillens, 1995; ähnliches gilt nach Ansicht des Verf. auch für die Klärung der Frage des (seiner Ansicht nach nicht existenten) nationalen Rechtsetzungsmonopols; national wie international betrachtet scheint diese Ansicht jedoch in der absoluten Minderheit zu sein (dazu mehr im 3. und vor allem 4. Teil). 408 Zur Terminologie und allgemein zum Inhalt s. Bötticher, Die Gleichheit vor dem Richter, S. 7 und 9-20; zum anglo-amerikanischen Pendant der „equality of arms“ vgl. Harvey v Sheldon, 1844, 7 Beav, 455, 462; s. auch das Oxford Dictionary of Law, 5th ed., S. 176, „equality of arms: A concept that has been created by the European Court of Human Rights in the context of the right to a fair trial. Equality of arms requires that there be a fair balance between the opportunities afforded to the parties involved in litigation. In some circumstances this may require the provision of financial support to allow a person of limited means to pay for legal representation.“.

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Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit keine konkurrierenden Streitlösungsmechanismen

sind, sondern sich vielmehr ergänzen409.

2. Rechtfertigung der Maßgeblichkeit des Parteiwillens in internationalen

Schiedsverfahren

Die Parteiautonomie wird häufig positivrechtlich legitimiert410 und rechtspolitisch auf den

Grundsatz „in dubio pro libertate“ zurückgeführt411. Mit wenigen Ausnahmen hat die

Entstehung nationaler Gerichtsbarkeit an der Anerkennung der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit nichts geändert412: Im Gegenteil, in Zeiten global vernetzter Märkte

und in der logischen Folge der Zunahme internationaler Schiedsverfahren fördern Staaten ihre

Attraktivität als Austragungsorte für solche Verfahren bewusst, weil sie so ihre

Investitionsoffenheit für den globalen Handel untermauern können. Im Vergleich zu dieser

praktischen Begründung der Anerkennung und Förderung internationaler Schiedsverfahren

erweist sich ihre rechtsdogmatische Herleitung als wesentlich schwieriger. Die Frage der

Berechtigung der Maßgeblichkeit des Parteiwillens gründet in der umstrittenen Frage nach der

Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit an sich413.

a. Herkömmliche Rechtfertigung

aa. Vertragliche, originäre Begründung

Verfechter des reinen Primats der Parteiautonomie sehen die ursprüngliche

Parteivereinbarung durch die Tätigkeit des Schiedsrichters im Wege eines

materiellrechtlichen Gestaltungsaktes ergänzt; die ausschließlich vertragliche Legitimation414

seines Auftrages zur Streitentscheidung soll sich dadurch äußern, dass die Schiedsparteien

diesen Auftrag gemeinsam jederzeit entziehen oder erweitern können. Daraus schliesst man,

dass der folgende Schiedsspruch auf der privaten Gestaltungsfreiheit und -macht der Parteien

beruht und gerade nicht Ausfluß staatlicher Rechtsetzungsgewalt ist. Nur dieser Ausdruck

privater Gestaltungsmacht soll den erstrebten internationalen Entscheidungsgleichklang für

Schiedssprüche gewährleisten können415; betrachtete man sie als auf der Grundlage staatlicher

409 Vgl. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 4. 410 S. Kropholler, Internationales Privatrecht, §40III, 1.; so z.B. in §1042 Abs. 3 ZPO, Art. 27 EGBGB. 411 S. Kropholler, Internationales Privatrecht, §40III, 2. 412 Vgl. Velissaropoulos-Karakostas, Rev. d. Arb. (2000), 9,10; Schütze, 99 ZVerglRWiss (2000), 241, 243. 413 Grundlegend hierzu Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 87-116; vgl. auch Bernardini, 20 ArbInt 2 (2004), 113. 414 Vgl. z.B. Lorenz, AcP 157 (1958/59), 265ff.; Blomeyer, in: FG Rosenberg, S. 51ff.; allgemein wird hierzu regelmäßig auf den Grundsatz des „pacta sunt servanda“ verwiesen. 415 Für diese grundsätzliche Überlegung spricht schon Einiges: Denn in Aufnahme des Leitbildes der transnational wirkenden „lex mercatoria“ (dazu im 4. Teil) wird man man wohl leichter zu der Annahme eines

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Rechtsetzungsgewalt gründende Entscheidungen, bestünde die Gefahr, ihre Wirkungen

territorial, zwangsläufig damit aber auch national-restriktiv zu begründen.

bb. Prozessrechtliche, derivative Begründung

Im Vergleich hierzu diametral entgegengesetzt wird die Schiedsgerichtsbarkeit als

Erscheinung der Rechtsprechung aufgefasst: Sie sei mehr als die bloße Parteivereinbarung, ihr

Wesen damit nicht erschöpft; man müsse sie über ihr Ziel, d.h. den abschließenden,

anerkennungs- und vollstreckungsfähigen Schiedsspruch und daher über die rechtsprechende

Tätigkeit der Schiedsrichterbank charakterisieren; die international anerkannte Gleichstellung

des Schiedsspruchs mit einem rechtskräftigen staatlichen Urteil spreche ebenfalls dafür.

Schiedsgerichtsbarkeit wird hier als „geduldete Ausnahme“ vom staatlichen

Rechtsprechungsmonopol gesehen, weshalb ihr insoweit lediglich derivativer und nicht

originärer Charakter zukommt.

Die Existenz dieser und weiterer, terminologisch farbenfroher Denkansätze416 sollte

rechtsdogmatisch nicht automatisch präjudizieren bzw. - schlimmer noch - verschleiern, was

rechtstatsächlich Grundlage der Existenz der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist: Die

Entwicklungen auf dem Gebiet der (inter-)nationalen Schiedsgerichtsbarkeit wurden und

werden durch die praktischen Bedürfnisse ihrer Nutzer geprägt.

b. Die Grundlage der Geltung des Parteiwillens im völkerrechtlichen Comitas-Prinzip

Von maßgeblichem Interesse ist deshalb die Frage nach dem Grund für die Anerkennung des

Parteiwillens und damit der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im grenzüberschreitenden

Wirtschaftsverkehr an sich; hieraus lassen sich dann auch Tendenzen zur Bereitschaft

nationaler Gesetzgeber erkennen, welchen Freiraum sie dem Parteiwillen in bezug auf den

nachfolgend unter D. zu untersuchenden Grundsatz der Fairness zu gewähren bereit sind.

Nationalstaaten haben ein grundlegendes Interesse an der wachsenden Entwicklung weltweit

wirtschaftlichen Austausches und damit auch an dessen wichtigstem

Streitlösungsmechanismus, der Schiedsgerichtsbarkeit: Sie suggeriert potentiellen Investoren

Grundkonsenses der international aktiven „Kaufmannschaft“ gelangen als dies im Hinblick auf einen solchen Konsens der Staatengemeinschaft der Fall ist - und schlussendlich soll die Schiedsgerichtsbarkeit doch auch nur Mittel zum Zweck einer reibungsloseren Streitlösung zwischen wirtschaftlich aktiven Organisationsformen sein; dies wiederum dürfte ihr gelingen, wenn sie einen „Entscheidungsgleichklang“ innerhalb ihrer Schiedsspruchpraxis etablieren kann. 416 So z.B. ´Jurisdiktionen- und Delegationstheorie´ oder ´hybride Mischformtheorie´, vgl. Münch, in : Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 3.

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wirtschaftliche Potenz417. Dieses Interesse gründet in der pragmatischen Erkenntnis der

Notwendigkeit einer Kooperation mit der Staatengemeinschaft, also dem sog. Comitas-

Prinzip418.

Ist dieses Prinzip auch grundsätzlich im Bereich der „conflicts of laws“ beheimatet, so ist

seine dortige Begründung und Verortung auf das supranationale Bestreben zurückzuführen,

materiellrechtliche Konvergenz grenzüberschreitender Rechtsbeziehungen herzustellen - und

genau diese Erkenntnis kann ebenso für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit nutzbar

gemacht werden, liegt sie doch auch anderen Rechtsgrundsätzen zugrunde: Der Gedanke der

Notwendigkeit supranationaler Kooperation bildet nach Savigny als „Grundsatz der

freundlichen Zulassung“ u.a. die Grundlage für die Anwendung fremden Rechts durch

nationale Gerichte419 und damit für das Internationale Privatrecht schlechthin420. Savigny hebt

hervor, dass das Comitas-Prinzip nicht als „Ausfluß bloßer Großmuth oder Willkür, die

zugleich als zufällig wechselnd und vorübergehend zu denken wäre“ zu verstehen ist;

vielmehr sei darin eine „eigentümliche und fortschreitende Rechtsentwicklung zu

erkennen“421. Das gilt nicht nur für die freie Verfahrensgestaltung durch die Schiedsparteien,

die in der Parteiautonomie wurzelt, sondern a fortiori auch für die Befugnis der Parteien, ihren

Willen durch die Bestimmung der Schiedsrichterbank auszudrücken und zu verwirklichen.

Gründet aber auch das Recht der Schiedsparteien zur autonomen Verfahrensgestaltung im

Comitas-Prinzip, so ist diese (d.h. die autonome Verfahrensgestaltung) grenzüberschreitend

als das wesentliche Merkmal internationaler Schiedsverfahren anzuerkennen und zu

417 Empirisches Material über den tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzen, der sich aus der Beurteilung einer Jurisdiktion als für die Durchführung internationaler Schiedsverfahren besonders attraktiv ergibt, existiert, soweit ersichtlich, nicht; die Bestimmung aussagekräftiger Parameter scheint entsprechend schwierig zu sein. 418 Auch Comitas-Doktrin oder Comitas Gentium-Doktrin genannt; grundlegend hierzu Voet, De Statutis eorumque Concursu, Sect. IV, Cap. II, S. 17 (dort Justinian, Digesten, D.49.15.7.1 zitierend); Yntema, in: FS Dölle, S. 65, 75ff., 80: „It is the conception that, in international practice, the laws of each nation exercised within its territory, are effective everywhere, insofar as the interests of another State or its citizens are not prejudiced.“; ebenfalls Buchmann, Positive Comity im internationalen Kartellrecht, §5, S. 34-40 (mit einem Überblick zur Comity-Doktrin in den Niederlanden, Europa, England und den USA); Weber Waller, 38 Colum. J. T. L. (2000), 563ff. (zum US-amerikanischen Recht); vgl. auch das prominente Beispiel US-amerikanischer Rechtsprechung in , 473 U.S. 614, 629 (1985);

, 482 U.S. 220 (1997), und , 109 S.Ct 1917 (1989), (sämtliche im Bereich des Securities und Anti-Trust

Law); ebenso US Supreme Court 124 S.Ct.2359, 159 L.Ed.2d 226 (2004) (im Bereich des Kartellrechts); auch

, (1996) 1 SLR 34, 46 per Judith Prakash J (singapurische Entscheidung mit Bezug auf den dortigen ordre public).

Mitsubishi Motors Corp. v Soler Chrysler-Pymouth, Inc.Shearson/American Express, Inc. v McMahon Rodriguez de Quijas v. Shearson/American Express, Inc.

F. Hoffmann-LaRoche Ltd. v Empagran, S.A.Re an arbitration between Hainan Machinery Import and Export

Corporation and Donald & McArthy Pte. Ltd

Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 8, S. 28; zuletzt Buchmann, S. 34. 419

Vgl. Yntema, in: FS Dölle, S. 65, 75: „the doctrine of comity originated and still expresses the current presuppostions of private international law“; ebenso zuletzt Buchmann, S. 35ff. 420

Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 8, S. 28. 421

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fördern422. Diese Förderung müssen derzeit de lege lata die staatlichen Gerichten erfüllen: Im

Folgenden wird deshalb auch in der vorliegenden Arbeit zu zeigen sein, dass sich die

praktische Problematik der Beurteilung von Interessenkonflikten nur erfassen und bewältigen

lässt, wenn das Zusammenspiel zwischen internationalem und nationalem Schiedsrecht

ergründet wird; denn die Tatsache, dass sich die internationale Schiedsgerichtsbarkeit einer

längeren Tradition als jede nationalstaatliche Rechtsetzung und -sprechung rühmen kann und

damit als Vorläufer heutiger staatlicher Streitentscheidung anzusehen ist, darf den Blick nicht

für die Realität verstellen, dass es derzeit grundsätzlich bei nationalen Gesetzgebern liegt, die

Grenzen des Parteiwillens internationaler Schiedsparteien zu bestimmen.

III. Der Ordre Public-Vorbehalt als Beschränkung parteiautonomer

Verfahrensgestaltung in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit?

1. Grundsätzliches zum ordre public-Vorbehalt

Art. V Abs. 2(b) NYC stellt ebenso wie Art. 36 Abs. 1 lit. (b)(ii) ML und die meisten

Jurisdiktionen die Anerkennung423 und Vollstreckung internationaler Schiedssprüche unter

den Vorbehalt des von Amts wegen zu berücksichtigenden ordre public424. Allerdings ist es

Intention von Art. V NYC gewesen, den Versagungsgrund des Verstoßes gegen den ordre

public in das Ermessen des mit der Prüfung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung

befassten staatlichen Gerichts zu stellen, und dort auch nur in sehr engen Grenzen zuzulassen;

diesem grundsätzlich vollstreckungsfreundlichen Ansatz der NYC im Hinblick auf

internationale Schiedssprüche folgen staatliche Gerichte regelmäßig425. Was verbirgt sich nun

422

Vgl. zur Differenzierung von Anerkennung und Vollstreckbarerklärung Mayer/Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 249 Fn. 1; zur Vollstreckung von internationalen Schiedssprüchen nach der NYC 1958 vgl. Lamm/Spoorenberg, Enforcement of Foreign Arbitral Awards under the NYC 1958, abrufbar unter www.sccinstitute.com/-upload/shared_files/artikelarkiv/lamm_spoorenberg.pfd.

Eben weil sie über das Comitas-Prinzip universale Geltung erlangt. 423

S. z.B. §1059 Abs. 2 Nr. 2 (b) ZPO; Art. 6 EGBGB; Art. 1498 u. Art. 1502 No. 5 NCPC (Frankreich); Art. 1096 (f) ZPO Portugal 1986; Art. 194 Schweizer IPRG i.V.m. Art. V Abs. 2 (b) NYC 1958; nicht eingegangen wird hier auf die unterschiedlichen Denkschulen zur Lehre vom ordre public (nach anglo-amerikanischen Jurisdiktionen („public policy“), nach deutscher Jurisdiktion („öffentliche Ordnung“) und romanischer Jurisdiktionen („ordre public“)); zur überwiegenden Angleichung dieser Denkschulen s. v. Heymann, S. 22ff.; ähnlich A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217, 223f. Fn. 36, und Mayer/Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 249, 250f. Fn. 7; zur aktuellen Entwicklung der Existenz eines „ordre public international“ s. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, Rdnr. 22 Fn. 98-101; aufschlussreich und diese Entwicklung zunächst abschließend regelnd die Resolution of the ILA on Public Policy as a Bar to Enforcement of International Arbitral Awards, abgedruckt in 19 ArbInt 2 (2003), 213-215; jüngst Mantilla-Serrano, 20 ArbInt 4 (2004), 333ff.

424

425 Im anglo-amerikanischen Rechtskreis spricht man daher vom „general pro-enforcement bias“, dazu Parsons & Whittemore Overseas Co., Inc. v Société Générale de l´Industrie du Papier RAKTA and Bank of America 508 F.2d 969 (2nd Cir., 1974): „Enforcement of a foreign award should be denied ´only where enforcement would violate the forum´s most basic notions of morality and justice´.“;

373 U.S. 614 (1985); (1999) 2 Q.B. 222; im Bereich des EU-Rechts vgl. nur , Case C-

Mitsubishi Motors Corp. v Soler Chrysler-Plymouth Inc. Omnium de Traitement et de Valorisation SA v. Hilmarton Ltd

Eco Swiss China Time Ltd v. Benetton International NV

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hinter dem ordre public? Inhalt und Reichweite seines Vorbehalts unterliegen,

rechtsvergleichend betrachtet, unterschiedlichen Vorstellungen426. Dies zu klären ist

Voraussetzung für seine Behandlung in der vorliegenden Arbeit; denn nur dann, wenn der

ordre public auch Fragen schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen i.S. der Merkmale der

Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im weitesten Sinne umfasst, macht die Fragestellung

Sinn, inwieweit er im Rahmen der Behandlung von Interessenverflechtungen in

internationalen Schiedsverfahren dann auch zu berücksichtigen ist.

a. Exkurs: Der Vorbehalt des ordre public und die Forderung nach de-nationalisierten

Schiedssprüchen

Die Beschäftigung mit dem ordre public-Vorbehalt und der damit verbundenen Frage, wann

sich die Verschiedenheit staatlicher Normen nachteilhaft i.S. der Versagung der Anerkennung

oder Vollstreckbarkeit eines internationalen Schiedsspruchs auswirkt, führt über den Umweg

der auch heute noch vertretenen Auffassung, man könne die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit von jeglicher nationalen Rechtsordnung lösen, sozusagen de-

nationalisieren427. Können die Parteien tatsächlich ihre rechtlichen Beziehungen von jeglicher

Rechtsordnung loslösen und unabhängig von nationalen Vollstreckungsmechanismen

regeln428?

So reizvoll die Überlegung auch sein mag, dass die bloße Parteivereinbarung allein aus sich

heraus vollständig autarke rechtliche Verpflichtungen erzeugen kann, so pragmatisch muss

man auch erkennen, wie illusorisch sie de lege lata ist: Denn ohne ein autarkes materielles

und verfahrensrechtliches internationales Schiedsrecht, gestützt durch eine Art 126/97, (1999) ECR I-3055 = (1999) 2 All E.R. (Comm) 44; so auch empfohlen durch die ILA, 19 ArbInt 2 (2003), 249, 250; abschließend ILA Resolution on Public Policy, I. Annex (a), 1. General, 1(a), 19 ArbInt 2 (2003), 213. 426 Statt vieler Mayer/Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 249ff. mit dem Hinweis, dass die Initiative der ILA diesbezüglich eine Mehrheitsentscheidung und keine Einstimmigkeit darstellt. 427 Zur ausufernden Terminologie bereits 1984 Holtzman, Commentary, in: ICC-Publication No. 412 (1984), S. 361, 368; vgl. auch Rensmann, S. 31ff., der von „A-nationalität“ und „Entstaatlichung“ spricht. 428 Vgl. für einen Überlick Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 2; bejahend vor allem Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration; diese Entwicklung im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit maßgeblich anstoßend, verlangte die ICC 1953 im Rahmen der Reformüberlegungen zu den Geneva Conventions (1921 und 1927) für internationale Schiedssprüche die “entstaatlichte” Parteiautonomie, ICC Publication No. 172 (1953), Enforcement of International Arbitral Awards, S. 7: „Criticizing the (1927 Geneva) Convention´s main defect, which consists in the enforcement of only those awards that are strictly in accordance with the rules of procedure laid down in the law of the country where the arbitration took place - consequently, national awards only - the ICC considered that there could be no progress without full recognition ... of the conception of international awards. In actual fact, the idea of an international award, i.e. an award completely independent of national laws, corresponds precisely to an economic requirement.”; vgl. für eine Übersicht bisheriger rechtsordnungsloser Schiedssprüche Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 78ff. (beginnend mit Société des Services Contractuels des Messageries maritimes c/ Comité de la Bourse d´Amsterdam et Mouren, Cour d´appel de Paris, 24.4.1940, Recueil Sirey 1942, 2, S. 29ff.).

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Weltgerichtshof für Schiedssachen429, ist jedes internationale Schiedsverfahren letztlich

denselben Einwänden ausgesetzt, wie es der „rechtsordnungslose Vertrag“430 ist, durch den

die Parteien ihre eigene Rechtsordnung, die lex contractus431, sollen schaffen können - diese

muss natürlich nicht nationalstaatlicher Natur sein, sondern könnte ohne weiteres auch durch

eine weltweit ausschließlich zuständige Schiedsorganisation verabschiedet sein432. Auch die

Befürworter einer schiedsverfahrensrechtlichen De-Nationalisierung kommen also nicht

umhin anzuerkennen, dass ihr vollständiger Verzicht auf einen kollisionsrechtlichen Ansatz

über das internationale Privatrecht nur aus der Sicht eines Schiedsgerichts denkbar ist433: Der

staatliche Richter hingegen muss das Kollisionsrecht seiner lex fori berücksichtigen und darf

nur dieses zum Maßstab seiner rechtlichen Bewertung eines internationalen Schiedsspruches

machen; letzterer ist damit mindestens dem ordre public international der lex fori

unterworfen434.

Letztlich kann eine tiefergehende Betrachtung der Frage einer De-Nationalisierung

internationaler Schiedsgerichtsbarkeit unterbleiben, weil sie in ihrer Absolutheit vor dem

Hintergrund immer internationaler ausgerichteter nationaler Schiedsgesetze435 und

einhergehender Harmonisierungsbemühungen436 keinerlei signifikanten Vorteile für die

Schiedsparteien bringt: Wie noch zu zeigen sein wird, ist der Grundsatz der Fairness (und die

in ihm gründenden fundamentalen Verfahrensprinzipien der Unparteilichkeit (und 429 Derzeit existiert mit Ausnahme des Mechanismus unter Art. 53 ICSID kein solch autarkes Verfahrens- und Vollstreckungssystem für internationale Schiedssprüche; auch die insoweit am weitesten voranschreitende NYC 1958 verlangt die nationale „Prägung“ eines solchen Schiedsspruchs (hierzu Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 2: “The local lex arbitri confers its nationality on the award for the purposes of its recognition and enforcement under the NYC 1958.”; in diesem Sinne auch A. Bucher, in: FS Keller, S. 565, 570ff.).

Kritisch z.B. Reimann, Zur Lehre vom „rechtsordnungslosen“ Vertrag, 1997; Münzberg, S. 133ff. 430

431 Die bloße Parteivereinbarung allein kann aus sich heraus keine rechtlichen Verpflichtungen erzeugen, sondern bedarf einer übergeordneten Norm, um Rechtsverbindlichkeit zu erlangen; dazu Verdross, ZaöRV 18 (1957/58), 635, 638 (allerdings bezogen auf Verträge zwischen Staaten und ausländischen Privatunternehmen); s. auch Schmitthoff, 28 RabelsZ (1964), 47, 59 und 68f. (dort in Verbindung mit dem „Welthandelsrecht“ einer „lex mercatoria“); in diesem Sinne grundsätzlich Radbruch, Gesamtausgabe, Bd. 2, Rechtsphilosophie II (1993), S. 378: „Wille kann niemals Verpflichtung erzeugen, nicht fremde, aber auch nicht eigene Verpflichtung, er kann höchstens die Sachlage hervorbringen wollen, an die eine über ihm stehende Norm die Verpflichtung knüpft. ... Nicht der Vertrag bindet also, sondern das Gesetz bindet an den Vertrag.“; ebenso Sohn/Baxter, American J.I.L. 55 (1961), 545, 569: „´Pacta sunt servanda´ is undoubtedly the basic norm of any system of law dealing with agreements... . But what is ´pactum´ and how it is to be ´servandum´ are quesions which must be answered by a legal system of law... .“. 432 Nur bedarf es halt wiederum der Anerkennung einer solchen Situation durch die souveräne Staatengemeinschaft. 433 Ähnlich Berger, International Economic Arbitration, S. 496ff.; ebenso Merkt, Investitionsschutz durch Stabilisierungsklauseln, S. 121ff.; Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 2; kritisch Mann, ZHR 130. Band (1968), S. 97ff. 434 So auch Siehr, in: FS Keller, S. 485, 500ff.; vgl. auch Merkt, S. 117.

Vgl. zum deutschen Recht die Begründung des Entwurfs zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 12. Juli 1996 in BT-Drucks. 13/5274 und die entsprechende Beschlussempfehlung sowie den Bericht des Rechtsausschusses vom 24. November 1997, beide in BT-Drucks. 13/9124.

435

436 Kritisch Mustill, 6 JInt´lArb 2 (1989), 43, 53.

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Unabhängigkeit) der Schiedsrichterbank) wichtigster Bestandteil einer Art „tronc commune“

der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und damit nicht nationalstaatlich gebunden.

So rückt ein ursprünglich von van den Berg vorgebrachter Ansatz in den Blickpunkt, nach

dem ein Teil abdingbarer staatlicher Verfahrensnormen für ein internationales

Schiedsverfahren nicht zwingend ist437, woraus sich wiederum die Frage ableitet, welche

Normen das angerufene staatliche Vollstreckungsgericht für abdingbar halten kann und

welche nicht. Hier greift wiederum die Generalklausel des Art. V Abs. 2(b) NYC ein:

b. “Violation of Basic Notions of Morality and Justice”

Auf die international anerkannte Funktion des Vorbehalts des ordre public einer „Notbremse“

bzw. eines „Notventils“ wurde bereits hingewiesen; er soll die Einordnung solcher

internationaler Schiedssprüche in eine nationale Rechtsordnung verhindern, die gegen

unverzichtbare Grundwerte dieser innerstaatlichen Rechtsordnung verstoßen438: Der Staat soll

darüber wachen können, dass die Rechtsprechung durch private Schiedsgerichte sich in

Formen vollzieht, die eine Bezeichnung der Tätigkeit dieser Privatgerichte als

Rechtsprechung bzw. -spflege zuläßt439; denn der Staat stellt aus Gründen internationaler

Comitas seinen Vollstreckungsapparat zur Durchsetzung eines internationalen Schiedsspruchs

bereit. Aufgrund der Abhängigkeit internationaler Schiedssprüche von staatlicher Gerichts-

und Vollstreckungskontrolle sowie -legitimierung, die in der Rechtsquellenlehre der Einheit

von Recht und Staat gründet, gilt der Grundsatz der Parteiautonomie insoweit nicht

uneingeschränkt440. Daraus ergibt sich die Gefahr für ein internationales Schiedsverfahren,

dass der an seinem Ende regelmäßig stehende Schiedsspruch über den ordre public

nationalstaatlichen Wertvorstellungen unterworfen wird und ihm schlimmstenfalls die

Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung versagt wird. Andererseits soll dadurch aber

gleichzeitig auch ein beobachteter Trend missbräuchlicher Anrufung des ordre public-

437 van den Berg, The NCY, S. 265.

Kornblum, in: FS Nagel, S. 144; so auch Roth, S. 175, dem zufolge der ordre public-Vorbehalt den Zweck verfolgt, „einen Bereich von Interessen, die als absolut schutzwürdig gelten, vor Beeinträchtigungen durch die nicht der eigenen staatlichen Gerichtsbarkeit entstammende Entscheidung zu schützen.“; in diesem Sinne auch, sich allerdings auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufend, von Bar/Zimmermann, S. 92.

438

Habscheid, NJW 1962, 5, 6; allgemein zu den Schranken der Parteiautonomie Kropholler, Internationales Privatrecht, §40IV., S. 290-294. 439

Deutlich A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217: „The public policy exception to enforcement is an acknowledgement of the right of the State and its courts to exercise ultimate control over the arbitral process.“. 440

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Vorbehalts in internationalen Schiedsverfahren umgekehrt und eine obsiegende Schiedspartei

geschützt werden441.

Die Schwierigkeit, den Begriff des ordre public zu definieren, beschrieb bereits 1824 ein

englischer Richter mit den Worten:

“(It is) a very unruly horse, and when once you get astride it you never

know where it will carry you. It may lead you from sound law. It is never

argued at all, but when other points fail.”442.

Lord Denning MR konterte dieses düstere Bild der (Nicht-)Nutzbarkeit des ordre public in der

englischen Richtern eigenen pragmatischen und selbstbewussten Form:

„With a good man in the saddle, the unruly horse can be kept in control.“443.

Einige Jahre später formte Joseph Smith J die international bislang wohl geläufigste

Begriffsbestimmung des ordre public, indem er feststellte, dass die Vollstreckung eines

ausländischen Schiedsspruchs versagt werden könne „only where enforcement would violate

the forum state´s most basic notions of morality and justice“444.

2. Ordre public interne, international und transnational

a. Grundsätzliche Differenzierung

Ein in der internationalen Rechtsprechung und Literatur auftauchendes Dreigestirn ist das des

ordre public interne, ordre public international und ordre public transnational445: Dieser

Differenzierung liegt die Überlegung zugrunde, dass an inländische Schiedssprüche über den

441 Vgl. dazu Mayer/Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 249, 255 unter Verwendung der Begriffe „to delay enforcement“ und „to discourage speculative challenges“. 442 Richardson v. Mellish (1824) 2 Bing. 228 = (1824-34) All E.R. 258. 443 Enderby Town Football Club Ltd v. The Football Association Ltd (1971) Ch. 591, 606. 444 Parsons & Whittemore Overseas Co., Inc. v. Société Générale de l´Industrie du Papier RAKTA and Bank of America 508 F.2d 969 (2nd Cir., 1974); nach North/Fawcett, Cheshire/North - Private International Law, S. 123, ist public policy “some moral, social or economic principle so sacrosanct … as to require its maintenance at all costs and without exception”; Lew, Applicable Law, S. 532, erkennt trotz Fehlens einer weltweit anerkannten Definition des ordre public, dass “it is clear that it reflects the fundamental economic, legal, moral, political, religious and social standards of every State or extra-national community. Naturally public policy differs according to the character and structure of the State or community to which it appertains, and covers those principles and standards which are so sacrosanct as to require their maintenance at all costs and without exception.”. 445 „The terminology used in referring to public policy in national legislation varies considerably.“, A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217, 225.

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ordre public interne regelmäßig strengere Anforderungen gestellt werden als an internationale

über den ordre public international; begründet wird dies damit, dass nur so dem Wunsch der

Nationalstaaten entsprochen werden kann, die für den grenzüberschreitenden

Wirtschaftsverkehr essentiell notwendige Vollstreckung internationaler Schiedssprüche zu

gewährleisten und gleichzeitig über die Kontrolle ihres Vollstreckungsapparates die

Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen zu verhindern, die ihren Grundwerten und

zwingenden Normen zuwiderlaufen446. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Diskussion um

die Existenzberechtigung und Ausgestaltung des ordre public, dass sie regelmäßig aus der

Perspektive der Staatengemeinschaft her geführt wird, nicht jedoch der Teilnehmer einer

globalen Marktwirtschaft.

Allgemein anerkannt ist, dass trotz der Unterscheidung in einen internen und internationalen

ordre public letzterer keinem supranationalen Prüfungsmaßstab unterliegt, sondern auch

dieser einem nationalen447; ein solcher supranationaler Prüfungsmaßstab soll allerdings über

die Anerkennung eines ordre public transnational gelten448: Sein Inhalt soll, unter Verzicht auf

einen ordre public international, im Gegensatz zum ordre public interne, der national-

spezifische unverzichtbare Grundsätze umfasst, auf diejenigen fundamentalen Grundsätze

beschränkt werden, die allen Rechtsordnungen gemein sind449. So soll, ähnlich den De-

Nationalisierungsbestrebungen in bezug auf internationale Schiedsverfahren, faktisch ein de-

nationalisierter Prüfungsmaßstab geschaffen werden450.

446 Vgl. aber Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration, Rdn. 1648, die in Art. 1502 No. 5 NCPC keinen speziellen internationalen, sondern einen rein französischen ordre public erkennen; allgemein zur Vorbereitung dieser Differenzierung durch die französische und belgische Rechtsprechung Haas, S. 220f. 447 So zuletzt A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217, 218; ebenso A. Bucher, in: FS Moser, S. 223; Kornblum, in: FS Nagel, S. 140, 141. 448 Ausführlich hierzu Kilgus, S. 163ff. 449 A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217ff., nennt dies den „international consensus as to universal standards and accepted norms of conduct that must always apply“; lt. Part II., C., des Interim ILA Report on Public Policy as a Bar to Enforcement of International Arbitral Awards (19 ArbInt 2 (2003), 217-248) zählen hierzu: “fundamental rules of natural law, principles of universal justice, ius cogens in public international law and general principles of morality, accepted by what are referred to as civilized nations” (ablehnend zum Begriff der “civilized nations” (von Bleckmann, ZaöRV 34 (1974), 112, 118, mit “Kulturstaat” übersetzt) Kilgus, S. 163, Fn. 44). 450 Vgl. hierzu Goldman, Les conflicts, in: Recueil des Cours, S. 352; Kornblum, in: FS Nagel, S. 140, 141; Matray, in: Liber Amicorum Pieter Sanders, S. 241f., 243; Lalive, in: ICCA Congress Series No. III, S. 257; ders., Rev. d. Arb. (1986), 329ff.; Buchannan, 26 American B. L. J. (1988), S. 511; wohl ähnlich in der Tendenz der Milan Court of Appeal, 4.12.1992, YBCA XXII (1997), S. 725: “body of universal principles shared by nations of similar civilizations, aiming at the protection of fundamental human rights, often embodied in international declarations or conventions”; W. v. F. and V., BGE vom 30. Dezember 1994, ASA Bull. (1995), 217 (dieselbe Richterbank jedoch unentschlossen und einen “pragmatischen Ansatz” verfolgend in der vorhergehenden Entscheidung in Les Emirats Arabes Unis v. Westland Helicopters, 19.4.1994, ASA Bulletin (1994), 404); ebenso wohl Republique de Cote d´Ivorie v. Norbert Beyrard, 12.1.1993, Rev. d. Arb. (1993), 685; kritisch hingegen Fougerolle v. Procofrance, 25.5.1990, Rev. d. Arb. (1990), 892; und auch Hebei Import and Export Corporation v. Polytek Engineering Co. Ltd per Bokhary PJ (1999) 2 HKC 205 = YBCA XXIV (1999), 652; nicht deutlich die Recommendation 2(b) des Final ILA Report, abgedruckt in 19 ArbtInt 2 (2003), 249, 259.

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b. Insbesondere: “ILA Resolution on Public Policy as a Bar to Enforcement of

International Arbitral Awards”

Im April 2002 hat die International Law Association (ILA) eine Resolution unter dem Titel

„Public Policy as a Bar to Enforcement of International Arbitral Awards“ verabschiedet und

seinen Inhalt der internationalen Staatengemeinschaft zur Beachtung empfohlen451. Diese

Resolution bildet den Abschluss einer sechs Jahre andauernden Studie zum Inhalt und zur

Anwendung des ordre public-Vorbehalts auf internationale Schiedssprüche: Neben der

Existenz des seit jeher anerkannten ordre public interne hat sie nun auch die eines ordre public

international nachgewiesen452 und Stellung zu einem ordre public transnational453 anhand

überstaatlicher Vollstreckungskonventionen, nationaler Gesetze und Rechtsprechung

bezogen454. Ob ihre getroffenen Empfehlungen international umgesetzt werden, sie

insbesondere die Vollstreckungsgerichte berücksichtigen, bleibt abzuwarten455.

aa. Ordre public international

Die ILA Resolution definiert in ihrer Empfehlung („Recommendation“) 1(c) den ordre public

international wie folgt:

“The expression “international public policy” is used in theses Recommendations

to designate the body of principles and rules recognised by a State, which, by their

nature, may bar the recognition or enforcement of an arbitral award rendered in

the context of international commercial arbitration when recognition or

enforcement of said award would entail their violation on account either of the

procedure pursuant to which it was rendered (procedural international public

policy) or of its content (substantive international public policy.)”.

451 Adopted at the 70th Conference held in New Delhi, India, 2-6 April 2002, abgedruckt in 19 ArbInt 2 (2003), 213-215; die Resolution und Entstehungsgeschichte kommentieren Mayer/Sheppard bzw. A. Sheppard, beide in 19 ArbInt 2 (2003), 249-263 und 217-248; vgl. für einen umfassenden Überblick der Anwendung des Vorbehalts des ordre public in internationalen Schiedsverfahren Racine, L´Arbitrage Commercial International et L´Ordre Public, 1999; ebenso ICCA Congress Series No. III, Comparative Arbitration Practice and Public Policy in Arbitration, 1987. 452 Für eine allgemeine Übersicht vgl. Sikiric, 7 Croation Arbitration Yearbook, S. 85. 453 Zur Terminologie “public policy rule of the forum”, “international public policy” und “transnational public policy” vgl. ILA Resolution, 19 ArbInt 2 (2003), 213-215. 454 Interim ILA Report, Part III., A.-D., E. bzw. F. bei A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217, 221-224. 455 Für einen ordre public transnational: Haas, S. 222f.; van den Berg, YBCA XXI (1996), S. 502; dagegen: v. Heymann, S. 176; kritisch auch Kilgus, S. 161ff.

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In Verbindung mit Recommendations 1 lit. (d) und lit. (e) soll der ordre public international in

seiner verfahrensrechtlichen Ausprägung456 ausdrücklich “the requirement that the tribunals

be impartial“ umfassen457; ebenso sollen hierzu Probleme schiedsrichterlicher Bestechung etc.

zählen458.

bb. Ordre public transnational

Recommendation 2 der ILA Resolution definiert den ordre public transnational

folgendermaßen:

“(a) A court verifying an arbitral award´s conformity with fundamental principles,

whether procedural or substantive, should do so by reference to those principles

considered fundamental within its own legal system rather than in the context of

the law governing the contract, the law of the place of performance of the contract

or the law of the seat of the arbitration.”.

(b) Nevertheless, in order to determine whether a principle forming part of its

legal system must be considered sufficiently fundamental to justify a refusal to

recognise or enforce an award, a court should take into account, on the one hand,

the international nature of the case and its connection with the legal system of the

forum, and, on the other hand, the existence or otherwise of a consensus within

the international community as regards the principle under consideration

(international conventions may evidence the existence of such a consensus).

When said consensus exists, the term “transnational public policy” may be used to

describe such norms.”.

Obgleich die ILA Resolution in diesem Punkt nicht eindeutig ist, scheint sich aus

Recommendation 1(e) i.V.m. Recommendation 2(b) zumindest die Möglichkeit zu ergeben,

die schiedsrichterliche Unparteilichkeit des Tribunals zu einer als ordre public transnational

456 Unverzichtbare nationale Normen, an denen ein internationaler Schiedsspruch gemessen wird, können materiell- oder verfahrensrechtlicher Natur sein (zur entsprechenden rechtsdogmatischen Behandlung und den verbundenen Problemen s. insbesondere Habscheid, in: FS Keller, S. 575ff.; Baur, in: FS Guldner, S. 1ff.); s. auch die Differenzierung unter ILA Resolution, Recommendation 1(c), I. Annex; praktische Auswirkungen jedoch zeitigt diese Unterscheidung nicht, so Haas, S. 223, Fn. 307. 457 Das Merkmal der Unabhängigkeit findet keine Erwähnung; dazu Interim ILA Report, Part VI., C., (1), bei A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217, 240 und 247; auch Mayer/Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 249, 256; ebenso der Zürich Court of Appeal, 1995, XXIII YBCA (1998), 754; auch der Cour de Cassation in Excelsior Film TV, Srl v. UGC-PHOA, 24.3.1998. 458 Vgl. Interim ILA Report, Part IV., C., (1), bei A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 217, 238.

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bezeichneten Werteprüfung zu zählen: Denn ein staatliches Gericht soll bei seiner Prüfung der

Vollstreckbarerklärung im Hinblick auf fundamentale Grundsätze, zu denen eben auch die

schiedsrichterliche Unparteilichkeit gehört, beurteilen, ob innerhalb der Völkergemeinschaft

„a consensus ... as regards the (fundamental) principle under consideration“ besteht459.

cc. Präklusion bzw. Verzicht

Wie bereits im 1. Teil untersucht, stellt sich auch im Rahmen des ordre public-Vorbehalts die

Frage, ob eine Partei mit dem Vortrag, das Schiedsverfahren sei aufgrund einer

schiedsrichterlichen Interessenverflechtung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen oder der

Schiedsspruch beruhe auf solch einer Interessenverflechtung, präkludiert werden kann - ob

also auf die Geltendmachung eines anerkanntermaßen fundamentalen Grundsatzes

internationaler Schiedsgerichtsbarkeit bewusst bzw. unbewusst verzichtet werden kann.

Die ILA Resolution sieht hierzu in Recommendation 2(c) vor, dass eine Partei, die sich auf

einen in Recommendation 1(e) genannten, fundamentalen Grundsatz bereits im Verlauf des

Schiedsverfahrens hätte berufen können, es aber nicht getan hat, dies nicht mehr im Verlauf

des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens soll nachholen können460. Der

Kommentierung nach soll diese Bestimmung eine mit dem Verlauf des Schiedsverfahrens

unzufriedene Partei insbesondere davon abhalten, im nachhinein die Verletzung von

fundamentalen Verfahrensgrundsätzen bewusst ausschließlich zur Verfahrens- oder

Vollstreckungsverzögerung bzw. -vermeidung geltend machen zu können; dabei wird auf die

Vergleichbarkeit der Interessenlage der Verfahrensbeteiligten im Verlauf eines

Ablehnungsverfahrens aufgrund fehlender schiedsrichterlicher Unparteilichkeit ausdrücklich

hingewiesen461.

Im Falle mangelnder Kenntnis („if (the party, Ergänzung d. Verf.) was not aware“) der die

Verletzung des fundamentalen Grundsatzes begründenden Umstände scheint eine Partei

jedoch auch noch im Vollstreckungsverfahren entsprechende Verfahrensverletzungen geltend

459 Ebenso scheint die Frage schiedsrichterlicher Bestechung etc. nicht nur dem „ordre public international“ zugerechnet zu werden, sondern auch dem “ordre public transnational”, Interim ILA Report, Part IV., C., (1), bei A. Sheppard, 19 ArbInt 2 (2002), 217, 238: „There is undoubtedly an international consensus that enforcement of an award should be refused if its making was induced or affected by fraud or corruption.”. 460 Übersetzung durch den Verfasser; im Original lautet Recommendation 2(c): „Where a party could have relied on a fundamental principle before the tribunal but failed to do so, it should not be entitled to raise said fundamental principle as ground for refusing recognition or enforcement of the award.“. 461 Part II., Recommendation 2(c), Mayer/Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 247, 260 (unter Hinweis auf Art. 13 (2) ML).

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machen zu können462 - wobei nicht deutlich wird, inwieweit diese Partei eigene

Anstrengungen unternehmen muss, solche Umstände herauszufinden463; ungeklärt bleibt auch

das Verhältnis zur Rechtskraft des Schiedsspruchs. Hier wird die grundsätzliche

Schwierigkeit der ILA Resolution, aber auch jeder nicht-staatlichen Regelungsinitiative

deutlich, weil sie letztlich auf den Goodwill nationaler Gerichte und damit souveräner Staaten

angewiesen ist.

Weil schiedsrichterliche Unparteilichkeit damit als Bestandteil des ordre public international

und auch eines ordre public transnational anerkannt ist (s. oben aa. und bb.), soll im

Folgenden näher auf ihren Inhalt eingegangen werden: Es ist zunächst zu klären, wie das

Konzept der Fairness ausgestaltet ist (dazu nachfolgend unter D.), danach ist zu der Frage

Stellung zu nehmen, welche Wechselwirkungen sie mit dem Grundsatz der Parteiautonomie

vor dem Hintergrund schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen zeitigt (dazu nachfolgend

unter E.).

D. Der Grundsatz der Fairness in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

Die Untersuchung der Grundlage und Ausformung der autonomen Ausgestaltung

internationaler Schiedsverfahren kann, nachdem bereits festgestellt ist, dass diese

Parteiautonomie de lege lata nicht grenzenlos ist464, nicht ohne eine Erörterung des die

internationale Schiedsgerichtsbarkeit prägenden Ideals, das der Fairness, voranschreiten:

Denn um die Grenzen der freien Gestaltung eines internationalen Schiedsverfahrens durch die

Parteien insbesondere im Hinblick auf die Merkmale der Unparteilichkeit bzw.

462 So zumindest nach der US-amerikanischen Entscheidung in AAOT Foreign Economic Association (VO) Technostroy Export v International Development and Trade Services, Inc., 139 F. 3d 980 (2nd Cir., 1998); diese Entscheidung betraf die Säumnis einer Partei, Tatsachen „possibly indicating bias or impartiality“, rechtzeitig geltend zu machen - „(the party, d. Verf.) cannot remain silent and later object“; dies soll auch dann gelten, wenn ein entsprechender Antrag offensichtlich aussichtslos ist (was vom entscheidenden Court of Appeal wohl angenommenen worden war); zumindest der Interessenvertreter der Gegenseite müsse informiert werden (der Court of Appeal umschreibt diese Informationspflicht mit dem Begriff „incumbent upon“ (also „being the moral duty of someone“, Langenscheidt´s Dictionary of Contemporary English, 2005) und eröffnet damit die Möglichkeit, Fragen von Anstand, Ethik und Moral in den Bewertungsmaßstab der Rechtzeitigkeit der Geltendmachung einer Verfahrensverletzung einzubeziehen; allerdings wird nicht klar, ob der moralischen Verpflichtung zur Information der Gegenseite eine entsprechende Verpflichtung dieser Gegenseite zur Mitarbeit an der Beseitigung der behaupteten Interessenverflechtung gegenüber stehen soll (und falls ja, welche?)). 463 Für das Erfordernis eines entsprechenden Engagements spricht wohl der Wortlaut der Kommentierung: „A party should not be penalised, if it was not aware during the proceedings of the facts which would constitute a breach of a fundamental principle, or was otherwise prevented from raising it with the tribunal.“, Part II., Recommendation 2(c), Mayer/Sheppard, 19 ArbInt 2 (2003), 247, 260. 464 Dies ist jedenfalls de lege lata so; ob es de lege ferenda anders sein könnte, ist eine andere Frage; dafür allerdings müssen erst die Rahmenbedingungen über ein eigenständiges internationales Schiedsverfahrensrecht, unterstützt durch einen internationalen Schiedsgerichtshof, geschaffen werden; dazu mehr im 4. und 5. Teil.

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Unabhängigkeit ausmachen und bestimmen zu können465, bedarf es der Erkenntnis, dass

solche Grenzen aus anderen als nur nationalstaatlich-protektionistischen Gründen, die

ohnehin de lege ferenda beseitigt werden könnten, zwingend sind466: Dieser Zwang liegt nicht

zuletzt darin begründet, dass Fragen einer schiedsrichterlichen Interessenverflechtung bewusst

als Verzögerungstaktik in das Gewand einer vordergründig legitimen Wahrnehmung

prozessualer Rechte im weiten Rahmen der parteiautonomen Gestaltung des Verfahrens

gekleidet werden, so dass die Schutzfunktion eines Ablehnungs- und

Vollstreckungsversagungsmechanismus missbraucht wird: Es stellt sich die Frage des Fair-

Play.

I. Terminologie der Fairness

Die vorliegende Untersuchung geht von der Überzeugung aus, dass für die Parteien eines

internationalen Schiedsverfahrens das maßgebliche Ziel die Verwirklichung des Grundsatzes

der Fairness im weitesten Sinne ist467 - und zwar zwischen den Schiedsparteien, ihren

Interessenvertretern und der Schiedsrichterbank gleichermaßen, also zu jedermanns Vorteil.

1. Grundsätzliches

Das Konzept der Fairness wird hier nicht um seiner selbst willen, gleich einem hehren

Anspruch innerhalb der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, befürwortet: Es ist

grundsätzlich von dem Konzept der „Gerechtigkeit“ zu unterscheiden, welches sich in den

zuweilen als „Magna Charta“ internationaler Schiedsverfahren bezeichneten Grundsätzen der

Gleichbehandlung der Parteien bzw. Gewährung rechtlichen Gehörs468 oder

Waffengleichheit469, insbesondere aber der Verfahrensgerechtigkeit wiederfindet470: Die

465 Hierzu nachfolgend E. und insbesondere der 3. Teil. 466 S. hierzu bereits den 2. Teil, A.; ebenso Veeder, 18 ArbInt 4 (2002), 431. 467 So insbesondere Majeed, 20 ArbInt 1 (2004), 96, 100 und 104ff.; ähnlich, sich allerdings lediglich auf Pflichten des Schiedsrichters beziehend (und insofern die Schiedsparteien unberücksichtigt lassend) Marriott, IDR 3, S. 2: „No practitioner in international commercial arbitration needs reminding that maintaining the integrity of the process is of paramount importance. By integrity, I mean ensuring that international commercial arbitration is conducted expeditiously, economically and fairly, by experienced arbitrators who are independent of the parties and who render impartial awards.” (Hervorhebungen d. Verf.); ebenso Bedjaoui, 5 JInt´lArb 1 (1988), 7, 11 (“integrity and sense of fair-play”); auch Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395f.: “One must assume they (the parties, d. Verf.) share the expectation that arbitration will provide justice or, at least, avoid clear injustice.”; vgl. auch Willet, Aspects of Fairness in Contract, S. 2. 468 „Equality of the parties“ bzw. „fair procedure“, auch “basic notions of fairness“ genannt (Terminologie nach Seventh Secretariat Note, A/CN.9/264, Art. 19, para. 7, in: Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, Art. 18, S. 559 (dort in Bezug auf das ML); grundlegend hierzu Seventh Secretariat Note, A/CN.9/264, Art. 19, para. 1, und Summary Record, A/CN.9/SR.322, para. 2, in: dieselben, ebenda, Art. 18, S. 559, Art. 19, S. 582f. sowie Art. 22, S. 640f.); gerade im Begriff der „basic notions of fairness“ kommt der „klammernde“ und vorrangige Charakter der Fairness zum Ausdruck. 469 Grundlegend zur Begrifflichkeit Bötticher, S. 6f., 9-20; kritisch Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 124f.; zur englischen Terminologie der „equality of arms“ s. van Dijk/van Hoof, S. 430ff.;

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Grundsätze der Fairness und der Gerechtigkeit sind nicht miteinander identisch. Rawls hat

zum Verhältnis dieser beiden Konzepte ganz grundsätzlich Folgendes festgestellt:

„It might seem at first sight that the concepts of justice and fairness are the same,

and that there is no reason to distinguish them, or to say that one is more

fundamental than the other. To be sure there may be occasions in ordinary speech

when the phrases expressing these notions are not readily interchangeable, but it

may appear that this is a matter of style and not a sign of important conceptual

differences. I think that this impression is mistaken, yet at the same time there is

some foundation for it. Justice and fairness are, indeed, different concepts. I wish

to show that the fundamental idea in the concept of justice is fairness.”471.

Im Verlauf weiterer Essays entwickelte Rawls diesen Ansatz dergestalt weiter, dass er das

Prinzip der “Gerechtigkeit” („justice“) als Ausfluss einer grundsätzlich vertraglichen

Vereinbarung unter freien Personen sah, die aus vergleichbarer Kräfteposition verhandeln und

jeweils Beschränkungen ihrer Handlungsmöglichkeiten aufgrund moralischer

Wertvorstellungen anerkennen472. So rechtsphilosophisch dieser Ansatz auch sein mag, so

deutlich zeigt er doch auf, dass auch die regelmäßig über alles gestellte „Gerechtigkeit“

letztlich auf moralisch-ethische Vorstellungen, nämlich die Fairness-Maxime ganz konkreter

Vertragsparteien, zurückgeführt werden kann. In diesem Sinne ist also der Grundsatz der

Fairness und nicht der der Gerechtigkeit die Ratio der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

und die Rezeptur ihres bisherigen Erfolges473. Deshalb ist die bereits angesprochene

Dombo Beheer B.V., ECtHR, Judgment of 27 October 1993, A.274, p. 19: „The principle of equality of arms implies that each party must be afforded a reasonable opportunity to present his case - including his evidence - under conditions that do not place him at a substantial disadvantage vis-à-vis his opponent.”. 470 Dazu Vollkommer, S. 22f., 36ff. und 40f., ebenfalls van Dijk/van Hoof, S. 428ff. 471 Justice as Fairness, in: John Rawls: Collected Papers, S. 47; ders., Justice as Reciprocity, in: ebenda, S. 190; letztgenannter Essay baut auf erstgenanntem auf und entwickelt ihn fort; u.a. beide vorgenannten Essays bereiteten Rawls´ fundamentales Werk “A theory of Justice”, 1971, vor, welches Samuel Freeman als “one of the most influential works in moral and political philosophy written in the twentieth century” beschreibt (in: John Rawls: Collected Papers, Editor´s Preface, S. IX); ebenfalls die “Fairness” als das übergeordnete Prinzip bezeichnend Barry, Justice as Impartiality, Vol. II, S. 18. 472 Justice as Fairness, in: John Rawls: Collected Papers, S. 55f. und 204f.: „These ideas are, of course, connected with a familiar way of thinking about justice which goes back at least to the Greek Sophists, and which regards the acceptance of the principles of justice as a compromise between persons of roughly equal power who would enforce their will on each other if they could, but who, in view of the equality of forces among them and for the sake of their own peace and security, acknowledge certain forms of conduct insofar as prudence seems to require. Justice is thought of as a pact between rational egoists the stability of which is dependent on a balance of power and similarity of circumstances.”. 473 Mit dem Begriff des “mutual trust” als Basis der Entscheidung von Vertragsparteien für ein Schiedsverfahren findet Moitry, 6 JInt´lArb 2 (1989), 115, 118, eine für diesen Umstand exakte Beschreibung; den Charakter einer sämtliche genannten Grundsätze umfassenden Ratio findet man in den der Fairness u.a. zugewiesenen Grundbedeutungen wie „free from moral stain, spotless, unblemished (of character conduct, reputation)“, „free

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„Verrohung“ der Praxis in internationalen Schiedsverfahren umso besorgniserregender, weil

sie sich damit von dem Grundkonsens zwischen den Verfahrensbeteiligten, dem der Fairness,

verabschiedet.

2. Einwirken der Fairness auf schiedsrichterliche Interessenkonflikte

Bereits die unter dem Begriff der „Magna Charta“ internationaler Schiedsverfahren bzw. dem

Prinzip des „due process“ zusammenfassten Grundsätze474 wirken nicht zuletzt deshalb so

grundlegend, weil sie aufhebungsbewehrt sind; sie gelten sowohl für die Schiedsrichterbank

als auch die Parteien475, umfassen ausdrücklich auch die Besetzung des Schiedsgerichts und

die Verfahrensgestaltung durch alle Beteiligten476; ebenso unterliegt ihnen auch die

Autonomie der Parteien zur Einigung auf ein bestimmtes Ablehnungsverfahren477, womit sie

den Willen der Schiedsparteien beschränken478.

Das Konzept der Fairness ist zugleich Kehrseite und Spiegelbild dieser Grundsätze, indem sie

über den im Zusammenhang mit dieser „Magna Charta“ behandelten „due process“479

hinausgeht: Sie ist insoweit umfassender zu verstehen, als sie nicht nur auf die

Verfahrensleitung der Schiedsrichterbank während des Schiedsverfahrens Anwendung findet

und so einem Anspruch der Schiedsparteien gegenüber den Schiedsrichtern gleichkommt,

sondern vielmehr auch auf die Art und Weise einwirkt, wie die Parteien ihrerseits das

Verfahren führen480: Sie durchdringt481 jede Handlung eines jeden Verfahrensbeteiligten, auch

solche im Vorfeld des eigentlichen Schiedsverfahrens im Rahmen der Bestimmung eines von

from bias, injustice (of conduct, actions, arguments, methods)“, „unquestionable, absolute, complete, thorough“ oder auch „equitably, honestly, impartially, justly“, sämtlich in: The English Oxford Dictionary, Vol. V, S. 671f., A. 9, 10, 11.c. und B. 4.; eine Legaldefinition für „Fairness“ sucht man in einschlägigen Lexika vergeblich, man findet den Begriff bestenfalls im Kontext spezieller Rechtsgebiete und termini technici, vgl. z.B. Oxford Dictionary of Law, 5th ed., S. 196f. 474 Dazu soeben unter 1. 475 Letztere ausdrücklich einbeziehend der Fifth Working Group Report, A/CN.9/246, para. 62, bzw. Seventh Secretariat Note, A/CN.9/264, Art. 19, para. 7, beide in: Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, Art. 18, S. 556 bzw. S. 559. 476 So explizit der Summary Record, A/CN.9/SR.322, para. 28, in: Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, Art. 18, S. 561. 477 Seventh Secretariat Note, A/CN.9/264, para 2 Fn. 45, in: Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, Art. 13, S. 426. 478 So auch Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, Art. 18, S. 551. 479 Vgl. Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, Art. 18, S. 550, die unter Hinweis auf die Second Secretariat Note, A/CN.)/WG.II/WP.35, para. 25 (S. 553) vom „due process“ sprechen. 480 Dieser Aspekt wird nach Ansicht des Verfassers im Rahmen der Erörterung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte äußerst selten in den Blickpunkt gestellt, obwohl doch augenfällig ist, dass die grundsätzliche Berechtigung zur privaten Streitentscheidung den Parteien, und damit gerade nicht den entscheidenden Schiedsrichtern, Gestaltungsautonomie (eben Parteiautonomie) einräumt. 481 Ähnlich Schütze/Tscherning/Wais, Hdb. Schiedsverfahrensrecht, S. 179, Rdn. 346, die feststellen, „dass das Prozessrecht, wie das ganze Rechtssystem überhaupt, von Treu und Glauben beherrscht“ wird.

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der Partei zu benennenden Schiedsrichters. Sie ist das Wesen internationaler

Schiedsgerichtsbarkeit, die den (potentiellen) Auswüchsen einer freiheitlichen

Parteiautonomie Schranken setzt, welche sich zugunsten aller Beteiligten und der

Schiedsgerichtsbarkeit an sich positiv auswirken.

In diesem Sinne ist auch die obige Diskussion des ordre public-Vorbehalts und der diesem

zugrundeliegenden nationalstaatlichen Souveränität sowie ihrer Infragestellung zu sehen: Nur

dort, wo dieser Vorbehalt der Sicherung des Grundsatzes der Fairness dient, sieht die

vorliegende Arbeit ihn als sinnvoll bzw. die durch ihn bewirkte Beschränkung der

Parteiautonomie als gerechtfertigt an; denn nur dann, wenn der besondere

Vertrauenstatbestand zwischen den Vertrags- und Schiedsparteien beeinträchtigt ist, kann

auch die nationalstaatliche Wertevorstellung betroffen sein - in sämtlichen anderen Fällen des

ordre public-Vorbehalts wird nur eine aus internationaler Sicht nicht gesondert

schützenswerte nationalstaatliche Eigenheit geschützt und unterstützt.

Was für die verfahrensrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung und Gewährung

rechtlichen Gehörs (s.o. unter 1.) gilt, gilt a fortiori für das diese umschließende Konzept der

Fairness. Dabei ist es unerheblich, dass es sowohl verfahrens- als auch materiellrechtlich

wirkt; in bezug auf die Behandlung von Interessenverflechtungen kann ohnehin nicht davon

gesprochen werden, dass es einen rein verfahrensrechtlichen Problemkreis betrifft; vielmehr

sollte man es als eine Art verfahrens- und materiellrechtlichen „Zwitter“ betrachten, dieses

Bild aber nicht überstrapazieren482.

Warum für die Parteien eines internationalen Schiedsverfahrens das Prinzip einer

allumfassenden Fairness nicht nur, wie oben untersucht, maßgebliches Ziel ist, sondern auch

sein muss, wird aus Folgendem deutlich: Durch die Schiedsvereinbarung erklärt sich eine

Partei freiwillig und sehenden Auges bereit, die Beurteilung der Durchsetzung etwaiger

Ansprüche einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht mit seinen regelmäßig

verfassungsrechtlich gesicherten Justizgarantien und seinem Gerechtigkeitsanspruch zu

482 Bereits die Positionierung der für die Problematik von schiedsrichterlichen Interessenverflechtungen maßgeblichen Normen des ML (Art. 4, Art. 12f., Art. 18f., Art. 34 und Art. 36) innerhalb desselben macht deutlich, dass sich eine rein verfahrensbezogene Lösung verbietet; ohnehin wäre mit der grundsätzlichen Bezeichnung einer verfahrens- oder materiellrechtlichen Bestimmung kein substantieller Fortschritt in der Sache selbst zu erzielen.

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entziehen, also gleichsam darauf zu verzichten483, und stattdessen einem in diesem Sinne

gerade nicht „rückversicherten“ Dritten, nämlich der Schiedsrichterbank, zu übertragen.

Gerade weil man derzeit nicht von einem international anerkannt autarken Erkenntnis- und

Vollstreckungssystem für Schiedsverfahren ausgehen kann484, muss man vermuten, dass eine

schiedswillige Partei davon ausgeht, dass der Vertragspartner das von ihr durch die Wahl

eines Schiedsverfahrens geäußerte Vertrauen in einen fairen Streitentscheidungsmechanismus

tatsächlich (ebenfalls) erwidert485. Umso mehr kommt es dann für die Funktionsfähigkeit und

insbesondere die Akzeptanz internationaler Schiedsverfahren darauf an, dass sich die

Schiedsparteien entsprechend diesem Vertrauenstatbestand der Fairness einander gegenüber

verhalten.

II. Verortung der Fairness in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

Die Geltung des jedes, insbesondere jedes internationale Schiedsverfahren durchdringenden

Konzepts der Fairness wird im Folgenden anhand seiner Ausprägung im Gebot des Handelns

nach Treu und Glauben (dazu unter 1.) und in Art. 6 (1) der European Convention on Human

Rights (ECHR) (dazu unter 2.) untersucht.

1. Die “duty to arbitrate in good faith” in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

a. Grundsätzliches

Die Schiedsparteien unterliegen der Pflicht, ihr Handeln nach Treu und Glauben auszurichten,

im Folgenden auch „duty to arbitrate in good faith“ oder Treu- und Glaubenspflicht

genannt486. Diese Pflicht bei offensichtlichem Missbrauch wie Verfahrensbetrug, Bestechung

483 Vgl. hierzu im deutschen Recht Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, vor §1025 Rdn. 2, der von einem Verzicht auf den „Justizgewährungsanspruch durch den (justiz-)grundrechtlich gewährleisteten gesetzlichen Richter“ durch die Parteien spricht; ebenso BGHZ 77, 65, 69; dazu auch Diedrich, JuS 1998, 158, 160. 484 Vgl. hierzu allein schon die ICCA Seoul Arbitration Conference, 10-12 October 1996, unter dem Thema “International Dispute Resolution: Towards an International Arbitration Culture”, ICCA Congress Series No.VIII. 485 Und sei es nur, dass man diesen Schluss aus der Tatsache der Vereinbarung einer Schiedsklausel im Wege einer eigenständigen oder aber auch ad hoc-Schiedsvereinbarung zieht; in diesem Gedanken klingt der Grundsatz des „venire contra factum proprium“ an. 486 Tetley, 35 J. Maritime L.C. (2004), 561-616 (insbesondere unter Ziffern I.-XIII.); ebenso Moitry, 6 JInt´lArb 2 (1989), 115, 122; die Terminologie geht zurück auf das lateinische “bona fides”; auch als “indispensable foundation of a system of justice” bezeichnet, Holtzmann/Neuhaus, Art. 18, S. 551 (unter Verweis auf die Second Secretariat Note, A/CN.9/WG.II/WP.35, para. 25 (S. 553)); ebenso Section 1(a) Arbitration Act England 1996; ausdrücklich anerkannt durch Art. I:201 PECL (deutsche Version unter www.web.cls.dk/departments/law/staff/ol/Commission_on_ecl/PECL%20tysk/pecl_part_I_II_III_German%20Version.doc); dazu von Bar/Zimmermann, S. 110-118; dem kann nicht der bereits zuvor geäußerte Charakter internationaler Schiedsverfahren entgegengehalten werden, nach dem diese zur Klärung regelmäßig wirtschaftlich bedeutender Streitigkeiten führen - insofern kann nämlich die Frage der wirtschaftlichen Bedeutsamkeit des Erfordernisses eines von den Verfahrensbeteiligten einvernehmlich nach Treu und Glauben geführten Verfahrens ohne weiteres getrennt analysiert werden; missbrauchten die Parteien ein Schiedsverfahren lediglich zur Durchsetzung mit Recht und Gesetz unvereinbarer Ziele, könnte man nicht mehr von einem einem

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oder auch offen bewirkter und unterstützter Parteilichkeit eines Schiedsrichters zu bestimmen,

ist nicht schwierig. Ihre Bestimmung ist jedoch umso mühsamer im Falle mehrdeutiger

Vorgänge: Solche Vorgänge sind noch nicht offensichtlich, obgleich sie schon den Bereich

fairer Verfahrensgestaltung verlassen haben; erschwerend ist, dass dieser Bereich

international nicht eindeutig definiert ist. In der Folge ist unklar, was noch als akzeptables

Verhalten nach Treu und Glauben respektiert wird und was nicht.

In bezug auf den Grundsatz “to arbitrate in good faith” stellt Jünger fest: „the term ... lacks a

fixed meaning ... because it is loose and amorphous.”487. So vollständig ätherisch und schon

gar nicht ohne juristische Bedeutung ist das Treu- und Glaubensgebot allerdings nicht, auch

wenn Powers es zunächst als „an elusive term best left to lawyers and judges to define over a

period of time as circumstances require“ beschreibt; sich eines Besseren besinnend, beschreibt

er es später als „an expectation of each party to the contract that the other will honestly and

fairly perform his duties under the contract in a manner that is acceptable in the trade

community“488.

Nach O´Connor ist „good faith“

“a fundamental principle derived from the rule pacta sunt servanda, and other

legal rules, distinctively and directly related to fairness, honesty and

reasonableness, the application of which is determined at a particular time by the

standards of fairness, honesty and reasonableness prevailing in the community

which are considered appropriate for formulation in new or revised legal rules”489.

b. Vertragliche Hauptpflicht „to arbitrate in good faith“

Schiedsverfahren gründen regelmäßig490 auf einer Schiedsvereinbarung; diese ist eine

privatrechtliche Willenserklärung vertraglicher Art mit prozessualen Wirkungen491.

staatlichen Gerichtsurteil in der Rechtskraft gleichstehenden (Rechts-)Schiedsspruch sprechen (in diesem Sinne auch von Bar/Zimmermann, S. 112); darüber hinaus wäre ein solcher „Schiedsspruch“ weder national noch international vollstreckbar bzw. anerkennungsfähig. 487 Jünger, 69 Tulane L. Rev. (1995), 1253, 1254. 488 Powers, 18 J.L. & Com. (1999), 333 und 352. 489 O´Connor, Good Faith in English Law, S. 102; ders., Good Faith in International Law, S. 124. 490 S. nur Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 72f.; Gegenstand der Untersuchung sind nicht “zwangsweise” („compulsory“), auf richterliche Anordnung hin durchzuführende Schiedsverfahren. 491 Vgl. für das deutsche Recht BGHZ 48, 35, 46; ebenso BGH NJW 1987, 651 („Prozessvertrag“); allgemein dazu Teubner/Künzel, MDR 1988, 720; ebenso Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 76, Rdn. 37 (m.w.N. in Fn.117 zum begrenzten Nutzen des Meinungsstreits über die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung).

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aa. Herkömmliche Pflichten

Bislang nahm man regelmäßig an, dass die Schiedsvereinbarung bestimmten

Mindestanforderungen zu genügen hat und die Parteien darüber hinaus zur Ermöglichung der

faktischen Durchführung des Verfahrens gebotener Weise dessen Gestaltung und Abwicklung

regeln sollen492: Eine solche Vereinbarung soll bestimmt sein und die Zuweisung an ein

Schiedsgericht enthalten; zur Begründung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts anstelle

eines staatlichen Gerichts und für den Beginn eines Schiedsverfahrens soll das ausreichend

sein.493. Nur wenn jedoch die Parteien eines Schiedsverfahrens mit internationalem Bezug der

dort erforderlichen höheren Regelungsdichte494 nachkommen und die nachfolgenden

Voraussetzungen erfüllen, können sie die tatsächliche Durchführung des Verfahrens

gewährleisten: Sie sind gut beraten, Regelungen über den Sitz des Schiedsverfahrens, die

Anzahl der Schiedsrichter, die Verfahrenssprache und das anwendbare materielle Recht zu

treffen495; insbesondere internationale ad hoc-Schiedsverfahren, die keiner

schiedsinstitutionellen Administration unterliegen, müssen darüber hinaus auch das

grundsätzlich dispositive Verfahrensrecht bestimmen, sich auf ein Verfahren zur

Schiedsrichterbestellung und gewünschter Schiedsrichterqualifikationen sowie eine

Begründungspflicht des Schiedsspruchs496 einigen. Soweit aber ersichtlich, wird nirgendwo

die ausdrückliche Vereinbarung und gegenseitige Verpflichtung der Parteien verlangt, einen

Streit und das diesen entscheidende Schiedsverfahren fair und also nach Treu und Glauben zu

führen497.

492 Die Terminologie variiert: Es wird zuweilen nach „notwendigen“, „gebotenen“, „anzuratenden“ oder „sonst noch möglichen“ Inhalten differenziert (so Schütze/Tscherning/Wais, Hdb. Schiedsverfahrensrecht, S. 47, Rdn. 92ff.); dies wirkt eher verschleiernd denn erhellend und sollte auf das Mindestmaß „notwendiger“ bzw. „ergänzender“ Inhalte beschränkt werden; diesbezüglich prägnant in einerseits Schiedsvereinbarungen und andererseits ergänzende Verfahrens- bzw. Verfassungsvereinbarungen trennend Schlosser, in: FS Rammos, S. 797ff.; vgl. auch Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 42-45; ebenso Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, S. 103ff., Rdn. 280ff. 493 Zur weitergehenden inhaltlichen Differenzierung Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, S. 103f., Rdn. 280-283. 494 Eine solche ist erforderlich, weil das umfassende nationalstaatliche Regelungsgerüst jenseits der Rechtsordnungsgrenzen nicht vorhanden ist und von den administrierenden Schiedsorganisationen zwar angeboten und empfohlen, nicht aber zwingend vorgeschrieben ist. 495 Diese Empfehlung, deren Nichtbeachtung sich in der Praxis im Wege einer sog. „pathologischen“ Schiedsvereinbarung rächen kann und die deshalb eigentlich nur deren Mindestinhalt wiedergibt, machen sämtliche institutionellen Schiedsordnungen (z.B. Arbitration Rules: LCIA (Recommended Clauses); AAA (Introduction International Arbitration); ICC (Standard ICC Arbitration Clause); DIS (Schiedsvereinbarung); UNCITRAL (Model Arbitration Clause); SCC (Model Arbitration Clause); NAI (Recommended Arbitration Clause)). 496 Vgl. die Übersicht bei Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, S. 145-151, der insbesondere aus Sicht deutscher Haftpflichtversicherer argumentiert. 497 Grundlegend zum Prinzip des “Good Faith” Burton, Judging in good faith, 1992; sehr anregend und rechtsphilosophisch Catalano, Good Faith, 1996.

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Einzig die vertragliche Einbeziehung von lediglich drei der bedeutenden Schiedsinstitutionen

führt zu einer ausdrücklichen Verpflichtung der institutionseigenen Administration,

Schiedsrichter und Schiedsparteien dazu anzuhalten, dafür Sorge zu tragen, dass ein

Schiedsspruch auch vollstreckt werden kann498. Es scheint deshalb entweder so, dass die

internationale Schiedsgemeinschaft das Prinzip der „duty to arbitrate in good faith“ als so

selbstverständlich ansieht, dass es eines ausdrücklichen Hinweises nicht mehr bedarf und man

von einer stillschweigenden Vereinbarung - einhergehend mit einer entsprechenden

Vermutung ihrer Beachtung - ausgehen kann; oder aber es ist tatsächlich so, dass man das

Prinzip des schiedsparteilichen und schiedsrichterlichen Handelns nach Treu und Glauben

nicht einmal als auf diesem Wege in die Vertragsbeziehung einbezogen und damit als nicht

wesentlich für den Erfolg eines internationalen Schiedsverfahrens anzusehen hat: Dann aber

nähme man einem internationalen Schiedsverfahren sein Wertesystem, sein Selbstverständnis

und damit letztlich seine Existenzberechtigung499. Dazu nun im Folgenden:

bb. Existenz der „duty to arbitrate in good faith“ im internationalen Kontext

Die Verpflichtung, bei der Erfüllung vertraglicher Pflichten den Grundsatz der „duty to

arbitrate in good faith“ zu verwirklichen, ist in jeder „civil law“-Rechtsordnung verankert500.

Nach Hanotiau ist es „a basic principle of international commercial arbitration that the parties

have the duty to co-operate in good faith in the performance of their agreement as well as in

498 Was letztlich einer faire Verfahrensgestaltung impliziert; nur die institutionseigene Administration und die hierunter tätigen Schiedsrichter verpflichtend: Art. 35 ICC Arbitration Rules: „In all matters not expressly provided for in these Rules, the Court and the Arbitral Tribunal shall act in the spirit of these Rules and shall make every effort to make sure that the Award is enforceable at law.“; die institutseigene Administration, hierunter tätige Schiedsrichter und Parteien verpflichtend: Art. 32(2) LCIA Arbitration Rules: “In all matters not expressly provided for in these Rules, the LCIA Court, the Arbitral Tribunal and the parties shall act in the spirit of these Rules and shall make every reasonable effort to ensure that an award is legally enforceable.”; nur die Schiedsparteien verpflichtend Art. 7 CIETAC Arbitration Rules: “The parties shall proceed with the arbitration in bona fide cooperation.”; s. aber auch die Kommentierung zu Art. I:202 PECL durch von Bar/Zimmermann, S. 118-121, die von einer (wenngleich rein vertragsrechtlich bezogenen) Pflicht der Parteien zur Zusammenarbeit sprechen; eine z.B. in Art. 14(1)(i) LCIA Arbitration Rules unter der Überschrift “Conduct of the Proceedings” formulierte Pflicht der Schiedsrichterbank “to act fairly and impartially as between all parties” bezieht sich auf die noch zu untersuchende Frage der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit an sich; sie ist aber nicht mit obigen Art. 35 ICC Arbitration Rules, Art. 32(2) LCIA Arbitration Rules oder Art. 7 CIETAC Arbitration Rules vergleichbar - das ergibt sich letztendlich auch schon aus der bloßen Koexistenz von z.B. Art. 32(2) mit Art. 14(2) LCIA Arbitration Rules. 499 Ähnlich Tetley, 35 J. Maritime L.C. (2004), 561-616, insbesondere unter Ziffer XIII. a.E.: „Without good faith, the claimed advantages of effective arbitration are lost.“. 500 „Civil law jurisdiction“ im Vergleich zu der „common law jurisdiction“, die nachfolgend erörtert wird; es ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, nach dem man sich bei der Wahrnehmung von Rechten bzw. Erfüllung von Pflichten stets redlich und verlässlich zu verhalten hat und dasselbe auch von anderen erwarten kann; vgl. nur für das deutsche Recht § 242 BGB; europaweit rechtsvergleichend und zu demselben Ergebnis gelangend von Bar/Zimmermann, S. 110, 114 (zur Verankerung dieses allgemeinen Rechtsgedankens stellen diese fest, er sei in allen EU-Mitgliedstaaten anerkannt bzw. zumindest als Richtlinie für vertragliches Handeln berücksichtigt).

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the arbitral proceedings“501; Dimolitsa beschreibt den Ursprung dieser Verpflichtung wie

folgt: “… the international principle of the inviolability of the agreement is actually just a

special application of the principle of pacta sunt servanda which, together with the parallel

application of good faith, is strictly applied to arbitration agreement …”502.

Zum gleichen Ergebnis gelangt man auch in Rechtsordnungen des common law; dies

allerdings nicht im Wege der Anerkennung dieses Grundsatzes als allgemeine Pflicht der

Parteien, sondern über besondere Regelungen503: So stellte speziell für die angelsächsische

Jurisdiktion504 Goode noch 1982 fest, dass es im Englischen Recht überraschenderweise

keinen allgemeinen Grundsatz gebe, der die Ausübung von „legal remedies“ nach Treu und

Glauben erfordere, und dass dies „at once the most remarkable and most reprehensible feature

of English contract law“ sei505; und noch 1989 bzw. 1992 entschieden englische Gerichte,

Englisches Recht könne die Verpflichtung von Vertragsverhandlungen „in good faith“ nicht

anerkennen506. Zuletzt hat die Verpflichtung aber indirekt Eingang in die angelsächsische

Jurisdiktion über Section 29 Arbitration Act England 1996507 gefunden und ist wohl

inzwischen auch durch das House of Lords höchstrichterlich anerkannt508. „Common Law“-

Rechtsordnungen außerhalb Englands anerkennen die vertragliche Pflicht zum Handeln nach

Treu und Glauben, in bezug auf internationale Schiedsverfahren allerdings selten ausdrücklich

und noch seltener in bezug auf Fragen zu schiedsrichterlichen Interessenverflechtungen: In

seiner Entscheidung China Nanhai Oil v. Gee Tai Holdings509 erklärte der Hong Kong High

Court einen CIETAC-Schiedsspruch für vollstreckbar, indem er den Beklagten als

„estopped510 from relying on the improper constitution of the arbitration tribunal“ ansah;

dabei zog Kaplan J nicht die herkömmliche „doctrine of estoppel“ heran, sondern stützte sich

auf Ausführungen von van den Berg, nach dem diese Doktrin (nur) Ausfluss der allgemeinen

501 Hanotiau, 14 ArbInt (1998), 369ff. 502 Dimolitsa, 5 JInt´lArb 17 (1988), 39. 503 Dazu Tetley, 35 J. Maritime L.C. (2004), 561-616, insbesondere unter Ziffer VIII. 504 Allgemein zur Stellung des Prinzips des „Good Faith“ in der angelsächsischen Jurisdiktion Steyn, 113 L. Q. Rev. (1997), 433 (unter Ziffer. VII. und VIII., 1). 505 Commercial Law, S. 117. 506 Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmes Ltd. (1988) 1 All E.R. 348, 352 (CA) per Bingham LJ; Walford v. Miles (1992) 2 A.C. 208 (HL); hierzu kritisch Steyn, 113 L. Q. Rev. (1997), 433, 439; allgemein zur Frage des Grundsatzes des „Good Faith“ Beatson/Friedman, Good Faith and Fault, S. 36-42, und Brownsford/Hird/Howells, Good Faith in Contract, 1998. 507 Dort aber gemeint als Ausnahme von einer schiedsrichterlichen Haftungsfreistellung im Falle von „bad faith“. 508 Vgl. dazu Three Rivers District Council v. Governor and Company of the Bank of England (No. 3) (2000) 2 W.L.R. 1220, und nachfolgend (2001) 2 All E.R. 523. 509 China Nanhai Oil Joint Services Corporation Shenzhen Branch v. Gee Tai Holdings Co. Ltd., 8. Supreme Court of Hong Kong, High Court, 13 July 1994, No. MP 2411, per Kaplan J, XX YBCA (1995), S. 671-680. 510 Sog. “equitable estoppel”, rechtstechnisch wohl der Verwirkung vergleichbar.

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Vertragspflicht einer Partei sein soll, das Schiedsverfahren nach Treu und Glauben zu

führen511.

cc. Die „duty to arbitrate in good faith“ als übergeordnete vertragliche Hauptpflicht

In jeder Schiedsvereinbarung gründet die vertragliche Verpflichtung jeder Partei, das

Verfahren nach fairen Regeln zu betreiben512: Sie muss alles tun, um eine zügige und

abschließende Beilegung des Streits zu ermöglichen (i.S. einer Förderungspflicht) und,

gleichsam als „Kehrseite“ dazu, alles unterlassen, was diesem Zweck zuwiderlaufen könnte

(i.S. einer Loyalitätspflicht)513: Hierzu zählt u.a. auch die Ausübung des regelmäßig den

Parteien überlassenen Benennungsrechts der Schiedsrichter514 und auch das größtmögliche

Bemühen, bei dieser Wahl einen unparteiischen Schiedsrichter zu benennen - auf jeden Fall

aber, seine Benennung nicht zur Desavouierung des Verfahrens zu missbrauchen.

Diese Förderungs- und Loyalitätspflichten sind als Ausdruck der die Schiedsvereinbarung

durchdringenden Treu- und Glaubenspflicht „echte“ Pflichten515; die Pflicht, das

Schiedsverfahren fair, d.h. nach Treu- und Glauben zu betreiben, ist die fundamentale,

allgemeine Verhaltenspflicht, die die Recht- und Pflichtenstellung der Schiedsparteien (und

über den Schiedsrichtervertrag auch die der Schiedsrichter) bestimmt516 und aus der wiederum

die Förderungs- und Loyalitätspflichten entspringen; diese sind damit entgegen der bislang

511 van den Berg, The NYC, S. 185: „The third solution is to regard the question of estoppel as a fundamental principle of good faith, which principle overrides the formalities required by Art. II(2) NYC 1958. … The principle of good faith may be deemed enshrined in the Convention´s provisions.”; China Nanhai Oil Joint Services Corporation Shenzhen Branch v. Gee Tai Holdings Co. Ltd., per Kaplan J, XX YBCA (1995), S. 671, 677: “But there is, and I for myself am prepared to hold that on a true construction of the Convention there is indeed a duty of good faith… .”. 512 Vgl. für das deutsche Recht OLG Oldenburg NJW 1971, 1461, das von der Begründung einer einklagbaren Mitwirkungs- und Förderungspflicht der Schiedsparteien spricht; ebenso Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 136 (dort allerdings ausschließlich von einer verfahrensrechtlichen Pflicht ausgehend); rechtsvergleichend Tetley, 35 J.M.L.C. (2004), 561-616; einen interessanten Teilaspekt des Zusammenspiels von Parteiautonomie und vertraglicher Fairness beleuchtet Kelesidis, 1 E. J. I. L. (2004), 133ff. 513 Zur dieser Terminologie vgl. RGZ 33, 265, 268; RGZ 74, 321, 322; Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 51 (m.w.N. in Fn. 242 und 243). 514 Ebenso Glossner/Bredow/Bühler, Schiedsgerichtsbarkeit in Praxis, Rdn. 115; Schütze/Tscherning, Schiedsgericht, Rdn. 126. 515 So vollkommen zu Recht Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 51; ebenso Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, S. 155, Rdn. 423; höchstrichterlich erstmals in dieser Richtung RGZ 74, 321, 322 (dort allerdings ohne weitere Erläuterungen); die über Art. I:202 PECL für das europäische Vertragsrecht festgestellte Pflicht zur Zusammenarbeit ist ebenfalls Ausfluss der Treu- und Glaubenspflicht, vgl. dazu die Kommentierung durch von Bar/Zimmermann, S. 118-121. 516 Ähnlich, zwar bezogen auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, aber auf die schiedsverfahrensrechtliche Treu- und Glaubenspflicht übertragbar, Fischer, in: Großkommentar HGB, §105 Rdn. 31a.

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vertretenen Qualifizierung als lediglich nebenvertragliche Pflichten517 hauptvertragliche

Pflichten der Schiedsvereinbarung, welche insoweit autark ist518. Der Einwand, es handele

sich lediglich um „unvollkommene Verbindlichkeiten“519, geht deshalb fehl. Das ergibt sich

auch aufgrund folgender Überlegung: Eine Schiedsvereinbarung wirkt auf das

Schiedsverfahren unmittelbar ein520: Dies folgt nicht nur aus der international anerkannten

Möglichkeit, eine ad hoc-Vereinbarung und damit Vereinbarung zu treffen, die vom dem

Streit zugrundeliegenden Vertrag separiert ist; es folgt auch daraus, dass nationale

Schiedsgesetze regelmäßig die Möglichkeit eröffnen, eine Schiedsvereinbarung als

selbständige Vereinbarung zu treffen, die sich ausschließlich mit dem schiedsrichterlichen

Verfahren befasst oder im Rahmen eines anderen (Haupt-)Vertrages gilt521. Wenn aber diese

direkte Einwirkung der Schiedsvereinbarung auf das Schiedsverfahren existiert, gilt das erst

recht auch für die diese Vereinbarung beherrschende Verpflichtung der Verfahrensbeteiligten

und Schiedsrichter, ihr Handeln nach Treu und Glauben auszurichten. Zuletzt zeitigt auch die

in internationalen Schiedsverfahren besondere Intensität der Beziehungen zwischen den

Parteien, welche aus dem Verzicht auf die Inanspruchnahme staatlicher Gerichtsbarkeit

herrührt, die Treu- und Glaubenspflicht als hauptvertragliche Pflicht anzuerkennen. Hiermit

ist allerdings noch nichts zur Ebene der Sanktionsfolgen gesagt522.

dd. Stillschweigende Vereinbarung bzw. Vermutungsregelung

Mit der Feststellung der Existenz und des Inhalt des Grundsatzes der Handlungspflicht nach

Treu- und Glauben ist noch nicht geklärt, über welchen rechtssystematischen Mechanismus er

letztlich Eingang in das Vertragsverhältnis der Parteien findet. Da seine an sich sinnvolle und

wünschenswerte ausdrückliche Vereinbarung mit Ausnahme der Schiedsordnungen der ICC,

517 So z.B. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 51; Roth, in: Münchener Kommentar, BGB Schuldrecht AT, §242 Rdn. 61 und 151 (der unter Rdn. 152 aber wohl eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als Hauptpflicht anerkennt und als deren Hauptziel die Bewältigung eines Interessenkonflikts nennt). 518 Diese Terminologie orientiert sich an einer Einteilung von Hauptpflichten in vertragstypische Pflichten und von Nebenpflichten in vertragsuntypische Pflichten, letztendlich also an der Maßgeblichkeit einer Pflicht für die Kennzeichnung des Vertrages (in dem Sinne, dass ein Fehlen dieser Pflicht den Vertragsinhalt ändert); im Falle eines ad hoc-Schiedsverfahrens bzw. einer separat abgeschlossenen Vereinbarung gilt dies erst recht; im Hinblick auf die sachlich-rechtliche, vom Hauptvertrag eigenständige Wirkung der Schiedsvereinbarung vgl. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 51. 519 So Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, S. 142, Rdn. 379; ähnlich Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 68f., Rdn. 20f. (m.w.N. in Fn. 73), die lediglich von „prozessuale Lasten“ sprechen; dabei ist nicht klar, was diese terminologische Variante in der Sache bringt. 520 Sie kommt hier der Qualifizierung eines Prozessvertrages sehr nahe (zu dessen Terminologie s. Putzo, in: Thomas/Putzo ZPO, Einleitung III., Rdn. 6). 521 In der Terminologie deutschen Rechts dann „Schiedsabrede“ oder “Schiedsklausel” genannt; vgl.dazu auch Section 6(2) Arbitration Act England 1996. 522 Dazu nachfolgend unter ee.; so auch Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 52, der sich dabei aber auf die Qualifizierung der Förderungs- und Loyalitätspflichten als Nebenpflichten und gerade nicht Hauptpflichten stützt.

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LCIA und CIETAC international nicht praktiziert wird, kommt eine entsprechende Geltung

nur über eine stillschweigende Vereinbarung in Betracht. Eine solche Möglichkeit legt auch

Art. 6:102 lit. (c) PECL ausdrücklich nahe523: Nach von Bar/Zimmermann soll das

Handlungsgebot nach Treu und Glauben darüber hinaus auch durch eine entsprechende

Handlungsvermutung verstärkt werden - wer behauptet, dass die andere Partei dieses Gebot

missachtet hat, muss dies beweisen524. Dies ist auf die schiedsverfahrensrechtliche

Handlungspflicht nach Treu- und Glauben übertragbar und hat den Vorteil, dass der

Grundgedanke der Fairness bei den Beteiligten als grundsätzlich vorhanden angenommen und

damit der streitentscheidungsfördernde Charakter der Schiedsgerichtsbarkeit unterstrichen

wird. Auf der anderen Seite muss die Beweisführung dergestalt verlaufen, dass nach

Substantiierung der den Verstoß gegen die Handlungspflicht begründenden Tatsachen die

Gegenpartei ihrerseits vortragen muss - ansonsten dürfte ein Beweis in der Praxis kaum zu

führen sein525.

ee. Einklagbarkeit dieser Hauptpflicht

Die unter cc. angesprochenen Meinungsunterschiede in bezug auf die Terminologie der

„unvollkommenen Verbindlichkeiten“ sind letztlich auf die Frage zurückzuführen, welche

schiedsvertraglichen Pflichten bei staatlichen Gerichten durchgesetzt werden können526:

Hinsichtlich der „duty to arbitrate in good faith“ (d.h. verstanden als allumfassende

Verhaltenspflicht, die ihren Ausdruck in Förderungs- und Loyalitätspflichten findet) umfasst

die Bandbreite der hier vertretenen Ansichten in ihren Extremen die generelle Bejahung und

Verneinung der Einklagbarkeit527. Grundsätzlich verfolgenswert ist die Überlegung von

523 Artikel 6:102 PECL lautet wie folgt: „Stillschweigende Bedingungen“: Neben ausdrücklich vereinbarten kann ein Vertrag auch stillschweigende Bedingungen enthalten, die sich ergeben aus: (a) dem Willen der Parteien; (b) der Natur und dem Zweck des Vertrages; sowie (c) den Geboten von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs.“. 524 So von Bar/Zimmermann, S. 113. 525 Über diese Lösung könnte dann auch das bereits untersuchte Problem der „Verrohung“ der Praxis in internationalen Schiedsverfahren und die damit einhergehende bewusste Desavouierung parteibenannter Schiedsrichter durch die jeweils andere Schiedspartei angegangen werden; vgl. allgemein zur Bedeutung der Beweisführung in internationalen Schiedsverfahren das weithin akzeptierte Regelungswerk der IBA Rules on the Taking of Evidence, 1 June 1999, abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: Rules of Evidence). 526 Darüber hinaus geht es natürlich auch um die Frage, inwieweit ein staatliches Gericht in den Ablauf eines Schiedsverfahrens eingreifen kann; dies bedarf aber in der vorliegenden Arbeit keiner grundsätzlichen Klärung; dazu Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 7: The Role of Courts in international arbitral proceedings. 527 Die Einklagbarkeit wohl rundum ablehnend Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 137; sie größtenteils, jedoch nicht vollständig ablehnend, weil sie jeweils in Bezug auf die Durchsetzung der Verpflichtung zur Einzahlung eines Kostenvorschusses eine Ausnahme machen, z.B. Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, S. 142 Rdn. 378f.; Schwab/Walter /Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 69f. Rdn. 20f.; Schütze/Tscherning/Wais, Hdb. Schiedsverfahrensrecht, Rdn. 127, die insoweit von einer ´Schiedsbefangenheit´ dieser Pflichten ausgehen; vgl. zum Ausnahmefall der Durchsetzung einer Verpflichtung zur Einzahlung eines Kostenvorschusses auch BGHZ 94, 92, 95, BGH NJW 1988, 1215, und BGH NJW 1985, 1904 (die jedoch mit ihrer Begründung, ansonsten könne sich jede Partei durch Nichtzahlung einseitig von der Schiedsvereinbarung lösen, nicht

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Münch, man könne „nicht alle Pflichtgehalte über denselben Kamm scheren“, da je nach

Pflichtgehalt und Einzelfall insgesamt heterogene Kriterien gelten würden, „wobei die

Gemengelage aus materieller Grundlegung und prozessualer Ausformung die Dinge sicher

nicht gerade vereinfacht.“528: Damit steht der grundsätzlichen Annahme einer Einklagbarkeit

der hauptvertraglichen „duty to arbitrate in good faith“ nichts im Wege. Hierzu braucht man

sich nur den eigenvertraglichen Status der Schiedsvereinbarung und den Sinn und Zweck

eines darauf gründenden Verfahrens vergegenwärtigen. Dies dem Grunde nach zu

ermöglichen dürfte dazu beitragen, die Wertvorstellungen der Schiedsparteien im Hinblick

auf eine entsprechende Verfahrensgestaltung im positiven Sinne zu beeinflussen und sie

hierzu anzuhalten.

Abgesehen von dem Problem, über welche Klageart diese Hauptpflicht prozessual

verwirklicht werden kann und ob die einzelnen Jurisdiktionen gleichermaßen offen für ein

solches Klageverfahren sind, bleibt die maßgebliche Frage jedoch, ob den Schiedsparteien mit

der Eröffnung eines entsprechenden Klageweges tatsächlich geholfen wird - oder ob nicht die

Anrufung gerichtlicher Hilfe auf nach dem Schiedsverfahren geltend zu machende

Schadensersatzansprüche konzentriert werden sollte. Die obigen Ausführungen dienen dazu,

die grundsätzliche Bedeutung der Handlungspflicht nach Treu und Glauben klarzustellen und

betroffenen Schiedsparteien einen nur ihrem Dispositionsinteresse unterworfenen

Mechanismus zur Vermeidung und Lösung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen zur

Verfügung zu stellen.

Tatsächlich dürften aber auch Einwände gegen die selbständige prozessuale Einklagbarkeit

dieser Handlungspflicht zum Tragen kommen: Die Möglichkeit, bei einem schwerwiegenden

Verstoß gegen diese Pflicht die Schiedsvereinbarung zu kündigen, Schadensersatz zu

verlangen und so die Zuständigkeit staatlicher Gerichte zu begründen529, anstelle die

überzeugen, weil auch die bewusste Herbeiführung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen die Wirkungen einer solch einseitigen Lösung herbeiführen); für die Einklagbarkeit ausdrücklich OLG Oldenburg, NJW 1971, 1461, 1462 re.Sp.: „Nach Ansicht des Senats muß auch die Einhaltung der vertraglich begründeten Mitwirkungs- und Förderungspflicht in einem gerichtlichen Verfahren erzwungen werden können. Es genügt nicht, die Parteien auf die Möglichkeit des Rücktritts vom Schiedsvertrag zu verweisen.“; ebenso Thomas, in: Thomas/Putzo ZPO, §1029 Rdn. 1. 527 So Art. I:202 PECL, kommentiert durch von Bar/Zimmermann, S. 118-121; s. auch die bei Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 52, unter Fn. 250 zitierte Literatur, die sich auf die Möglichkeit der naturalen Erfüllung aller schiedsrichterlichen Nebenpflichten beruft. 528 in: Münchener Kommentar ZPO, §1029 Rdn. 52, dort allerdings keine überzeugende Begründung für die Unterscheidung der Einklagbarkeit eines Kostenvorschusses und derjenigen der Wahrheitspflicht liefernd. 529 So Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, S. 143, Rdn. 379 (unter Berufung auf BGHZ 94, 92, 95); zur Möglichkeit einer solchen Kündigung s. BGHZ 41, 104, 108, BGHZ 51, 79, 82, und BGHZ 77, 65, 67; ebenfalls Roth, in: Münchener Kommentar, BGB Schuldrecht AT, §242, Rdn. 181; es darf aber auf keinen Fall außer acht

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Beachtung der Pflicht eigenständig einzuklagen, ist nicht notwendigerweise mit größeren

Schwierigkeiten und Verzögerungen beladen als dies der Fall bei ausschließlicher Nutzung

schiedsverfahrensrechtlicher Mechanismen ist - beides kann sich als gleich starkes wie auch

gleich schwaches Disziplinierungsmittel gegenüber den Parteien präsentieren.

Vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit geforderten weitest möglichen parteiautonomen

Verfahrensgestaltung sollte jedoch die Möglichkeit einer Schiedspartei, sich staatlicher Hilfe

während des Schiedsverfahrens i.S. einer selbständigen Einklagbarkeit bedienen zu können,

auf die schiedsverfahrensmäßigen Hilfsmittel der nationalen Gesetze und institutionellen

Schiedsordnungen beschränkt bleiben530 - denn natürlich ist auch der Zulassung einer

selbständigen Klagemöglichkeit wiederum die Möglichkeit ihres Missbrauchs immanent531.

c. Notwendigkeit der praxisbezogenen Konkretisierung der „duty to arbitrate in good

faith“

Wenn nun eingewendet wird, die Erkenntnis, dass insbesondere internationale

Schiedsverfahren von der Maxime des nach Treu- und Glauben ausgerichteten Handelns

durchdrungen sind, könne nur dann einen Gewinn für die Praxis bewirken, wenn sie in

praxisbezogene Regelungen umgesetzt wird, so ist dem zuzustimmen532: Eine der

Parteiautonomie zur Korrektur entgegengestellte „duty to arbitrate in good faith“ könnte sich

als zu kontur- und inhaltslos erweisen, um solch praxisbezogenen Nutzen liefern zu können.

Nichtsdestotrotz muss sie der Ansatzpunkt sein, um die grundsätzliche Notwendigkeit der

Beschränkung potentieller Auswüchse der Parteiautonomie zu verdeutlichen: Im 3. Teil wird

deshalb gesondert untersucht, inwieweit die bereits erwähnten IBA Guidelines 2004 als

Konkretisierung des Konzeptes der Fairness herangezogen werden können, es mit Inhalt

füllen und sie der internationalen Schiedsgemeinschaft bei der Verwirklichung der Forderung

nach einem fairen Schiedsverfahren Hilfestellung geben können.

gelassen werden, dass ein solcher Schadensersatzanspruch von der Verwirklichung eines Risikos abhängt und dessen Substantiierung regelmäßig äußerst schwer fallen dürfte. 530 Diesen Gedanken aufnehmend, beachte die Einbindung der IBA Guidelines 2004 im 3. Teil. 531 Ähnlich BGHZ 23, 198, 202, wo in Bezug auf die Kündigung einer Schiedsvereinbarung aus wichtigem Grund festgestellt wird: “Bei der Anerkennung von Kündigungsgründen ist allerdings darauf zu achten, dass der böswilligen Partei nicht die Möglichkeit verschafft wird, durch Geltendmachung angeblichen Fehlverhaltens der anderen Partei das Verfahren zu sabotieren.”. 532 Vgl. zur entsprechenden Forderung Veeder, 18 ArbInt 4 (2002), 431, 439: „It is useless to maintain any rule at the level of supreme generality.“.

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2. Artikel 6 Absatz 1 ECHR

Das die internationale Schiedsgerichtsbarkeit durchdringende Konzept der Fairness findet,

bezogen auf schiedsrichterliche Interessenverflechtungen, auch Ausdruck durch Art. 6 Abs. 1

ECHR533 und die Analyse der hierzu ergangenen Rechtsprechung der ECHR-Spruchkörper534.

Als Angriffsfläche kommen typischerweise Fragen der Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

der Schiedsrichterbank in Betracht, deren Schutz über Art. 6 (1) ECHR ausdrücklich statuiert

wird535.

a. Anwendbarkeit in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

Entgegen anderen internationalen Konventionen, die ausschließlich zur Regelung

internationaler Schiedsverfahren verabschiedet worden sind536, hat die völkerrechtliche

ECHR537 auf den ersten Blick nichts mit Fragen der Schiedsgerichtsbarkeit zu tun538: Dies

mag daran liegen, dass zur Zeit ihrer Verabschiedung die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit in ihren heutigen Dimensionen wohl nicht vorstellbar war und so

lediglich an einen Schutz der Bürger gegenüber der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt

durch Gerichte gedacht worden war; deshalb sollten nur Tribunale „established by law“

533 Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, 4 November 1950, 213 U.N.T.S. 222, E.T.S.5 (entered into force 3 September 1953); die englische Originalfassung von Art. 6 (1) lautet: “In the determination of his civil rights and obligations ... everyone is entitled to a fair and public hearing within a reasonable time by an independent and impartial tribunal established by law.”; die deutsche Übersetzung lautet: “Jedermann hat Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen ... zu entscheiden hat.“; beide Wortlaute abrufbar unter www.echr.coe.int/Eng/Judgments.htm; für eine Übersicht zu Entscheidungen zu Art. 6 ECHR s. Emberland, 20 JInt´lArb 4 (2003), 355, 362 (Fn. 34); Art. 13 ECHR ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. 534 Der Begriff der ECHR-Spruchkörper steht als vereinfachende Terminologie für (1.) den European Court of Human Rights (EHRR/ECtHR) und (2.) die European Commission of Human Rights (EComHR); die EComHR ist 1998 im EHRR/ECtHR aufgegangen. 535 So auch Matscher, in: FS Nagel, S. 227, 236, der diesen Aspekt die „crux“ der Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt nennt; ders., JBl 1975, 455, 457; ebenso Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 75; ebenso Habscheid, in: FS Henckel, S. 341, 346; so auch Briner/von Schlabrendorff, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 89, 94f., 108; umfassend zuletzt Jaksic, Arbitration and Human Rights, 2002. 536 Vgl. Geneva Protocol of 2 September 1923; Geneva Convention for the Execution of Foreign Arbitral Awards of 26 September 1927; New York Convention of 10 June 1958; European Convention on International Commercial Arbitration of 21 April 1961; Washington Convention on the Settlement of Investment disputes between States and Nationals of other States of 18 March 1965; European Convention establishing a uniform law for arbitration of 20 January 1966; UN Covenant on Civil and Political Rights, 16 December 1966 999 U.N.T.S. 171. 537 So ist es z.B. in Deutschland umstritten, ob der ECHR lediglich ein einfachgesetzlicher (so Herzog, DÖV 1959, 44ff.; ders., DÖV 1960, 775ff.; auch Pigorsch, S. 94ff.) oder aber verfassungsähnlicher Status (so Guradze, DÖV 1960, 286ff., auch Wäsche, S. 37ff. und 62ff.) beigemessen werden kann; unstreitig soll sie jedoch auch völkerrechtlichen Status haben; dieser Streit hat aber auf die Frage der Einwirkung der Normen auf privatrechtliche Beziehungen keinen Einfluss, so überzeugend Guradze, in: FS Nipperdey, Bd. II, S. 759, 769. 538 Insofern passend die Überschrift bei Bourque, in: ICC Bulletin, Special Supplement (November 1994), S. 8, 10: „B. Conventions linked to Arbitration“; Emberland, 20 JInt´lArb 4 (2003), 355, 358 formuliert kritisch: “For how could international human rights treaties, nomatively based on the concept of human dignity, add anything useful to the development of the predominantly commercialised field of international arbitration?”.

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erfasst werden539. Die Schiedsgerichtsbarkeit hingegen hat die Erledigung eines Streits

zwischen Bürgern unter Ausschluss eben dieser staatlichen Gerichtsbarkeit zum Gegenstand.

Nicht zuletzt aber weil nationale Gesetze Schiedssprüche einem rechtskräftigen Urteil

gleichstellen und ohnehin insbesondere Art. 6 Abs. 1 ECHR grundlegende Fragen auch eines

Schiedsverfahrens regelt540, wird seine grundsätzliche Anwendbarkeit für inländische und

ausländische Schiedsverfahren heute kaum mehr in Frage gestellt541: Besonders klar hat dies

das Schweizer Bundesgericht formuliert: „Arbitral Tribunals whose awards are equivalent to

those of state courts with respect to their binding force and enforceability must ... offer the

same guarantees of an independent legal pronouncement.“542. Damit ist die

Schiedsrichterbank auch in dieser Hinsicht einem staatlichen Gericht gleichgestellt und so zur

Beachtung der ECHR verpflichtet543. Aus diesem Grund bestimmte die IBA Working Group

zu Beginn ihrer Arbeit an den Guidelines 2004 Art. 6 Abs. 1 ECHR ausdrücklich als

„minimum standard“ internationaler Schiedsverfahren544: Sie wies darauf hin, dieser sei „a

common reference point among Convention states“545. Da Art. 6 Abs. 1 ECHR letztlich aus

Art. 10 der Universal Declaration of Human Rights546 entwickelt worden ist, und dieser über

seine Ratifizierung durch die UNO-Mitgliedstaaten weltweit gilt, stellt er auch keinen

europäischen Sonderweg dar, der von außereuropäischen Staaten nicht nachvollzogen werden

539 In diesem Sinne Bourque, in: ICC Bulletin, Special Supplement (November 1994), S. 8, 10. 540 Vor allem die Forderung nach Gleichbehandlung der Parteien, rechtlichem Gehör, fairer Verfahrensgestaltung, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Gerichts/Tribunals sind selbstverständlich auch Wesensmerkmale eines jeden Schiedsverfahrens. 541 So beinahe selbstverständlich Matscher, in: FS Nagel, S. 227-245 (für ausländische Schiedssprüche stellt er fest „Dass das (staatliche) Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung unter den Garantien des Art. 6 Abs. 1 steht, ist m.E. klar.“, S. 244 inkl. Fn. 56); ebenso Habscheid, in: FS Henckel, S. 341, 352; Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 75f.; und auch Moitry, 6 JInt´lArb 2 (1989), 115, 118 und 122; ablehnend allerdings Samuel, 21 JInt´lArb 5 (2004), 413ff.; nachfolgend unter c. Näheres zu Art und Umfang der Anwendbarkeit der ECHR. 542 TF, 117 Ia ATF 166, 168; TF, (1997) 15 ASA Bulletin 99; TF, (1998) 16 ASA Bulletin 634; TF, (2001) 19 ASA Bulletin 508, 511. 543 Habscheid, in: FS Henckel, S. 341, 344; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO, Grundz §1025 Rdn. 4; ebenso Petrochilos, S. 154, Rdn. 4.102. 544 Vgl. 1st Draft Joint Report on Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 13f.; 2nd Draft Joint Report on Guidelines, June 15, 2003, S. 5. 545 IBA Background Information 2004, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 445; dieser Passus wurde in den folgenden Draft Final Report of the 2nd Draft Joint Report on Guidelines, August 11, 2003, sowie die Final Version of the 2nd Draft Joint Report on Guidelines, August 22, 2003, nicht mehr übernommen: “The Working Group eventually decided to omit reference to the ECHR from the Guidelines because the reference might be unfamiliar outside Europe.” (so Background Information, ebenda, S. 445); zur Frage der ECHR als “minimum standard” nimmt auch Alkema, Studies in Honour of Wiarda, S. 33, 44, Stellung: “The standard set in Strasbourg is not just the minimum standard but the one and only standard to be applied.”; letztlich stimmt aber auch Alkema´s Ansatz mit dem der IBA Working Group überein, die die ECHR als “common refence point among Convention states” bezeichnet. 546 Art. 10 Universal Declaration of Human Rights, 12.12.1948, UN. Doc. A/180 (1948): “Everyone is entitled in full equality to a fair and public hearing by an independent and impartial tribunal in the determination of his rights and and obligations and of any criminal charge against him.”; s. dazu Humphrey, in: Human Rights, S. 21ff.

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könnte. Deshalb wird zu Recht feststellt, dass “arbitration practices and procedures will need

to be examined through the lens of human rights considerations”547.

Damit steht aber noch nicht ohne Weiteres fest, dass entgegen der hier vertretenen und

nachfolgend weiter auszuführenden Ansicht von einem zwingenden Gleichklang zwischen

den Merkmalen der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ausgegangen werden kann und die

Schiedsrichterbank bzw. ein staatliches Gericht das Vorliegen beider Merkmale prüfen muss.

b. Richtungsweisende Differenzierung zwischen „compulsory“ und „voluntary“

arbitration

Art. 6 Abs. 1 ECHR findet auf staatlich angeordnete Schiedsverfahren direkt Anwendung548;

dies ergibt sich aus der Entscheidung der ECHR-Spruchkörper in Bramelid and Malström v.

Sweden und findet Bestätigung in Lithgow and others v. United Kingdom sowie Scarth v.

United Kingdom549. Die Notwendigkeit der Differenzierung zwischen „compulsory“ und

„voluntary“ Schiedsverfahren unterstreichen die ECHR-Spruchkörper mit der Entscheidung

in R v. Switzerland550, in der sie unter Bezugnahme auf den grundsätzlich freiwilligen

Charakter eines Schiedsverfahrens feststellten: „the State cannot be held responsible for the

arbitrator´s actions unless, and only insofar as, the national courts were required to

intervene.“. Damit äußerten sie ihre grundsätzliche Zurückhaltung, einen Staat hinsichtlich

fehlerhafter Schiedsverfahren, die nicht staatlich angeordnet sind, gemäß Art. 6 Abs. 1 ECHR

verantwortlich zu machen. Diese Differenzierung hat Auswirkungen auf die Frage, inwieweit

die ECHR und insbesondere Art. 6 Abs. 1 direkte oder nur indirekte Anwendung in

internationalen Schiedsverfahren Anwendung finden:

547 Robinson/Kasolowsky, 18 ArbInt 4 (2002), 453. 548 Sog. „compulsory“ oder auch „state-regulated arbitration” genannt; dazu Jarrosson, Rev. d. Arb. (1989), 573, 581-588; ebenso Briner/von Schlabrendorff, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 89; s. informationshalber dazu die „compulsory arbitration“ der englischen County Court Rules. 549 Bramelid and Malström v. Sweden (EComHR, Entscheidung vom 12.12.1983, Application Nos. 8588/79, 8589/79: “A distinction must be drawn between voluntary and compulsory arbitration. Normally Art. 6 poses no problem where arbitration is entered into voluntarily… . If, on the other hand, arbitration is compulsory in the sense of being required by law … the parties have no option but to refer their dispute to an arbitration board, and the board must offer the guarantees set forth in Art. 6 (1).”; s. dazu auch die Besprechung bei Matscher, in: FS Nagel, S. 227, 233f, 239f.); Lithgow and others v. United Kingdom (ECtHR, Entscheidung vom 8.7.1986, Application No. 9006/80), und Scarth v. United Kingdom (EComHR, Entscheidung vom 22.7.1999, Application No. 33745/96 (unreported)). 550 (1987) 51 DR 83 = EComHR Application No. 10881/84.

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c. „Drittwirkung“ über Art. 6 Abs. 1 ECHR?

International wie national wird diskutiert, ob die Normen der ECHR nicht nur Schutzwirkung

zugunsten von Bürgern gegenüber staatlicher Gewaltenausübung entfalten, sondern auch im

Verhältnis der Bürger untereinander als direkt oder indirekt geltende Schutznormen in

Anspruch genommen werden können, also „unmittelbare oder mittelbare Drittwirkung“

haben551. Diese Diskussion kann nach hiesiger Ansicht in der vorliegenden Arbeit552 wegen

der praktischen Erwägungen aus Art. 34 ECHR heraus zumindest nicht in der Form geführt

werden, wie dies bislang der Fall gewesen ist553: Maßgeblich kann de lege lata nur sein, dass

wegen Art. 34 ECHR („ratione personae“) eine direkt Anrufung der Straßburger Instanz

gegen einen Schiedsspruch grundsätzlich unzulässig ist. Eine Schiedspartei kann lediglich im

Wege der Individualbeschwerde eine Verletzungshandlung eines Ratifizierungsstaates, nicht

aber z.B. der privaten Gegenpartei geltend machen, die über die bewusste Herbeiführung

schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen das Verfahren zu desavouieren sucht554; nur

dann, wenn ein solcher Missbrauch durch ein staatliches Gericht nicht unterbunden oder

korrigiert wird und zusätzlich der staatliche Rechtsweg wegen Art. 35 ECHR erschöpft ist,

kommt eine solche Individualbeschwerde in Betracht. Bezogen auf den Anspruch einer

Schiedspartei auf schiedsrichterliche Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) mag man dann

davon sprechen, dass eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 ECHR nicht zu einer sich auf die

Schiedsrichterbank erstreckenden unmittelbaren Wirkung i.S. eines selbständig einklagbaren

Anspruchs führt; und ebenso davon, dass Art. 6 Abs. 1 ECHR durch den „Umweg“ über

staatliche Gerichte nur mittelbar wirkt555.

Die allein maßgebliche Problematik bleibt demnach nur, inwieweit der Anspruch auf die

Entscheidung eines Schiedsverfahrens durch unparteiische (und unabhängige) Schiedsrichter

und der damit einhergehende Anspruch gegenüber der Gegenpartei auf Respektierung und

Förderung dieses Ansinnens tatsächlich durchgesetzt werden kann556. Hier sollte zwischen

551 Auch „third-party applicability“ genannt; grundsätzlich dazu van Dijk/van Hoof, S. 22-26, die zwei Meinungsströmungen klar herausarbeiten; s. auch Oeter, 119 AöR (1994), 529; Claasen, 122 AöR (1997), 65; Hager, JZ 1994, 373; zur „Drittwirkung“ in Bezug auf die ECHR s. Alkema, Studies of Honour Wiarda, S. 33-45; ebenso Habscheid, in: FS Henckel, S. 341-352; auch Guradze, in: FS Nipperdey Bd. II, S. 759-769; Gearing, 3 Int. A.L.R. 2 (2000), 46, 50. 552 Und eigentlich auch sonst nicht, macht man mit Art. 34 ECHR ernst. 553 Ähnlich Briner/von Schlabrendorff, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 89, 93. 554 In diesem Sinne auch ganz kategorisch die Vorgaben aus Art. 34 ECHR erfüllend R v. Switzerland, EComHR Application No. 10881/84: „the State cannot be held responsible for the arbitrators´ actions unless, and only insofar as, the national courts were required to intervene.“. 555 So van Dijk/van Hoof, S. 26 (auf Alkema, Studies in Honour of Wiarda, S. 33, 35 verweisend, der die Art der Drittwirkung von der Art des jeweiligen Rechts, das in Anspruch genommen werden soll, abhängig macht). 556 Alkema, Studies in Honour of Wiarda, S. 33, 44: “the decisive reason for assuming Drittwirkung is the effective respect for a right.”.

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staatlichen Gerichten einerseits (dazu nachfolgend unter aa.) und der Schiedsrichterbank

sowie den Schiedsparteien andererseits (dazu nachfolgend unter bb.) differenziert werden:

aa. Staatliche Gerichte

Auch wenn Art. 34 ECHR der direkten Einklagbarkeit von Art. 6 Abs. 1 ECHR im Wege

einer Individualbeschwerde entgegensteht, steht immerhin fest, dass die nationalen Gerichte

bei der Kontrolle eines Schiedsverfahrens gehalten sind, auf eine entsprechende Rüge hin

auch Art. 6 Abs. 1 ECHR zu beachten557; dies impliziert aber auch, dass die Vereinbarkeit

eines Schiedsverfahrens mit dieser Norm im Falle des Ausbleibens einer solchen Rüge nur

dann in Betracht kommt, wenn ein staatliches Gericht im Rahmen der von Amts wegen

durchzuführenden ordre public-Konformität des Schiedsspruchs Art. 6 (1) ECHR ebenfalls zu

beachten hat558: Dies ist, wie Habscheid klar und ganz pragmatisch hergeleitet hat, der Fall559.

bb. Schiedsgericht und Schiedsparteien

Art. 6 Abs. 1 ECHR verkörpert eine Wertentscheidung, die für jede die ECHR ratifizierende

Rechtsordnung Geltung beansprucht: Das geschieht dergestalt, dass sie bei der Auslegung und

Fortbildung insbesondere der oben analysierten Handlungspflicht nach Treu und Glauben

durch staatliche Gerichte berücksichtigt wird. Dies hat natürlich zur Folge, dass diese

Wertentscheidung auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen den insoweit vorausschauenden

Schiedsparteien einwirkt und gleichsam privatrechtsgestaltende Wirkung annimmt.

Vermittelnder Mechanismus dieser Wirkung ist eben gerade die in der Fairness gründende

Pflicht der Parteien, nach Treu und Glauben zu handeln. Diese Pflicht ist als Generalklausel

quasi „Einbruchstelle“ für die Verfahrensgarantie eines unparteilichen (und unabhängigen)

Schiedsgerichts; sie bedarf der Konkretisierung, wobei die Wertentscheidung des Art. 6 Abs.

1 ECHR als Richtlinie einzuhalten ist. In diesem Sinne ist Art. 6 Abs. 1 ECHR für die

557 Kontrolle i.S. der Beurteilung eines Ablehnungsantrages über z.B. §1037 Abs. 3 ZPO oder eines Aufhebungsantrages über §1059 Abs. 1(d) bzw. Abs. 2(b) ZPO. 558 Grundsätzlich kritisch hierzu Habscheid, in: FS Henckel, S. 341, 347f. 559 Vgl. Habscheid, in: FS Henckel, S. 341, 348: „Wenn die Europäischen Staaten in der EMRK (= ECHR, d. Verf.) das Recht auf ein faires Verfahren als Menschenrecht anerkannt haben, bedeutet das dann nicht, dass sie dieses Recht - wie auch alle anderen Menschenrechte - zur Grundlage ihrer Rechtsordnungen erhoben haben - mit der Folge, dass anderslautende Regeln des nationalen Rechts und erst recht eine anderslautende tradierte Rechtsprechung zu zissieren haben, weil es eben schlechterdings unerträglich wäre, in einer den Menschenrechten verpflichteten Rechtsordnung Verstöße gegen diese Rechte hinzunehmen? Ich ... sehe also in der EMRK eine Kodifizierung eines europäischen Ordre Public.“; ebenso Krombach, Case C-7/98, Urteil vom 28.3.2000, nach dem die Normen der ECHR zum nationalen ordre public zählen sollen; gleichermaßen Briner/von Schlabrendorf, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 89, 92ff. und 108 - sie sehen die schiedsrichterliche Unparteilichkeit und Unabhängigkeit als Bestandteil eines internationalen verfahrensrechtlichen ordre public an; vgl. speziell für das englische Recht Robinson/Kasolowsky, 18 ArbInt 4 (2000), 453, 458.

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Schiedsparteien Anspruch und Verpflichtung zugleich, für die Schiedsrichter560 und

staatlichen Gerichte ausschließlich Verpflichtung.

Da er aber als objektive Wertentscheidung nur mittelbar über die Handlungspflicht nach Treu-

und Glauben in die Vertragsbeziehung einfließt, kann er die Feinarbeit des Zivilrechts und

dessen Interpretation weder ersetzen noch verdrängen; die Abwägung der widerstreitenden

Positionen der Schiedsparteien bleibt daher letztlich de lege lata den nationalen Gerichten

überlassen.

d. Präklusion bzw. Verzicht v. Fairness?

Die ECHR selbst sieht keinerlei Beschränkung der Autonomie der Parteien vor, ein Verfahren

nach ihren Vorstellungen zu gestalten; insbesondere gibt es keine Anzeichen dafür, dass ihre

Ratifizierungsstaaten die Vertragsparteien in der Möglichkeit beschränken wollen, staatliche

Gerichtsbarkeit auszuschließen und die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zu begründen.

Der ECtHR hält dies mit den Grundsätzen der ECHR für vereinbar; das hat er zuletzt in seiner

Suovaniemi-Entscheidung bestätigt: „There is no doubt that a voluntary waiver of court

proceedings in favour of arbitration is in principle acceptable from the point of view of Art. 6

ECHR“561.

Eine endgültige Diversifizierung derjenigen Garantien aus Art. 6 Abs. 1 ECHR, auf die

wirksam bzw. nicht wirksam verzichtet werden kann, existiert bislang nicht. Deshalb kann der

folgende, aus der Rechtsprechung der ECHR-Spruchkörper entwickelte Prüfungsmaßstab

auch nicht als gesichert und verbindlich dargestellt werden: Ein derartiger Verzicht ist nur

dann wirksam, wenn er (1.) ausdrücklich und eindeutig ist562, (2.) nicht gegen fundamentale

öffentliche Interessen verstößt563 und (3.) mit Mindestanforderungen einhergeht, die der

Bedeutung des Rechts, auf das verzichtet wird, gerecht werden564.

Für ein Vorliegen der letztgenannten, dritten Anforderung wird man aber verlangen müssen,

dass sie zu ihrer Wirksamkeit den „informed consent“ einer Schiedspartei voraussetzt: Diese 560 So auch Briner/von Schlabrendorff, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 89, 90; zur Frage der Verbindlichkeit von Art. 6 Abs. 1 ECHR für internationale Schiedsverfahren s. auch Société Cubic Defense Systems, Inc. v. Chambre de Commerce Internationale, September 15, 1998, Cour d`appel de Paris, 1997/15465, 1re Ch. A, 12 Rev. d. Arb. (1999), 103, bestätigt durch Cour de Cassation, February 20, 2001, 255 FS-P. 561 Osmo Suovaniemi and others v. Finland, Application No. 31737/96, February 23, 1999. 562 Oberschlick v. Austria (1991) 19 EHRR 389; Osmo Suovaniemi and others v. Finland, Application No. 31737/96, February 23, 1999; Welex AG v. Rosa Maritime Ltd (the „Epsilon Rosa“), (2002) 2 Lloyd´s Rep. 81. 563 Hakansson and Struresson v. Sweden (1991) 13 EHRR 1. 564 De Wilde Ooms and Versyp v. Belgium (No. 2) (1971) 1 EHRR 373; (1972) 1 EHRR 438.

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muss sich bewusst sein, welche Konsequenzen der Verzicht auf die Geltendmachung dieses

Rechts mit sich bringt. Dafür muss sie aber die ihrem prospektiven Verzicht

zugrundeliegenden Umstände kennen; das gilt umso mehr, wenn ein Verzicht auf das Recht

auf einen unparteilichen (und unabhängigen) (Schieds-)Richter im Raum steht, denn dieses

Recht besteht regelmäßig auch nach nationaler und damit den Parteien vertrauter

Rechtslage565.

aa. Verzicht durch bloßen Abschluss einer Schiedsvereinbarung

Die ECHR-Spruchkörper stehen in ständiger Rechtsprechung auf dem Standpunkt, dass der in

dem Abschluss einer Schiedsvereinbarung zum Ausdruck kommende Verzicht auf staatliche

Gerichtsbarkeit nicht als Blankettverzicht auf sämtliche Verfahrensgarantien des Art. 6 Abs. 1

ECHR gewertet werden kann, sondern nur partiell wirken kann566: Einige Garantien, darunter

auch die der Streitentscheidung durch ein unparteiliches (und unabhängiges) (Schieds-

)Gericht, werden so für unverzichtbar gehalten, weil sie so fundamental und bedeutsam für

eine demokratische Gesellschaftsstruktur sein sollen, dass niemand um ihre segensreichen

Wirkungen allein aufgrund seiner bloßen Zustimmung zum Abschluss einer

Schiedsvereinbarung gebracht werden dürfe - selbst wenn man noch so freiwillig,

unbeeinflusst und „sehenden Auges“ handele567.

bb. Verzicht durch Art und Weise der konkreten Verfahrensgestaltung

Die ECHR-Spruchkörper scheinen aber schon bereit zu sein, einen Verzicht im Hinblick auf

die Verfahrensgarantien des Art. 6 Abs. 1 ECHR und damit die Merkmale der

schiedsrichterlichen Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) im Wege eines ausdrücklichen

oder stillschweigenden Verzichts im eigentlichen Verlauf des (Schieds-)Verfahrens für

wirksam zu erachten: In der Suovaniemi-Entscheidung haben sie bejaht, dass das Recht auf

den unparteilichen und unabhängigen Schiedsrichter einem vollständigen Verzicht offensteht.

565 Vgl. Briner/von Schlabrendorff, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 89, 94f. 566 X v. Germany, Application No. 1197/61, March 5, 1962; Deweer v. Belgium, Application No. 6903/75, February 27, 1980; Nordström-Janzon and Nordström Lehtinen v. The Netherlands, ECtHR Application No. 28101/95, November 27, 1996; Albert & Le Compte v. Belgium, Application Nos. 7299/75 and 7496/76, February 10, 1983, Series A-58, 5 EHRR 533, para. 35. 567 So ausdrücklich Albert & Le Compte v. Belgium, Application Nos. 7299/75 and 7496/76, February 10, 1983, Series A-58, 5 EHRR 533, para. 35; evtl. diametral entgegengesetzt, obgleich nicht ganz deutlich, ob sich nur auf die Wirkungen einer Schiedsvereinbarung beziehend, Mousaka Inc. v. Golden Seagull Maritime Inc. and others, (2002)1 WLR 395, 403E, per Steel J: “the parties have renounced (in the interest of privacy and finality) the application of Article 6 albeit some incidents of this Article are, of course, preserved by section 68 of the Arbitration Act 1996.”; ebenso North Range Shipping Ltd v. Seatrans Shipping Corp., (2002) 1 W.L.R. 2397, 2403F, per Tuckey LJ: “parties to a consensual arbitration waive their Article 6 rights in the interest of privacy and finality.”.

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Eine Schiedspartei, die ihr Ablehnungsrecht im Verlauf des Verfahrens trotz Kenntnis der

dieses Recht rechtfertigenden Gründe nicht geltend mache, soll so auf ihr Recht auf eine

Streitentscheidung durch ein unparteiliches und unabhängiges Schiedsgericht wirksam

verzichtet haben568. Was aber bereits für einen solchen stillschweigenden Verzicht gilt, gilt a

fortiori für den ausdrücklichen Verzicht, sofern er in Kenntnis der Sachlage zustande

gekommen ist.

cc. Zwischenergebnis

Aus aa. und bb. ergibt sich folgende Überlegung: Wenn die ECHR-Spruchkörper bereits

bereit sind, das schiedsparteiliche Ablehnungsrecht aufgrund mangelnder schiedsrichterlicher

Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einem Verzicht zugänglich zu machen, weshalb sollte

man dann nicht einen Schritt weitergehen können und es einer Schiedspartei ermöglichen,

bereits bei Abschluss der Schiedsvereinbarung einen solchen Verzicht ausdrücklich zu

erklären (und damit die unter aa. dargestellte Rechtsprechung zu ändern) - vorausgesetzt

natürlich, der Partei sind die die möglichen Interessenverflechtungen des prospektiven

Schiedsrichters begründenden Umstände bekannt569? Gleiches gilt auch für die Überlegung,

einen Verzicht hinsichtlich einer jeden nur denkbaren Interessenverflechtung zuzulassen und

damit auch für das Verbot, in eigener Sache zu entscheiden570. Eine derart weit gehende,

jedoch ihren eigenen Ursprung nur konsequent fortentwickelnde Rechtsprechung hat sich auf

europäischer Ebene bislang nicht entwickelt; sie wäre allerdings nach hiesiger Ansicht nur die

logische Fortführung der Souvaniemi-Entscheidung. Allein problematisch ist, dass sich diese

Entscheidung in Widerspruch zur Hakansson-Entscheidung zu setzen scheint, in welcher ein

Verzicht immer nur dann wirksam sein soll, wenn er nicht gegen fundamentale öffentliche

Interessen verstößt571. Aus der zeitlichen Nachfolge der Souvaniemi-Entscheidung kann nach

Ansicht des Verfassers nun der vorsichtige Schluss gezogen werden, dass die ECHR-

Spruchkörper der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gerade nicht das

Gewicht eines solch fundamentalen öffentlichen Interesses beimessen wollen - weil sich die

568 Osmo Suovaniemi and others v. Finland, Application No. 31737/96, February 23, 1999: “the right to an impartial judge within the meaning of Article 6 had been irreversibly waived.”; so ableitbar auch aus den englischen Entscheidungen Mousaka Inc. v. Golden Seagull Maritime Inc. and others, (2002)1 W.L.R. 395, 403E, und North Range Shipping Ltd v. Seatrans Shipping Corp., (2002) 1 W.L.R. 2397, 2403F; a.A. aber wohl Marriott, IDR 3, S. 2: “Actual want of independence or impartiality … would not be protected by a failure to object.”. 569 Zugegebenermaßen dürfte eine solche Konstellation nicht der Regelfall eines internationalen Schiedsverfahrens, jedoch wiederum in Anbetracht der aktuellen Diskussion auch nicht rein theoretischer Natur sein. 570 Dazu nachfolgend mehr unter F. 571 Hakansson and Struresson v. Sweden (1991) 13 EHRR 1.

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jüngere Souvaniemi-Entscheidung insoweit bewusst gegen die ältere Hakansson-

Entscheidung zu stellen scheint.

Mit dem grundsätzlichen Gedanken der die internationale Schiedsgerichtsbarkeit

durchdringenden Fairness wäre dieses Ergebnis vereinbar: Denn letztlich sind es die Parteien,

die über ihren Anspruch auf eine unparteiliche und unabhängige Schiedsrichterbank verfügen

und so ihre Parteiautonomie geltend machen - wirksam werden sie dies aber immer nur dann

tun können, wenn dem Gedanken der Fairness dadurch Rechnung getragen wird, dass sie

ihren Verzicht ausschließlich bei Kenntnis der die schiedsrichterliche Interessenverflechtung

begründenden Umstände ausüben können. Einen Verzicht in Unkenntnis dieser Umstände für

wirksam zu halten liefe dem Konzept der Fairness hingegen diametral zuwider572. Damit ist

die Überschrift zu d. zu Recht in die Frageform gekleidet - denn Verzicht und Fairness

schliessen sich im dort vorgeschlagenen Sinne nicht gegenseitig aus (d.h. „versus“, womit ein

Verzicht im obigen Sinne automatisch eine Entscheidung gegen den Grundsatz der Fairness

wäre), sondern zeigen auf, dass sie miteinander sinnvoll verbunden sind bzw. sich ergänzen.

e. Ausblick: Grundsätzliche Unterschiedlichkeit von Menschenrechten und der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

Abschließend sollen obige Überlegungen zu Art. 6 Abs. 1 ECHR noch in einem

weitreichenderen Kontext betrachtet werden: Zuweilen werden Parallelen zwischen den

Wirkungskreisen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit einerseits und den sog.

„Menschenrechten“573 andererseits gezogen. In bezug auf die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit stellt z.B. Jakubowski deren „unity in nature“ fest, in der sich das Ziel

der universalen Geltung der Menschenrechte spiegele574; und Lalive beschreibt die Art und

Weise, wie das schiedsverfahrensrechtliche Konzept des ordre public transnational aus

nationalen Ursprüngen zu grenzüberschreitender und letztlich universaler Bedeutung

gefunden hat575. In bezug auf die „Menschenrechte“ kann Vergleichbares aufgrund der

Existenz der ECHR beobachtet werden, die eine Vorbildfunktion für weitere „regionale“

Initiativen zur Entwicklung eines weltweiten Menschenrechtsstandards erfüllen soll.

Menschenrechte und globale Marktwirtschaft mögen aus verschiedenen Gründen miteinander

572 Deshalb haben nationale Gesetzgeber regelmäßig Fragen des Übergewichts einer Schiedspartei inzwischen gesetzlich geregelt, so z.B. § 1034 Abs. 2 ZPO. 573 Zur Terminologie der “Menschenrechte” s. die Universal Declaration of Human Rights, 12.12.1948, UN. Doc. A/180 (1948). 574 Jakubowski, Reflections, in: Jan C. Schultsz/Albert van den Berg (eds.), The Art of Arbitration, S. 175 - S. 188. 575 Lalive, Transnational Public Policy, in: ICCA Congress Series No. VIII, S. 260ff.

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kollidieren: Sicherlich aber liegen dabei die Bemühungen derjenigen an vorrangiger Stelle,

die sich dafür einsetzen, diese Menschenrechte über effektivere juristische Fora

durchzusetzen, als dies bislang der Fall gewesen ist.

Die Untersuchung der Bedeutung von Art. 6 Abs. 1 ECHR für die Geltung des Grundsatzes

der Fairness in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit muss auch vor dem Hintergrund

einer gegenwärtig geführten Diskussion um die Bedeutung von Menschenrechtsfragen für den

internationalen Wirtschaftsverkehr bzw. die Vorherrschaft der globalen Marktwirtschaft

gesehen werden; denn diese Diskussion hat aufgrund der Bedeutung schiedsrechtlicher

Streitentscheidungsmechanismen für den grenzüberschreitenden Verkehr unmittelbare

Auswirkungen auch auf die konkrete Gestaltung internationaler Schiedsverfahren und in der

Folge die Behandlung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen.

In bezug auf das internationale Handelsrecht fordert Petersmann, den Schutz von

Menschenrechten in den Satzungen internationaler Organisationen, z.B. der WTO,

festzuschreiben und gegenüber den jeweils rezipierenden Mitgliedstaaten durchzusetzen;

darüber hinaus geht er davon aus, dass wirtschaftliche Aktivitäten von der Verbreitung und

Stärkung der Menschenrechte einerseits abhängen, sie andererseits aber auch fördern576. Dem

hat Howse entgegnet, dass diametral entgegengesetzt der freie marktwirtschaftliche

Kapitalismus die Verletzung von Menschenrechten gerade intensiviert und zur instabilen

weltpolitischen Lage beigetragen hat577. Kritisch sieht auch Alston die Gefahr der

Instrumentalisierung und Verwässerung der Menschenrechte durch ihre „Einverleibung“ in

das Recht des internationalen Handelsverkehrs578: Die Behauptung von Petersmann, Handel

sei von Eigentum und freiheitlichen Grundrechten abhängig, kontert Alston mit der

Feststellung, die Freiheit, Handel zu treiben, sei gerade kein Menschenrecht:

„Human rights are recognized for all on the basis of the inherent human dignity of

all persons. Trade-related rights are granted to individuals for instrumentalist

reasons.”579.

576 Petersmann, 13 E. J. I. L. (2002), 621-650 (insbesondere auf S. 645f. weist er darauf hin, dass Art. XX GATT bereits menschenrechtliches Gedankengut in sich trage, da nach dieser Norm Staaten den grenzüberschreitenden Handel zum Schutze der „public morals“ einschränken könnten); allgemein hierzu Oppermann, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 579ff. 577 Howse, 13 E. J. I. L. (2002), 651-659. 578 Alston, 13 E. J. I. L. (2002), 815, 842. 579 Alston, 13 E. J. I. L. (2002), 815, 824.

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Genauso so verhält es sich nach Ansicht des Verfassers mit der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit und der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit: Weder

Verfahrensgarantien noch die diese umspannende Fairness existieren kraft der

„Menschlichkeit“ ihrer Akteure, sondern vielmehr aufgrund der Einsicht in die

Notwendigkeit, effektive Streitlösungsmechanismen unter Wahrung des Vertrauens auch der

jeweils anderen Schiedspartei in das Verfahren und der damit einhergehenden beschränkten

gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten zu schaffen - wenn das keine Instrumentalisierung

der „Menschenrechte“ für die Zwecke der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist und die

Crux einer jeden Verfahrensgestaltung in einem internationalen Schiedsverfahren darstellt?!

Alston stellt dazu lakonisch fest „there is nothing per se wrong with such instrumentalism but

it should not be confused with a human rights approach“580.

In diesem Sinne weiter erhellend wirkt eine Analyse der Geltung des Prinzips des „Fair

Trial“: Herkömmlicher Weise fasst man dieses Prinzip als einen mit dem nationalen Interesse

konkurrierenden Grundsatz („competing principle“)581 auf; übertragen auf die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit ist dieser mit dem nationalen Interesse konkurrierende Grundsatz das

Prinzip der Parteiautonomie. Diese Unterscheidung zeigt, dass das Prinzip des „Fair Trial“

unter den Gesichtspunkten der Menschenrechte und der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit auf jeweils unterschiedlichen Fundamenten fußt: Das Fundament des

„Fair Trial“ in bezug auf Menschenrechte ist vom Umfang der Handlungsfreiheit des

Nationalstaates abhängig, das des „Fair Trial“ in bezug auf die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit vom Umfang der Handlungsfreiheit der Schiedsparteien. Damit steht

aber auch fest, dass jede gerichtliche Überprüfung von Fragen des „Fair Trial“ in der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit nicht bei der Verfahrensgestaltung, sondern der

Schiedsvereinbarung ansetzt582. Das führt nicht dazu, dass sich die Schiedsparteien jeglicher

Verfahrensgarantie entledigen könnten; vielmehr verdeutlicht es die grundsätzlich

unterschiedliche Verankerung des „Fair-Trial“-Gedankens in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit einerseits und im Bereich der „klassischen“ Menschenrechtslehre

andererseits.

580 Alston, 13 E. J. I. L. (2002), 815, 826. 581 In Brogan and others v. United Kingdom, Judgment of November 29, 1988, Series A, No 145-B, Applications 00011209/84, 00011234/84, 00011266/84 und 00011386/85, subsumierte man unter dieses widerstreitende nationale Interesse die andauernden Unruhen in Nordirland; s. auch Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, S. 261: “competing principle” (gemeint als ein mildernder/entschuldigender Umstand (“mitigating circumstance”)). 582 So auch Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, S. 261.

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Diese grundlegend unterschiedlich ideologische Verankerung sollte nicht unberücksichtigt

bleiben583: Möchte man sie, bezogen auf schiedsrichterliche Interessenkonflikte, auf die

Spitze treiben, könnte man auch sagen, dass internationale Schiedsparteien des Schutzes

durch Art. 6 Abs. 1 ECHR regelmäßig deshalb nicht bedürfen, weil dieser Schutz in gleichem

Maße bereits durch nationale Schiedsgesetze und vereinbarte institutionelle

Schiedsordnungen gewährt wird584. Dies gilt sicherlich für Fragen schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen, vornehmlich also die Beurteilung der Merkmale der

Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit)585.

III. Säulen des Grundsatzes der Fairness: Schiedsrichterliche

Unparteilichkeit,Unabhängigkeit und Neutralität

“Deep below consciousness are other forces, the likes and dislikes, the

predilections and prejudices, the complex of insticts and emotions and habits and

convictions, which make the man, whether he be litigant or judge.”586.

In Justice Cardozo´s Worten vereinigen sich Anspruch und Wirklichkeit des die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit durchdringenden Konzepts der Fairness trefflich: Kein Schiedsrichter

kann sich von seinem „Lebenshintergrund“ lösen und gleich einem ätherischen

Vernunftwesen entscheiden - auch wenn er selber noch so sehr davon überzeugt ist; gleiches

gilt für die Schiedsparteien. Sie allerdings haben den „Vorteil“, dass sie ihr regelmäßiges

Vorschlags- bzw. Benennungsrecht in bezug auf einen Schiedsrichter in Kenntnis der den zu

entscheidenden Streit begründenden Umstände vornehmen. Es ist letztlich ihre Entscheidung,

welchen Schiedsrichter mit welchen Kenntnissen und Beziehungen zum Streitgegenstand oder

einer der beteiligten Schiedsparteien sie in das Verfahren einbringen - und dieser

Wissensvorsprung gegenüber dem Schiedsrichter und der Gegenpartei eröffnet dann die

Möglichkeit zum Missbrauch desselben aufgrund der bereits analysierten Motive.

Schiedsverfahren können nur dann den ihnen von den Schiedsparteien zugedachten Zweck

583 Vgl. auch (allerdings mit einem anderen Ansatz) Bernhardt, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 67ff. 584 Ebenso Petrochilos, S. 155, Rdn. 4.104; diesen Gedanken läßt auch Steel J in Mousaka Inc. v. Golden Seagull Maritime Inc. and others, (2002)1 W.L.R. 395, 403E, anklingen: “the parties have renounced (in the interest of privacy and finality) the application of Article 6 albeit some incidents of this Article are, of course, preserved by section 68 of the Arbitration Act 1996.”. 585 In Bezug auf andere Garantien unter Art. 6 Abs. 1 ECHR, z.B. die Gleichbehandlung der Parteien, können sich hingegen „Lücken“ im Schutz aufgrund nationaler Gesetze ergeben - so z.B. zur Frage der Beibringung von Dokumenten nach schwedischem Recht Petrochilos, S. 155, Rdn. 4.105ff. 586 Cardozo, The Nature of the Judicial Process, S. 167; ähnlich De Cicco v. Schweizer (1917) 117 NE 807, 810 (NY): “The springs of conduct are subtle and varied.”, per Cardozo J.

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erfüllen, achten nur dann den Grundsatz der Parteiautonomie und geraten nur dann nicht zu

einer Farce, wenn die gegenseitig versprochene Fairness in der Streitentscheidung tatsächlich

auch in der Besetzung des Schiedsgerichts mit unparteilich entscheidenden Schiedsrichtern

ihren Ausdruck findet587; die diametral entgegengesetzte Grundannahme, dass die Parteien die

Zuständigkeit staatlicher Gerichtsbarkeit zugunsten eines Schiedsverfahrens lediglich deshalb

ausschließen, um der Gegenseite ungezwungener (noch größeren) Schaden zufügen zu

können, als es im Rahmen eines staatlichen Gerichtsverfahrens ohnehin möglich ist, ist nicht

Gegenstand dieser Untersuchung588 - und könnte wohl auch schlechterdings Ausgangsposition

einer Untersuchung sein.

Das von den Schiedsparteien gewollte, weil zumindest stets stillschweigend vereinbarte

Konzept der Fairness kann sich in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit nur dann

durchsetzen, wenn die Parteien Schiedsrichter bestimmen, die in der Lage sind, den streitigen

Vortrag der Parteien offen Auges und Ohres zu verfolgen, d.h. die bis zur Entscheidung „hold

the case, as it were, in suspension between two opposing interpretations of it.“589. Im

Folgenden wird untersucht, inwieweit und in welchem Ausmaß die Grundsätze der

schiedsrichterlichen Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität dieses Konzept der

Fairness unterstützen können - denn nur dann, wenn das der Fall ist, ist die Forderung nach

Verwirklichung dieser Merkmale in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gerechtfertigt.

Die grundsätzliche Frage lautet demnach, ob die Parteien im Zeitpunkt ihres

Vertragsschlusses zumindest stillschweigend jegliche spätere Streitentscheidung durch geanu

diese Schiedsrichterbank im Rahmen dieser Verfahrensgestaltung vereinbart haben:

1. Schiedsrichterliche Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

Sämtliche institutionellen Schiedsordnungen enthalten in unterschiedlichen Formulierungen

die Standards für die Beurteilung schiedsrichterlicher Tätigkeiten durch die Parteien, d.h.

Regelungen zu den Erfordernissen der Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit590. Nach Mustill

587 Ähnlich, bezogen auf staatliche Gerichte, van Dijk/van Hoof, S. 454: „confidence which the court must inspire in a democratic society” (in Fn. 954 m.w.N. zur Rechtsprechung der ECHR-Spruchkörper). 588 Ausführlich zu derartigem Missbrauch Park, 17 ArbInt 3 (2001), 263ff.; ähnlich Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, Compendium 2001, S. 96: „Latterly, the topic (i.e. die Frage schiedsrichterlicher Interessenkonflikte, d. Verf.) has gained a new and unwelcome dimension, at least in the international field.”, S. 100 und auch S. 171. 589 Fuller, 92 Harvard L. R. (1978), 353, 382-385. 590 Beide Merkmale ausdrücklich und kumulativ/alternativ fordernd die Arbitration Rules: WIPO (Art. 22(a)), UNCITRAL (Art. 6(4), 9, 10 (1)), SCC (Art. 17), LCIA (Art. 5(2) und 10(3)), CIETAC (Art. 26(2)), DIS (Art. 15) und AAA (Art. 7); ausdrücklich lediglich das Merkmal der Unabhängigkeit fordernd die ICC Arbitration

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und Boyd ist dabei das Erfordernis der Unparteilichkeit so offensichtlich und

selbstverständlich, dass man sich dort weiterer Einzelheiten schlichtweg enthält591. Beide

Grundsätze haben Schnittstellen592 und können bzw. müssen nach Ansicht des Verfassers im

Hinblick auf ihre Bedeutung für die Durchsetzung des Konzepts der Fairness aber

unterschieden werden593. Denn nur so wird der natürliche Vorrang der Unparteilichkeit

gewahrt:

a. Das Merkmal der Unparteilichkeit

Der zuweilen unternommene Versuch, den Begriff der Unparteilichkeit zu definieren594, hat

bislang nicht zu einem universalen Unparteilichkeitsbegriff595 in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit geführt; das hängt damit zusammen, dass Definitionsversuche

regelmäßig in der Umschreibung enden, was Unparteilichkeit gerade nicht ist und sie allzu

sehr als bloße Kehrseite einer Medaille verstanden wird, die sich auf ihrer Vorderseite der

Rules (Art. 7(1) - jetzt aber auch Art. 15(2)), die aber über Art. 11(1) die Ablehnung im Falle des „lack of independence or otherwise“ ermöglichen (zu den Gründen der bewussten Auslassung des Merkmals der Unparteilichkeit vgl. Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, §13.05, S. 223 (“In fact, this requirement (of impartiality, d. Verf.) is implicit, and has been traditionally applied by the (ICC, der Verf.) Court in its challenge practice to the conduct of all arbitrators.”), und §13.02, S. 207f.); ebenso Derains/Schwartz, Guide to the New ICC Rules of Arbitration, Chapter 4, S. 109) und die ZCC Arbitration Rules (Art. 16(1)); keines von beiden Merkmalen ausdrücklich fordernd die ICSID Rules of Procedure for Arbitration Proceedings, die stattdessen über Art. 6(2) von prospektiven Schiedsrichtern eine Erklärung verlangen, dass diese „will judge fairly as between the parties, according to the applicable law, and shall not accept any instruction or compensation (als die in der ICSID Convention vorgesehene, d. Verf.)“; vgl. auch Art. 3(1), Art. 2(1) und Art. 1 der IBA Ethics for International Arbitrators 1987; Albers, S. 32-35, zieht den Begriff der Überparteilichkeit vor. 591 Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, S. 44f.: “(it) is so obvious as to require no elaboration. Moreover, it is of little practical importance, for it is hard to imagine the parties to a contract agreeing, … that the chosen tribunal should be permitted to act unfairly.” (s. insbesondere Fn. 13); dies., Commercial Arbitration, Compendium 2001, S. 96ff. 592 Petrochilos, S. 131, Rdn. 4.54, spricht von „largely - though not entirely - overlapping notions”, geht allerdings davon aus, dass “any differences of formulation are a matter of emphasis only”; letzteres wird im Folgenden widerlegt werden (dazu. unter 3.); Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, Compendium 2001, S. 96, sprechen von „a pair of linked concepts“. 593 Nicht eindeutig hingegen die international wohl überwiegende Ansicht; vgl. hierzu statt vieler Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-51: “In previous editions of this book a distinction was drawn between “independence” and “impartiality”. However, since the third edition there has been a distinct trend towards viewing these two elements as the opposite side of the same coin. There has therefore been a move towards considering them as a “package”, and to use them as parallel tools for assessing the potential for actual or apparent bias. They are rarely used on their own, individually, but are usually joined together as a term of art.”. 594 Vgl. im Wege einer Negativdefinition No. 3.1 Satz 2 IBA Ethics 1987: „Partiality arises where an arbitrator favours one of the parties, or where he is prejudiced in relation to the subject-matter of the dispute.”; sich vollständig einer Definition enthaltend (auch hinsichtlich des Merkmals der Unabhängigkeit) das Oxford Dictionary of Law, 5th ed.; vgl. zum untergeordneten/nachrangigen Verhältnis des Merkmals der Unabhängigkeit gegenüber dem Grundsatz der Fairness Barry, Justice as Impartiality, Vol. II, S. 18: „Fairness may be said to lie at the root of impartiality.“. 595 Die allgemeinere Frage, ob es universal gültige Grundsätze in Anbetracht der Vielfalt menschlicher Verhaltensmuster geben kann, bejaht Barry, Justice as Impartiality, Vol. II, S. 3ff.: “I continue to believe in the possibility of putting forward a universally valid case in favour of liberal egalitarian principles.“; sehr interessant auch Lucy, The Possibility of Impartiality, 25 O.J.L.S. 1 (2005), 3ff..

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schiedsrichterlichen Unabhängigkeit verschreibt596. Die dadurch zum Ausdruck gebrachte

Überlegung, in der Unparteilichkeit „vornehmlich“ eine innere Haltung zu sehen, geht zwar

den grundsätzlich richtigen Weg, wird aber unnötigerweise durch die Verwendung des

Wortes „vornehmlich“ und die zu enge Verknüpfung mit dem Unabhängigkeitsbegriff

abgeschwächt597. Hinzu kommt, dass die terminologische Vielfalt des

Unparteilichkeitsbegriffs, die aufgrund der Beteiligung unterschiedlicher Jurisdiktionen und

Sprachwelten ohnehin schon groß ist598, unnützerweise dadurch vervielfacht wird, dass man

den Begriff der Unparteilichkeit mit weiteren und unbestimmten, ihrerseits wiederum

erläuterungsbedürftigen Begriffen zu erklären versucht599.

Führt man hingegen den Begriff der Unparteilichkeit („impartiality“) auf seine lateinische

Herkunft, (Rechts-)Geschichte und Grundbedeutung zurück, kann man ihm ohne weiteres klar

und deutlich seine Bedeutung und Funktion in einem internationalen Schiedsverfahren

zuweisen und gleichzeitig seine enge Verknüpfung mit dem Grundsatz der Fairness

darlegen600: Mit den Worten „aequus“ und „integer“601 beschrieb man im Verlauf der

Begründung des römischen Rechtssystems die geistige und moralische innere Haltung des

von den Parteien berufenen Schiedsrichters dergestalt, dass dieser seine Entscheidung

„leidenschaftslos“ fällen sollte602; dass dieser Impetus einem Schiedsrichter heute schwerer

fallen sollte, als das bereits zu römischen Zeiten der Fall gewesen sein wird, mag bezweifelt

werden, da sich an der Möglichkeit der persönlichen und beruflichen Verflechtung eines

596 Das Bild der beiden Seiten einer Medaille, nicht jedoch die mit seiner Verwendung aus Sicht des Verfassers einhergehende Nivellierung des Merkmals der Unparteilichkeit mit dem der Unabhängigkeit ist Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-51, entnommen.; positiv zur Sinnhaftigkeit der Inhaltsbestimmung im Wege einer Negativdefinition äußert sich Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 294. 597 Vgl. hierzu statt vieler, in der Frage schiedsrichterlicher Unparteilichkeit und Unabhängigkeit stets als Quelle angegeben, Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-51: „Impartiality is thus a subjective and more abstract concept than independence, in that it involves primarily a state of mind.”. 598 Ernüchternd insofern bereits die terminologische Vielfalt in der deutschen Rechtsdogmatik, die scheinbar beliebig die Begriffe der Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität, Überparteilichkeit (so z.B. die Rechtsprechung, z.B. BGH, Urt. v. 19.12.1968 - VII ZR 83 u. 84/66 = BGHZ 51, 255, 258; BGH, Urt. v. 03.07.1975 - III ZR 78/73 = BGH, NJW 1976, 109, 110; Albers, S. 32ff.), Unbefangenheit, Unvoreingenommenheit oder auch Objektivität (so z.B. Riedel, S. 9f., Jagenburg, in: FS Oppenhoff, S. 158, 159) verwendet. 599 Vgl. statt vieler Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-51:” By contrast the concept of ´impartiality´ is considered to be connected with actual or apparent bias of an arbitrator - either in favour of one of the parties or in relation to the issues in dispute.”. 600 Zum grundlegenden Verständnis der Etymologie s. Duden, Band 5 (Fremdwörterbuch), unter dem Stichwort: Etymologie. 601 „aequus, a, um - gleich gegen den einen wie den anderen verfahrend, besonders in Rechtssachen unparteiisch (arbiter)“, in: Georges, Handwörterbuch, Lateinisch-Deutsch, Band I, S. 194; „integer, gra, grum - in geistiger und moralischer Hinsicht vorurteilsfrei, unbefangen, leidenschaftslos und unverdorben“, in: ders., Band II, S. 342. 602 In diesem Sinne auch Barry, Justice as Impartiality, Vol. II, S. 13f.: „Judges are supposed to be unmoved by personal interests or the congeniality or otherwise of those who appear before them. … ´Sine ira et studio´, without hatred or passion, and hence without affection or enthusiasm. … affectless.”.

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Schiedsrichters mit den Schiedsparteien bzw. dem Streitgegenstand nichts Grundsätzliches

geändert hat: Der moralisch-ethische Anspruch, dem ein Schiedsrichter und die ihn

bestellenden Parteien damals wie heute ausgesetzt waren bzw. sind, mag heutzutage

schwieriger nachzuvollziehen sein - das ändert aber nichts an seiner unverminderten

Aktualität und Dringlichkeit603. Diesem Anspruch kann ein Schiedsrichter nur dann gerecht

werden, wenn er für die eine Schiedspartei nicht tut, was er nicht auch für jede andere

Schiedspartei in einer vergleichbaren Situation täte; Gleiches gilt für die Verfahrensgestaltung

durch die Schiedsparteien selbst.

b. Das Merkmal der Unabhängigkeit

Es scheint so, als ob sich der überwiegende Teil des internationalen Schrifttums umso

bereitwilliger mit dem Konzept der Unabhängigkeit beschäftigt, je intensiver er sich aufgrund

obiger Analyse eigentlich mit dem Erfordernis der Unparteilichkeit auseinandersetzen sollte:

Weil Unabhängigkeit als die objektive Seite der „Fairnessmedaille“ angesehen wird, soll sie

entsprechendem Tatsachen- und Beweisvortrag augenscheinlich leichter zugänglich sein;

entsprechend werden dann aussagekräftigere Definitionen als zum Merkmal der

Unparteilichkeit entworfen: Die wohl gängigste verlangt, dass weder mit den Schiedsparteien

noch ihren Interessenvertretern enge Kontakte finanzieller, beruflicher oder privater Art

bestehen dürfen604.

Auch hier hilft es weiter, sich auf den lateinischen Ursprung dieses Grundsatzes

zurückzubeziehen: Mit dem Wort „liber“ umschrieb das römische Rechtssystem die

grundsätzlich materielle und ideelle Freiheit („libertas“) des römischen Bürgers gegenüber

dem Staat605. Ein Schiedsrichter wird über den Grundsatz der Unabhängigkeit also nur dazu

verpflichtet, frei von materiellen und ideellen Überlegungen zu entscheiden - hinsichtlich

603 Insofern ist die Vorgehensweise der ICC, grundsätzlich nur eine Überprüfung der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit vorzunehmen (so Art. 7 und Art. 11 ICC Arbitration Rules), abzulehnen; vgl. aber Hascher, 6 ICC Bulletin 2 (November 1995), 4, 5f.: „the absence (of a reference to impartiality, d. Verf.) must not be understood as an endorsement of the idea that an arbitrator in ICC arbitrations has the right to be biased as long as he is independent.“. 604 Vgl. statt vieler Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-51: “It is generally considered that ´dependence´ is concerned exclusively with questions arising out of the relationship between an arbitrator and one of the parties, whether financial or otherwise. This is considered to be susceptible to an objective test, because it has nothing to do with an arbitrator’s state of mind.”; ähnlich negativ definiert Art. 3.1 Satz 3 IBA Ethics of International Arbitrators 1987: “Dependence arises from relationships between an arbitrator and one of the parties, or with someone closely connected with one of the parties.” (für Beispiele s. die Aufzählung unter Art. 3.2 - 3.5); s. auch die Beurteilung bei Petrochilos, S. 134, Rdn. 4.60 als “relative notion”. 605 „liber, a, um - unabhängig (keinem Herrscher unterworfen), frei in Bezug auf Urteil und Willen, Denken und Reden“; die „libertas“ war Kerngehalt des römischen Bürgerrechts, das durch die Inanspruchnahme von Rechten gegenüber der Staatsgewalt gekennzeichnet war, in: Georges, Handwörterbuch, Lateinisch-Deutsch, Band II, S. 634f.

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seiner nach hiesiger Ansicht bedeutsameren Fähigkeit, unparteilich zu entscheiden, sagt der

Grundsatz der Unabhängigkeit jedoch schlichtweg nichts aus.

2. Verwirklichung des Konzepts der Fairness durch das Primat der schiedsrichterlichen

Unparteilichkeit

a. Position des Arbitration Act England 1996

Während die ICC über Art. 7 und Art. 11 ihrer Schiedsordnung den Grundsatz der

schiedsrichterlichen Unabhängigkeit zum maßgeblichen Kriterium ihrer Beurteilung

schiedsrichterlicher Fairness und Integrität erhebt und damit zum Schwerpunkt einer

schiedsrichterlichen Befangenheitsprüfung macht606, ist der englische Gesetzgeber bewusst

den diametral entgegengesetzten Weg gegangen: Entscheidend ist für ihn ausschließlich die

Verwirklichung der Unparteilichkeit eines Schiedsrichters607: Section 1(a) des Arbitration Act

1996 verlangt nach einem „impartial tribunal“ und gemäß Section 24(1)(a) kann eine Partei

die Ablehnung eines Schiedsrichters beantragen „if circumstances exist that give rise to

justifiable doubts as to his impartiality“608. Seiner Ansicht nach kann die international

eindeutig bevorzugte Konzentration auf eine Unabhängigkeitsprüfung statt auf eine

Unparteilichkeitsprüfung dazu führen, für ein internationales Schiedsverfahren besonders

geeignete und erfahrene Schiedsrichter deshalb zu verlieren, weil diese einem wortwörtlich

verstandenen Unabhängigkeitsstandard aufgrund ihrer bisherigen Berufs- und Schiedspraxis,

die sie ja gerade so geeignet erscheinen läßt, nicht entsprechen können609.

Zwar soll auch nach dem Willen des englischen Gesetzgebers die mangelhafte

schiedsrichterliche Unabhängigkeit bei der Frage der Beurteilung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen zu berücksichtigen sein; dies in relevantem Maße aber nur dann,

wenn dieser Mangel tatsächlich Auswirkungen auf die Unparteilichkeit einer Entscheidung

606 Eastwood, 17 ArbInt 3 (2001), 287, 294f., sieht den Hauptgrund des unterschiedlichen Schwerpunktes einer Unabhängigkeits- bzw. Unparteilichkeitsprüfung im Unterschied des Zeitpunktes ihrer jeweiligen Anwendung: Unter den ICC Arbitration Rules liegt dieser vor bzw. zu Beginn des Verfahrens, unter dem English Arbitration Act 1996 während des Verfahrens. 607 Arbitration Act England 1996, Section 1(a) und Section 24(1)(a). 608 Der absolute Vorrang und die Unabdingbarkeit des Erfordernisses schiedsrichterlicher Unparteilichkeit wird durch den Wortlaut von Art. 1 („The provisions of this Part are founded on the following principles, and shall be construed accordingly…“) und die Erläuterung im DAC Report zur Arbitration Bill (February 1996), abgedruckt in 13 ArbInt 3 (1997), 275-316: Nos. 18-22 und Nos. 101, 102 und 104, festgestellt; vgl. auch Harris/Planterose/Tecks, Arbitration Act 1996, Section 1, S. 57ff., No. 1Aff., und Section 24, S. 140ff. No. (24A)ff.; ebenso Merkin, Arbitration Act 1996, Section 1, S. 16-18, und Section 24, S. 62-65. 609 Zum bevorzugten und notwendigen Profil internationaler Schiedsrichter vgl. Redfern/Hunter, Law and Practice, Chapter 1, Rdn. 1-12; informativ auch Bernardini, 20 ArbInt 2 (2004), 113ff.

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hat. Die Prüfung des Merkmals der Unabhängigkeit hat danach lediglich ergänzenden,

niemals jedoch originären Charakter. Dieser eindeutig Stellung beziehende Ansatz wird im

DAC Report zur Arbitration Bill 1996 wie folgt begründet610:

No. 101. “The (UNCITRAL, d. Verf.) Model Law … specifies justifiable doubts

as to the independence … of an arbitrator as grounds for his removal. We have

considered this carefully, but despite efforts to do so, no-one has persuaded us

that, in consensual arbitrations, this is either required or desirable. It seems to us

that lack of independence, unless it gives rise to justifiable doubts about the

impartiality …, is of no significance. The latter is, of course, the first of our

grounds for removal. If lack of independence were to be included, then this could

only be justified if it covered cases where the lack of independence did not give

rise to justifiable doubts about impartiality, for otherwise there would be no point

including lack of independence as a separate ground.”

No. 102. “We can see no good reason for including “non-partiality” lack of

independence as a ground for removal and good reasons for not doing so. We do

not follow what is meant to be covered by a lack of independence which does not

lead to the appearance of partiality. Furthermore, the inclusion of independence

would give rise to endless arguments, as it has, for example in Sweden and the

United States, where almost any connection (however remote) has been put

forward to challenge the “independence” of an arbitrator. … We would further

note in passing that even the oath taken by those appointed to the ICJ, and indeed

to our own High Court, refers only to impartiality.”

No. 104. “We should emphasise that we intend to lose nothing of significance by

omitting reference to independence. Lack of this quality may well give rise to

justifiable doubts about impartiality, which is covered, but if it does not then we

cannot at present see anything of significance that we have omitted by not using

this term.”

No. 106. “ We have every confidence that the Courts will carry through the intent

of this part of the Bill, which is that it should only be available where the conduct 610 DAC Report, 13 ArbInt 3 (1997), 275-316; abgedruckt auch bei Merkin, Arbitration Act 1996, Appendix 8, S. 259f.

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of the arbitrator is such as to go so beyond anything that could reasonably be

defended that substantial injustice has resulted or will result.” (Hervorhebung d.

Verf.).

No. 110. “This is a mandatory provision. It seems to us that an agreement to

contract out of the cases we specify would really be tantamount to an agreement

to a dispute resolution procedure that is contrary to the basic principles set out in

Clause 1.”.

Nicht nur kommt in dieser Stellungnahme der der englischen Gesetzgebung und

Rechtsprechung ureigene Pragmatismus zum Ausdruck611, sondern auch das Hauptargument,

weshalb dort das Merkmal der Unabhängigkeit bestenfalls als „objektive Unparteilichkeit“,

auf jeden Fall aber als gegenüber dem der Unparteilichkeit nachrangig angesehen wird612 - die

Rechtssicherheit613. Dass sie notwendiger denn je und legitimes Ziel der Bewältigung

schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen ist, zeigt das internationale Schrifttum: Es

beschäftigt sich zu einem überwältigend großen Teil ausschließlich mit Fragen der

schiedsrichterlichen Unabhängigkeit i.S. eines eigenständigen Erfordernisses, ganz selten

jedoch mit dem Vorwurf der Parteilichkeit an sich614. Insofern ist die Beobachtung der

englischen Gesetzgebungskommission, dass das Merkmal der Unabhängigkeit zu endlosen

Debatten, Auseinandersetzungen und Rechtsunsicherheit (z.B. in den USA und Schweden,

tatsächlich wohl aber weltweit) geführt hat, vollkommen zutreffend.

611 Vgl. dazu Veeder, in: ICCA Handbook, National Reports, England, S. 38: “The first question in England is not whether a particular procedure is consistent with legal theory - the approach is more pragmatic: Does it work and does it satisfy the users of the arbitral process!?”. 612 Ähnlich Findlay v United Kingdom, (1997-I) Reports 198, para. 73; vgl. auch Bramelid and Malström, (1997) 15 ASA Bulletin 99; Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, Compendium 2001, S. 101, weisen darauf hin, dass die Anzahl der Fälle, in denen ein Mangel an schiedsrichterlicher Unabhängigkeit nicht gleichzeitig auch zu einem Mangel an schiedsrichterlicher Unparteilichkeit führt, wahrscheinlich sehr gering ist (nach Ansicht des Verfassers hängt das allerdings von der Art des Prüfungsmaßstabes ab, der für die Feststellung der Unparteilichkeit festgelegt wird); dies., ebenda, S. 172: „lack of independence may found an inference that the arbitrator is not impartial ... .“; so auch AT & T v. Saudi Cable Co. (CA) (2000) Lloyd´s Rep. 127, para. 70, per Potter LJ: “… the draftsman (des Arbitration Act 1996, d. Verf.) appears to have followed the wording of the UNCITRAL Rules but omitting any reference to independence, no doubt on the grounds that the greater (i.e. impartiality, d. Verf.) includes the lesser (i.e. independence, d. Verf.).”. 613 DAC Report, 13 ArbInt 3 (1997), 275-316, No. 102: “… Furthermore, the inclusion of independence would give rise to endless arguments, as it has, for example in Sweden and the United States, where almost any connection (however remote) has been put forward to challenge the “independence” of an arbitrator. …”. 614 S. eines der wenigen veröffentlichten Beispiel für derart parteiliches Verhalten in Re an Arbitration between the owners of Steamship Catalina and the owners of Motor Vessel Norma NV (K.B.D.) (1938) 61 Ll. L. Rep. 360 (ein Schiedsrichter hatte sich über Zeugen wie folgt geäußert: “They are not Italians. The Italians are all liars in these cases and will say anything to suit their book. The same thing applies to the Portuguese. But the other side here are Norwegians, and in my experience the Norwegians generally are truthful people. In this case I entirely accept the evidence of the master of the Norma.”).

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b. Primat des Grundsatzes der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit

Die Fragen schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen werden regelmäßig über die

Beurteilung des Erfordernisses der Unabhängigkeit gelöst, weil es die maßgeblichen

institutionellen Schiedsordnungen und nationalen Schiedsgesetze entweder als einziges

Erfordernis oder aber alternativ zur Unparteilichkeit für ein Ablehnungsverfahren ausreichen

lassen. In Anbetracht der praktischen Schwierigkeit des Nachweises tatsächlich parteiischen

Verhaltens scheint es näher zu liegen, die Unparteilichkeit eines Schiedsrichters über

Unabhängigkeitsmerkmale zu verobjektivieren und diese als Indikatoren zu nutzen - nichts

anderes tun Art. 7 und Art. 11 der ICC Arbitration Rules und all diejenigen, die sich aufgrund

der Schwierigkeiten der Bestimmbarkeit schiedsrichterlicher Parteilichkeit der vermeintlich

sicherer zu bestimmenden Unabhängigkeit zuwenden.

aa. Rechtfertigung dieses Ansatzes

Bereits darin liegt aber das Eingeständnis, dass letztlich doch die schiedsrichterliche

Unparteilichkeit und nur sie allein für die Durchsetzung des Konzepts der Fairness

maßgeblich ist615; das spiegelt sich nicht zuletzt in der Praxis internationaler Schiedsverfahren

wider, nach der ein Schiedsrichter, der unparteiisch, aber nicht vollständig unabhängig ist,

gegenüber einem Schiedsrichter, der unabhängig, aber parteiisch ist, vorgezogen wird616.

Darüber hinaus laufen die Vertreter des Primats des Unabhängigkeitsmerkmals auch Gefahr,

das Ziel eines Schiedsverfahrens und also den ursprünglichen Willen der Parteien zu

missachten - nämlich die faire, weil gemeinsamen ethischen Wertvorstellungen entsprechende

Streitentscheidung. Keine Schiedspartei und auch kein Rechtsstaat kann - den Extremfall

unterstellt - Wert auf den Schiedsspruch unabhängiger, jedoch parteiischer Schiedsrichter

legen; um so vieles mehr aber wird man Wert auf den Schiedsspruch unparteiischer, jedoch

abhängiger Schiedsrichter legen können617. Die faire, Tatsachen- und Beweisvortrag weitest

615 In diesem Sinne auch Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, §13.02, S. 208: “In a certain sense, the duty of independence is only important insofar as it indicates that the arbitrator will be able to act impartially as is required in any system of justice.“ (interessanterweise in Fn. 16 unter Bezugnahme auf den DAC Report on the Arbitration Bill (vgl. Fn. 248)) - sozusagen die Bestätigung seines Ansatzes „durch die Hintertür“?!. 616 Dazu Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395, 400. 617 So auch Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-51: “In the 1998 version of its Rules, the LCIA decided that impartiality rather than independence was the appropriate test, because an arbitrator who lacked “independence” in the most restrictive sense might still be impartial. Similarly, an arbitrator who would pass the independence test might lack the necessary quality of impartiality.”; ähnlich Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, §13.02, S. 208, die in dem Merkmal der Unabhängigkeit nur einen Indikator des Merkmals der Unparteilichkeit sehen.; ebenso Winstanley, 4 LCIA News 4 (December 2002), S. 23ff., der in der Unabhängigkeit nur eines von mehreren objektiven Kriterien zur Feststellung der Unparteilichkeit sieht.

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möglich beurteilende Verfahrensgestaltung wird durch die innere Haltung aller Beteiligten

bestimmt; dort werden die Maximen des „aequus“ und „integer“ verwirklicht.

Die Möglichkeit, gegen einen Schiedsrichter im Falle vermuteter Abhängigkeit einen

Ablehnungs- oder Aufhebungsantrag stellen zu können, ist weder zur Verwirklichung

nationaler Rechtsstaatlichkeitsgrundsätze noch der Umsetzung der Parteivereinbarung

erforderlich: Der Rechtsschutzanspruch der Parteien618 auf ein faires Schiedsverfahren wird

nicht verkürzt, da dieses durch das Erfordernis der Unparteilichkeit geschützt wird. Jedes

Schiedsverfahren, ob national oder international, egal unter Beteiligung welcher

Jurisdiktionen bzw. Nationalitäten, bezweckt die faire und bindende Streitentscheidung; weil

diese durch ein unparteiisches, idealer- aber nicht notwendigerweise unabhängiges

Schiedsgericht gewährleistet wird, sollte eine Schiedsvereinbarung, die nach beiden

Erfordernissen verlangt, dergestalt zu verstehen sein, dass man die schiedsrichterliche

Unabhängigkeit nicht auf Kosten der Verwirklichung der entsprechenden Unparteilichkeit

einfordern kann.

bb. Justitiabilität dieses Ansatzes

Praktisch justitiabel wird diese Bevorzugung des Unparteilichkeitserfordernisses dadurch,

dass man den bislang vorherrschenden Prüfungsmaßstab für schiedsrichterliche

Interessenverflechtungen (1.) auf das Erfordernis der Unparteilichkeit beschränkt und (2.) in

seinen Anforderungen von der Prüfung einer „appearance of partiality“ auf diejenige einer

„realistic likelihood“ verschärft619. Sinn und Zweck ist dabei, einerseits das Schiedsverfahren

auf sein Wesen zurückzuführen, d.h. den Grundsatz der Fairness, der durch die Geltung des

Konzepts der Unparteilichkeit verwirklicht wird, und andererseits das Selbstverständnis der

Parteien und Schiedsrichter als Garanten dieser Fairness zu schärfen.

618 Dessen sich die Parteien ohnehin durch die Wahl eines nichtstaatlichen Streitentscheidungsverfahrens grundsätzlich begeben haben. 619 Hier und im Folgenden stehen Begriffe wie „streng“, „verschärfen“ oder auch „erhöhen“ für eine Anhebung desjenigen Schwellenwerts, der für ein erfolgreiches Ablehnungs- oder Aufhebungsverfahren aufgrund mangelnder Unparteilichkeit überschritten werden muss (d.h. der Kreis der tatsächlich zur Ablehnung führenden Tatsachen wird gegenüber der jetzigen Praxis enger gezogen); Begriffe wie „lax“ oder „niedrig“ beschreiben diametral entgegengesetzt einen für einen erfolgreichen Ablehnungs- oder Aufhebungsantrag darunter liegenden und damit „leichter“ zu erreichenden/erfüllenden Schwellenwert (d.h. der Kreis der tatsächlich zur Ablehnung führenden Tatsachen ist gegenüber dem vom Verf. vertretenen Standard weiter gefasst).

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3. Die Rolle des Merkmals der schiedsrichterlichen Neutralität

a. Herkömmliches Verständnis

Obgleich die Frage nach der schiedsrichterlichen Neutralität zumindest begrifflich die nach

der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit (und, gemäß der oben abgeschlossenen Analyse,

auch die nach der entsprechenden Unabhängigkeit) umfassen könnte620, sollte ihr in

internationalen Schiedsverfahren eine andere Bedeutung zugemessen werden: Neutralität

stellt sich hier nicht als Frage nach dem „Wie ist der Schiedsrichter?“, sondern nach dem

„Wer ist er?“621.

In diesem Sinne verstanden bekommt der Begriff der Neutralität dann einen eher

geographischen Anklang bzw. bezieht sich auf die Nationalität eines Schiedsrichters im

weitesten Sinne622. In einem von Fairness durchdrungenen internationalen Schiedsverfahren

darf diese Nationalität keinerlei Bedeutung erlangen, da ein solches Verfahren die

gemeinsame Unternehmung zur Streitentscheidung ist, die von einem gemeinsamen

Verständnis der Funktionsweise dieses Mechanismus getragen wird623. Weil dieser

Idealzustand derzeit regelmäßig nicht gegeben ist und den Parteien das scheinbar selber auch

bewusst ist, zeigen veröffentlichte internationale Schiedssprüche, dass für ihre Entscheidung,

wen sie als Schiedsrichter benennen bzw. vorschlagen, genau diese Nationalitätsfrage -

betrachtet vor dem Hintergrund ihrer eigenen Nationalität - immer wieder Bedeutung erlangt.

Ob man dabei tatsächlich beobachten kann, dass Schiedsparteien ihr Benennungsrecht

regelmäßig dergestalt ausüben (wollen), einen Schiedsrichter ihrer eigenen Nationalität,

620 S. dazu nur den lateinischen Ursprung in dem Wort „neuter“ bzw. „neutro“(: nach keiner von beiden Seiten hin); demnach drückt „neuter“ eine Verneinung und Enthaltsamkeit in zwei unterschiedliche Richtungen hin aus; vgl. ebenfalls die Worte „neutralis“ (: sächlich) und „medius” (: der in der Mitte befindliche, zwischen zwei Extremen als 3. Extrem in der Mitte stehend (den Ansichten und dem Verhalten nach)) - sämtlich in: Georges, Handwörterbuch, Lateinisch-Deutsch, Band II, S. 1151 bzw. S. 851; ähnlich auch der Begriff der “neutrality” in: Oxford Dictionary of Law; 5th ed., S. 329: “The legal status of a state that adopts a position of impartiality towards two other states who are at war with each other.”; die Erfordernisse der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ähnlich umfassend gesehen durch Youngs, 20 Oxford J.L.S. 3 (2000), 391ff. 621 Vgl. Rau, 14 ArbInt 2 (1998), 115, 135: “a question of just who arbitrators tend to be.“; vgl. auch Beresford Hartwell, “Who shall be the Arbitrators?”, Arbitration (November 1990), 235ff. 622 So zuerst in der Form der „national neutrality“ bei Pearson, in: Symposium, 20th November 1970, Rev. d. Arbitrage (1970/4), 239; die im Kontext des Begriffs der „neutrality“ ebenfalls geführte Diskussion um „non-neutral“ Schiedsrichter wird im Folgenden unter E., IV., behandelt; es wird aber schon hier darauf hingewiesen, dass die dortige „non-neutrality“ nicht als Kehrseite der schiedsrichterlichen Nationalität, sondern i.S. der Unparteilichkeit verstanden wird; sie findet Anwendung im Zusammenhang mit parteibenannten Schiedsrichtern in inländischen amerikanischen Schiedsgerichtsverfahren und soll die Möglichkeit der Benennung eines „geneigten“ („predisposed“) Schiedsrichters aufzeigen: „arbitrators may be predisposed towards the party who appointed them but in all other respects are obligated to act in good faith and with integrity and fairness.”, Canon X. (1) des AAA/ABA Code 2004 (dort wird aber nunmehr in Abkehr von der Vorgängerversion des Code (Canon VII, 1977) die Neutralität sämtlicher Schiedsrichter, also auch der parteibenannten, vermutet, vgl. dazu die „Note on Neutrality“, AAA/ABA Code 2004). 623 Vgl. dazu Art. 11(1) ML: „No person shall be precluded by reason of his nationality from acting as an arbitrator, unless otherwise agreed by the parties.“.

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mindestens aber mit einem vergleichbaren kulturellen und rechtlichen Hintergrund

auszuwählen, kann zwar letztlich dahinstehen; in jedem Fall gleicht dieses Bemühen um die

„richtige“, also „wohlwollende“ („predisposed“) Nationalität des parteibenannten

Schiedsrichters aber mehr dem verzweifelten Versuch, so doch noch einem ungeliebten,

notwendigen Streitlösungsmechanismus etwas Positives abzugewinnen. Und gegen den

Erfolg dieses Denkmusters spricht bereits, dass die Parteien gemäß ihrer Verpflichtung, nach

Treu- und Glauben zu handeln, berücksichtigen sollten, dass die Ernennung eines solchen

Schiedsrichters nicht nur „Vorteile“, sondern auch Nachteile für sie wie auch die übrigen

Verfahrensbeteiligten bringen kann.

Prägnant ist auch die international durchweg zu beobachtende Praxis, im Falle eines einzeln

sitzenden bzw. vorsitzenden Schiedsrichters jemanden zu be- und ernennen, der anderer

Nationalität als die der Schiedsparteien ist624. Die damit einhergehende Vorstellung, dass so

seine Unparteilichkeit im Vergleich zu einer „abgestuften“ der beisitzenden, parbeibenannten

Schiedsrichter absolut gewährt werden kann, wird nachfolgend unter E. untersucht.

Versteht man den Begriff der Neutralität allerdings nur in einem geographischen Sinne,

rechtfertigt dies noch nicht die These, er sei ein unerlässlicher Bestandteil der Fairness:

Überlegungen zur Neutralität sind vielschichtiger und erst die Auseinandersetzung mit dieser

Vielschichtigkeit erlaubt den Schluss auf die Bedeutung für das Konzept der Fairness. Dabei

geht es zwar auch um den besseren Anschein, den eine Schiedsrichterbank vermitteln kann,

die mit Schiedsrichtern besetzt ist, die anderer Nationalitäten als die Schiedsparteien sind.

Dieser „bessere Anschein“ ist allerdings nur ein Bestandteil des Bemühens, das Verfahren

von allen Beteiligten fair betrieben zu wissen; er ist deshalb nicht der entscheidende Faktor,

auch wenn zu seiner Unterstützung immer wieder die Feststellung des eminenten englischen

Lord Hewart angeführt wird “that it is not merely of some importance but is of fundamental

importance that justice should not only be done, but should manifestly and undoubtedly be

624 Dazu Lalive, in: Swiss Essays on International Arbitration, S. 23, 24; ebenso Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 4-55f.; ebenso die führenden Arbitration Rules (wenngleich auch sie keinen einheitlichen Standard bieten): ICSID (Art. 3(1)) ((no arbitrator shall, d. Verf.) „have the same nationality as nor be a national of either party.“); ICC (Art. 9(5) und (1)) (Einzel- und Vorsitzende Schiedsrichter „shall be of a nationality other than those of the parties“, Ausnahmen sind aber möglich, wenn keine der Parteien widerspricht); ähnlich LCIA (Art. 6(1) und (2)); SCC (Art. 16(8)); WIPO (Art. 20(6)); UNCITRAL (Art. 6(4)) (falls das Ernennungsrecht bei einem Dritten liegt, soll dieser die „advisability of appointing an arbitrator of a nationality other than the nationality of the parties“ in Betracht ziehen); ähnlich ICDR (Art. 6(4)); AAA (Art. 6(4)) (ist die AAA mit der Ernennung beauftragt, soll sie aufgrund eigenen Ermessens oder des Antrags einer Partei „nationals of a country other than of any of the parties.“ ernennen; dies sieht auch Rule 63(4) JCAA vor).

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seen to be done“625. Dieser zu einem Dogma verkrustenden Feststellung wird zu Recht,

jedoch leider viel zu selten, entgegengehalten, dass “the dictum should not be allowed to lead

to ´the erroneous impression that it is more important that justice should appear to be done

than that it should in fact be done´”626: Dieses Eintreten gegen eine bloße Anscheinsprüfung

rührt daher, dass es letztlich die Parteien in ihrer Schiedsvereinbarung selbst sind, die den Ton

und die Art und Weise der streitigen Auseinandersetzung festlegen.

Stellte man im Einklang mit der international überwiegenden Meinung auf die Wahrung

dieses Anscheins ab, suggerierte man fälschlicherweise, dass die Lösung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen allein bei den Schiedsrichtern gefunden werden kann - dabei ist sie

zunächst bei den Parteien und ihren Interessenvertretern selbst zu suchen627.

b. Notwendiges Verständnis als „international mindedness“

Tatsächlich umfasst und fordert der Begriff der Neutralität daher über seine geographische

Bedeutung hinaus die Fähigkeit eines internationalen Schiedsrichters (und gleichsam auch der

Verfahrensbeteiligten), die eigene private und berufliche Prägung gegenüber derjenigen der

Schiedsparteien als gleichwertige und gerade nicht überlegene Komponente einzubringen:

Einflüsse religiöser, sozialer oder ideologischer Art prägen jeden Menschen, auch

Schiedsrichter und Schiedsparteien628; sie sind aber wiederum auch nur Bestandteile der

Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und können daher nicht als Entschuldigung oder

unabwendbare Gegebenheiten angesehen werden629; sie sind ein, aber eben auch nur ein

Bestandteil des von Lalive geforderten „international outlook“, den ein internationaler

625 R. v Sussex Justices Ex p. McCarthy (1924) 1 K.B. 256, 259. 626 Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, S. 250 (unter Verweis auf R v. Camborne Justices, ex parte Pearce (1955) 1 Q.B. 41, 52); ebenso Nariman, in: ICC Publication No. 472, S. 45f.:”The appearance of justice has often been treated as more important than its reality.” (zu seiner Unterstützung den Supreme Court of India auf S. 46 zitierend); zu kurz greift insofern auch die abschließende Feststellung bei Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-56: „The fact that an arbitrator is of a neutral nationality is no guarantee of independence or impartiality. However, the appearance is better and thus it is a practice that is generally followed.”. 627 Ähnlich wohl Hascher, 6 ICC Bulletin 11 (November 1995), 4, 18 (seinerzeit General Counsel und Deputy-Secretary General des ICC International Court of Arbitration): „One may well ask whether the issue is not so much the lack of independence on the part of arbitrators but is rather the lack of training or lack of practice in arbitration techniques on the part of parties and their representatives, as well as lack of knowledge of the fundamental principles of ethical conduct in this area that is really the problem.”. 628 Dazu im Detail Lalive, in: Swiss Essays on International Arbitration, S. 23, 25-28; ähnlich Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Chapter 4, Rdn. 4-42f.: “Arbitrators, like everyone else, are inevitably conditioned by their education and training, as well as the culture in which they have grown up. However, most experienced international arbitrators are adept at maintaining awareness of their own inbuilt preconceptions respect and are able to adopt an outlook free from national or cultural prejudice. This enables them to understand the conduct of the parties in the particular business and cultural environment in which they entered into and implemented their transaction.”. 629 So ebenfalls warnend Lalive, in: Swiss Essays on International Arbitration, S. 23, 27.

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Schiedsrichter haben muss630: Erst diese offene innere Einstellung gegenüber allem, was die

Verfahrensbeteiligten einbringen, unterstützt durch das Verständnis der beteiligten

Jurisdiktionen und ihrer Eigenheiten, macht die hier analysierte Neutralität zu einer wahren

Säule des Konzepts der Fairness. Im Sinne einer solchen „international mindedness“

ermöglicht631 sie internationalen Schiedsrichtern eine empfängliche intellektuelle Einstellung,

welche wiederum notwendig ist, um materielles und prozessuales Recht unterschiedlicher

Jurisdiktionen anwenden, den entsprechenden Tatsachen- und Beweisvortrag würdigen und

damit den Erwartungen der Parteien gerecht werden zu können.

4. Das Primat der Unparteilichkeit und der anwendbare Prüfungsmaßstab

Im Zusammenhang mit der Feststellung des Primats eines Unparteilichkeitserfordernisses

stellt sich automatisch die Frage nach dem hierauf anzuwendenden Prüfungsmaßstab bei der

Ernennung eines Schiedsrichters bzw. im Rahmen von Ablehnungs-, Aufhebungs- und

Anträgen auf Versagung der Vollstreckbarerklärung: Reicht bereits ein in seiner Intensität

noch näher zu bestimmender Anschein von Parteilichkeit aus („appearance of partiality“-

Test), der sich nach überwiegender Ansicht am Merkmal der schiedsrichterlichen

Unabhängigkeit orientiert, oder muss die schiedsrichterliche Parteilichkeit tatsächlich

nachgewiesen werden („actual partiality“-Test)? Dass in dieser Frage nicht nur keine

Übereinstimmung zwischen den einzelnen Jurisdiktionen herrscht und diese auch nicht

gesucht wird, vielmehr blanke Verwirrung herrscht632, ist bereits im 1. Teil unter B., III., im

Rahmen der Darstellung der Behandlung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen in für

internationale Schiedsverfahren bedeutenden Jurisdiktionen angeklungen.

Damit stellen sich nun die Fragen, (1.) ob es zur Lösung schiedsrichterlicher

Interessenkonflikte wirklich einer Zweiteilung des Prüfungsansatzes in einen „appearance of

partiality“-Test bzw. „actual partiality“-Test bedarf, wie sie in allen dort vorgestellten

Jurisdiktionen in unterschiedlichen Formen verfolgt wird (dazu unter a.), und falls eine solche

Zweiteilung nicht angebracht ist, (2.) welcher der beiden Tests sich durchsetzt bzw. welchem

konkreten Prüfungsstandard er unterliegt (dazu unter b.). 630 Allerdings wird das von Lalive in diesem Zusammenhang erwähnte Bild des „an arbitration is worth what the arbitrator is worth“ nicht befürwortet, weil es inzwischen einem Dogma gleich verwendet wird und die grundlegende Verantwortlichkeit für den Erfolg des Schiedsverfahren (fragwürdigerweise) beim Schiedsrichter statt den Parteien sieht. 631 Nota bene: „Ermöglichen“ ist nicht mit „garantieren“ zu verwechseln; letzteres wäre utopisch und die Befürwortung einer solchen Utopie durch die vorliegende Arbeit nicht gewollt. 632 Bezeichnend der pragmatische Ansatz Greg Reid´s, Partner der Sozietät Linklaters im Office London, im Verlauf seiner Darstellung zum Thema „Independence, Impartiality and Disclosure“ am 4.2.2004 im BIICL, London: „What is the law in England on bias? Presently a bit of a mess, but we are stuck with it.“.

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a. Vorrang des „actual partiality“-Tests

Nähme man die Grundforderung nach einer fairen Streitentscheidung in internationalen

Schiedsverfahren durch im wahrsten Sinne des Wortes unparteiische Schiedsrichter

tatsächlich ernst, müssten wohl beinahe sämtliche633 Ablehnungs- und Aufhebungsanträge

abgewiesen werden und wären stattgebende Entscheidungen beinahe sämtlich evidente

Fehlentscheidungen: Denn derzeit verlangen weder nationale Schiedsgesetze noch

institutionelle Schiedsordnungen den Beweis der tatsächlichen schiedsrichterlichen

Parteilichkeit („actual partiality“); was derzeit über die vorhandenen Regelungen zur

Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen geschützt wird, ist lediglich die

Integrität des Schiedsverfahrens an sich, verstanden i.S. seiner Wahrnehmung und somit

seines Anscheins nach außen hin; obgleich man genau das glauben machen will, werden

dadurch sicherlich nicht das Recht und der Anspruch der einen Interessenkonflikt

behauptenden Partei auf eine unparteiische Schiedsrichterbank geschützt - und also auch nicht

die Ergründung der wahren Frage, ob ein Schiedsrichter parteiisch ist oder nicht634.

Geht es also nach der überwiegenden Meinung innerhalb der internationalen

Schiedsgemeinschaft nicht um die Erforschung der Unparteilichkeit des Schiedsrichters,

sondern um die Förderung und Verbreitung des Streitentscheidungsmechanismus an sich,

stellt sich für den Verfasser die Frage, welchen Preis die internationale Schiedsgerichtsbarkeit

hierfür zahlen wird. Die Antwort liegt auf der Hand: Der Preis ist langfristig der Verlust ihrer

Glaubwürdigkeit635. Diese definiert sich gerade nicht darüber, dass nationale Schiedsgesetze

und internationale Schiedsordnungen uni sono den Parteien durch laxe Anforderungen an die

Substantiierung ihrer Ablehnungs- und Aufhebungsanträge entgegenkommen und damit

suggerieren, es ginge alles mit rechten Dingen zu. Befürworter eines solchen Ansatzes mögen

633 Fälle tatsächlicher Parteilichkeit wie z.B. in Re an Arbitration between the owners of Steamship Catalina and the owners of Motor Vessel Norma NV (K.B.D.) (1938) 61 Ll. L. Rep. 360 (dort stellte der Schiedsrichter fest: „They (d.h. seitens der Eigentümer der Motoryacht Norma aufgebotene Zeugen, d. Verf.) are not Italians. The Italians are all liars in these cases and will say anything to suit their book. The same thing applies to the Portuguese. But the other side here are Norwegians, and in my experience the Norwegians generally are a truthful people. In this case I entirely accept the evidence of the master of the Norma.”) scheinen wohl die absolute Ausnahme zu sein. 634 Insofern leider auch ungenau die Rechtsprechung englischer Gerichte, die in den maßgeblichen Entscheidungen zu schiedsrichterlichen Interessenverflechtungen stets von „apparent bias“ sprechen, s. R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646, 670 per Lord Goff of Chieveley. 635 Erstaunlicherweise sehen diejenigen, die den „appearance of partiality“-Test als das Mass aller Dinge betrachten, den Verlust dieser Glaubwürdigkeit diametral entgegengesetzt darin begründet, dass der Versuch, sich der schiedsrichterlichen (Un-)Parteilichkeit tatsächlich zu vergewissern, das Vertrauen der beteiligten Schiedsparteien unterminiert und man ihnen (bzw. der heiligen Kuh der immer weiter fortschreitenden Verbreitung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit) deshalb mit einem weniger tiefforschenden Prüfungsansatz entgegenkommen muss.

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sich in Gesellschaft geschriebenen nationalen Rechts und der überwältigenden Mehrheit des

nationalen und internationalen Schrifttums wiederfinden - sie müssen sich dennoch darüber

im Klaren sein, dass sie damit zunächst um der Wahrung weiterer weltweiter Verbreitung und

erst dann der Förderung der Idee der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit willen bewusst

auf die vollständige Aufklärung eines behaupteten schiedsrichterlichen Interessenkonflikts

verzichten.

Zugegebenermaßen kann der „appearance of partiality“-Test die Orientierung an objektiv

nachprüfbaren Gegebenheiten des Schiedsverfahrens ermöglichen; auch bietet er über sein

dem Beweis zugängliches Vorgehen anhand objektiver Kriterien einen gewissen Grad an

Unparteilichkeit und den Parteien damit ein scheinbar faires Verfahren636. Das ist jedoch nach

hiesiger Ansicht nicht genug; man sollte diesen Anscheins-Test nicht zu einem eigenständigen

und dem „realistic likelihood“-Test vorzuziehenden Prüfungsansatz machen: Jeder

Schiedsrichter muss unparteiisch sein, um als solcher an einem internationalen

Schiedsverfahren teilnehmen zu können; und falls entschieden wird, dass er parteiisch ist, darf

er nicht ernannt, muss er abgelehnt oder sein Schiedsspruch aufgehoben werden. Im Rahmen

eines solchen „actual partiality“-Tests kann ein „Anscheins“-Test als Ausdruck des

Unabhängigkeitsmerkmals berücksichtigt werden, mehr aber auch nicht; ihn hingegen als

eigenständigen, ebenbürtigen und mindestens gleichrangigen weiteren Test zu verstehen,

verschleiert das wahre Ziel eines Schiedsverfahrens: Denn so wird über die Anwendung eines

rein umstandsbedingten Beweistests eine weitere Subjektivitätsebene eingeführt, was zum

Ausschluss geeigneter Schiedsrichter bereits dann führt637, wenn sie nur schon in den

Verdacht geraten, lediglich entfernte Verbindungen zum Streitgegenstand oder den

Verfahrensbeteiligten zu haben. Das, und nur das, schädigt das Ansehen der internationalen

636 Zyniker könnten den Grund für die Akzeptanz dieses „Weniger“ an Unparteilichkeit (weil man halt die Frage nach der Parteilichkeit nicht direkt stellt) auch darin sehen, dass einem staatlichen Gericht die Möglichkeit eröffnet wird, davon Abstand zu nehmen, einem international renommierten Schiedsrichter im Rahmen des Ablehnungs- bzw. Aufhebungsverfahrens tatsächlich seine Parteilichkeit vorwerfen zu müssen, und ihm stattdessen nur ihren Anschein vorwerfen zu können. Dies mag für das entscheidende staatliche Gericht wie auch den renommierten Schiedsrichter vorteilhafter, weil weniger unangenehm sein; für die Glaubwürdigkeit eines internationalen Schiedsverfahrens ist es aber nach Ansicht des Verfassers verheerend.

Der bereits oben beschriebene Missbrauch internationaler Schiedsverfahren zeigt sich hier besonders deutlich in dem Bestreben mancher Parteien, solche Schiedsrichter „rauszuschießen“. 637

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Schiedsgerichtsbarkeit638. Entscheidend sollte daher allein die Frage sein, ob ein

Schiedsrichter parteiisch ist oder nicht639:

b. „Actual partiality“-Test i.S. eines „realistic likelihood“-Prüfungsmaßstabs

aa. Beweis tatsächlicher Parteilichkeit nicht erforderlich

Mit der vorhergehenden Untersuchung wird nicht der theoretischen Möglichkeit das Wort

geredet, dass für einen erfolgreichen Ablehnungs- bzw. Aufhebungsantrag der Beweis

tatsächlicher Parteilichkeit erforderlich ist: Ist dieser Beweis bereits im Hinblick auf die

behauptete Parteilichkeit eines staatlichen Richters praktisch kaum zu führen, gilt dies erst

recht für ein Schiedsverfahren, das grundsätzlich nicht direkter staatlicher Kontrolle

ausgesetzt ist640. Nimmt man als Maßstab, dass es kaum Gerichtsurteile bzw. veröffentlichte

Schiedssprüche gibt, die den Vorwurf richterlicher Parteilichkeit zum Gegenstand haben

geschweige denn einem solchen stattgegeben haben, würde man mit einem derartig strengen

und anspruchsvollen Prüfungsmaßstab eine Schiedspartei, die gegen einen Schiedsrichter aus

lauteren Motiven vorgehen will, gegenüber ihren derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten unter

dem „appearance of partiality“-Test tendenziell sehr, wenn nicht sogar vollständig

beschränken. Damit nähme man ihr die wirksamste Waffe gegen Missbrauchsversuche der

Gegenpartei641. Hinzu träte ein weiteres Problem, von dem Craig, Park und Paulsson

feststellen, dass „such challenges raise delicate problems for the Court of Arbitration“: Eine

Partei, die den Vorwurf tatsächlicher Parteilichkeit aus wirklich lauteren Motiven vorbringt,

läuft nicht nur Gefahr, die Beweishürde nicht nehmen zu können; sie muss darüber hinaus

gegen die missliche Lage des über den Vorwurf zu befindenden Organs ankämpfen, welches

womöglich davor zurückschreckt, einem (renommierten) Schiedsrichter die Basis seiner

weiteren Tätigkeit zu nehmen642.

638 International Produce, Inc. v A/S Rosshavet In diesem Sinne auch , 638 F.2d 548, 551-52 (2nd Cir. 1981):“ To vacate an arbitration award where nothing more than an appearance of bias is alleged would be automatically to disqualify the best informed and most capable potential arbitrators.”. 639 Mit diesem Ansatz wird die mit dieser Arbeit vertretene Ansicht untermauert, dass zuweilen mehr Wert auf den Anschein eines fairen Schiedsverfahrens als auf die Verwirklichung der Rechtslage und damit der Fairness gelegt wird.“. 640 , 748 F.2d 79, 84 (2d. Cir. 1984): “it is difficult to imagine how ´proof´ (of bias, d. Verf.) would be obtained”.

Morelite Construction Corp. v New York City District Council Carpenters Benefit Funds

Natürlich wird nicht verkannt, dass Fragen schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen nicht nur aufgrund des Missbrauchs eines Schiedsverfahrens entstehen können; dennoch dürfte es nicht gewagt sein zu behaupten, dass das Motiv für entsprechende Anträge besonders stark ausgeprägt ist, wenn der Eindruck entsteht, dass das Verfahren verloren zu gehen droht.

641

Dazu Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, §13.05, S. 232: “The Court is understandably reluctant to sustain a challenge based on a party´s subjective allegation of bias which is denied by the arbitrator. The Court occasionally may seek to avoid ruling on the issue. If it feels that the claims of the challenger, even if somewhat subjective, are bona fide, it may instruct the Secretariat to ask the arbitrator whether he wishes to continue in view of the opposition and possible effect thereof on the proceedings. Thus some challenges are settled

642

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Wägt man so das Interesse der Schiedsparteien, im schlimmsten Fall einer

schiedsrichterlichen Interessenverflechtung ein wirksames, und nicht von vornherein

aussichtsloses Instrument gegen diesen Schiedsrichter zur Hand zu haben, gegen das Interesse

ab, missbräuchliche Disqualifizierungsanträge durch eine von vornherein abschreckend hohe

Beweishürde zu unterbinden, muss man jenem Interesse den Vorrang geben: Dies aber auch

nur insoweit, als man statt des Beweises tatsächlich parteilichen Verhaltens

(1.) den Beweis der „realistischen Wahrscheinlichkeit“ („realistic likelihood“)

parteilichen Verhaltens verlangt (dazu nachfolgend unter bb.),

(2.) als maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Vorwurf dieser

realistischen Wahrscheinlichkeit denjenigen der rechtskräftigen Entscheidung des

Streits, sei es durch ein schiedsgerichtliches Organ oder - wahrscheinlicher - ein

staatliches Gericht643, ansieht (dazu nachfolgend unter cc.) und

(3.) diesen Vorgang durch eine Nachforschungs- und Offenlegungspflicht der

Schiedsparteien wie auch des Schiedsrichters absichert644.

bb. „Realistic likelihood“-Test als notwendiger, aber ausreichender Maßstab

Ein kurzer Überblick über die derzeit gebräuchlichen Prüfungsparameter zur Feststellung

einer schiedsrichterlichen Interessenverflechtung macht nur Eines deutlich, nämlich dass kein

einheitlicher Standard existiert; für schiedswillige Vertragsparteien und Schiedsrichter ist das

ein unhaltbarer Zustand:

aaa. Herkömmliche Prüfungsparameter

Gemäß international ausgerichteter und bedeutender Schiedsordnungen müssen für

erfolgreiche Ablehnungsanträge u.a. folgende Kriterien erfüllt sein: “allegedly disqualifying

circumstance”645, “alleged lack of independence or otherwise”646, “doubts”647, “justifiable

informally. On the other hand, the Court will not take this approach if it feels the challenge is unreasonable or made to cause delay.”. Die Ablehnung eines Schiedsrichters bzw. die Aufhebung seines Schiedsspruchs aufgrund nachgewiesener Parteilichkeit dürfte sich in der Tat nicht sonderlich förderlich für dessen weitere internationale Schiedsrichterkarriere auswirken. 643 Je nach dem, wer über den Vorwurf rechtskräftig entscheidet. 644 Ähnlich Mills, 5 Int. A.L.R. 4 (October 2002), 126, 130.

Arbitration Rules SCC (Art. 18(2)). 645

Arbitration Rules ICC (Art. 11(1)). 646

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doubts”648 oder auch “justified reasons to suspect”649; die ICSID Schiedsordnung verlangt

„facts indicating a manifest lack of independence”650, die englische Rechtsprechung eine

“reasonable suspicion” oder “real likelihood/real danger“ bzw. „real possibility”651, der

AAA/ABA Code 1977 bzw. Revisited 2004 “circumstances that reasonably create the

appearance of partiality“652 und die IBA Ethics 1987wiederum „justifiable doubts“653. Für

begriffliche Vielfalt ist also gesorgt.

Geradezu verblüffend ist der Schluss, den US-amerikanische Gerichte trotz einer ganz

eindeutigen, ausdrücklichen Vorgabe nationalgesetzlicher Parameter durch den FAA ziehen:

So verlangt §10(b) FAA für einen erfolgreichen Aufhebungsantrag „evident partiality or

corruption in the arbitrators“; in der Entscheidung Commonwealth Coatings Corp. v.

Continental Casualty Co. zog man den Schluss, „even the appearance of bias“ könne hierunter

subsumiert werden; nachfolgende Entscheidungen haben dem zwar die Gefolgschaft

verweigert, weil dies zu zahllosen Interessenverflechtungen führe654. Die Verwirrung jedoch

bleibt, da bislang nur deutlich ist, dass für einen erfolgreichen Aufhebungsantrag mehr als

„remote and speculative claims“655 und weniger als „actual bias“ erforderlich sein soll656.

Ähnlich kurios behandelt haben englische Gerichte die Einführung von Section 24(1) des

Arbitration Act 1996: Dieser nahm nicht den zum damaligen Zeitpunkt wohl maßgeblichen

647 Arbitration Rules DIS (Art. 18(1)). 648 Arbitration Rules: UNCITRAL (Art. 10(1)); AAA (Art. 8(1)); CIETAC (Art. 29(1)); ZCC (Art. 16(1): “legitimate doubts” anstelle “justifiable doubts”); WIPO (Art. 25); LCIA (Art. 10(3)); CPR (Art. 7(5)). 649 Arbitration Rules CIETAC (Art. 26(2)). 650 Arbitration Rules ICSID (Art. 9) i.V.m. ICSID Convention (Art. 57 i.V.m. Art. 14 (1)); ebenso ICSID Additional Facility Rules. 651 Sämtliche Begriffe verwendend R v. Gough (Robert) (1993) A.C. 646, 660ff. (HL) per Lord Goff of Chieveley, der sie als “rival, alternative tests for bias” bezeichnet, Details dazu vorträgt und letztlich dem “real likelihood/real danger/real possibility”-Test den Vorzug einräumt (S. 670); “real” wird i.S. von “realistic” verwendet, so Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited (2000) Q.B. 451, 470; vgl. zum “real suspicion”-Test (d.h. “whether a reasonable and fair minded person sitting in the court and knowing all the relevant facts would have had a reasonable suspicion that a fair trial by the defendant was not possible”) Metropolitan Properties Co. (F.G.C.) Ltd. v. Lannon (1969) 1 Q.B. 577, 599 per Lord Denning M.R.; vgl. zum “real likelihood/real danger/real possibility”-Test (“whether there was a real likelihood of bias“) R v. Barnsley Licensing Justices, Ex parte Barnsley and District Licensed Victuallers´ Association, (1960) 2 Q.B. 167, 187, per Devlin L.J.; verwirrend die nach R v. Gough (Robert) ergangene Entscheidung in Laker Airways Inc. v. F.L.S. Aerospace Ltd., (1999) 2 Lloyd´s Rep. 45, 49, per Rix J: “I prefer to state the test in terms of real danger rather than real likelihood, to ensure that the court is thinking in terms of possibility rather than probability of bias.”. 652 Revisited 2004: Canon I., C.; Version 1977: Canon I., D. 653 Abgedruckt in Redfern/Hunter, Law and Practice, Appendix L; zu den Guidelines 2004 (GSt 2 lit. (b) und lit. (c) mit einem „justifiable doubts“-Maßstab i.S. einer „likelihood“) s. nachfolgend im 3. Teil. 654 Health Services Management Corp. v Hughes, 975 F.2d 1253, 1264 (7th Cir. 1992); Apperson v Fleet Carrier Corp., 879 F.2d 1344 (6th Cir. 1989); ebenso Coe Jr., Arbitration, S. 312; ähnlich Born, Arbitration, S. 455, 643-651. 655 So Washburn v McManus, 895 F. Supp. 392, 400 (D. Conn. 1994). 656 S. z.B. International Produce, Inc. v A/S Rosshavet, 638 F.2d 548, 551-52 (2nd Cir. 1981); Reed & Martin, Inc. v Westinghouse Electric Corp., 439 F.2d 1268 (2d. Cir. 1971); Peoples Security Life Ins. v Monumental Life Ins., 991 F.2d 141, 146 (4th Cir. 1993).

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Prüfungsmaßstab einer „real likelihood/real danger“ bzw. „real possibility“ auf, sondern

schrieb einen „justifiable doubts“-Test fest; in der Entscheidung Laker Airways Inc v. FLS

Aeorspace Ltd stellte man dann beide Tests kurzerhand gleich657; bestätigt wurde dieser

verwirrende Ansatz durch die eminente Richterbank in Locabail (UK) Limited v. Bayfield

Properties Limited658.

bbb. Ausgestaltung des „realistic likelihood“-Tests

Der oben unter 4., b., aa., ausgesprochene Verzicht auf den tatsächlichen Beweis

schiedsrichterlicher Parteilichkeit führt dazu, dass man sich zwangsläufig darauf einlässt, mit

Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten zu arbeiten659: Zugegebenermaßen ist es dann eine

Frage der Argumentation, wie weit oder eng man den Kreis der zur Ablehnung bzw.

Aufhebung berechtigenden Umstände zieht - zumal mit einer klaren begriffliche

Differenzierung nicht automatisch auch eine ebenso deutlich inhaltliche einhergeht: Wer

könnte behaupten, dass, und wenn ja, wo die Grenze zwischen „vernünftigen“ und

„wahrscheinlichen“ Gründen für einen Interessenkonflikt verläuft? Dies zeigt umso mehr die

Notwendigkeit auf, einen auch sprachlich einheitlichen Prüfungsmaßstab zu fordern; die

bisherigen, oben aufgezeigten Ansätze nationaler und internationaler Herkunft verraten eine

zuweilen beinahe achtlose Wortwahl660.

Der Verzicht auf den tatsächlichen Parteilichkeitsbeweis ist nur dadurch zu rechtfertigen, dass

ein strenger Maßstab an den Nachweis schiedsrichterlicher Parteilichkeit i.S. einer

realistischen Wahrscheinlichkeitsprüfung („realistic likelihood“-Test) angewendet wird. Ihre

Bedeutung kann bereits daraus abgeleitet werden, dass sie sprachlich enger gefasst ist als die

Prüfung des bloßen Anscheins („appearance“), der bloßen Möglichkeit („possibility“), von 657 (1999) 2 Lloyd´s Rep. 45, 49, per Rix J: “The test laid down in section 24 reflects the test in R v. Gough (Robert).”. 658 (2000) Q.B. 451, 477, per Lord Bingham of Cornhill, L.C.J. (Lord Chief Justice); Sir Richard Scott V.C. (Vice-Chancellor) und Lord Woolf, M.R. (Master of the Rolls): “This test appears to be reflected in section 24 of the Arbitration Act 1996.”. 659 Dass bedeutet aber nicht, dass man die Parteilichkeit selbst in unterschiedlichen Graden “messen” könnte - denn dies ist nicht möglich. 660 Für ein besonders verwirrendes Beispiel s. die englische Entscheidung in Laker Airways Inc. v. F.L.S. Aerospace Ltd., (1999) 2 Lloyd´s Rep. 45, 49, per Rix J: “I prefer to state the test in terms of real danger rather than real likelihood, to ensure that the court is thinking in terms of possibility rather than probability of bias.”; deshalb (weil sie keine Auflösung dieser Verwirrung bringt) beinahe unverständlich die englische Entscheidung in Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited (2000) Q.B. 451, 477 per Lord Bingham of Cornhill, L.C.J., Sir Richard Scott V.C. und Lord Woolf, M.R.: “For whatever the merit of the reasonable suspicion or apprehension test, the test of real danger or possibility has been laid down by the House of Lords.”; Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, Companion 2001, S. 97, sehen dies vollkommen anders als der Verf.: “The establishment of ´real danger´ as a test in preference to ´reasonable suspicion´ is the most important aspect of the Locabail group of decisions. Whatever doubts may still have remained after R v. Gough (Robert) have now been put to rest.”.

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Verdachtsmomenten („suspicion“) oder aber eines Zweifels („doubt“): Letztgenannter, auch

wenn berechtigt, liegt per definitionem eher vor als wenn man nach einer Wahrscheinlichkeit

fragt; das rührt daher, dass der Akt des Zweifelns passivisch, der des Nachweises der

Wahrscheinlichkeit aktivisch ist661. Eine Parallele läßt sich zum „evident partiality“-Test des

bereits behandelten §10(b) FAA ziehen - dies natürlich nur dann, wenn man nicht seiner laxen

Auslegung durch Commonwealth Coatings Corp. v. Continental Casualty Co., sondern

stattdessen einfach seinem strengen Wortlaut folgt.

Der hier vertretene strengere Prüfungsmaßstab des Vorliegens einer realistischen

Wahrscheinlichkeit negiert die Notwendigkeit des Erhalts des Vertrauens der Parteien in die

Fairness des von ihnen initiierten Schiedsverfahrens keinesfalls: Dieses Vertrauen war

bislang, und kann auch weiter unter dem hier vertretenen schärferen Maßstab ein wichtiger

Bestandteil des fairen Schiedsverfahrens sein; allerdings sicher nicht der wichtigste, weil

Recht nicht im Wege eines Anscheins verwirklicht wird, sondern nur dadurch, dass es

gesprochen wird.

Die Sinnhaftigkeit des „realistic likelihood“-Tests wird noch deutlicher, wenn man das bizarre

Beispiel staatlicher Rechtsprechung in der Entscheidung Commonwealth Coatings Corp. v.

Continental Casualty Co. betrachtet: Hier hob der US-Supreme Court den Schiedsspruch

eines Dreier-Schiedsgerichts auf, weil der vorsitzende Schiedsrichter frühere geschäftliche

Beziehungen zu einer der Parteien nicht offengelegt hatte:

- Obwohl der Anwalt der Partei, die das Schiedsverfahren verloren hatte, offen zugab,

dass er den Vorsitzenden auch in Kenntnis dieser früheren Verbindungen zur

Gegenseite wahrscheinlich nicht abgelehnt hätte,

- obwohl kein Anzeichen bewusster Verheimlichung dieses Umstands beim

Vorsitzenden zu finden war (aus dem simplen Grund, dass man diesen vor seiner

Ernennung nicht befragt hatte),

661 Vgl. der Klarheit halber auch die Bedeutung der Begriffe “Zweifel” (d.h. das Unsicherwerden bzw. Infragestellen einer Meinung, eines Glaubens und Wissens bestehender Orientierungen) bzw. “Wahrscheinlichkeit” (d.h. die komparative oder quantitative Einstufung von Aussagen oder Urteilen nach dem Grad ihres Geltungsanspruchs zwischen Möglichkeit und Gewissheit, wobei zwar die Gründe für den Geltungsanspruch, dass sich eine Sache so und nicht anders verhält, verhalten hat oder verhalten bzw. verwirklichen wird, überwiegen, jedoch nicht oder noch nicht ausreichen, um die Annahme des Gegenteils auszuschließen), die sich gegenseitig ausschließen, in: Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Band 25: Waq-Zz, S. 823 li.Sp. bzw. Band 24: Tup-Wap, S. 773 re.Sp.; a.A. Foyle, in: IBA Notes, Session on Ethics in Arbitration, Durban Conference, October 21, 2002, S. 6: „The Model Law standard is the same as that under Section 24 of the English Arbitration Act.“.

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- obwohl der Vorsitzende sich selbst für unparteilich hielt,

- obwohl die frühere geschäftliche Beziehung nur sporadisch gewesen war (es handelte

sich um ein Einkommen des Vorsitzenden aus beruflicher Tätigkeit in Höhe von ca.

US$ 12.000,00, das dieser über einen Zeitraum von 4-5 Jahren vor mehr als 10 Jahren

erzielt hatte) und

- obwohl kein Anzeichen, geschweige denn eine entsprechende Behauptung vorlag,

dass der Vorsitzende sich nicht vollkommen fair und unparteiisch verhalten hatte,

der Supreme Court also eigentlich nur noch von der Unparteilichkeit, zumindest aber

mangelnder “evident partiality” des Vorsitzenden ausgehen konnte, hob er den Schiedsspruch

gleichwohl auf, weil „any tribunal permitted by law to try cases and controversies not only

must be unbiased but also must avoid even the appearance of bias“662. Auch wenn diese

Ausführungen vor dem Hintergrund der Bestimmung schiedsrichterlicher Offenlegung und

einem strikteren Unparteilichkeitsmaßstab als im Vergleich zu staatlichen Richtern gemacht

worden sind, ist es doch bezeichnend, wie beschränkend ein so weites Verständnis

schiedsrichterlicher Unparteilichkeit i.S. eines Anscheins-Maßstabes für die Parteien, ihre

Parteiautonomie, die Schiedsrichter und letztlich die internationale Schiedsgerichtsbarkeit an

sich sein kann.

cc. Zeitpunkt der Anwendung des „realistic likelihood“-Tests

Der „actual partiality“-Test i.S. des hier vorgestellten “realistic likelihood”-

Prüfungsmaßstabs, sollte weiter dadurch gestärkt werden, dass für die Beurteilung eines

Ablehnungsantrags diejenigen Tatsachen relevant sind, die zum Zeitpunkt der

abschließenden, in Rechtskraft erwachsenden Entscheidung über diesen Antrag - regelmäßig

durch ein staatliches Gericht - bekannt sind. Nicht entscheidend ist, wie sich die den Vorwurf

schiedsrichterlicher Parteilichkeit begründenden Umstände zum Zeitpunkt der Antragstellung

dargestellt haben663. Konsequenterweise ist es dann auch möglich, dass ein über den Vorwurf

schiedsrichterlicher Parteilichkeit abschließend urteilendes Gericht erheblich detailliertere

Informationen auswerten kann, als sie der Antragstellerin oder dem zuvor entscheidenden 662 393 U.S. 145 (1968). 663 In diesem Sinne zutreffend auch Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited (2000) Q.B. 451, 465 und 469: „In applying the test the reviewing court will assess the question of real danger, or reasonable suspicion, in the light of all the factual material available. … If the test were reasonable suspicion the result of the present case would be the same. Whichever the test, it applies on the basis of all the facts, not just those which give rise to the initial misapprehension on the complainant's part.” (Hervorhebungen d. Verf.); das schließt jedoch nicht aus, das die Umstände zum Zeitpunkt der Antragstellung später in die abschließende Entscheidung einfließen; dafür müssen sie aber wiederum die in dieser Entscheidung zu prüfenden Tatsachen bereits widerspiegeln.

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Schiedsgericht bzw. institutionellen Schiedsgerichtshof zur Verfügung gestanden haben.

Dadurch wird das Ablehnungsrecht der Antragstellerin keinesfalls geschwächt; denn welches

schützenswerte Interesse könnte sie vor dem Hintergrund ihrer eigenen Bindung an den

Grundsatz der Fairness daran haben, dass eine abschließende gerichtliche Entscheidung

wissentlich die Augen vor Umständen verschließt, die seit der Antragstellung ermittelt

worden sind?!

Der hier vertretene Ansatz führt nicht dazu, dass das Erfordernis des Beweises tatsächlicher

Parteilichkeit über die Hintertür doch noch zu erfüllen ist: Denn auch das nun entscheidende

Gericht fragt sich lediglich, ob eine „realistische Wahrscheinlichkeit“ für eine

schiedsrichterliche Parteilichkeit gegeben ist - nur wird die Basis der möglicherweise zu

berücksichtigenden Tatsachen auf den aktuellen Kenntnisstand erweitert und nicht den

damaligen beschränkt. Das trägt dazu bei, der Wahrheit und tatsächlichen Berechtigung eines

Ablehnungs- bzw. Aufhebungsantrags näher zu kommen; zugleich wird damit ein deutliches

Signal an die Schiedsparteien gegeben, nicht leichtfertig oder sogar in missbräuchlicher

Absicht von ihren Kontrollrechten Gebrauch zu machen.

5. Exkurs: Begründungspflicht als Stärkung des Grundsatzes der Fairness?

“Consider what you consider justice requires and decide accordingly. But never

give your reasons; for your judgment will probably be right, but your reasons will

certainly be wrong.”664.

Was bedeutet dieser Rat? Kann er für die Behandlung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen dergestalt fruchtbar gemacht werden, dass er den hier vertretenen

umfassenden Grundsatz der Fairness stärkt und damit die Bewältigung dieser Verflechtungen

fördert? Und wenn ja, wie? Hat die Praxis, Schiedssprüche (nicht) zu begründen, auf den

ersten Blick nichts mit der Behandlung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen zu tun,

ist dennoch die Frage berechtigt, ob bzw. inwieweit sie sich auf den schiedsgerichtlichen

Entscheidungsprozess im Sinne einer Förderung des Konzepts der Fairness auswirkt665. In

internationalen Schiedsverfahren sind ausführlich begründete Schiedssprüche der Normalfall,

664 Lord Mansfield, zitiert bei Bingham, 4 ArbInt (1988), 141 (der dortige Bezug auf staatliche Richter ist auf Schiedsrichter übertragbar). 665 Vgl. Schauer, 47 Stanford L. R. (1995), 633, 657: „When institutional designers have grounds for believing that decisions will systematically be the product of bias, self-interest, insufficient reflection, or simply excess haste, requiring decision-makers to give reasons may counteract some of these tendencies.“.

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auch wenn Schiedsordnungen und nationale Schiedsgesetze zuweilen den Parteien die Option

einräumen, auf die Begründung zu verzichten666. Diametral entgegengesetzt hierzu wird im

Einzugsbereich der US-amerikanischen Jurisdiktion für nationale Schiedsverfahren ein

solcher Verzicht vermutet; die Begründung des Schiedsspruchs muss entsprechend

ausdrücklich vereinbart werden667.

Kann die Begründung eines Schiedsspruchs vor schiedsrichterlicher Parteilichkeit schützen

und ein mehr an Sicherheit garantieren, dass der Schiedsspruch nur auf der Subsumtion

vorgetragener und bewiesener Tatsachen beruht? Unbestreitbar können die Schiedsparteien

nur im Falle einer (wohl schriftlichen) Begründung das Ergebnis der Auseinandersetzung mit

der von ihnen vorgetragenen Position vergleichen, es akzeptieren oder aber auch vor

staatlichen Gerichten668 angreifen - dies gilt auch im Hinblick auf den Vorwurf parteilichen

schiedsrichterlichen Handelns. Aber auch die Schiedsrichter erhalten durch die Begründung

ihrer Entscheidung die Gelegenheit669, den eigenen Entscheidungsfindungsprozess im

Rahmen der Niederschrift Schritt für Schritt nachzuvollziehen und so jederzeit hinterfragen zu

666 Vgl. Lloyd, 5 ICC Arbitration Bulletin 1 (1994), 38; Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 8-56: „Internationally, the movement is in favour of giving reasons, unless the parties agree otherwise.“; ebenso Born, Arbitration, S. 94, S. 524f.; David, Arbitration in International Trade, S. 319-328; Schiedsordnungen ohne die Möglichkeit schiedsparteilichen Verzichts auf eine Begründung des Schiedsspruchs sind: ICC (Art. 25(2)); SCC (Art. 32(1)); ZCC (Art. 47(2)); ICSID (Art. 48(3)); Schiedsordnungen mit einer entsprechenden Verzichtsmöglichkeit sind: UNCITRAL (Art. 32(2) und (3)); AAA (Art. 27(2)); CIETAC (Art. 43(2)); JCAA (Art. 51); DIS (Art. 34(3)); LCIA (Art. 26(1)); WIPO (Art. 62(c)); Schiedsverfahrensgesetze mit Verzichtsmöglichkeit: UNCITRAL ML (Art. 31(2)); Arbitration Act England 1996 (Section 52(4)); § 1054 Abs. 2 ZPO; Arbitration Act Sweden 1999 (Art. 31, 32(1)) (dazu Franke, Introduction to Swedish Arbitration, Rdn. 7.2); Schweizer IPRG (Art. 189); Schiedsverfahrensgesetze ohne Verzichtsmöglichkeit: China Arbitration Law 1994 (Art. 54 S. 1); NCPC (Art. 1471 Abs. 2) (dies gilt allerdings nicht für internationale Schiedssprüche, die einem ausländischen Recht unterworfen sind, das keine Begründung fordert); allgemein diese positive Einstellung gegenüber einer Begründungspflicht widerspiegelnd die European Convention on International Commercial Arbitration 1961, Art. VIII; als einziger diametral entgegengesetzt Carbonneau, 23 Colum. J. T. L. (1985), 579, 581, 585: „the prevalent practice has been to render international arbitral awards without explaining the reasons by which the decision was reached.”. 667 United Steelworkers of America v Enterprise Wheel & Car Corp., 363 U.S. 593, 598 (1960): “Arbitrators have no obligation to the court to give their reasons for an award.”; die Praxis der AAA, für inländische Schiedsverfahren keine Begründung des Schiedsspruchs zu verlangen, dürfte auch in Zukunft dafür sorgen, dass es zu keiner weiteren Annäherung an internationale Standards kommt; vgl. aber Halligan v Piper Jaffray, 148 F.3d 197 (2nd Cir. 1998), wo das Gericht die fehlende Begründung des Schiedsspruchs als einen Grund für seine Aufhebung aufgrund „manifest disregard of the law“ ansah; s. auch AAA (Art. 27(2)), durch den für internationale Schiedsverfahren die Begründungspflicht mit einer Option zum Verzicht gilt; vgl. zu den Beweggründen (mit einer Tendenz hin zu einer Richtigkeitsvermutung aufgrund von Zeit- und Kosteneinsparungen) Murray/Rau/Sherman, Processes of Dispute Resolution, S. 514 und S. 639-641. 668 Unter Ausschluss staatlicher Gerichtsbarkeit kommt eine solche Überprüfung durch institutionelle Schiedsorgane nur im Rahmen der ICSID Arbitration Rules (Art. 50) i.V.m. ICSID Convention (Art. 52f.) in Betracht. 669 Als solche, und nicht bloß als weitere Mühsal, sollte jeder Schiedsrichter die Niederschrift seiner Entscheidung begreifen (ähnliches gilt zuweilen auch für staatliche Richter); nicht von der Hand gewiesen werden kann der gegen diese Überlegung gerichtete Einwand, dass selbst unter idealen Umständen die Niederschrift eines Schiedsspruchs nicht zwingen kongruent zur vorhergehenden Entscheidungsfindung sein muss, vgl. dazu Levin, How Judges Reason, S. 148f.“.

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können - auch zum Vorteil der eigenen Versicherung beständigen unparteilichen Handelns.

Park stellt dazu zu Recht fest: „Requiring awards to be reasoned may affect the arbitrator´s

ability to stretch for extra-contractual notions of fairness.“670. Insgesamt werden so die

Transparenz und mit ihr auch die Fairness des Schiedsverfahrens gestärkt671.

Auf der anderen Seite darf man einer Schiedsspruchbegründung keine allzu exponierte

Bedeutung für das Konzept der Fairness einräumen, weil sie letztlich keine Gewähr für

schiedsrichterliche Unparteilichkeit bietet. Denn erstens mag nicht recht überzeugen, dass

sich ein parteiischer Schiedsrichter erst durch eine ebenso parteiische schriftliche Abfassung

eines Schiedsspruchs outet672; und zweitens ist Papier geduldig; ein parteiischer

Schiedsrichter dürfte das von ihm gewünschte Ergebnis durchaus mit vollständig wertfreien

Ausführungen erreichen können, welche die dahinterstehende parteiische Einstellung

verbergen: Und derjenige Schiedsrichter, der seine Vertrauensstellung gegenüber den

Verfahrensbeteiligten bewusst missbrauchen will, kann ohnehin nicht daran gehindert

werden673; ihn kann auch eine Begründungspflicht nicht aufhalten, wenn seine

Entscheidungsgründe die einzige Erklärung für das von ihm gewünschte Ergebnis sind674.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen zeigt der eingangs zitierte Rat Lord Mansfield´s

die Schwierigkeit auf, ein gutes Judiz auch entsprechend gut zu begründen: „Gut“ jedoch

nicht im verschleiernden, die Parteien irreführenden Sinne, sondern von dem Willen getragen,

den Streit erkennbar fair zu entscheiden. Eine gewisse Bedeutung für die weitere Stärkung des

Konzepts der Fairness kann einer Begründungspflicht für Schiedssprüche also insofern

entnommen werden, als sie gegenüber dem Schiedsrichter einen gewissen

Rechtfertigungsdruck aufbaut; sie ist aber sicherlich der Möglichkeit nachgeordnet, Kontrolle

über Ablehnungs- bzw. Aufhebungsanträge ausüben zu können.

670 Park, 17 ArbInt 3 (2001), 263, 272. 671 Zu weiteren, im Rahmen dieser Untersuchung nicht behandelten Vorteilen einer Begründung vgl. Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 837ff., S. 848 (Rdn. 80 des First Working Group Report A/CN.9/216 (23 March 1982) und S. 856 (Rdn. 3 der Seventh Secretariat Note A/Cn.9/264 (25 March 1982)). 672 Wenngleich der Verfasser diese Möglichkeit nicht ausschließen kann; ähnlich Nariman, in: ICC Publication No. 472, S. 45: “The real trouble is that reputable ones (d.h. arbitrators, d. Verf.) do not require advice, the dispreputable ones do not care.”. 673 Einleuchtend und aussagekräftig in diesem Zusammenhang das Bild des „Houdini-like“ manipulierenden Schiedsrichters bei Altman, 89 Michigan L.R. (1990), 296, 311: „Houdini is willing to manipulate. By manipulation, I mean intentionally ignoring what one believes to be the most convincing argument and instead offering legal arguments that one believes to be less strong, while failing to disclose one´s reasons for doing so.”. 674 Ähnlich Schauer, 47 Stanford L.R. (1995), 633, 657f.

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E. Wechselwirkungen zwischen den Grundsätzen der Parteiautonomie und der Fairness

I. Problemstellung

Diametral entgegengesetzt zur staatlichen Rechtsprechung ist die Schiedsgerichtsbarkeit

Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Parteien, d.h. ihrer Parteiautonomie: Nach diesem

Leitbild675 stehen sich grundsätzlich gleichberechtigte und gleich durchsetzungsstarke

Parteien gegenüber, die in freier Selbstbestimmung durch die wechselseitige Übernahme

vertraglicher Verbindlichkeiten eine für beide Seiten befriedigende Lösung herbeiführen. In

diesem Sinne verstanden, könnte man so weit gehen und behaupten, die Parteiautonomie

gewährleiste schon aufgrund der nach ihr prinzipiell freien Entscheidungen einen gerechten

Ausgleich und sei sich selbst Beschränkung genug676: Die hinter diesem Gedanken stehende

Idee der Eigenständigkeit und Selbstregulierungs- bzw. Reinigungskraft der Parteiautonomie

ist faszinierend, vor dem Hintergrund der Macht nationalstaatlicher Souveränität allerdings

derzeit nur einer Untersuchung de lege ferenda zugänglich. Denn zu berücksichtigen ist, dass

die nationale wie auch internationale Schiedsgerichtsbarkeit ihre staatliche Anerkennung und

privatrechtliche Akzeptanz daraus ableiten soll, dass sie staatliche Rechtsprechung ersetzt:

Träte sie nicht selbst für die jeder Rechtsordnung zugrundeliegenden Prinzipien ein,

gefährdete sie sich existentiell677; weil also ein staatliches Gericht spätestens im Rahmen der

Vollstreckbarerklärung für die Einhaltung eines gewissen Maßes an Verfahrensgarantien, aus

hiesiger Sicht vornehmlich der Fairness, Sorge tragen muss, ergibt sich aus deren Analyse

eine grundlegende Wechselwirkung zwischen dem staatlichen Anspruch auf Einhaltung

dieses Mindestmaßes substantieller Verfahrensanforderung einerseits und der Parteiautonomie

andererseits678: Im Folgenden geht es deshalb nicht zwingend um den vollständigen Vorrang

eines der beiden Grundsätze, sondern um die Erkenntnis ihrer existentiellen Koexistenz679.

675 Von Lalive, in: ICC Publication No. 472, S. 119, 123, auf die prägnante Formel gebracht: „The parties´ common will is sovereign.“; ebenso Carabiber, Rec. Cours. 1960 I (99), 161, nach dem das Schiedsverfahren “essentiellement sur l´autonomie de la volonté des parties“ basiert. 676 Vgl. hierzu (im Zusammenhang mit Fragen deutschen Verfassungsrechts) Looschelders/Roth, JZ 1995, 1034, 1041. 677 Dieser Gedanke belegt einmal mehr den bereits untersuchten Grundsatz des Erfordernisses einer „arbitration in good faith“ und, dahinterstehend, den Grundsatz der Fairness. 678 Vgl. Park, 17 ArbInt 3 (2001), 263, 267: „An efficient framework for abitration requires balancing concern for finality against the need for some procedural safeguards. While a golden mean remains elusive, modern arbitration statutes usually seek a counterpoise between arbitral autonomy and judicial control.”; hinter dieser Wechselwirkung steht das Bild des Austarierens (“balancing the rights of the parties and interests of justice”), hinter dem wiederum das jeder Rechtsordnung übergeordnete Bildnis der Iustitia steht. 679 So auch Park, 17 ArbInt 3 (2001), 263, 269, der das Bildnis eines seiltanzenden Schiedsrichters verwendet, welcher sowohl die Mindestverfahrensgarantien als auch die Parteiautonomie balancieren muss und beständig eine zu bevorteilen (und damit vom Seil zu stürzen) droht.

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Geht man davon aus, dass ein internationales Schiedsverfahren von dem in der

Schiedsvereinbarung zum Ausdruck kommenden Willen der Parteien vollständig gedeckt ist,

so ist zu klären, bis zu welchem Grad die Parteien einvernehmlich auf die Einhaltung obiger

Verfahrensgarantien unter der Ägide des Grundsatzes der Fairness verzichten können, um

ihren Willen zu verwirklichen: In ihrer Extremform wirft die grundsätzliche Anerkennung des

Rechts auf freie Verfahrensgestaltung die Frage auf, inwieweit Schiedsparteien ihren Streit

durch parteiliche Schiedsrichter entscheiden lassen können; dass sie das wollen, ist nach

Ansicht des Verfassers wohl mehr als fragwürdig, wird allerdings immer wieder unterstellt,

insbesondere im Hinblick auf parteibenannte Schiedsrichter. In diesem Zusammenhang ist

auch zu klären, was geschieht, wenn die ausdrückliche Vereinbarung der Tätigkeit parteilicher

Schiedsrichter zwar nicht getroffen worden ist, sich eine der Parteien aber gleichwohl mit

einem solchen Schiedsrichter konfrontiert sieht: Kann sie „sehenden Auges“ darauf

verzichten, diesen Umstand vor der Schiedsrichterbank oder staatlichen Gerichten geltend zu

machen, weil sie trotzdem Vertrauen in eine faire Entscheidung hat und sich dies im Zuge des

Verfahrens sogar bewahrheitet?

II. Im Schnittfeld der Grundsätze der Parteiautonomie und der Fairness: Das Verbot, in

eigener Sache Schiedsrichter zu sein

„Indeed, short of authorizing trial by battle or ordeal or, more doubtfully, by a

panel of three monkeys, parties can stipulate to whatever procedures they want to

govern the arbitration of their disputes.“680.

Dieser illustren Aufzählung durch den für seine deutliche Sprache bekannten Justice Posner

wird im Folgenden eine weitere Komponente hinzugefügt werden, die im Schnittfeld der

Grundsätze der Parteiautonomie und Fairness steht und deren wechselseitige Beziehung bzw.

Koexistenz anschaulich verdeutlicht: Es ist das Verbot, Schiedsrichter in eigener Sache zu

sein.

1. Inhalt des Verbots, Schiedsrichter in eigener Sache zu sein

Niemand soll in eigener Sache entscheiden können, gleich, ob er allein oder mit anderen

zusammen entscheiden soll681. Wann aber ist eine Angelegenheit eine „eigene“ und wann

nicht?

680 Baravati v Josephthal, Lyon & Ross, Inc., (1994) 28 F. 3d 704 (7th Cir.) per Posner J.

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Der grundlegende Fall des Richtens in eigener Sache ist der, dass jemand gleichzeitig Partei

und Schiedsrichter desselben Verfahrens ist682; er ist in seiner Reinform bislang nicht

dokumentiert. Der Problemkreis der schiedsrichterlichen Entscheidung in eigener Sache

umfasst in der Rechtsprechung und Lehre aber weitere, inzwischen zahlreiche Fallgruppen

und Abstufungen683: Einerseits ist dies vor dem Hintergrund wachsender wirtschaftlicher

Verflechtungen, die Schiedsrichter, Parteien und ihre Interessenvertreter gleichermaßen

betreffen, nicht verwunderlich; andererseits führt die beständige Erweiterung des

Anwendungsbereiches dieses Gebots dann zu Rechtsunsicherheit, wenn man es als

unumstößliche Maxime auch der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit versteht - denn die

vollkommene Unschärfe im Hinblick auf Inhalt und Umfang des Verbots führt dazu, dass die

Schiedsparteien es nicht handhaben können bzw. keine Möglichkeit vorbeugender

Vertragsgestaltung haben.

Die folgende Untersuchung konzentriert sich deshalb nur ganz allgemein auf den

ursprünglichen, reinsten Fall des Verbots, in eigener Sache zu entscheiden - den der

gleichzeitigen Ausübung einer Partei- und Schiedsrichterstellung in demselben Verfahren684:

Er stellt die schwerwiegendste schiedsrichterliche Interessenverflechtung dar, weil eine

nähere Beziehung zwischen einer Partei und einem Schiedsrichter, der damit beauftragt wird,

über sie fair zu urteilen, nicht möglich ist; er liegt deshalb allen Erweiterungen auf Dritte, z.B.

vertretungsberechtigte Organe, Familienbeziehungen, finanzielle oder ideelle Interessen etc.

zugrunde - was für diesen Grundfall gilt, gilt a fortiori für seine schwächeren Ausformungen.

681 (Lat.): “nemo debet esse iudex in propria/sua causa”; dieser Grundsatz kann bis in den Codex Iustinianus 3,5 zurückverfolgt werden: „generali lege decernimus neminem sibi esse iudicem vel ius sibi dicere debere. In re propria iniquum admodum est alicui licentiam tribuere sententiae.“ (deutsche Übersetzung: “Durch ein generelles Gesetz verfügen wir, dass niemand in eigener Sache Richter sein oder für sich selbst Recht sprechen darf. Es ist nämlich hinreichend ungerecht, jemandem die Erlaubnis zu erteilen, in eigener Sache ein Urteil zu sprechen.“, d. Verf.); s. auch Seneca, De Beneficiis 3, 8, 1: „sed nemo huic rei satis idoneus iudex inventus est.“ (deutsche Übersetzung: „Es hat sich aber in dieser Sache kein genügend geeigneter Richter gefunden.“, d. Verf.). 682 So R v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate, ex parte Pinochet Ugarte (No. 2), (1999) 2 W.L.R. 272, 281f. (HL); für Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 10, ist es der „einfachste Fall des Richtens in eigener Sache“. 683 Vgl. zum deutschen Recht Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 6-56; Walter, S. 54-58; auch Vollkommer, Der Ablehnbare Richter, S. 67; zum internationalen Recht s. Adlerstein, S. 31ff.: „So einheitlich nationale Rechtsordnungen feststellen, dass Partei- und Schiedsrichterfunktion miteinander unvereinbar sind, so uneinheitlich beantworten sie die Frage, wann eine solche Identität vorliegt.“; vgl. auch die Entscheidung in R. v. Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate Ex p. Pinochet Ugarte No. 2 (2000) 1 A.C. 119; dazu kommentierend Jones, P.L. 1999, AUT, 391-399. 684 Allein die Vorstellung mutet - milde ausgedrückt - verwegen an, eine Partei könne sich selbst zum Schiedsrichter des Streits bestellen, ohne dass die Gegenseite davon etwas mitbekäme; durch die Behandlung dieses grundlegendsten Falles vermeidet die vorliegende Untersuchung aber das (unnötige, weil unergiebige) Problem, in das „Dickicht“ der Einzelfallentscheidungen hinabsteigen zu müssen; s. auch nachfolgend 3.

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2. Geltung des Verbots in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

Dass das Verbot, (Schieds-)Richter in eigener Sache zu sein, tatsächlich noch immer bzw.

bereits universale Geltung für sich beanspruchen kann, wird regelmäßig behauptet685 und in

der Folge seine Beachtung eingefordert686. Erfreute sich diese Ansicht in ihrer

Allgemeingültigkeit lange Zeit ungeteilter Zustimmung, haben die Arbeiten der UNCITRAL-

Kommission zur Gestaltung des Ablehnungsrechts und -verfahrens unter dem ML hieran

Zweifel geweckt: Nach eingehender Diskussion, das Ergebnis jedoch kaum begründend,

entschlossen sich die Kommissionsmitglieder, einen Schiedsrichter bei der Entscheidung über

den gegen ihn gerichteten Ablehnungsantrag mitentscheiden zu lassen687. Der später

unternommene Versuch, die Tatsache der Rezeption des ML durch nationale Gesetzgeber

nicht als Eingeständnis der Durchbrechung des Verbots anzusehen688, klingt dann auch nicht

überzeugend. Von noch größerer Bedeutung scheint die Regelung des Art. 4 ML und seine

Rezeption durch nationale Schiedsgesetze zu sein689, weil seine herausgehobene Stellung als

General Provision unter dem einleitenden Chapter 1 des ML Auswirkungen auf die

nachfolgenden Art. 12f., 18, 34 und 36 hat690.

Art. 4 ML ist Ausdruck der Parteiautonomie und eröffnet die Möglichkeit zu untersuchen, ob

ein schiedsparteilicher Verzicht auf die Geltendmachung des Verstoßes gegen das Verbot, in

eigener Sache zu entscheiden, wirksam ist:

685 Vgl. Calavros, S. 71f.: „Wenn es überhaupt einen allgemeinen prozessualen Rechtsgrundsatz gibt, dann ist es derjenige, dass niemand Richter in eigener Sache sein kann.“; ähnlich Münch, in Münchener Kommentar ZPO, § 1037 Rdn. 2. 686 Vgl. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1036 Rdn. 6 (m.w.N. zu seiner Tradition in der deutschen Jurisprudenz); s. zur entsprechenden anglo-amerikanischen Jurisprudenz die englische Entscheidung Burkett Sharp & Co. v. Eastcheap Dried Fruit Co. and Perera (1962) 1 Ll.L.R. 267, und die US-amerikanische Entscheidung Re Cross and Brown Co. (1957) 4 App. Div. 2d 501. 687 Gegen die Beteiligung des angegriffenen Schiedsrichters die deutsche Delegation (Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, 6th SN v. 19.3.1985, Art. 13 Nr. 2, S. 422; SR v. 7.6.1985 Session 9:30 a.m., Art. 13 Nr. 55, S. 429; die deutschen Kommissions- u. Regierungsentwürfe zur Rezeption des ML hatten diesen Bedenken noch Rechnung tragen wollen (vgl. Komissions-Bericht, S. 122, und BT-Drucks. 13/5274, S. 41 re. Sp., Rdn. 5); aus Respekt vor dem ML und dem Willen, sich internationalen Gepflogenheiten anzupassen (welchen?, d. Verf.) hat der Rechtsausschuss die entsprechende Ausschlussklausel dann wieder gestrichen, s. BT-Drucks. 13/9124, S. 10; die deutsche Rechtsprechung und Lehre sind gespalten: pro Verbot (Calavros, S. 71f.; Hußlein-Stich, S. 75f; Schiedsgerichtsverfahren DIS-SV-217/02, abgedruckt in IDR 3, S. 24ff. (dazu auch die Anm. von Häberlein, ebenda, 7ff.); contra Verbot (Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 327; Voit, in: Musielak/Voit, ZPO, §1037 Rdn. 4), differenzierend (Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1037 Rdn. 8 (darauf abstellend, ob es um eine verbindliche Entscheidung oder ein „unbedenkliches Vorverfahren“ geht); ähnlich Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 516), die jugoslawische Delegation und die ICC (Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, 6th SN v. 15.4.1985, Art. 13 Nr. 2, S. 425). 688 Vgl. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, § 1037 Rdn. 2 u. Rdn. 8; ähnlich Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 516. 689 Zu dem Streit um die Bedeutung der Reichweite von Art. 4 ML im Zusammenhang mit Fragen schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen s. bereits die Ausführungen im 1. Teil, B., II., 2.d. 690 Zu den entsprechenden Folgen dieser hier vertretenen Ansicht sogleich.

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3. Wirksamkeit eines Verzichts auf die Geltung des Verbots, in eigener Sache zu richten

Ist dieses Verbot nun Ausdruck eines Kanons unabdingbarer Fairness, gleichsam dem in Art.

4 ML grundsätzlich eröffneten Verzicht entzogen und damit gleichzeitig wirkungsvollste

Beschränkung der Parteiautonomie? Tatsächlich wird dies so im Bereich richterlicher

Interessenverflechtungen gesehen und dieses Verbot als ein gesetzlicher Ausschlußgrund

statuiert691. Für die Gestaltung von Schiedsverfahren, seien sie national oder international, ist

ein solcher Ausschlussgrund jedoch nicht allgemein anerkannt692. Er wäre nach hiesiger

Ansicht auch eine unnötige Beschränkung der Parteiautonomie, deren keinesfalls in Abrede

zu stellenden Exzesse auf wirkungsvollerem Wege und vor allem über den oben postulierten

Grundsatz der der Fairness verhindert werden können.

Zu diesem Zweck werden nachfolgend Fälle einerseits der schiedsparteilichen Unkenntnis

(dazu unter a.) und andererseits der schiedsparteilichen Kenntnis (dazu unter b.) derjenigen

Umstände unterschieden, welche zu der Bejahung des Tatbestandes des Richtens in eigener

Sache führen:

a. Kein wirksamer Verzicht bei schiedsparteilicher Unkenntnis

Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass der Schutz einer Schiedspartei über ihr Recht,

einen Ablehnungsantrag zu stellen, nicht dadurch ausgehebelt werden kann, dass die eine

Schiedspartei zugleich als ihr eigener Schiedsrichter entscheidet und die Gegenseite nur

deshalb keine Möglichkeit bekommt, sich dagegen zur Wehr zu setzen, weil es sich bei dem

Verbot des Richtens in eigener Sache um einen nicht normierten Ausschlußgrund handelt und

darüber hinaus ja immer noch die Möglichkeit eröffnet sein kann, diesen Umstand im

Rahmen eines Aufhebungsantrags geltend zu machen: Craig, Park und Paulsson nennen das

zu Recht einen „legal truism“693.

Der Grundsatz der Fairness verlangt, dass eine Partei diejenigen Umstände kennt, die es ihr

erlauben zu beurteilen, ob sich die Gegenseite entsprechend der gemeinsamen

Schiedsvereinbarung verhält. Nur wenn sie sich dessen sicher sein kann, braucht sie ihr

Ablehnungs- bzw. Aufhebungsrecht nicht geltend zu machen. Das aber bedingt, dass

691 So z.B. §41 Nr. 1-4 ZPO (der in §43 ZPO statuierte Verlust des Ablehnungsrechts bezieht sich nur auf §42 ZPO, Putzo, in: Thomas/Putzo, §43 Rdn. 1). 692 Kritisch hierzu für das deutsche Recht Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 74ff. und S. 129ff.; vgl. Münch, in: Münchener Kommentar ZPO, §1036 Rdn. 5, der aber die Geltung genereller - nicht normierter - Schranken und deren Überprüfung im Wege eines Verfahrens nach §1059 Abs. 2 Nr. 1(d) bzw. Nr. 2(b) annimmt. 693 ICC Arbitration, §13.05, S. 225.

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(1) sowohl Schiedsrichter als auch Parteien die Annahme des

Schiedsrichtermandats bzw. die Benennung mit größter Sorgfält vornehmen, und

dass

(2) sämtliche Verfahrensbeteiligten die jeweils übrigen Beteiligten über neue

Umstände unverzüglich informieren, die die Identität zwischen Partei und

Schiedsrichter (als der reinsten Form des Verstoßes gegen das Verbot, nicht in

eigener Sache zu entscheiden) herstellen.

Dieser Informationsvorgang muss durch diejenige Partei, der vorgeworfen wird, entgegen der

Schiedsvereinbarung gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache verstoßen zu haben,

jederzeit dokumentiert werden können694.

b. Wirksamer Verzicht bei schiedsparteilicher Kenntnis

International und erst recht im Hinblick auf das Verbot des Richtens in eigener Sache ist die

Problematik eines wirksamen Verzichts auf die Geltendmachung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen nicht eindeutig entschieden695.

In der common law-Rechtsprechung Englands scheint den Parteien das Recht zugestanden zu

werden, jeden erdenklichen - und damit auch den schwerwiegendsten - Interessenkonflikt

akzeptieren zu können bzw. darauf verzichten zu können, ihn über das Ablehnungsrecht

geltend zu machen; so wird man Sections 1(a), 24, 33(1)(a), 68 und 73(1) lit. (c) und lit. (d)

Arbitration Act England 1996 verstehen können. Eine Entscheidung dieser Frage wurde

jedoch in den Entscheidungsgründen zu Locabail (UK) Ltd v. Bayfield Properties and others

dadurch umgangen, dass man dem Schiedsrichter, der sich zu einer unparteiischen

Entscheidung nicht mehr in der Lage sieht, nahelegt, sich selbst abzulehnen696. Das Problem

694 Alle Verfahrensbeteiligten müssen sich auf das Schiedsverfahren vorbereiten und stets offenen Auges und Ohres sein; die Verfahrensbeteiligten unterliegen insoweit einer „schiedsrechtlichen Schadensminderungspflicht“. 695 So deutlich zuletzt aus der Entstehungsgeschichte der IBA Guidelines 2004, dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 451, sowie IBA Guidelines, Part II, No. 9; hierzu auch bereits im 1. Teil, B., III. 696 (2000) Q.B. 451, 489 (CA): “Plainly the judge should not sit, no matter what inconvenience to the parties may result, if he doubts his ability to be impartial. … It seems to us right that attention should be paid to the wishes of the parties. They are the principals. If they are content that the trial should proceed the judge should, in our view, except where he doubts his ability to be impartial, be very slow to abort the trial.” (Hevorhebungen d. Verf.); Stellung zum Vortrag der Verletzung von Art. 6(1) ECHR beziehen staatliche Gerichte z.B. in: Mousaka Inc. v. Golden Seagull Maritime Inc. and others, (2002)1 W.L.R. 395, 403E, per Steel J: “the parties have

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wird so von der Entscheidungsebene der Schiedsparteien, und damit deren „Zugriff“ über den

Verzichts- bzw. Präklusionsmechanismus, auf diejenige des Schiedsrichters verlagert bzw.

jener vorgelagert - und ersichtlich mit einem besonderen Vertrauen in die Fairness und

Integrität (inter-)national tätiger Schiedsrichter begründet.

Auf pan-europäischer Ebene vermag die Bulut-Entscheidung der ECHR-Spruchkörper die

Position europäischer Rechtsprechungsorgane verdeutlichen697: In der Entscheidung rügte der

Antragsteller, dass ein Richter von der Teilnahme an einem nationalen Strafverfahren hätte

ausgeschlossen werden müssen, das dieser zuvor als Untersuchungsrichter mit der

Vernehmung von Zeugen eben dieses Strafverfahrens vorbereitet hatte. Trotz Kenntnis hatte

der Antragsteller diesen Umstand vor dem nationalen Strafgericht nicht gerügt. Vor dem

ECtHR ging es darum, ob der Antragsteller damit auf sein auf nationales Recht gegründetes

Ablehnungsrecht stillschweigend verzichtet hatte bzw. vor dem ECtHR mit dem

entsprechenden Vortrag präkludiert war. Obiter dictum stellte dieser fest, er müsse den Antrag

trotz eines für die Beurteilung richterlicher Unparteilichkeit maßgeblichen objektiven

Prüfungsmaßstabs abweisen, da der Antragsteller auf sein Ablehnungsrecht durch Fristablauf

wirksam verzichtet habe und nunmehr mit seinem Vortrag präkludiert sei.

Petrochilos geht davon aus, dass der Schiedsspruch einer korrupten Schiedsrichterbank nach

Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 ECHR nichtig sein müsse, weil ein Straftatbestand erfüllt werde;

daran könne auch das Einverständnis der beteiligten Schiedsparteien nichts ändern698. Ähnlich

ablehnend gehen Craig, Park und Paulsson davon aus „that even when the challenging party

admits that it has no suspicion that the arbitrator is biased or partial, the challenge should

nevertheless succeed: where an arbitrator has a direct interest in the dispute the appearance of

impropriety is such that the arbitration system requires disqualification.“699.

renounced (in the interest of privacy and finality) the application of Article 6 albeit some incidents of this Article are, of course, preserved by section 68 of the Arbitration Act 1996.”; North Range Shipping Ltd v. Seatrans Shipping Corp., (2002) 1 W.L.R. 2397, 2403F, per Tuckey LJ: “parties to a consensual arbitration waive their Article 6 rights in the interest of privacy and finality.”; die US-amerikanischen Entscheidung Kushlin v Bialer, 301 NYS 2d 181, in der das Verbot des Richtens in eigener Sache obiter dictum dem Grundsatz der Parteidisposition vollkommen und vollumfänglich unterworfen worden war, muss wohl aufgrund ihrer zweifelhaften Berufung auf die Entscheidung in Amtorg Trading Corp. v Camden Fibre Mills, 305 N.Y. 519, unbeachtet bleiben. 697 ECtHR, Judgment of 22 February 1996, Reports 1996-II, Vol. 5, para. 34. 698 Petrochilos, S. 141, Rdn. 4.77; dabei verweist er auf Art. 3 und Art. 4 des Vorschlags eines Zusatzprotokolls des Europarats zur Criminal Law Convention on Corruption, abrufbar unter www.coe.int (Stichwort: Addenda to Criminal Law Convention). 699 Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, §13.05, S. 225f. (inkl. Fn. 51); so implizit wohl auch Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 516, der eine größere Toleranz in der Handhabung des Verbots bei parteiernannten Schiedsrichtern gelten lassen will, weil es dort nur den gleichen Einfluss der Parteien auf die

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Es gibt nach Ansicht des Verfassers vier gewichtige Gründe, einen vollumfänglichen Verzicht

auf die Geltendmachung von Ablehnungs- und Aufhebungsanträgen im Angesicht der

Wechselwirkungen zwischen den Grundsätzen der Parteiautonomie und der Fairness

zuzulassen:

(1) Eine Schiedspartei hat ein Recht darauf, Ablehnungs- und Aufhebungsanträge

zu stellen, ist dazu jedoch nicht verpflichtet700. Ob sie also den

schiedsrichterlichen Interessenkonflikt geltend macht, ist ihre Sache.

(2) Eine Schiedspartei muss, nachdem sie Kenntnis der das Ablehnungs- oder

Aufhebungsrecht begründenden Umstände erlangt hat, darüber unverzüglich die

Schiedsrichterbank in Kenntnis setzen. Hierzu verpflichtet sie ihre Pflicht, nach

Treu und Glauben zu handeln, welche vertragliche Hauptpflicht ist. Tut sie das

nicht, nimmt sie die Konsequenzen „sehenden Auges“ hin701.

(3) Langjährige praktische Erfahrungen zeigen, dass eine Partei in die

Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) auch eines von der Gegenseite benannten

Schiedsrichters Vertrauen haben kann. Das selbst dann, wenn dieser mit der ihn

benennenden Partei eng verbunden ist. Die Entscheidung über die

Inanspruchnahme der Dienste auch dieses Schiedsrichters verbleibt bei den

Parteien - es gibt keinen Grund, sie staatlichen Gerichten zu übertragen702.

(4) Das Wesen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit muss als „bargain and

contract“ und damit als Element parteiautonomer Transaktionsgestaltung

Besetzung der Schiedsrichterbank sicherstellen soll; nach Ansicht des Verf. hingegen sollte der Wille der Parteien, die „sehenden Auges“ tätig sind, entscheiden. 700 So zum Schweizer Recht A. Bucher, Kapitel 12 IPRG, N. 173. 701 Sog. „Put up or shut up“-Klausel, so auch DAC Report on the Arbitration Bill (February 1996), reprinted in 13 ArbInt 3 (1997), 275-316, No. 105; ebenso Merkin, Arbitration Act 1996, Section. 24, S. 62. 702 Warum sollte in einem solchen Fall der Grundsatz der Parteiautonomie, der hier sogar durch das Konzept der Fairness gestützt wird (weil dieses die Parteien zur verfahrensrechtlichen Aktivität anhält), durchbrochen werden? Das ist nicht einmal mit der (ominösen) Forderung zu rechtfertigen, die da lautet: „in the interest of the process of dispute resolution parties need to be constrained so as to avoid the process itself falling into disrepute.”; hierzu Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, §13.05, S. 226); ebenso wie der Verfasser auch die ICC Germany (dazu IBA Memo, 6 December 2002, Raeschke-Kessler, S. 2f.) sowie weitere institutionelle Schiedsorganisationen und Stimmen im Schrifttum, vgl. dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 453.

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verstanden werden. Nationalstaatlicher Souveränitätsprotektionismus ist hier fehl

am Platze703.

Unabdingbare Voraussetzung für einen derartigen Verzicht ist, dass die Partei die ihr

Ablehnungsrecht begründenden Umstände kennt und bewusst auf ihre Geltendmachung

verzichten kann; diese Voraussetzung ist dem Begriff des Verzichts aber auch bereits

immanent. Liegt eine solche Kenntnis nicht vor, kann deshalb selbstverständlich auch kein

wirksamer Verzicht auf das Ablehnungsrecht angenommen werden.

c. Möglichkeit der Akzeptanz dieses Verzichts durch nationale Vollstreckungssysteme

Läßt man diesen vollständigen Verzicht für das Verbot, in eigener Sache zu entscheiden, und

a fortiori für dessen „schwächere“ Ausformungen unter der Bedingung vollständiger

Information aller Verfahrensbeteiligter gelten, stellt sich de lege lata die Frage nach der

Möglichkeit der Akzeptanz dieser Lösung durch institutionelle Schiedsorganisationen und

letztlich durch staatliche Gerichte.

Welchen Schutz nimmt der hier vertretene Lösungsansatz einer ablehnungs- bzw.

aufhebungsberechtigten Schiedspartei, den er ihr nicht gleichzeitig über ein umfassendes

Informationssystem wesentlich sicherer, kosteneffektiver und vor allem im Gleichklang mit

den Grundsätzen der Parteiautonomie und der Fairness gewährt? Ist nicht gerade der

Extremfall der Akzeptanz eines Verstoßes gegen das Verbot, in eigener Sache zu

entscheiden704, der Beweis dafür, dass Parteiautonomie und Fairness keine gegenläufigen

Konzepte sind, sondern zugunsten internationaler Schiedsverfahren nur in dieser Koexistenz

wirken (können)? Wieso sollten die die internationale Schiedsgerichtsbarkeit beinahe

ausschließlich nutzenden Organisationsformen, die kaufmännisch organisiert auf

Gewinnerzielung ausgerichtet sind und sehenden Auges handeln, eines weiteren staatlichen

Schutzes bedürfen705? Diese Fragen sind nach hiesiger Ansicht theoretischer Natur, weil

703 S. dazu auch Teubner, Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, Rechtshistorisches Journal 15 (1996), 255ff.; weiterführend Radon, Sovereignty: A political Emotion, not a concept, 40 Stanford J. I. L. 2 (2004), 195ff.; Slaughter, Sovereignty and Power in a networked world order, 40 Stanford J. I. L. 2 (2004), 283ff. 704 Es wird hier noch einmal daran erinnert, dass der „reine“ Anwendungsfall dieses Verbots, die tatsächliche personelle Identität zwischen Schiedspartei und Schiedsrichter, praktisch kaum je zur Diskussion gestellt sein wird; es wird vielmehr um Fallgestaltungen gehen, die eine Ausweitung auf Vertretungsorgane, Familienbeziehungen etc. betreffen. 705 Vor allem dann, wenn sie doch stets geschützt werden, falls ihnen die Umstände, die den schiedsrichterlichen Interessenkonflikt begründen, nicht bekannt sind - denn dieser Schutz steht auch nach hiesiger Ansicht außer Frage. Oder geht es hier vielmehr um den fehlgeleiteten Schutz nationalen Rechts? Dagegen zu Recht BGHZ 65, 59, 66.

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diesem falsch verstandenen ordnungspolitischen Sendungsbewusstsein nationaler Gesetzgeber

und staatlicher Gerichte nur eine Antwort entgegengesetzt werden kann, die dem wahren

Charakter der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit entspricht: Ihre Teilnehmer bedürfen

keines Schutzes vor sich selbst. In seiner Lichtenstein-Entscheidung hat der BGH dies

ausdrücklich vor dem Hintergrund eines Rügeverzichts festgestellt706:

„Unter solchen Umständen erscheint es angebracht, dem in voller Kenntnis seiner

Tragweite gebildeten Parteiwillen den weitestmöglichen Raum zu geben. Das ist

die sachgerechte Folgerung daraus, dass die Einsetzung des Schiedsgerichts und

die Auswahl der Schiedsrichter in die Hand der Parteien gelegt ist und der

Grundsatz der richterlichen Unparteilichkeit im Schiedsgerichtsverfahren allein

ihrem Schutz dient. Wird nämlich einer Vereinbarung der Parteien, ihren Streit

durch ein bestimmte Person als Schiedsrichter entscheiden zu lassen, die

Anerkennung versagt und das Schiedsgericht als fehlerhaft besetzt angesehen, so

läuft dies auf einen Schutz der Parteien vor ihren eigenen Entschlüssen hinaus. Zu

einem solchen Schutz besteht in aller Regel kein Anlaß, wenn die Parteien

Bedeutung und Tragweite ihrer Vereinbarung klar zu überblicken vermögen.“707.

Deutlicher als durch die oben vorgeschlagene Lösung kann aber eine bewusste Entscheidung

der ablehnungsberechtigten Partei nicht dokumentiert werden. In der Folge muß einer Partei

die Möglichkeit, einen sie zur Ablehnung oder Aufhebung berechtigenden Umstand als

verfahrenstaktische Waffe erst bzw. noch später geltend machen zu können, aber als Verstoß

gegen das Konzept der Fairness verwehrt sein. Leider hat der BGH seiner deutlichen

Stellungnahme in den weiteren Entscheidungsgründen Folgendes - ohne weitere Begründung

bzw. Erläuterung - diametral entgegengesetzt:

„Die Regel, dass in einem Fall wie dem vorliegenden dem in voller Kenntnis

seiner Tragweite gebildeten Parteiwillen der weitestmögliche Raum zu geben ist,

findet ihre Grenze in dem auch für Schiedsgerichte geltenden Grundsatz, dass

niemand Richter in eigener Sache sein darf (BGHZ 51, 255, 258).“708.

706 Zu ihrem Inhalt s. Schlosser, ZZP 93. Band (1980), 121, 151; ders., Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 537; vgl. auch Walter, S. 56ff. 707 BGH, Urt. v. 3.7.1975 - III ZR 78/73 = BGHZ 65, 59, 66. 708 BGH, Urt. v. 3.7.1975 - III ZR 78/73 = BGHZ 65, 59, 67; hierauf bezieht sich auch BGH, Urt. v. 7.3.1985 - III ZR 169/83 = BGHZ 94, 92, 98.

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Welchem Zweck kann eine solche „Grenze“ dienen, wenn nicht einem nationalstaatlich

protektionistischen? Ist bereits der Bezug auf die ältere BGH-Rechtsprechung nicht erhellend,

weil auch dort keine inhaltliche Begründung für das Verbot, in eigener Sache zu entscheiden,

angeführt wird709, sind beide entschiedenen Sachverhalte für einen solchen Bezug auch nicht

geeignet, weil sie gerade im Hinblick auf den Kenntnisstand der Verfahrensbeteiligten

unterschiedlich gelagert waren. Und dennoch verdeutlicht gerade ihre Unterschiedlichkeit,

dass eben unterschieden werden kann, wann eine Partei über das Verbot geschützt werden

muss (bei Unkenntnis) bzw. wann nicht (bei Kenntnis). So wird verhindert, dass eine

Verzichtserklärung im Voraus im Fall der Unkenntnis der Umstände wirksam werden kann710.

Die Warnung Schlossers, dieses Verbot nicht zum Dogma verkrusten zu lassen711, sollte

beherzigt werden: Die Parteien sind mit der hier vertretenen Ansicht nicht schlechter, sondern

ganz im Gegenteil erheblich besser gestellt, weil durch die Anerkennung ihrer

Parteiautonomie, gleichzeitig aber auch die Einforderung ihrer Fairness über ihre

Verhaltenspflicht nach Treu und Glauben, das Ethos internationaler Schiedsverfahren

begründet wird.

III. Zusammenfassung zu I. und II.

Die Grundsätze der Parteiautonomie und der Fairness zeigen gerade in bezug auf die Frage,

ob die Parteien auf die Rüge der Beeinträchtigung des Verbots, in eigener Sache zu

entscheiden, wirksam verzichten können, dass sie einander nicht ausschließen und

beschränken, sondern existentiell ergänzen. Das „worst case“-Szenario der Personenidentität

zwischen Schiedspartei und Schiedsrichter kann dadurch zufriedenstellend gelöst werden,

dass man einerseits der anderen (informierten) Gegenseite eine zügige Reaktion abverlangt

und ihren ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzicht auf ihr Ablehnungsrecht, der

immer seine Gründe haben wird, als wirksam akzeptiert; andererseits dadurch, dass man der

Partei, die nicht vollständig über diesen Umstand informiert ist, ihr herkömmliches

Ablehnungs- und Aufhebungsrecht belässt.

709 Insofern zumindest ansatzweise begründend Kohler, Gruchot 31 (1887), 481, 497, der darauf hinweist, dass es zwar jedermann gestattet sei, „auf Rechte und Ansprüche zu verzichten und einem Anderen Rechte und Befugnisse zu verschaffen“, es aber „etwas anderes (sei, d. Verf.), seine Rechte zu behalten, sie aber in die Diskretion des Gegners zu stellen“. 710 Ausnahme hiervon ist der sehr unwahrscheinliche Fall, dass Parteien ihre eigene Bestellung zu Schiedsrichtern in der Schiedsvereinbarung festlegen und gemeinsam einen Vorsitzenden bestimmen wollen. 711 Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S. 412, Rdn. 537.

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IV. Der parteibenannte Schiedsrichter als Ausdruck dieser Wechselwirkungen

„Nowhere perhaps is the tension between traditional ideals of adjudicatory justice

and the contractual nature of arbitration felt more keenly than in the case of the

so-called „tripartite“ panel, where each disputant is permitted to select „his“

arbitrator and the two arbitrators named in this way are then to name the chairman

of the panel.“712.

1. Die Rolle des parteibenannten Schiedsrichters in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit

In internationalen Schiedsverfahren ist es Standard, dass jede Partei einen Schiedsrichter

benennt und der Vorsitzende von den so benannten beisitzenden Schiedsrichtern gemeinsam

bestimmt wird713; zuweilen wird dieser Umstand auch als „essence of arbitration“

beschrieben714. Vor diesem Hintergrund hat die einleitend zitierte Feststellung Rau´s bis heute

nicht an ihrer Sprengkraft eingebüßt - der Status des parteibenannten Schiedsrichters ist der

Hintergrund, vor dem Fragen schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen besonders häufig

diskutiert werden715.

a. Das Recht zur Schiedsrichterbenennung als Wesenszug eines jeden internationalen

Schiedsverfahrens

Zuweilen wird vorgeschlagen, diese Diskussion dadurch zu lösen, dass man das traditionelle

Benennungsrecht der Schiedsparteien auf einen Dritten überträgt, um so einen

augenscheinlich „richterähnlichen“ Status suggerieren zu können716. Nicht nur verkennt man

712 Rau, 14 ArbInt 2 (1998), 115, 123; ähnlich Kennedy, 8 Geo. J. L. E. (1995), 749ff. 713 Bei Verfahren der ICC und LCIA ernennt der jeweilige Court auch die parteibenannten Schiedsrichter, die zuvor von den Parteien vorgeschlagen worden sind, vgl. Arbitration Rules: ICC (Art. 8(3), (4) und Art. 9(1)); LCIA (Art. 7) (dies ändert jedoch an der nun zu untersuchenden Beziehung zwischen Parteien und Schiedsrichtern nichts Grundlegendes); ebenso Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103, 104f., und Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Rdn. 4-17 (für eine Übersicht gängiger Ernennungmethoden s. Rdn. 4-20 bis 4-34); allgemein dazu Miles, 20 JInt´lArb 3 (2003), 219-232; Herber, TranspR 2003, 207, 209; und Newmark/Hill, 7 Int. A.L.R. 3 (June 2004), 73-79. 714 Vgl. Mustill, 7 ArbInt (1991), 393, 399; Lalive, Conclusions, in: ICC Publication No. 472, S. 119, 123: “parties are deeply attached to their right to name an arbitrator, which is a condition for their trust in the institution of arbitration”; Bond, in: Multi-Party Arbitration, S. 37, 45; a.A. Häberlein, IDR 3, S. 7, 9, der sich für ein institutionelles Benennungsrecht (in Anlehnung an ZCC Arbitration Rules (Art. 9 I(d), III, und Art. 12) auszusprechen scheint; dagegen zu Recht Rau, 14 ArbInt 2 (1998), 115, 131: „the process chosen is after all their (d.h. ´the parties´, d. Verf.) affair.“. 715 Dazu Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103, 105; Lowenfeld, 30 Texas Int´l L.J. (Winter 1995), 59; Werner, 14 JInt´lArb (March 1997), 141ff. 716 So für das deutsche Recht Häberlein, IDR 3, S. 7, 9, der sich für ein institutionelles Benennungsrecht (in Anlehnung an ZCC Arbitration Rules (Art. 9 I(d), III, und Art. 12) auszusprechen scheint; kritisch Mankowski,

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damit die grundsätzliche Rechtsetzungskraft der Schiedsvereinbarung, die auf internationaler

Ebene regelmäßig die Einsetzung einer Dreipersonen-Schiedsrichterbank mit entsprechendem

schiedsparteilichen Benennungsrecht bewirkt; man erreicht damit auch nur Folgendes: (1.)

Nimmt man den Parteien dieses Benennungsrecht, weil man sie für unfähig hält, ein faires

Schiedsverfahren zu initiieren, muss man sich fragen lassen, woher man die Gewissheit

nimmt, dass gerade dieser Dritte Garant für ein solches ist - zumal derzeit wohl ohnehin nur

die größeren Schiedsinstitutionen in der Lage sein dürften, diese Funktion auszufüllen -

gerade sie aber selbst im wirtschaftlichen Wettbewerb zueinander stehen. (2.) In Anbetracht

derzeitiger Vertragsgestaltungspraxis717 werden Schiedsparteien jede Möglichkeit nutzen, ihr

Benennungsrecht beizubehalten - oder aber sich anderen Streitlösungsmechanismen

zuwenden und so die internationale Schiedsgemeinschaft an ihrer verwundbarsten Stelle, ihrer

wirtschaftlichen Potenz, existentiell treffen.

Die Autonomie der Parteien, ihren Streit unter Ausschluss staatlicher Gerichte zu lösen, wird

dadurch gewährleistet, dass sie auch die Zusammensetzung der Schiedsrichterbank

bestimmen können - eben durch die Wahl eines Schiedsrichters ihres Vertrauens. Das ist es,

was Schiedsparteien wollen, deshalb ziehen sie ein Schiedsverfahren der staatlichen

Gerichtsbarkeit vor718. Nach Ansicht des Verfassers wäre es falsch, die Auswahl eines

prospektiven Schiedsrichters an sich als Aufforderung an diesen mißzuverstehen, seiner

Unparteilichkeit abzuschwören und bloßer Interessenvertreter zu sein. Wer den

Schiedsparteien dieses „Grundrecht“ verneint, kappt die Wurzeln der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit und macht sie ihrerseits zum Büttel staatlicher

Souveränitätsinteressen719.

b. Die vermeintliche Notwendigkeit des Merkmals der Unabhängigkeit

Im Gegensatz zum staatlichen Richter, dem eine Vermutung unparteiischen Verhaltens zugute

gehalten wird720, wird die Unparteilichkeit eines parteibenannten Schiedsrichters bereits

aufgrund des Aktes der Benennung an sich in Zweifel gezogen, ohne dass auch nur der SchiedsVZ 2004, 304; sehr kritisch Haas, S. 227 (er sieht hierin „eine große Herausforderung; denn die Praxis der Parteien, bei der Schiedsrichterberufung „ihren Schiedsrichter“ zu benennen, ist nicht auszurotten.“). 717 Dazu Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103, 104f. 718 Ähnlich Bedjaoui, 5 JInt´lArb 1 (1988), 7, 13f. 719 Rau, 14 ArbInt 2 (1998), 115, 125: „Any ´conflict´ between (non-neutral) party-appointed arbitrators and ´societal goals of unbiased, impartial decision-making´ can only be problematical for us to the extent we are willing to overlook justifications rooted in private choice.”. 720 Warum aber? Weil er vom Staat bezahlt wird und sich keinem wirtschaftlichen Wettbewerb aussetzen muss bzw. ihm nicht ausgesetzt wird - ganz im Unterschied zum Schiedsrichter?! Weitergehend Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 503: „Ein staatlicher Richter reißt sich nicht nach mehr Arbeit. Schiedsrichter hingegen ist man gerne.“ (Nun ja, Anmerkung d. Verf.).

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geringste Hinweis auf Umstände vorliegt, die die Unparteilichkeit beeinträchtigen könnten:

Schiedsrichter und Richter sind zwar gleichermaßen dazu berufen, Recht zu finden und zu

sprechen; wer trotz dieser Gemeinsamkeit dann allerdings die Verankerung der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in der Parteiautonomie, Fairness und Entwicklung

einer globalen Marktwirtschaft außer acht lässt, verleugnet ihre Existenzberechtigung: Damit

wird keiner abgeschwächten Anforderung an die Unparteilichkeit eines parteibenannten

Schiedsrichters das Wort geredet, allerdings eine Abwertung der Bedeutung des

Unabhängigkeitsmerkmals gefordert und korrekte Verortung gegenüber dem

Unparteilichkeitserfordernis vorgenommen721. Wer die grundsätzliche Berechtigung dieses

Wesenszuges nicht akzeptiert, der dem Status des parteibenannten Schiedsrichters

unausweichlich immanent ist, kann auch die internationale Schiedsgerichtsbarkeit an sich

nicht akzeptieren.

Sobald und soweit die Auswahl und Einsetzung der Schiedsrichter in den Händen der Parteien

liegt und dieser Umstand Vorteil und Eigentümlichkeit eines internationalen

Schiedsverfahrens ausmacht722, muss das Problem von Interessenverflechtungen bei

parteibenannten Schiedsrichtern auf die Frage nach der Toleranzgrenze bei der Besetzung der

Schiedsrichterbank durch die Parteien reduziert werden723: Ist der parteibenannte

Schiedsrichter das hehre, gleichsam ätherische Wesen - ein „Wahrer des Gerechten“724? Oder,

diametral entgegengesetzt, jemand, der sich offen und vehement für die ihn benennende Partei

einsetzt, koste es, was es wolle - also nur ein weiterer Interessenvertreter? Beide Ansätze

führen bereits deshalb nicht weiter, weil sie extrem sind und das schiedsrichterliche und

schiedsparteiliche Ethos verkennen.

721 Ein staatlicher Richter ist per Definition finanziell unabhängig. 722 So zu Recht Lind/Tyler, The Social Psychology of Procedural Justice, S. 126: “The Ability to participate in the selection of arbitrators is critical to fairness in dispute resolution.”; ebenso BGH, Urt. v. 3.7.1975 - III ZR 78/73 = BGHZ 65, 59, 66. 723 Das ebenfalls maßgebliche Selbstverständnis des internationalen Schiedsrichters und die Art und Weise seiner Verfahrensführung wird zu Beginn des 3. Teils in Form der Entwicklung eines schiedsrichterlichen Ethos behandelt. 724 So E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599, 600; ähnlich Horvard, The Selection of Arbitrators, abrufbar unter www.freshfields.com/practice/disputeresolution/publications/pdfs/arbitratorselection.pdf, S. 5f. und 8ff.; vgl. auch Burke, Preface to the address of M. Brissot, 1794: „The cold neutrality of an impartial judge.“; die Frage sei erlaubt, ob so etwas bereits überhaupt schon über staatliche Richter gesagt werden kann; sehr kritisch auch Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 521: „Der Glaube an die notwendige Neutralität parteiernannter Schiedsrichter ist Illusion, mögen disziplinierte und juristisch geschulte Persönlichkeiten in dieser Rolle auch noch so bestrebt sein, sich in ihrem äußeren Auftreten keine Blößen zu geben.“; Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103, 107, fragt: „Is the ´neutral´ party-appointed arbitrator an unreliable myth?“.

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Dennoch wird mit diesen Fragen regelmäßig die Existenz eines fundamentalen Unterschieds

zwischen kontinental-europäischen und anglo-amerikanischen Jurisdiktionen bei der

Behandlung parteibenannter Schiedsrichter verbunden: Die des sog. „non-neutral party-

appointed arbitrator“725. US-amerikanische Schiedsverfahren sind ebenso wie kontinental-

europäische zuweilen Auswüchsen und Extremen seitens der Parteien und der

Schiedsrichterbank ausgesetzt - daran besteht kein Zweifel726. Es gibt allerdings keine

Hinweise darauf, dass man bei der Verwirklichung des Zwecks und Ziels eines

internationalen Schiedsverfahrens jenseits des Atlantik weniger effektiv arbeitet als diesseits.

Auch sollte die zu begrüßende Neuausrichtung des AAA/ABA Code Revisited 2004, die

nunmehr die Vermutung der „neutrality“ auch für den „non-neutral“ Schiedsrichter

einfordert727, nicht als „Schuldeingeständnis“ oder Beschreiten eines Weges der Besserung

gedeutet werden: Bereits mit dem AAA/ABA Code 1977 hatte man deutlich gezeigt, dass

trotz der Vermutung der „non-neutrality“ eines parteibenannten Schiedsrichters728 ein

gewisser Mindeststandard moralisch-ethischen Verhaltens auf jeden Fall eingehalten werden

musste729; in Schlosser´s Worten durfte auch schon damals ein Schiedsrichter den „Rubicon

nicht überschreiten“730.

Der Verfasser davon aus, dass die US-amerikanische Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der

Fairness und Integrität des Schiedsverfahrens im Ergebnis keinen schwächeren

Unparteilichkeitsstandard für parteibenannte Schiedsrichter als kontinental-europäische

Schiedsregelungen statuiert731 - wenngleich man das diesseits des Atlantiks nicht offen zugibt.

Die Schwierigkeit festzustellen, ob jemand tatsächlich unparteiisch ist, wird nicht dadurch

gelöst, dass man nicht auf das Unparteilichkeitserfordernis abstellt, sondern auf das der

725 Dazu E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599, 600ff.; zur Terminologie s. AAA/ABA Code Revisited 2004, „Note on Neutrality“. 726 Zur aktuellen US-amerikanischen Perspektive s. Friedman, 38 The Int´l Lawyer 2 (Summer 2004), 265, 274. 727 AAA/ABA Code Revisited 2004, “Note on Neutrality”; kommentierend Meyerson/Townsend, 59 D.R.J. 1 (February/April 2004), 10, 11ff.; grundlegend Coulson, 4 JInt´lArb 2 (Juni 1987), 103ff. 728 Meyerson/Townsend, 59 D.R.J. 1 (February/April 2004), 10, 12, gehen davon aus, dass parteibenannte Schiedsrichter nicht nur als Interessenvertreter auftreten konnten, sondern davon, dass dies von ihnen sogar erwartet wurde; dagegen jedoch überzeugend Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103, 106. 729 Canon VII., ´Introductory Note´ bzw. ´A. “Nonneutral party-appointed arbitrators should observe all of the obligations of Canon I. to uphold the integrity and fairness of the arbitration process, subject only to the following provisions: (1) Nonneutral arbitrators may be predisposed toward the party who appointed them but in all other respects are obligated to act in good faith and with integrity and fairness.”´ (Hervorhebungen d. Verf.); s. dazu auch Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103, 108. 730 Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 519. 731 Ähnlich i.E. Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 519-521; und Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103, 106ff.; a.A. Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration, Rdn. 1045f.: „Given the delaying tactics sometimes adopted by party-appointed arbitrators, it is not enough to require arbitrators to act in good faith. The better solution is to adhere to the requirements of independence and impartiality, in the hope that in practice they will discourage arbitrators from being systematically one-sided.”.

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Unabhängigkeit ausweicht, es so zum Wesensmerkmal eines Schiedsrichters macht und in der

Folge schiedsparteilichen Verfahrenstaktiken eine wunderbare Spielwiese bereitet. In der US-

amerikanischen Entscheidung Barcon Assoc. Inc. stellte Justice Clifford fest “to recognize

quite openly the inevitability of partisanship once party-appointed arbitrators are used might

be the only intellectually honest approach to the situation.”732. So sollte man es halten und

offen anerkennen, wozu der Mensch in seiner Eigenschaft als Schiedsrichter bestenfalls fähig

sein kann und dies dann zum Unparteilichkeitsstandard machen: Sind nicht Fairness und

damit Integrität und die Verhaltenspflicht nach Treu und Glauben nicht die alleinigen

Merkmale schiedsrichterlicher Unparteilichkeit, aufgrund derer die parteiautonome

Gestaltung des Schiedsverfahrens erst funktionsfähig wird? Der parteibenannte Schiedsrichter

muss also letztlich auch nach US-amerikanischem Standard unparteilich sein; nichts anderes

fordert nun auch der AAA/ABA Code Revisited 2004733.

Der hier vertretene Ansatz stimmt nur mit dem des englischen Gesetzgebers überein, d.h. die

Frage der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit wird nur thematisiert, wenn sie zugleich

Fragen der Unparteilichkeit aufwirft. Stabilisiert wird die hier vertretene Ansicht durch das

nachfolgend im 3. Teil zu behandelnde schiedsverfahrensrechtliche Ethos.

2. Das kontradiktorisch arbeitende Schiedsgericht

a. E. Bucher´s Modell

Bislang nicht richtig aufgenommen und diskutiert hat das internationale Schrifttum einen

Modellentwurf E. Bucher´s zum Umgang mit parteibenannten Schiedsrichtern, der noch aus

der Zeit vor dem „Hype“ der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit stammt734.

Insbesondere seine Ausgangsfrage weist nach Ansicht des Verfassers einen gangbaren Weg,

wie man sich der Problematik schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen

rechtssystematisch nähern kann:

„(Es, d. Verf.) muss wohl zuerst überlegt werden, mit welchem

Parteirichtermodell ein Schiedsgericht seine Aufgabe besser wird erfüllen können,

das heißt aber, welcher Typus des Parteirichters es dem einzelnen Schiedsgericht

732 430 A.2d., S. 230. 733 S. dort Canon X. 734 Vgl. E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599-616 (insbesondere S. 604-610 (III.-V.) und S. 614-616 (VIII.)).

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eher ermöglicht, zur richtigen Entscheidung zu gelangen, und damit der

Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit ... besser dient.“735.

E. Bucher erliegt also, ganz im Gegensatz zu den kontinental-europäischen Jurisdiktionen,

nicht dem scheinbaren Reiz, nach einem parteibenannten Schiedsrichter zu rufen, der seinen

auf dem schiedsparteilichen Willen gründenden Status leugnet. Für ihn ist entscheidend,

welchen Typs ein Schiedsrichter sein muss, damit er Gerechtigkeit, also Fairness736, bewirken

kann. Er entwickelt unter Rückgriff auf das Bild der systematischen Vorgehensweise bei

juristischen Fallösungen, also dem Hin- und Herwenden, Gegenüberstellen und Abwägen von

Gesichtspunkten die Überlegung, dass die darin zum Ausdruck kommende kontradiktorische

Tätigkeit nicht nur einem (inter-)nationalen Schiedsverfahren und damit den Schiedsparteien,

sondern der Rechts- , Gerechtigkeits- und damit Fairnessfindung an sich immanent ist:

„Im übrigen kann ... das „Gerechte an sich“ weder vorgestellt noch erkannt

werden, sondern es erscheint das Richtige als Resultante verschieden gerichteter

Vektoren, wobei nur diese Vektoren, d.h. die in verschiedene Richtungen

weisenden Parteiinteressen, direktem gedanklichem Zugriff offen stehen und das

Erarbeiten der angemessenen Lösung nicht ohne Profilierung dieser

Parteiinteressen und -standpunkte möglich ist.“737.

Indem E. Bucher so auch den Streitlösungsmechanismus eines Schiedsverfahrens auf die

wesentliche Aufgabe der Jurisprudenz schlechthin zurückführt, gelingt es ihm, den Kritikern

des Instituts des parteibenannten Schiedsrichters, der auf jeden Fall unparteilich, nicht jedoch

ebenso zwingend unabhängig sein muss, die Spitze ihres Vorwurfs der reinen

Interessenvertretung zu nehmen: Offene Augen und Ohren für den Tatsachen- und

Beweisvortrag der ihn benennenden Partei zu haben, kann einem Schiedsrichter nicht

„definitionsartig“ von vornherein negativ angerechnet werden bzw. als verwerflich gelten;

vielmehr erscheint diese Fähigkeit nach E. Bucher auf einmal als „sinnvolle Verteilung von

Aufgaben, die zu den Aufgaben des Gerichts an sich gehören.“738. Er sieht die Möglichkeit

einer solchen Geneigtheit („predisposition“), d.h. zugunsten der benennenden Partei

735 E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599, 605; gemeint ist der parteibenannte Schiedsrichter. 736 S. zum Vorrang der Fairness Rawls, Justice as Fairness, in: John Rawls, Collected Papers, S. 47ff. 737 E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599, 606. 738 E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599, 606.

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sprechende Gesichtspunkte „mit einer gewissen Einseitigkeit hervorzuheben“, nicht als

„Sünde“, sondern als Pflicht und Förderung der Rechtsverwirklichung an.

Um Missverständnissen vorzubeugen, soll sich seiner Ansicht nach diese Einseitigkeit jedoch

auf das Vorbringen von Argumenten beschränken und nicht zu der Absicht gesteigert werden,

diesen tatsächlich auch zum Erfolg zu verhelfen739. Die diesem Verständnis eines

parteibenannten Schiedsrichters immanente Missbrauchsgefahr sieht E. Bucher gleichwohl

und begegnet ihr mit einer Überlegung, die auch im internationalen Schrifttum von Praktikern

geteilt wird: Der über die kontradiktorische Neigung hinausgehende Einsatz eines

Schiedsrichters für die ihn benennende Partei manövriert ihn in eine unhaltbare Situation, weil

ihm dieser Vorgang den Respekt seiner Schiedsrichterkollegen nimmt740.

b. Stellungnahme: Möglichkeiten und Grenzen parteibenannter Schiedsrichter im

kontradiktorisch arbeitenden Schiedsgericht

Mit seinem Modell der kontradiktorisch entscheidenden Schiedsrichterbank gelingt E. Bucher

ein entscheidender, bislang zu Unrecht nicht weiter verfolgter Durchbruch: Es ermöglicht die

Verbindung des grundsätzlich anzunehmenden Wunsches der Schiedsparteien nach einer

rechtskräftigen Streitentscheidung741, also ihrer Parteiautonomie, mit dem

menschenmöglichen Maß an Unparteilichkeit, also der Fairness; dies gelingt unter

berechtigter Vernachlässigung des Unabhängigkeitsmerkmals gegenüber der deutlichen

Stärkung des Unparteilichkeitserfordernisses auch für parteibenannte Schiedsrichter.

Zu recht muss man verlangen, dass dieses Modell nicht zur Parteinahme führt, denn das

widerspräche der zwischen den Parteien vereinbarten Fairness. Natürlich steht es auch

Missbrauchsversuchen offen - wie jedes andere Denkmodell auch; es scheint aufgrund seines

wenig justitiablen Appells an die Selbstreinigungskraft der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit auch angreifbarer zu sein als es ein vorrangiges Beharren auf dem

739 E. Bucher, in: FG Kummer, S. 599, 608. 740 So Redfern/Hunter, Law and Practice, 4th ed., Rdn. 4-48: “Experienced practitioners recognise that the appointment of a partisan arbitrator is counter-productive, because the presiding arbitrator will very soon perceive what is happening and the influence of the partisan arbitrator during the tribunal’s deliberations will be diminished. It is a far better policy to appoint a person who may, by reason of culture or background, be broadly in sympathy with the case to be put forward, but who will be strictly impartial when it comes to assessing the facts and evaluating the arguments on fact and law.”. 741 „Pathologische“ Situationen, in denen es einer Partei nicht mehr um einen obsiegenden Schiedsspruch geht (weil sie - was selbstverständlich vorkommt und zuvor bereits unter dem Schlagwort „Missbrauch“ behandelt worden ist - ihre Sache von vornherein verloren gibt und nur noch den Erlaß des Schiedsspruchs zu hintertreiben sucht), sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. In einem solchen Fall muss der schlechteste und angreifbarste parteibenannte Schiedsrichter für sie der beste sein.

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Erfordernis der Unabhängigkeit sein könnte. Dieser Schein trügt jedoch: Die hier

befürwortete Sicht E. Bucher´s stellt die nüchterne, an der Ermittlung und Bewertung von

Tatsachen orientierte Tätigkeit des parteibenannten Schiedsrichters in den Vordergrund:

Diesem Ansatz immanent ist die Bereitschaft eines Schiedsrichters, die von den

Schiedsrichterkollegen vorgetragenen Argumente im Wege der Spruchfindung anzunehmen

und den eigenen „Tatsachenbeitrag“ nicht um seiner Durchsetzung und Akzeptanz seitens der

Kollegen, sondern um der tatsächlichen und rechtlichen Erörterung willen zu leisten. Die

Tatsache, dass die „Existenz“ als Schiedsrichter in dem konkreten Verfahren auf der

Benennung einer Schiedspartei gründet, kann man niemanden vorwerfen und sollte keinen

Makel darstellen742. Im Gegensatz zum staatlichen Richter, der bereits zum Zeitpunkt des

Entstehens einer Rechtsstreitigkeit aufgrund verfassungsrechtlicher bzw. gesetzlicher

Regelung bestimmt ist, ist den Schiedsparteien die Möglichkeit eröffnet, aufgrund ihrer

eigenen Rechtsgestaltungkraft eine solche Zuweisung entscheidend zu beeinflussen. Die

damit einhergehende stärkere Bindung der Schiedsrichterbank an die Schiedsparteien braucht

man jedoch keinesfalls verschämt zu leugnen: „The parties can ask no more impartiality than

inheres in the method they have chosen.“743.

F. Zusammenfassung des 2. Teils

Das Ergebnis obiger Überlegungen kann wie folgt zusammengefasst werden: Die Entstehung

von Interessenverflechtungen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit kann grundsätzlich

auf zwei Faktoren zurückgeführt werden - einerseits die Autonomie der Parteien, sich für ein

Schiedsverfahren zu entscheiden und es nach ihrem Willen zu gestalten; und andererseits auf

das Erfordernis, diese Entscheidung und ihre Ausgestaltung nur in dem Bewusstsein des

Grundsatzes der Fairness gegeneinander vorzunehmen, weil diese ihnen die hauptvertragliche

Verpflichtung zum Handeln nach Treu und Glauben auferlegt. Die Grundsätze der

Parteiautonomie und der Fairness stehen in ständiger Wechselwirkung zueinander: Dies

jedoch nicht als diametral entgegengesetzte, sich einander ausschließende Grundsätze mit der

Konsequenz, dass man sich letztlich für den einen entscheiden und den anderen verdammen

müsste; vielmehr kontrollieren bzw. ergänzen sie einander und dienen der Lösung

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte in untrennbarer Koexistenz.

742 Und doch ist dieser Vorwurf der Grund jeglicher Diskussion um den Status des parteibenannten Schiedsrichters; ähnlich Bedjaoui, 5 JInt´lArb 1 (1988), 7, 13ff.: „ Because (arbitration) is private, the parties must choose those who will judge them. This is the distinctive feature - the whole difference - which distinguishes an arbitrator from a judge, and gives a specific tone to the duties of the arbitrator.“. 743 Merit Ins. Co. v Leatherby Ins. Co, 714 F.2d, 673, 678 (7th Cir. 1983).

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3. Teil:

Verwirklichung der Grundsätze der Parteiautonomie und der Fairness durch die IBA

Guidelines 2004

Im 2. Teil wurde bereits die Geltung des Grundsatzes der Fairness und ihre bindende Wirkung

auf Schiedsrichter und Verfahrensbeteiligte im Allgemeinen behandelt; ein Schwerpunkt lag

darauf, die „duty to arbitrate in good faith“ als ihre Ausprägung herauszuarbeiten. Vor diesem

Hintergrund wird im Folgenden untersucht, inwieweit das Konzept der Fairness für die

Entwicklung eines eigenständigen schiedsverfahrensrechtlichen Ethos fruchtbar gemacht

werden kann (dazu nachfolgend unter A.); danach wird analysiert, ob die bereits erwähnten

IBA Guidelines 2004744 schon als ein erstes Grundwerk eines solchen

schiedsverfahrensrechtlichen Ethos angesehen werden können (dazu nachfolgend unter B.).

A. Notwendigkeit und Ausgestaltung eines international gültigen

schiedsverfahrensrechtlichen Ethos

“I am only a man, and when you come pleading before me, it may happen that

one of you will be more eloquent in his pleading and, as a result, I will adjudicate

in his favour according to this speech. If it so happens and I give an advantage to

one of you by granting him a thing which belongs to his opponent, he had better

not take it because I would be giving him portion of hell.” 745

Diese Worte umschreiben treffend gleichermaßen den Kern der Problematik

schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen als auch bereits ihre Bewältigung: Sie

verdeutlichen einmal mehr die Tatsache menschlicher Schwächen bzw. Unzulänglichkeiten

und ihre Auswirkungen auf eine Entscheidungsfindung; sie geben offen zu - ganz im

Gegensatz zu denjenigen, die einen internationalen Schiedsrichter zu einem reinen,

unbefleckten, beinahe ätherischen Wesen machen möchten. Gleichzeitig aber fordern sie auch

die Mitwirkung der Parteien ein, aus diesen menschlichen Fehlern keinen Vorteil zu Lasten

der Gegenpartei zu ziehen. Mag man in heutiger Zeit meinen, mit der Androhung einer

„portion of hell“ sehr gut leben zu können, so wird dennoch deutlich, worauf sämtliche

744 Verabschiedet am 22. Mai 2004 durch den IBA Council , abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: IBA Guidelines on Conflicts). 745 Zitiert bei Majeed, 20 ArbInt 1 (2004), 97, 109; ähnlich Bedjaoui, 5 JInt´lArb 1 (1988), 7, 9, der den Schiedsrichter als “being, neither a robot, nor an inanimate object“ bezeichnet; im Hinblick auf staatliche Richter vgl. Root, Address on International Subjects, S. 36f.

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Verfahrensbeteiligte bei der Durchführung von Schiedsverfahren achten müssen: Auf

Ehrlichkeit und Fairness, ein Handeln nach Treu und Glauben746, kurz gesagt, das

schiedsverfahrensrechtliche Ethos747:

I. Das schiedsverfahrensrechtliche Ethos - Praxisrelevanz, keine Theorielastigkeit

1. Notwendigkeit der Entwicklung eines schiedsverfahrensrechtlichen Ethos

Bereits eingangs des 1. und 2. Teils, insbesondere im Rahmen der Herleitung der

Allgegenwärtigkeit des Konzepts der Fairness wurde angedeutet, dass mit der Akzeptanz der

Institution der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit durch den grenzüberschreitenden

Wirtschaftsverkehr als vornehmliches Streitentscheidungsforum auch ein Wandel in der Art

und Weise der Gestaltung internationaler Schiedsverfahren einhergegangen zu sein scheint:

Diese würden nicht mehr im Sinne einer „gentlemanly and somewhat academic exercise

following which all concerned shake hands and walk away with smiling faces“ durchgeführt

werden, sondern trügen einen „combative style of arbitration“748, welche mindestens „a

contest, if not a war“ darstellte749. In der Folge scheint750 eine tiefergehende Unzufriedenheit

mit der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit entstanden zu sein: Allenthalben sehen sich

Schiedsrichter mit offensichtlich ungerechtfertigten Ablehnungsanträgen konfrontiert, sorgt

die Lehre sich darum, dass der Ökonomielastigkeit der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

nicht grundlegende Wesenszüge nationalen Rechts geopfert werden, befürchtet die

obsiegende Partei die Beeinträchtigung des erlassenen Schiedsspruchs im Rahmen des

Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens und beklagt die Gegenseite, dass anwendbares

Recht zu eng bzw. großzügig angewendet worden sei. Diese Unzufriedenheit gründet auf der

Vermutung, dass eigentlich legitime Verfahrenshandlungen missbraucht werden, weil ihr Ziel

die Verzögerung wie auch der Kollaps des Schiedsverfahrens sind.

746 So Majeed, 20 ArbInt 1 (2004), 97, 109: “The underlying and fundamental objective of all such procedural requirements is simple: that substantive truth should prevail over procedural technicalities.” (dabei Saleh, Commercial Agency and Distributorship, S. 71, zitierend). 747 So, zumindest implizit, auch Nariman, 16 ArbInt 3 (2000), 261, 263: „the true quest: the discovery of right.”; ebenso Marx Jr., 37 Arbitration 3 (1982), 52, 54: “the arbitration process is recognized to be on a unique ethical platform.”; zur Bedeutung von Moral und Ethik im heutigen Geschäftsverkehr ders., ebenda, S. 52: „We live in a world of cynism, where it is considered wiser to doubt and question than to believe. Words take on special ominous significance.”; eher rechtsphilosophisch Schauer, The Limited Domain of the Law, 90 Virginia L.R. 7 (November 2004), 1909ff. 748 Vgl. Hunter, 53 Arbitration (November 1987), 219, 220 li.Sp. 749 Baum, 4 JInt´lArb 4 (1987), Editorial. 750 Der hier angenommene Zustand ist 1.) empirisch in aller Deutlichkeit bislang nicht belegt und 2.) nur aus veröffentlichten Schiedssprüchen, Mitteilungen der administrierenden Schiedsorganisationen und der Behandlung durch das internationale Schrifttum bestimmbar.

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Die internationale Schiedsgemeinschaft hat bislang keinen weltweit anerkannten

Regulierungskörper, vergleichbar mit hiesigen Berufskammern oder auch nur

Interessenverbänden, geschaffen, der einen Verhaltenskodex für eine

schiedsverfahrensrechtliche Etikette hätte erarbeiten können751; es fehlt ein solcher „Knigge“:

Nationale Gesetze und internationale Konventionen formulieren lediglich allgemeine

Grundsätze wie die schiedsrichterliche Unparteilichkeit, den Respekt vor den Grenzen

schiedsrichterlicher Zuständigkeit oder das Gebot, jeder Partei die Möglichkeit zum Vortrag

und Beweisantritt zu geben; international ausgerichtete Schiedsinstitutionen räumen den

Schiedsrichtern bei der Sachverhaltsaufklärung und Vertragsauslegung weites Ermessen ein

und das Schrifttum kann bestenfalls argumentativ wirken752.

Kann man einen Missbrauch von Verfahrensmechanismen auch oftmals erkennen753, ist es

doch schwierig, ihn inhaltlich klar zu umfassen, weil er sich aufgrund der Beteiligung der

Parteien und damit ihrer diametral entgegengesetzten wirtschaftlichen Interessen jeglicher

Schwarzweißmalerei entzieht: Wann aber ist eine Verfahrenshandlung missbräuchlich? Und

missbräuchlich im Vergleich wozu? Das Fehlen eines international anerkannten und gültigen

schiedsverfahrensrechtlichen Knigge und die unterschiedlichen Erwartungshaltungen der

Verfahrensbeteiligten754 drohen dazu zu führen, ein Verhalten immer schon dann als

missbräuchlich anzusehen, wenn es nur ein wenig über das hinausgeht, was der jeweils

Beurteilende hinzunehmen bereit ist; dies wiederum richtet sich nach demjenigen Maßstab

normalen und zulässigen verfahrensrechtlichen Verhaltens, der dem Beurteilenden kulturell

vertraut ist. Anhand welchen Maßstabs soll nun geurteilt werden?

751 Zuletzt die Vorteile der Regulierung schiedsrichterlicher Aktivitäten und ihre Notwendigkeit für das Ziel der Fairness und Gerechtigkeit hervorhebend Lianbin, 21 JInt´lArb 5 (2004), 473: „regulation of arbitrators can be seen as the key to achieving arbitral justice.“. 752 So über einflussreiche Standardwerke wie z.B. Fouchard/Gaillard/Goldman, International Arbitration, 1999; Redfern/Hunter, Law and Practice, 1999 bzw. Student Edition 2003, oder auch Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, 2000. 753 S. die einleitend zum 1. Teil zitierten Worte von Potter Stewart J „I know it when I see it.“; vgl. auch Scrutton LJ in der englischen Entscheidung Merchants Marine Insurance Co. Ltd. v. North of England Protecting and Indemnity Association (1926) 26 Ll.L.R. 201, der sich auf einen Gentleman bezog, der „could not define an elephant but knew what it was when he saw one.”. 754 Für ein besonders prägnantes Beispiel der unterschiedlichen Erwartungshaltung beteiligter Schiedsparteien s. die Buraimi Oasis-Arbitration, dokumentiert in: Wetter, The International Arbitral Process, 1979, Vol. III, S. 357; zum Sachverhalt auch Hunter, 53 Arbitration (November 1987), 219, 221.

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2. Das schiedsverfahrensrechtliche Ethos als (kleinster) gemeinsamer Nenner755

Zumindest begrifflich scheint die Praxis des „combative style“ dem grundsätzlich

kontradiktorischen Charakter der Schiedsgerichtsbarkeit und ihrem Ziel eines vollstreckbaren

Schiedsspruchs eher zu entsprechen als der „gentlemanly style“, der eine mehr vergleichende

Verfahrensgestaltung umschreibt. Dennoch - auch die kontradiktorische Verfahrensgestaltung

eröffnet nicht die Möglichkeit zügellosen Verhaltens, sondern verlangt schlicht nach

Beachtung einer ethischen Grundhaltung, die jeder Rechtsanwendung immanent ist756, die

jedermann zu beachten in der Lage ist und, vor allem, die jedem Verfahrensbeteiligten das

von ihm gewünschte faire Verfahren garantiert757.

Begrifflich umfasst diese ethische Grundhaltung die moralische Gesamthaltung eines

Menschen: Seine sittlichen Lebensgrundsätze, die er im Verlauf seines Lebens erarbeitet hat

und die Grundlage seines Wollens und Handelns bilden; die Aufforderung, sich mit Fragen

nach dem Richtigen und Falschen zu beschäftigen sowie sein inneres Wertesystem. Fern

jeglichen visionären Gehabes758 verlangt das schiedsverfahrensrechtliche Ethos nach

Verwirklichung des „spirit of arbitration“:

“The dominant feature of arbitration is mutual understanding so as to be able to

solve the conflict that has occured. The aim of arbitration is not to draw from the

applicable law a decision against the parties involved but to clarify, together with

the parties, what should be done in a given situation to achieve justice with co-

operation. This is what I expect from arbitration, whether commercial or

755 Ähnlich Mullerat, IBA News June 2004, S. 33, der die Möglichkeit eines „modern international code, with broad aspirational ethical rules applicable to the international legal community, without abrogating, but superposed respectfully on national and local rules.“ sieht (dabei scheint er sich aber eher auf einen berufsrechtlichen, anwaltlichen Kodex denn einen für internationale Schiedsrichter zu beziehen). 756 S. auch Lord Ackner: “(I put foremost) the need to ensure the just result and therefore, to circumvent precendent if you can do it properly … . The right approach, I am sure is: what does common sense indicate as the right angle? Then, what are the relevant principles? And then what is the situation so far as precedent is concerned” (zitiert in Chubb/Sturges, Judging the World, S. 269), der dies im Rahmen seiner Feststellung geäußert hat, dass die positive Rechtsanwendung immer auch berücksichtigen muss, dass sie eine nicht zu vernachlässigende moralische Komponente hat. 757 Ähnlich Platte, 20 JIntArb 3 (2003), 307, 313; s. auch den Report of Special Committee on Professionalism of National Academy of Arbitrators (1987) Daily Lab. Rep. (BNA) 106, S. E-1, E-4, 4 June: “There are those among us who view arbitration primarily as a business. They are likely to concentrate more on self-interest than the interest of the profession. We recognize that arbitrators are no less ambitious than other professionals; we recognize that many of us are dependent on arbitration fees for a livelihood. But self-serving instincts must always be subordinated to the need to uphold the integrity and honour of the profession.” 758 Allgemein zur Wirkung von Visionen vgl. von den Eichen/Stahl, Brauchen Unternehmen noch Visionen?, F.A.Z. v. 14. Februar 2005, Nr. 37, S. 20.

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diplomatic, national or international. Achieving this process requires all along that

all participants are inspired by “l´esprit de l´arbitrage”.759.

Weil Schiedsgerichtsbarkeit aus dem Grundvertrauen zwischen den Parteien hervorgeht und

deshalb zwischen ihnen ein besonderer Vertrauenstatbestand besteht, ist dieses moralisch-

ethische Verhaltensmuster gerade für sämtliche Schiedsverfahrensbeteiligten entscheidend760:

Alle bedürfen eines gewissen Mindestschutzes vor bewusst verfahrensverzögernden und

rechtsmissbräuchlichen Verfahrensgestaltungen; gleichzeitig stehen sie aber auch in der

Pflicht, ihren Teil zu einem fairen, zügigen und abschließenden Verfahren beizutragen.

Erkennen sie diese Wechselwirkung von Rechten und Pflichten, von Parteiautonomie und

Fairness, bekommen sie den von ihnen gewünschten effektiven Streitlösungsmechanismus.

3. Das Ethos der Verfahrensbeteiligten

a. Das Ethos der Schiedspartei und ihres Interessenvertreters

Bereits mehrfach ist in der bisherigen Untersuchung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen angeklungen, dass sich ihre Diskussion unverständlicherweise nur

um das schiedsrichterliche, nicht aber das schiedsparteiliche Verhalten dreht. Dadurch bleibt

jedoch regelmäßig Folgendes außer acht: Schiedsrichter werden von den Parteien „in´s

Rennen“ geschickt, die sowohl zum Zeitpunkt der Benennung als auch jedem späteren

Zeitpunkt die umfassendste Tatsachen- und Beweiskenntnis haben. Dreh- und Angelpunkt der

Diskussion sind daher die Parteien, erst danach, dann aber auch immer, kann die

verpflichtende Wirkung eines schiedsrichterlichen Ethos einsetzen761.

Damit wird den Parteien nicht per se die Neigung unterstellt, ein Schiedsverfahren nur dann

ihrer Verpflichtung zur Fairness entsprechend nach zu führen, wenn es ihren wirtschaftlichen

Interessen entspricht; sie müssen sich aber bewusst werden, dass sie mit dem Abschluss der

Schiedsvereinbarung nicht nur staatliche Rechtsprechung ausschließen, sondern sich auch

einer kulturell in jeder Hinsicht vielfältigen Schiedsrichterbank anvertrauen, deren

Zusammensetzung wiederum auf ihre eigene kulturelle Vielfalt zurückgeht und diese 759 Zitiert aus einem Brief von M. Michel Gaudet, Honorary President of the ICC Court of International Arbitration, an Nariman, abgedruckt bei diesem in 16 ArbInt 3 (2000), 261 und 264; ähnlich William Rees-Mogg, A good arbitrator? in: London Times, Millenium Issue (1 January 2000), der sich an ein Gespräch mit einem Taxifahrer in Hong Kong und dessen Kommentar zum vorherigen britischen Gouverneur erinnert, als er feststellt: „He was a good Governor, even when he was wrong.“. 760 Dazu Dezalay/Garth, Dealing in Virtue, 1996; ebenso Yanming, 5 JInt´lArb 12 (1995), 5, 11. 761 Ähnlich Paulsson, 70 Arbitration 3 (2004), 193, 197: „the fact is that arbitral institutions, on the one hand, and the parties and their lawyers, on the other hand, have a far greater say in who gets appointed than do arbitrators.“.

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widerspiegelt: Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist die gemeinsame Sprache, die von

Kaufleuten geteilt wird; diese Sprache gilt es zu erlernen; Hunter stellt hierzu fest: „If we - the

international arbitration community - can educate the parties so that they have common

expectation as to how arbitrators should behave, this will be beneficial for the arbitral process

and will also be the best method of providing protection for arbitrators.”762.

Diese an die Parteien gerichtete Aufforderung ist zugleich auch an deren Interessenvertreter

gerichtet: Sie sind es letztlich, die den Tatsachen- und Beweisvortrag ihrer Mandanten

rechtlich einkleiden und die Verfahrenstaktik bestimmen. Sie sind regelmäßig Juristen763,

unterliegen national und international ihren eigenen berufsständigen Regelungen, die

ihrerseits häufig um spezielle Verhaltens- und Ehrenkodizes ergänzt sind, welche sie rechtlich

bzw. moralisch-ethisch binden764. Die Frage nach der Rolle des anwaltlichen

Interessenvertreters wirft grundlegende Fragen nach seinem Rollenverständnis in der

Gesellschaft an sich auf765. Art. 4.5 CCBE Code überträgt diese rechtlichen und

berufsethischen Pflichten auf das Verhältnis anwaltlicher Interessenvertreter in

internationalen Schiedsverfahren gegenüber allen Verfahrensbeteiligten766: Durch diese

Überleitungsnorm wird von jedem Anwalt erwartet, dass er in vollständiger Unabhängigkeit

von allen Verfahrensbeteiligten tätig ist767, seine persönliche Ehre, Integrität,

762 53 Arbitration (November 1987), 219 re.Sp., 221 re.Sp.; ders., in: ICC Publication No. 472, S. 25; ähnlich, wenn auch beinahe verschämt versteckt am Ende seiner Ausführungen und ohne weitere Begründung, Hascher, 6 ICC Bulletin 11 (November 1995), 4, 18: “One may well ask whether the issue is not so much the lack of independence on the part of arbitrators but is rather the lack of training on the part of parties and their representatives, as well as lack of knowledge of the fundamental principles of ethical conduct in this area that is really the problem.”; ebenso Öre, 68 Arbitration 2 (2002), 90, 105, die auf die wohl noch einzigartige Tätigkeit des Chartered Institute of Arbitrators, London, und den nach Durchlaufen eines Schulungs- und Fortbildungsprogramms verliehenen Titel des “Chartered Arbitrator” verweist; erste ähnliche Bemühungen unter CIETAC beschreibt Yanming, 5 JInt´lArb 12 (1995), 5, 6. 763 Vgl. nur ICC Arbitration Rules (Art. 15(5), Art. 6(3) und Art. 20(2)). 764 National: z.B. Deutschland (BRAO); Frankreich (Internal Regulations der Paris Bar, 2001), USA (ABA Model Rules for Professional Conduct, 2002; England & Wales (Rules of Professional Conduct der Law Society of England & Wales, 2004); international: IBA Statement of General Principles for Ethics of Lawyers 1956/1964/1995 (abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: General Principles for Ethics)); Code of Conduct for Lawyers in the EU (CCBE) 2002 (engl. Version abrufbar unter www.ccbe.org, Stichwort: Code of Conduct for Lawyers, und dt. Version unter www.brak.de/aktuelles/1.Seite/Berufsregeln-CCBE7.8.htm); dazu Toulmin, A Worldwide Common Code of Professional Ethics, 15 Fordham I.L.J. 3 (1991-2), 673; Cone III, in: The Stein Institute of Law and Ethics, S. 219; Godfrey, Law without frontiers, S. 21ff.; zuletzt Mullerat, 8 ICC Bulletin 1 (May 1997), 41-47. 765 Zu Fragen anwaltlicher Interessenkonflikte und “Chinese Walls” vgl. die englische Entscheidung Prince Jefri Bolkiah v. KPMG (1992) 2 A.C. 222; sehr umfassend Chester/Rowley/Mcmillan Binch, Conflicts of Interest, Chinese Walls and the Changing Business of the Law, B.L.I. 2 (2000), 36-88. 766 Art. 4.5 CCBE Code lautet wie folgt: „The rules governing a lawyer´s relations with the courts apply also to his relations with arbitrators and any other persons exercising judicial or quasi-judicial functions, even on an occasional basis.”. 767 S. auch Art. 2.1. CCBE Code: “The many duties to which a lawyer is subject require his absolute independence, free from all other influence, especially such as may arise from his personal interests or external

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Vertrauenswürdigkeit und Ehrlichkeit über jeden Zweifel erhaben sind768, er jeden vor der

Schiedsrichterbank gültigen Verhaltenskodex769 und auch die Pflicht beachtet, die Interessen

seines Mandanten über seine eigenen oder die eines Dritten zu stellen, soweit dies mit jenen

berufsrechtlichen und -ethischen Pflichten in Einklang steht770. Berücksichtigt man, dass der

CCBE Code das konsensfähige, anwaltliche Berufsethos auch für Tätigkeiten als

Interessenvertreter in internationalen Schiedsverfahren darstellt und die Wahrnehmung der

Interessen des Mandanten beständig an ihm zu messen ist (und nicht umgekehrt!), so wird

deutlich, dass er das Ziel anwaltlicher Berufsausübung ist771: Er beinhaltet ein anwaltliches

schiedsverfahrensrechtliche Ethos.

b. Das Ethos des Schiedsrichters

Die vorangegangenen Ausführungen dienen nicht dazu, den Schiedsrichter von seiner

Verantwortung für die Verwirklichung des schiedsverfahrensrechtlichen Ethos

freizusprechen; sie sollen jedoch den Fokus, der bislang stets auf schiedsrichterliches

Verhalten gerichtet war, in das richtige Verhältnis zum Regelfall ihrer Benennung durch die

Schiedsparteien rücken: In dem Moment, in dem ein Schiedsrichter um die Übernahme einer

schiedsrichterlichen Tätigkeit gebeten wird, fällt ihm eine besondere Rolle zu: Diese

erschöpft sich nicht darin, dass er aufgrund des Schiedsrichtervertrages eine Dienstleistung

gegen Bezahlung erbringt; er ist vielmehr eine Leitfigur, die die Parteien durch das Verfahren

mit dem ausschließlichen Ziel führt, einen fairen Schiedsspruch zu fällen. Rule 1 des Code of

Professional and Ethical Conduct for Arbitrators of the Chartered Institute of Arbitrators

unterstützt dieses Ziel mit der Forderung, dass “an arbitrator has an overriding obligation to

act fairly and impartially between the parties”772; und Art. 13 Satz 1 China Arbitration Act

1994 verlangt “The arbitration commission shall appoint fair-minded and respectable persons

pressure.“; die Bedeutung der Unabhängigkeit besonders betonend Calamandrei, Elogio die giudici scritto da un avvocatto, ed. 1993: „solo là dove gli avvocati sono independenti, i giudici possono essere imparziali.“. 768 S. Art. 2.2 CCBE Code: „Relationships of trust can only exist if a lawyer´s personal honour, honesty and integrity are beyond doubt. For the lawyer these traditional virtues are professional obligations.”. 769 S. Art. 4.1 CCBE Code: “A lawyer who appears, or takes part in a case before a court or tribunal in a Member State, must comply with the rules of conduct applied before that court or tribunal.”. 770 S. Art. 2.7 CCBE Code: „Subject to due observance of all rules of law and professional conduct, a lawyer must always act in the best interests of his client and must put those interests before his own interests or those of fellow members of the legal profession.“. 771 Ähnlich Mullerat, 8 ICC Bulletin 1 (May 1997), 41, 47: „Deontology is the essence of the legal profession, and as such, must be protected and defended. Lawyers, as co-ministers of Justice, consider their independence and their professional ethics to be the quintessence of their mission.”. 772 Abgedruckt in 66 Arbitration (2000), 60ff. (s. auch die Vorversion „Guidelines of Good Practice for Arbitrators“, abgedruckt in Arbitration (May 1991), 81ff.; kommentierend Öre, 68 Arbitration (2002), 91, 94.

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as arbitration officers.”773. Die Anforderung der „fair-mindedness“ auferlegt dem

Schiedsrichter eindeutig moralisch-ethische Pflichten774. Diese sind nachfolgend:

(1.) Die Pflicht zur Fairness:

Sie ist das durchdringende und durchgängige Streben nach vollständiger

Rezeptibilität, dem Bemühen danach, allen Verfahrensbeteiligten aufgrund eines

„open mind“ das zuzusprechen, was ihnen zusteht. Sie ist das Band, dass alle

nachfolgenden moralisch-ethischen Pflichten umfasst775. Sie bereitet das „level

playing field“ für die Parteien.

(2.) Die Pflicht zu rationalem Vorgehen:

Entscheidungen müssen sich aus Tatsachen- und Beweisvortrag ergeben, also

rational nachvollziehbar sein776.

(3.) Die Pflicht zur Vertrauenswürdigkeit und Ehrlichkeit:

Beide Begriffe verlangen danach, nicht tatsachenbezogene Umstände außer acht zu

lassen; um also vertrauenswürdig und ehrlich sein zu können, muss man

tatsachenbezogen denken, womit man eine Verknüpfung zu (2.) und (1.) herstellt.

(4.) Die Pflicht zur Selbstdisziplin, zu Selbstbewusstsein und Selbstverständnis:

Selbstverständnis und -disziplin sind der Akt, sein Selbstbewusstsein zu entwickeln;

nur der Schiedsrichter, der aufgrund seines positiven Selbstverständnisses

selbstbewusst wird, kann den Schiedsparteien und den Kollegen gegenüber Leitfigur

sein.

(5.) Die Pflicht zur Integrität:

Sie fordert Loyalität gegenüber vernunftbezogenen Grundsätzen (s. (2.)-(4).) und

schließt so zur Fairness auf777.

(6.) Die Pflicht zur Sicherung der Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs:

773 Adopted 31 August 1994; s. insbesondere Art. 13 S. 2: “Arbitration officers shall have one of the following qualifications: (1) have eight years of arbitration experience; (2) have worked as a lawyer for eight years; (3) have served as a judge for eight years; (4) have studied law or engaged in educational work and have a senior professional title; or (5) have legal knowledge, worked in the fields of economics or trade, and have a senior professional title or equivalent professional expertise.”; s. auch Art. 7: “Arbitration shall be carried out on the basis of act and in accordance with law to settle disputes in a fair and rational manner.”. 774 Vgl. dazu auch die Unterscheidung bei Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 5-23f., und bei Schwartz, ICC Bulletin (December 1995), 67, 77-79. 775 So deutlich Section 33(1)(a) Arbitration Act England 1996. 776 Ähnlich Paulsson, 70 Arbitration 3 (2004), 193, 194: “demonstrating … that the scales were tipped by the weight of reason, not prejudice or caprice.”. 777 In diesem Sinne auch Evans, Arbitration (August 2001), 254, 255: „transparent integrity is the bedrock for all other judicial virtues, and for arbitrators also.“.

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Die Rechtspflicht, einen Schiedsspruch vollstreckbar zu gestalten778, wird durch eine

entsprechende moralisch-ehtische Verpflichtung verstärkt779.

Rawls hat dieses so umrissene Ethos in folgende Worte gefasst:

„(A compentent moral judge) must not consider his own de facto preferences as

the necessarily valid measure of the actual worth of those interests which come

before him, but that he be both able and anxious to determine, by imaginative

appreciation, what those interests mean to persons who share them, and to

consider them accordingly. … He is required to have the capacity and the desire

to lay before himself in imagination all the interest in conflict, together with the

relevant facts of the case, and to bestow upon the appraisal of each the same care

which he would give to it if that interest were his own. He is required to

determine what he would think to be just and unjust if each of the interest were as

thoroughly his own as they are in fact those of other persons and to render his

judgment as he feels his sense of justice requires after he has carefully framed in

his mind the issues which are to be decided.”780.

Internationale Schiedsrichter haben deshalb im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr

eine einzigartige Position und Verantwortung inne: Ihre schiedsrichterliche Zuständigkeit

umfasst verschiedene Kulturkreise und eine Vielzahl von Jurisdiktionen. Kein staatlicher

Richter trägt eine solche Verantwortung.

4. Praxisrelevanz des Ethos - keine Theorielastigkeit

Die obigen Ausführungen beschreiben keine Theorie von Sünde und Erlösung: Sie verkennen

keineswegs, dass Schiedsverfahren nicht um ihrer selbst und der Verwirklichung eines wenig

justitiabel anmutenden Ethos-Begriffs willen, sondern der Durchsetzung gewichtiger

wirtschaftlicher Interessen dienen781: Allzu verständlich, weil menschlich, scheint der Wunsch

778 Zu deren Herleitung vgl. Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, S. 220; Compagnie Europeene De Cereales S.A. v. Tradax Export S.A. (1986) (England); Carpenter v Bloomer, 148 A.2d 497 (1959) (USA). 779 Vgl. Arbitration Rules: ICC (Art. 35) und LCIA (Art. 32.2); so wohl Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 8-43, zu verstehen; ausdrücklich Platte, 20 JInt´lArb 3 (2003), 307-309, und Lew, Applicable Law, S. 537 (sie aus der „raison d´etre“ des Verfahrens herleitend). 780 Rawls, Outline of a Decision Procedure for Ethics, in: John Rawls, Collected Papers, S. 1, 3. 781 Ergänzend (und keinesfalls theoretischer Natur) Rawls, Outline of a Decision Procedure for Ethics, in: John Rawls, Collected Papers, S. 1-19, der - einleitend mit der Frage “Does there exist a reasonable decision procedure which is sufficiently strong, at least in some cases, to determine the manner in which competing interests should be adjudicated, and, in instances of conflict, one interest given preference over another?” (S. 1) -

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der Schiedspartei zu sein, eine Niederlage im Schiedsverfahren doch noch in einen Sieg,

zumindest aber eine vergleichsweise Regelung umzukehren782, und ihren Interessenvertreter

dazu anzuhalten, die auch nur geringste Möglichkeit einer Überprüfung durch staatliche

Gerichte auszureizen. Kann sich der anwaltliche Interessenvertreter, auch vor dem

Hintergrund seiner berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der Interessen seines Mandanten,

dagegen sperren und verlangen, dieser möge doch großzügig sein und darauf verzichten? Sind

Anspruch und Wirklichkeit dergestalt vereinbar?

Die Frage kann nur mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden: Jede Schiedspartei muss die

Möglichkeit erhalten, obsiegen zu können und jeder anwaltliche Interessenvertreter muss alle

legitimen Verfahrensgestaltungen zur Wahrung der Interessen seines Mandanten nutzbar

machen können. Sollte dabei das Ziel sein, sich bis zum Letzten zu bekriegen, kann das

faktisch nicht verhindert werden - es scheint aber - milde ausgedrückt - zweifelhaft, dass dies

unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ratsam ist. Schiedsrichter, Parteien und deren

Interessenvertreter müssen erkennen, dass nur eine übereinstimmende Grundeinstellung

Erfolg für alle bringen kann783; und mit diesem Erfolg ist nicht nur das unmittelbar rechtliche

Obsiegen gemeint, sondern die Erarbeitung der Möglichkeit, auch weiterhin gemeinsame

wirtschaftliche Interessen verfolgen zu können: Der moralisch-ethische Grundsatz der

Fairness verpflichtet dazu, auch Niederlagen akzeptieren zu lernen, zumal wenn man sich

eingestehen muss, dass die Gegenseite schlicht und einfach nur deshalb gewonnen hat, weil

sie den „better case“ vortragen konnte. Letztlich scheint die Vermutung berechtigt, dass

Schiedsrichter und Verfahrensbeteiligte schlicht und einfach ein Fair-Play-Schiedsverfahren

wünschen; das bekommen sie, wenn gegenseitiges Grundvertrauen vorhanden ist, das sich

letztendlich nur aus einem gemeinsamen schiedsverfahrensrechtlichen Ethos ergeben kann.

das Bild eines “compentent moral judge” (S. 3-6) entwirft und seine Ausführungen unter die These stellt „Perhaps the principal aim of ethics is the formulation of justifiable principles which may be used in cases wherein there are conflicting interests to determine which one of them should be given preference.“ (S. 9f.); sehr kritisch hingegen gegenüber seiner Ansicht nach häufig abstrakt geratenden Diskussionen um Moralvorstellungen Rau, 14 ArbInt 2 (1998), 115, 155: „Losing sight of the fact that we are merely searching for the “rules of the game” is what so often makes discussions of “ethics” in the professions so sterile - as if this were somehow a matter of morality rahter than of economic regulation.”. 782 Auch nach Erlaß des Schiedsspruchs kann es für die obsiegende Partei vorteilhafter sein, mit der gleichwohl zahlungsunwilligen Gegenseite in Vergleichsverhandlungen einzutreten, um so Verzögerungstaktiken bei der Erfüllung des Schiedsspruchs zu entgehen. 783 Ähnlich Nariman, 16 ArbInt 3 (2000), 261, 277: “Fortunately the moral dimensions of decision-making are gaining more adherents.”.

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II. Vermittlungsbemühungen und das schiedsverfahrensrechtliches Ethos

1. Herkömmliche Rolle schiedsrichterlicher Vermittlungsbemühungen

(Vertragliche) Auseinandersetzungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern führen zu der Frage

nach dem „Wie geht es nun weiter?“. Bedarf es auch einer begleitenden rechtlichen Analyse

der jeweils eigenen Position, werden die Unternehmen vorwiegend doch eine

betriebswirtschaftliche Analyse unterschiedlicher Szenarien für die Entscheidung der weiteren

Verfahrensstrategie nutzen784 - die Auseinandersetzung muss sich rechnen. Nachteilhaft wirkt

sich in diesem Moment sowohl für den Anwalt als auch seinen Mandanten aus, dass jener

regelmäßig in der Prozessführung und damit Wahrnehmung von Rechten, nicht aber

Interessen, bzw. prozessualem Obsiegen über einen Gegner, nicht aber dem Erhalt einer

ansonsten intakten geschäftlichen Beziehung ausgebildet ist: Denn eine rechtliche

Auseinandersetzung, so die berechtigte Erwartung des Unternehmens, soll seinen

wirtschaftlichen Kurs unterstützen, und also nur Mittel zum Zweck der Verwirklichung seiner

Interessen sein, die nicht zwingendermaßen im Einklang mit seinen Rechten stehen

müssen785. Daraus kann zweierlei gefolgert werden: Schiedsrichter und anwaltliche

Interessenvertreter müssen von sich aus Verhandlung- und Vermittlungsmechanismen als

selbstverständlichen Teil ihres eigenen Tätigkeitsbildes erkennen und zum Vorteil der

Schiedsparteien und Schiedsgerichtsbarkeit an sich unterstützen; das gelingt ihnen nur, wenn

sie sich als Dienstleister verstehen, die die von den Parteien gewünschte Leistung nur dann

erbringen können, wenn sie deren Interessen und „nicht nur“ vordergründigen Rechte

berücksichtigen786.

Damit gerät ein Element in die Diskussion um das schiedsverfahrensrechtliche Ethos, das im

internationalen Schrifttum bislang nicht wirksam zum Zuge gekommen ist787: Die Rolle des

Schiedsrichters und der Interessenvertreter als Vermittler zwischen den Schiedsparteien und

in der Folge der vermittelte Schiedsspruch788. Zwar sehen sämtliche institutionellen

784 Der rechtliche Berater setzt insofern, wie es insbesondere auch in der Vertragsgestaltung der Fall ist, die wirtschaftlichen Handlungsstrategien der Mandanten „lediglich“ um. 785 Augenöffnend in diesem Zusammenhang Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes. Negotiating agreement without giving in., 1991, die die Möglichkeit der Interessenmaximierung trotz zweier augenscheinlich widerstreitender Interessen vertreten (sog. „win-win-situation“: sie verdeutlichen dies u.a. anhand ihres bekannten „Orangen“-Beispiels (die Parteien streiten um Orangen, die sie nicht aus demselben Grund benötigen, weil sie einerseits nur das Fruchtfleisch benötigen bzw. die Schalen (und den Rest der Orange jeweils entsorgen würden))). 786 Allgemein zur Notwendigkeit vornehmlicher Interessenvertretung Trompenaars/Hampden-Turner, Riding the Waves of Culture: Unterstanding Cultural Diversity in Business, 1997. 787 Bezeichnend die Behandlung bei Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 1-54 - 1-57, unter dem Schlagwort ADR und keinesfalls Arbitration. 788 Nachfolgend geht es nicht darum, Vorteile alternativer Streitlösungsmechanismen (ADR) gegenüber der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit vorzustellen, sondern darzustellen, dass ADR Bestandteil des

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Schiedsorganisationen eine Regelung dieses Komplexes vor - allerdings nur defensiv, nicht

offensiv789. Besonders deutlich kommt diese defensive Haltung durch die Existenz spezieller

„Conciliation Rules“790 und ihre damit einhergehende Abspaltung vom bzw. Vorverlagerung

zum Schiedsverfahren zum Ausdruck791. Dies ist schwer verständlich, bedenkt man doch,

dass Schiedsgerichtsbarkeit ihrem Charakter nach ein Streitlösungsmechanismus für

wirtschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Ziel der Fortsetzung geschäftlicher Kontakte

ist und sie deshalb eher auf eine einverständliche Lösung drängt - dies natürlich stets in

Gestalt eines notfalls vollstreckbaren Schiedsspruchs.

Ist nicht gerade die Fähigkeit zum zivilisierten, vernunftbezogenen Diskurs eine kulturelle

Errungenschaft, die es zu pflegen wert ist792? Zu Recht hat Bacchus festgestellt: „We believe

in the power of human reason. We favour reasonableness as the best way of using reason, and

we think that the use of reason is the best way of discovering legal truth by finding the right

legal answer.”793.

2. Wirkungsvolle Ergänzung durch Vermittlungsbemühungen: „Med/Arb“

Dennoch scheint die internationale Schiedsgemeinschaft dem Glauben verfallen zu sein, dass

Alternative Dispute Resolution (ADR) jedermanns Aufgabe sei, nur nicht die der

Schiedsparteien und schon gar nicht die des Schiedsrichters794. Das verdeutlicht insbesondere

die anhaltende Diskussion darum, ob dieselbe Person in bezug auf denselben Streitgegenstand

Verständnisses einer international ausgerichteten Schiedsgerichtsbarkeit ist; allgemein dazu Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 1-49 bis 1-75. 789 Vgl. Arbitration Rules: UNCITRAL (Art. 34(1)), ICC (Art. 26), AAA (Art. 26(2)), DIS (Art. 32(2)), LCIA (Art. 26(8)), SCC (Art. 32(5)), WIPO (Art. 65(b)), JCAA (Art. 47), ZCC (Art. 45(2)) und PCA (Art. 34(1)); sehr positiv, weil sehr offen und ausführlich, jetzt CIETAC (Art. 40). 790 S. z.B. ICC Rules of Optional Conciliation, January 1988 (abgedruckt in ICC Publication No. 581); UNCITRAL Conciliation Rules, December 1980 (abrufbar unter http://www.uncitral.org/english/texts/arbitration/conciliation-rules.htm); ICSID Conciliation Rules, January 2003, bzw. ICSID Concilitation (Additional Facility) Rules (abgedruckt in ICSID/15/Rev. 1 bzw. ICSID/11/Rev. 1 - beide January 2003). 791 Zu den Voraussetzungen der Durchführung eines nachgeschalteten Schiedsverfahrens vgl. Art. 10 S. 2 ICC Rules of Optional Conciliation; sehr kritisch auch die englische Entscheidung Glencot Development and Design Co Ltd. v. Ben Barrett & Son (Contractors) Ltd. (2001) B.L.R. 207 per Humphrey LLoyd J (Technology and Construction Court). 792 So Nicholson, Good Behaviour, S. 9: “the key to the manners of civility is reasonableness”. 793 Bacchus, Trade and Freedom, S. 37. 794 Bezeichnend dazu die Feststellung Lord Mustill´s: „we have now lost the culture of compromise“, Millenium Conference des Chartered Institute of Arbitrators, London, 19 November 1999; dass es niemals falsch sein kann, existierende Streitlösungsmechanismen auf ihre Effizienz hin zu untersuchen und ggf. zu ergänzen, macht die Übersicht bei Martindale-Hubbel, Dispute Resolution Directory, S. 3 - S. 31, abrufbar unter http://www2.martindale.com/products/dispute_res.html, deutlich; s. zum Begriff der „Conciliation“ Eisenmann, in: Jan C. Schultsz/Albert Jan van den Berg (eds.), The Art of Arbitration, S. 121 - S. 128.

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zunächst als Vermittler („Mediator/Conciliator“795) und anschließend (nach dem Scheitern

entsprechender Vermittlungsbemühungen) als Schiedsrichter tätig sein kann796.

a. Funktionsweise einer „Med/Arb“

Der aus diesem Gedanken geborene US-amerikanische Ansatz der „Mediation/Arbitration“

(„Med/Arb“797) funktioniert wie folgt: Unter einer „Med/Arb“-Klausel einigen sich die

Parteien auf Vermittlungsverhandlungen vor einem bzw. mehreren Mediatoren.

Üblicherweise werden der klägerseitige und beklagtenseitige Schriftsatz in einer Anhörung

vor dem Mediator diskutiert und auf dessen Nachfragen hin erläutert bzw. ergänzt;

anschließende „caucus sessions“ werden mit nur jeweils einer der Parteien abgehalten, um

jeweils deren Standpunkt, Perspektiven, Möglichkeiten, konstruktive Vorschläge etc. auf die

Existenz einer Vermittlungsbasis hin zu durchleuchten. Die so durch den Mediator erlangten

Informationen dürfen gegenüber der jeweils anderen Partei nur mit dem ausdrücklichen

Einverständnis der Partei genutzt werden. Der Umgang mit solchen Informationen ist

offensichtlich der heikle Punkt jeder „Med/Arb“-Aktivität; denn sie ermöglichen dem

Mediator die Beurteilung, ob und unter welchen Bedingungen ein für jede Partei akzeptabler

Vergleich erreicht werden kann798. Falls ein solcher Vergleich nicht erzielt werden kann, geht

die traditionelle europäische Rechtslehre davon aus, dass solch ein Mediator für ein

anschließendes Schiedsverfahren „verbrannt“ ist: Die gewonnenen Informationen kann er

nach herkömmlichem Verständnis in keinem Schiedsverfahren mehr verwenden, weil Fragen

der Vertraulichkeit und schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen aufgrund seines

Wissensvorsprungs unüberwindbar erscheinen799.

795 Dazu Bühring-Uhle/Scherer/Kirchhoff, 20 JInt´lArb 3 (2003), 81-90; einer Vereinigung der Schiedsrichter- und Vermittlerfunktionen in ein- und derselben Person stehen verschiedene asiatische Jurisdiktionen besonders offen gegenüber, dazu Donahey, The Asian Concept of Conciliator/Arbitrator: Is it Translatable to the Western World?, S. 5f. (in den Materialien zum 11th Annual Joint Colloquium and Seminar by AAA-ICSID-ICC, San Francisco (October 1994), www.iccwbo.org); Donaldson, 58 J. Comp. Int´l Arb.(1992), 102, gibt die chinesische Bedeutung des Begriffes Conciliator mit einem „go-between who wears out a thousand sandals“ wider; s. auch die Benennung Wim Duisenbergs als Mediator in einer Auseinandersetzung der französisch-belgischen Bank Dexia mit tausenden niederländischen Investoren über fehlerhafte Investment-Produkte, FTD v. 12./13.02.2005. 796 Natürlich ist auch die umgekehrte Reihenfolge, also die Aufnahme von Vermittlungsbemühungen als Unterbrechung (nicht Beendigung) eines Schiedsverfahrens, möglich (und deshalb unter a. entsprechend zu berücksichtigen) - vielleicht jedoch nicht ganz so wahrscheinlich. 797 Allgemein hierzu Newman, 60 Arbitration 3 (1994), 173ff. 798 Bis hierhin entspricht das Vorgehen dem einer klassischen Mediation, dazu Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 1-53f. 799 So vehement (und nicht vollständig von der Hand zu weisen) Glencot Development and Design co Ltd v. Ben Barret & Son (Contractors) Ltd (2001) B.L.R. 207 per Humphrey Lloyd: „mediation is concerned with the commercial interests of the parties which may not be synonymous with their legal rights and obligations. Thus such a person will or may have to listen to arguments and hear things which may be completely irrelevant to the dispute in the adjudication but which might be prejudicial to its determination.”.

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b. Pro „Med/Arb“-Bemühungen

Diese Bedenken haben z.B. den indischen Gesetzgeber nicht davon abhalten können, ADR

(und mit ihr als deren Bestandteil die „Med/Arb“-Tätigkeit) wieder als Komponente

schiedsrichterlicher Tätigkeit anzuerkennen, sie gar zu fordern800. Schiedsgerichtsbarkeit darf

den Parteien nicht wertvolle Lösungsmechanismen vorenthalten, die dem Ziel jedes

wirtschaftlich agierenden Unternehmens entgegenkommen, den Streit mit einem akzeptablen

Ergebnis so zeit- und kostengünstig bzw. für den Betriebsablauf störungsfrei wie möglich zu

beenden. Es gibt sogar Stimmen, die einen vermittelten Schiedsspruch für die „essence of the

spirit of arbitration“ halten801. Ähnlich weit scheint GSt 4(d) der IBA Guidelines 2004 zu

gehen, der Vermittlungsbemühungen erlaubt - im Falle ihres Scheiterns die Fortführung des

Schiedsverfahrens allerdings von der ausdrücklichen Parteivereinbarung sowie einer

schiedsrichterlichen Einschätzungsprärogative abhängig macht802. Der Blick hinter den

Parteivortrag, den ein Mediator erhält, kann sich also durchaus in einem anschließenden

Schiedsverfahren als verfahrensfördernd erweisen.

Solchermaßen müssen Vermittlungsbemühungen wieder in Schiedsverfahren integriert

werden, weil dies ihren Zweck stärkt und Bestandteil moralisch-ethischen Handelns des

Schiedsrichters, aber auch der Interessenvertreter ist.

III. Nachforschung bzw. Offenlegung und das schiedsverfahrensrechtliche Ethos803

Die überblicksartige Untersuchung der Handhabung einer schiedsrichterlichen

Nachforschungs- und Offenlegungspflicht im 1. Teil hat bereits gezeigt, dass sämtliche dort

analysierten Jurisdiktionen und institutionellen Schiedsorganisationen eine solche Pflicht

aufgrund Gesetz bzw. Rechtsprechung und Verhaltenskodizes verlangen. Gleichermaßen auch

800 S. Section 30 Arbitration and Conciliation Act India 1996; auch Section 31: “It is not incompatible with an arbitration agreement for an arbitral tribunal to encourage settlement of the dispute and, with the agreement of the parties, the arbitral tribunal may use mediation, conciliation or other procedures at any time during the arbitral proceedings to encourage settlement…”; s. auch den besonders positiven Tenor bei Williamson, The use of ADR, in: Pannone Law Group, Arbitration and Dispute Resolution Bulletin (Summer 2003), S. 2f. (abrufbar unter http://www.plg.eu.com/ftp/en/newsletters/plgnewsletterarbitrationsummer2003.pdf). 801 Zu den Unterschieden zwischen der Akzeptanz in Common Law und Civil Law Jurisdiktionen vgl. Koch/Schäfer, Can it be Sinful for an Arbitrator Actively to Promote Settlement?, Arbitration and Dispute Resolution L.J. (1999), 184ff.; dieselben stellen abschließend fest: “Particularly in the setting of international commercial arbitration, the dual role of the arbitrator as mediator and adjudicator appears to be particularly favourable. International arbitral tribunals are not only adjudicating bodies; they are, because of their international composition, also bridges to understanding, and as such they can play an important and salutary role in resolving international commercial disputes more flexibly and to the greater benefit of the parties than if they are only considered the international equivalents of national courts.”. 802 Dazu detaillierter unter B., s. aber bereits hier IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 451f. 803 Ähnlich z.B. Figueroa, 18 Mealey´s I.A.R. 7 (2003), 41, 47; Carter, 63 Arbitration 3 (1997), 170, 172.

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die Parteien nimmt hingegen lediglich GSt 7 der IBA Guidelines 2004 in die Pflicht804. Allen

Ansätzen ist der Wunsch nach frühzeitiger Information über verdächtige Umstände gemein805.

Ist damit international der grundsätzliche Nutzen der Nachforschungs- und

Offenlegungspflicht unumstritten, ist hingegen äußerst umstritten, wie weit sie geht und wem

sie auferlegt werden kann bzw. muss806. Das in dieser Auseinandersetzung zu Tage tretende

Dilemma gleicht dem der Handhabung schiedsrichterlicher Unparteilichkeit: Was ist der

Prüfungsmaßstab, wenn auch hier die Möglichkeit eines Missbrauchs durch die Parteien nicht

von der Hand zu weisen ist? Welche Informationen benötigt die Partei, die das

Schiedsverfahren fair führen will?

1. Notwendiger bzw. ausreichender Umfang einer Nachforschungs- und

Offenlegungspflicht

Stellt man an die Nachforschungs- und Offenlegungspflicht des Schiedsrichters mit Hilfe

eines unbegrenzt weiten und offenen Prüfungsmaßstabes strengste Anforderungen807 mit der

Folge seiner vollständigen „Entblößung“808, muten Fragen wie „Warum denn nicht?“ bzw.

„Was könnte daran auszusetzen sein, dass sämtliche Verfahrensbeteiligten in diesem Sinne

vollumfänglich informiert sind und sie, ganz im Sinne der Verwirklichung der

Parteiautonomie und Fairness, ihr weiteres Vorgehen klären können?“ beinahe zwingend

rhetorisch an: Denn wie weit müsste ein Schiedsrichter dafür tatsächlich ausholen und was

wäre für die Beurteilung seiner Unparteilichkeit von Bedeutung? Würde das nicht auch eine

vergleichbar umfassende Informationsverpflichtung seitens der Parteien bedingen? Könnte

804 Es scheint aber vertretbar zu sein, auch in Section 73(1 a.E.) Arbitration Act England 1996 eine solche Pflicht der Parteien begründet zu sehen. 805 Besonders eindrücklich Marriott, IDR 3, S. 2: “So as an antidote to the risk of challenge, the practice has grown of requiring putative arbitrators … to make disclosure … .”. 806 Für den „gläsernen“ Schiedsrichter z.B. die US-amerikanische Entscheidung Commonwealth Coatings Corp. v Continental Cas. Co., 393 U.S. 145, 149 (1968): “ We can perceive no way in which the effectiveness of the arbitration process will be hampered by the simple requirement that the arbitrators disclose to the parties any dealings that might create an impression of possible bias.” (Hervorhebung d. Ver.); ebenso Craig/Park/Paulsson, ICC Arbitration, § 13.04, S. 214; ebenso IBA Ethics 1987, No. 4.1; gegen diese vollständige Durchleuchtung z.B. die US-amerikanische Entscheidung Sanko S.S. Co. Ltd. v Cook Industries, Inc., 495 Fed. 2d 1260 (U.S. Ct. of Appeals, 2nd Circuit, 1973), S. 1263f.: „To be sure, the broad disclosure calls for disclosure in Commonwealth Coatings do not require that an arbitrator ´provide the parties with his complete and unexpurgated business biography´. But where dealings ´might create an impression of possible bias´, they must be disclosed. Indeed, it seems to us that the better practice is that arbitrators should disclose fully all their relationships with the parties, whether ties be of a direct or indirect nature. Although some unnecessary disclosure may result, ´if arbitrators err on the side of disclosure, … it will not be difficult for courts to identify those undisclosed relationships which are too insubstantial to warrant vacating an award´”; ähnlich Marriott, IDR 3, S. 2f.; Paulsson, 70 Arbitration 3 (August 2004), 193, 194ff., der von “the illusions of disclosure” spricht. 807 Z.B. darüber, dass ´irgendeine Möglichkeit´ oder, etwas enger gefasst, ´irgendwelche Zweifel´ genügen; der Kreis der offenlegungspflichtigen Tatsachen ist also sehr weit gezogen. 808 Gemäß dem Motto „lieber zu viel, als zu wenig“ offenbaren; nur dann kann letztlich festgestellt werden, dass er auch nicht die entfernteste Beziehung zu den Parteien, Interessenvertretern oder dem Streitgegenstand hat.

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nicht solche „Entblößung“ zu einem Präklusionsdruck auf die Parteien809 und in der Folge zu

unnötigen Ablehnungsanträgen führen? Ist es nicht zuletzt überhaupt moralisch-ethisch

vertretbar, eine solche „Entblößung“ zu verlangen: Denn könnte von einem Schiedsrichter

auch verlangt werden, Umstände seines Privatlebens oder gar Geschäftsgeheimnisse zu

offenbaren? Spätestens an diesem Punkt kann die pauschale Antwort „Wenn der

Schiedsrichter nichts zu verbergen hat, kann er doch auch alles offenlegen und die Bewertung

anderen überlassen.“ nicht mehr überzeugen810.

Davon zu unterscheiden, weil eher auf das schiedsrichterliche Selbstverständnis abzielend und

damit einer moralisch-ethischen Verpflichtung gleichkommend, ist die Frage, ob eine

Regelung, die im Zweifelsfall die schiedsrichterliche Offenlegung verlangt811, wirksam i.S.

einer (relativen) Gewissheit schiedsrichterlicher Unparteilichkeit sein kann. Gegen eine

solche Wirksamkeit könnte man zwar einwenden, dass auch sie zu exzessiver

Nachforschungs- und Offenlegungstätigkeit eines Schiedsrichters und so wiederum unnötigen

oder sogar missbräuchlichen Ablehnungsanträgen führen kann; jedoch scheint sie einen

besonderen Appell an das schiedsrichterliche Ethos zu richten, weil sie letztlich ihm die

Bewertung seiner eigenen Unparteilichkeit überlässt und so in die Verantwortung nimmt.

Damit einhergehen muss jedoch auch die Anerkennung, dass sich der offenbarende

Schiedsrichter zu seiner Unparteilichkeit bekennt, weil er andernfalls seine Ernennung

abgelehnt hätte bzw. zurückgetreten wäre: Offenlegung bedeutet demnach kein Eingeständnis

eines Interessenkonflikts, sondern diametral entgegengesetzt das Bekenntnis des

Schiedsrichters zu seiner Unparteilichkeit.

Jeder offengelegte Umstand ist unterschiedlichen Bewertungen und damit potentiell einer

Ablehnung zugänglich. Dies kann letztendlich dazu führen, dass einer Partei ihr Anspruch auf

einen Schiedsrichter ihrer Wahl verweigert wird. Auch die Nachforschungs- und

Offenlegungspflicht kommt also letztlich nicht ohne das grundsätzliche Vertrauen zwischen

809 Vgl. dazu Hunter, 53 Arbitration (November 1987), 219, 223:“If the parties, having had the facts disclosed to them, fail to make a challenge - or if a challenge is unseccessful - then this gives the arbitrator a strong measure of protection from any challenge or action at a later stage.”. 810 Zu Recht stellt Lotz, AnwBl 2002, 202, 205, die Frage: „Wo endet die Aufklärungspflicht und beginnt der Schutz seiner Privatsphäre?“; und auch der eminente internationale Schiedsrichter Lowenfeld, 9 ASA Bulletin 2 (1991), 85, 87, sieht hier eine Grenze überschritten (er bezieht sich auf die Erklärung in Art. 7.2 ICC Arbitration Rules): „But I am unhappy with a rule that says I must either tell about my acquaintance with counsel, thus suggesting that this acquaintance “might … call into question” my independence in the eyes of the parties or the Secretariat, or, by reaching my own conclusion that there is nothing to disclose, risking falling afoul of the ICC rules and conceivably even imperilling an Award.”. 811 Sog. „when in doubt, disclose“-Regel, so zuletzt IBA Guidelines 2004, GSt 3(c); vgl. auch Carter, 63 Arbitration 3 (1997), 170, 172 m.w.N. in Fn. 8; Shilston, Arbitration (August 1993), 145, 146 li.Sp.

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sämtlichen Verfahrensbeteiligten aus. Die Lösung ist in zweierlei zu finden: Erstens haben die

Parteien keinen Anspruch darauf, dass der Schiedsrichter die alleinige Quelle für eine

Nachforschung und Offenlegung ist812. Diametral entgegengesetzt sind vielmehr sie diese

Quelle, aufgrund derer ein Schiedsrichter seine eigenen Nachforschungen speisen kann.

Zweitens müssen Schiedsrichter den Prozess der gegenseitigen Information im Rahmen der

Be- und Ernennung als Ausprägung ihrer moralisch-ethischen Pflicht zur Selbstablehnung

verstehen, sollten sie sich nicht in der Lage sehen, unparteilich zu entscheiden. Um dies

beurteilen zu können,

- müssen die Schiedsparteien die Ausgangsumstände darlegen, damit dem

Schiedsrichter den Tatsachenrahmen des Verfahrens aufzeigen (z.B. schlicht und

einfach beginnend mit der Übersendung eines Organigramms der

Unternehmensstrukturen, der Benennung der am Streit direkt und indirekt beteiligten

Unternehmensteile bzw. federführenden Abteilungen und Personen etc.), ihn um

Bestätigung, Erläuterung oder Berichtigung ersuchen und stets fordernde Fragen

stellen;

- muss der Schiedsrichter, seinerseits durch die Partei informiert, deren

Informationsbedürfnis dadurch nachkommen, dass er die ihm zur Verfügung gestellten

Informationen daraufhin untersucht, (1.) ob er sich durch sie in seiner vorurteilsfreien

Entscheidung beeinträchtigt sieht, und wenn nicht813, (2.) ob jedenfalls ein

vernünftiger Dritter aus ihnen die realistische Wahrscheinlichkeit einer solchen

Beeinträchtigung ableiten kann814.

Die damit sinnvollerweise einhergehende schriftliche Dokumentation ist in der Praxis keine

übermäßige Anforderung, ist sie doch bereits Bestandteil einer allgemeinen, von allen

Beteiligten im Rahmen unternehmensinterner Richtlinien oder berufsrechtlicher

Standesregeln zu beachtenden Sorgfaltspflicht. Wer wollte sich ihr vor der Durchführung

eines finanziell gewichtigen Schiedsverfahrens allein aus haftpflichttechnischen Gründen

nicht gerne beugen?

812 So zu Recht die US-amerikanische Entscheidung John E. Reid v Wicklander-Zulawski, 255 III. App. 3d 533, 627 N.E.2d 348 (1993). 813 Wenn ja, muss er sich selbst ablehnen. 814 So ist eine umfassende, aber nicht ausufernde Information der Schiedsparteien, aber auch des Schiedsrichters gewährleistet; als alleiniges Ziel der Offenlegung bestimmt dies ebenso Gaillard, Rev. d. Arb. (2003), 1231 (dort kommentiert er die Entscheidung des Cour de Cassation Fremarc v. ITM Entreprises, 6.12.2001 und die vorinstanzliche Entscheidung des Paris Court of Appeal, 2.4.2003).

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2. Anwendbarer Prüfungsmaßstab: „Realistic likelihood“ aus Sicht des objektiv

vernünftig urteilenden Dritten

Bereits im 1. Teil wurde festgestellt, dass die Frage danach, welche Umstände in welchem

Umfang offengelegt werden sollen, international nicht einheitlich beantwortet wird815: Ist

hier, vergleichbar der Problematik im Rahmen der Beurteilung eines Ablehnungsantrags816,

eine eher subjektive oder objektive Sichtweise angebracht, verbunden mit einem weiteren

bzw. engeren Kreis offenlegungspflichtiger Tatsachen i.S. von z.B. „doubts“, „justifiable

doubts“ oder einer „realistic likelihood“?

Nachforschung und Offenlegung sollen den Parteien, ihren Interessenvertretern und den

Schiedsrichtern erlauben zu beurteilen, dass das Verfahren fair gestaltet wird. Grundsätzlich

wird das dadurch erreicht, dass ein Schiedsrichter offenlegt und sich nicht selbst ablehnt bzw.

zurücktritt, denn er geht von seiner Fähigkeit aus, den Streit unparteilich entscheiden zu

können817. Dies ist zunächst einmal mit dem grundsätzlichen Ziel auch der Parteien im

Einklang. Nicht verleugnet wird die Problematik, dass dieser Ansatz in seiner Reinform

theoretisch problemlos, praktisch jedoch wenig justitiabel sein kann; allerdings kann ihm auf

keinen Fall der autonome Gestaltungswille der Parteien entgegengehalten werden, der ja

gerade, von unvermeidbaren Ausnahmen, also Missbrauchsfällen, einmal abgesehen, auf die

faire Entscheidung des Streits gerichtet ist.

a. Die Perspektive des objektiv vernünftig urteilenden Dritten

Das Problem liegt in dem schwierig zu bekämpfenden Misstrauen der Parteien einerseits in

das schiedsverfahrensrechtliche Ethos der jeweils anderen Verfahrensbeteiligten und

andererseits in das einiger schwarzer Schafe auf der Schiedsrichterbank818. Es kann aber auch

nicht dadurch gelöst werden, dass man bereits den Anschein unparteilichen Handelns über

alles stellt819, denn gerade dies kommt einer Einladung zum Missbrauch gleich820. Deshalb

815 Stellt Art. 12(1) ML auf „circumstances likely to give rise to justifiable doubts“ ab, sieht z.B. DIS Arbitration Rules (Art. 17(1)) eine Offenlegung bereits bei Umständen als gegeben an, „die Zweifel ... wecken könnten, ...“. 816 Vgl. hierzu die Ausführungen im 2. Teil. 817 Ähnlich Holtzmann, Report No. 2, Teil II, in: ICC Publication No. 472, S. 39 re.Sp.: “for it is the arbitrator himself, who is usually in the best position to know of the existence and nature of such circumstances.”; vgl. auch die englische Entscheidung Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited, (2000) Q.B. 451, 488 para. 58: “Plainly the judge (arbitrator) should not sit, no matter what inconvenience to the parties may result, if he doubts his ability to be impartial.”. 818 So auch Nariman, Report No. 3, Teil II, in: ICC Publication No. 472, S. 45 li.Sp.: “The real trouble about telling arbitrators how to behave is that the reputable ones do not require the advice, the disreputable ones do not care to read it.”. 819 Wie es - leider - der Fall ist bei unreflektierter Übernahme der Worte Lord Hewart´s in R v. Sussex Justices, ex parte McCarthy, 1 K.B. (1924), 256, 259 „It is not merely of some importance but is of fundamental

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sollte bei der Beurteilung der offenlegungspflichtigen Tatsachen auf keinen Fall die

Sichtweise der Schiedsparteien maßgeblich sein821, sondern die eines objektiv vernünftigen

Dritten; denn in einen solchen kann sich ein Schiedsrichter hineinversetzen, nicht aber in die

Gedankenwelt der Parteien - das ist schlichtweg unmöglich822. Dieser Ansatz entspricht auch

dem vorbereitenden Charakter der Nachforschungs- und Offenlegungspflicht für einen

möglichen Ablehnungsantrag, der ja nach der hier und vom internationalen Schrifttum

geteilten Ansicht ebenfalls aus verobjektivierter bzw. objektiver Sicht zu beurteilen ist.

b. Prüfungsmaßstab einer „realistic likelihood“

Eine ähnlich Überlegung greift auch im Hinblick auf den Prüfungsmaßstab, nach dem die

Nachforschungs- und Offenlegungspflicht ausgelöst wird: Ein Maßstab mit einem weiten

Kreis offenlegungspflichtiger Tatsachen, z.B. i.S. „(berechtigter) Zweifel“, wäre bestenfalls

damit zu rechtfertigen, dass den Parteien eine Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt

werden soll, die so umfangreich wie nur möglich ist und bei ihnen gleichzeitig einen in

gewissem Sinne abschreckenden, zumindest nicht ermutigenden Präklusiondruck erzeugt:

Damit wäre aber immer noch nicht die Frage nach dem „Was soll offen gelegt werden?“

beantwortet823. Deshalb ist es nach Ansicht des Verfassers gerade nicht sinnvoll, den Kreis

der Offenlegungspflichten derart weit zu gestalten und ihn weiter zu ziehen als den der

Ablehnungsgründe824; vielmehr sollte ein Gleichschritt in bezug auf Sichtweise und

Prüfungsmaßstab dafür sorgen, dass nur solche Umstände tatsächlich in das Schiedsverfahren

eingebracht werden (müssen), die auch zu einer Ablehnung nach dem hier vertretenen

Maßstab einer „realistischen Wahrscheinlichkeit“ führen.

Jeder andere Ansatz, auch der der Zweifelsregelung i.S. einer „when in doubt, disclose“-

Regelung, überfrachtet das Instrument der Offenlegung und - vor allem - führt für keinen

Verfahrensbeteiligten zu einem Mehr an Rechtssicherheit. Ebenso wenig wie ein

Schiedsrichter wissen bzw. nachweisen kann, dass er unparteilich ist und so auch entscheidet,

kann eine solche Gewissheit dadurch erreicht werden, dass die Schiedsparteien eine

importance that justice should not only be done, but should manifestly and undoubtedly be seen to be done.”; dies erfreulicherweise deutlich relativierend R v. Camborne Justices, ex parte Pearce, (1955) 1 Q.B. 41. 820 Dazu die bei Nariman, Report No. 3, Teil II, in: ICC Publication No. 472, S. 45f., zitierten Entscheidungen. 821 So z.B. Art. 7.2 ICC Arbitration Rules 1998. 822 Das gilt auch für eine „verobjektivierte“ Parteienperspektive (so z.B. nach den ICC Arbitration Rules (Art. 7(2)). 823 Keine Hilfe ist hier der häufig gebrachte Hinweis auf eine “full disclosure”, s. z.B. Kendall, 8 ArbInt 3 (1992), 287, 299. 824 A.A. Häberlein, IDR 3, S. 7, 9, der die Offenbarungspflicht nur als schiedsrichterliche, nicht auch schiedsparteiliche Pflicht versteht.

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ausufernde Offenlegung verlangen können; auch ein objektiver Dritter wird diese Gewissheit

der Unparteilichkeit nie bekommen, von niemandem auf der Welt, und sei er noch so bemüht:

Spricht also nicht mehr dafür, von der Vermutung auszugehen, dass sich der Schiedsrichter,

der nicht gleichzeitig seine Ernennung ablehnt bzw. zurücktritt, auch in der Lage sieht,

unparteilich zu entscheiden? Was wollten die Parteien auch mehr?825. Ein Prüfungsmaßstab

mit einem erheblich engeren Kreis offenlegungspflichtiger Tatsachen i.S. einer „realistischen

Wahrscheinlichkeit“ kann die Offenlegungspflicht auf ein für den Schiedsrichter vertretbares

und die Parteien ausreichend informierendes Maß eingrenzen, ohne jenen „gläsern zu

machen“ und den Schiedsparteien Abstriche vom Erfordernis seiner Unparteilichkeit zumuten

zu müssen826.

c. Maßgeblicher Zeitpunkt

Ebenso wie im Rahmen der Beurteilung der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit ist der

maßgebliche Zeitpunkt, zu dem festgestellt wird, ob der Nachforschungs- und

Offenlegungspflicht entsprochen worden ist, derjenige der Entscheidung über einen

entsprechenden Ablehnungs- oder Aufhebungsantrag: Was dann bekannt ist und wie es dann

einzuordnen ist, entscheidet über den Erfolg eines solchen Antrags, der sich auf eine

Verletzung der Offenlegungspflicht stützt. Maßgeblich ist also nicht der bloße Anschein der

Sachlage zum Zeitpunkt seiner Geltendmachung827.

825 A.A., Häberlein, IDR 3, S. 7, 9:“ In vielen Fällen wird es nicht einmal dem Schiedsrichter selbst möglich sein zu entscheiden, ob er befangen ist.“; damit bestätigt er aber indirekt die in der vorliegenden Arbeit vertretene Ansicht: Denn wenn nicht einmal ein Schiedsrichter seine eigene Unparteilichkeit soll beurteilen können, wer soll es dann können? (Hier liegt des Pudel´s Kern der gesamten Problematik schiedsrichterlicher Interessenkonflikte - Unparteilichkeit ist ein innerer Vorgang.) Gleichzeitig unterstützt seine Ansicht die hier vertretene Auffassung, dass ein Schiedsrichter nur bei ausreichender Information seitens der Schiedsparteien einschätzen kann, ob Umstände gegen seine Unparteilichkeit sprechen (Häberlein scheint hingegen davon auszugehen, dass ausschließlich der Schiedsrichter einer Offenlegungspflicht nachkommen muss, nicht aber die Parteien); a.A. wohl auch Lachmann, in: FS Geimer, 513, 516: „Es kommt nicht darauf an, ob dem Betreffenden aufgrund seines „Standings“ zuzutrauen ist, trotz einer Befangenheit indizierenden Konstellation sein „Amt“ ordnungsgemäß auszuüben. Dies wird häufig der Fall sein. Jedoch ist es nicht vertretbar, den für die Klärung erforderlichen Aufwand zu betreiben.“; jedoch unterstützt auch Lachmann´s Argument der Notwendigkeit, eine Ablehnung schnell und einfach zu gestalten (womit auch der Verfasser konform geht), letztlich den hier vertretenen Ansatz: Denn die geforderte Zügigkeit wird ausschließlich über eine umfassende Nachforschungstätigkeit seitens der Parteien eingeleitet und ermöglicht. 826 In der englischen Entscheidung The Elissar (1984) 2 Lloyd´s Rep. 84 per Lord Ackner (allerdings in Bezug auf die Beurteilung eines Ablehnungsantrags) ist das wie folgt trefflich formuliert: „The test is whether there exist grounds from which a reasonable person would think there was a real likelihood that the arbitrator could not or would not fairly determine the issues.“. 827 In diesem Sinne auch zu Recht sehr deutlich, Mustill/Boyd, Commercial Arbitration, Compendium 2001, S. 97.

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B. IBA Guidelines on Conflicts of Interest 2004 als Grundwerk eines internationalen

schiedsverfahrensrechtlichen Ethos

I. Notwendigkeit eines “principled and pragmatic approach”

Der Verfasser hat bereits deutlich gemacht, dass er die moralisch-ethischen und rechtlichen

Verpflichtungen der Schiedsrichter, Parteien und Interessenvertreter an dem Zweck eines

internationalen Schiedsverfahrens ausrichten möchte, ein faires Verfahren mit einem ebenso

fairen Schiedsspruch zu gewährleisten. Garantie hierfür sind die Unparteilichkeit des

Schiedsrichters und Schiedsparteien, die sich ihm und einander gegenüber fair verhalten. In

diesem Sinne könnte man versucht sein zu folgern, dass der beste Indikator zur

Wahrnehmung von Interessenverflechtungen, die das Schiedsverfahren beeinträchtigen, eher

ein instinktives inneres Gefühl denn ein rechtlicher Rahmen ist828. Leider leben wir in einer

Zeit, in der es allgemein hin abgelehnt wird, derart wichtige Entscheidungen tatsächlich

Individuen und ihrer eigenen Einschätzung zu überlassen829.

Nun existierte bislang kein schiedsverfahrensrechtlicher „Knigge“ im Sinne eines

umfassenden Regelungswerks, das die erforderliche verfahrensrechtliche Etikette, das

Schiedsethos, gemeinsam mit Fragen der Offenlegung, Ablehnung, Aufhebung sowie

Präklusion bzw. Verzicht im Rahmen eines weltweit gültigen Standards vorgibt830. Wie

könnte ein solch grundsätzliches Regelungswerk aussehen? Kann man es dergestalt

entwerfen, dass es nicht nur allgemeine Aktzeptanz, sondern vor allem allgemeine

Anwendung findet? Ist dies vor dem Hintergrund der berechtigten Forderung der

Schiedsparteien möglich, einen international vollstreckbaren Schiedsspruch zu erhalten?

Gestaltet es sich bereits schwierig, diejenigen Grundsätze festzulegen, die einem

internationalen Konsens überhaupt zugänglich sind, ist dies noch schwieriger aufgrund des

Fehlens einer ausreichenden Lobbytätigkeit für die Gründung eines internationalen

Schiedsgerichtshofs - weil so nationale, eine internationale Lösung erschwerende Eigenheiten

automatisch ein Forum bekommen.

828 In diesem Sinne auch Jacobellis v Ohio, 378 U.S. 184, 197 (1964) per Potter Stewart J; vgl. auch Gewirtz, 105 Yale L.J. (1996), 1023; ähnlich die englische Rechtsprechung in Merchants Marine Insurance Co. Ltd. v. North of England Protecting and Indemnity Association (1926) 26 Ll.L.R. 201, 203 per Scrutton LJ; ebenso O´Callaghan v. Elliot (1996) 1 Q.B. 601; auch Cole Brothers Ltd. v. Phillips (1981) STC 671, 55 Tax Cas. 188. 829 Allerdings bieten auch sorgfältigst verfaßte Regelungen keine absolute Sicherheit gegen Mißbrauch, vgl. Park, 17 ArbInt 3 (2001), 263, 269: “Even the best of rules have unintended consequences, like ripples on a still pond after a stone is thrown across the water´s surface.” 830 Ähnlich, den blumigen Begriff der „arbitral ´Miss Manners´“ gebrauchend, Park, 17 ArbInt 3 (2001), 263.

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1. Maßgeblicher Einfluß durch Locabail (UK) Ltd v. Bayfield Properties Ltd

Eine maßgebliche Vorreiterrolle für die Entwicklung eines solchen Regelungswerks nimmt

nach Ansicht des Verfassers die englische Entscheidung in Locabail (UK) Ltd v. Bayfield

Properties Ltd831 ein: Sie betrifft fünf rechtlich und tatsächlich unterschiedlich gelagerte Fälle,

die sich jedoch sämtlich mit Fragen (schieds-)richterlicher Interessenverflechtungen befasst

haben832. Sie wurden als „joined cases“ vor dem Court of Appeal von einer einzigartig

eminenten Richterbank, bestehend aus dem Lord Chief Justice, Vice-Chancellor und Master

of the Rolls, ausgeurteilt. Auch unter Berücksichtigung der im 1. Teil vorgenommenen

Untersuchung der Entwicklung der englischen Rechtsprechung in Sachen schiedsrichterliche

Interessenverflechtungen sticht diese Entscheidung hervor; denn obgleich der Verfasser nicht

mit sämtlichen dortigen Ausführungen konform geht, haben dort833 Richter erstmals ein

weitgehend umfassendes, im Hinblick auf die nationale Schiedsgesetzgebung akzeptiertes und

deutlich moralisch-ethisch geprägtes Regelungswerk für die Art und Weise (schieds-

)richterlicher Verfahrensgestaltung erstellt. Folgender Auszug aus den Leitsätzen verdeutlicht

das:

“(2) Where it is alleged that there is a real danger or possibility of bias on the part

of a judicial decision-maker, that danger will be eliminated and the possiblity

dispelled if it is shown, from the hindsight view of the reviewing court, that the

judge was unaware of the matter relied upon as appearing to undermine his

impartiality. Accordingly, in applying the real danger or possibility of bias test, it

is often appropriate to inquire whether the judge knew of the matter in question ...

(3) A judge must recuse himself from a case before any objection is made if … he

feels personally embarrassed in hearing the case. If, in any other case, the judge

becomes aware of any matter which can arguably be said to give rise to a real

danger of bias, it is generally desirable that disclosure should be made to the parties

in advance of the hearing. Where objection is then made, it will be as wrong for the

judge to yield to a tenuous or frivolous objection as it will be to ignore an objection

831 Urteil des Court of Appeal vom 17.11.1999, (2000) Q.B. 451 per Lord Bingham of Cornhill, L.C.J., Sir Richard Scott V.-C. und Lord Woolf, M.R. 832 Die Kläger machten eine „actual“ bzw. „potential“ Parteilichkeit von Richtern und Schiedsrichtern geltend; für eine kurze inhaltliche Zusammenfassung s. Locabail (UK) Ltd v. Bayfield Properties Ltd, 17.11.1999, (2000) Q.B. 451f. 833 Zum Inhalt vorheriger Ansätze durch institutionelle Schiedsorganisationen, Interessen- und Berufsinteressenverbände nachfolgend unter B., I., 2.

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of substance. However, if there is real ground for doubt, that doubt must be resolved

in favour of refusal.

(4) In considering whether there is a real danger of bias on the part of a judge,

everything depends on the facts, which may include the nature of the issue to be

decided. However, judge´s religion, ehtnic or national origin, gender, age, class,

means or sexual orientation cannot form a sound basis of an objection. Nor,

ordinarily, can an objection be soundly based on the judge´s social, educational,

service or employment background or that of his family; his previous political

associations; his membership of social, sporting or charitable bodies; his Masonic

associations; his previous judicial decisions; his extra-curricular utterances; his

previous receipt of instructions to act for or against any party, solicitor or

advocate engaged in a case before him; or his membership of the same Inn,

circuit, local Law Society or chambers.

(5) In contrast, a real danger of bias may well be thought to arise if there is

personal friendship or animosity between the judge and any member of the public

involved in the case, if the judge is closely acquainted with any member of the

public involved in the same case, particularly if that person´s credibility may be

significant in the outcome of the case; if, in a case where the judge has to

determine an individual´s credibility, he has rejected that person´s evidence in a

previous case in terms so outspoken that they throw doubt on his ability to

approach that person´s evidence with an open mind on a later occasion; if the

judge has expressed view, particularly in the course of the hearing, on any

question at issue in such extreme and unbalanced terms that they cast doubt on his

ability to try the issue with an objective judicial mind, or if, for any other reason,

there is real ground for doubting the judge´s ability to ignore extraneous

consideration, prejudices and predilections, and his ability to bring an objective

judgment to bear on the issues. However, no sustainable objection can arise

merely because, in the same case or a previous case, the judge has commented

adversely on a party or witness, or found their evidence to be unreliable.

Furthermore, other things being equal, the objection will become progressively

weaker with the passage of time between the event which allegedly gives rise to a

danger of bias and the case in which the objection is made.

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(6) Where, following appropriate disclosure by the judge, a party raises no

objection to the judge hearing or continuing to hear a case, that party cannot

subsequently complain that the matter disclosed gives rise to a real danger of bias.

The level of disclosure appropriate depends in large measure on the stage that the

matter has reached. Thus if, before a hearing has begun, the judge is alerted to

some matter which, depending on the full facts, may throw doubts on his fitness

to sit, he should inquire into the full facts, so far as they are ascertainable, in order

to make disclosure in light of those facts. In contrast, where a judge has embarked

on a hearing in ignorance of a matter which emerges during the hearing, it is

sufficient for the judge to disclose what he then knows. If he does make further

inquiry and learns additional facts, he must also disclose those facts. However, it

is generally undesirable to abort hearing unless that is required by the reality of

the appearance of justice.” (Hervorhebungen d. Verf.).

Eine sorgfältige Durchsicht dieser Leitsätze bestätigt den Schwerpunkt der vorliegenden

Arbeit: Sie betonen die überragende moralisch-ethische Verpflichtung eines jeden

Schiedsrichters zur Selbstablehnung, falls er sich selbst nicht (mehr) für unparteilich hält;

damit verbundene Nachteile für die Schiedsparteien, insbesondere bei einem Rücktritt in

fortgeschrittenem Verfahrensstadium, dürfen den Schiedsrichter nicht zum Verbleib

verführen834. Auch sehen sie die Wirksamkeit von Offenlegung, Ablehnung, Aufhebung,

Präklusion bzw. Verzicht nur dann als gegeben an, wenn diese Mechanismen

ineinandergreifen.

Die Entscheidung eines Streits hängt zwar von den Umständen des Einzelfalles ab; durch

derartige Leitlinien kann aber von vornherein deutlich gemacht werden, welche Umstände

überhaupt erst gar nicht zur Begründung einer Interessenverflechtung angerufen zu werden

brauchen, weil ein weltweiter Konsens besteht, dass sie vollkommen irrelevant sind. Ein

solcher Ansatz mag zwar manchen zutiefst zuwider sein, er hat jedoch den Vorteil, sich

eindeutig auf die Seite derjenigen Partei zu stellen, die Opfer eines offensichtlich

unberechtigten Ablehnungs- bzw. Aufhebungsantrags wird. Auf der anderen Seite ist auch für

einen Schiedsrichter deutlich ersichtlich, wann er auf keinen Fall entscheiden darf.

834 Die Untersuchung der Frage, ob der Schiedsrichter gegenüber einer dadurch geschädigten Partei eine finanzielle Entschädigung (Schadensersatz o.ä.) zu leisten hat, ist nicht Gegenstand vorliegender Untersuchung.

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2. Aufkommen und Akzeptanz von Verhaltenskodizes

Neben der Entscheidung in Locabail (UK) Ltd v. Bayfield Properties Ltd ist das Verhalten des

Schiedsrichters auch Gegenstand systematischer Analysen gewesen: Es existieren

verschiedene Verhaltenskodizes nationaler Schiedsorganisationen und Interessen-835 bzw.

Berufsverbände836; spezielle, grenzüberschreitend wirkende Verhaltenskodizes sind für im

Arbeitsrecht bzw. Seerecht837 tätige und internationale838 Schiedsrichter erarbeitet worden:

Dies in Erkenntnis des Umstandes, dass es die globale Marktwirtschaft ist, die „ihrem“

Streitlösungsmechanismus No. 1 den prägenden Stempel aufgesetzt hat.

In diesem Kontext bewegen sich Schiedsrichter als Streitentscheider und -schlichter, Parteien

als Lieferanten notwendigen Tatsachen- und Beweisvortrags; das ist Anlass genug, positive

Grundsätze zu erarbeiten, die mindestens generelle Maximen sind und deren Beachtung von

Schiedsparteien und Schiedsrichtern gleichermaßen nicht ignoriert werden können. Solche

Kodizes sind nicht abstrakt rechtsphilosophische bzw. -theoretische Dokumente, wenngleich

ihnen allen der Bezug auf moralisch-ethische Erwägungen eigen ist; sie zeigen vielmehr die

835 Z.B. California Ethics Standards for Neutral Arbitrators, 1.7.2002, abrufbar unter www.court.info.ca.gov./rules/reports/documents/rule04; Beijing Arbitration Commission Code of Ethics for Arbitrators, abrufbar unter www.bjac.org.cn (Stichwort: Code of Ethics for Arbitrators); California Ethical Standards for Arbitrators, 19.4.2003, Judicial Council News 34, 16.4.2003; Rules of good conduct for proceedings organised by CEPANI, Belgium, abrufbar unter www.cepani.com (Stichwort: Rules of good Conduct); SIAC Code of Ethics for an Arbitrator 2003, abrufbar unter www.siac.com (Stichwort: Code of Ethics); The Chartered Institute of Arbitrators´ Code of Professional and Ethical Conduct for Arbitrators, abgedruckt in 66 Arbitration (2000), 60ff.; Notice to Arbitrators of CIETAC on Ethics, 6.4.1993 (englische Version abgedruckt bei Yanming, 5 JInt´lArb 12 (1995), 5, 15f.); Code of Ethics for Vancouver Maritime Arbitrators Association, abgedruckt bei Forbes, 9 JInt´lArb 3 (1992), 5, 25f.; Code of Ethics of the Chamber of National and International Arbitration of Milan; AMINZ Code of Ethics for Arbitrators 1996. 836 International regelnd: International Code of Ethics for lawyers 1956/1964/1995, abrufbar unter www.ibanet.org; EU-weit regelnd: Code of Conduct for Lawyers in the EU 2002 (CCBE Code) (engl. Version unter www.ccbe.org, dt. Version unter www.brak.de/aktuelles/1.Seite/Berufsregeln-CCBE7.8.htm); US-Staaten-spezifisch regelnd: Florida Rules of Professional Conduct, Chapter 4; Florida Code of Judicial Conduct 1973, (dazu In Re The Florida Bar - Code of Judicial Conduct, 281 So.2d 21 (Fla. 1973), modified 348 So.2d 891); zur umstrittenen Geltung berufsständischer Regelungen auch für Schiedsverfahren: Dafür (People v Bergmann, 807 P.2d 568 (Colorado 1991), In re Keiler, 380 A.2d 119 (D.C. 1977); dagegen (Dunmore Police Association v Borough of Dunmore, 528 A.2d 299 (Pa. Commonw.Ct. 1987)). 837 Arbeitsrecht: Code of Professional Responsibility for Arbitrators of Labor-Management Disputes 1951, Überarbeitung durch Simkin Committee´s Revised Final Report (1975), beide abgedruckt in 28th Ann. Proc. NAA 217-236 (1975); Seerecht: Society of Maritime Arbitrators Code of Ethics 1989, abgedruckt in 20 J. M.L. & Com. (1989), 286-287; die ebenfalls speziellen Ethical Standards of Professional Conduct for the Society of Professionals in Dispute Resolution 1989 (SPIDR Code), abgedruckt bei Gillers & Simon, S. 548-553, werden nicht weiter behandelt, da sie auf jegliche Form von ADR und nicht bloß Schiedsgerichtsbarkeit anwendbar sind. 838 IBA Ethics 1987, abgedruckt in 3 ArbInt (1987), 72; 2 Mealey´s Int´l Arb. Rep. (1987), 287; YCA XII (1987), S. 199ff.; 26 I.L.M. (1987), 583, 584-589; inoffizielle deutsche Übersetzung durch Glossner, JbPrSch. 1 (1987), 192ff.; die IBA Ethics 1987 vorbereitend Hunter/Paulsson, 13 Arbitration (1985), 153ff.; hierzu zählt auch der AAA/ABA Code 1977 bzw. Revisited 2004, abgedruckt bei Holtzmann, YBCA 1985, 131, 132-140; zur ergebnislos verlaufenen UNCITRAL Diskussion, neben dem ML einen Code of Conduct/Ethics zu erarbeiten, s. bei Holtzmann/Neuhaus, UNCITRAL Model Law, S. 1148, die First Secretariat Note, Possible Features of a Model Law, A/CN.9/207 (14 May 1981) No. 70.

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aktuellen Herausforderungen auf, denen sich alle Verfahrensbeteiligten und damit Teilnehmer

an der globalen Marktwirtschaft stellen müssen.

a. IBA Ethics for International Arbitrators 1987

Die IBA Ethics 1987 stellten bis zur Verabschiedung der IBA Guidelines 2004 (dazu

nachfolgend unter II.) unter all diesen Verhaltenskodizes das einzige, ausschließlich für die

Bewältigung internationaler Interessenkonflikte anwendbare Regelungswerk dar839. Bereits

ihre Präambel ist Programm:

“International arbitrators should be impartial, independent, competent, diligent

and discreet. These rules seek to establish the manner in which these abstract

qualities may be assessed in practice. … they reflect internationally acceptable

guidelines developed by practising lawyers from all continents. They will attain

their objectives only if they are applied in good faith.

… Whilst the International Bar Association hopes that they will be taken into

account in the context of challenges to arbitrators, it is emphasised that these

guidelines are not intended to create grounds for the setting aside of awards by

national courts.”.

Das ist nichts anderes als die schon im 2. Teil unter den Grundsätzen der Parteiautonomie und

Fairness behandelte Forderung nach einem fairen, zügig und kompetent entscheidenden

Schiedsrichter. Die IBA Ethics 1987 wollen Leitlinie für Schiedsrichter, staatliche Gerichte

und Parteien sein; sie sollen nicht als Ermutigung letztgenannter verstanden werden, einen

Schiedsspruch nun erst recht angreifen zu können. Ihre Anwendung bedarf einer

Vereinbarung der Schiedsparteien840; der Geltungsvorrang zwingender lex fori und lex arbitri

sowie etwaig vereinbarter institutioneller Schiedsordnungen wird anerkannt.

839 Ihrer Verabschiedung gingen langjährige Untersuchungen voraus (dazu Glossner, International Bar News (January 1986), S. 13ff.), deren Ergebnisse von ihren Redakteuren (J. M. H. Hunter, J. A. S. Paulsson und A. J. van den Berg) auf der jeweiligen jährlichen IBA Conference bis hin zur Verabschiedung zur öffentlichen Diskussion gestellt wurden. 840 Ähnlich insoweit die Verfahrensregelungen der IBA Rules on the Taking of Evidence vom 1. Juli 1999; dazu www.ibanet.org (Stichwort: Rules on the Taking of Evidence 1999).

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Die IBA Ethics 1987 bestehen aus neun “guidelines” (“Maxime” / “Leitsätze”841):

Vorangestellt werden sowohl die “Fundamental Rule” der vorurteilsfreien Entscheidung (No.

1) als auch die sie verwirklichende, moralisch-ethische Verpflichtung des Schiedsrichters zur

Selbstablehnung, sollte er nicht überzeugt sein, vorurteilsfrei entscheiden zu können (No.

2.1)842. Die nachfolgenden Maximen dienen der weiteren Ausgestaltung und Verwirklichung

des so gelegten Fundaments:

- No. 3.1 bestimmt die schiedsrichterliche Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit als

maßgebliche Kriterien einer vorurteilsfreien Entscheidung, indem er die Begriffe

negativ definiert;

- Prüfungsmaßstäbe und konkrete Kriterien zur Beurteilung der Unparteilichkeit,

Unabhängigkeit und auch Offenlegung von beeinträchtigenden Umständen legen No.

3.2 (im Rahmen eines objektiven Anscheinstests) und Nos. 3.3-3.5 (Kriterien) bzw.

No. 4.1 (mit dem Prüfungsmaßstab der objektiv berechtigten Zweifel) und No. 4.2

(Kriterien) fest;

- Die Verletzung der durchgängigen Offenlegungspflicht soll für sich allein zur

Ablehnung eines Schiedsrichters führen können, selbst wenn der nicht offengelegte

Umstand für sich genommen eine Ablehnung nicht rechtfertigt843;

- No. 5.1 Satz 1 begründet allein zu Lasten des Schiedsrichters eine Pflicht zur

Nachforschung, die ebenso umfangreich wie erforderlich sein soll844: Satz 2 sieht

841 Der Verfasser sieht mit dieser Übersetzung die Möglichkeit, den moralisch-ethischen Impetus der Guidelines hervorzuheben; anders womöglich Glossner, JbPrSch. 1 (1987), 192, der sie als „Anleitung“ (und nicht „einklagbare Gesetzesregeln“) versteht. 842 Glossner, JbPrSch. 1 (1987), 192, 193, nutzt statt der Begriffe „bias“ (Befangenheit) bzw. „biased“ (vorurteilsbeladen) („free from bias“ sollte entsprechend mit „vorurteilsfrei“ übersetzt werden, womit der Wesenszug der Unparteilichkeit, die offene Geisteshaltung und Unvoreingenommenheit, deutlicher zum Tragen) den der „Neutralität“ (ähnlich dem US-amerikanischen Verständnis der „(non-)neutrality“); dieser sollte jedoch von Fragen der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit getrennt werden und eher i.S. einer „international mindedness“ verstanden werden (s. 2. Teil, F., III.). 843 No. 4.1 Satz 2; in diesem Punkt stimmen die IBA Ethics 1987 mit der US-amerikanischen Entscheidung in Commonwealth Coatings Corp. v Continental Cas. Co., 393 U.S. 145 (1968) überein, die einen Schiedsspruch aufhob, weil der Vorsitzende eine sporadische geschäftliche Beziehung zu einer der Parteien (mit einem Einkommen von ca. US$ 12.000,00 im Verlauf von 4 bis 5 Jahren; lange beendet vor dem Schiedsverfahren) nicht offengelegt hatte - und dies obgleich der Anwalt der Gegenseite zu Protokoll gab, dass er selbst in Kenntnis dieses Kontakts wahrscheinlich keinen Ablehnungsantrag gestellt hätte; obgleich der Vorsitzende diesen Kontakt nicht bewusst verschwiegen hatte und obgleich es keinerlei Beweis, geschweige denn Anzeichen für eine nicht vorurteilsfreie Entscheidung gab. 844 „Sufficient enquiries“; Glossner, JbPrSch. 1 (1987), 192, 194, übersetzt schlicht mit „Unterrichtung“.

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hingegen die schiedsparteiliche Nachforschungsaktivität nur als Möglichkeit,

keinesfalls Verpflichtung;

- No. 5.3 ermahnt Schiedsrichter dazu, von einseitigen Kontakten zu den Parteien oder

deren Interessenvertretern abzusehen;

- Eine entsprechende schiedsparteiliche Vereinbarung bzw. Zustimmung vorausgesetzt,

soll die Schiedsrichterbank in Anwesenheit der Parteien vermitteln, No. 8845.

Sämtliche Maxime gelten für jeden Schiedsrichter ohne Rücksicht auf die Art seiner

Ernennung, also auch für den Regelfall des parteibenannten Schiedsrichters einer Dreier-

Schiedsrichterbank in internationalen Schiedsverfahren.

b. AAA/ABA Code of Ethics for Arbitrators in Commercial Disputes 1977 und Revisited

2004

1977 haben die AAA und ABA gemeinsam den Code of Ethics for Arbitrators in Commercial

Disputes (AAA/ABA Code) mit dem Anspruch seiner Allgemeingültigkeit846 verabschiedet:

Vergleichbar den ein Jahrzehnt später verabschiedeten IBA Ethics 1987, wollte er „guidance“

für Schiedsrichter und Parteien sein847. Er bezieht nach der einleitenden Präambel in zwei

gesonderten „notes“ Stellung zum US-amerikanischen Verständnis von und zur Auslegung

des Oberbegriffs der „neutrality“, unter dem dort die Fragen schiedsrichterlicher

Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit diskutiert werden; die anschließenden Kapitel I-VII

tragen entsprechend dem Anliegen nach moralisch-ethischer Respektierung jeweils die

Überschrift „Canon“.

Spätestens seit der Verabschiedung der überarbeiteten Version des AAA/ABA Code 1977 in

2004848 muss international anerkannt werden, dass auch dieser Code für internationale

Schiedsverfahren geeignet ist, weil er ebenfalls die Gewähr eines fairen Schiedsspruchs durch

845 Die weiteren Maximen unter Nos. 6 (Fees/Honorare), 7 (Duty of Diligence/Allgemeine Sorgfaltspflicht) und 9 (Verschwiegenheitspflicht) sind im Folgenden nicht weiter Gegenstand dieser Untersuchung. 846 S. dazu die Präambel (letzter Satz). 847 Vgl. seine Präambel: „Few cases of unethical behavior by commercial arbitrators have arisen. Nevertheless, the ABA and the AAA believe that it is in the public interest to set forth generally accepted standards of ethical conduct for guidance of arbitrators and parties in commercial disputes.”. 848 Allgemein dazu A. Sheppard, A New Era of Arbitrator Ethics for the United States: The 2004 Revision to the AAA/ABA Code of Ethics, 21 ArbInt (2005), 91-98.

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unparteiliche Schiedsrichter bietet849: Nach seiner Verabschiedung in 1977 wurde man nicht

müde, darauf hinzuweisen, dass er aufgrund des Wortlauts seiner Präambel und des Canon

VII. von parteibenannten Schiedsrichtern ein Weniger an oder auch gar keine „neutrality“

fordere850. Es mag sein, dass bei US-Schiedsparteien Skepsis in bezug auf die

Unparteilichkeit eines parteibenannten Schiedsrichters existiert und diesem deshalb

gegenüber der ihn benennenden Partei im Wege einer (widerlegbaren) Vermutung ein

gewisses Zugeneigtsein („predisposition“) zugestanden wird851; dennoch verlangte bereits der

AAA/ABA-Code 1977 in seiner Präambel und unter Canon VII., A., ausdrücklich Folgendes:

(Präambel) “In all such cases, the persons who have the power to decide should

observe fundamental standards of ethical conduct. … The sponsors of this code

believe that it is preferable for parties to agree that all arbitrators should comply

with the same ethical standards. However, it is recognized that there is a long-

established practice in some types of arbitration for the arbitrators who are

appointed by one party, acting alone, to be governed by special ethical

considerations. Those special considerations are set forth in the last section of the

code.”.

(Canon VII, A. “Obligations under Canon I”) “Nonneutral party-appointed

arbitrators should observe all of the obligations of Canon I to uphold the integrity

and fairness of the arbitration process, subject only to the following provisions:

(1) Nonneutral arbitrators may be predisposed toward the party who appointed

them but in all other respects are obligated to act in good faith and with integrity

and fairness.” 852 (Hervorhebungen d. Verf.).

849 Ähnlich Voser, SchiedsVZ 2003, 59, 63; Sanders, Quo vadis Arbitration?, S. 238: “these different views (zwischen den AAA/ABA und IBA Kodizes, d. Verf.) on the party-appointed arbitrators may, however, be less outspoken than the situation above seems to suggest.”. 850 So z.B. Hunter, 53 Arbitration (1987), 219, 223; s. dazu auch Canon VII. des AAA/ABA-Code 1977. 851 Unter diesem Zugeneigtsein verstehen Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395: “It is also a truism that a party will strive to select an arbitrator who has some inclination or predisposition to favor that party´s side of the case such as by sharing the appointing party´s legal or cultural background or by holding doctrinal views that, fortuitously, coincide with a party´s case. Provided the arbitrator does not ´allow this shared outlook to override his conscience and professional judgment´, this need carry no suggestion of disqualifying partiality. This is a natural and unexceptional aspect of the party-appointment system in international arbitration. There is a distincion to be drawn, however, between a general sympathy or predisposition and a positive bias or prejudice.”. 852 Vgl. dazu auch Coulson, 4 JInt´lArb 2 (June 1987), 103 und 106.

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Wie kann ein Schiedsrichter in „good faith and with integrity and fairness” handeln und nicht

unparteilich sein? Das ist der Vorwurf, den kontinental-europäische Jurisdiktionen und auch

die angelsächsische Jurisdiktion gegenüber dem US-amerikanischen Prüfungsansatz stets

formuliert haben: Nach den Ausführungen im 2. Teil ergibt sich das Erfordernis

schiedsrichterlicher Unparteilichkeit aus dem Grundsatz der Fairness. Dieser ist aber auch in

der US-amerikanischen Jurisdiktion nicht gefährdet, wie Canon VII., A., ganz eindeutig zeigt.

Die Kritik am US-amerikanischen Ansatz kann also nur auf die Frage der schiedsrichterlichen

Unabhängigkeit abzielen853; die aber sollte, wie ebenfalls im 2. Teil bereits untersucht worden

ist, gegenüber dem Erfordernis der Unparteilichkeit zurückstehen und nur thematisiert

werden, wenn sie Fragen der Unparteilichkeit aufwirft.

Unabhängig davon ist den Kritikern nach der Überarbeitung des Kodex und seiner erneuten

Verabschiedung in 2004854 selbst dieses Argument genommen: Denn anstelle der Vermutung

eines Zugeneigtseins des parteibenannten Schiedsrichters unter dem AAA/ABA Code 1977

stellt der Code Revisited 2004 nunmehr die Vermutung der „neutrality“ auch für

parteibenannte Schiedsrichter auf855.

c. Eine wegweisende Arbeit von Bishop und Reed, 1998

In einem bemerkenswerten Aufsatz haben Bishop und Reed, zwei US-amerikanische Anwälte

und Schiedsrichter, unter dem Titel der „Practical Guidelines for interviewing, selecting and

challenging party-appointed arbitrators in International Commercial Arbitration“856 es

unternommen „to present in a succinct practitioner´s format those general standards that

appear to represent a consensus among international arbitration specialists“: Hierzu haben sie

853

Zu den Beweggründen vgl. Meyerson/Townsend, 59 D.R.J. 1 (February-April 2004), 10, 11. So auch Meyerson/Townsend, 59 D.R.J. 1 (February-April 2004), 10, 12 re.Sp.

854

S. dazu die „Note on Neutrality“: „This Code establishes a presumption of neutrality for all arbitrators, including party-appointed arbitrators, which applies unless the parties' agreement, the arbitration rules agreed to by the parties or applicable laws provide otherwise. This Code requires all party-appointed arbitrators, whether neutral or not, to make pre-appointment disclosures of any facts which might affect their neutrality, independence, or impartiality.”; verstärkt wird diese Vermutung über Canon IX., A. und C. (3.): “A. In some types of arbitration in which there are three arbitrators, it is customary for each party, acting alone, to appoint one arbitrator. The third arbitrator is then appointed by agreement either of the parties or of the two arbitrators, or failing such agreement, by an independent institution or individual. In tripartite arbitrations to which this Code applies, all three arbitrators are presumed to be neutral and are expected to observe the same standards as the third arbitrator. … C. (3.): Until party-appointed arbitrators conclude that the party-appointed arbitrators were not intended by the parties to serve as neutrals, or if the party-appointed arbitrators are unable to form a reasonable belief of their status from the foregoing sources and no decision in this regard has yet been made by the parties, any administering institution, or the arbitral panel, they should observe all of the obligations of neutral arbitrators set forth in this Code.”; aus Sicht des Verf. Ist dies als Klarstellung zu verstehen, die irreführende Interpretation durch die internationale Schiedsgemeinschaft zu beenden; auf keinen Fall kann die Überarbeitung als “Schuldeingeständnis” verstanden werden.

855

14 ArbInt 4 (1998), 395-430. 856

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den Status Quo der Prüfungsmaßstäbe für Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität

parteibenannter Schiedsrichter aufgearbeitet (dort unter II.), auf Grundlage der daraus

gewonnenen Erkenntnisse dann eigene Prüfungsmaßstäbe entworfen und zu speziellen

Problemen des Umfangs von Kontakten zwischen Schiedsrichtern und Parteien, der

Offenlegung, Ablehnung und Aufhebung Stellung bezogen (dort unter III.-VI.).

Sie gehen von der weit verbreiteten, nicht jedoch vom Verfasser geteilten Prämisse aus, dass

das Fehlen eindeutiger Maßstäbe das Vertrauen in die Institution der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit und so zugleich deren Verbreitung untergräbt: Vielleicht unfreiwillig

verdeutlichen sie so das Dilemma, vor dem auch diejenigen stehen, die dem Anschein einer

Rechtsverwirklichung den Vorzug vor der tatsächlichen Verwirklichung des Rechts geben -

sie sind getrieben von dem Glauben, dass die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in

gleichem Maße wachsen muss wie grenzüberschreitende Wirtschaftsaktivitäten zunehmen.

Nach Ansicht des Verfassers ist dieses Streben nach Größe aber ein denkbar schlechter

Ratgeber dafür, wie man schiedsrichterliche Interessenkonflikte löst.

Ihre weitere Prämisse hingegen, dass es in der praktizierenden Gemeinschaft erfahrener

Schiedsrichter eine grundlegend Übereinstimmung in der Frage gebe, welchen Maximen ein

internationaler Schiedsrichter folgen muss857, kann auch der Verfasser folgen: Denn die

Tatsache, dass bislang noch keine Zusammenschau international gültiger Schiedsmaximen

existiert, darf nicht zu der irrigen Annahme führen, dass solche gar nicht existieren. Der im 1.

Teil dargestellten Vielfalt in der Behandlung von Interessenkonflikten kann ganz im

Gegenteil entnommen werden, dass man sich international ihrer Bedeutung nicht verschließen

will.

Im Folgenden wird kurz erläutert, welche Prüfungsmaßstäbe Bishop und Reed zur

Übernahme empfehlen und auf welchem Wege sie diese für den Praktiker handhabbar

machen wollen; dies scheint deswegen geboten, weil die Lösung der Autoren die Arbeit derer,

die die nachfolgend unter II. zu untersuchenden IBA Guidelines 2004 entworfen haben, in

beachtlicher Form beeinflusst zu haben scheint:

Sie leiten mit einem Primat der Offenlegungspflicht ein; anschließend stellen sie

“disqualifying factors“ vor, die regelmäßig ausreichender Hinweis für parteiliches

857 14 ArbInt 4 (1998), 395, 398.

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Schiedsrichterhandeln sein sollen858; es folgen „non-disqualifying factors“, die im Gefolge

einer vollständigen Offenlegung regelmäßig nicht zu der Ablehnung eines Schiedsrichters

führen sollen859. Zusätzlich zu diesen - vergleichsweise eindeutigeren - Kategorien sehen sie

„factors bearing close scrutiny“, sozusagen das Sammelbecken der Zweifelsfälle, die nicht

sogleich zur Ablehnung führen sollen, aber einer eingehenden Untersuchung unterzogen

werden sollen860. Diese drei Kategorien versehen die Autoren mit den Ampelfarben rot

(„disqualifying“), gelb („factors bearing close scrutiny“) und grün („non-disqualifying“)861.

Auch Bishop und Reed sehen in solch einer Kategorisierung keinen Königsweg, weil dieses

Vorgehen nicht zur Vermeidung von Einordnungsproblemen führen kann, die sich aus den

unvermeidbaren Unschärfen in den Randbereichen einer einzelnen Kategorie zwangsläufig

ergeben - Extremfälle sind eben einfacher zu erfassen als der Normalfall. Gleichwohl bieten

die Autoren mit ihrem Ansatz Schiedsrichtern und Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, den

eigenen Prüfungsansatz zu strukturieren und tatsächlich ernst zu nehmen.

II. IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration 2004

Die folgende Untersuchung analysiert die IBA Guidelines 2004862: Es wird unternommen, sie

aufgrund sowohl ihrer Vorbereitungsarbeiten863 als auch der bisherigen Reaktionen im

internationalen Schrifttum grundlegend zu behandeln und zu würdigen. Auf die unter B., I.,

vorgestellten weiteren Kodizes wird rechtsvergleichend eingegangen, soweit es zur

Verdeutlichung des neuartigen Ansatzes der IBA Guidelines geboten ist.

858 14 ArbInt 4 (1998), 395, unter III. A.: “There are six factors that are so indicative of partiality that they can reasonably be treated as generally disqualifying … . 1) a significant financial interest in the relevant project or dispute, or in a party or its counsel; 2) a close family relationship with a party or its counsel; 3) non-financial involvement in the relevant project, dispute or the subject-matter of the dispute; 4) a public position taken on the specific matter in dispute; 5) involvement in the settlement discussions of the parties; and 6) an adversary relationship with a party.”. 859 14 ArbInt 4 (1998), 395, unter III. B.: „there are factors that - after full disclosure - generally should not disqualify. … 1) professional writings and lectures; 2) professional associations; 3) position in the same industry or similarly-situated government; and 4) relationship with the arbitral institution.”.

14 ArbInt 4 (1998), 395, unter III. C.: „factors that do not necessarily weigh conlusively against selection of an arbitrator, but merit close scrutiny in light of the particular circumstances. … 1) past business relationship with a party or its counsel; 2) attenuated family relationship with a party or its counsel; 3) friendship with a party or its counsel; 4) affiliations between law firms; 5) office sharing among unaffiliated lawyers; and 6) service in other arbitrations.”.

860

14 ArbInt 4 (1998), 395, 430; interessanterweise findet sich dieser Ansatz ebenfalls in den IBA Guidelines 2004, Part II: Practical Application of the General Standards wieder (dort als „non-waiveable Red List“, „waivable Red List“, „Orange List“ und „Green List“).

861

Am 22. Mai 2004 durch den Council der IBA verabschiedet, abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: IBA Guidelines on Conflicts of Interest). 862

Besonderer Dank gilt Herrn Rechtsanwalt am BGH Hilmar Raeschke-Kessler, LL.M., Ettlingen/Karlsruhe, der dem Verfasser uneingeschränkte Einsicht in die Korrespondenz der Working Group gewährt hat; die im Verlauf der Untersuchung zitierten Quellen sind sämtlich beim Verfasser einsehbar; s. für eine erste Orientierung den Zwischenbericht von Voser, SchiedsVZ 2003, 59-65.

863

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- 193 -

1. Ziele und Grundsätze der IBA Guidelines 2004

So sehr die unter B., I., vorgestellten Kodizes und internationalen Übereinkommen864

Anzeichen eines ungebremsten Impetus innerhalb der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

sind und zur Lösung mancher Teilprobleme in diesem Bereich geführt haben, so wenig haben

sie doch bislang die in dieser Arbeit propagierte Vereinheitlichung der Lösungsansätze zum

Problemkreis schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen bewirken können: Nach wie vor

ist der Umfang schiedsrichterlicher und -parteilicher Nachforschungs- und

Offenlegungspflichten unklar und nach wie vor handhaben Schiedsrichter und Parteien diese

Pflichten nicht einheitlich. Auch die weitreichende Rezeption des letzten großen

Regelungsvorhabens in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, des UNCITRAL Model

Law, hat das nicht bewirken können; das bezeugt allein die Fülle der veröffentlichten

Literatur. Diese Unfähigkeit nationaler und internationaler Rechtsetzungsorgane lässt

Versuche institutioneller Schiedsorganisationen in den Mittelpunkt rücken, die notwendige

Harmonisierung mittels neuer Verhaltenskodizes voranzubringen. Die bislang

raumgreifendsten Ansätze der AAA/ABA (1977 und Revisited 2004) und IBA (1987) haben

dafür grundsätzliche Kärrnerarbeit geleistet: Im Hinblick auf den AAA/ABA Code 1977 wird

das bereits dadurch deutlich, dass sich die überarbeitete Version 2004 bewusst an ihrer

Vorgängerversion orientiert und sich lediglich als deren Überarbeitung versteht („revisited“).

Sie betont so die grundsätzliche Kontinuität des dortigen Ansatzes und seine überwältigende

Aktzeptanz durch die Praxis865.

Einen anderen Weg hat die IBA für ihr Vorhaben gewählt, das 2004 zu den Guidelines on

Conflicts of Interest geführt hat866: Dieser Titel und noch mehr wohl seine Entwicklung im

Verlauf der Arbeiten der Working Group867 zeigen den Schwerpunkt deutlicher auf als die

864

S. dazu Meyerson/Townsend, 59 D.R.J. 1 (February-April 2004), 10, 11 re.Sp.

Z.B. ML (June 21, 1985, U.N.D. A/40/17, Annex I); Geneva Protocol (September 24, 1924, L.N.T.S. (1924), Vol. 27, p. 158, No. 678); Geneva Convention (April 26, 1927, L.N.T.S. (1929-30), Vol. 92, No. 302); NYC 1958 (June 10, 1958, U.N.T.S. (1959) Vol. 330, S. 38, No. 4739ff.); European Convention on International Commercial Arbitration (April 21, 1961, U.N.T.S. (1963-64), Vol. 484, S. 364, No. 7041ff.); Paris Agreement on the Application of the European Convention on International Commercial Arbitration 1961 (December 17, 1962). 865

Allgemein zur Struktur der IBA Guidelines s. die IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels, S. 6, Part V. 866

Dass es sich bei der Festlegung auf den Titel des Regelungswerks nicht um bloße Förmelei handelt, zeigt der Umstand, dass er zumindest zu Beginn der Arbeiten sehr umstritten gewesen ist („Guidelines“ im 1 Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002; kritisch und stattdessen „Notes“ vorschlagend Karrer, IBA Memo, December 3, 2002, S. 2 (um der Gefahr einer im Rahmen von der Erarbeitung der UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings aufgetretenen Fehlübersetzung von „guidelines“ durch „directives“ vorzubeugen); ähnlich ICC Germay, zitiert bei Raeschke-Kessler, IBA Memo, 6. Dezember 2002 (um so ein Weniger an Verbindlichkeit zu erlangen); eingehend diskutierend die IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 2 (vorgeschlagen wurden „Notes“, „Guidelines“ (so eine stärkere Bindungswirkung des

867

st

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- 194 -

IBA Ethics 1987 – nämlich die Thematisierung des Problems schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen und zugleich deren grundsätzliche Lösung durch Offenlegung, die

wiederum Ausdruck des Grundsatzes der Fairness ist. Insofern regeln die IBA Guidelines

2004 einen, wenngleich den umstrittensten und wichtigsten Ausschnitt der

Verhaltensmaximen der Verfahrensbeteiligten und ersetzen bzw. verdrängen die

entsprechenden Regelungen unter den IBA Ethics 1987; deren darüber hinausgehende

Maximen sollen nach dem Willen der Working Group fortbestehen868.

Im Gleichklang mit dem Ansatz von Bishop und Reed zielen auch die IBA Guidelines 2004

darauf ab, Situationen zu vermeiden, aus denen sich Ablehnungsanträge aufgrund

mangelnder, zu einem früheren Zeitpunkt möglicher Offenlegung ergeben869. Ebenso gründen

auch die IBA Guidelines auf der Überlegung, dass Nachforschung und Offenlegung durch

jeden Schiedsrichter, die Parteien und Interessenvertreter die Kernelemente eines jeden

Regelungswerks sind und im Zusammenwirken mit den Komponenten der Unparteilichkeit

(und Unabhängigkeit), in der Folge Ablehnung bzw. Aufhebung, Präklusion und Verzicht

wirken sollen870. Gleichfalls verbinden aber auch sie diese eher abstrakten und

auslegungsbedürftigen Komponenten mit drei detaillierten, jedoch mit den grundsätzlich

vorrangigen General Standards zwingend verbundenen Anwendungslisten spezifischer

Fallgestaltungen871. Dies verdeutlicht zum leichteren Einstieg das den Guidelines als Annex

beigefügte „flow chart“.

Regelungswerks anzeigend), „Principles“ (statt „Guidelines“)); s. auch Draft Report of the 2 Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, Fn. 1.

nd

So IBA Guidelines, Introduction, Rdn. 8.: „The Guidelines supersede the Rules of Ethics (1987, d. Verf.) as to the matters treated here.“; diese Formulierung lässt viel Raum für Interpretation, Diskussion und damit, leider, auch Streit - denn es ist aufgrund der ausführlichen Erläuterungen („Explanations“) zu den General Standards bzw. der veröffentlichten IBA Background Information (5 B.L.I. 3 (2004), 433ff.) nicht deutlich, wo solche Überschneidungen bestehen und damit die IBA Ethics 1987 durch die IBA Guidelines 2004 ersetzt werden; am ehesten dürfte dies für Teile der Einführung (Inkorporierungsklausel, Fragen schiedsrichterlicher Immunität), für Nos. 2.2 (fachliche und sprachliche Kompetenz), 2.3 und 7 (Sorgfaltspflicht), 2.4 (Werbeverbot), 5.2 (Kommunikation des parteibenannten Schiedsrichters mit der Partei im Rahmen der Benennung des Vorsitzenden), 5.3 (Verbot nicht allgemein abgestimmter Kontaktaufnahme), 5.4 (Kontrollmechanismen innerhalb der Schiedsrichterbank), 5.5 (Verbot sozialer Kontakte), 6 (Honorare) und 9 (Vertraulichkeit schiedsrichterlicher Beratungen) in Betracht kommen.

868

So Voser, in: IBA Notes, Session on Ethics in Arbitration, Durban Conference, October 21, 2002, S. 3: “The purpose of the project is to reduce the circumstances in which challenges and disclosures arise.”. 869

870 Vgl. dazu IBA Guidelines 2004, Part I: General Standards Regarding Impartiality, Independence and Disclosure; und Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395, unter I. und II. 871 So IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 434: “The Working Group determined that the lists could fulfil their practical purpose in the daily work of an abitrator only if they were linked to the disclosure requirement.”; Verbindungen bestehen zwischen der “non-waiveable Red List”, GSt 2(d) und GSt 4(b) einerseits, der “waiveable Red List” und GSt 4(c) andererseits wie auch der “Orange” und “Green List” sowie dem GSt 3(a); so auch Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395ff. (unter III.-VI.); Voser, IBA Email 8. April 2003, nennt die General Standards “fall back provisions”.

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- 195 -

Vor dem Hintergrund dieser ineinandergreifenden Mechanismen hält die Working Group, die

die Guidelines erarbeitet hat, den Grundsatz der Parteiautonomie für beschränkbar: Die

Endfassung der Guidelines sieht sich in diesem Ansatz durch die Praxis der internationalen

Schiedsgemeinschaft und nationale Gesetze bestätigt; sie propagiert deshalb, dem Parteiwillen

zugunsten der Integrität der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit dann Schranken zu setzen,

wenn es sich um den Fall des Verbots handelt, in eigener Sache zu richten872: Die Working

Group geht davon aus, dass dies gegenwärtig „best practice“ in der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit ist.

2. Entscheidende Weichenstellungen im Verlauf der Erarbeitung der IBA Guidelines

a. Grundsätzliches

Die IBA Guidelines 2004 gehen auf zwei parallel begründete, dann jedoch unter der Leitung

des IBA Committee D zusammengeführte Initiativen international praktizierender

Schiedsrichter zurück - einerseits diejenige der in der Folge der Jahreskonferenz der Swiss

Arbitration Association (ASA) im August 2001 gebildeten ad hoc-Arbeitsgruppe

westeuropäischer Praktiker unter der Leitung von Arthur Marriott QC und andererseits

diejenige der von dem IBA Committee D Ende 2001 selbst eingesetzten Working Group unter

der Leitung von O.L.O de Witt Wijnen873. Die Vereinigung beider Initiativen ermöglichte es,

neunzehn eminente Praktiker aus vierzehn verschiedenen, für die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit bedeutenden Jurisdiktionen auf ein Ziel einzuschwören874.

Man kann jedoch nicht sagen, dass dieses Ziel von Anfang eindeutig feststand; denn die

Vereinigung der Initiativen veränderte den ursprünglich von der Gruppe um Arthur Marriott

QC verfolgten Impetus erheblich: Dieser wollte dem AAA/ABA Code 1977 und der US-

amerikanischen Schiedskultur schlechthin eine europäische Lösung („an European solution“)

entgegensetzen, weil man erstens meinte, eine Amerikanisierung der internationalen

872 Vgl. dazu IBA Guidelines, Part II., Rdn. 9: „There has been much debate as to whether the situations on the Non-Waiveable Red List should be waivable in light of party autonomy. … the conclusion of the Working Group was that party autonomy, in this respect, has its limits.”.

Dazu Marriott, IDR 3, S. 2, 3-6; s. auch die IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels; zur ASA Jahreskonferenz vgl. die ASA Special Series No. 18, Conflicts of Interest in International Commercial Arbitration, Conference in Zurich of January 26, 2001, Reports and Materials, mit Beiträgen von Baum, Marriott, Günther, Whitesell und Tschanz (kostenlos beziehbar über [email protected]); Überlegungen der IBA bereits in 2000, dieses Projekt anzugehen, wurden mangels Interesses und Unterstützung durch institutionelle Schiedsorganisationen nicht weiterverfolgt, vgl. dazu den Activity Report, Section on Business Law, Committee D, Arbitration and ADR, 2002, S. 2, abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: Activity Report); zur Zusammensetzung und Arbeitsweise der Working Group grundlegend die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433-458.

873

S. dazu IBA Guidelines, Introduction, Fn. 1. 874

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Schiedsgerichtsbarkeit zu beobachten875, und zweitens glaubte, diese für den seit längerem zu

beobachtenden Anstieg von taktischen und verfahrensbehindernden Ablehnungs- und

Aufhebungsanträgen verantwortlich machen zu können876. Der Versuch einer solchermaßen

strikten Abgrenzung der IBA Guidelines 2004 gegenüber dem AAA/ABA Code 1977 ist aber

nicht in das Konzept der vereinigten Initiativen unter der Ägide der IBA übergegangen,

wenngleich er im ersten gemeinsamen Meeting der Initiativen von Arthur Marriott QC noch

so vertreten worden war.

Hierzu ist nach Ansicht des Verfassers Folgendes zu sagen: Es bedarf keiner solchen strikten

Abgrenzung, da die US-amerikanische Rechtsprechung dem Ansatz in Commonwealth

Coatings Corp. v. Continental Cas. Co.877 nicht gefolgt ist und einen dem „europäischen“

Prüfungsstandard vergleichbaren Maßstab anwendet, welcher mehr als „remote and

speculative claims“, nicht jedoch den Nachweis von „actual bias“ verlangt878 - letztlich also

vergleichbar vage bzw. konkret wie der europäische Prüfungsmaßstab ist. Die europäischen

Kritiker scheinen sich deshalb wohl eher daran zu stören, dass die kompetitive

Verfahrensführung US-amerikanischer Anwälte nicht dem europäischen Verständnis der

Gestaltung eines internationalen Schiedsverfahrens entspricht879.

Mit der Übernahme der Koordinierung durch das IBA Committee D ist dann dieser anti-US-

amerikanische Impetus einem wahrlich weltweiten, „kosmopolitischen“ gewichen880: Das

wurde schon an der Reaktion der internationalen Schiedsgemeinschaft im Verlauf der

Vorstellung der beiden ersten Arbeitsentwürfe auf den IBA Jahreskonferenzen in Durban

(2002), und San Francisco (2003), sowie auf dem Kongress der UIA in Lissabon (2003)

deutlich881. Waren diese Entwürfe jeweils das Ergebnis intensiver Diskussionen und

875 Dergestalt, dass man glaubte, in Fortführung der Entscheidung in Commonwealth Coatings Corp. v Continental Cas. Co., 393 U.S. 145 (1968) würde auch bald in Europa ein äußerst offener Prüfungsmaßstab i.S. eines äußerst weiten Kreises von zur Ablehnung berechtigenden Tatsachen angewendet werden. 876 So Marriott, in: IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels, S. 2f.: “The objective is … to formulate a “European Solution” which is acceptable to major European institutions and practice and then compare the results to US practice and accommodate, if possible.”. 877 Der auch heute noch immer wieder als Leitentscheidung für Fragen der Positionierung der US-amerikanischen Schiedskultur zu Fragen der schiedsrichterlichen Offenlegung (fälschlicherweise) zitiert wird. 878 Vgl. Washburn v McManus, 895 F.Supp. 392, 400 (D. Conn. 1994), Health Services Management Corp. v Hughes, 975 F.2d 1253, 1264 (7th Cir. 1992) und Apperson v Fleet Carrier Corp., 879 F.2d 1344 (6 Cir. 1989: “mere appearance of bias or impropriety, standing alone, is insufficient.”.

th

879 Besonders umstritten ist insoweit die Beweiserhebung, vgl. IBA Rules on the Taking of Evidence 1999, Introduction. 880 Vgl. den IBA Email-Schriftwechsel zwischen de Witt Wijnen und Thomas: IBA Emails vom 20. Mai 2003 und 23. Mai 2003. 881 Vgl. zum 1. Entwurf: Draft Joint Report on IBA Guidelines Regarding the Standard of Bias and Disclosure in ICA, October 7 and 15, 2002, inkl. der IBA Notes, Session on Ethics in Arbitration, Durban Conference,

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Vorbereitungen innerhalb der Working Group882, konnte man nach der San Francisco

Konferenz über die Erfolgsaussichten des 2. Entwurfs Folgendes feststellen:

- Die Notwendigkeit eines Regelungswerks, das „international best practice“ reflektiert,

ist anerkannt.

- Institutionelle Schiedsorganisationen möchten von einer offiziellen Übernahme oder

Anwendung der IBA Guidelines 2004 eher absehen, sehen aber die Möglichkeit, sie

zu „berücksichtigen“.

- Die ausdrückliche Regelung in bezug auf Schiedsrichter, die in global agierenden

Sozietäten tätig sind und damit allein aufgrund des dortigen, schier überwältigenden

täglichen Arbeitsvolumens für Interessenverflechtungen und -konflikte besonders

anfällig sind, ist der Kritik eines „white wash“ für solche Sozietäten ausgesetzt883;

allein der Blick auf die Websites solcher Law Firms zeigt bereits deutlich, dass sie

prädestiniert sind, regelmäßig an internationalen Schiedsverfahren beteiligt zu werden

und es tatsächlich auch sind; sie werden hierfür gerade wegen ihrer Größe und der

damit einhergehenden Vermutung fachlicher und organisatorischer Kompetenz

mandatiert.

- Es wird allgemein verlangt, ausdrücklich festzustellen, dass die IBA Guidelines

grundsätzlich rechtlich unverbindliche Maximen aufstellen, die mit einem „robust

commen sense“ angewendet werden sollen, so dass sie nicht als Einfallstor für

Regressansprüche missbraucht werden können884.

Diese Überlegungen spiegeln sicher nicht ausschließlich Probleme innerhalb der US-

amerikanischen Jurisdiktion wider; vielmehr reflektieren sie das grundlegende Problem aller

October 21, 2002, und der IBA Notes, 3rd Meeting, October 22, 2002, Durban; vgl. zum 2. Entwurf: 2nd Draft Joint Report on Guidelines on Impartiality, Independence and Disclosure in ICA, August 22, 2003; vgl. zur Vorstellung auf dem UIA Kongress in Lissabon Voser, IBA Email 11. September 2003. 882 Bzgl. des 1. Entwurfs s.: IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels; IBA Notes, 2nd Meeting, 14th May, 2002, London; IBA Notes, Conference Call, 1st July, 2002; IBA Notes, Durban Conference, October 21; IBA Notes, 3rd Meeting, October 22, 2002, Durban; bzgl. des 2. Entwurfs s.: IBA List of Principle Points, 28th February 2003 (zusammengefasst durch de Witt Wijnen, IBA Email 11. März 2003); IBA Conference Call, 12th March 2003; IBA Notes 4th Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall; IBA Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003; IBA Notes, Conference Call, 11th July, 2003 (vorbereitet durch IBA Discussion Paper, July 9, 2003); IBA Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003. 883 Hierzu grundlegend Lachmann, Gedanken zur Schiedsrichterablehnung aufgrund Sozietätszugehörigkeit, in: FS Geimer, S. 513ff. 884 So IBA Guidelines, Introduction, Rdn. 6 a.E.; insgesamt dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 437f., und Marriott, IDR 3, S. 2, 4 li.Sp.

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Harmonisierungsbestrebungen, nämlich sich auf einen gemeinsamen Nenner einigen zu

müssen885.

Nach der Veröffentlichung und Diskussion eines 3. Entwurfs886 verabschiedete der IBA

Council die IBA Guidelines am 22. Mai 2004. Erstmals auf der IBA Jahreskonferenz in

Auckland (2004) waren sie dann Gegenstand erster Analysen ihrer Akzeptanz durch die

internationale Schiedsgemeinschaft und Praxis887.

b. Effektive Implementierung moralisch-ethischer Maximen über Anwendungslisten

Bereits unter 1. wurde auf die gegenseitige Abhängigkeit der Maximen in Part I der IBA

Guidelines und ihrer praktischen Anwendung in Part II hingewiesen: Part I stellte gegenüber

bisherigen Kodizes keine Neuerung bzw. Verbesserung dar, wenn seine General Standards in

ihrer notwendigerweise abstrakten Gestalt gefangen blieben; Part II liefe Gefahr, ähnlich

vorherigen Systematisierungsversuchen bei einer schlichten Auflistung, bestenfalls

Kategorisierung bestimmter Fallgestaltungen stehen zu bleiben, wären seine ampelfarbenen

Anwendungslisten nicht einer bestimmten Maxime aus Part I zu- und untergeordnet888:

aa. System der Listen

Deshalb hat sich die Working Group bereits bei der Aufnahme der Arbeiten im März 2002 im

Verlauf ihres ersten Meetings darauf verständigt, konkrete Beispiele für die Anwendung der

generell-abstrakten General Standards in Form von Listen zu formulieren889: Eine schwarze

Liste („black list“) sollte Situationen wiedergeben, in denen die Unparteilichkeit eines

Schiedsrichters - objektiv betrachtet - nicht gegeben sein sollte890; dazu diametral

entgegengesetzt sollte eine weiße Liste („white list“) Umstände beschreiben, bei denen

keinerlei objektiver Hinweis auf das Fehlen eben dieser Unparteilichkeit bestehen sollte891;

885 Ebenso jede Jurisdiktion einschließend, IBA Background Information, 5 Busines L.I. 3 (2004), 433, 439. 886 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004; vgl. auch IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 439f. 887 24.10.2004.-29.10.2004, Informationen unter www.ibanet.org (Stichwort: Auckland). 888 “The lists put into practice the theory of the General Standards…”, IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 435. 889 Grundlage der daraufhin kategorisierten Beispiele bildeten einschlägige Gerichtsurteile sämtlicher beteiligter Jurisdiktionen, die zuvor in den IBA National Reports besprochen worden waren; einen Zwischenstand dieser Länderberichte liefert Voser, IBA Email 7. August 2002. 890 Gemeint war das Verbot, in eigener Sache zu richten, so Marriott, IDR 3, S. 2, 5. 891 Beweggrund der Working Group, diese Fälle trotz ihrer Irrelevanz für die Annahme eines Interessenkonflikts überhaupt in einer Liste zusammenzufassen, war die Überlegung, auf diesem Wege aktiv der Gefahr übermäßiger und vermutlich das Schiedsverfahren beeinträchtigender Offenlegung zu begegnen; genau diese Gefahr sieht die englische Entscheidung Taylor and another v. Lawrence and another (2002) All E.R. 353: „judges should be circumspect about declaring the existence of a relationship where there was no real possibility

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über eine graue Liste („grey list“) sollten all diejenigen Situationen beschrieben werden, aus

denen sich berechtigte Zweifel an der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit ergeben

könnten892. Um mit den IBA Guidelines tatsächlich eine bislang nicht erreichte Klarheit und

damit Vereinfachung bei der Vermeidung bzw. Beurteilung von Interessenkonflikten zu

erreichen, verband man die Listen mit der Offenlegungspflicht893: In Fällen der weißen Liste

war keine Offenlegung erforderlich, weil keine ausreichendend objektiven Anhaltspunkte für

das Vorliegen eines Interessenkonflikts vorlagen; unter der schwarzen Liste entfiel die

Offenlegung ebenfalls, weil ein Schiedsrichter sich bereits selbst ablehnen musste; nur in

Fällen der grauen Liste musste ein Schiedsrichter offenlegen, weil Zweifel an seiner

Unabhängigkeit geweckt waren.

Die grundsätzliche Ausrichtung der Listen hat die Working Group später beibehalten, im

Verlauf der weiteren Arbeiten jedoch mit den Ampelfarben rot (vormals schwarz), gelb

(vormals grau) und grün (vormals weiß) versehen; des weiteren verstärkte man die

Verknüpfung der Listen mit dem Mechanismus der Offenlegung zusätzlich dadurch, dass man

die Möglichkeiten der Präklusion bzw. des Verzichts nach entsprechender Offenlegung

erweiterte, nachdem anfänglich noch sämtliche Situationen unter der schwarzen Liste als

einem wirksamen Verzicht unzugänglich eingeschätzt worden waren; damit einhergegangen

ist die Spaltung der roten Liste in eine „nicht präkludierbar bzw. unverzichtbar“ ausgestaltete

rote Liste („non-waivable Red list“), d.h. trotz Offenlegung sollten weder Präklusion noch

Verzicht jemals wirksam sein können, und in eine „präkludierbar bzw. verzichtbar“

ausgestaltete rote Liste (“waivable Red list”), d.h. nach Offenlegung sollten sowohl

Präklusion als auch Verzicht ausnahmsweise bei Erfüllung bestimmter Bedingungen möglich

sein894. Letztlich war diese Spaltung das äußere Zeichen eines Kompromisses, der notwendig

of it being regarded by a fair-minded and informed observer as raising a possibility of bias since, if such a relationship was disclosed, it unnecessarily raised an implication that it could affect the judgment and approach of the judge.“. 892 Vgl. dazu die IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels (unter “Handling of the general policy with regard to specific situations (step 4): we will prepare a list of situations, which we should be trying to deal with in the guidelines. For this, each member will first establish a list of situations and issues, which he would want to put on a “white” or “black” or eventually “grey” list, if any.”). 893 So deutlich gefordert von Marriott, in: IBA Notes, Conference Call, July 1, 2002, S. 3 No. 6.; ebenso Carter/Rivkin, IBA National Report USA, 27 June, 2002, S. 7: “The following are suggestions as to some of the situations that may be placed on a white list (situations that should not be considered conflicts of interest whether or no disclosure of them is made) and a black list (situations that should be considered to be a conflict of interest.”); ähnlich Beechey, IBA National Report England, 28 June 2002, S. 4; Hwang, IBA National Report Addendum Singapore, 26 July 2002, S. 1.; ebenso Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395 (dort III. A., B. und C.). 894 Dieser Ansatz klingt erstmals in den IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, Rdn. 11 S. 6, an, und führt zur Einrichtung der Special Task Force „Waiver of Black list Situations“ (gebildet durch Raeschke-Kessler und Jones); diese schlägt in ihrem Memo (26 March 2003, S. 2 und 4) erstmals die Spaltung der schwarzen/roten Liste vor: „This non-waivable situation should be part of the general standard and also be specifically mentioned

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geworden war, um diametral entgegengesetzte Strömungen innerhalb der Working Group

unter dem Impetus der IBA Guidelines vereinigen zu können: Gemeinsam war diesen

Ansichten die Überzeugung gewesen, jeder Verzicht, egal wie umfangreich, könne nur bei

vorheriger und umfassender Information der Schiedsparteien wirksam werden: Die

Entscheidung „sehenden Auges“ sollte Leitmotiv sein. Bei Erfüllung dieser Voraussetzung

hatten jedoch Befürworter des Primats der Parteiautonomie keinen Grund gesehen, den

Parteien die Wahl eines Schiedsrichters zu verwehren - selbst wenn seine Benennung bzw.

Ernennung gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache verstieße895.

bb. Kritik am System der Listen

Kritiker des grundsätzlichen Lösungsansatzes von Interessenkonflikten über ein Listensystem

können sowohl den IBA Guidelines als auch vorherigen Kodizes vorhalten, dass objektive

Beziehungen zwischen Schiedsrichtern und Parteien, Streitgegenstand sowie

Interessenvertretern in zahllosen Nuancierungen896 existieren und die Übergänge von einer

Gruppierung zur anderen fließend sind; zudem haben zahlreiche Beiträge von Mitgliedern der

Working Group gezeigt, dass bereits die ursprüngliche Einordnung bestimmter Situationen in

eine der Listen ausführlich und kontrovers diskutiert wurde897. Zwar ist diese Kritik

grundsätzlich berechtigt; es gibt allerdings auch zahlreiche wiederkehrende, sich ähnelnde

Konstellationen, die dieses Vorgehen rechtfertigen - solange es in Verbindung mit den

General Standards aus Part I der Guidelines steht. Unbestreitbare Unschärfen und

Abgrenzungsprobleme in den Rand- und Übergangsbereichen von einer Fallgruppe in eine

in the black (red) list. ... In other serious conflict of interests situations, which are described in the black (red) list, parties sometimes may nevertheless wish to use such persons as arbitrator.”; die Termini “non-waivable” und “waivable” schlägt (soweit ersichtlich) jedoch erst Voser, IBA Email 8. April 2003, vor; dazu auch Marriott, IDR 3, S. 2, 5f. 895 Die Working Group sah von Anfang an im Hinblick auf die „Black List“ und später auf die „non-waivable Red List“ in dem Grundsatz des Verbots, in eigener Sache zu richten, den augenfälligsten Verstoß gegen das Gebot der Unparteilichkeit eines Schiedsrichters, dazu IBA Guidelines, Part II: Introduction, Rdn. 2 Satz 4; diese Überlegungen sind aber grundsätzlich davon zu unterscheiden, ob ein „informed waiver“ nicht auch bei schiedsrichterlicher Parteilichkeit wirksam ist; interessanterweise (so gemeint vor dem Hintergrund der in Deutschland zu beobachtenden Tendenz, vornehmlich die Unabhängigkeit zu betonen und so die Parteiautonomie über Gebühr zu beeinträchtigen) hat sich die ICC Germany für die Wirksamkeit eines solchen Verzichts ausgesprochen, so IBA Memo, Raeschke-Kessler, 6. Dezember 2002, I. 3., S. 2; ihre dortige Begründung bestärkt die mit der vorliegenden Arbeit vertretene Ansicht des Verfassers: „It is a fact of life, experienced by many participating general counsels, that a party may have complete confidence in the integrity, independence and impartiality of an arbitrator, appointed by the other party, regardless of the fact that he has rendered legal advice to the other party on the dispute or provided an expert opinion. The parties should not be deprived of the right to use the services of such person as arbitrator if they specifically wish so. If English law would not allow for a waiver with the expressed consent of both parties, this should not be raised to world standard.”; vgl. zum Ganzen auch IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 453f.; Winstanley, 4 LCIA News No. 4 (December 2002), 23-27. 896 Dieser Begriff ist Voser, SchiedsVZ 2003, 59, 63 entnommen. 897 Dazu z.B. IBA Notes, Durban Conference, October 21, 2002; IBA Memo, Raeschke-Kessler, 6. Dezember 2002; IBA Notes, 4th Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 6-10.

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andere ändern nichts am Kerngehalt einer jeweiligen Gruppierung. Zudem soll der rege

Gebrauch und Austausch der IBA Guidelines dazu führen, die Listen beständig auf ihren

Praxiswert zu überprüfen und ggf. anzupassen.

So sehr der Verfasser selbst für den Vorrang der moralisch-ethischen Maximen in den

General Standards plädiert, so klar sieht er auch die Notwendigkeit, den Nutzern der

Guidelines eine erste eigene Einschätzung der Auswirkungen auf ihre Verfahrensgestaltung

an die Hand zu geben: Die Working Group sieht sich in bezug auf die Listen wie folgt

geleitet:

- “The lists represent a simplification of often complex situations - they are drafted to

balance the need for specifity with general applicability.”

- “Some situations were controversial and members sometimes perceived similar

situations differently. The final result is the best considered judgment of the Group.”

- “In all circumstances, the General Standard should prevail.”

- “Some open norms (e.g. “significant financial interest”) are unavoidable.”

- “It is intended that the lists be monitored as they are used, which will result in periodic

revisions to account for practical experience. The Working Group has made a proposal

for the ongoing monitoring and updating of the lists to the Committee D.”898.

Die folgende Untersuchung ist entsprechend der Reihenfolge der General Standards 1 bis 7

gegliedert; zuweilen werden einzelne Regelungen verschiedener General Standards oder

komplette General Standards aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam

behandelt. Sie wird zeigen, inwieweit der Versuch der IBA, eine Vereinheitlichung der

Lösungsansätze für Interessenkonflikte zu erarbeiten, gelungen und auch misslungen ist, bzw.

inwieweit er darüber hinaus den praktischen Bedürfnissen des grenzüberschreitenden

Wirtschaftsverkehrs und damit auch denjenigen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

entspricht. Grundlage dieser Untersuchung sind neben den General Standards auch ihre

jeweiligen Erläuterungen („Explanations“), die veröffentlichten Hintergrundinformationen

(„IBA Background Information“) und die Arbeitspapiere der Working Group („IBA...)899.

898 IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 435. 899 IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433ff.

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3. General Standards 1 und 5: Geltung des Grundsatzes der Unparteilichkeit und

Unabhängigkeit für jeden Schiedsrichter

a. Sachlicher Geltungsbereich, GSt 1

GSt 1 leitet das IBA Regelungswerk mit einer klaren Forderung nach schiedsrichterlicher

Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ein: „The Working Group is guided by the fundamental

principle in international arbitration that each arbitrator must be impartial and independent of

the parties.“ 900.

Soweit es sich aus den Arbeitsmaterialien der Working Group ergibt, diskutierte man zu

keinem Zeitpunkt die Möglichkeit eingehend, entsprechend Art. 7 und Art. 11 ICC

Arbitration Rules nur das Erfordernis der Unabhängigkeit bzw. nur das der Unparteilichkeit

entsprechend der Argumentation des englischen Gesetzgebers901 vorauszusetzen; das liegt

daran, dass die Working Group in der Folge der Bearbeitung der Länderberichte der

beteiligten Jurisdiktionen deren Orientierung an Art. 12(2) ML festgestellt hatte und zur

Meidung weiterer Verwirrung daran bis zur Verabschiedung der Guidelines festgehalten

hat902. Damit hat die internationale Schiedsgemeinschaft zunächst die Gelegenheit verpasst,

sich dem in Theorie und Praxis überzeugenderen Ansatz der englischen Jurisdiktion

anzuschließen und in der Folge Fragen schiedsrichterlicher Unabhängigkeit nur dann zu

thematisieren, wenn sie zugleich Fragen schiedsrichterlicher Unparteilichkeit auslösen: Wie

bereits analysiert, führt dieser Ansatz keinesfalls zum Verzicht auf das

Unabhängigkeitserfordernis, sondern bewirkt vielmehr eine Fokussierung auf das

wesentlichere Merkmal der Unparteilichkeit. Vorzuziehen wäre also ein an Sections 1(a) und

24 1(a) Arbitration Act England 1996 angelehnter GSt 1.

b. Exkurs: Schiedsrichter und staatliche Richter

Nicht die Guidelines selbst, dafür aber die Hintergrundinformationen erwähnen den Ansatz

der Working Group, das schiedsrichterliche Unparteilichkeits- und

Unabhängigkeitserfordernis aus den entsprechenden Anforderungen an staatliche Richter

900 So die Explanation to GSt 1, der da lautet: “Every arbitrator shall be impartial and independent of the parties at the time of accepting an appointment to serve and shall remain so during the entire arbitration proceeding until the final award has been rendered or the proceeding has otherwise finally terminated.”. 901 Dazu DAC Report No. 102, abgedruckt in: 13 ArbInt 3 (1997), 275-316. 902 So IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 441.

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herzuleiten903. Eine Begründung für die Wahl dieses Ansatzes wird jedoch nicht gegeben, die

Hintergrundinformationen beschließen ihre (ohnehin sehr kurz gehaltenen) Ausführungen

lediglich wie folgt: „Whatever the treatment of arbitrators in relation to judges, most

jurisdictions provide that ... .“904; konsequenterweise verpuffen ihre Ausführungen und die

scheinbare Notwendigkeit, schiedsrichterliche und richterliche Interessenkonflikte

miteinander zu vergleichen, folgenlos.

Weshalb meinte die Working Group, diesen nicht näher untersuchten Umweg über die

richterliche Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gehen zu müssen, obgleich sie noch in

ihrem 1. Entwurf vom 7./15.Oktober 2002 selbst formuliert hatte: „Since this report does not

attempt to make any comments as to the judges´ independence and impartiality, this issue is

not further followed but mentioned pro memoria.”905 (Hervorhebung d. Verf.)? Bestandteil

der Länderberichte aus den einzelnen Jurisdiktionen war jeweils auch eine Stellungnahme zu

der Frage, ob der Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitsmaßstab für Richter einerseits und

einzeln sitzende, vorsitzende und beisitzende Schiedsrichter andererseits derselbe sein soll906.

Nach Ansicht des Verfassers war das keinesfalls erforderlich, denn ein solcher Vergleich

bringt keine verwertbaren Erkenntnisse: Anerkennt man, dass Schiedsrichter Urteilen

gleichstehende Schiedssprüche fällen, also Recht sprechen, und sowohl sie als auch die

Verfahrensbeteiligten verpflichtet sind, fair zu entscheiden bzw. fair zu handeln, erübrigt sich

die Notwendigkeit, auf Richter anwendbare Regelungen im Wege einer Analogie auch auf

Schiedsrichter anzuwenden907. Ist man sich darüber einig, dass ein Schiedsrichter unparteilich

sein muss, weil dies die ureigene Erwartung der Parteien ist und seiner eigenen moralisch-

ethischen Verantwortung entspricht, verwirrt ein Vergleich der schiedsrichterlichen mit der

richterlichen Unparteilichkeit nur noch, anstatt zur Klarheit der Pflichten aller an einem

Schiedsverfahren Beteiligten beizutragen. Der einzige und entscheidende Unterschied

zwischen ihnen ist, dass nach der hier vertretenen Auffassung über den Mechanismus der

903 IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 443f.: “The standard of impartiality and independence for judges was a natural starting place for considering the standard for arbitrators.”. 904 IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 444. 905 So 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, No. 2.3, S. 13. 906 Grundsätzlich bejahend: IBA National Reports: Australia, 16 August 2002, S. 4; Canada, 25 June 2002, S. 2; Netherlands, 3 June 2002, S. 3f.; England, 28 June 2002, S. 2 - übereinstimmend mit Singapore, 24 June 2002, S. 1; Mexico, 24 June, 2002, S. 1f.; New Zealand, August 2002, S. 3; Swiss, 10 May 2002 bzw. 26 June 2002, S. 1 bzw. S. 3; France, 9 July 2002, S. 2; Germany, May 8 2002 und 24 June 2002; grundsätzlich verneinend: National Reports: Sweden, 6 May 2002, S. 2; USA, 27 June 2002, S. 4f. (eine Veränderung aufgrund des AAA/ABA Code Revisited 2004 in Aussicht stellend); zusammenfassend IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 437 und 443. 907 Nach Ansicht des Verfassers ist ohnehin die Berechtigung einer solchen Analogie höchst fraglich - denn existiert tatsächlich eine Regelungslücke bzw. wie sieht die vergleichbare Interessenlage aus?

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Nachforschung und Offenlegung in einem Schiedsverfahren immer die Möglichkeit zum

„informed waiver“ gegeben ist, während dies den staatlichen Verfahrensbeteiligten in letzter

Konsequenz nicht möglich ist908.

c. Persönlicher Geltungsbereich, GSt 5

aa. Vorsitzende, parteibenannte und einzeln sitzende Schiedsrichter sowie „secretaries“

gleichermaßen, GSt 5 Satz 1

In Verbindung mit GSt 5909 erstreckt sich das Unparteilichkeits- und

Unabhängigkeitserfordernis des GSt 1 auf jeden Schiedsrichter gleichermaßen - den

vorsitzenden, einzeln sitzenden wie auch beisitzenden bzw. parteibenannten Schiedsrichter.

Das ist eine deutliche Absage an Überlegungen, in einer Mehrpersonenschiedsrichterbank

allein beim Vorsitzenden ein „reines“ unparteiliches und unabhängiges Verhalten zu

vermuten bzw. zu verlangen und so der Möglichkeit eines Unparteilichkeitsbegriffs das Wort

zu reden, der Abstufungen zugänglich ist910: Ein Schiedsrichter ist entweder unparteilich oder

er ist es nicht, Zwischenzustände existieren nicht; unabhängig von seiner Funktion muss er

sich die Frage stellen, ob er den Streit, den er (mit-)entscheiden soll, ohne Rücksicht auf die

Verfahrensbeteiligten oder den Streitgegenstand entscheiden kann. Deshalb ist auch die

Feststellung Schlosser´s abzulehnen, „nur die Neutralität des Schiedsgerichts insgesamt, nicht

aber auch eines jeden Einzelschiedsrichters“ sei unverzichtbar911. Darüber hinaus ist die

908 Vgl. dazu z.B. im deutschen Recht die Regelung des § 43 ZPO, nach dem eine Partei ihr Ablehnungsrecht aus § 42 ZPO durch Einlassung oder Antragsstellung verliert; unbehelligt davon sind jedoch die gesetzlichen Ausschlussgründe des § 41 ZPO (die unter Nr. 1 das Verbot des Richtens in eigener Sache feststellen - auf das in internationalen Schiedsverfahren wirksam verzichtet werden kann, wie unter dem 2. Teil, E., II., bereits analysiert worden ist). 909 GSt 5 lautet wie folgt: “These Guidelines apply equally to tribunal chairs, sole arbitrators and party-appointed arbitrators. These Guidelines do not apply to non-neutral arbitrators, who do not have an obligation to be independent and impartial, as may be permitted by some arbitration rules or national laws.”. 910 So z.B. im Verlauf der IBA Durban Conference 2002 gefordert, dazu IBA Notes, List of Principles, 28th February 2003, unter Bezugnahme auf IBA Notes, 3rd Meeting, Durban, October 21, 2002, S. 5; die Entscheidung in BGH, Urt. v. 5. November 1970 - VII ZR 31/69, BGHZ 54, 392-400, wonach der Prüfungsmaßstab für den Vorsitzenden strikter als der für seine beisitzenden Schiedsrichter sein soll (S. 396/7), ist eine Einzelerscheinung geblieben; gleiches gilt für die Entscheidung in OLG Köln, Beschl. v. 26.3.1996 (1 W 70/95), VersR 1996, 1125, wonach der Einzelschiedsrichter einem strikteren Unparteilichkeitsmaßstab unterliegen soll als der Einzelrichter; a.A. die Schweizer Rechtsprechung (Entscheidung des BGE in ASA Bulletin Bd. 15 (1997), 99, 104 (dadurch seine Entscheidung in BGE 118 II, 359, 361f. (1992) ändernd, die die Frage eines unterschiedlichen Standards noch offengelassen hatte) und Schweizer Lehre (Walter/Bösch/Brönnimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 110; Peter, IPRG, Kommentar, S. 180 Rdn. 10). 911 Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 521, meint hier (wahrscheinlich in Anlehnung an die US-amerikanische Rechtsprechung und Schiedsspruchpraxis des „non-neutral party-appointed arbitrator“) mit „Neutralität“ die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, nicht die vom Verfasser favorisierte „international mindedness“. Auch er scheint also fälschlicherweise (s. Canon VII., A. des AAA/ABA Code 1977 bzw. Canon X. Revisited 2004) davon auszugehen, ein US-amerikanischer Schiedsrichter sei nicht dem Grundsatz der Fairness verpflichtet.

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Stimme eines jeden Schiedsrichters gleichwertig und -gewichtig, weshalb die Schiedsrichter

untereinander gleich zu behandeln sind912.

Begrüßenswert ist die Entscheidung der Working Group, trotz erheblicher Kritik auch die in

internationalen Schiedsverfahren regelmäßig anzutreffenden „secretaries“ über die

Erläuterungen zu GSt 5 einzubeziehen913: Begnügte sich der 1. Entwurf der Guidelines im

Oktober 2002 noch mit ihrer bloßen überschriftsmäßigen Erwähnung, diskutierte die Working

Group die Problematik ab Anfang 2003 eingehender - selbst wenn sie sich Anfang 2004

aufgrund der Kritik Außenstehender dazu veranlasst sah, den bisherigen Passus „and by

analogy, secretaries of Arbitral Tribunals.“ aus dem Wortlaut von GSt 5 zu streichen und

stattdessen unter seinen Erläuterungen zu platzieren914; deutlich ist auf jeden Fall, dass es von

Anfang an nur noch um das Wie, d.h. den auf „secretaries“ anwendbaren Unparteilichkeits-

und Unabhängigkeitsmaßstab ging, nicht mehr aber um das „Ob“ der Regelung ihrer

Tätigkeit915. Obgleich „secretaries“ dem Schiedsgericht lediglich bei deren

Verfahrensgestaltung assistieren sollen und gerade nicht entscheidungsbefugt sind, sind sie in

der Praxis das Bindeglied zu den Parteien in sämtlichen administrativen Angelegenheiten; sie

sind Geheimnisträger und müssen deshalb die Unparteilichkeit der Schiedsrichter gleichsam

an die Parteien weiterreichen können. Da sie dem Schiedsgericht zur Hand gehen und von

ihm ausgesucht werden (wenngleich regelmäßig auf Kosten der Parteien), steht es der IBA

Regelung gut an, den Schiedsrichtern auch die Verantwortung für die Kontrolle ihrer

Unparteilichkeit zu übertragen.

912 Dagegen sprechen nicht die einem Vorsitzenden zuweilen in institutionellen Schiedsordnungen zugestandenen Einzelentscheidungsbefugnisse (z.B. in Fragen der konkreten Verfahrensgestaltung, z.B. UNCITRAL Arbitration Rules (Art. 31(2)) oder seine Befugnis zum Stichentscheid, wenn eine regelmäßig notwendige, aber auch ausreichende Mehrheitsentscheidung nicht zustande kommt (z.B. Arbitration Rules: ICC (Art. 25.1), LCIA (Art. 26(3)); Schweizer IPRG (Art. 189) oder auch Section 20(4) Arbitration Act England 1996). 913 Explanation to GSt 5: “With regard to secretaries of Arbitral Tribunals, the Working Group takes the view that it is the responsibility of the arbitrator to ensure that the secretary is and remains impartial and independent.”; dazu und allgemein zu der Rolle von “secretaries” vgl. Redfern/Hunter, Rdn. 4-99 bis 4-102; eingehend Partasides, The False Arbitrator? The Role of Secretaries to Arbitral Tribunals in Int´l Arbitration, 18 ArbInt (2002), 147-263; kritisch dazu Hwang, IBA Memo, 12 March 2003, S. 3 No. 9; weitere kritische Stimmen zusammenfassend die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 444. 914 So (Draft 16 January 2004 of the) 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 9f. u. 15f. 915 S. dazu IBA List of Principle Points, 28th February 2003 (= eine Zusammenfassung der Diskussionsergebnisse der IBA Durban Conference), und IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, jeweils S. 5 Rdn. 9; Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 7, Rdn. 11 u. S. 12, Rdn. 4; (Draft) Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11 bzw. 22, 2003, jeweils Part I, GSt 5, S. 8 u. Part II, GSt 5, S. 13: “the GSt should not distinguish among sole … , and even secretaries.”.

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bb. Analogie: “civil servants” und “government officers”

Etwas versteckt, jedoch weitreichend in ihrer Auswirkung, ist die Einbeziehung von „civil

servants“ und „government officers“ in den Regelungsbereich der IBA Guidelines 916; sie ist

im Zusammenhang mit der Entscheidung der Working Group zu sehen, die Guidelines über

den Bereich der Internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit hinaus für grundsätzlich

jedes internationale Schiedsverfahren zu öffnen917. Im Rahmen einer ersten Orientierung ist es

ausreichend, sich unter “civil servants” bzw. „government officers“ Mitarbeiter des

öffentlichen Dienstes bzw. des Regierungsapparats im weitesten Sinne vorzustellen; die

Voraussetzung der IBA Guidelines, nur solche staatlichen Mitarbeiter zu erfassen, die von

einer Regierung bzw. staatlich kontrollierten Organisationseinheit zu Schiedsrichtern918

ernannt werden, verkleinert den Kreis derer, die hierfür in Betracht kommen; denn sie werden

regelmäßig entsprechend qualifiziert sein müssen, was sie regelmäßig wiederum nur dann

sind, wenn sie in leitender Position arbeiten919.

Weshalb die IBA Guidelines den Versuch starten, Verhaltenskodex auch für den in

staatlichem Lohn und Brot stehenden Schiedsrichter eines Streits zu sein, an dem sein

Arbeitgeber, der Staat, als Partei beteiligt ist, verdeutlicht allein schon die Tatsache der

häufigen Beteiligung von Staaten an internationalen Schiedsverfahren, besonders im Rahmen

von Investitionsstreitigkeiten (regelmäßig unter den ICSID Arbitration Rules) und

Anlageprojekten (unter z.B. den FIDIC Musterverträgen) im weitesten Sinne. Ein besonders

prägnantes Beispiel, das die Notwendigkeit ihrer ausdrücklichen Einbeziehung in die

Guidelines verdeutlicht, sind Ursache, Verlauf und Folge der Buraimi Oasis-Arbitration920:

916 IBA Guidelines, Introduction, Rdn. 5, Fn. 3: „Similarly, the Working Group is of the opinion that these Guidelines should apply by analogy to civil servants and government officers who are appointed as arbitrators by States or State entities that are parties to arbitration proceedings.”; erstmals in 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004; s. auch IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 440; für eine erste Orientierung dürfte es sich bei “civil servants” um Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes im weitesten Sinne und bei “government officers” um Mitarbeiter des Regierungsapparats handeln; da die Mitarbeiter, die von einer Regierung bzw. staatlich kontrollierten Organisationseinheit zu Schiedsrichtern ernannt werden, regelmäßig entsprechend verantwortliche Positionen im Staatsapparat innehaben, wird der Kreis der betroffenen Mitarbeiter praktisch stets sehr beschränkt sein. 917 So IBA Guidelines, Introduction, Rdn. 5; ausgenommen sind aber natürlich über GSt 5, S. 1 solche Schiedsverfahren, die durch „non-neutral“ Schiedsrichter entschieden werden. 918 Es geht also nicht um deren Position als Interessenvertreter. 919 Deswegen spricht Hunter, 53 Arbitration (November 1987), 219, 220 re.Sp., auch passender, weil allgemeiner und international verständlicher, von dem „employee of a government“. 920 Für einen vollständigen Überblick s. The Buraimi Memorials 1955, London, ISBN (set) 1-85207-070-6, deren Inhalt unter http://www.archiveeditions.co.uk/Leafcopy/070-6.htm kurz zusammenfasst ist; sehr informativ auch Wetter, in: The International Arbitral Process, Vol. III, S. 357ff.; ebenso Munch, Buraimi Oasis Dispute, in: Bernhardt (ed.), 2 Encyclopedia of Public International Law 41 (1981); auch Meagher, The Jebel Akhdar War, Oman 1954-1959, Chapter 1, S. 5ff. (mit weitergehenden Hintergrundinformationen), abrufbar unter http://www.globalsecurity.org/military/library/report/1985/MJB.htm.

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Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts stritten Großbritannien (auch in ihrer

Funktion als Schutzmacht des Oman und von Abu Dhabi) und Saudi Arabien um den Verlauf

von Landesgrenzen hinsichtlich der strategisch günstig gelegenen, insbesondere aber

ölreichen Buraimi Oase. Die beiden Parteien vereinbarten die Streitentscheidung durch ein

internationales Schiedsverfahren921: Die Schiedsrichterbank setzte sich aus zwei

parteibenannten Schiedsrichtern zusammen, die ihrerseits die verbleibenden Schiedsrichter

gemeinsam benannt hatten. Die saudische Regierung benannte ihren stellvertretenden

Außenminister als Schiedsrichter. Im September 1955 verließ die britische Delegation die

Verhandlungen mit der Begründung, dieser parteibenannte „saudische“ Schiedsrichter sei

nicht unparteilich bzw. unabhängig von der saudischen Regierung. Es war herausgekommen,

dass dieser der saudischen Seite während der Verhandlungen Informationen hatte zukommen

lassen und Zeugen bereits vor deren Aussage vor der Schiedsrichterbank einvernommen hatte.

Nach ihrem Auszug ermutigte Großbritannien den Oman und Abu Dhabi, den Grenzstreit mit

Saudi-Arabien nunmehr mit militärischen Mitteln zu lösen. Nach der Gründung der

Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) im Dezember 1971 schlossen Abu Dhabi und Saudi-

Arabien zwar ein Friedensabkommen, das bislang jedoch weder von der Regierung der UEA

ratifiziert noch von der saudi-arabischen Regierung anerkannt worden ist.

Die folgenden Worte des „saudischen“ Schiedsrichters zeigen, weshalb es so weit gekommen

war:

„Throughout the history of the present boundaries dispute I have been in charge

of negotiations on behalf of my government (d.h. die saudische Regierung, d.

Verf.), and when arbitration was agreed upon Sir Reader Bullard (the UK

appointed arbitrator) and I together selected our three distinguished and neutral

colleagues. The whole tribunal has always been aware that, in addition to my

duties as a member, I have continued to discharge my duties as deputy foreign

minister and head of the political department of the Royal Government, in the

course of which I have dealt regularly with the British Government on the

problems relating to Buraimi. In accordance with the powers vested in me by His

Royal Highness, the foreign minister, and sanctioned by the government, I have

also been responsible for issuing instructions about the application of the

arbitration agreement in the disputed area. My position has never been a cause for

921 Per Schiedsvereinbarung vom 30. Juli 1954, sog. “Jeddah Agreement”.

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objection on the part of the neutral members, although the tribunal has been in

existence for nine months and has held two full sessions.”922.

Abgesehen davon, dass dieses Schiedsverfahren die schlimmstmögliche Konsequenz

unterschiedlicher, den Parteien nicht bewußter kultureller Hintergründe aufzeigt, nämlich

Krieg, legt es auch offen, welch enge Bande zwischen einem staatlichen Mitarbeiter und

seinem Arbeitgeber gegeben sein kann bzw. häufig auch faktisch gegeben ist: Das ist allein

schon dadurch indiziert, dass in großvolumigen Infrastruktur-, Investitions- und

Anlageprojekten und damit in einem typischen Anwendungsbereich der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit regelmäßig staatliche Organisationen Vertragspartner sind923.

cc. Ausgenommen: Der „non-neutral arbitrator“, GSt 5 Satz 2

Nicht von den Regelungen der IBA Guidelines erfasst werden soll der sog. „non-neutral

arbitrator“924: Nach der Legaldefinition in GSt 5 Satz 2 ist das jeder Schiedsrichter, der nicht

zu einer unparteilichen und unabhängigen Entscheidung verpflichtet ist. Mit dieser Regelung

wird nochmals der Impetus der Guidelines aus GSt 1 verstärkt, sowohl die Unparteilichkeit

als auch Unabhängigkeit zu schützen. Der strikte Fokus auf diese Merkmale und das Fehlen

einer weitergehenden, ausführlicheren Behandlung des „non-neutral arbitrator“ scheinen den

IBA Guidelines einen leichten Vorteil gegenüber der Struktur des AAA/ABA Code 1977 und

Revisited 2004 zu geben: Während diese jeweils unter Canon VII. bzw. Canon X.

entsprechende US-amerikanische Sonderregelungen vorsehen, weisen die IBA Guidelines auf

den ersten Blick die Möglichkeit von sich, die Parteien könnten einen parteilichen

Schiedsrichter benennen; das wiederum ermöglicht es ihnen, sich eher als Verfechter eines

wirklich moralisch-ethischen Verhaltens darzustellen, als dies dem AAA/ABA Code möglich

ist.

922 Sheikh Yusuf Yasin in einem Schreiben an die englische Zeitung The Times, zitiert bei Hunter, 53 Arbitration (1987), 219, 221 li.Sp. 923 Allein die schier überwältigende Anzahl der derzeitig aktiven Investitionsschutzabkommen („Bilateral Investment Treaties“ (BITs)) (mehr als 2.000 weltweit, Informationen dazu in Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, 2nd ed., 2004, und unter www.worldbank.org/icsid/ (Stichwort: BIT)), ihre Unterwerfung unter die Praxis institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit (regelmäßig die ICSID Arbitration Rules) und damit die Beteiligung staatlicher Organisationsformen zeigen, wie häufig die von der Working Group über eine kurze Fn. einbezogenen staatlichen Mitarbeiter mit der Frage ihrer Unparteilichkeit und Unabhängigkeit konfrontiert werden (können). 924 S. dazu IBA Notes, 4th Meeting, May 9, 2003, Tylney Hall, S. 3.

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Der Verfasser hat aber bereits analysiert, dass dies nur so scheint, da auch der AAA/ABA

Code jenseits einer schiedsrichterlichen Zugeneigtheit („predisposition“) sowohl Fairness als

auch Integrität verlangt925.

d. Zeitlicher Geltungsbereich: functus officio, GSt 1

aa. functus officio

Die Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitspflicht eines Schiedsrichters erstreckt sich von der

Annahme der angetragenen Schiedsrichterstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem der

Schiedsrichter functus officio wird - sei es durch Übersendung des Schiedsspruchs oder z.B.

die vergleichsweise Erledigung des Verfahrens. Der Erläuterung zu GSt 1 nach lehnt die

Working Group es ab, statt des functus officio-Zeitpunktes den des Auslaufens der Frist zur

Stellung eines Aufhebungsantrags bzw. einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung

hierüber zu wählen; ein solcher Vorschlag war erstmals Mitte 2003 zur Diskussion gestellt

und damals grundsätzlich akzeptiert worden926. Stattdessen soll im Falle einer erneuten

Befassung der Schiedsrichterbank mit dem Streitgegenstand die Offenlegungspflicht

vollkommen neu entstehen, um so Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zu schützen927.

Diesem Ansatz kann zugestimmt werden: Er stimmt mit der jeder Schiedsvereinbarung (inkl.

Schiedsrichtervertrag) immanenten zeitlichen Befristung der Schiedsrichterstellung bis

einschließlich der Übersendung des Schiedsspruchs an die Parteien überein; denn damit hat

die Schiedsrichterbank ihre Hauptpflicht gegenüber den Parteien erfüllt.

bb. Für jeden Verfahrensabschnitt gleichermaßen

Sowohl aus GSt 1 als auch indirekt aus GSt 2 lit. (a) bzw. lit. (b) ergibt sich der Wille der

Working Group, dass die schiedsrichterliche Unparteilichkeits- und Offenlegungspflichten

keinen unterschiedlichen Anforderungen zu Beginn, im Verlauf und zum Ende eines

Schiedsverfahrens unterliegen. Dadurch stärkt sie die Verpflichtung eines Schiedsrichters,

925 Canon X., AAA/ABA Code Revisited 2004: “arbitrators may be predisposed towards the party who appointed them but in all other respects are obligated to act in good faith and with integrity and fairness.”. 926 IBA Discussion Paper for Telephone Conference Call of 11 July 2003, July 9, 2003, S. 1f.: “…and must stay so even after the arbitration has ended for the period the award may be challenged in annulment proceedings at the place of the arbitration.” (Vorschlag Raeschke-Kessler); angenommen durch die Working Group im Verlauf der Telephonkonferenz v. 11.7.2003, dazu IBA Notes, Conference Call, July 11, 2003, S. 1; s. auch die Fortführung in der Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 22, 2003. 927 So entschieden im Verlauf der Konferenz v. 12.1.2004, dazu Notes, 5th Meeting, 12 January 2004, S. 2: „Conclusion: Arbitrator´s duty ends with the final award. No need to stipulate independence thereafter. If case remitted to same Tribunal then new round of disclosure. OW (Otto de Witt Wijnen, d. Verf.) to make draft, for Explanatory Notes.”; umgesetzt im Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004.

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seine Einstellung zu den Parteien und dem Streitgegenstand beständig selbst zu hinterfragen

und sich ggf. selbst abzulehnen. Zudem setzt sie so für die Parteien ein deutliches Zeichen des

moralisch-ethischen Impetus des konkreten Schiedsverfahrens, solange nur die IBA

Guidelines vereinbart sind.

4. General Standard 2: Objektiver Prüfungsmaßstab für Ablehnungsanträge

Über den GSt 2 führt die Working Group - auch begrifflich hervorgehoben durch die

Überschrift „Conflicts of Interest“ - in die Problematik schiedsrichterlicher

Interessenkonflikte ein: Die GSt 2 lit. (a), lit. (b) und lit. (c) sind Komponenten einer

umfassenden Legaldefinition, die über GSt 2(d) engstmöglich mit einer unwiderlegbaren

Vermutung der Existenz eines Interessenkonflikts und damit der „non-waivable Red List“

verbunden sind.

a. Schiedsrichterliche Selbstablehnung, GSt 2(a)

Die Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitserfordernisse, die in GSt 1 für jeden

Schiedsrichter noch in Form einer allgemeinen Absichtserklärung bzw. bereits einer

selbstverständlichen Feststellung festgeschrieben werden, gießt die Working Group in GSt

2(a) in die Form einer moralisch-ethischen Verpflichtung; sie „vollstreckt“ jene gleichsam

selbst: Danach ist ein Schiedsrichter gehalten, seine Tätigkeit umgehend zu beenden, falls er

den geringsten Zweifel hegen sollte, den Tatsachen- und Beweisvortrag der Parteien fair und

ausschließlich aufgrund rechtlicher Überlegungen entscheiden zu können928.

Die GSt 2(a) einleitende Positionierung dieser Regelung ist bedeutsam: Sie bestärkt so den

moralisch-ethischen Ansatz der IBA Guidelines, indem sie den ersten Schritt in der

Behandlung und Beurteilung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen durch die

Selbsteinschätzung des Schiedsrichters und gerade nicht die Sichtweise der Parteien über

deren Ablehnungsrecht verwirklicht sieht. Unterstützt wird dies über die Erläuterungen zu

GSt 2(a), die dazu feststellen „this principle is so self-evident that many national laws do not

explicitly say so.“; wenn nun diese Selbsteinschätzungsprärogative des Schiedsrichters derart

selbstverständlich sogar für nationale Gesetzgeber zu sein scheint, ist dann nicht der Schluß

gerechtfertigt, dass auch diese in ihr den Ausgangspunkt der Prüfung eines jeden

Interessenkonflikts sehen? Und damit vor allem anderen auf das moralisch-ethische Verhalten

928 GSt 2(a) lautet wie folgt: “An arbitrator shall decline to accept an appointment or, if the arbitration has already been commenced, refuse to continue to act as an arbitrator if he or she has any doubts as to his or her ability to be impartial or independent.”.

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des Schiedsrichters abstellen? Und sich nur aus schiedspolitischen Gründen nicht trauen, dies

offen zu formulieren, weil sie darin eine Gefährdung der Akzeptanz der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit sehen?

GSt 2(a) schlägt als auslösenden Prüfungsmaßstab der schiedsrichterlichen

Selbsteinschätzungsprärogative das Vorliegen “nur der leisesten bzw. geringsten Zweifel“

vor; erläutert wird das damit „that the broad standard of ´any doubts as to the an ability to be

impartial and independent´ should lead to the arbitrator declining the appointment“929. Dies

kommt einer Zweifelsregelung zugunsten der Ablehnung einer Benennung oder eines

Rücktritts gleich930. Eine solche Regelung ist zu begrüßen, hält sie doch einen Schiedsrichter

dazu an, bereits spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Annahme der

Benennung auch eine Entscheidung über die eigene Fähigkeit zu treffen, unparteilich urteilen

zu können; auch stärkt sie gleichzeitig die Stellung desjenigen Schiedsrichters gegenüber den

Parteien, der die Benennung hernach annimmt931.

Die hier vertretene Einschätzung wird durch einen Vorgang gestützt, der in den Materialien

der Working Group dokumentiert ist: Die Working Group hatte den GSt 2(a) zunächst um den

Passus “after having carefully considered the impact this will have on the course of the

arbitration” ergänzt, nur um ihn einige Monate später wieder zu streichen932. Dies zeigt, dass

ein Schiedsrichter die Verantwortung um seine Unparteilichkeit ohne Rücksicht darauf

ausüben muss, wie sich seine Ablehnung oder aber sein Rücktritt auf das Verfahren und die

Parteien auswirken; das selbst dann, wenn das Verfahren bereits weit fortgeschritten ist. Wie

ist es sonst auch mit dem Streben nach Fairness und größtmöglicher Unparteilichkeit

vereinbar, wenn man die schiedsrichterliche Einschätzung der eigenen Unparteilichkeit von

diesen Umständen abhängig machte933? Gerade deshalb muss die schiedsrichterliche Prüfung

(aber auch die der Parteien, wie nachfolgend noch zu zeigen sein wird) vor der Annahme der

Benennung sorgfältig sein, um das Verfahren nicht zu beeinträchtigen: Gemeint ist damit

nicht, dass ein Schiedsrichter zu Beginn sorgfältiger als im Verlauf seiner weiteren Tätigkeit 929 Nach Ansicht des Verfassers ist eine sinngemäße Übersetzung von “any doubts” mit “geringster Zweifel” angebracht, weil die vielleicht herkömmlichere Übersetzung (“irgendein Zweifel”) dem Impetus der Regelung nicht gerecht wird, der in der zitierten Erläuterung zu GSt 2(a) zum Ausdruck kommt. 930 In diesem Sinne auch die Diskussion innerhalb der Working Group in: IBA Notes, 4th Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 4. 931 S. dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 443. 932 Einleitend IBA Notes, 4th Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 4; dann fortführend Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 22, 2003, bzw. Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 2, Fn. 1. 933 A.A. die englische Rechtsprechung in Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited, (2000) Q.B. 451, Leitsatz No. 6

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im Verfahren prüfen soll; jedoch wird er aus der Natur der Sache heraus vor der Annahme

mehr Informationen zu prüfen haben als dies später der Fall ist934.

b. „likelihood“-Test aus Sicht des informierten und vernünftigen Dritten, GSt 2 lit. (b)

und lit. (c)

Mit GSt 2(b) leitet die Working Group aus GSt 2(a) - und damit der schiedsrichterlichen

Perspektive im Hinblick auf Interessenkonflikte - in die Perspektive der Parteien über: Dort

wird der Kernbereich des Ablehnungsrechts geregelt.

aa. Objektiver Prüfungsmaßstab: „justifiable doubts“ i.S. einer „likelihood“

Mit GSt 2(b) wird ein objektiver Prüfungsmaßstab zur Beurteilung eines Ablehnungsantrags

eingeführt; die Perspektive ist die des vernünftigen, in Kenntnis der entscheidungserheblichen

Tatsachen handelnden Dritten, der berechtigte Zweifel („justifiable doubts“) an der

schiedsrichterlichen Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit hat935. Nach der Legaldefinition

des GSt 2(c) sind Zweifel stets dann berechtigt, wenn dieser Dritte zu dem Schluss käme, dass

die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Schiedsrichter durch nicht entscheidungserhebliche

Tatsachen in seiner Entscheidung beeinflusst sein könnte936.

bb. Kritische Stellungnahme

aaa. „actual partiality“ versus „appearance of partiality“

Aus ihrer Erkenntnis, dass die Hälfte der an der Working Group beteiligten Jurisdiktionen den

entsprechenden Art. 12(2) ML fast wortwörtlich rezipiert haben und die restlichen

Jurisdiktionen einen relativ vergleichbaren Prüfungsmaßstab für die Beurteilung

schiedsrichterlicher Unparteilichkeit und Unabhängigkeit entwickelt haben, läßt sich die

Working Group von dem gegensätzlichen Begriffspaar der „tatsächlichen Parteilichkeit“

934 Es wird nicht verschwiegen, dass das Working Committee die Streichung vornehmlich aus anderen Beweggründen als den erwähnten vorgenommen hat - nämlich 1.) aus Sorge vor einem Missbrauch seitens eines Schiedsrichters, der über den Passus seine weitere Beteiligung an dem Schiedsverfahren evtl. leichter hätte beenden können, und 2.) um Schiedsrichter, die nach Beginn des Verfahrens zurücktreten, nicht der Gefahr von Regressansprüchen auszusetzen. 935 So GSt 2(b): “The same principle applies if facts or circumstances exist, or have arisen since the appointment, that, from a reasonable third person´s point of view having knowledge of the relevant facts, give rise to justifiable doubts as to the arbitrator´s impartiality or independence, unless the parties have accepted the arbitrator in accordance with the requirements set out in General Standard (4).“; allgemein zu GSt 2 die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 442f. 936 So GSt 2(c): „Doubts are justifiable if a reasonable and informed third party would reach the conclusion that there was a likelihood that the arbitrator may be influenced by factors other than the merits of the case as presented by the parties in reaching his or her decision.”; zu der Frage, ob mit der Wahrscheinlichkeit eine realistische i.S. der vom Verf. vorgeschlagenen gemeint ist vgl. das IBA Discussion Paper for TelCallConference 11 July, 2003, 9 July 2003, S. 2 und vor allem IBA Notes, Conference Call, 11 July 2003, S. 2f.

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(„actual partiality“) und ihrem bloßen „Anschein“ („appearance of partiality“) leiten und

entscheidet sich unter Abwägung der praktischen Beweismöglichkeiten für den

Anscheinsmaßstab937.

Gegen das Einbringen eines solchen Anscheinsbegriffs als weitere, selbständige

Prüfungsebene hat der Verfasser bereits zuvor Bedenken geäußert, führt das doch dazu, den

Schwerpunkt der Prüfung von der Frage, ob ein Schiedsrichter nun parteilich ist oder nicht,

auf die Frage zu verlagern, ob er nun unabhängig ist oder nicht; und nur letztere Fragestellung

allein führt nur dann weiter, wenn sie sich der Erforschung des Merkmals der Unparteilichkeit

verschreibt938.

bbb. „objectivity“ or „subjectivity“: “the reasonable and informed third person”

Begrüßenswert ist die Entscheidung der Working Group zugunsten einer objektiven

Sichtweise; dies war vor dem Hintergrund der vollständigen Übereinstimmung der

Länderberichte in diesem Punkt letztendlich nicht in Frage zu stellen939. Aus folgenden

Gründen kann nur die objektive Sichtweise eines über die entscheidungserheblichen

Tatsachen informierten und vernünftigen Dritten maßgeblich sein940:

Stellte man auf die Perspektive des Schiedsrichters oder des staatlichen Gerichts ab, gelangte

man zu keinem anderen Ergebnis, denn beide sind der Fairness und damit der Entscheidung

nach Tatsachenlage und Beweis verpflichtet, ihre subjektive Einstellung ist irrelevant sein.

Die Sichtweise der den Ablehnungsantrag stellenden Partei kann ebenfalls nicht

herangezogen werden, da ein rein subjektiver Maßstab praktische Probleme für die

Beweisführung mit sich bringt und zudem die Gefahr eher missbräuchlichen denn konformen

937 Vgl. dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 441. 938 Dazu 2. Teil, D., III., 2., a.; ebenso DAC Report on the Arbitration Bill, Nos. 101, 102, 104, 106 und 110, abgedruckt in 13 ArbInt 3 (1997), 275-316; auch bei Merkin, Arbitration Act 1996, als Appendix 8, S. 259f. 939 Dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 442. 940 Die Einbeziehung des Merkmals „in Kenntnis der entscheidungserheblichen Tatsachen“ wurde überwiegend aufgrund des Einwands anglo-amerikanischer Mitglieder der Working Group (unter Rückbezug auf Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited, (2000) Q.B. 451) aufgenommen, s. dazu IBA Notes, List of Principle Points, 28th February, 2003, S. 2 No. 4; IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 2 No. 4; Bezug wurde auch auf die australische Entscheidung Webb v. The Queen (1996) 181 CLR 41 (HCA) genommen, die ausführlich zur Notwendigkeit eines objektiv urteilenden Dritten Stellung bezieht: “fair-minded and informed member of the public”, S. 42; “fair-minded people“ und “fair-minded and informed observer”, beides S. 47; “a test that reflects the reaction of the ordinary reasonable member of the public”, “lay observer”, “fair-minded observer”, “fair-minded, informed lay observer”, “fair-minded people” und “reasonable or fair-minded observer”, sämtlich S. 51.

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Verfahrensverhaltens birgt941; zuletzt führte jede andere Sichtweise als die eines objektiv

urteilenden Dritten auch dazu, den Erfolg eines Ablehnungsantrags von beständig

differierenden inneren Ansichten der Parteien abhängig zu machen; damit gefährdete man

aber den grundsätzlichen Ansatz der IBA Guidelines 2004, eine weltweite Plattform fairer

Verfahrensgestaltung zu etablieren. Auch eine in dem Länderbericht der Niederlande

erwähnte, dort jedoch nicht favorisierte Variante eines „compromise approach between the

´reasonable third party´ and the ´party at stake´“ kann nicht überzeugen: Es gibt keinen

Unterschied zwischen der Sichtweise eines über die entscheidungserheblichen Tatsachen

informierten und vernünftigen Dritten auf der einen Seite und der verobjektivierten

Sichtweise derjenigen Partei, die einen Ablehnungsantrag gestellt hat942: Objektive

Gesichtspunkte sind zwingend tatsachenbezogen und einem Beweis zugänglich, womit auch

die im niederländischen Länderbericht angedachte Perspektive letztendlich eine objektive ist.

ccc. „justifiable doubts“ i.S. einer „likelihood“

Die Working Group hat sich bei ihrer Entscheidung für einen Prüfungsmaßstab der

„berechtigten Zweifel“ („justifiable doubts“) im Sinne von Art. 12(2) ML leiten lassen und

erläutert ihn über die Legaldefinition in GSt 2(c)943.

aaaa. Vorrang von GSt 2(c) gegenüber GSt 2(b)

Damit führt sie die Nutzer der IBA Guidelines direkt auf das ihrem Impetus zugrundeliegende

Problem zu - die Unparteilichkeit (und Unabhängigkeit) eines Schiedsrichters. Sie definiert

damit aber auch zugleich beide Begriffe dadurch, dass sie den Schiedsrichter auffordert, er

dürfe sich nur durch entscheidungserhebliche Tatsachen und deren rechtliche Subsumtion

leiten lassen944; durch diese einheitliche Definition führt sie das Begriffspaar unter der Ägide

der Unparteilichkeit zusammen. Dieser Ansatz ist grundsätzlich richtig, auch wenn er

diametral entgegengesetzt zur Praxis nationaler Gesetzgeber oder auch institutioneller

Schiedsorganisationen ist: Weil die Working Group GSt 2(b) über GSt 2 (c) legal definiert,

941 Mankowski, SchiedsVZ 2004, 304, 308, formuliert wie folgt: “Der Ablehnungsantrag darf kein probates Mittel für eine Partei sein, einen ihr nicht genehmen Schiedsrichter auf Grund subjektiver Antipathie ihrerseits oder einer Befürchtung, dieser Schiedsrichter werde gegen sie entscheiden, “abzuschießen”. Rein subjektiv empfundene Besorgnis reicht daher nicht für eine erfolgreiche Ablehnung.“. 942 So aber H.J. Snijders, note 2 on art. 1033, Kluwer Rechtsvordering, und auch Nordström-Janzon and Nordström Lehtinen v. The Netherlands, ECtHR Application No. 28101/95, decision of 27 November 1996 (zur niederländischen Entscheidung s. HR 18 February 1994, Nederlandse Jurisprudentie 1994, 765), zitiert in: IBA National Report Netherlands, 3 June 2002, S. 2. 943 Nach Mankowski, SchiedsVZ 2004, 304, 308, sind berechtigte Zweifel „nachvollziehbare Zweifel auf Grund eines objektiven Maßstabs“ (m.w.N. in Fn. 76). 944 Zum Ganzen vgl. IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 442.

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scheint sie sich für den auch in der vorliegenden Untersuchung favorisierten Prüfungsmaßstab

einer (realistischen) Wahrscheinlichkeit („(realistic) likelihood“) auszusprechen.

Die Unterschiede derzeit praktizierter Maßstäbe wie z.B. „justifiable doubts“ (vorzufinden in

das ML rezipierenden Jurisdiktionen), „real likelihood / real danger“ bzw. „real possibility”

(England), „may diminish confidence in the arbitrator´s impartiality“ (Schweden), „evident

partiality“ (USA) oder auch „definite risk of bias“ (Frankreich) sind ihrer Ansicht nach eher

sprachlicher denn inhaltlicher Natur945. Dieser Schluss ist gewagt, berücksichtigt man die im

1. Teil behandelten Differenzen zwischen den einzelnen Jurisdiktionen; man kann die Lösung

wohl nicht lediglich darin sehen, von einer sprachlichen Abweichung zu sprechen, die sich

inhaltlich nicht auswirkt; die Analyse unterschiedlicher nationaler Rechtsprechungssysteme

deutet eher darauf hin, dass z.B. zwischen dem Ausgangsstandard der IBA, also den

„berechtigten Zweifeln“, und seiner weiteren Definition, der „(realistischen)

Wahrscheinlichkeit“, ein beträchtlicher Unterschied in dem für einen erfolgreichen

Ablehnungsantrag zu überkommenden Schwellenwert besteht: Zweifel - auch berechtigte - an

der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit liegen per definitionem eher vor als dies der Fall ist,

wenn man nach der Wahrscheinlichkeit der Parteilichkeit fragt; das rührt daher, dass der Akt

des Zweifelns passivisch, der des Nachweises der Wahrscheinlichkeit aktivisch ist946. Damit

ist schlussendlich (nur) das Ergebnis der IBA Guidelines in dem insoweit maßgeblichen GSt

2(c) richtig, womit die Lösung zwischen den Extrempositionen „jeder Anschein genügt“ und

„tatsächlicher Nachweis der Parteilichkeit ist nicht erforderlich“ gefunden worden ist.

bbbb. Kritik an GSt 2(c)

Problematisch ist aus Sicht des Verfassers, dass gemäß GSt 2 (c) Zweifel schon dann

berechtigt und so „einfacher“ geltend zu machen sein sollen, wenn der Schiedsrichter durch

nicht entscheidungserhebliche Umstände in seiner Entscheidung beeinflusst sein könnte

945 Dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 441: „The jurisdictions that have not adopted the ML nonetheless reflect a similar standard as the ML.“. 946 Vgl. der Klarheit halber die Bedeutung der Begriffe “Zweifel” (d.h. das Unsicherwerden bzw. Infragestellen einer Meinung, eines Glaubens und Wissens bestehender Orientierungen) bzw. “Wahrscheinlichkeit” (d.h. die komparative oder quantitative Einstufung von Aussagen oder Urteilen nach dem Grad ihres Geltungsanspruchs zwischen Möglichkeit und Gewissheit, wobei zwar die Gründe für den Geltungsanspruch, dass sich eine Sache so und nicht anders verhält, verhalten hat oder verhalten bzw. verwirklichen wird, überwiegen, jedoch nicht oder noch nicht ausreichen, um die Annahme des Gegenteils auszuschließen), die sich gegenseitig ausschließen, in: Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Band 25: Waq-Zz, S. 823 li.Sp. bzw. Band 24: Tup-Wap, S. 773 re.Sp.; a.A. Foyle, in: IBA Notes, October 21, 2002, Durban Conference, S. 6: „The Model Law standard is the same as that under Section 24 of the English Arbitration Act.“.

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(„may“)947; denn damit steht dem Begriffspaar der „likelihood - may be influenced“ (GSt 2

(c)) das eingrenzende Paar der „justifiable doubts - give rise to“ (GSt 2(b)) gegenüber.

Konsequenter wäre es deshalb gewesen, auch für GSt 2(c) einen tatsächlichen Vorgang statt

eines möglichen zum Maßstab zu machen und die Worte „is influenced“ statt „may be

influenced“ zu wählen948. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass dem hier vertretenen

Ansatz die Überlegung zugrunde liegt, dass der Maßstab des Vorliegens einer „realistischen

Wahrscheinlichkeit“ die Möglichkeiten eines erfolgreichen Ablehnungsantrags stärker

beschränkt, als dies über die „berechtigten Zweifel“ des ML der Fall ist; die Working Group

scheint demgegenüber eine diametral entgegengesetzte Ansicht zu vertreten949; darauf deutet

ihre Reaktion auf den Vorschlag Hwang´s hin, der als erster für die Aufnahme einer

selbständigen Legaldefinition plädiert hatte, um so den zum damaligen Zeitpunkt bereits als

entscheidenden Maßstab für Ablehnungsanträge festgelegten Standard der „justifiable doubts“

des Art. 12(2) ML näher zu erläutern:

“NV (Nathalie Voser, d. Verf.) explained that the wording above (“doubts are

justifiable if a reasonable and informed third party may reach the conclusion that

there is a real likelihood that the arbitrator may be influenced…”, d. Verf.)

reminds her of the English Case law (real danger, real likelihood). The English

approach has a lower standard than that which the Working Group had previously

decided to adopt (dieser lautete: “The same applies if facts or circumstances exist

or have arisen since the appointment, that, from a reasonable third person´s point

of view having knowledge of the relevant facts, give rise to justifiable doubts as

to the arbitrator´s impartiality.” und entsprach Art. 12(2) ML, d. Verf.).”950.

947 S. hierzu die Diskussion innerhalb der Working Group in IBA Notes, Conference Call, July 11, 2003, S. 2 u. 3. 948 Eine ähnliche Überlegung äußerte Beechey (und legitimiert damit die Feinjustierung des Verf. indirekt) in Bezug auf die Änderung des Passus in GSt 2(c) von „third party may reach the conclusion“ zu „third party would reach the conclusion“ (Hervorhebungen d. Verf.), dazu IBA Notes, Conference Call, 11 July, 2003, S. 3. 949 Einer endgültigen Beurteilung ist dies nicht zugänglich, weil die in den IBA Notes, Conference Call, 11 July 2003, S. 2, dargestellte Diskussion nicht mit einem eindeutigen Ergebnis schließt; allerdings scheint zumindest noch in 2002 auch die Working Group die Ansicht des Verfassers geteilt zu haben, vgl. dazu IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels, S. 6, Summary: „... except for England where it is harder to find a conflict.“; 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 11: „... (the jurisdiction closest to actual bias being England).”. 950 Voser, in: IBA Notes, Conference Call, 11 July 2003, S. 2; dieser Ansatz steht jedoch im vollkommenen Gegensatz zur Ansicht der Working Group in 2002, dazu 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 11: „... (the jurisdiction closest to actual bias being England); man wird nicht davon ausgehen können, dass Voser davon ausging, dass der Standard des ML noch strikter als der der strengsten Jurisdiktion, also England, ist - dies zeigt bereits der 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 21 Rdn. 5.

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Damit steht zwar die Intention der Working Group fest, nicht dem englischen

Prüfungsmaßstab der „realistic likelihood / real danger“ bzw. „real possibility“, sondern dem

offeneren und weiteren des Art. 12(2) ML zu folgen951. Jedoch relativiert sie ihre Intention

dadurch, dass sie GSt 2 lit. (c) dessen lit. (b) „überordnet“ und so letztlich doch einem

„realistischen Wahrscheinlichkeitsmaßstab“ folgt. Ein Klarstellung im Rahmen der ersten

Überarbeitung der IBA Guidelines sollte erfolgen, um nicht ein Kernelement des Projekts mit

großer praktischer Rechtsunsicherheit zu belegen.

ddd. Für jeden Verfahrensabschnitt gleichermaßen

Bereits zu Beginn der Aufnahme der Arbeiten der Working Group kam die Frage auf, ob

nicht der unter ccc. besprochene Prüfungsmaßstab schiedsrichterlicher Unparteilichkeit und

Unabhängigkeit in Anlehnung an die Praxis zumindest der ICC im Verlauf der Ernennung

eines Schiedsrichters zur Vermeidung späterer Verfahrensbehinderungen besonders streng

angewendet werden sollte952. Befürworter entwickelten diese Überlegung hin zu einer

schiedsrichterlichen „Unschulds-„ und schiedsparteilichen „Schuldvermutung“ mit

zunehmender Dauer des Verfahrens: Nicht mehr Unparteilichkeits- oder

Unabhängigkeitsfragen sollten maßgeblich sein, sondern Fragen der Verfahrensökonomie wie

z.B. aufgelaufene Verfahrenskosten und die bisherige Verfahrenslänge: „By that (late, d.

Verf.) stage there are other considerations involved of expense and time wasted, so the

conflict must be of a manifest kind at that stage to justify disqualification.“ 953. Dieser Ansatz

kann für sich nicht in Anspruch nehmen, ein Maximum an Vertrauen in die Unparteilichkeit

der Schiedsrichterbank für die Parteien bereits mit Beginn des Verfahrens zu garantieren954;

denn ein solchermaßen „erleichterter“ Ablehnungsantrag führt gleichzeitig dazu, der

Gegenseite den von ihr benannten Schiedsrichter zu verwehren. Endgültig gegen diesen ICC-

Standard, der ja in der Praxis von größtem Gewicht ist, und für einen einheitlichen Standard

während des gesamten Verfahrens entschied sich die Working Group Mitte 2003: Allein die

Umstände des konkreten Streits und damit die schiedsrichterliche Unparteilichkeit sollten

ausschlaggebend sein, nicht andere Umstände (wie z.B. der aktuelle Verfahrensstand, die

951 Dazu IBA Notes, Conference Call, 11 July, 2003, S. 2: “The suggestion to delete “real” in order to avoid a possible assumption of a similarity to the English case law standard is nevertheless accepted.”. 952 Dazu IBA Notes, 2nd Meeting, May 14, 2002, London, S. 2 Rdn. 6; später dann IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. S. 3f., Rdn. 6.2; IBA Notes, List of Principle Points, 28 February 2003, S. 3f., Rdn. 6.2.; zur Praxis der ICC s. Whitesell, Conflicts of Interest from the ICC point of view, ASA Special Series No. 18, S. 57, 59f. 953 So Hwang, IBA Memo, 12 March, 2003, S. 2 Rdn. 6.2; zur entsprechenden Praxis der ICC s. Whitesell, in: ASA Special Series No. 18, S. 57-64. 954 In diesem Sinne jedoch Whitesell, in: ASA Special Series No. 18, S. 57, 59f.

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bisherige Verfahrensdauer oder die Auswirkungen auf die Parteien)955. Vornehmlich

begründete die Working Group das damit, dass sie mit ihrem Projekt gerade auch angetreten

sei, um mit der Anhebung der Anforderungen für ein erfolgreiches Ablehnungsverfahren

verfahrenstaktischen Anträgen entgegenzuwirken956.

c. “prevailing party autonomy”, GSt 2(b) a.E.

Über die Verweisung in GSt 2(b) a.E. auf GSt 4 wird den Schiedsparteien die Möglichkeit

eröffnet, auf die Geltendmachung ihres Ablehnungsrechts aufgrund eines potentiellen

Interessenkonflikts zu verzichten957: Sie tun ihre Zustimmung dadurch kund, dass ein

Schiedsrichter, der die Tatsachen und Umstände offengelegt hat, die zu den „berechtigten

Zweifeln“ geführt haben, seine Benennung annehmen bzw. mit seiner Tätigkeit fortfahren soll

- sie ihn also nicht ablehnen bzw. sie sich mit dem entsprechenden Vortrag präkludieren

lassen. Die Bezugnahme in GSt 2(b) auf sämtliche Regelungen unter GSt 4 - und nicht nur auf

GSt 4(c) - ist richtig, da sich GSt 2(b) a.E. auf jeden potentiellen Interessenkonflikt bezieht

und damit sogar solche erfasst, die unter die „non-waivable Red List“ fallen; es ist deshalb

denkbar, dass für den Parteiverzicht unterschiedliche Anforderungen gelten.

Zu berücksichtigen bleibt aber auf jeden Fall, dass GSt 4 ein zweischneidiges Schwert ist: Die

Möglichkeit, auf die Geltendmachung eines potentiellen Interessenkonflikts zu verzichten,

wird dadurch ergänzt, mit dem entsprechenden Vortrag präkludiert zu werden.

d. Konsequenz: Erfolgreiche Ablehnungsanträge nur noch unter erschwerten

Bedingungen

Setzt man GSt 2(a) einerseits und GSt 2 lit. (b) und lit. (c) andererseits zueinander in

Beziehung, zeichnet sich ein Standard moralisch-ethischen schiedsrichterlichen Verhaltens

955 IBA Discussion Paper for 4th Meeting (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 4: “ When considering whether or not such circumstances exist the arbitrator shall not make any difference depending on whether the arbitral procedure is at the beginning or at a later stage.”, (unter Bezugnahme auf den Conference Call, 12th March, 2003); ergänzend Rivkin, in: IBA Notes, 4th Meeting, S. 4 (der Schiedsrichter müsse bei einem Ablehnungsantrag nach Beginn des Verfahrens die Umstände des Streits besonders prüfen, bevor er zurücktritt); Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003; S. 4 Rdn. 3 (inkl. Fn. 5) (dort die Ergänzung Rivkin´s übernehmend); in der Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines bzw. der Final Version, August 11 bzw. 22, 2003, verlagerte die Working Group diese Überlegung in die Behandlung der Offenlegungspflicht, S. 12 bzw. 11f. 956 IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 3: “One of the objectives of our attempt to begin this project was to try to make the institution be a bit tougher at the beginning of the procedures. If we now introduce a lighter standard for challenges at the commencement this would only support and justify the current practice of the institutions that we do not consider as favourably (David Williams). … The pure level of practicability should not be enshrined in our guidelines (Doug Jones).”. 957 Die Verweisung wurde erstmals im Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 9 (damals noch als GSt 1(b) formuliert).

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ab, der, unterstützt durch einen fairen Ablehnungsmaßstab, die Parteiautonomie und Fairness

auf engstem Raum gleichermaßen und gemeinsam zum Zuge kommen läßt: Schiedsrichter,

die ihre Unparteilichkeit bereits selbst nicht gewährleistet sehen, müssen ihre Ernennung

ablehnen oder zurücktreten, ganz gleich, welche Auswirkungen dies auf die Schiedsparteien

hat. Die Legaldefinition des GSt 2(c) mit ihrem Prüfungsmaßstab einer „likelihood“

schiedsrichterlicher Parteilichkeit konkretisiert den Maßstab in GSt 2(b)958 und erschwert

damit taktische Ablehnungsanträge. Noch deutlicher jedoch gelänge dies, änderte die

Working Group im Verlauf der ersten Revision der IBA Guidelines den Wortlaut von GSt

2(c) vom „may be influenced“ in ein „is influenced“ und ergänzte sie den „likelihood“-Test

um den hier vertretenen „realistic likelihood“-Standard.

5. General Standard 2(d): „non-waivable Red List“ - Schranke der Parteiautonomie

Mit GSt 2(d) anerkennt die Working Group die Geltung des Verbots, in eigener Sache zu

richten, als Maxime schiedsrichterlichen Verhaltens für die internationale

Schiedsgerichtsbarkeit an959. „Berechtigte Zweifel“ an der schiedsrichterlichen

Unparteilichkeit i.S. von GSt 2(b) sollen in der folgenden, nicht abschließenden Aufzählung

von Fallgestaltungen dieses Verbots vorliegen:

(1) Zwischen dem Schiedsrichter und einer Partei besteht „identity“;

(2) der Schiedsrichter ist „legal representative“ einer „legal entity“, die

ihrerseits Partei des Schiedsverfahrens ist; oder

(3) der Schiedsrichter hat ein „significant financial or personal interest“

am Streitgegenstand960.

Ergänzt und insgesamt praktisch umgesetzt werden diese Fallgestaltungen durch die

praktischen Beispiele der “non-waivable Red List” wie folgt:

958 Zweifel - auch berechtigte - an der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit liegen per definitionem eher vor als dies der Fall ist, wenn man nach der Wahrscheinlichkeit der Parteilichkeit fragt; das rührt daher, dass der Akt des Zweifelns passivisch, der des Nachweises der Wahrscheinlichkeit aktivisch ist; vgl. der Klarheit halber noch einmal die Bedeutung der Begriffe “Zweifel” bzw. “Wahrscheinlichkeit”, die sich gegenseitig ausschließen. 959 So die Ratio der Explanation to GSt 2(b): „Because of the importance of this principle, this non-waivable situation is made a General Standard, and examples are provided in the non-waivable Red List.“; s. außerdem IBA Guidelines, Part II, Rdn. 2. 960 GSt 2(d): “Justifiable doubts necessarily exist as to the arbitrator´s impartiality or independence if there is an identity between a party and the arbitrator, if the arbitrator is a legal representative of a legal entity that is a party in the arbitration, or if the arbitrator has a significant financial or personal interest in the matter at stake.”.

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(4) Der Schiedsrichter ist ein „manager“, „director“ oder Mitglied des

Aufsichtsrats, oder hat einen vergleichbar kontrollierenden Einfluss auf

eine der Parteien; oder

(5) der Schiedsrichter berät die benennende Partei oder „an affiliate“

dieser benennenden Partei regelmäßig, und er bzw. seine „firm“

erzielen hieraus ein „significant financial income“961.

a. Keine Möglichkeit zum wirksamen Verzicht - Offenlegung irrelevant

Seine besondere Bedeutung erlangt GSt 2(d) dadurch, dass er über GSt 4(b) von der

Möglichkeit eines Verzichts durch die über die Umstände in Kenntnis gesetzten Parteien

ausgenommen ist und einen zu benennenden bzw. bereits ernannten Schiedsrichter zwingend

automatisch disqualifiziert.

aa. Kurzer Abriß der Entstehungsgeschichte

Die Frage der Reichweite der Parteiautonomie in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

ist eine der umstrittensten und besonders leidenschaftlich geführten Diskussionen des

gesamten Arbeitsprozesses der Working Group gewesen. Die Entwicklung hin zu GSt 2(d),

GSt 4(b) und der „non-waivable Red List“ wurde von Anfang an von der von sämtlichen

Mitgliedern der Working Group geteilten Überzeugung getragen, dass die Parteiautonomie -

wenn überhaupt - nur dann ohne jede Beschränkung Geltung für sich beanspruchen kann,

wenn die Parteien sie aufgrund uneingeschränkter Offenlegung und daraus folgender

Informationen ausüben können962; bereits hier legte man den Grundstein für die Überlegung,

dass die praktischen Anwendungslisten mit dem Instrument der Offenlegung verbunden

werden mussten, um jene effektiv zu gestalten. Diese grundsätzliche Bedingung hatte sich

aufgrund der Überlegung herauskristallisiert, allgemeine Maximen

schiedsverfahrensrechtlichen Verhaltens, d.h. die späteren GSt, über beispielhafte

Anwendungslisten, d.h. die späteren Ampellisten, praktikabel auszugestalten; letztere sollten

eine schwarze bzw. weiße Liste mit Situationen umfassen, die automatisch unwiderlegbar und

unverzichtbar bzw. unter gar keinen Umständen zu Interessenkonflikten führen sollten963.

Zugleich zeigt aber die im Verlauf des soeben zitierten Conference Call vom 1. Juli 2002

961 Ziffern 1.1 bzw. 1.3 der IBA Guidelines, Part II, 1. Non-Waivable Red List, entsprechen weitgehend obigen Ziffern (1) und (2) bzw. (3); Ziffern 1.2. und 1.4 ergänzen Ziffern (1)-(3), allerdings nicht abschließend. 962 So ganz eindeutig die IBA Notes, Conference Call, July 1, 2002, S. 2 No. 3: „The group discussed the issue whether there are situations in which - after a disclosure - the parties cannot waive possible conflicts of interests.”. 963 Dazu die IBA Notes, 1st bzw. 2nd Meeting, 14 March bzw. May 14, 2002 (Brussels bzw. London), S. 7 bzw. 1.; eine “Grey List” hinzufügend die IBA Notes, Conference Call, July 1, 2002, S. 2.

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wiedergegebene Fragestellung auch den ursprünglichen Impetus auf, der Parteiautonomie

nach entsprechender Offenlegung eher keine Grenzen zu setzen. Damit sollte zunächst auch

das Verbot des Richtens in eigener Sache einem schiedsparteilichen Verzicht zugänglich sein.

Diesen Ansatz schränkte die Working Group nach Diskussion der zu den einzelnen

Länderberichten verfassten Addenda zugunsten der Wirksamkeit des Verbots ein964. Im

Verlauf der weiteren Arbeiten setzte sie eine Taskforce zu dieser Frage ein, welche mit ihrem

Abschlussmemo empfahl, das Verbot in Form der „non-waivable Red List“ weiterhin

aufrechtzuhalten, zugleich aber der Parteiautonomie in Form der „waivable Red List“

ausnahmsweise in weniger schwerwiegenden Fällen Vorrang einzuräumen: Die Spaltung der

„Red List“ war damit beschlossene Sache965. Insbesondere diese Spaltung verdeutlicht

einerseits die Schwäche der IBA Guidelines, die hier einer grundsätzlichen und klaren

Entscheidung anhand einer einheitlichen „Red List“ zugunsten eines Kompromisses anhand

einer aufgespaltenen „Red List“ ausgewichen sind; andererseits aber auch ihre Stärke, eben

gerade über solche Kompromisse allseits akzeptable, gemeinsame Nenner zu finden und sie

vor allem in eine praktisch handhabbare Form zu gießen - dies in diesem speziellen Fall

aufgrund konstruktiver Kritik966. Die Working Group verteidigte diese Entscheidung gegen

teilweise vehemente Kritik und ist von ihr im weiteren Verlauf der Arbeiten nicht mehr

abgewichen967.

bb. Offenlegung irrelevant

Die Terminologie des Verzichts („waiver“) in den IBA Guidelines umfasst sowohl eine

entsprechende einvernehmliche ausdrückliche oder stillschweigende Parteivereinbarung als

auch die bewusst herbeigeführte Präkludierung schiedsparteilichen Vortrags968. Die

964 Vgl. dazu die Schlussfolgerung der Working Group im 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 17f., Rdn. 3.3; dazu auch die IBA Addenda zu den National Reports: Australia, 22 August 2002; Canada, 28 August, 2002; England, 22 July 2002; Germany, 8 July 2002, S. 3f.; Singapore, 26 July 2002; Sweden, 2 July 2002; Swiss, 22 July 2002; USA, 22 July 2002. 965 Vgl. zur Entscheidung der Einsetzung dieser Taskforce die IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 6 Rdn. 11 (sie bestand aus Doug Jones und Hilmar Raeschke-Kessler); s. auch das IBA Abschlußmemo, 26 March, 2003. 966 Vgl. Voser, IBA Email 8. April 2003, Betreff: Proposition of the task force “Waiver of Black list Situations” and General Standard 5; fortgeführt durch IBA Topics, Tylney Hall, 9/10 May, 2003, S. 2 und endgültig beschlossen in den IBA Notes, 4th Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 7f.. 967 Z.B. durch die ICC Deutschland, dazu IBA Memo, 6 December 2002, Raeschke-Kessler, S. 2f., Rdn. 3: „The idea that the elements contained in the Black List may not be waived by consent of the parties is regarded to be an inacceptable inroad into party autonomy.“; s. ergänzend auch IBA Discussion Paper for 4th Meeting (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 1f. und Fn. 1. 968 So deutlich IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 451: “Based on the well-accepted principle of party autonomy in international arbitration, the Working Group concluded that potential conflicts may often be accepted or waived by the parties. Once disclosure has been made, if the parties do not make a timely

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Parteiautonomie soll nach dem Willen der Working Group ihre unverrückbare Beschränkung

in dem Verbot finden, in eigener Sache zu richten; das soll selbst dann gelten, wenn über die

vollständige Information der Parteien gewährt wäre, dass diese ihre Entscheidung über den

Fortgang des Schiedsverfahrens „sehenden Auges“ treffen könnten. Unabhängig davon also,

ob die Parteien gemeinsam handeln wollen oder aber eine Partei bewusst auf die

Inanspruchnahme ihres Antrags auf Ablehnung eines Schiedsrichters verzichten will, können

nach Ansicht der Working Group beide Ansätze das Verbot des Richtens in eigener Sache

nicht aushebeln.

Ging man zum Zeitpunkt seiner Statuierung zunächst davon aus, dass dieses Verbot in seiner

Reinform die zeitgleiche Personenidentität zwischen natürlichen Personen, d.h. einer

Schiedspartei und einem Schiedsrichter, umfasst, sah man sogleich, dass dieser Fall in der

Praxis internationaler Schiedsverfahren aus zwei Gründen theoretischer Natur ist: Erstens,

weil regelmäßig unternehmerische Organisationsformen Schiedsbeteiligte sind, und sich so

die Frage danach stellt, wessen Handeln (Organe bzw. Personen) dem der Organisationsform

gleichgestellt werden kann969, und zweitens, weil international bislang kein solcher Fall

absoluter Personenidentität dokumentiert ist und damit der Anwendungsbereich des Verbots

in seiner Reinform in´s Leere greift. Zudem drängte sich die Erkenntnis beinahe auf, dass

nicht nur Fragen der Identität der Handelnden, sondern auch ihrer Beweggründe zu derart

schwerwiegenden Beeinträchtigungen eines Verfahrens führen können, dass über seine

Gestaltung nicht mehr die Parteien entscheiden können970.

Diese Probleme werfen die Frage nach einer näheren Bestimmung der einleitend zum 2. Teil,

B., II., 5. (unter (1)-(5)) nicht weiter übersetzten und ausgestalteten Begriffe auf. Dazu nun im

Folgenden:

b. Nicht abschließende Aufzählung einschlägiger Fallgestaltungen

Die Bedeutung der Begriffe “identity”, “legal representative”, “legal entity” bzw. “significant

financial or personal interest (bzw. income, d. Verf.)” erläutern die IBA Guidelines nicht

weiter; zumindest in bezug auf die beiden erstgenannten Begriffe ist das bewusst geschehen.

Dennoch ergeben sich indirekt über die Erläuterungen zu GSt 2(d) i.V.m. GSt 6(c)

objection to a potential conflict of interest, this will constitute an effective waiver of most potential conflicts.”; zur anfangs der Arbeiten verwendeten Terminologie einer “acceptance by the parties” anstelle des “waiver” vgl. das IBA Discussion Paper for 4th Meeting (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 5 Rdn. 3. 969 So auch die Explanation to GSt 6(c). 970 Vgl. die Übersicht bei Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 100ff.

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Anhaltspunkte über ihre Ausgestaltung. Der Begriff des „affiliate“ hingegen ist

legaldefiniert971.

aa. „identity“, “legal representative” bzw. „legal entity“

Als die Working Group sich für die Geltung des Verbots entschied, in eigener Sache zu

richten, erweiterte sie dessen Anwendungsbereich über die Personenidentität (s.o. (1)) hinaus

und bestimmte, dass „this applies to a somehow looser identity (but not necessarily to an

indirect identity) between a party and arbitrator“972. Eine solche Identität soll auch bei

Personengleichheit eines Schiedsrichters mit dem „legal representative“ einer Schiedspartei

gegeben sein, so sie eine „legal entity“ ist (s.o. (2)).

aaa. „legal entity“

Herkömmlicherweise werden im anglo-amerikanischen Rechtsraum mit “legal entity”

gesellschaftsrechtliche Organisationsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit bezeichnet, also

juristische Personen. In diesem Sinne scheint auch die Working Group diesen Begriff zu

verstehen, stellt sie doch unter GSt 6(c) die typischerweise leitenden Organe bzw.

Organvertreter juristischer Personen973 denjenigen einer „legal entity“ gleich. Damit geht die

neue Frage einher, wann diese Identität zwischen einem Schiedsrichter und einer „legal

entity“ vorliegt.

bbb. „identity“ und „legal representative“

Ausgehend von der internationalen Schiedspraxis, dass regelmäßig Unternehmen

Schiedsparteien sind, musste die Working Group in die Fallgruppe der Identität zwischen

Schiedsrichter und Partei zwingend mindestens deren gesetzliche Vertreter einbeziehen (sog.

„official legal representatives“974). Die Identität soll aber auch dann vorliegen können, wenn

Mitarbeiter einer juristischen Person in einer Situation handeln, die der Handlungsweise eines

solchen gesetzlichen Vertreters ähnlich ist (sog. „legal representative“975). Die Working

971 S. dazu IBA Guidelines, Part II, Fn. 5: „Throughout the Application Lists, the term „affiliate“ encompasses all companies in one group of companies including the parent company.“. 972 So 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 18. Rdn. 3.3. 973 Ausdrücklich genannt werden Manager/Geschäftsführer, Direktoren bzw. Mitglieder des Aufsichtsrats (dabei anscheinend die anglo-amerikanische Praxis des ´single-tier board of (non-)executive directors´ bzw. die koninental-europäische Praxis der ´dual-tier board structure´ berücksichtigend) und Personen, die einen vergleichbaren Einfluss auf eine „legal entity“ ausüben können. 974 So dürfte man wohl den in der Explanation to GSt 2(d) verwendeten Terminus „official legal representative“ verstehen; i.d.S. auch IBA Memo, 26 March, 2003, Raeschke-Kessler/Jones, S. 1f.; danach Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 9f. 975 U.a. zählen auch Angestellte und „civil servants“ dazu, so die Erläuterung zu GSt 2(d); die noch eindeutige Begrenzung der Identitätsprüfung durch „if the arbitrator is by statutary law a representative“ (Draft Final

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Group hat sich darauf beschränken wollen, Grundsätzliches zu regeln. Sie überlässt es den

Nutzern der IBA Guidelines, den Kreis der „legal representatives“ näher zu bestimmen:

Vorteilhaft an diesem Ansatz ist sicherlich der Freiraum für eine Einzelfallprüfung.

Nachteilhaft kann sich auswirken, dass Personen, die über die Annahme ihrer Benennung

entscheiden wollen und nicht über ihre Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter einer Partei

ausscheiden, keinen Anhaltspunkt dafür haben, wie sie im Rahmen von GSt 2(d) gestellt sind.

So dürften nach hiesiger Ansicht regelmäßig auch auf leitender Mitarbeiterebene beschäftigte

Schiedsrichterkandidaten, z.B. Prokuristen, oder auch mit Einzelprokura zur Vornahme eines

bestimmten Rechtsgeschäfts ausgestattete Kandidaten einer Prüfung anhand von GSt 2(d) zu

unterziehen sein. Eine Legaldefinition hätte hier ein gewisses Maß an Rechtssicherheit

gebracht, zugleich aber auch den nicht abschließenden Charakter der Regelung beeinträchtigt.

Immerhin ist erreicht, dass man so den Kreis derjenigen, die für einen Ausschluss von der

Schiedsrichtertätigkeit über GSt 2(d) in Betracht kommen, beschränkt und zudem über die

Erläuterung zu GSt 2(d) eine gewisse Tendenz aufzeigt, nur der verantwortlichen Tätigkeit

der leitenden Unternehmensorgane vergleichbare, aber auch schon ähnliche Tätigkeiten zu

erfassen.

bb. “significant financial or personal interest“

Gemäß GSt 2(d) kann jemand auch dann nicht Schiedsrichter sein, wenn er ein „significant

financial or personal interest“ am Streitgegenstand hat (s.o. 2. Teil, B., II., 5. unter (3)); die

Erläuterung zu GSt 2(d) setzt diesen Terminus mit dem Begriff des „significant economic

interest“ gleich; die „non-waivable Red List“, die zwar wie die beiden übrigen

Anwendungslisten konkrete Beispiele aufführt, jedoch im Zweifelsfall gegenüber dem GSt

stets nachrangig ist, bestimmt die automatische Disqualifizierung eines Schiedsrichters, der

ein „significant financial interest in one of the parties or the outcome of the case“ hat.

aaa. Entwicklung im Rahmen der Arbeiten der Working Group

Nachdem die Mitglieder der Working Group ähnliche Fallgestaltungen als möglichen

Bestandteil der schwarzen (später roten) Liste benannt hatten976, kam erstmals im 1. Entwurf

Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 6) wurde gemäß der IBA Notes, Conference Call, July 11, 2003, S. 8, in „if the arbitrator is a legal representative“ geändert. 976 IBA National Reports zur “Black List”: Australia, 16 August 2002, S. 8: „substantial financial/pecuniary interest in the final outcome“; England, 28 June 2002, S. 4: “financial interest (direct or indirect) in the outcome of the dispute (unless de minimis) bzw. “significant interest in a party to the dispute”; Germany, Klaus Sachs, 8 May 2002, S. 5: “material interest in the result of the arbitration proceedings” bzw. “risk of a personal financial

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der Guidelines Ende 2002 ein Formulierungsvorschlag in der Gestalt eines “proprietary

interest in the issue at stake” auf977; damit einher ging sogleich die Schwierigkeit seiner

Inhaltsbestimmung, welcher sich nicht nur die Working Group ausgesetzt sah978, sondern

auch die späteren Nutzer der Guidelines gegenübergestellt gesehen hätten. Und in der Tat

hätte z.B. für die deutsche Jurisdiktion die Schwierigkeit bestanden, eine passende

Übersetzung zu finden, die vielleicht etwas konkreter als die eines „jeden vermögenswerten

Interesses“ gewesen wäre. In der Folge entschied man sich für die Formulierung „significant

(or substantial) economic and/or personal interests“, um so auch nichtfinanzielle („non-

financial“) Interessen i.S. weiter gefasster wirtschaftlicher Interessen und ebenso

nichtwirtschaftliche Interessen i.S. persönlicher Interessen einbeziehen zu können979; die

Working Group entschied dabei aufgrund der Tragweite, die die Einordnung von

Fallgestaltungen unter GSt 2(d) mit sich bringt, dieser Formulierung den eingrenzenden

Maßstab der „significance“ bzw. „substantiality“ hinzuzufügen980. Im Verlauf der internen

Beratungen einigte man sich auf die Formulierungen „significant“ und letztlich doch

„financial“ (anstelle „economic“)981.

bbb. Inhalt

Versteht man unter dem „significant financial or personal interest“ jedes bedeutsame

finanzielle oder persönliche Interesse, das jemand am Streitgegenstand, einer der

loss”; Germany, Hilmar Raeschke-Kessler, 24 June 2002, S. 6: “has a direct financial interest in the outcome of the case”; Mexico, 24 June 2002, S. 4: “direct or indirect financial interest in the outcome of the case”; Singapore, 24 June 2002, S. 4: “holder of such a shareholding in either party that he is likely to be significantly affected financially by the outcome of the arbitration” bzw. “direct financial interest in the outcome of the arbitration”; Sweden, 6 May 2002, S. 3: “significant financial or other interest in the outcome of the dispute” bzw. “significant financial interest in a party to the dispute”; USA, 27 June 2002, S. 7: “direct financial interest in the case”. 977 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 21, Rdn. 8 / S. 22 als GSt i.S. von “proprietary interest in the matter at stake” übernommen / S. 26f. im Rahmen der Black List als „has a significant financial interest in the outcome of the dispute“ bzw. „in one of the parties“ bezeichnet. 978 IBA List of Principle Points, 28th February 2003, S. 3: “What precisely is the proper definition of “proprietary interest”? Does it also cover personal interests? If not, that should be added or specified. Further, it probably includes financial interests. But not every financial interest leads automatically to the assumption of a conflict.”. 979 IBA Discussion Paper for 4th Meeting (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 4, Fn. 4. 980 IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 3, Rdn. 5; Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 10 Fn. 20; s. auch IBA Memo, 12 March 2003, Hwang, S. 1, der sich zwar für den Terminus “significant financial interest” und damit nicht i.S. der Working Group geäußert hat, dafür aber den Grundtenor dieses GSt treffend wie folgt zusammenfasst: „The test is really whether the arbitrator can say (and a reasonable third party with all relevant information can agree with him) that any connection he may have (whether fincancial or otherwise) with any of the parties or counsel will not affect the way in which he comes to his decision. In other words, can a reasonable and informed third party conclude that this arbitrator does not care which way the decision is given, and that the decision will not impact on his personal or business life thereafter?”. 981 Dazu Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003; S. 6; ebenso Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 30th April, 2004; S. 5; ebenso Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 15th May, 2004, S. 5.

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Schiedsparteien oder aber insgesamt am Ausgang des Verfahrens hat, so legt die

Sinnbedeutung des Begriffs „significant“ 982 nahe, dass ein solches Interesse erst dann

gegeben ist, wenn dieser jemand entsprechenden wirtschaftlichen oder persönlichen Einfluss

hat und diesen auch tatsächlich nutzen kann. Ein solches Verständnis entspricht der

schwerwiegenden Bedeutung von GSt 2(d) i.V.m. GSt 4(b) und dem damit verbundenen

Kontext tatsächlicher Parteilichkeit.

Problematisch jedoch scheint die nähere Bestimmung des persönlichen Interesses zu sein, das

im Gegensatz zum finanziellen Interesse schwieriger verobjektivierbar ist. Dieses Problem

läßt sich aber dadurch lösen, dass man die Beurteilung seines Vorliegens aus der Sicht eines

über die entscheidungserheblichen Tatsachen in Kenntnis gesetzten und vernünftigen Dritten

beurteilt. Eine interessante Frage tut sich auf, wie der Fall des „untauglichen Versuchs“ eines

Schiedsrichters zu beurteilen ist: Wie ist zu verfahren, wenn er der Ansicht ist, seinen eigenen

bedeutsamen persönlichen Interessen zu dienen, dies aber in Wahrheit gar nicht kann? Sollte

ein solcher Schiedsrichter dann nicht bereits seine Benennung ablehnen bzw. zurücktreten,

wird er auf jeden Fall zu disqualifizieren sein, weil er tatsächlich parteiisch ist.

cc. „affiliate“ und “significant financial income therefrom”

Ihr abschließendes Beispiel der “non-waivable Red List” unter den IBA Guidelines, Part II,

1., Ziffer 1.4, d.h. jemanden für die Schiedsrichtertätigkeit automatisch zu disqualifizieren,

wenn er regelmäßig die ihn benennende Partei oder ein Unternehmen berät, das mit dieser

über dieselbe Unternehmensgruppe verbunden ist (s.o. 2. Teil, B., II., 5. unter (5)), ergänzt die

Working Group durch folgende Legaldefinition des Begriffs „affiliate“: „Throughout the

Application Lists, the term „affiliate“ encompasses all companies in one group of companies

including the parent company.“983. Obwohl diese Definition vom Wortlaut her nur auf die

Anwendungslisten und damit Part II der IBA Guidelines anwendbar ist, muss sie ebenso für

eine Inhaltsbestimmung innerhalb der General Standards in Part I herangezogen werden

können; denn die Konstellationen, in denen ein „affiliate“ eine Rolle bei der Beurteilung eines

Interessenkonflikts spielt, sind in Part I und II vergleichbar, wenn nicht sogar tatsächlich

identisch: Es geht jeweils um die Frage, inwieweit jemand von der Ausübung der Tätigkeit als

Schiedsrichter ausgeschlossen werden muss, wenn er zwar nicht direkt mit der benennenden

982 “Significant” = of noticeable importance or effect; “substantial” = noticeable, important, of some size or value, so Langenscheidt Dictionary of Contemporary English, ed. 2005. 983 IBA Guidelines, Part II, Fn. 5 (erstmals so formuliert in der Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 22, 2003, S. 16).

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Partei zusammenarbeitet, jedoch mit einem anderen Unternehmen, das zu der benennenden

Partei in einem aktiven oder passiven Beherrschungs- bzw. Beteiligungsverhältnis steht,

womit beide Unternehmen als eine Einheit zu betrachten sind.

Die Diskussion rund um die Behandlung von potentiellen Interessenverflechtungen, die sich

aus der Zugehörigkeit mehrerer Unternehmen zu ein- und derselben Unternehmensgruppe

ergeben, ist als Reaktion der Working Group auf die exponierte Stellung der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit im Zusammenhang mit dem Phänomen der Globalisierung und

Konsolidierung international operierender Industrien zu sehen. Dazu und zu der Frage, wie

man vor diesem Hintergrund die nicht zu leugnende berufliche Verflechtung von international

aktiven Schiedsrichtern mit Sozietäten, in denen sie tätig sind, beurteilen muss, sind GSt 6 lit.

(b) und lit. (a) entwickelt worden984. Die Working Group hat Ziffer 1.4 der „non-waivable

Red List“ recht spät, dann aber sogleich in der später verabschiedeten Version in die

Guidelines eingeführt985.

Mit der zweiten Voraussetzung unter Ziffer 1.4 fordert die Working Group, dass die

regelmäßige Beratungstätigkeit des Schiedsrichters zu einem „significant financial income“

führen muss. Vergleichsparameter stellt sie nicht zur Verfügung: Müssen also die aus der

Beratungstätigkeit erzielten Honorare im Vergleich zu den übrigen Einnahmen des

Schiedsrichters oder denen des beratenden Unternehmens bedeutsam sein? Berücksichtigt

man die Zielrichtung von Ziffer 1.4, können nur die übrigen Einnahmen des prospektiven

Schiedsrichters bzw. seiner Sozietät gemeint sein. Wann der Schwellenwert der

Bedeutsamkeit erreicht ist, hängt wohl vornehmlich davon ab, ob der Anteil der

Beratungshonorare am Gesamtumsatz des Schiedsrichters bzw. seiner Sozietät so hoch ist,

dass man bei Betrachtung der Gesamteinnahmen davon sprechen kann, dass er entscheidend

in´s Gewicht fällt, vielleicht sogar, dass er sich auf die Struktur der Gesamteinnahmen der

Sozietät auswirkt986. Konsequenterweise müsste dies auch dann gelten, wenn sehr

umsatzstarke Sozietäten betroffen sind mit der Folge, dass selbst regelmäßige

Beratungshonorare von mehreren Millionen EUR, US-$ oder GBP in Anbetracht eines 984 Dazu mehr nachfolgend unter 10. (GSt 6(b) und Ziffer 1.4 der „non-waivable Red List“ unterscheiden sich gerade darin, dass jener die schiedsrichterliche Unparteilichkeit hinterfragt, weil die Tätigkeit der Sozietät und nicht direkt die des Schiedsrichters den potentiellen Interessenkonflikt hervorruft (was nicht automatisch in seinem Ausschluss endet), Ziffer 1.4 hingegen direkt auf die Tätigkeit des Schiedsrichters abstellt (was automatisch in seinem Ausschluss endet) - die jeweiligen Zielrichtungen sind also unterschiedlich). 985 Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 15th May, 2004, S. 17. 986 Dem Begriff “significant” ist eine solche Auswirkungsbedeutung durchaus beizumessen, s. nur seine Standardumschreibung mit „being of noticeable importance or effect“, im Langenscheidt Dictionary of Contemporary English, ed. 2005.

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Gesamtumsatze von mehreren hundert Millionen bzw. einiger Millarden EUR987 nicht

zwingend zum automatischen Ausschluss führen. Sollte man der Ansicht sein, dass dieser

Ansatz den Anwendungsbereich von Ziffer 1.4 über die Maßen und gegen seine Intention

einschränkt, sollte man berücksichtigen, dass in Anbetracht der im internationalen

Wirtschaftsverkehr ohnehin regelmäßig hochvolumigen Honorarvereinbarungen nicht die

Gefahr zu bestehen scheint, dass Ziffer 1.4 auf diesem Wege ausgehebelt wird.

Die Voraussetzungen von Ziffer 1.4 müssen kumulativ vorliegen, so dass z.B. eine

ehrenamtliche Beratung durch jemanden, der die schiedsrichterliche Tätigkeit aufnehmen soll,

(so unwahrscheinlich ein solcher Vorgang manchem in der heutigen Zeit erscheinen mag)

nicht automatisch zu seiner Disqualifizierung führt.

6. General Standards 3 und 7: Offenlegungspflicht i.S. einer allgemeinen

Nachforschungs- und Informationspflicht

Mit GSt 3 und GSt 7 unternimmt die Working Group den mutigen Versuch, in der Praxis der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ein neues Konsensmodell zu etablieren, dass dem hier

vertretenen, maßgeblichen Einfluss des Grundsatzes der Fairness erstmals ausdrücklich und in

exponierter Form Geltung verschafft988: Sie verlangt von Schiedsrichtern, Parteien und deren

Interessenvertretern gleichermaßen, bereits vorhandene Informationen über einen potentiellen

Interessenkonflikt sich gegenseitig zugänglich zu machen; darüber hinaus müssen die

Schiedsbeteiligten mit Hilfe öffentlich zugänglicher Hilfsmittel in einem Umfang, der aus

Sicht eines vernünftigen, mit dem Sachverhalt vertrauten Dritten angemessen ist,

Nachforschungen anstellen, um die Existenz weiterer Umstände ausschließen bzw. aufspüren

zu können.

a. Primat des „informed consent“

Den Sinn und Zweck dieses Konsensmodells formuliert die Working Group wie folgt:

987 Vgl. dazu nur schon die in der FT jährlich veröffentlichten Umsatzzahlen der Law Firms des „Magic Circle“ bzw. der 10 weltweit größten Law Firms; ebenso unter http://news.ft.com/cms/s/d560e9a2-a701-11d9-a6df-00000e2511c8.html Bob Sherwood, FT, April 7 2005, zu den top 50 US Law Firms: „The top 50 US law firms pulled in a total of $33billion in fees last year, pushing up the average profits for a partner to $1.2m, according to figures released today. For the second year running, the biggest American firms have achieved double-digit growth in both turnover and profits, rankings compiled by Legal Week magazine show.”. 988 Winstanley, 4 LCIA News No. 4 (December 2002), 23, 24, bezeichnet diesen Ansatz als “innovative” und “constructive”; beachtenswert ist, dass der sonst so innovative Ansatz von Bishop/Reed, 14 ArbInt 4 (1998), 395ff., sich mit Fragen der Offenlegung in ganzen 6 Zeilen beschäftigt und so nach Ansicht des Verfassers ihre Bedeutung (nicht i.S. eines Allheilmittels gemeint; sich ebenso gegen die zuweilen postulierte Absolutheit der Offenlegung wendend Paulsson, 70 Arbitration 3 (2004), 193, 194f.) nicht ausreichend berücksichtigt.

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“It is the purpose of disclosure to allow the parties to judge whether or not they

agree with the evaluation of the arbitrator and, if they so wish, to explore the

situation further.”989.

Man könnte der Ansicht sein, dass diese Zielsetzung für sich allein genommen keinen neuen

Beitrag zur internationalen Diskussion um das Instrument der Offenlegung leistet990, weil sie

doch nur das Offensichtliche feststellt. Sie hilft jedoch, die im 2. Teil behandelten Konzepte

der Parteiautonomie und der Fairness in ihren gemeinsamen Kontext zu setzen: Einerseits

wird es den Parteien überlassen, über die offengelegten Umstände zu entscheiden („to allow

the parties to judge“) und so ihre Parteiautonomie zu verwirklichen; andererseits wird dadurch

aber zugleich ihre gegenseitige Verantwortung und diejenige gegenüber dem Schiedsrichter

und damit dem Verfahren an sich betont, was wiederum Ausdruck des Grundsatzes der

Fairness ist: Damit ermöglicht diese Zielsetzung es, einen Schritt über das herkömmliche Ziel

der Offenlegung, nämlich die augenfällige Versicherung der Schiedsparteien im Hinblick auf

das Vorliegen schiedsrichterlicher Unparteilichkeit und Unabhängigkeit991, hinauszugehen.

b. Seine fragwürdige Förderung durch die „when in doubt, disclose“-Regelung des GSt

3(c)

Diesen Ansatz meint die Working Group dadurch fördern zu müssen, dass sie einem

Schiedsrichter über GSt 3(c) auferlegt, im Zweifelsfall zugunsten einer Offenlegung

gegenüber sämtlichen, am Verfahren Beteiligten zu entscheiden992.

aa. GSt 3(c)

Diese grundsätzliche Entscheidung zugunsten der Offenlegung von Umständen ist innerhalb

der Working Group umstritten gewesen. Das spiegelt sich letztlich auch in der

Entstehungsgeschichte des GSt wider:

989 So die Explanation to GSt 3(b); weiterhin erhalten die Parteien so die Möglichkeit, auf evtl. sich hieraus ergebende Ablehnungsgründe zu verzichten, dazu Lionnet, Hdb. Schiedsgerichtsbarkeit, S. 185. 990 Vgl. zur beinahe unübersehbaren Anzahl entsprechender Veröffentlichungen nur Bader, JInt´lArb 3 (1995), 39ff., und Cato, Arbitration Practice, S. 182-196, No. 3.10. 991 So z.B. Hoellering, Report No. 1, in: Teil I, The Arbitral Process, ICC Publication No. 472, S. 4 li.Sp. 992 S. GSt 3(c): „Any doubt as to whether an arbitrator should disclose certain facts or circumstances should be resolved in favour of disclosure.“; treffend die englische Redewendung in diesem Zusammenhang “to err on the side of caution”, ebenso ICC Germany, in: IBA Memo, 6 December 2002, Raeschke-Kessler, S. 4.

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aaa. Abriß der Entstehungsgeschichte und Inhalt

Nachdem sich die Länderberichte aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Working

Group993 mit der Frage beschäftigt hatten, ob es in ihren Jurisdiktionen eine solche

Zweifelsregelung zugunsten einer Offenlegung gibt, diskutierte man diese Frage erstmals

Mitte 2002 gemeinsam994 und entschied sich im 1. Entwurf der Guidelines Ende 2002 gegen

die Aufnahme einer solchen Regelung995: Die Länderberichte hatten kein einheitliches Bild

für oder gegen eine solche Regelung ergeben; entscheidend soll die englische Entscheidung in

Taylor and another v. Lawrence and another gewesen sein, die deutlich vor der Gefahr

überbordender und so das Schiedsverfahren behindernder Offenlegung warnt996. Weil vor

allem institutionelle Schiedsorganisationen die Einbeziehung einer Zweifelsregelung

zugunsten der Offenlegung verlangten, entschied man sich Mitte 2003 dann doch für die

Einbeziehung als GSt mit der Begründung, das Interesse der Parteien, vollständig informiert

zu werden, sei gegenüber den Risiken einer überbordenden Offenlegung vorrangig997.

Die Working Group startete ihren Abwägungsprozeß um die Statuierung einer solchen

Zweifelsregelung in der Erkenntnis, dass es sich immer nur um eine „affirmative duty“

handeln kann, da ein Schiedsrichter bereits aufgrund der GSt 1 und GSt 2(a) gehalten ist, bei

dem geringsten Zweifel an seiner Fähigkeit, unparteilich zu entscheiden, seine Tätigkeit für

die Parteien nicht aufnehmen darf bzw. einstellen muss998. Von dieser logisch zwingenden

Überlegung ausgehend, konnte es sich bei einer Entscheidung für oder gegen die Aufnahme

der Zweifelsregelung nur noch um eine symbolische Klarstellung handeln: Institutionelle

Schiedsorganisationen sahen ihren Vorteil darin, den Schiedsrichter zur Versicherung der

Parteien so weit wie möglich „gläsern“ zu gestalten, um diese jeden erdenklichen Umstand so

frühzeitig wie möglich erkennen und beurteilen zu lassen, der zu einem Ablehnungsantrag

führen kann; so sollte den Schiedsparteien von Beginn an ein besonderes Vertrauen in die

Integrität des Schiedsverfahrens ermöglicht werden.

993 IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels, S. 7. 994 IBA Notes, Conference Call, July 1, 2002, S. 2f. 995 So der 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 16f. Rdn. 3.2. 996 (2002) 2 All E.R. 353, 370. 997 So die Begründung im Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 6 (inkl. Fn. 9); dazu IBA List of Principle Points, 28th February, 2003, S. 5, und die IBA Notes, 12 March, 2003, S. 5; der erste, entsprechend formulierte Vorschlag lautete dann wie folgt: “If the arbitrator considers the case for disclosure to be borderline then he or she should disclose.”, so IBA Discussion Paper for 4th Meeting, May 5, London, 2003, S. 5; vgl. den späteren, neuen Formulierungsvorschlag durch IBA Email 3. Juli 2003, Hanotiau, S. 1: „any doubt as to whether one should disclose should be resolved in favour of disclosure.“, der in leicht ergänzter Form schlussendlich in der Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 7, aktzeptiert wurde. 998 So IBA Topics, Tylney Hall 9/10 May 2003, S. 1.; in diesem Sinne deutlich auch IBA Memo, 12 March 2003, Hwang, S. 3.

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bbb. Systematisches Problem der „when in doubt, disclose“-Regelung

In dieser Überlegung sieht der Verfasser dann auch das systematische Problem der

Einbeziehung einer ausdrücklichen Zweifelsregelung: Sie ist überflüssig, weil bereits über

GSt 1 und GSt 2(a) ein Schutzmechanismus für das Schiedsverfahren installiert ist: Hält sich

der Schiedsrichter für fähig, unparteiisch zu entscheiden, sollen von ihm offengelegte

Informationen den Parteien die Entscheidung ermöglichen, ob sie mit ihm das Verfahren

beginnen bzw. fortsetzen wollen; glaubt er nicht an seine Unparteilichkeit, nimmt er die

Benennung erst gar nicht an bzw. tritt zurück, ohne die Parteien weiter zu informieren999.

Dem Sicherheitsbedürfnis der Parteien ist dadurch genüge getan, dass der Schiedsrichter sich

nicht selbst ablehnt und so sein Vertrauen in die eigene Unparteilichkeit dokumentiert. Was

der Schiedsrichter ihnen mitteilt, ist grundsätzlich nicht mehr geeignet, seine Unparteilichkeit

in Frage zu stellen1000, weil letztendlich stets seine Selbsteinschätzung über sein (Nicht-

)Tätigwerden entscheidet, egal, ob die Parteien ihn ablehnen oder urteilen lassen wollen1001.

Ist über die Selbsteinschätzung eine bewusste Entscheidung des Schiedsrichters gefallen, ist

kein Raum mehr für die Existenz, geschweige denn Regelung von Zweifeln. Vor diesem

Hintergrund kann eine Zweifelsregelung keinen eigenen Zweck mehr erfüllen. Das hat die

Working Group auch selbst erkannt und sich letztlich nur um der Akzeptanz der IBA

Guidelines durch institutionelle Schiedsorganisationen willen für die Einbeziehung von GSt

3(c) entschieden1002.

bb. Verhältnis von GSt 3(c) zu Verschwiegenheitspflichten

Nicht ausdrücklich in GSt 3(c) selbst, jedoch in seiner Erläuterung mahnt die Working Group

dazu, bei der Beurteilung der Frage der Offenlegung berufsrechtlich oder anderweitig

veranlasste Verschwiegenheitspflichten zu berücksichtigen, zu deren Einhaltung sich ein

999 So auch GSt 3(b), dazu gleich unter 3. 1000 So auch 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 17; anderes evtl. nur dann, wenn entsprechende, bislang nur den Parteien bekannte Informationen offengelegt werden, die eine andere Beurteilung erforderlich machen (dazu unter GSt 7). 1001 Zwar ist Häberlein, IDR 3, S. 7, 9 li.Sp., zuzustimmen, dass es in vielen Fällen nicht einmal dem Schiedsrichter selbst möglich sein wird, zu entscheiden, ob er „befangen“ ist; es ist dann aber aus Sicht des Verfassers erst recht jeder anderen Person unmöglich, diese Beurteilung anstelle des Schiedsrichters vorzunehmen; letztlich kann hierfür kein Beweis geführt werden und müssen Schiedsrichter und Schiedsparteien ein Urvertrauen in gegenseitiges Fair Play entwickeln. 1002 D.h. insbesondere der ASA, DIS, ICC und LCIA, so ausdrücklich IBA Notes, 12 March, 2003, S. 5; die vermittelnden Vorschläge, eine Regelung aufzunehmen, nach der bei Zweifeln Rücksprache mit einer involvierten Schiedsinstitution oder einem erfahrenen Kollegen zu nehmen ist (dazu IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 4f.; Topics, Tylney Hall 9/10 May 2003, S. 1.), mögen Bestandteil der Entscheidungsfindung eines Schiedsrichters sein - aber auch sie würden allein einer Versicherung der Parteien dienen, für die in Anbetracht der Existenz von GSt 1 und GSt 2(a) keine Notwendigkeit besteht.

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Schiedsrichter gegenüber den Schiedsparteien verpflichtet sieht1003: In einem solchen Fall soll

der Schiedsrichter seine Ernennung ablehnen bzw. zurücktreten. Es ist zweifelhaft, kann aber

letztlich dahinstehen, ob diese Forderung nur dann greift, wenn ein Fall der Zweifelsregelung

vorliegt (wofür die Positionierung der Erläuterung unter GSt 3(c) spricht), oder aber auch

immer dann, wenn ein Schiedsrichter aufgrund des Ergebnisses seiner Selbsteinschätzung zu

dem Schluss gekommen ist, den Parteien Tatsachen mitteilen zu müssen (wofür der Wortlaut

der Erläuterung spricht, der nahelegt, dass sich der Schiedsrichter zur Offenlegung

entschlossen hat - also gerade kein Zweifelsfall vorliegt). Jedenfalls scheint die Working

Group davon auszugehen, dass ein Schiedsrichter auf jeden Fall seine Tätigkeit in einem

Zweifelsfall nicht (mehr) ausüben sollte - indirekt deutet sie damit auch an, dass er erst gar

nicht (mehr) um eine Entbindung von seiner z.B. berufsrechtlichen Schweigepflicht ersuchen

sollte. Für dieses Verständnis könnte sprechen, dass Regelungen zur berufsrechtlichen

Verschwiegenheitspflicht national unterschiedlich ausgestaltet sind, sie teilweise zwingend,

teilweise über eine Zustimmung (z.B. eines anwaltlichen Mandanten) abdingbar sind1004. Für

die Abstandnahme von der Ausübung einer bzw. weiterer Schiedsrichterfunktion und gegen

das Einholen einer Entbindungserklärung eines Mandanten spricht vor allem die praktische

Schwierigkeit, eine solche Erklärung unter Wahrung der Verschwiegenheitspflicht gegenüber

den (potentiellen) Schiedsparteien zu erlangen; denn entsprechender Informationsbedarf

dürfte zweifelsohne bei demjenigen, der der Entbindung zustimmen soll, vorliegen1005.

c. GSt 3(b): Kein Ablehnungsautomatismus allein aufgrund Offenlegung

aa. Selbsteinschätzungsprärogative des Schiedsrichters

In Bestärkung und Ergänzung von GSt 1 und GSt 2(a) stellt die Working Group fest, dass die

Tatsache einer Offenlegung für sich allein kein Eingeständnis eines Interessenkonflikts ist.

Entscheidend ist vielmehr, dass die Offenlegung als Ende des Selbsteinschätzungsprozesses

1003 “If the arbitrator feels that he should disclose but that e.g. deontological rules prevent this he should not accept the appointment or resign.”, so Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 6; kritisch zum Begriff “deontological” IBA Email 13 March 2004, Hwang, S. 1 (woraufhin man auf “Guidelines” etc. umschwenkte, so Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 30th April, 2004). 1004 In Bezug auf Anwälte zwingend z.B. Article 5.7.1 Règlement intérieur de l´Ordre des Avocats à la Cour de Paris: „Confidentiality is general absolute and unlimited in time. It is of public interest. The lawyer cannot be released from this duty neither by his client nor by an authority.”; ebenso Hamelin/Damien, S. 403: „The role of a lawyer depends upon keeping everything that he learns under this title secret. This obligation is absolute.”; abdingbar hingegen z.B. nach deutschem Recht, Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO, § 1036 Rdn. 35; Lachmann, Hdb. Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 321; zur ähnlich gelagerten angelsächsischen Jurisdiktion s. Drinker, Legal Ethics, S. 133 m.w.N. 1005 In diesem Sinne auch Carita Wallgren, zitiert in IBA Notes, October 21, 2002, Durban Conference, S. 6: „There is a problem which arises between the duty of confidentiality to a client (e.g. professional ethics/bar association rules prohibit disclosure of the names of clients, past or present) and arbitral disclosure.“.

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eines Schiedsrichters mit dem Ergebnis verstanden wird, dass er sich in der Lage sieht, den

Streit unparteilich zu entscheiden. Wäre dem nicht so, hätte er die (weitere) Ausübung der

Schiedsrichterfunktion bereits abgelehnt1006. GSt 3(b) formuliert so eine

Selbsteinschätzungsprärogative des Schiedsrichters; erstmals diskutiert und ohne

grundlegende Änderung sogleich übernommen wurde diese Mitte 20031007.

GSt 3(b) ist Unterstützung, Forderung und Anspruch zugleich und stellt einen

Paradigmenwechsel in der Vermeidung und Lösung schiedsrichterlicher

Interessenverflechtungen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit dar: Er unterstützt den

Schiedsrichter dadurch, dass er einerseits dessen Fähigkeit vermutet, seine Unparteilichkeit in

bezug auf den Streitgegenstand und die Schiedsparteien beurteilen zu können bzw.

andererseits seine moralisch-ethische Reife vermutet, diese Beurteilung mit der vollen

Überzeugung seiner Unparteilichkeit abschließen und den Parteien und weiteren

Verfahrensbeteiligten mitteilen zu können; gleichzeitig fordert er diese Eigenschaften aber

auch ein und verdeutlicht so einmal mehr den moralisch-ethischen Anspruch der Guidelines,

die von Schiedsrichtern, Parteien und Interessenvertretern gleichermaßen eine faire

Verfahrensgestaltung erwarten. Gleiches gilt für die Schiedsparteien: Sie werden dazu

angehalten, einem Schiedsrichter ein Grundvertrauen in bezug auf seine Unparteilichkeit

entgegenzubringen. Dieser Umstand stellt den Paradigmenwechsel dar, weil er in einen

weniger justitiablen Bereich vordringt, indem er auf den Gedanken des Fair-Play und der

Vernunft setzt. Die offengelegten Informationen stehen zu ihrer Verfügung, sie können

abwägen und entscheiden, ob sie diesem Schiedsrichter ihren Streit (weiterhin) anvertrauen

wollen. Tun sie es, geschieht dies „sehenden Auges“.

Indirekt bestätigt und gerechtfertigt wird die Existenz von GSt 3(b), und nach Ansicht des

Verfassers damit zwingend auch die fehlende Existenzberechtigung für die Zweifelsregelung

in GSt 3(c), durch die Existenz der „non-waivable Red List“ und der „Green List“1008: Liegen

1006 So GSt 3(b): “It follows from General Standards 1 and 2(a) that an arbitrator who has made a disclosure considers himself or herself to be impartial and independent of the parties despite the disclosed facts and therefore capable of performing his or her duties as arbitrator. Otherwise, he or she would have declined the nomination or appointment at the outset or resigned.”; ergänzend dazu die Explanation to GSt 3(b). 1007 S. IBA Discussion Paper, Telephone Conference Call (11 July 2003), July 9, 2003, S. 2; IBA Notes, Conference Call, July 11, 2003, S. 2; die Endversion findet sich in der Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 7 und 11. 1008 So IBA List of Principles, 28th February 2003, S. 3: “…reduction of unnecessary disclosures by way of white list…”; ebenso IBA Memo, 12 March, 2003, Hwang, S. 2: “the white list is critical to avoid the evil of over-disclosure.”; ebenso IBA Notes, 12 March, 2003, S. 5: “It is recognised by several members that having a “good white list” is key in this discussion since this counterbalances the rule that in case of doubt the arbitrator should disclose.”.

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Anwendungsfälle der „non-waivable Red List“ i.V.m. GSt 2(d) bzw. solche der „Green List“

vor, braucht ein Schiedsrichter nicht mehr offenzulegen, da er sich selbst ablehnen muss bzw.

ohne jedes Risiko eine Schiedsrichterfunktion (wieder-)aufnehmen kann; es steht ihm

natürlich jeweils frei, die Parteien dennoch zu informieren.

bb. Vorschlag: Ihre Stärkung durch eine widerlegbare Unparteilichkeitsvermutung

Das erklärte Ziel der schiedsrichterlichen Selbsteinschätzungsprärogative ist es, den Akt der

Offenlegung nicht als Eingeständnis eines Interessenkonflikts zu sehen, sondern vielmehr als

Zeichen der Souveränität des Schiedsrichters, der sich seiner Unparteilichkeit in bezug auf die

Parteien und den Streitgegenstand sicher ist1009.

Die vorliegende Arbeit plädiert dafür, die Selbsteinschätzungsprärogative durch eine

Ergänzung des Wortlauts des GSt 3(b) im Wege einer widerlegbaren Vermutung zugunsten

der Unparteilichkeit des Schiedsrichters weiter zu stärken: Dadurch erreicht man, dass die

Unparteilichkeit eines Schiedsrichters so lange für den Verlauf des Schiedsverfahrens

Gültigkeit i.S. einer Vermutung hat, bis eine der Parteien die „realistische

Wahrscheinlichkeit“ bewiesen hat, dass er parteilich ist; insofern muss die

Unparteilichkeitsvermutung im Zusammenhang mit dem Prüfungsmaßstab für einen

erfolgreichen Ablehnungsantrag gesehen werden. Sollte diese Vermutung bereits dem

derzeitigen Wortlaut des GSt (evtl. in Verbindung mit weiteren General Standards) immanent

sein1010, so würde ein entsprechender ausdrücklicher Hinweis gleichwohl Sinn machen: Denn

so wird dem mit der vorliegenden Arbeit geforderten Grundvertrauen, das zwischen

streitschlichtungswilligen Parteien und Schiedsrichtern vermutet werden muss, weiter

Ausdruck verliehen.

d. Allgemeine Nachforschungs- und Informationspflicht, GSt 7

Über GSt 7 formuliert die Working Group eine allgemeine Nachforschungs- und

Informationspflicht zunächst für die Schiedsparteien und erst dann für den Schiedsrichter; er

wurde bereits frühzeitig Gegenstand ihrer Beratungen und trotz anfänglicher Kritik in die

verabschiedete Version der IBA Guidelines als General Standard übernommen1011.

1009 So die Explanation to GSt 3(b), S. 1 u. 2. 1010 Wovon nicht ausgegangen wird, weil der Impetus von GSt 3(b) ein anderer ist; vgl. dazu die Explanation to GSt 3(b) S. 1; ausgeschlossen werden kann das aber nicht. 1011 Zur Kritik s. IBA Discussion Paper for 4th Meeting (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 8, Fn. 16: “might be dangerous since it (d.h. der GSt, d. Verf.) might also be viewed as a provision which is intended to protect the arbitrators to the detriment of the parties.”; zur Entstehungsgeschichte allgemein vgl. 1st Draft Joint Report on

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aa. Parteien und Interessenvertreter in die Pflicht genommen, GSt 7 lit. (a) und lit. (b)

aaa. Tendenzielle Erstnachforschungs- und Informationstätigkeit durch die

Schiedspartei

Zu Beginn ihrer Arbeiten konzentrierte sich die Working Group auf eventuelle Pflichten der

Parteien, welche im Rahmen der Offenlegungspflicht eines Schiedsrichters zu berücksichtigen

sein sollten. Gemäß dem Ansatz der vorliegenden Arbeit nehmen Fragen der Offenlegung

ihren Ausgang bei den Schiedsparteien und sind erst dann als diesen und einem Schiedsrichter

aufzuerlegende Pflichten zu verstehen. So werden die Grundsätze der Parteiautonomie und

Fairness verwirklicht, weil man so die Verantwortlichkeiten für die Bewältigung von

Interessenverflechtungen richtig allokiert. Die Working Group ließ sich aufgrund

nachfolgender Überlegungen leiten:

„Although this is not an issue for arbitrators per se, the Working Group is of the

opinion that with regard to the question of how much disclosure the parties

themselves should make with respect to related persons/entities for the purposes

of disclosure by an arbitrator, an implied obligation of the parties should be

assumed to disclose to the potential arbitrator any relevant relation between the

arbitrator and the parties (Hervorhebung d. Verf.). It seems an unjustified burden

on the arbitrator to require him or her to undertake an enquiry beyond the names

of the parties provided to him or her and, perhaps any obvious, publicly known

realtionships between the parties and other entities.

Another point with regard to the participation of the parties in the disclosure

process refers to the ability of the parties to obtain easily accessible information

about the suggested arbitrator at the outset of the procedure.

The Working Group supports the approach that any party involved in an

arbitration process should have to make a minimum effort itself and disclose any

findings made in the research since it reduces the risk of using the challenge of an

arbitrator´s independence in order to make obstruction against the decision.”1012.

IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 19; ebenso die IBA Notes, Conference Call, 12 March, 2003, S. 2; erstmals in Form eines GSt formuliert durch das IBA Discussion Paper for 4th Meeting, May 5, 2003, S. 8, und den Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 13. 1012 So 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 19.

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Die Working Group stellt bereits mit diesen Überlegungen Grundsätze fest, die später die

endgültige Version ihres GSt 7 bestimmen:

(1) Das Verhältnis zwischen Parteien und Schiedsrichtern wird, bezogen auf

Tatsachen, die für die Beurteilung von Interessenkonflikten entscheidend sind,

durch den Gedanken der Gleichberechtigung und -verpflichtung bestimmt.

(2) Das ermöglicht es, von Parteien und Schiedsrichtern gleichermaßen ein

Mindestmaß an Bemühungen fordern zu können, solche Tatsachen aufzudecken;

jeder Beteiligte soll in seinem eigenen Umfeld tätig werden1013.

(3) Die Parteien müssen deshalb bereits mit den ihnen zur Verfügung stehenden

Mitteln („the ability of the parties“, s.o.) vor der Benennung klären, ob bzw. in

welcher Weise der prospektive Schiedsrichter mit ihnen oder dem

Streitgegenstand in Verbindung steht. Dazu gehört die Nutzung

unternehmensinterner wie auch -externer Informationsquellen.

(4) Diese Informationen ermöglichen es dann dem Schiedsrichter, seinerseits über

die ihm mit den Namen der Schiedsparteien ohnehin eröffnete

Nachforschungsmöglichkeit hinaus Verbindungen zum Streitgegenstand oder den

Parteien zu klären.

Tendenziell deuten diese frühen Überlegungen darauf hin, dass sich das anzuwendende

Anforderungsparameter nach der Frage richtet, wer am effektivsten in der Lage ist, die

benötigten Informationen zu beschaffen - und dass dies eindeutig zunächst und besonders

intensiv die Parteien sind, danach erst der Schiedsrichter. Dafür spricht auch der anfangs

vorgesehene Titel des General Standard, der „Pflichten der Parteien“ lauten sollte. Verstärkt

wird diese Tendenz dann durch die im weiteren Verlauf der Diskussion dieses General

Standards formulierte Pflicht, über jegliche indirekte und direkte Verbindung einer Partei oder

(anderen) Gesellschaft der eigenen Unternehmensgruppe mit einem Schiedsrichter zu

1013 Diese Formulierung kommt einer schiedsverfahrensrechtlichen “Schadensminderungspflicht” aller Verfahrensbeteiligten gleich.

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informieren1014. Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt auch die US-amerikanische

Entscheidung in U.P. Stevens & Co. Inc. (Rytex Corp.)1015.

bbb. Ausgestaltung und Umfang der Nachforschungs- und Informationstätigkeit

Der statuierte Umfang dieser schiedsparteilichen Nachforschungs- und Informationstätigkeit

ist erheblich: Jede direkte oder indirekte Verbindung („relationship“) zwischen Partei bzw.

einem Unternehmen der Unternehmensgruppe, zu der diese Partei gehört, und einem

Schiedsrichter soll aufgrund eigener, initiativer Nachforschung ermittelt und mitgeteilt

werden, GSt 7(a). Anleitend beschreibt GSt 7(b), dass solche (in-)direkten Verbindungen im

Wege bereits vorhandener Erkenntnisse und im Wege der Nutzung öffentlich zugänglicher

Informationsquellen insbesondere zu Beginn eines Verfahrens erfolgen soll. GSt 7(a) zielt

damit gerade nicht direkt auf die Bewältigung eines potentiellen Interessenkonflikts, sondern

(in-)direkte Verbindungen und damit die Offenlegung der Struktur und Funktionsweise der

Partei ab; er will so die breitest mögliche, in den Grenzen von GSt 7(b) näher bestimmte

Beurteilungsgrundlage schaffen. Damit verwirklicht die Working Group den unter aaa.

angesprochenen Impetus von GSt 7, denjenigen Verfahrensbeteiligten in die Pflicht zu

nehmen, der in der Lage ist, sie am effektivsten zu erfüllen1016.

Mag die Beschreibung der Vorgehensweise zur Informationsgewinnung auch einen ersten

Hinweis darauf geben, welchen Umfang diese schiedsparteiliche Pflicht hat - es bleiben doch

erhebliche Unschärfen ihres Umfangs und damit Rechtsunsicherheit. Die Working Group hat

sich jedoch bewusst einer weiteren Definition dieser Pflicht enthalten und diese

1014 So erstmals als GSt formuliert durch das IBA Discussion Paper for 4th Meeting (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 8: „(a) The Parties shall inform the potential arbitrator about any indirect or direct relations between them - or another company of the same group of companies - and the potential arbitrator. (b) In order to provide such relevant information, the parties shall use information already available to them and perform a reasonable research in publicly avaible information.”; s. auch den Verbesserungsvorschlag in den IBA Notes, 4th Meeting, May 9, 2003, London, S. 6: “…(to make) clear that such duty of the parties is in the interest of the arbitration.”; s. auch die Veränderungen im Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 8, Rdn. 15 (inkl. Fn. 15) u. S. 13; ebenso die Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 9 (die Überschrift spricht von “Information known to the Parties”) und S. 14; ebenso die Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 22, 2003, S. 9 u. S. 13; zuletzt auch der Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 11. 1015 34 N.Y.2d 123; 312 N.E.2d 466, 356 N.Y.S.2d 278 (1974): „a party to an arbitration may not sit idly back and rely exclusively upon the arbitrator´s disclosure.”; dem Ansatz der Working Group stimmte auch Klaus Sachs zu, IBA Email 26. Juni 2003, S. 1. 1016 Zu der Erfüllung dieser Pflicht (bezogen auf „direct relationships“) zählt der Conflict Check innerhalb des Unternehmens an sich und sämtlicher, zur selben Unternehmensgruppe gehörender Unternehmen (s. dazu Chester/Rowley/Mcmillan Binch/Harrison, Conflicts of Interest, Chinese Walls and the Changing Business of the Law, B.L.I. 2 (2000), 36-88); die Pflicht zur Kontrolle von „indirect relationships“ zielt theoretisch unbegrenzt weit (z.B. auf jeden erdenkbaren Beteiligungsgrad zwischen Unternehmen), findet jedoch in den Fallgestaltungen der „waivable Red List“ und „Orange List“ erste Anhaltspunkte und in der „Green List“ ihre Begrenzung bzw. Beschränkung.

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Rechtsunsicherheit bewusst in Kauf genommen, um sich auf die Formulierung eines

prinzipiellen, ausgestaltbaren Ansatzes zu beschränken. Es ist auf jeden Fall zu begrüßen,

dass sie so den Grundsatz schiedsparteilicher Beteiligung am Transparenzprozess in

internationalen Schiedsverfahren vorgedacht und eingeleitet hat. Auch ihre Entscheidung, die

Sichtweise eines vernünftigen, über die entscheidungserheblichen Tatsachen informierten

Dritten entscheiden zu lassen, ist gelungen, weil sie mit derjenigen im Rahmen eines

Ablehnungsantrags korrespondiert und so einen durchgängig einheitlichen Ansatz

formuliert1017.

bb. Schiedsrichter in die Pflicht genommen, GSt 7(c)

Die Einführung einer der Nachforschungs- und Informationspflicht der Parteien

vergleichbaren Pflicht für einen Schiedsrichter prüfte die Working Group erstmals Anfang

2004 . Sie nahm sich dadurch der Kritik an, der bis dahin nur die Parteien verpflichtende

Nachforschungs- und Informationsstandard könne sich zu deren Lasten auswirken .

1018

1019

aaa. „Aufnehmende“ Nachforschungs- und Informationstätigkeit durch Schiedsrichter

Kann man sich darum streiten, ob nicht bereits General Standards 1, 2 (a) und 3(b) logisch

zwingend implizit ist, dass ein Schiedsrichter seine Selbsteinschätzungsprärogative nur dann

vornehmen kann, wenn er selbst in gewissem Umfang nachforscht und informiert, so dass es

einer ausdrücklichen Statuierung einer solchen Pflicht über einen eigenen Standard nicht mehr

bedarf, hat sich die Working Group dennoch entschlossen, GSt 7(c) in die Guidelines

aufzunehmen1020.

Anders als GSt 7(a) zielt die Verpflichtung eines Schiedsrichters aus GSt 7(c) nicht

ausdrücklich auf (in-)direkte Verbindungen zu einer der Parteien, sondern auf die Prüfung

grundsätzlich aller Tatsachen, die geeignet sind, seine Unparteilichkeit in Frage zu stellen1021.

Während die Nachforschungspflicht in bezug auf „any facts or circumstances that may cause

1017 Und auch mit der im Rahmen des nachfolgend zu behandelnden Prüfungsmaßstabs für die Offenlegung in GSt 3(a). 1018 Erstmals (durch Hilmar Raeschke-Kessler) vorgeschlagen im Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 11f. 1019 Dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 452. 1020 Erstmals als GSt formuliert im 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 18.; GSt 7(c) lautet wie folgt: „An arbitrator is under a duty to make reasonable enquiries to investigate any potential conflict of interest, as well as any facts or circumstances that may cause his or her impartiality or independence to be questioned. Failure to disclose a potential conflict is not excused by lack of knowledge if the arbitrator makes no reasonable attempt to investigate.”. 1021 Vgl. den Wortlaut von GSt 7 lit. (a) und lit. (c); hingegen gehen die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 452, davon aus, dass „GSt 7(c) clarifies that the parties and the arbitrators share the obligation“.

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his impartiality to be questioned“ sehr weit gefasst ist, scheint diejenige in bezug auf „any

potential conflict of interest“ einem engeren Verständnis zu unterliegen - eher in dem Sinne,

dass als Ergebnis einer Nachforschungs- und Informationstätigkeit ein möglicher

Interessenkonflikt bereits vorliegt und deshalb über konkrete Nachforschungen geprüft

werden muss1022. Auch die Erläuterung zu GSt 7(c) geht von zwei unterschiedlichen

Prüfungsmaßstäben aus1023.

bbb. Ausgestaltung und Umfang der Nachforschungs- und Informationstätigkeit

Der von einem Schiedsrichter zu erfüllende Umfang der soeben beschriebenen

Nachforschungs- und Informationspflicht scheint uferlos weit zu sein; dafür sorgt der

Prüfungsmaßstab, nach dem „any facts or circumstances that may cause his impartiality to be

questioned“ (Hervorhebungen d. Verf.) offengelegt werden müssen. Mit dem ursprünglichen

Impetus von GSt 7 ist diese Formulierung nicht mehr vereinbar1024.

Nach Ansicht des Verfassers kann jedoch aus der Exculpationsklausel des GSt 7(c)1025 der

Schluss gezogen werden, dass ein Schiedsrichter seiner Pflicht aus lit. (c) Satz 1 dann

nachkommt, wenn er - auch aus Sicht eines über die entscheidungserheblichen Tatsachen

informierten Dritten - auf Grundlage der von den Schiedsparteien gelieferten Informationen

vernünftige Nachforschungsversuche unternimmt und diese trotzdem nicht zur Aufdeckung

eines Interessenkonflikts i.S. einer „realistic likelihood“ führen. Damit steht zwar fest, dass

die Nachforschungstätigkeit eines Schiedsrichters nicht zum Erfolg führen muß und zudem,

dass sie begrenzt sein muss; diese Einsicht ist jedoch im Angesicht der anfangs geäußerten

Ansicht, lediglich die Namen der Schiedsparteien und mit ihnen verbundene Unternehmen

sollten Gegenstand schiedsrichterlicher Nachforschung sein, praktisch nichts wert. Mit der

nachträglichen Einfügung von GSt 7(c) läßt die Working Group deshalb die sehr zu

1022 In diesem Sinne wohl auch Gaillard, IBA Email, 11. Februar 2004, S. 1, der die Pflicht des Schiedsrichters auf die Prüfung von potentiellen Interessenkonflikten beschränken möchte, weil er die Pflicht, jeglichen erdenklichen Umstand zu offenbaren, für zu weitgehend hält: „this requires the arbitrator to consider the subjective position of the parties.“. 1023 S. die Erläuterung zu GSt 7(c): “… to make similar enquiries and to disclose …”. 1024 S. dazu oben d., aa., aaa.: „It seems an unjustified burden on the arbitrator to require him or her to undertake an enquiry beyond the names of the parties provided to him or her and, perhaps any obvious, publicly known relationships between the parties and other entities.“, so 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 19; kritisch auch Gaillard, IBA Email 11. Februar 2004, S. 1; ähnlich auch Wiwen-Nilsson, IBA Email 19. Februar 2004, S. 1, der den Grund dieser Fassung des GSt 7(c) als Ausfluss des (nachfolgend noch zu analysierenden) subjektiven Prüfungsmaßstabs hält, für den sich die Working Group in GSt 7(a) entschieden hat. 1025 Umkehrschluss aus GSt 7(c) Satz 2: “Failure to disclose a potential conflict is not excused by lack of knowledge if the arbitrator makes no reasonable attempt to investigate.”.

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begrüßende Grundidee der verantwortlichen Einbeziehung der Schiedsparteien in den

Offenlegungsprozess1026 letztlich leer laufen.

e. Geltung für jeden Verfahrensabschnitt gleichermaßen, GSt 3(d)

International wird die Frage unterschiedlich gehandhabt, ob ein Schiedsrichter die Beurteilung

der Frage, ob er offenlegt, von Verfahrensstand oder -dauer abhängig machen, zumindest aber

beides berücksichtigen soll1027. Die Working Group hat in diesem Punkt deutlich Stellung

bezogen und verlangt von jedem Schiedsrichter, sich ausschließlich von den Tatsachen leiten

zu lassen, die es gegebenenfalls offenzulegen gilt1028. Sie widerspricht damit dem

insbesondere bei internationalen Schiedsverfahren unter den ICC Arbitration Rules zu

beobachtenden Ansatz, aus praktischen und verfahrensökonomischen Erwägungen heraus ein

frühes bzw. späteres Verfahrensstadium entscheidend zu berücksichtigen1029.

Die Working Group hat diese Frage im Zusammenhang mit der Problematik unterschiedlicher

Anforderungen an die schiedsrichterliche Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit im Verlauf

der verschiedenen Stadien eines Schiedsverfahrens behandelt; sie ist der Ansicht, dass nur die

streitigen Tatsachen des Falles und keine anderen Erwägungen zu berücksichtigen sind1030.

Bemerkenswert ist dabei, dass die Working Group zuvor in die Erläuterungen des General

Standard folgenden Zusatz aufgenommen hatte, der ihrer späteren Entscheidung diametral

entgegenstand: „An arbitrator who refuses to continue to act after the arbitral procedure has

commenced, because he doubts his ability to be independent and impartial, must carefully

consider the impact that this will have on the parties.”. Zwar strich sie diesen Zusatz Mitte

1026 So ausdrücklich lobend Winstanley, 4 LCIA News 4 (December 2002), 23, 26 (“particulary innovative”, “constructive and useful proposal”). 1027 Die schiedsparteiliche Offenlegung, insbesondere zu Beginn des Verfahrens, behandelt GSt 7(c), s.o. 1028 GSt 3(d) lautet wie folgt: “When considering whether or not facts or circumstances exist that should be disclosed, the arbitrator shall not take into account whether the arbitration proceeding is at the beginning or at a later stage.”. 1029 Ein solcher verfahrensökonomischer Ansatz berücksichtigt bereits ausgelöste Kosten und eine zunehmende Verfahrensdauer (dafür z.B. Hwang, IBA Memo, 12 March, 2003, S. 2, Rdn. 6.2: „By that (late, d. Verf.) stage there are other considerations involved of expense and time wasted, so the conflict must be of a manifest kind at that stage to justify disqualification.“; zur entsprechenden Praxis der ICC s. Whitesell, in: ASA Special Series No. 18, S. 57, 59f.; ebenso die Notes, 2nd Meeting, May 14 2002, London, S. 2, Rdn. 6; allgemein dazu die Explanation to GSt 3(d), Sätze 3 und 4; ebenso IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 449. 1030 Ausdrücklich hatte sich die Working Group im 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 18, hiermit noch nicht beschäftigt (allerdings sei man implizit davon ausgegangen, eine solche Differenzierung nicht vorzunehmen, so die IBA List of Principle Points, 28th February 2003, S. 3f., Rdn. 6.2); entschieden Anfang 2003 (Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 3), formulierte sie dann erstmals Mitte 2003 als GSt (IBA Discussion Paper for 4th Meeting (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 5) und kurz darauf in der später beschlossen endgültigen Version (Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 11).

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2004 endgültig und nahm stattdessen auch keine weiteren ähnlichen Regelungen auf1031.

Dennoch zeigt dieser Vorgang, wie hin- und hergerissen die Working Group in ihren

Entscheidungsprozessen zuweilen gewesen ist.

Begrüßenswert ist ihre schlussendliche Standhaftigkeit allemal; denn so dokumentiert sie ihre

Entschiedenheit, ein Schiedsverfahren auf Grundlage von entscheidungserheblichen

Tatsachen zu entscheiden. Abgesichert werden sollte dieser richtige Ansatz allerdings durch

den mit dieser Arbeit vertretenen strengeren Prüfungsstandard für ein erfolgreiches

Ablehnungsverfahren i.S. einer „realistischen Wahrscheinlichkeit“; gleiches wird nun in

bezug auf den Prüfungsmaßstab für die schiedsrichterliche Offenlegung zu zeigen sein.

7. Insbesondere: Offener, subjektiver Prüfungsmaßstab des General Standard 3(a)

Nach Ansicht der Working Group soll ein Schiedsrichter Tatsachen, die aus der Perspektive

der Parteien zu „Zweifeln“ an der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit

führen könnten, unverzüglich den übrigen Verfahrensbeteiligten mitteilen1032. Mit diesem

Ansatz weicht die Working Group bewusst von dem Prüfungsmaßstab des Art. 12(1) ML ab,

den die überwiegende Anzahl der beteiligten Jurisdiktionen rezipiert hat.

a. Prüfungsmaßstab des GSt 3(a)

Die Entscheidung für diesen Prüfungsmaßstab fiel innerhalb der Working Group erst nach

wechselhaften Diskussionen (u.a. auf der IBA Conference in San Francisco) und in der Folge

wechselnder Entschlüsse1033. Von Beginn der Arbeiten an der Formulierung für einen

Offenlegungsstandard an sah die Working Group zu Recht die Notwendigkeit gegeben,

1031 Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 12; Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 30th April, 2004, S. 9. 1032 GSt 3(a) lautet wie folgt: „If facts or circumstances exist that may, in the eyes of the parties, give rise to doubts as to the arbitrator´s impartiality or independence, the arbitrator shall disclose such facts or circumstances to the parties, the arbitration institution or other appointing authority (if any, and if so required by the applicable institutional rules) and to the co-arbitrators, if any prior to accepting his or her appointment or, if thereafter, as soon as he or she learns about them.“. 1033 Allgemein dazu die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 448-450; s. zur Entstehungsgeschichte im Detail 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 16 (in Übereinstimmung mit Art. 12(1) ML für einen objektiven Maßstab); (später davon abweichend für subjektiven Maßstab:) Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 6, Fn. 9, und S. 10 inkl. Fn. 21, sowie Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 6 u. S. 10f. sowie Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 22, 2003, S. 6 und S. 10f.; (danach unter Beibehaltung des subjektiven Maßstabs eine vermittelnde Lösung über die „Green List“:) Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 4, und 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 9f., sowie Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 30th April, 2004, S. 6-8, als auch Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 15th May, 2004, S. 6-8 (die drei letztgenannten Entwürfe forderten dann - in Übereinstimmung mit der letztlich verabschiedeten Version - erstmals die Berücksichtigung der kulturellen Vielfalt und Gebräuche der Herkunftsländer der Parteien).

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zwischen den Instrumenten der Offenlegung und Ablehnung deutlich zu differenzieren. Im

Ergebnis führte das in Übereinstimmung mit Art. 12 ML und sämtlichen beteiligten

Jurisdiktionen leider dazu, sich gegen den Gleichlauf der jeweiligen Prüfungsmaßstäbe zu

entscheiden. Herausgekommen ist Folgendes:

aa. „in the eyes of the parties“

Entgegen der objektiven Sichtweise eines vernünftigen, über die entscheidungserheblichen

Umstände informierten Dritten, welche bei der Beurteilung eines Ablehnungsantrags nach

GSt 2 lit. (b) i.V.m. lit. (c) Anwendung findet, soll nach GSt 3(a) ein Schiedsrichter die Frage

der Offenlegung aus der Sicht der Schiedsparteien („in the eyes of the parties“) beurteilen1034.

Diesen Schulterschluss mit Art. 7(2) ICC Arbitration Rules begründet die Working Group mit

der rechtspolitischen Notwendigkeit, einen Prüfungsmaßstab zu verwenden, der dem der

führenden institutionellen Schiedsorganisationen entspricht und der es den Parteien

ermöglicht, zu Beginn des Verfahrens, und nicht erst später, zu entscheiden, ob sie von einem

solchen Schiedsrichter begleitet werden wollen1035. Die Funktionsweise dieser subjektiven

Perspektive beschreibt die Working Group dergestalt, dass ein Schiedsrichter sämtliche ihm

bekannten Tatsachen des konkreten Verfahrens berücksichtigen soll; dazu zählt sie auch,

soweit bekannt, das sozio-kulturelle Umfeld der Parteien1036.

bb. „Green List“ als Schranke dieser subjektiven Perspektive

Im Gegensatz zu Art. 7(2) ICC Arbitration Rules versucht die Working Group den mit dieser

subjektiven Sichtweise zunächst uferlos ausgestalteten Maßstab aber dadurch zu

konkretisieren, dass sie ihm die per definitionem von jeder Offenlegung ausgenommenen

1034 Vgl. die diametral entgegengesetzten Formulierungen in GSt 2(b) (“facts that, from a reasonable third person´s view having knowledge of the relevant facts, give rise to justifiable doubts“) und GSt 3(a) (“facts that may, in the eyes of the parties, give rise to doubts”) (Hervorhebungen d. Verf.). 1035 Ausdrücklich so die Explanation to GSt 3(a): „the Working Group recognizes that the parties have an interest in being fully informed about any circumstances that may be relevant in their view.”; ebenso IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 448 u. 450; vgl. auch ICC Germany, in: IBA Memo, 6. Dezember 2002, Raeschke-Kessler, S. 4, Rdn. 4: „It was felt that the standard of the duty to disclose is not identical with the standard necessary for a successful challenge of an arbitrator. The duty to disclose should satisfy the subjective eyes of the parties prior to the beginning of an arbitration whether they wish to have such person serve as an arbitrator.”. 1036 S. die Explanation to GSt 3(a), letzter Satz: „In determining what facts should be disclosed, an arbitrator should take into account all circumstances known to him or her, including to the extent known the culture and the customs of the country of which the parties are domiciled or nationals.”; den Umfang der Offenlegungspflicht erstmals näher erläuternd der 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 10 (s. dort auch den später gestrichenen weiteren Zusatz “…should be disclosed…as well as the expectations of the parties based on such culture and customs.”).

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Anwendungsbeispiele der „Green List“ entgegenstellt: Dies geböten Vernunfterwägungen,

weil zuweilen eine objektive der reinen subjektiven Perspektive vorzuziehen sei1037.

cc. „facts that may give rise to doubts“

Verlangt die Working Group einerseits für einen erfolgreichen Ablehnungsantrag das

Vorliegen von Tatsachen, die „berechtigte Zweifel“ an der schiedsrichterlichen

Unparteilichkeit wecken, sieht sie andererseits die Pflicht zur Offenlegung bereits dadurch

ausgelöst, dass solche Tatsachen Zweifel wecken könnten1038. Der Kreis der die

Offenlegungspflicht auslösenden Tatsachen ist also bewusst weiter als derjenige gewählt, der

einen erfolgreichen Ablehnungsantrag auslöst1039. Die ICC Germany hat diesen Ansatz wie

folgt verteidigt: „It was felt that the standard of the duty to disclose is not identical with the

standard necessary for a successful challenge of an arbitrator. The duty to disclose should

satisfy the subjective eyes of the parties prior to the beginning of an arbitration whether they

wish to have such person serve as an arbitrator.”1040.

dd. Kritische Stellungnahme

Mit ihrer Entscheidung, die schiedsrichterliche Offenlegungspflicht in einen subjektiven

Prüfungsmaßstab zu kleiden, hat die Working Group einen Irrweg beschritten. Die Durchsicht

der Arbeitsmaterialien verrät, wie sehr sie zwischen dem Gleichschritt mit Art. 7(2) ICC

Arbitration Rules einerseits und dem Gleichklang mit ihrem eigenen Maßstab für eine

Ablehnung in GSt 2 lit. (b) und lit. (c) hin- und hergerissen war. Letztlich haben

rechtspolitische Erwägungen den Ausschlag gegeben: Die Working Group sieht die

Möglichkeit der umfangreichen Akzeptanz ihrer Guidelines eher über die ICC und ihre 1037 Den Umfang beschränkt dergestalt erstmals der Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 4: “However, the Working Group felt that this principle should not be applied for the full 100%. If one applies an objective test for disqualification, after disclosure, the Working Group recognizes that there are disclosures which should never entail a disqualification. For such situations, and in order to prevent overdisclosure, no disclosure needs to be made, in the opinion of the Working Group. This will be reflected in the Green List.”; zur Funktionsweise der Green List vgl. IBA Guidelines, Part II, No. 6. 1038 Die Auslassung des ursprünglich verwendeten Wortes “justifiable” beschlossen die IBA Notes, 4th Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 9: „it is decided that the word „justifiable“ will be deleted so as to avoid any link to the definition of an existing conflict of interest as defined in GSt 1(a) (= der spätere GSt 2(a), d. Verf.); erläuternd auch Fn. 23 im Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 10. 1039 So auch IBA List of Principle Points, 28th February 2003, S. 4 (“a lesser Standard might be appropriate for the disclosure”); zur internen Diskussion um die passende Wortwahl “likely” oder “may” s.: 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 22 (“that are likely to give rise to”); IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 4 („likely“ is the clearer term because „may“ causes the arbitrator to have to speculate“); Discussion Paper for Telephone Conference Call (11 July 2003), July 9, 2003, S. 4 (“might be thought to give rise to”); die Entscheidung für den Standard “may” dann in den IBA Notes, 4 Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 9 (“in addition, it is decided to substitute ´are likely to give´ … with ´may give …´).

th

1040 Zitiert in: IBA Memo, 6. Dezember 2002, Raeschke-Kessler, S. 4, Rdn. 4.

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Arbitration Rules gewährleistet als über eine selbständige Lösung unter dem Banner der IBA.

Dies geht zu Lasten eines klaren, einheitlichen Maßstabs für die Ablehnungs- und

Offenlegungsmechanismen gleichermaßen.

Vorteilhaft wird sich ihre Entscheidung sicherlich dergestalt auswirken, dass über die

Akzeptanz durch die ICC deren umfangreiche Erfahrung, auch i.S. bislang ergangener

Entscheidungen, nutzbar gemacht werden kann. Allerdings leistet eine subjektive Perspektive

der Verwirklichung der Parteiautonomie nur vordergründig Vorschub: Denn die bereits im 2.

Teil analysierte Koexistenz zwischen Parteiautonomie und Fairness führt dazu, dass jeder

Schiedsrichter der Vorstellung der Schiedsparteien zwingend entspricht, solange er nur

unparteilich ist. Ein subjektiver Maßstab birgt die Gefahr, suggeriert vielleicht sogar, es sei

notwendig, dass die Parteien einen Schiedsrichter auch aus anderen Gründen als mangelnder

Unparteilichkeit sollen ablehnen können. Dies ist nach der hier vertretenen Auffassung nicht

der Fall. Insbesondere ist jenem Ansatz auch die Gefahr immanent, dass eine Partei

unberechtigterweise seines Missbrauchs verdächtigt wird. Die im Übrigen nicht weiter

begründete Annahme der Working Group, dass die Parteien ein Interesse daran haben, zu

Beginn des Verfahrens vollständig über jeden Umstand informiert zu sein, der ihrer Ansicht

nach relevant sein könnte, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar1041. Wie bereits im 2. Teil

behandelt, definiert sich die Parteiautonomie nicht darüber, dass die Parteien „ihr“ Recht

verwirklicht sehen, sondern dass Recht geschieht und sie sich weiter in die Augen sehen

können. Die Gefahr haben wohl auch mit Ausnahme der ICC die übrigen bedeutenden

institutionellen Schiedsorganisationen erkannt, sehen sie doch sämtlich einen objektiven

Prüfungsmaßstab vor1042.

Problematisch ist auch die nähere Ausgestaltung der durch den Schiedsrichter

vorzunehmenden Offenlegungsprüfung durch die Erläuterung zu GSt 3(a)1043: Welchen

weiteren Erkenntniswert erlangt man durch die Einbeziehung des sozio-kulturellen Umfelds

einer Partei, der die Prüfung der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit fördern könnte? Läuft

man nicht Gefahr, auf diesem Wege andere Erwägungen als die der Unparteilichkeit zum 1041 So die Explanation to GSt 3(a): “Nevertheless, the Working Group recognizes that the parties have an interest in being fully informed about any circumstances that may be relevant in their view.”. 1042 S. die Arbitration Rules: UNCITRAL, AAA, CIETAC, JCAA, DIS, LCIA, SCC, WIPO oder ZCC; vgl. auch die IBA Notes, 4 Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 5: “the LCIA appeared to have moved towards an objective test, taking out the language “eyes of the parties” from its own standard. … In view of the newest development within the LCIA, there was agreement to come back to an objective standard.”.

th

Explanation to GSt 3(a): “In determining what facts should be disclosed, an arbitrator should take into account all circumstances known to him or her, including to the extent known the culture and the customs of the country of which the parties are domiciled or nationals.”.

1043

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Maßstab der Offenlegung zu machen? Ist es nicht gerade der grundsätzliche Impetus der IBA

Guidelines, einen weltweit anwendbaren Verhaltensmaßstab schiedsrichterlichen und -

parteilichen Wohlverhaltens zu etablieren? Nationalgefärbte, sozio-kulturelle Erwägungen

können hier keine Berücksichtigung finden. Die Schiedsparteien sollen sich ja gerade bewusst

sein, dass sie einen internationalen Streitlösungsmechanismus nutzen.

Die Working Group sieht in der Offenlegung zu Recht eine potentiell vorbereitende

Maßnahme für einen Ablehnungsantrag; es ist aber nicht nachvollziehbar, weshalb eine

solche vorbereitende Maßnahme einem weiteren bzw. offeneren, weil niedrigeren

Schwellenwert fordernden Prüfungsmaßstab unterliegen soll, wenn sich der

Ablehnungsantrag selbst letztendlich doch an einem vergleichsweise strengeren, weil einen

höheren Schwellenwert fordernden Prüfungsmaßstab messen lassen muss1044. Sollte man dem

Ansatz der Working Group dennoch folgen, bleibt zu klären, welche Bedeutung der

Formulierung „to the extent known“ zukommt - bestimmt sich dieser Umfang danach, was in

bezug auf ein konkretes sozio-kulturelles Umfeld allgemeines Kenntnisgut ist oder danach,

was ein Schiedsrichter ohne bzw. erst über weitere Nachforschungen weiß? Zum Schutz der

Unparteilichkeit und damit der Funktionsweise des Schiedsverfahrens kann die von der IBA

Working Group bevorzugte subjektive Perspektive also nichts beitragen.

ee. Vorschlag: Objektiver Prüfungsmaßstab einer „realistic likelihood“

Hingegen ermöglicht die diametral entgegengesetzte objektive Sichtweise den Gleichschritt

mit dem hier vertretenen Ablehnungsstandard: So gelangt man zu einer systematisch

logischen und klaren Struktur der Beurteilungsmechanismen für Interessenkonflikte. Von

einem solchen Ansatz würde auch die Signalwirkung der IBA Guidelines als autarkes

Regelungswerk ungleich deutlicher profitieren, als ihr dies über einen subjektiven Maßstab

möglich ist: Läßt man die Offenlegungspflicht eines Schiedsrichters erst dann einsetzen, wenn

aus Sicht eines mit den entscheidungserheblichen Umständen vertrauten und vernünftigen

Dritten die realistische Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass ein die schiedsrichterliche

Unparteilichkeit beeinträchtigender Interessenkonflikt vorliegt, verwirklicht man die

1044 Diesen Widerspruch legt die Working Group in ihrer einleitenden Erläuterung in den IBA Guidelines, Part II, Rdn. 4, selber offen: „The purpose of the disclosure is to inform the parties of a situation that they may wish to explore further in order to determine whether objectively there is a justifiable doubt as to the arbitrator´s impartiality.”.

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Koexistenz von Parteiautonomie und Fairness, ohne dabei Abstriche in bezug auf diese

Unparteilichkeit machen zu müssen1045.

b. GSt 3(a) und die „Orange List“

Ihrem Impetus folgend, dass das Instrument der Offenlegung mit den Anwendungslisten

verbunden werden muss, um die General Standards praktikabler zu gestalten, verknüpft die

Working Group GSt 3(a) mit den Anwendungsbeispielen der „Orange List“1046. Nicht

verwirklichen konnte sie ihren Vorsatz, die „Orange List“ im Vergleich zur „Green“ und

„(non-)waivable Red List“ so wenig umfangreich wie möglich zu gestalten - sie ist die bei

weitem umfangreichste Liste geworden1047. Das spricht aber nicht per se gegen sie, zeigt

vielmehr die Vielfalt der Situationen, die zwischen offensichtlich problematischen („(non-

)waivable Red List“) und unproblematischen („Green List“) Fallgestaltungen liegen können.

Gleich in ihrem 1. Entwurf stellte die Working Group deshalb klar: „In situations falling

within the Grey List (die spätere „Orange List“, d. Verf.) the arbitrator has a duty to disclose

the conflict. Other than in the Black List (d.h. die spätere “non-waivable Red List”, d. Verf.),

where direct relationship between the arbitrator and the parties or the matter in dispute are at

stake, we are here confronted with the indirect nexus that more and more frequently arises

because of the globalisation of clients as well as the legal market.”1048.

Über die „Orange List“ ist GSt 3(a) indirekt auch mit der „Green List“ verbunden1049: Die

Working Group geht davon aus, dass bestimmte Situationen der „Orange List“ nach dem

Verstreichen einer dreijährigen Frist nicht mehr dazu geeignet sind, einen potentiellen

1045

S. zu der Entscheidung, die Listen mit dem Mechanismus der Offenlegung zu verbinden, die IBA Notes, Conference Call, July 1, 2002, S. 3: „As a working assumption, the lists and the disclosure are linked as follows: grey (später „orange“, d. Verf.) list: appearance of conflict: disclosure must be made; parties can consent (i.e. cure the potential conflict).“; in der einleitenden Kommentierung zur “Orange List” scheint sich ein (redaktioneller) Fehler eingeschlichen zu haben - dort wird noch vom Prüfungsmaßstab der „justifiable doubts“ gesprochen, obgleich GSt 3(a) selbst nur das Vorliegen von „doubts“ verlangt (s. dazu auch die IBA Notes, 4th Meeting, May 9 and 10, 2003, Tylney Hall, S. 9, letzter Absatz); allgemein zur „Orange List“ die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 454.

Ein ähnlicher Vorschlag (d.h. eine objektive Perspektive, verbunden jedoch mit einem niedrigeren Schwellenwert für das Einsetzen der Offenlegungspflicht) klang innerhalb der Working Group in IBA Topics, Tylney Hall, 9/10 May 2003, S. 1, an, wurde aber nicht weiterverfolgt; letztlich ablehnend aber IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 454. 1046

Zu diesem, im frühen Stadium der Arbeiten geäußerten Vorsatz s. die IBA Notes, Conference Call, July 1, 2002, S. 3. 1047

1 Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 26; vgl. auch Memo, 12 March 2003, Hwang, S. 2, der die Notwendigkeit einer „Black List“ und „Grey List“ bestärkt; vgl. Kühn zur grundsätzlichen Problematik der “Orange List”: “The grey list will be very difficult to settle and will definitely have an impact.”, zitiert in: IBA Notes, October 21, 2002, Durban Conference, S. 6.

1048 st

1049 Die oben bereits als Beschränkung des GSt 3(a) untersucht worden ist.

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- 247 -

Interessenkonflikt hervorzurufen1050; nach Ablauf dieser - hart diskutierten - Zeitspanne sind

diese Situationen stillschweigend solche der „Green List“.

8. General Standard 4 lit. (a), lit. (b) und lit. (c): Präklusion bzw. Verzicht

Im Folgenden werden die Überlegungen der Working Group zu Fragen der Möglichkeit und

des Umfangs von Präklusion bzw. Verzicht in bezug auf das schiedsrichterliche

Unparteilichkeitserfordernis untersucht. Nachfolgend wird sodann unter 9. das

Sonderproblem von Vermittlungsbemühungen in internationalen Schiedsverfahren i.S. einer

„Mediation/Arbitration“ („Med/Arb“) - Situation unter GSt 4(d) analysiert.

a. Sinn und Zweck von GSt 4(a), (b) und (c)

Die Working Group anerkennt den Grundsatz der autonomen Verfahrensgestaltungsfreiheit

der Schiedsparteien und in der Folge auch die Möglichkeit der Präkludierung

schiedsparteilichen Vortrags (dazu GSt 4(a)) bzw. des ausdrücklichen schiedsparteilichen

Verzichts (dazu GSt 4(c)) - allerdings jeweils nur im Zusammenhang mit und im Falle

vorheriger Offenlegung in einem Umfang, der demjenigen der bereits untersuchten GSt 3

i.V.m. GSt 7 entspricht. Sie sieht die Mechanismen von Präklusion und Verzicht nicht

schrankenlos, sondern vielmehr durch das unabdingbare Verbot begrenzt, in eigener Sache zu

richten (dazu GSt 4(b) i.V.m. GSt 2(d)). Die begriffliche Unterscheidung der Working Group

zwischen Präklusion (d.h. „the party is deemed to have waived ...“, so GSt 4(a)) als Folge

eines Fristablaufs einerseits und Verzicht (d.h. „expressly agree ...“, so GSt 4(c)) als Folge

einer ausdrücklichen, unter allgemeinem Kenntnisvorbehalt stehenden Vereinbarung, war

bereits im 1. und 2. Teil dieser Arbeit übernommen worden; sie wird auch nachfolgend

beibehalten, weil sie dem international anerkannten Sprachgebrauch entspricht.

b. Unabdingbare Schranke: GSt 4(b) i.V.m. GSt 2(d)

Nach GSt 4(b) sind sowohl Präklusion als auch die ausdrückliche Vereinbarung der Parteien,

ihren Streit durch einen Schiedsrichter trotz Vorliegens einer Fallgestaltung des GSt 2(d) oder

der „non-waivable Red List“ entscheiden zu lassen, endgültig unwirksam; das ist unabhängig

vom Kenntnisstand der Parteien und also auch unabhängig von jeglicher Offenlegung1051.

1050 “Orange List”, Ziffern 3.1 / 3.3.3 / 3.3.7 / 3.4.2 und 3.4.4; dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 455: „in order to indicate that some potential conflicts would recede with the passage of time.“. 1051 GSt 4(b) lautet wie folgt: “However, if facts or circumstances exist as described in GSt 2(d), any waiver by a party or any agreement by the parties to have such a person serve as arbitrator shall be regarded as invalid.”; s. auch IBA Guidelines, Part II, Rdn. 2: “The non-waivable Red List includes situations deriving from the

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Dadurch werden „vergessliche“ bzw. bewusst handelnde Schiedsparteien in dem Sinne

gleichgestellt, dass das (un-)bewusste Verstreichenlassen der 30 Tage-Frist im Rahmen von

GSt 4(a) der bewusst vereinbarten Tätigkeit eines parteilichen Schiedsrichters gleichkommt.

Die Existenz und Systematik der mit Fragen der Reichweite von Präklusion und Verzicht

beschäftigten GSt 4(b) und GSt 2(d) ist das Ergebnis einer intensiv geführten

Auseinandersetzung innerhalb der Working Group und der internationalen

Schiedsgemeinschaft an sich1052.

c. Verzicht, GSt 4(c)

Über die Fälle des GSt 2(d) i.V.m. der „non-waivable Red List“ hinaus geht die Working

Group davon aus, dass ein Schiedsrichter auch in Fallgestaltungen der „waivable Red List“

grundsätzlich nicht tätig werden soll1053. Anders als in Fällen der „non-waivable Red List“

gibt die Working Group hier jedoch letztendlich der Parteiautonomie den Vorrang vor ihrem

eigentlichen Impetus, nur unparteiliche bzw. unabhängige Schiedsrichter entscheiden zu

lassen; sie anerkennt das Bedürfnis einiger Schiedsparteien, jemanden auch dann die

Schiedsrichterfunktion ausüben zu lassen, wenn ein Interessenkonflikt der Kategorie der

„waivable Red List“ vorliegt1054: Die dort beispielhaft aufgeführten Interessenverflechtungen

sind also einer abweichenden Parteivereinbarung zugänglich. Indirekt führt eine solche

Vereinbarung dann aber auch dazu, dass die Parteien gleichzeitig darauf verzichten, einen

Ablehnungs- oder Aufhebungsantrag zu stellen1055. Um Schiedsparteien zu diesem Vorgehen

nicht zu ermutigen und so den Ausnahmecharakter von GSt 4(c) Satz 2 zu unterstreichen,

overriding principle that no person can be his or her own judge. Therefore, disclosure of such a situation cannot cure the conflict.”. 1052 Einführend hierzu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 451 u. 453; es ist sozusagen das Kernproblem bei der Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte. 1053 GSt 4(c) lautet wie folgt: “A person should not serve as an arbitrator when a conflict of interest, such as those exemplified in the waivable Red List, exists. Nevertheless, such a person may accept appointment as arbitrator or continues to act as an arbitrator, if the following conditions are met: (i) All parties, all arbitrators and the arbitration institution or other appointing authority (if any) must have full knowldege of the conflict of interest; and (ii) All parties must expressly agree that such person may serve as arbitrator despite the conflict of interest.”; s. auch IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 454 (“might be waived in exceptional circumstances”). 1054 Vgl. die Explanation to GSt 4(c): “In a serious conflict of interest … the parties may nevertheless wish to use such a person as an arbitrator. Here, party autonomy and the desire to have only impartial and independent arbitrators must be balanced.”; s. auch IBA Memo, 26 March 2003, Raeschke-Kessler/Jones, S. 4: “We held that the concept that parties could in no case waive blacklist situations flies in the face of the principle of party autonomy. … The waiver is considered to be an exception rather than a regular solution to black list items.”. 1055 Der Zusammenhang zwischen Vereinbarung, Akzeptanz und Verzicht wird besonders dadurch deutlich, dass der GSt 4(c)zunächst mit “Acceptance by the parties“ überschrieben war (1 Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 22), dann mit „Acceptance (waiver) by the parties“ (Draft Report of the 2 Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 11) und in der Endversion mit „Waiver by the parties“.

st

nd

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- 249 -

knüpft die Working Group die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung an die Erfüllung

folgender, kumulativ zu erfüllender Bedingungen1056:

(1) Die beteiligten Parteien, Schiedsrichter und institutionellen

Schiedsorganisationen bzw. Ernennungsorgane (z.B. der Secretary-General des

Permanent Court of Arbitration (PCA), The Hague) müssen über die

Hintergründe des Verzichts und Interessenkonflikts vollständig informiert

sein1057.

(2) Die Schiedsparteien müssen ausdrücklich übereinstimmen, dass der

Schiedsrichter trotz dieses Interessenkonflikts seine Schiedsrichtertätigkeit

aufnehmen bzw. weiterführen soll.

Die Working Group selbst stellt für keine der Voraussetzungen unter (1) und (2) ein spezielles

Formerfordernis auf; das bleibt den jeweiligen Nutzern der IBA Guidelines überlassen1058.

d. Kritische Stellungnahme zu GSt 4 lit. (b) und lit. (c)

Sowohl GSt 4 lit. (b) als auch lit. (c) sprechen sich deutlich dagegen aus, jemanden in

schiedsrichterlicher Funktion tätig werden zu lassen, der in den Bereich der Fallgestaltungen

einer der beiden „Red Lists“ fällt. Die Working Group schließt also die vollständige,

schrankenlose Geltung der Parteiautonomie in internationalen Schiedsverfahren deutlich

aus1059. Eine solche schrankenlose Parteiautonomie i.S. einer „entfesselten“ Autonomie der

Schiedsparteien, sich ihr Verfahren nach Gutdünken zu gestalten und die Gegenseite mit allen

denkbaren Mitteln zu bekämpfen, wird auch nicht mit der vorliegenden Arbeit vertreten. Nur

möchte der Verfasser es den Parteien ermöglichen, ihren Streit auch dann von einem

Schiedsrichter entscheiden zu lassen, wenn seine Position gegenüber dem Streitgegenstand

1056 Dazu IBA Memo, 18 March 2003, Jones, S. 1: “It would be my suggestion that the guidelines recognise the possibility of waiver of blacklist situations in exceptional circumstances but do not encourage waiver.”. 1057 Ursprünglich sollten nur die Schiedsparteien vollständige Kenntnis der den Interessenkonflikt begründenden Umstände haben, s. IBA Memo, 26 March 2003, Raeschke-Kessler/Jones, S. 2; das wurde um die Information der Schiedsrichter durch Draft Final Version of the 2 Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 8, und um die der Schiedsorganisationen bzw. ernennende Organe in Revised Proposed Final Draft on IBA Guidelines, 5 May, 2004, S. 9, ergänzt.

nd

th

1058 Anfangs sollte die ausdrückliche Vereinbarung der Schiedsparteien unter (2) schriftlich erfolgen und immer dann unwirksam sein, wenn sie vor der Entstehung des Streits, der zu dem Schiedsverfahren führt, abgeschlossen ist, IBA Memo, 26 March 2003, Hilmar Raeschke-Kessler/Jones, S. 2; dieses Erfordernis ließ dann der Draft 16 January 2004 of the 3 Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28 January, 2004, S. 8, endgültig fallen. rd th

“Placing some limitations on waiver also seemed consistent with the recent trend away from the view that arbitration is purely a matter of contract.”, IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 451; woher nimmt die Working Group diesen “Trend”?

1059

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- 250 -

oder den Parteien zwar augenscheinlich gegen seinen Unparteilichkeit spricht, er selber und

die Parteien aber dennoch auf die Existenz genau dieser Unparteilichkeit vertrauen.

Zumindest die Existenz einer „unverzichtbar/nicht präkludierbar“ ausgestalteten „non-

waivable Red List“ steht dem diametral entgegen.

Auch die Spaltung der „Red List“ in „unverzichtbare/nicht präkludierbare“ (d.h. die spätere

„non-waivable Red List“, GSt 2(d)) bzw. „verzichtbare/präkludierbare“ (d.h. „waivable Red

List“, GSt 4(c)) Fallgestaltungen und die damit einhergehende gewisse Auflockerung der

strikten Beschränkung der Parteiautonomie führen aufgrund der hohen Anforderungen, die

GSt 4(c) aufstellt, nicht dazu, den Schiedsparteien gebührenden Freiraum bei der Gestaltung

ihres Schiedsverfahrens einzuräumen. Vor allem die Begründung für diese Spaltung

überzeugt nicht: Vielleicht nur unglücklich formuliert, kann man jedenfalls nicht suggerieren,

die Parteien verspürten nur bei Fallgestaltungen „verzichtbaren/präkludierbaren“ Charakters

den Wunsch, einen eigentlich zu disqualifizierenden Schiedsrichter dennoch tätig werden

bzw. bleiben zu lassen1060. Denn natürlich werden Schiedsparteien schiedsrichterliche

Interessenverflechtungen auch dann akzeptieren, wenn sie entsprechend informiert werden

und sich einig sind, dass das Verfahren mit diesem Schiedsrichter erfolgreich beendet werden

kann und sie Vertrauen in seine Unparteilichkeit haben1061.

Auch GSt 1 und GSt 2(a) bedingen nicht die Existenz einer „non-waivable“ bzw. einer nur

über besondere Anforderungen erfüllbaren „waivable Red List“. Richtig ist zwar die

Überlegung, dass sich ein Schiedsrichter, der sich nicht (mehr) als unparteilich einschätzt,

selber ablehnen muss; das spricht aber nur vordergründig für die Existenz einer „non-

waivable Red List“: Die Parteiautonomie erlaubt es den Parteien, jemandem die

Schiedsrichterfunktion anzutragen bzw. deren Fortführung zu ermöglichen; GSt 1 und GSt

2(a) verpflichten den Schiedsrichter dazu, dieses Angebot zu prüfen und nur dann

anzunehmen, wenn er von seiner Fähigkeit, unparteilich zu urteilen, überzeugt ist1062.

Zugegeben, man bewegt sich dann im Grenzbereich eines wenig rechtstatsächlich justitiablen

Grundvertrauens, das Parteien und Schiedsrichter für einander aufbringen müssen; aber genau 1060 So aber die Explanation to GSt 4(c): “In a serious conflict of interest, such as those that are described by way of example in the waivable Red List, the parties may nevertheless wish to use such a person as an arbitrator. … The Working Group believes person with such a serious conflict of interests may serve as arbitrators only if the parties make fully informed, explicit waivers.”. 1061 So auch die ICC Germany, in IBA Memo, 6 December 2002, Raeschke-Kessler, S. 2. 1062 S. dazu auch die englische Entscheidung Locabail (UK) Limited v. Bayfield Properties Limited, (2000) Q.B. 451, 489: “it seems to us right that attention should be paid to the wishes of the parties. They are the principals. If they are content that the trial should proceed the judge should, in our view, except where he doubts his ability to be impartial, be very slow to abort the trial.” (Hervorhebung d. Verf.).

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dieses Grundvertrauen ist das schiedsverfahrensrechtliche Ethos und der Ansatz, den die

vorliegende Arbeit verfolgt.

e. Präklusion, GSt 4(a)

In den Grenzen von GSt 2(d) i.V.m. der „non-waivable Red List“ präkludiert die Working

Group jeglichen, sich auf das Vorliegen einer potentiellen Interessenverflechtung beziehenden

Parteivortrag, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Kenntniserlangung bzw. dem

Zugang schiedsrichterlicher Informationen ausdrücklich geltend gemacht wird1063. Die

Working Group folgt mit der Aufnahme des Instituts der Präklusion den Erkenntnissen der

Länderberichte, die allesamt, dabei teilweise Art. 4 ML rezipierend, die Existenz von

Ausschlussfristen beschrieben haben, innerhalb derer Ablehnungsgründe geltend gemacht

werden müssen. Dieser General Standard war lediglich in bezug auf Beginn und Dauer des

Fristlaufs Gegenstand weiterer Erörterungen, ansonsten jedoch von Beginn an fester

Bestandteil der IBA Guidelines1064.

aa. „receipt of any disclosure“ bzw. “learns of facts”

Die Working Group läßt die Ausschlussfrist von 30 Tagen „after the receipt of any

disclosure“ bzw. „after a party learns of facts or circumstances that could constitute a

potential conflict of interest for an arbitrator“ beginnen. Beide Zeitpunkte werden nicht

legaldefiniert.

Die nähere Ausgestaltung des ersten Zeitpunkts („receipt of any disclosure“) ergibt sich aber

bereits aus dem Begriff der Offenlegung selbst: Ihm immanent ist die Information gegenüber

einer weiteren Person. Offensichtlich wird dieser Vorgang durch die Verwendung des

Begriffs „receipt“, also des Zugangs. Diese Information eines Schiedsrichters gegenüber den

GSt 4(a) lautet wie folgt: “(a) If, within 30 days after the receipt of any disclosure by the arbitrator or after a

party learns of facts or circumstances that could constitute a potential conflict of interest for an arbitrator, a party does not raise an express objection with regard to that arbitrator, subject to paragraphs (b) and (c) of this General Standard, the party is deemed to have waived any potential conflict of interest by the arbitrator based on such facts or circumstances and may not raise any objection to such facts or circumstances at a later stage.”; ebenso DAC Report Report on the Arbitration Bill, Section 24, No 105 (sog. “put up or shut up”-Klausel).

1063

1064 Zur erstmaligen Erwähnung s. 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 17f. und 22; zum Fristlaufbeginn s.: Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 22, 2003, S. 7 (“making of any disclosure”), dann Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 7 (“after the receipt of any disclosure”); zur Dauer des Fristlaufs: 30 Tage (1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 22; kritisch dazu (die Frist mit der regelmäßigen 15-Tage-Frist institutioneller Schiedsorganisationen vergleichend, Sachs, IBA Email 26. Juni 2003, S. 1); 15 Tage (Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 7); differenzierend (15 Tage, falls “making of any disclosure” / 30 Tage, falls “learns of facts”: Mullerat, IBA Email 1. September 2003, S. 2); einheitlich 30 Tage für beide Fristanläufe (Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 7).

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Parteien ist also eine empfangsbedürftige Willenserklärung1065. Dass die IBA Guidelines

selber dazu schweigen, wann ein solcher Zugang anzunehmen ist, ist Stärke und Schwäche

gleichermaßen: Die potentielle Definitionsweite des Begriffs des Zugangs eröffnet die

Möglichkeit, den General Standard nationalen Besonderheiten anzupassen; genau dies aber ist

zugleich seine Schwäche, da den Parteien dadurch weniger Rechtssicherheit geboten wird, als

möglich gewesen wäre, hätte man es unternommen, mit einer vermittelnden internationalen

Bestimmung des Begriffs des Zugangs („receipt“) ein Zeichen zu setzen.

Die nähere Ausgestaltung des zweiten Zeitpunkts („learns of facts“) nehmen GSt 7 lit. (a) und

lit. (b) vor: Erhält eine Partei Kenntnis von Tatsachen, die das Potential eines

Interessenkonflikts haben könnten, kann sie mit deren Verifizierung beginnen und sie

innerhalb von 30 Tagen als Ablehnungsgründe geltend machen. Ebenso wie unter GSt 7 lit.

(a) und lit. (b) muss eine Partei auch unter GSt 4(a) einen entsprechenden Nachforschungs-

und Informationsmechanismus innerhalb seiner unternehmerischen Organisationsform

installiert haben, um Interessenverflechtungen rechtzeitig erkennen, dokumentieren und

darauf reagieren zu können.

bb. Problem des „may not raise any objection at a later stage“

Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut von GSt 4(a) als Rechtsfolge eindeutig die Präkludierung

parteilichen Vortrags: „the party is deemed to have waived any potential conflict of interest

by the arbitrator based on such facts“; der anschließende Passus “and may not raise any

objection at a later stage“ konterkariert jedoch diese klare Rechtsfolge in bezug auf ihre

Reichweite. Dazu Folgendes:

Die Working Group hatte zu Beginn ihrer Arbeiten noch formuliert „and will not be permitted

to raise such objection at a later stage“; das kann man eindeutig in dem Sinne verstehen, dass

der säumigen Partei der entsprechende Vortrag nach Fristablauf unwiederbringlich

abgeschnitten sein sollte. Eine Ausschlussfrist von 30 Tagen hätte sich damit auf jeden Fall

im Schiedsverfahren durchgesetzt1066. Diese Sicherheit ist allerdings aufgrund des gegen Ende

2003 neu gefassten Wortlauts, der dem der verabschiedeten Version entspricht, nicht mehr

1065 Dem steht nicht der zunächst vorgesehene Wortlaut des “making of any disclosure” (Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 22, 2003, S. 7) entgegen, denn auch der impliziert (über den Begriff der Offenlegung) bereits die Information und damit den Zugang gegenüber einer anderen Person. 1066 Inwieweit sie sich auch im Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahren gegenüber der lex fori bzw. lex arbitri durchgesetzt hätte, kann nur dann geklärt werden, wenn feststeht, ob sich der in der Vereinbarung der IBA Guidelines zum Ausdruck kommende Parteiwille ihnen gegenüber durchsetzen kann; das wird im 4. Teil untersucht.

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gegeben1067: Das liegt an der Verwendung des Wortes „may“ (anstelle von „will“)1068; ein

Vergleich seines Gebrauchs und desjenigen anderer Begriffe innerhalb der IBA Guidelines

deutet darauf hin, dass eine Präklusion nach GSt 4(a) nicht zwingend ist1069. Dieser

Rechtsunsicherheit muss sich die Working Group im Rahmen der ersten Überarbeitung der

Guidelines annehmen. Eindeutig hingegen bestimmt GSt 4(a) zunächst einmal, dass eine

Partei mit demjenigen Tatsachenvortrag präkludiert ist, der sich aus Tatsachen ergibt, die ihr

entweder über eine schiedsrichterliche Offenlegung bekannt sind oder weil sie von diesen

Umständen direkt Kenntnis erlangt hat.

f. Präklusion und „ex parte“-Schiedsverfahren

Nicht direkt aus GSt 4(a), dafür aber aus seiner ergänzenden Erläuterung ergibt sich die

Absicht der Working Group, die Ausschlussfrist von 30 Tagen auch gegenüber derjenigen

Partei gelten zu lassen, die sich dem Schiedsverfahren um jeden Preis verweigert1070; die IBA

Guidelines sollen damit auch auf sog. „ex parte“-Verfahren Anwendung finden1071.

Derjenigen Partei, die an einem wirksam initiierten Schiedsverfahren bewusst nicht teilnimmt,

droht also ebenfalls, mit ihrem Vortrag präkludiert zu werden, sollte sie in Kenntnis von

Ablehnungsgründen die Ausschlussfrist von 30 Tagen verstreichen lassen, ohne diese Gründe

im vorgesehenen Ablehnungsverfahren nach GSt 2 lit. (b) und lit. (c) geltend gemacht zu

haben.

Was unter dem Wortlaut des „refuses to be involved“ zu verstehen ist, wird nicht näher

erläutert. Unproblematisch können hierunter jedoch z.B. die Verweigerung der Annahme

bzw. Beantwortung schiedsgerichtlicher Korrespondenz oder auch die Weigerung gesehen

werden, schiedsgerichtlichen Anordnungen jeglicher Art Folge zu leisten. Was auch immer 1067 Insgesamt dazu 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 22 (“not permitted”); Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 7 (“may not”). 1068 Vgl. dazu die, zumindest in diesem Punkt eindeutigere Formulierung in Art. 4 ML („shall be deemed to have waived his right to object“). 1069 Vgl. (mit abnehmender verpflichtender Bindung der Parteien) die Verwendung der Worte „must“ (GSt 4(c)(i) und (ii)), „shall“ (GSt 1, GSt 2(a), 3(d), 4(b), 4(d), 7 lit. (a) und lit. (b)) und „should“ (GSt 4(c) Satz 1, 4(d) Satz 2); dann erst folgt die schwache Formulierung des „may“ (GSt 3(a), GSt 4(c) Satz 2 und 4(d)); dieser Vergleich unterstellt natürlich, dass die Working Group ihrerseits diese Worte durchgehend in jeweils einem Sinne verwendet hat. 1070 S. Explanation to GSt 4(a) S. 2: “In the view of the Working Group, this time limit should also apply to a party who refuses to be involved.”; erstmals aufgenommen in Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 7. 1071 Zum Begriff s. Oxford Dictionary of Law, 5th ed., S. 192: „ex parte (Latin) - on the part of one side only = without notice; allgemein zu ex parte-Schiedsverfahren Redfern/Hunter, Rdn. 6-108 - 6-111; aus der Praxis vgl. die Schiedsverfahren Texaco, BP und Liamco, jeweils v. Libyen, (1981) VI YCA, 89ff.: Diese behandelten jeweils die Verstaatlichung der libyschen Erdölförderung; die libysche Regierung verweigerte jeweils von Beginn an bis zum Erlass der Schiedssprüche ihre Teilnahme (weil sie keine Zuständigkeit des Schiedsgerichts festzustellen vermochte).

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eine Schiedspartei im Verlauf des Verfahrens unternimmt oder unterlässt: Vorausgesetzt, sie

wird weiterhin wie die andere Partei über den Ablauf des Verfahrens in Kenntnis gesetzt und

vorausgesetzt, sie erhält weiterhin die Möglichkeit zur Stellungnahme und kann in der Folge

an dem Verfahren jederzeit wieder teilnehmen, dann wird sie sich immer auch an der

Ausschlussfrist des GSt 4(a) messen lassen müssen.

g. Kritische Stellungnahme zu GSt 4(a)

Berücksichtigt man den Impetus der IBA Guidelines, wäre es unvertretbar gewesen, diejenige

Partei von den Wirkungen der Ausschlussfrist auszunehmen, die sich der Durchführung des

Schiedsverfahrens verweigert; so wäre ein ganz offensichtlich regelungsbedürftiger Aspekt

des schiedsparteilichen Verzögerungsrepertoires ausgespart gewesen. Zwar ist GSt 4(a)

Ausdruck des allgemeinen Rechtsprinzips des „venire contra factum proprium“ und deshalb

bereits immanenter Bestandteil der Guidelines; seine ausdrückliche Einbeziehung in den

Regelungsbereich von GSt 4(a) setzt aber ein ebenso deutliches Zeichen, wie es GSt 2(a) tut,

der nach Ansicht der Working Group nur noch das Offensichtliche feststellen soll1072.

In Anbetracht ihres Bemühens, zur Erhöhung der Akzeptanz der IBA Guidelines die Praxis

institutioneller Schiedsorganisationen und insbesondere diejenige der ICC zu berücksichtigen,

erscheint die Entscheidung der Working Group für eine Ausschlussfrist von 30 Tagen nur

konsequent; sie übernimmt damit die Regelung aus Art. 11(2) ICC Arbitration Rules. Sie setzt

sich so aber auch in Widerspruch zu kürzeren bzw. längeren Ausschlussfristen anderer

Schiedsorganisationen und des ML1073. Das aber scheint nicht als allzu gewichtiges Problem

aufgefasst worden zu sein, wie die Entstehungsgeschichte des GSt 4(a) mit einem

diskussionslosen zwischenzeitigen Wechsel von der 30 Tage-Frist zu einer 15 Tage-Frist

zeigt1074. Geklärt werden wird diese Diskrepanz in der Praxis über die Frage und

Ausgestaltung der Akzeptanz der Guidelines durch die einbezogenen, administrierenden

Schiedsorganisationen und deren Bereitschaft, jene zu ihrem eigenen Standard zu machen.

1072 So die Explanation to GSt 2(a), Satz 3. 1073 Vgl. Arbitration Rules: 15 Tage (AAA (Art. 8(1)); CIETAC (Art. 26(3)); LCIA (Art. 10(4)); SCC (Art. 18(2)); UNCITRAL (Art. 11(1)); WIPO (Art. 25))); 2 Wochen (DIS (Art. 18(2)) und JCAA (Art. 29(3))); keine ausdrückliche Regelung treffend (ZCC sowie ML (Art. 13(2))). 1074 Die Arbeiten der Working Group begannen mit einer 30 Tage-Frist (1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 22; dazu kritisch (die Frist mit der regelmäßigen 15-Tage-Frist institutioneller Schiedsorganisationen vergleichend) Sachs, IBA Email 26. Juni 2003, S. 1); dann Wechsel zu 15 Tage-Frist (IBA Notes, Conference Call, July 11, 2003, S. 3f. (in Anlehnung an Art. 13(2) ML), erstmals übernommen durch Draft Final Version of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, August 11, 2003, S. 7); danach differenzierend (15 Tage, falls “making of any disclosure” / 30 Tage, falls “learns of facts”: Mullerat, IBA Email 1. September 2003, S. 2); zum Schluss einheitlich 30 Tage für beide Fristanläufe vorsehend Draft 16 January 2004 of the 3rd Draft Joint Report on IBA Guidelines, 28th January, 2004, S. 7.

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9. General Standard 4(d): Interessenkonflikte v. Vermittlungsbemühungen?!

Bereits unter A., II., wurde die Frage behandelt, inwieweit Schiedsrichter eine zunächst

vermittelnde und anschließend streitentscheidende Tätigkeit ausüben können: Problematisch

kann die Verbindung beider Streitschlichtungsmechanismen sein, weil der Schiedsrichter im

Verlauf seiner Vermittlungsbemühungen zwingend in den Besitz von Informationen über die

beteiligten Parteien gelangt, deren Kenntnis es ihm unmöglich machen kann, weiterhin in

Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Fairness zu handeln.

a. Sinn und Zweck

Mit GSt 4(d) anerkennt die Working Group die Bedeutung und potentielle Wirkung des

Ineinandergreifens der Mechanismen der Vermittlung bzw. des Vergleichs mit der Praxis der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit (zuweilen auch „med/arb“ genannt)1075. Auch diesem

General Standard ging ein Abwägungsprozess voraus, der zwischen genereller Ablehnung

und Befürwortung einer Verbindung von Vermittlungsbemühungen und Schiedsverfahren

vermitteln mußte1076. Das Ergebnis dieser Abwägung ist ein Mechanismus, der es den

Parteien einerseits ermöglicht, sich diese Verknüpfung für eine effizientere Lösung ihres

Streits dadurch nutzbar zu machen, dass sie das Koordinationspotential beider

Streitlösungsmechanismen gemeinsam ausnutzen können; der sie andererseits aber auch die

Risiken tragen läßt, die sich aus dem Informationsvorteil eines Schiedsrichters aus seiner

anfänglichen bzw. zwischenzeitlichen Tätigkeit als Vermittler ergeben kann: Möglichen

Vorteilen stehen also mögliche Risiken entgegen. Um den beteiligten Schiedsparteien die mit

einer solchen Verbindung verbundenen Risiken rechtzeitig zu verdeutlichen - und insoweit

den Bedenkenträgern dieser Verknüpfung entgegenkommend - müssen sich jene vor Beginn

eines Vermittlungsversuchs ausdrücklich mit ihm einverstanden erklären (sog.

1075 GSt 4(d) lautet wie folgt: “An arbitrator may assist the parties in reaching a settlement of the dispute at any stage of the proceedings. However, before doing so, the arbitrator should receive an express agreement by the parties that acting in such a manner shall not disqualify the arbitrator from continuing to serve as arbitrator. Such express agreement shall be considered to be an effective waiver of any potential conflict of interest that may arise from the arbitrator´s participation in such process or from information that the arbitrator may learn in the process. If the assistance by the arbitrator does not lead to final settlement of the case, the parties remain bound by their waiver.”; zur Entstehungsgeschichte des GSt 4(d): Aufnahme der Beratungen aufgrund eines Beitrags von Jones, zitiert in IBA Memo, 26 March 2003, Raeschke-Kessler/Jones, S. 2 (unter Hinweis auf die Telephonkonferenz vom 12. März 2003, dazu IBA Notes, 12 March 2003); zu seiner Entwicklung im IBA Memo, 18 March 2003, Jones; eine Empfehlung in IBA Memo, 26 March 2003, Raeschke-Kessler/Jones, S. 2: “It is important that the IBA Guidelines recognise that ´med/arb´ is a legitimate means of international dispute resolution and that parties may seek, prior to the commencement of the process, to waive in advance some situations that will develop in the proceedings which would fall within the blacklist situations.”; beachte, dass die Working Group den Begriff der “med/arb” durch “assisting the parties in reaching a settlement” ersetzt. 1076 Dazu IBA Memo, 26 March 2003, Raeschke-Kessler/Jones, S. 2: “It is recognised that the concept of the arbitral tribunal assisting the parties reaching a settlement of their dispute is well-established in some jurisdictions but not in others.”.

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Einverständnis- und Verzichtserklärung)1077. Jenseits des Wortlauts von GSt 4(d) will die

Working Group Schiedsrichtern und Parteien eine „med/arb“ nicht nur ermöglichen, sondern

sie zu ihrem Gebrauch und ihrer Anpassung an den konkreten Streit ermutigen1078.

b. Sachlicher und zeitlicher Umfang

Die Einverständnis- und Verzichtserklärung muss umfassend sein: Jeder potentielle

Interessenkonflikt soll erfasst sein, der sich aus der bloßen Teilnahme des Schiedsrichters an

der Vermittlung oder aus denjenigen Informationen ergeben kann, die er in ihrem Verlauf

erhält. Im Falle des Abbruchs der Vermittlungsbemühungen bleibt die Verzichtsvereinbarung

der Parteien wirksam; so wird der potentielle Missbrauch des „med/arb“-Mechanismus

verhindert, der sich ansonsten in der bewussten Herbeiführung des Abbruchs der

Vermittlungsbemühungen, einem anschließenden Ablehnungsantrag, der sich auf die dem

Schiedsrichter während der Vermittlung einseitig eröffneten Informationen stützt, und

abschließenden „Herausschießen“ des Schiedsrichters äußern kann1079.

c. Zusätzlicher Schutz: Schiedsrichterliche Selbstablehnung, GSt 4(d) letzter Satz

Als weiteres Zugeständnis an die Bedenkenträger gegen eine derartige Befürwortung und

Förderung schiedsrichterlicher Vermittlungsbemühungen ist die moralisch-ethische

Forderung der Working Group an jeden Schiedsrichter zu sehen, im Anschluss seiner

Tätigkeit als Vermittler von jeder weiteren Tätigkeit dann abzusehen, wenn er aufgrund seiner

Beteiligung an den Vermittlungsgesprächen auch nur den geringsten Zweifel an seiner

Fähigkeit hat, im Schiedsverfahren unparteilich bzw. unabhängig entscheiden zu können1080.

Vor dem Hintergrund der die IBA Guidelines durchdringenden Regelung des GSt 2(a) wäre

dieser Passus zwar nicht notwendig gewesen; jedoch nutzt er sowohl dem vermittelnden

Schiedsrichter, sich in seiner Doppelfunktion als Vermittler und Streitentscheider seiner

1077 Der Explanation to GSt 4(d) nach ist kein schriftliches Einverständnis erforderlich, sondern eine mündliche Erklärung ausreichend (was der Fall im Rahmen einer Verhandlungsmitschrift („minutes“/„verbatim record“) sein soll). 1078 So IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 452, und Explanation to GSt 4(d), letzter Satz. 1079 Zwischenzeitlich war vorgeschlagen worden, im Fall der Ergebnislosigkeit einer Mediation eine weitere Einverständnis- und Verzichtserklärung der Parteien zu verlangen (weil die Parteien nicht jede Eventualität (z.B. eine ex parte-Situation) vorhersehen könnten und deshalb ihre frühe Einverständnis- und Verzichtserklärung niemals vollständig und umfassend sein könnte, dazu Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 12; dagegen jedoch Beechey in den IBA Notes, Conference Call, July 11, 2003, S. 4: „The parties should be faced with a very clear decision at the outset.“; ebenso Marriott, ebenda: „the parties must agree in advance and live with the consequences.“). 1080 GSt 4(d) letzter Satz lautet: “However, consistent with General Standard 2(a) and notwithstanding such agreement, the arbitrator shall resign if, as a consequence of his or her involvement in the settlement process, the arbitrator develops doubts as to his or her ability to remain impartial or independent in the future course of the arbitration proceedings.”; erstmals vorgeschlagen durch Raeschke-Kessler in den IBA Notes, Conference Call, July 11, 2003, S. 4.

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besonderen Verantwortung gegenüber den Parteien bewusst zu sein, als auch den Parteien, die

einmal mehr der Unparteilichkeit desjenigen Schiedsrichters versichert sein können, der nach

dem Scheitern der Vermittlung nicht zurücktritt bzw. für ein anschließendes Schiedsverfahren

zur Verfügung steht.

d. Kritische Stellungnahme

Die Entscheidung der Working Group, mit GSt 4(d) das herkömmliche, beinahe schon als

klassisch zu bezeichnende kontradiktorische Schiedsverfahren wieder offener für

ausgleichende Streitlösungsmechanismen zu gestalten, ist zu begrüßen. Alle

Verfahrensbeteiligten werden ermutigt, am Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu

arbeiten; gleichzeitig werden sie aber auch über die andauernde Wirksamkeit der

Einverständnis- und Verzichtserklärung und die schiedsrichterliche Pflicht zur

Selbstablehnung dazu angehalten, den Vermittlungsmechanismus als Bestandteil ihrer

Auseinandersetzung und gerade nicht als lästigen Nebenkriegsschauplatz zu sehen. Diese

Erweiterung der Autonomie der Parteien zur freien Verfahrensgestaltung ist nur im

Gleichschritt mit der Verwirklichung des Grundsatzes der Fairness über die Einverständnis-

und Verzichtserklärung möglich: Risiko und Ertrag stehen so in einem angemessenen

Verhältnis.

10. General Standard 6 lit. (a) und lit. (b): Sozietäts- und

Unternehmensgruppenzugehörigkeit

Gegenstand der folgenden Untersuchung sind GSt 6 lit. (a) und lit. (b) 1081, also Fragen

schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen, die sich aus der Zugehörigkeit des

Schiedsrichters zu einer Sozietät bzw. der Zugehörigkeit einer juristischen Person zu einer

Unternehmensgruppe im weitesten Sinne ergeben1082. Die in GSt 6(c) behandelte Frage

1081 GSt 6(a) und (b) lauten wie folgt: „(a) When considering the relevance of facts or circumstances to determine whether a potential conflict of interest exists or whether disclosure should be made, the activities of an arbitrator´s law firm, if any, should be reasonably considered in each individual case. Therefore, the fact that the activities of the arbitrator´s firm involve one of the parties shall not automatically constitute a source of such conflict or a reason for disclosure. (b) Similarly, if one of the parties is a legal entity which is a member of a group with which the arbitrator´s firm has an involvement, such facts or circumstances should be reasonably considered in each individual case. Therefore, this fact alone shall not automatically constitute a source of a conflict of interest or a reason for disclosure.”. 1082 In den Begriff der Sozietät ist im Folgenden auch der international gebräuchlichere Begriff der “law firm” oder „Kanzlei“ eingeschlossen - kurzum jede Organisationseinheit, die der anwaltlichen Berufsausübung dienen kann; mit Unternehmen bzw. Unternehmensgruppe ist im Folgenden eine juristische Person bzw. die Organisationseinheit gemeint, der sie als Mutter-, Tochter- oder Schwestergesellschaft zugeordnet ist (Voser, SchiedsVZ 2004, 59, 63, übersetzt hier ausschließlich mit dem Begriff des „Konzerns“: Das ist nicht unproblematisch, da der Begriff der Unternehmensgruppe auch die Einbeziehung juristischer Personen in ihren

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danach, wer den gesetzlichen Vertretern einer juristischen Person gleichzustellen ist, wird nur

noch insoweit untersucht, als es über die bereits zu GSt 2(d) erfolgte Erörterung hinaus für

das Verständnis von GSt 6 lit. (a) und lit. (b) erforderlich ist1083.

a. Rechtfertigung einer eigenständigen Sonderregelung

GSt 6 lit. (a) und lit. (b) behandeln die sich aus der Zugehörigkeit zu einer Sozietät oder

Unternehmensgruppe ergebenden Interessenverflechtungen gleich, ihr Aufbau und ihre

Struktur sind beinahe identisch. Das erklärt sich daraus, dass beide Regelungen ein Phänomen

zu erfassen versuchen, das bereits im 1. und 2. Teil der vorliegenden Arbeit angeklungen ist -

das der sich beständig diversifizierenden und neue Kooperationsformen eingehenden,

international agierenden Sozietäten und Unternehmen. Die Globalisierung der

Wirtschaftsmärkte bedingt aufgrund des damit einhergehenden Bedarfs an rechtlicher und

steuerlicher Beratung auch eine Globalisierung derjenigen Sozietäten, die aufgrund ihrer

Ressourcen das Standing haben, diese Dienstleistung jederzeit in beständiger Qualität zu

erbringen. Da auf dieser Ebene das Schiedsverfahren der überwiegende

Streitlösungsmechanismus ist, sind zahlreiche Schiedsrichter auch Partner bzw. Angestellte

eben solcher Sozietäten. Mit zunehmender gesellschaftsrechtlicher Diversifikation der

Unternehmenslandschaft geht die zunehmende „Anfälligkeit“ der dort anwaltlich tätigen

Schiedsrichter für Interessenverflechtungen einher1084.

Bereits während ihres ersten Treffens diskutierte die Working Group, ob diese Entwicklung

eine spezielle Regelung innerhalb der IBA Guidelines 2004 rechtfertigen könnte oder ob man

sich dadurch nicht dem Vorwurf protektionistischer Haltung zugunsten international

agierender Sozietäten bzw. Unternehmensgruppen aussetzen würde1085. Zahlreiche interne

und externe Diskussionsbeiträge berücksichtigend1086, formulierte man einen

Kreis möglich erscheinen läßt, deren Verbindung nicht auf konzernrechtliche Beherrschungsverträge zurückzuführen ist). 1083 GSt 2(d) wird näher oben, unter B., II., 5., erläutert. 1084 Allgemein dazu Lachmann, Gedanken zur Schiedsrichterablehnung aufgrund Sozietätszugehörigkeit, in: FS Geimer, 513-527. 1085 In Bezug auf Sozietäten s. die IBA Notes, 1st Meeting, 12 March 2003, S. 6; in Bezug auf Unternehmensgruppen s. die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 447; Voser, SchiedsVZ 2004, 59, 63, nennt dieses Problem „das Problem der gleichen Kanzleizugehörigkeit“ und bezeichnet es „zumindest aus der Sicht der betroffenen Schiedsrichter, wahrscheinlich (als, d. Verf.) das Hauptproblem im Bereich der Interessenkonflikte; so auch de Witt Wijnen in den IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 7 Rdn. 12. 1086 S. z.B. der Hinweis der ICC Germany, dass es sich bei den IBA Guidelines um ein Projekt für schiedsrichterliches und nicht anwaltliches Wohlverhalten handele, welche in großen Sozietäten und „zufällig“ auch als Schiedsrichter tätig seien, in: IBA Memo, 6. Dezember 2002, Raeschke-Kessler, S. 2; ebendort wird auch von der Gefahr eines „white-wash“ zugunsten solcher Schiedsrichter gesprochen; s. auch die Zusammenfassung kritischer Stimmen in der IBA List of Principle Points, 28th February 2003, S. 7, Rdn. 12.

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Kompromissvorschlag, nach dem für Zwecke der Beurteilung von Interessenkonflikten und

Ausformung der Offenlegungspflicht die Aktivitäten einzelner Schiedsrichter bzw.

Unternehmen mit deren Sozietät bzw. Unternehmensgruppe gleichzustellen sind, ohne dass

dieser Umstand für sich genommen bereits zur Bejahung eines Interessenkonflikts oder der

Auslösung einer Offenlegungspflicht führen soll. Vielmehr soll der Umstand einer

Interessenverflechtung im Rahmen einer Einzelfallabwägung vernünftig berücksichtigt

werden („reasonably considered“). Im Folgenden werden einige spezielle Regelungen

innerhalb von GSt 6 lit. (a) und lit. (b) behandelt:

b. Insbesondere: Interessenkonflikte aufgrund Sozietätszugehörigkeit, GSt 6(a)

In ihrem 1. Entwurf der Guidelines wollte die Working Group im Rahmen einer negativen

Umschreibung dafür sorgen, dass die Aktivitäten des Schiedsrichters „shall not be considered

to be an equivalent to his or her firm´s activities“1087. Hiergegen gerichtete Kritik1088 führte

zur Bildung einer Taskforce, die die negative Umschreibung verließ und nunmehr feststellte,

dass die Aktivitäten der Sozietät des Schiedsrichters nicht „per se“ als Quelle

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte herangezogen werden könnten, sondern der

Schiedsrichter diese Aktivitäten offenlegen und dann eine sachliche Einzelfallabwägung

erfolgen müsste1089. Nach der weiteren Umformulierung der Worte „per se“ in „reasonably

considered“ stand dann der oben unter a. beschriebene Mechanismus endgültig.

In die Einzelfallabwägung einzubeziehende Aktivitäten einer Sozietät sollen nach Ansicht der

Working Group die „nature, timing and scope of the work by the law firm“ sein. Um der

Bandbreite rechtlicher Beratungstätigkeit durch Sozietäten gerecht zu werden, entschloß man

sich, hierzu nicht nur die rechtliche Vertretung („acting for“) durch eine Sozietät zu zählen,

1087 So 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002, S. 23; nach Ansicht der Working Group stellte dies eine bewusste Abkehr von der bis dahin herkömmlicherweise praktizierten Gleichsetzung von Schiedsrichtern mit „ihrer“ Sozietät dar, so IBA List of Principle Points, 28th February 2003, S. 7, Rdn. 12; Voser, SchiedsVZ 2004, 58, 63, übersetzt diese Formulierung mit „dass die Aktivitäten ... nicht automatisch den Aktivitäten ... gleichgesetzt werden können“ - aus dem Wortlaut des 1. Entwurfs ergibt sich jedoch gerade nicht der Begriff „automatisch“; Voser macht also aus einer negativen Umschreibung eine negative Vermutung (wenngleich zuzugeben ist, dass die Formulierung „shall not be considered as being“ nach Auffassung der Working Group in Voser´s Sinne verstanden werden sollte) - der 1. Entwurf scheint in dieser Hinsicht unglücklich formuliert zu sein; das hat die Working Group ebenfalls gesehen und kurz darauf vorgeschlagen, zusätzlich die Worte „not automatically equivalent“ einzufügen, so die IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 7 - damit (erst) war dann die Übersetzung von Voser korrekt. 1088 Dazu das IBA Memo, 12 March 2003, Hwang, S. 4, Rdn. 12. 1089 Dazu IBA Discussion Paper for 4th Meeting, London (May 9, 2003), May 5, 2003, S. 7f.; erstmals als General Standard in Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, S. 13, formuliert.

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sondern jede auch nicht rein rechtliche Leistung bzw. Beziehung („involvement“), die eine

Sozietät erbringt bzw. die zwischen ihr und einer der Schiedsparteien besteht1090.

c. Insbesondere: Interessenkonflikte aufgrund Unternehmensgruppenzugehörigkeit,

GSt 6(b)

GSt 6(b) läuft in bezug auf Schiedsparteien, die zu einer Unternehmensgruppe gehören, im

Gleichklang mit dem Prüfungsmechanismus in GSt 6(a)1091: Die Problemstellung ist

vergleichbar, diversifiziert sich doch auch die gesellschaftsrechtliche Struktur

grenzüberschreitend tätiger Unternehmen fortlaufend1092. Dieser Entwicklung will die

Working Group dadurch gerecht werden, dass sie auch hier die automatische Gleichsetzung

einer Schiedspartei mit einem Unternehmen ablehnt, das Mitglied derselben

Unternehmensgruppe ist und seinerseits in einer Beziehung („involvement“) zur Sozietät des

Schiedsrichter steht; stattdessen soll eine Einzelfallabwägung ergeben, ob über die

gemeinsame Zugehörigkeit zu derselben Unternehmensgruppe hinausgehende Tatsachen eine

entsprechende Offenlegungspflicht auslösen oder einen Ablehnungsgrund begründen.

d. Kritische Stellungnahme zu GSt 6 lit. (a) und lit. (b)

aa. GSt 6(a)

Mit GSt 6(a) nimmt die Working Group zur Frage nach der Zulässigkeit der Zurechnung von

Wissen innerhalb einer international aufgestellten Sozietät und der Maßgeblichkeit indirekter

Beziehungen Stellung1093. Die schiere Größe solcher Sozietäten, die Tatsache ihrer

grenzüberschreitenden Aufstellung und ihre beratende Tätigkeit international agierender

Unternehmen vervielfältigen die „Gefahrenherde“, aus denen sich schiedsrichterliche

Interessenverflechtungen aufgrund der Beschäftigung eines Schiedsrichters bei einer solchen

Sozietät ergeben können. Die Entscheidung der Working Group für die Aufnahme einer wie

auch immer gearteten Formulierung in einen General Standard ist begrüßenswert; gleiches gilt

auch für den von ihr ersonnenen Mechanismus der Einzelfallabwägung:

1090 So die Explanation to GSt 6(a), S. 4 und 5. 1091 Gegen die im 1. Entwurf propagierte Nicht-Gleichstellung der Tätigkeiten eines Unternehmens mit denen „seiner“ Unternehmensgruppe s. die ICC Germany, in: IBA List of Principle Points, 28th February 2003, S. 7f., Rdn. 13. 1092 So auch die Explanation to GSt 6(b): „the Working Group believes that because individual corporate structure arrangements vary so widely an automatic rule is not appropriate.“. 1093 Vgl. zur Figur der Wissenszurechnung im deutschen bürgerlichen Recht BGHZ 109, 327, 331 = NJW 1990, 975, 976; BGH NJW 1996, 1339ff., BGHZ 135, 202ff. und BGH NJW 1996, 1205.

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Kann ohne weiteres von einer gegenseitigen Zurechnung der Mandate und anderweitigen

beratenden Tätigkeiten aller Mitarbeiter einer Sozietät1094 ausgegangen werden? Hat die

Sozietät die Pflicht zur Organisation eines internen Informationsaustauschs bzgl. ihres

globalen Wissens, welches sich z.B. aus der Befassung der Sozietät mit den Angelegenheiten

einer Konzerngesellschaft der anderen Partei ergibt? Werden große Sozietäten durch die mit

der stärkeren Arbeitsteilung verbundene Wissensaufspaltung begünstigt? Wie kann sich ein

Schiedsrichter kundig machen? All diese Fragen verdeutlichen, dass sich sowohl die

Forderung nach einer unreflektierten Gleichstellung der Tätigkeit eines Schiedsrichters mit

der „seiner“ Sozietät als auch die diametral entgegengesetzt formulierte Forderung nach einer

unreflektierten Trennung verbieten. Man kann solchen Sozietäten nicht ihre Größe und

Aufstellung bzw. ihr Streben nach Größe vorhalten, sie aber auch nicht davon freisprechen,

sich um die daraus resultierenden Probleme zu kümmern: Man kann sie nicht vom

Beratungsmarkt der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ausschließen, weil sie aufgrund

ihres Standings regelmäßig erst die Betreuung internationaler Schiedsverfahren

ermöglichen1095; man kann aber von ihnen erwarten, dass sie im Verlauf ihres Wachstums

Informations(sperr)systeme aufbauen, die jedem beschäftigten Schiedsrichter innerhalb einer

angemessenen Frist die Beurteilung ermöglichen festzustellen, welche Kontakte zum

Streitgegenstand bzw. zu den beteiligten Parteien und Interessenvertretern er über seine

eigenen hinaus noch aufgrund der Beratungstätigkeit „seiner“ Sozietät berücksichtigen

muss1096. Dies fordert ja gerade auch GSt 7(c).

Der Ansatz der Working Group, international aktiven Sozietäten die weitere Teilnahme an

internationalen Schiedsverfahren dadurch zu ermöglichen, dass sie eine Einzelfallabwägung

darüber entscheiden läßt, ob deren interne Informations(sperr)systeme effektiv sind, ist

richtig. Damit wird wiederum dem Schiedsrichter die Selbsteinschätzung ermöglicht, ob er

trotz einer Tätigkeit „seiner“ Sozietät für eine der Schiedsparteien im weitesten Sinne

1094 Vornehmlich sind hier alle Variationen eines Partner-Status ((non-)equity partner) oder auch Off-Counsel gemeint. 1095 Ähnlich Lachmann, in: FS Geimer, S. 513, 514: „Nunmehr haben die bedeutendsten deutschen Sozietäten mit englischen oder amerikanischen Law Firms fusioniert oder sind mit ihnen jedenfalls sehr enge Kooperationen eingegangen. Das wirtschaftsrechtliche Know-How und die professionelle Kompetenz für die effiziente rechtliche Betreuung der marktstarken Unternehmen konzentriert sich dadurch sowohl auf der internationalen als auch auf der nationalen Ebene auf immer weniger Sozietäten.“; vgl. auch Günther, Merging Law Firms and Coping with Conflicts of Interest, ASA Special Series No. 18, 45ff. 1096 Zum Ganzen und zu Fragen des Conflict Check vgl. Chester/Rowley/Mcmillan Binch/Harrison, Conflicts of Interest, Chinese Walls and the Changing Business of the Law, B.L.I. 2 (2000), 36-88; Pawsey, Conflicts of Interest: Towards and International Code, IBA News January 2002, S. 13f.; zu den praktischen Schwierigkeiten und dem erheblichen Aufwand vgl. Günther, ASA Special Series No. 18, S. 45-55 (die Implementierung und Funktionsweise des ´Alliance Conflicts Identification System´ (ACIS) der internationalen Sozietät Linklaters beschreibend).

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unparteilich urteilen kann. Ob eine Mandantin sich mit dieser Situation zufrieden gibt (weil

u.U. ein anderes Office der Sozietät die Gegenseite in einer anderen Angelegenheit vertritt),

ist eine andere, sicherlich nicht weniger gewichtige und die Mandantin interessierende Frage;

die Entscheidung hierüber liegt natürlich ausschließlich bei ihr selbst. Ebenso wie die

Schiedsparteien untereinander und gegenüber einem Schiedsrichter ein Grundvertrauen

entwickeln müssen, gilt dies auch für das Verhältnis zwischen der beratenden Sozietät und

einer Mandantin1097.

bb. GSt 6(b)

Ähnliche Erwägungen greifen auch in bezug auf GSt 6(b): Ein Blick auf die Organigramme

international aufgestellter Unternehmen bzw. Konzerne öffnet die Augen dafür, dass die

Forderung nach einer unreflektierten, vollständigen Gleichsetzung der Aktivitäten eines

Unternehmens mit denen verbundener Unternehmen realitätsfern gewesen wäre1098. Es ist

daher zu begrüßen, dass auch unter GSt 6(b) der Einzelfall entscheiden soll: So können

Unternehmen in ihrem eigenen Interesse durch die Implementierung interner

Informations(sperr)systeme dafür Sorge tragen, den von ihnen bevorzugt genutzten

Streitlösungsmechanismus der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit mit seinem Pool

international erfahrener Schiedsrichter weiterhin nutzen zu können.

11. Die Anwendungslisten: „Red“, „Orange“ und „Green List“

Der praktischen Umsetzung der General Standards durch die Anwendungslisten in den

Ampelfarben rot, gelb und grün stellt die Working Group die Zielrichtung des Part II ihrer

Guidelines voran:

„The Working Group believes that if the Guidelines are to have an important

practical influence, they should reflect situations that are likely to occur in today´s

arbitration practice. The Guidelines should provide specific guidance to

arbitrators, parties, institutions and courts as to what situations do or do not

constitute conflicts of interest or should be disclosed.1099.

1097 Dazu Lachmann, in: FS Geimer, S. 513, 519: „Mandanten, insbesondere auch die wirtschaftlich bedeutenden, pflegen feinsinnige Abgrenzungen nach dem Kriterium derselben Sache nicht zu akzeptieren. Immer wieder einmal unternommene Versuche, diesem Erfahrungssatz zu entgehen, scheitern regelmäßig - und zwar selbst bei Mandanten, die ihre Mandate aus mannigfachen Gründen systematisch unter den großen Kanzleien streuen und / oder ursprünglich gar Verständnis für die Situation gezeigt haben.“. 1098 So aber wohl der Ansatz der ICC Germany, dazu IBA List of Principle Points, 28th February 2003, S. 7f. 1099 So IBA Guidelines, Part II, No. 1; für ein erstes Verständnis der Anwendungslisten vgl. die dortigen Nos. 1-9.

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Von Beginn der Arbeiten an hat sich die Working Group darum bemüht, den Status Quo des

internationalen Schrifttums zur Beurteilung von Interessenkonflikten festzustellen und die

Anwendungslisten auf Grundlage so gewonnener, internationaler Gemeinsamkeiten

zusammenzustellen1100.

a. Nutzbarmachen der Anwendungslisten

Wer Nutzen aus den Anwendungslisten ziehen möchte, muss nach Auffassung der Working

Group zweierlei Grundsätze verinnerlichen: Erstens sind die Anwendungslisten lediglich eine

Ansammlung beispielhafter, praktischer Fallgestaltungen; sie sind keinesfalls abschließend,

sondern bewusst beständiger Veränderung unterworfen; bei Zweifeln soll auf jeden Fall der

Impetus der General Standards, also Part I der IBA Guidelines, maßgeblich sein. Zweitens

sind die Übergänge von der „non-waivable Red List“ über die „waivable Red List“ und

„Orange List“ hin zur „Green List“ fließend1101; die Kategorisierung objektiver Umstände, die

zwischen Schiedsrichter und den Parteien bzw. dem Streitgegenstand in zahlreichen

Nuancierungen auftreten können, ist erst der Anfang eines Prozesses, den die internationale

Schiedsgemeinschaft gemeinsam mit staatlichen Gerichten gleichermaßen als Aufforderung

und Chance begreifen soll, um so eine Schneise in das Dickicht der Problematik

schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen zu schlagen1102.

Die vorliegende Arbeit untersucht nicht sämtliche Fallgestaltungen aller Anwendungslisten in

vollem Umfang. Die Dokumentation der Entstehungsgeschichte der Listen zeigt dafür bereits

eine zu große Vielfalt von Beweggründen innerhalb der Working Group und der

internationalen Schiedsgemeinschaft, bestimmte Fallgestaltungen bestimmten Listen

zuzuordnen. Es wird darum gehen, die unterschiedlichen Tendenzen der einzelnen Listen

herauszuarbeiten und sie anhand einiger weniger Beispiele zu verdeutlichen.

1100 “Finally, we will prepare a list of situations, which we should be trying to deal with in the guidelines. For this, each member will first establish a list of situations and issues, which he/she would want to put on a “white” or “black” or eventually “grey” list, if any.”, s. die IBA Notes, 1st Meeting, 14 March 2002, Brussels, S. 7. 1101 „The borderline between the situations indicated is often thin. It can debated whether a certain situation should be on one List of instead of another.”, s. IBA Guidelines, Part II, No. 8. 1102 Voser, SchiedsVZ 2004, 59, 63, gesteht zu, dass die Kategorisierung in Listen “künstlich” erscheinen kann.

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b. Insbesondere: Die „waivable Red List“

Die „waivable Red List“ steht in Verbindung mit GSt 4(c)1103. Ihre Anwendungsbeispiele

umfassen also jeweils Umstände, die der Parteiautonomie grundsätzlich entzogen und ihr nur

ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von GSt 4(c)(i) und (ii) zugänglich sein sollen.

Die Working Group hat sich entschieden, hierunter Fallgestaltungen zu fassen,

- die ein Näheverhältnis des Schiedsrichters zum Streitgegenstand (Part II, Ziffer 2.1.),

- sein direktes oder indirektes finanzielles Interesse am Streitgegenstand (Part II, Ziffer

2.2.), und

- sein Näheverhältnis zu den Parteien und Interessenvertretern (Part II, Ziffer 2.3.)

betreffen.

Im Vergleich zu den Fallgestaltungen unter der „non-waivable Red List“ sollen diejenigen der

„waivable Red List“ weniger schwerwiegende potentielle Interessenverflechtungen

indizieren: „Unverzichtbare/nicht präkludierbare“ Umstände sollen Ausdruck des

vorzugswürdigeren Schutzes des Vertrauens der Allgemeinheit in die Unabhängigkeit der

Institution der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit sein, „verzichtbare/präkludierbare“

Umstände hingegen Ausdruck des Vorrangs der Parteiautonomie1104.

Das folgende, unter die Kategorie eines direkten oder indirekten finanziellen Interesses am

Streitgegenstand (Part II, Ziffer 2.2., d.h. „arbitrator´s direct or indirect interest in the

dispute“) subsumierte Beispiel verdeutlicht, wie sehr die Einordnung eines bestimmten

Sachverhalts in eine der Anwendungslisten der Guidelines „künstlich“1105 und

diskussionsanfällig erscheinen mag: Falls ein nahes Familienmitglied („close family

member“) des Schiedsrichters ein bedeutendes finanzielles Interesse am Ausgang des

Schiedsverfahrens hat, sollen die Parteien in der Lage sein, eine solche Person dennoch zum

1103 Keiner der General Standards aus Part I verweist auf eine der Anwendungslisten aus Part II; Hinweise sind lediglich in den jeweiligen Erläuterungen enthalten; u.a. hatte sich Voser gegen jede Verweisung ausgesprochen, um nicht den Eindruck zu erwecken, die Anwendungslisten seien abschließender Ausdruck der General Standards, und um nicht deren Auffangcharakter zu verdecken, s. IBA Email 8. April 2003, S. 1f.; nach hiesiger Ansicht könnte jedoch ein solcher Hinweis die rein praktische Handhabbarkeit der Listen deutlich erhöhen; an anderer Stelle wird in ausreichendem Maße ausdrücklich auf den Vorrang und Auffangcharakter der General Standards hingewiesen; die „non-waivable Red List“ wurde bereits im Zusammenhang mit GSt 2(d) und GSt 4(b) untersucht. 1104 In diesem Sinne die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 454. 1105 Auf diese Gefahr hinweisend Voser, SchiedsVZ (2004), 59, 63.

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Schiedsrichter ihres Verfahrens zu machen bzw. ihn das Verfahren fortführen zu lassen. Ist

bereits dieser Umstand trefflich diskussionswürdig z.B. im Vergleich zur Fallgestaltung unter

Part II, Ziffer 1.4. der „non-waivable Red List“, gilt das erst recht für die nähere Bestimmung

des Kreises derer, die definitionsgemäß zum Kreis der nahen Familienmitglieder („close

familiy member“) zählen sollen: „Throughout the Application Lists, the term „close family

member“ refers to a spouse (Ehegattin/-e, d. Verf.), sibling (Schwester/Bruder), child (Kind),

parent (Eltern) or life partner (Lebenspartner).“1106: Für manche mag der Kreis der

Familienmitglieder in dem hier festgelegten Sinne nicht konventionell genug sein, für andere

wiederum bereits zu konventionell sein. Immerhin scheint dieser Personenkreis Ausdruck

einer Mehrheitsentscheidung innerhalb der Working Group zu sein, weshalb die

Legaldefinition eine gewisse legitimierende Grundlage hat.

c. Insbesondere. Die „Orange List“

Die Working Group ist der Auffassung, dass die Fallgestaltungen der „waivable Red List“

schwerwiegendere potentielle Interessenkonflikte indizieren, als dies der Fall bei denjenigen

der „Orange List“ ist.

aa. Grundsätzliches

Die „Orange List“ steht in Verbindung mit GSt 3(a) und GSt 4(a). Ihre Anwendungsbeispiele

umfassen jeweils Tatsachen, die der Autonomie des Parteiwillens vollständig geöffnet sind,

weil es den Parteien überlassen bleibt, ob sie einen potentiellen Interessenkonflikt geltend

machen oder nicht, so GSt 3(a) i.V.m. GSt 4(a). Nach Auffassung der Working Group fallen

hierunter Fallgestaltungen, die

- vorherige Beratungsleistungen des Schiedsrichters für eine der Parteien oder seine

anderweitige Einbeziehung in den Fall (Part II, Ziffer 3.1.),

- seine gegenwärtigen Beratungsleistungen für eine der Parteien (Part II, Ziffer 3.2.),

- das Näheverhältnis zwischen ihm und den anderen Schiedsrichtern oder den

Interessenvertretern (Part II, Ziffer 3.3.),

1106 S. die Legaldefinition des Begriffs “close family member” in IBA Guidelines, Part II, Fn. 4.

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- das Näheverhältnis zwischen ihm und einer Partei sowie anderen in das

Schiedsverfahren einbezogenen Personen oder Unternehmen (Part II, Ziffer 3.4.), und

- weitere einzelne, spezielle Situationen (Part II, Ziffer 3.5.) betreffen.

Ihr ursprüngliches Ziel, der Klarheit halber und zum Vorteil praktischer Handhabbarkeit auf

eine „Orange List“ vollständig zu verzichten bzw. sie so kurz wie nur irgend möglich zu

gestalten, scheint die Working Group in Anbetracht des endgültigen Umfangs dieser Liste

nicht erreicht zu haben1107. Jedoch gibt die „Orange List“ nur den derzeitigen Konsensstand

innerhalb der Working Group wider; die erste in Aussicht gestellte Überarbeitung dürfte

bereits zu Änderungen führen.

bb. Englische Barrister, die als Schiedsrichter praktizieren - ein Sonderfall?

Bemerkenswert in der „Orange List“ ist die Fallgestaltung unter Part II, Ziffer 3.3.2: Mit ihr

eröffnet die Working Group die Möglichkeit, einen Schiedsrichter nach Offenlegung

entsprechender Informationen abzulehnen, weil dieser Mitglied derselben Bürogemeinschaft

(„chambers“)1108 wie einer seiner Schiedsrichterkollegen oder einer der Interessenvertreter der

Parteien ist. Dieser potentielle Ablehnungsgrund ist beschränkt auf englische Barristers, die

an einem der vier Inns of Court in London zugelassen sind1109.

In England anerkennt man, dass Barristers derselben Bürogemeinschaft in den

Konstellationen Interessenvertreter-Interessenvertreter, Schiedsrichter-Interessenvertreter und

Schiedsrichter-Schiedsrichter in demselben Verfahren auftreten können. Barristern wird also

zugestanden, trotz der organisatorischen Einheit ihrer Bürogemeinschaft absolut unparteilich

bzw. unabhängig voneinander zu sein und zu entscheiden1110. Weil diese nationale Eigenheit

1107 “It is agreed that the grey list should at the moment be a working tool for the members of the group but that we should - at a later stage - try to attempt to put the situations either in the black or in the white list. The goal is to have a very limited, or even no, grey list.”, s. die IBA Notes, Conference Call, July 1, 2002, S. 2. 1108 Der tatsächlichen Funktionsweise der “chambers” entspricht am ehesten die anwaltliche Bürogemeinschaft, versteht man sie denn als Zweckgemeinschaft, die ihre Betriebskosten, jedoch nicht ihre Einnahmen teilt; so auch IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 456; sehr detailliert Boin, Englische Barristers und die Sozietät, 96 ZVerglRWiss (1991), 386-405. 1109 So IBA Guidelines, Part II, No. 7, bestimmt: „Issues concerning special considerations involving barristers in England are discussed in the Background Information issued by the Working Group.“; dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 455f. unter der Überschrift “Barristers who practise as arbitrators”; s. auch Oxford Dictionay of Law, 5th ed., S. 253: “Inns of Court - Ancient legal societies situated in central London; every barrister must belong to one of them. These voluntary unincorporated associations have the exclusive right of call to the Bar”. 1110 S. dazu zuletzt die englische Entscheidung in Laker Airways Inc v. FLS Aeorspace Ltd (1999) 2 Lloyd´s Rep. 45 per Rix J (Hintergrundinformationen und eine Besprechung dieser Entscheidung bei Kendall, Barristers,

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der Struktur der „barristers´ chambers“ außerhalb Englands selbst in Rechtskreisen kaum

bekannt ist, hat sich die Working Group zur Sicherung des internationalen Impetus der IBA

Guidelines dazu entschlossen, Barristers derselben Bürogemeinschaft wie Partner bzw.

Associates von Sozietäten und „Law Firms“ zu behandeln, diesen Umstand also

offenlegungspflichtig und zu einem potentiellen Ablehnungsgrund zu machen1111.

d. Insbesondere: Die „Green List“

Nach Auffassung der Working Group existieren Umstände, die für die Beurteilung

schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen zu keinem Zeitpunkt relevant werden können;

sie müssen deshalb auch nicht offengelegt werden, können es aber gleichwohl. Diese

Fallgestaltungen sind in der „Green List“ zusammengefasst. Der grundlegende Unterschied

zwischen der „Orange List“ und „Green List“ liegt also darin, dass jene Offenlegung, diese

aber keine verlangt1112; insofern ähnelt die „Green List“ der „non-waivable Red List“. Die

Working Group fasst hierunter Fallgestaltungen,

- die eine vorherige Veröffentlichung allgemeiner Rechtsansichten betreffen, die nicht

auf das Schiedsverfahren bezogen sind (Part II, Ziffer 4.1);

- die außerdem vorherige Tätigkeiten der Sozietät des Schiedsrichters gegen eine der

Parteien ohne seine Beteiligung (Part II,Ziffer 4.2),

- gegenwärtige Beratungsleistungen einer assoziierten oder über eine Allianz

verbundene Sozietät (Part II, Ziffer 4.3),

Independence and Disclosure, 8 ArbInt 3 (1992), 287-299; ders., Barristers, Independence and Disclosure Revisited, 16 ArbInt 3 (2000), 343-351; s. auch Merjian, 17 JInt´lArb 1 (2000), 31-70 (S. 32-35 liefern ebenfalls Hintergrundinformationen über die zweigeteilte Anwaltschaft in England); weitergehend dazu Remmertz, Die englische Anwaltschaft im Wandel, 93 ZVerglRWiss (1994), 202ff.)); Brown, 18 JInt´lArb 1 (2001), 123-130; Riches, Case Comment, 2 Int. A.L.R. 5/6 (1999), 175-180; A. Sheppard, Whether a party appointing their counsel and their arbitrator from the same barristers´ chambers contravenes the requirement of impartiality, Case Comment, 2 Int. A.L.R. 4 (1999), N45-N46. 1111 Insbesondere scheint die Art und Weise der Aufmachung von Informationsbroschüren der “chambers”, die diesen eher den Anschein einer einheitlichen Sozietät denn einer „Betriebskostengemeinschaft“ verleihen, die Working Group zu ihrem Entschluss bewogen zu haben (so zumindest die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 455 (dort aber auch eine ausgiebige Beschreibung von Umständen, die bei einer Einzelfallprüfung wohl eher dafür sprechen, die Mitgliedschaft in derselben Bürogemeinschaft zu tolerieren und als besonderes Zeichen anwaltlicher Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit anzuerkennen, S. 456)). 1112 Die Existenzberechtigung der “Green List” ist vor dem Hintergrund der Forderung nach vollständiger Offenlegung unter dem Grundsatz der “informed choice” im Verlauf der Arbeiten der Working Group beständig kritisiert worden, dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 454.

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- gemeinsame Mitgliedschaften in berufs- oder gesellschaftlich bezogenen

Organisationen bzw. eine gemeinsame Tätigkeit innerhalb desselben Verfahrens als

Schiedsrichterkollegen oder „co-counsel“ (Part II, Ziffer 4.4) und

- lose, unbedeutende Kontakte zwischen einem Schiedsrichter und einer der Parteien

(Part II, Ziffer 4.5) betreffen.

C. Zusammenfassung des 3. Teils

Der 3. Teil der vorliegenden Arbeit formuliert die These der Notwendigkeit eines

international gültigen schiedsverfahrensrechtlichen Ethos, um den Erwartungen der

Verfahrensbeteiligten an die Institution der Internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zu

genügen: Parteien, die diesen Streitlösungsmechanismus wählen, wollen regelmäßig einen

Schiedsrichter auf der Schiedsrichterbank wissen, dessen Kompetenz verlässlich festgestellt

ist, d.h. durch die benennende Partei selbst. Es geht ihr nicht um eine vollständige Kontrolle

der Verfahrensgestaltung, die es ihr ermöglichen würde, ihr Benennungsrecht zu

missbrauchen. Sie will aufgrund ihres Tatsachen- und Beweisvortrags zu einem für sie

wirtschaftlich vertretbaren Ergebnis gelangen - und sie erwartet die gleiche Haltung von der

Gegenseite. Diese Haltung ist moralisch-ethischen Ursprungs, verlangt sie doch von den

Schiedsparteien, ihre Autonomie im eigenen Interesse in Einklang mit einer fairen

Verfahrensgestaltung zu bringen. Nur aufgrund dieser Ausgangsposition erhält die Institution

der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt ihre Daseinsberechtigung. Einem

Schiedsrichter muss dies von Anfang klar sein: Sieht er sich nicht in der Lage, sich

unparteilicher Verfahrensführung und -entscheidung zu versichern, muss er aus Respekt vor

den Schiedsparteien und der Schiedsgerichtsbarkeit seine (weitere) Beteiligung

kompromisslos ablehnen. Ein internationales Schiedsverfahren steht also im Dienst der

Wahrheitsfindung und -vermittlung und - entgegen häufig anzutreffender Ansicht - in diesem

Sinne nicht im Dienst der Parteien und auch nicht eines Schiedsrichters.

Dieser Erkenntnis scheint auch die Working Group mit ihren IBA Guidelines 2004 folgen zu

wollen: Ihre GSt 1, GSt 2(a) und GSt 7 nehmen sämtliche Verfahrensbeteiligte in die Pflicht,

den größtmöglich moralisch-ethischen Anspruch zu verwirklichen - den der Fairness. Hierzu

trägt der zur Verfügung stehende Mechanismus allgemeingültiger General Standards bei, die

in Form regelmäßig wiederauftretender Fallgestaltungen in die Praxis der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit umgesetzt werden, Zweifelsfälle auffangen und aufgrund ihres

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grundsätzlichen Charakters die Beurteilung und Bewältigung von Interessenkonflikten

ermöglichen.

Kritisch sieht die vorliegende Arbeit in logischer Konsequenz der Ergebnisse des 2. Teils die

Entscheidung der Working Group, ihren objektiven Prüfungsmaßstab zur Beurteilung von

Ablehnungsgründen durch einen subjektiven zur Beurteilung der schiedsrichterlichen

Offenlegungspflicht i.S. eines subjektiven „through the eyes of the parties“-Tests zu ergänzen:

Diese unterschiedlichen Parameter verwirren, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit

insbesondere der subjektive Maßstab des GSt 3(a) zu einem Mehr an Fairness und letztlich an

Wahrheitsfindung beitragen kann.

Die IBA Guidelines schlagen eine Schneise in das Dickicht der Problematik

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte, lichten es aber in ihrer derzeitigen Fassung noch

nicht vollständig1113.

1113 So auch IBA Guidelines, Introduction, No. 7: „The IBA and the Working Group view these Guidelines as a beginning, rather than an end, of the process. … The IBA and the Working Group seek comments on the actual use of the Guidelines, and they plan to supplement, revise and refine the Guidelines based on that practical experience.”.

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4. Teil:

IBA Guidelines on Conflicts of Interest 2004 im (inter-)nationalen Normengefüge

Der abschließende Teil der Arbeit untersucht, in welcher Beziehung die Regelungen der IBA

Guidelines zur Vermeidung, Offenlegung, Beurteilung und Lösung schiedsrichterlicher und

damit auch schiedsparteilicher Interessenkonflikte zu entsprechenden Regelungen auf

nationaler und internationaler Ebene sowie in international ausgerichteten Schiedsordnungen

stehen (dazu nachfolgend unter A.). Die Analyse dieser Fragestellung ermöglicht es zu

beurteilen, ob und inwieweit die IBA Guidelines tatsächlich Einfluss auf die Entwicklung

eines international praktizierten schiedsrichterlichen und -parteilichen Ethos nehmen können

(dazu nachfolgend unter B).

A. Rechtsnatur und Rang der IBA Guidelines 2004

Der Darstellung der eigenen Positionierung der IBA Guidelines 2004 durch die Working

Group (dazu nachfolgend unter I.) folgt die Herleitung und Begründung der These, dass die

IBA Guidelines Bestandteil einer transnationalen Wirtschafts(rechts)rechtsordnung sind, die

unabhängig von nationalstaatlicher Souveränität wirkt (dazu nachfolgend unter II.)1114.

I. Die Position der Working Group

Im Rahmen ihrer Einführung zu den Guidelines beurteilt die Working Group deren

Rechtsnatur folgendermaßen:

“These Guidelines are not legal provisions and do not override any applicable

national law or arbitral rules chosen by the parties. However, the Working Group

hopes that these Guidelines will find acceptance within the international

arbitration community (as did the IBA Rules on the Taking of Evidence in

International Commercial Arbitration) and that they will thus help parties,

practitioners, arbitrators, institutions and the courts in their decision-making

process on these very important questions of impartiality, independence,

disclosure, objections and challenges made in that connection.”1115

Dreierlei stellt die Working Group damit gleich eingangs ihres Regelungswerks fest: Dass die

Guidelines im Rahmen der Beurteilung und Lösung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte 1114 Einleitend zum Begriff des „transnationalen“ Rechts s. Dalhuisen, International Commercial Law, S. 98ff. 1115 So IBA Guidelines, Introduction, No. 6; ähnlich IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 435.

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nicht allgemeinverbindlich und gesetzesgleich wirken (dazu nachfolgend unter 1.); dass

vergleichbare nationale Regelungen und eine in das Vertragsverhältnis der Schiedsparteien

einbezogene Schiedsordnung vorrangig Anwendung finden sollen (dazu nachfolgend unter

2.); und dass die Guidelines de facto aufgrund ihrer bloßen Präsenz und praktischen

Berücksichtigung durch die internationale Schiedsgemeinschaft Einfluss auf Schiedsparteien,

Interessenvertreter, Schiedsrichter und angerufene staatliche Gerichte wirken (dazu

nachfolgend unter 3.)1116.

1. Rechtsnatur einer Verabschiedung durch die IBA

a. Struktur der IBA

Die IBA ist als weltweite, öffentlich-rechtliche Dachorganisation nationaler anwaltlicher

Berufsorganisationen mit dem Ziel der Interessenvertretung gegründet worden. Heute ist sie

die weltweit größte und bekannteste privatrechtlich ausgestaltete Interessenvertretung derer,

die im weitesten Sinne rechtsberatend tätig („members of the legal profession“) und ihr

mitgliedschaftlich verbunden sind. Die Working Group on Conflicts of Interest in

International Arbitration wurde durch das Arbitration and ADR Committee eingesetzt, das

seinerseits als Committee D der IBA Section on Business Law eine Arbeitseinheit der Legal

Practice Division der IBA ist1117.

b. Rechtsetzungsbefugnis der IBA

Aufgrund ihres privatrechtlichen Charakters ergibt sich die Rechtsetzungsbefugnis der IBA

aus ihrer selbstgewählten Satzung und beschränkt sich auf die dortigen satzungsmäßigen

Aufgaben. Diese zielen insbesondere darauf ab, durch breit angelegte fachliche Studien zu

international relevanten, praktischen Rechtsproblemen globaler Rechtsvereinheitlichung

1116 Erläuternd hierzu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 439: „ In response to the criticism that the Guidelines posed a potential hazard when they conflicted with applicable national laws, the Working Group determined that the Guidelines already made clear that they did not supplant national laws. The Guidelines are both descriptive and normative - they draw on existing local standards; however, the Guidelines also seek to suggest a general best international practice that might influence the approach of local courts and legislatures. In many, especially common law, jurisdictions where the judge-made law is unclear on a particular point, the Guidelines might be of use to arbitrators as well as to judges in exercising their discretion. The Guidelines can thus, where relied on, serve to influence courts and assist with filling in the gaps of national law, in the same way that they might assist arbitral institutions in evaluating conflicts under their own rules. The Working Group naturally recognizes that arbitrators must always still defer to applicable national laws or arbitral rules when evaluating potential conflicts, but this should not detract from the importance or utility of the Guidelines which aim to provide greater detail and guidance on these important matters of indepence and impartiality from an international perspective.“. 1117 Für allgemeine Informationen zur IBA s. www.ibanet.org; dort insbesondere die IBA Constitution (approved at the IBA General Meeting, Washington, 22 May 2004, amended in Auckland on 28 October 2004), die detailliert Zielsetzung, Struktur (Council, Management Board, Divisions, Forums/Sections, Committees) und Funktionsweise der IBA festlegt.

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beizutragen1118. Entsprechende „Standards“, „Statements“, „Rules“, „Concordat“ und

„Resolutions“1119 wie z.B. die IBA Guidelines entfalten deshalb vornehmlich gegenüber ihren

Mitgliedern bindende Wirkung; und zwar zunächst so lange, wie diese tatsächlich

mitgliedschaftlich verbunden sind. Diesen Umstand nimmt die Working Group in der

eingangs zitierten Erläuterung aus ihrer Einführung zu den IBA Guidelines dadurch auf, dass

jegliche offizielle Verlautbarung und damit auch die durch den Council der IBA

verabschiedeten („approved“) Guidelines keine allgemeinverbindliche, gesetzesgleiche

Wirkung sollen entfalten können. Erst mit ihrer Einbeziehung in ein Vertragsverhältnis

können sie aufgrund der rechtlichen Gestaltungskraft der sie anwendenden Schiedsparteien

rechtlich bindende Wirkung in der Gestalt entfalten, die ihnen die Schiedsparteien

zugestehen; entgegen ihrem Vorgehen im Rahmen der IBA Ethics 1987 hat sich die Working

Group im Verlauf der Arbeiten an den Guidelines 2004 gegen die Aufnahme einer

Inkorporierungsklausel in das Regelungswerk ausgesprochen1120.

2. Vorrang nationalen Rechts und des Rechts institutioneller Schiedsorganisationen

In logisch zwingender Konsequenz anerkennt die Working Group dann auch ausdrücklich die

Tatsache, dass derzeit zwingende nationale Regelungen vorrangig anzuwenden sind und

keinen Raum für die Anwendung der Guidelines lassen1121. Gleiches soll dann gelten, wenn

die Schiedsparteien vereinbart haben, ihr Verfahren unter einer institutionellen

Schiedsordnung durchzuführen. Das zeigt den Willen der Working Group, die de lege lata

beherrschende Stellung solcher Schiedsorganisationen und deren Bedeutung für die

Entwicklungen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit anzuerkennen bzw. mit der

Verabschiedung der Guidelines nicht gefährden zu wollen; taktisch bliebe ihr ohnehin nichts

anderes übrig, möchte sie deren absolute Vormachtstellung zur Verbreitung ihrer Guidelines

1118 So ausdrücklich die IBA Constitution unter Art. 1: “1.4: to advance the science of jurisprudence in all its phases; 1.5: by common study of practical problems to promote uniformity and defintion in appropriate fields of law, …; 1.7: to promote in the execution of these objects the principles and aims of the United Nations in their legal aspects and to cooperate with, and promote coordination among, international juridical organisations having similar purposes.”. 1119 Zur Übersicht dieser Verlautbarungen im weitesten Sinne, die die IBA nach außen bekannt gibt, vgl. das „Compendium of IBA Standards, Statements, Rules, Concordat and Resolutions“ und die Übersicht bisheriger „IBA Resolutions“ unter www.ibanet.org (Stichwort: IBA Resolutions). 1120 IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 449 (erster bullet point): „because of the possibility of a negative inference against using the Guidelines when such a clause was not included.“. 1121 Bereits in ihrer ersten Telephonkonferenz beschäftigte sich die Working Group mit dem Verhältnis der Guidelines zu nationalem Recht, s. IBA Notes, Conference Call, July 1 2003, S. 2 ((4. Relationship between ethical rules and state law) „The issue is raised what the relationship between the ethical rules and the state law is. The members are of the opinion that we are not in a position to make any comments as to this relationship because the national laws will always have priority. The best we can do is to formulate best international practice.”).

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nutzbar machen1122: Kann dies nicht im Wege einer ausdrücklichen Übernahme durch solche

Schiedsorganisationen in deren Schiedsordnungen gelingen, dann doch zumindest über eine

faktische, inhaltliche Annäherung der Prüfungsstandards1123.

Fraglich ist, was geschieht, wenn Schiedsparteien die Geltung der IBA Guidelines und

gleichzeitig die Administrierung ihres Verfahrens durch eine Schiedsorganisation mit eigenen

Regelungen über die Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte vereinbaren1124.

Könnten die Schiedsparteien verlangen, die Guidelines statt der institutionellen Regelungen

anzuwenden, diese zumindest aber durch jene zu ergänzen? Im Grundsatz wird der Wortlaut

der kompletten Schiedsvereinbarung bzw. all derjenigen Regeln entscheiden, die sich mit der

Vereinbarung eines Schiedsverfahrens beschäftigen; praktisch betrachtet werden sich

Schiedsparteien jedoch dem Regelungswerk der ihr Verfahren administrierenden

Schiedsorganisation unterwerfen müssen, wenn sie deren Hilfe in Anspruch nehmen wollen -

oder sich bei deren Weigerung der Anerkennung der IBA Guidelines um anderweitige

Administrierung oder eine parteiautonome ad hoc-Verfahrensgestaltung kümmern müssen.

1122 In diesem Sinne auch de Witt Wijnen, IBA Email, 5. März 2003, S. 2: „Finally: one of the things that has been increasingly mentioned to me is the different approach by the various institutions of the conflicts problem. And that, if we would succeed in formulating our guidelines (or notes) and get the institutions´ support thereon, it would be extremely important a) that, subsequently, the institutions make an effort to align their approach and “jurisprudence” and b) that this jurisprudence is somehow published - with reasons as a number of persons think should be the case.”. 1123 Vor allem die ICC richtet sich gegen die formale, nicht jedoch unbedingt inhaltliche Übernahme der IBA Guidelines in ihre eigene Schiedsordnung, dazu IBA Notes, 4th Meeting, Tylney Hall, May 10, 2003, S. 2: „the ICC had stated that it welcomed the Working Group´s project; however, the ICC had reiterated that it had its own policies, which it would be reluctant to change.“; sehr positiv zuletzt jedoch Briner, zitiert durch Hwang, IBA Email, 28. Mai 2004: “Robert Briner announced that he had asked the ICC Secretariat to refer to the IBA Guidelines from now on when considering challenges for conflicts of interest. He did not say that they would adopt these Guidelines completely but he wanted to have them in mind and see if - they proved useful in practice, - they conflicted with existing ICC practices (he did not say what ICC would do if there was such conflict). He hoped that after some time he would have enough material to report to the IBA how theses Guidelines were working out in practice.”; vgl. auch Voser, IBA Email, 11. September 2003, S. 2: “Anne-Marie (Whitesell, d. Verf.) confirmed that the ICC is not in a position to formally adopt the Guidelines but that the Guidelines “may be an useful exercise”. She said that it is necessary to carefully analyse “the interplay of the Guidelines with the institution.”. 1124 Solche Vereinbarungen werden regelmäßig im Hinblick auf die IBA Rules on the Taking of Evidence 1999 geschlossen (vgl. deren Vorwort: “In addition to the (institutional or ad hoc rules chosen by the parties), the parties agree that the arbitration shall be conducted according to the IBA Rules of Evidence.”); dies dürfte in Zukunft wohl auch regelmäßig in Bezug auf die IBA Guidelines geschehen (vgl. die Inkorporierungsklausel der IBA Ethics 1987, die im Rahmen der Schiedsvereinbarung einer institutionellen Schiedsklausel hinzugefügt werden sollte: “The parties agree that the rules of Ethics for International Arbitrators established by the IBA, in force at the date of the commencement of any arbitration under this clause, shall be applicable to the arbitrators appointed in respect of such arbitration.”); vgl. auch Briner, zitiert durch Hwang, Email, 28. Mai 2004: “Robert Briner … did not say that they (d.h. die ICC, d. Verf.) would adopt these Guidelines completely but he wanted to have them in mind and see if - they proved useful in practice - they conflicted with existing ICC practices (he did not say what ICC would do if there was such conflict).”, (Hervorhebung d. Verf.).

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3. De facto - Wirkung

a. „Best International Practice“

Die Working Group ist sich der mangelnden positivrechtlichen Wirkung ihrer Guidelines

bewusst, erinnert sie doch deren Nutzer daran, stets vorrangig anwendbares Recht,

insbesondere die lex fori und lex arbitri, zu berücksichtigen1125. In Anerkennung dieses

Vorrangs nationalgesetzlicher Regelungen formuliert sie deshalb auch nur die Hoffnung, dass

die Guidelines ähnlich der pragmatisch-praktischen Akzeptanz der IBA Rules on the Taking

of Evidence 1999 Eingang in die Gestaltung internationaler Schiedsverfahren finden1126.

Gleichzeitig wiederum scheint sie sich ihrer Einflussmöglichkeiten auf die Beteiligten

internationaler Schiedsverfahren nur allzu deutlich bewusst zu sein, wenn sie sich in der Lage

sieht, diesen die Guidelines gleich einem „Ratgeber“ als Hilfe empfehlen zu können1127.

Ganz eindeutig wollte die Working Group mit ihrem Projekt niemals nur existente

Regelungen einzelner Jurisdiktionen sammeln und überblicksartig zusammenstellen; vielmehr

wurden die Arbeiten von Beginn an von der Überzeugung getragen, nur mit einem eigenen,

neuen Impetus die internationale Schiedsgemeinschaft vom Sinn ihrer Arbeit überzeugen zu

können1128: Ihr Ziel ist die Etablierung einer „best international practice“ für die Gestaltung

internationaler Schiedsverfahren1129. Diese sollen nicht aus dem für die Beurteilung von

Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit und Offenlegung auffindbaren kleinsten gemeinsamen

Nenner gewonnen werden; vielmehr will die Working Group diametral entgegengesetzt einen

„aspiring standard“ setzen, also Regelungen formulieren, deren Gehalt überwiegend

gemeinsames Wertegut möglichst vieler Jurisdiktionen ist, die zugleich aber in ihrer durch die

IBA Guidelines verwirklichten Interaktion für viele Jurisdiktionen noch (immer) nicht

praktiziert werden1130. Die bloße Existenz der Guidelines, und wohl auch die Tatsache ihrer

1125 „The Working Group naturally recognizes that arbitrators must always still defer to applicable national laws or arbitral rules when evaluating potential conflicts.”, IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 439. 1126 Dieser Ansatz war wenige Tage vor und nach der Verabschiedung der IBA Guidelines im Mai 2004 Gegenstand einer Diskussion zwischen O.L.O de Witt Wijnen und Toby Landau (jeweils IBA Email, 17. Mai 2004) und wurde von Doug Jones (IBA Email, 29. Mai 2004) kommentiert; diskutiert wurde jedoch vornehmlich das Verhältnis der IBA Guidelines zu nationalem Recht (insbesondere in Bezug auf das common law), nicht aber die „Rechtsqualität“ der Guidelines selber. 1127 So oben zu I. das einleitende Zitat. 1128 Ziel war also kein bloßes „information document“, sondern die Entwicklung einer eigenen „best international practice“, dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 434f. u. 439. 1129 “The Guidelines seek to set out best practice rather than hard-and-fast rules; and the Guidelines are perhaps ´rules of law´.”, IBA Section on Business Law, 9 Arbitration and ADR Committee Newsletter 1 (May 2004), 5. 1130 Zu der von Toby Landau im Verlauf der „hazardous operation review“ (s. dazu IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 438f.) geäußerten Kritik an den einleitenden Worten der Background Information („that there are no specific mandatory rules with regard to conflicts in most if not all of the these jurisdictions.”, S. 435) s. die IBA Emails von O.L.O de Witt Wijnen und Toby Landau (beide 17. Mai 2004) sowie Doug Jones (29. Mai 2004).

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Verabschiedung durch die IBA, soll nationalen Gesetzgebern und den an deren nationale

Regelungswerke gebundenen staatlichen Gerichten nicht nur ein, sondern der neue Fixpunkt

sein, an dem sie ihre Prüfung eines schiedsrichterlichen Interessenkonflikts in einer

international anerkannten Art und Weise ausrichten können1131.

Insofern sind die IBA Guidelines einerseits nicht mehr als ein unverbindliches Angebot an die

internationale Schiedsgemeinschaft, andererseits jedoch aufgrund ihrer Erarbeitung durch

international renommierte Praktiker und die Verabschiedung durch die IBA de facto von

international wie auch national maßgeblicher Präsenz.

b. „Rule(s) of Law“

Kurz vor ihrer Verabschiedung ist innerhalb der Working Group die Ansicht geäußert

worden, bei den IBA Guidelines könnte es sich vielleicht auch um ´rules of law´ handeln1132.

Dieser Gedanke, der in weiteren öffentlichen Verlautbarungen weder der Working Group

selbst noch des IBA Council jemals wieder aufgegriffen wurde, wirft auf die Rechtsnatur und

das Verhältnis der IBA Guidelines zu nationalen Rechtsordnungen und sonstigen

internationalen Regelungswerken ein anderes Licht, als dies der Fall ist, wenn man sie „nur“

als „best international practice“ qualifiziert. Dies allein schon aufgrund der unterschiedlichen

Begrifflichkeit, welche ihren diametral entgegengesetzten Regelungscharakter offenlegt:

Handelt es sich bei einer „best international practice“ um ein grundsätzlich unverbindliches

Verhaltensmuster, dessen Grundlage ein grenzüberschreitender, moralisch-ethisch

begründeter Konsens ohne positivistische Rechtsetzungskraft im herkömmlichen Sinne ist,

führt die Bezeichnung als ´rule(s) of law´1133 zu einem grundsätzlich verbindlichen und

1131 In diesem Sinne das Bild eines Lots und seiner Ausrichtung anhand eines Fixpunktes verwendend Jones, IBA Email, 29. Mai 2004: „the Guidelines provided a benchmark against which single judges could exercise their discretion, and appellate courts could move the bounderies of existing law.”; ähnlich IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 439: “The Guidelines can thus, where relied on, serve to influence courts and assist with filling in the gaps of national law, in the same way that they migth assist arbitral institutions in evaluating conflicts under their own rules.” (Hervorhebung d. Verf.). 1132 So Nathalie Voser auf der IBA San Francisco Conference (14.-19. September 2003), zitiert in IBA Section on Business Law, 9 Arbitration and ADR Committee Newsletter 1 (May 2004), S. 5. 1133 Die vorliegende Arbeit geht von der Annahme aus, dass sich die vorbezeichneten ´rule(s) of law´ auf die aus dem englischen Rechtskreis stammende ´rule of law´ beziehen (, die lediglich aufgrund der im Plural betitelten IBA Guidelines etwas ungenau ebenfalls im Plural wiedergegeben wurde); zur dortigen Begründung dieses Terminus durch Dicey vgl. denselben, Introduction to the Study of the Law of the Constitution, 1885, S. 175-184; s. aber auch Cooray, No. 18., The Rule Of Law: „The rule of law is fundamental to the western democratic order. Aristotle said more than two thousand years ago ´The rule of law is better than that of any individual.´. Lord Chief Justice Coke quoting Bracton said in the case of Proclamations (1610) 77 E.R. 1352 “The King himself ought not to be subject to man, but subject to God and the law, because the law makes him King”. The rule of law in its modern sense owes a great deal to the late Professor AV Dicey. Professor Dicey's writings about the rule of law are of enduring significance.”, abrufbar unter www.ourcivilisation.com/cooray/btof/chap180.htm.

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bindenden Verhaltensmuster; es kann jedoch nicht einfachgesetzlichen Regelungen

gleichgesetzt werden, da die ´rule of law´ kein normativer Tatbestand ist, sondern ein

vollständiges Wertesystem umfasst1134. Die in der deutschen Jurisdiktion vorgeschlagene

Gleichsetzung mit den Verfassungsprinzipien der Rechtsstaatlichkeit bzw. dem

Rechtsstaatsprinzip1135 verdeutlichen dieses Verständnis. Für die Qualifizierung der IBA

Guidelines als „rule(s) of law“, wohl nicht dagegen, spricht auch die schlussendlich

getroffene Entscheidung der Working Group, ihr Regelungswerk mit „Guidelines“ zu

überschreiben: Dieser Titel weist auf eine geringere bzw. stärkere rechtliche Verbindlichkeit

hin als es der Begriff der „rules“ bzw. der „notes“ jeweils hätte suggerieren können; diesen

beiden diametral entgegengesetzt fordern die IBA Guidelines eine moralisch-ethische

Leitungsfunktion, die in diesem Sinne außerhalb jeder normativen Rechtsordnung steht, auf

diese vielmehr von außen einwirkt1136. Verfolgt man diesen Ansatz, so zeigt sich in der

Überlegung, die Guidelines auf die abstrakte Ebene eines eigenen Wertesystems zu heben,

das Bestreben, sie über den Status eines grundsätzlich vom autonomen Willen der Parteien

abhängigen Regelungswerks und über die „inter partes“-Beziehung dieser Parteien hinaus auf

eine einflussreichere und allgemeinverbindlichere, weil „inter omnes“ wirkende Ebene zu

heben: Nach Ansicht des Verfassers stellt sich die Frage, ob dies die Ebene einer

transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung ist: 1134 Umfassender in dieser Hinsicht Cooray, No. 18., The Rule of Law, nach dem die “essential characteristic” der “rule of law” folgende Aspekte sind: 1. The supremacy of law, which means that all persons (individuals and government) are subject to law. 2. A concept of justice which emphasises interpersonal adjudication, law based on standards and the importance of procedures. 3. Restrictions on the exercise of discretionary power. 4. The doctrine of judicial precedent. 5. The common law methodology. 6. Legislation should be prospective and not retrospective. 7. An independent judiciary. 8. The exercise by Parliament of the legislative power and restrictions on exercise of legislative power by the executive. 9. An underlying moral basis for all law.”. 1135 So Pons, Fachwörterbuch Recht, S. 285 li.Sp; zur Begrifflichkeit vgl. Oxford Dictionary of Law, 5th ed., S. 441: „rule of law“ - 1. the supremacy of law. 2. A feature attributed to the UK constitution by Professor Dicey (Law of the Constitution, 1885). It embodied three concepts: the absolute predominance of regular law, so that the government has not arbitrary authority over the citizen; the equal subjection of all (including officials) to the ordinary law administered by the ordinary courts; and the fact that the citizen´s personal freedoms are formulated and protected by the ordinary law rather than by abstract constitutional declarations.”; ähnlich Legal Answer Dictionary, abrufbar unter www.answers.com/topic/rule-of-law: ´rule of law´- 1. An authoritative legal doctrine, principle, or precept applied to the facts of an appropriate case (adopting the rule of law that is most persuasive in light of precedent, reason and policy - Wright v Wright, 904 P.2d 403 (1995)), 2. government by law adherence to due process of law; zum Ursprung vgl. Dicey, Introduction to the Study of the Law of the Constitution, 1885, S. 175-184; dies kommentierend Sugarman, The Legal Boundaries of Liberty: Dicey, Liberalism and Legal Science, 46 The Modern Law Review (1983), 102ff. 1136 Dass es sich bei diesen Ausführungen nicht um bloße Förmelei handelt, zeigt auch der Umstand, dass der Titel der schlussendlich „Guidelines“ genannten Regelungen zumindest zu Beginn der Arbeiten sehr umstritten gewesen ist („Guidelines“ im 1st Draft Joint Report on IBA Guidelines, October 7 and 15, 2002; kritisch und stattdessen „Notes“ vorschlagend Karrer, IBA Memo, December 3, 2002, S. 2 (um der Gefahr einer im Rahmen der Erarbeitung der UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings aufgetretenen Fehlübersetzung von „guidelines“ durch „directives“ vorzubeugen); ähnlich ICC Germay, in: IBA Memo, 6. Dezember 2002, Raeschke-Kessler (um so ein Weniger an Verbindlichkeit zu erlangen); eingehend diskutierend die IBA Notes, Conference Call, 12 March 2003, S. 2 (vorgeschlagen wurden „Notes“, „Guidelines“ (so eine stärkere Bindungswirkung des Regelungswerks anzeigend), „Principles“ (statt „Guidelines“)); s. auch Draft Report of the 2nd Draft Joint Report on IBA Guidelines, June 15, 2003, Fn. 1.

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II. Die IBA Guidelines 2004 als transnationales Recht

Zumindest die schriftlichen Arbeitsmaterialien lassen nicht erkennen, dass die Mitglieder der

Working Group die Guidelines ausdrücklich und begrifflich als transnationales Recht

verstanden wissen wollten1137. Nachfolgend wird jedoch gezeigt, dass dies tatsächlich der Fall

ist und die Guidelines als solches Bestandteil einer transnationalen

Wirtschafts(rechts)ordnung sind, die gleich einer dritten Rechtsebene auf nationale

Rechtsordnungen und internationale bzw. völkerrechtliche Übereinkommen einwirkt.

1. Kein „domestic law“ bzw. „public international law“

Die Berechtigung des vorliegenden Prüfungsansatzes ergibt sich aus der praxisbezogenen

Erkenntnis der internationalen Schiedsgemeinschaft, dass der grenzüberschreitende

Wirtschaftsverkehr nur mit einem gleichfalls grenzüberschreitenden, jenseits der

Beschränkungen nationaler Grenzen und Rechtsordnungen operierenden

Streitlösungsmechanismus unterstützt werden kann1138: Ein solcher ist bislang jedoch weder

durch nationale Rechtsordnungen („domestic laws“) noch internationale Konventionen im

weitesten Sinne („public international law“ inkl. Völkerrecht) erarbeitet worden1139; auch das

kollisionsrechtliche internationale Privatrecht („private international law“) kann keine

Hilfestellung geben, da es definitionsgemäß dazu führen soll, einen Streit einer bestimmten

Jurisdiktion zuzuordnen, wenngleich auch unter gewisser Berücksichtigung ausländischen

Rechts1140.

Das ausklingende vergangene Jahrhundert und das beginnende sind durch eine zunehmende

Abhängigkeit der Staatengemeinschaft untereinander gekennzeichnet; eine in diesem Umfang

bislang noch nicht dagewesene Internationalisierung der Handelsbeziehungen auf

multilateraler, bilateraler und regionaler Ebene hat zusammen mit der exponentiell

verlaufenden Entwicklung neuer Informationstechnologien die Interaktion zwischen

souveränen Staaten, der Wirtschaft und Bürgern vollständig verändert. Die internationale

1137 In einem Gespräch mit dem Verfasser wies jedoch Hilmar Raeschke-Kessler darauf hin, er persönlich gehe davon aus, dass es sich bei den IBA Guidelines 2004 tatsächlich um transnationales Recht handele (womit nichts über die Ansichten innerhalb der Working Group ausgesagt sei). 1138 So Berger, „Creeping Codification“, S. 4: “The constant evolution and changing picture of international trade and commerce requires a corresponding flexibility of the applicable transnational law.”, abrufbar unter www.tldb.uni-koeln.de/php/pub_show_document.php?pubdocid=000004&pubwithoutheaders=ja. 1139 Zur Begrifflichkeit, herkömmlichen und inzwischen hinfälligen Unterscheidung zwischen dem „domestic/municipal/national law“ einerseits und „private / public international law“ andererseits s. Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 2-38. 1140 Wegen dieser zwingenden Bindung an nationales Recht kann das Schweizer IPRG auseinanderlaufende Rechtsordnungen zwar auszutarieren versuchen, aber nicht zugunsten einer allumfassenden Beurteilung transzendent zu machen.

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Schiedsgerichtsbarkeit, die mit dem grenzüberschreitenden Handel und dessen Recht Hand in

Hand geht, wird sich den beständig ändernden Anforderungen nur dann stellen können, wenn

sie ihm folgen und überall ein gleich verlässlicher Partner ist. Sie muss „trans-national“ und

nicht lediglich „inter-national“, also über Ländergrenzen hinaus und jenseits davon

Streitlösungsmechanismus sein1141. Im Hinblick auf die IBA Guidelines 2004 zeigt sich diese

Notwendigkeit darin, dass weder Schiedsparteien noch Schiedsrichter ohne ein grundsätzlich

moralisch-ethisches Grundgerüst ihrem natürlichen Anspruch genügen können, mit anderen

Wirtschaftsteilnehmern i.S. eines „my word is my bond“ fair umzugehen - denn dieser faire

Umgang ist die Grundannahme einer jeden Austauschtätigkeit im weitesten Sinne1142.

Wie nun sieht die Praxis in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und der sie

begleitenden IBA Guidelines 2004 im Hinblick auf die Art und Weise aus, wie eine solche

transnationale Rechtsordnung begründet werden kann?

2. Existenz und Terminologie einer transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung

Die sich insoweit nach der Existenz einer transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung1143

stellende Frage wird in dieser Arbeit als Frage der Existenz eines Rechtsordnungssystems i.S.

einer 3. Rechtsebene1144 neben derjenigen nationaler Gesetzgeber (“domestic laws”) und

internationaler bzw. völkerrechtlicher Übereinkommen („public international law“) i.S. einer

1. und 2. Rechtsebene behandelt.

1141 Ähnlich Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 2-38 („tertium genus“); Gaillard, Transnational Law, in: Berger (ed.), The Practice of Transnational Law, S. 53, 54; Lowenfeld, Lex Mercatoria, in: Carbonneau (ed.), Lex Mercatoria and Arbitration, S. 71, 83; Lehmkuhl, Transnational Commercial Arbitration, S. 15f. und 19; die Entwicklung einer solchen transnationalen Rechtsordnung ist nicht mit den im 2. Teil dieser Arbeit vorgestellten und abgelehnten Delokalisationsbestrebungen zu verwechseln. 1142 Und nach Ansicht des Verfassers gerade aufgrund globalisierender Handelsnetzwerke und dem damit verbundenen Wegfall handelsbezogener Grenzen das Fundament jeder kaufmännischen Tätigkeit. 1143 Die vorliegende Arbeit verwendet grds. nur den Begriff des „transnationalen Rechts“; soweit sie dennoch ausnahmsweise und ersatzhalber den der „lex mercatoria“ verwendet, geschieht dies nur im Rahmen notwendiger Zitierung; dann werden beide Begriffe jedoch sinngleich verwendet (so auch Brunetti, 18 ArbInt 4 (2002), 355, Fn. 1); einführend zum Begriff des „transnationalen Rechts“ Dalhuisen, International Commercial Law, S. 98ff.; Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 2-38; jüngst Brower/Sharpe, The Creeping Codification of Transnational Commercial Law: An Arbitrator´s Perspective, 45 Virginia J. Int´l L. 1 (Fall 2004), S. 199 - S. 221; umfassend Berger, Formalisierte oder schleichende Kodifizierung des transnationalen Wirtschaftsrechts, S. 29ff. und 85ff. m.w.N. (s. auch die englische Ausgabe: The Concept of the “Creeping Codification of Transnational Commercial Law” (1999)); ebenso Fortier, The New, New Lex Mercatoria, or, Back to the Future, 17 ArbInt 2 (2001), 121ff.; s. aus der Praxis: Brunetti, The Lex Mercatoria in Practice: The Experience of the Iran-United States Claims Tribunal, 18 ArbInt 4 (2002), 355-378; Nottage, The Vicissitudes of Transnational Commercial Arbitration and the Lex Mercatoria: A View From the Periphery, 16 ArbInt 1 (2000), 53-78; kritisch Stein, Lex Mercatoria, Realität und Theorie, 1995. 1144 Ähnlich Redfern/Hunter, Law and Practice, Rdn. 2-38 („tertium genus“); ebenso Berger, Transnational Commercial Law in the Age of Globalization, S. 1, abrufbar unter www.uniroma1.it/die/centro/publications/42berger.pdf.

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a. Terminologie „transnationales Recht“

Eine grundlegende Studie des Center for Transnational Law der Universität Köln erläutert,

dass die Vertragspartner grenzüberschreitender Wirtschaftsvereinbarungen mit der

Bezugnahme auf „transnationales Recht“ überwiegend auf eine Vielzahl rechtlicher Quellen,

z.B. „general principles of law“, eine „lex mercatoria“, „UNIDROIT principles of

international economic agreements“ oder auch „transnational principles of law“ verweisen1145,

sich aber hinsichtlich des konkreten Inhalts und Umfangs eines solchen transnationalen

Rechts nicht sicher sind1146.

Für Zwecke der vorliegenden Arbeit umfasst transnationales Recht all diejenigen Regelungen,

Grundsätze und Usancen im weitesten Sinne, die aus einer grenzüberschreitenden

wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. Transaktion hervorgehen, ohne einen Bezug zu einer

bestimmten nationalen Rechtsordnung aufzuweisen. Es wird nicht der Versuch unternommen,

sich eingehend mit der Frage zu beschäftigen, ob und in welcher Form speziell eine „lex

mercatoria“ oder ein „merchant law“ tatsächlich existiert1147 - sei es als eigenständige,

positive Rechtsordnung oder als Ensemble sozialer Normen, die der Transformation in

nationalstaatliches Recht bedürfen1148. Denn wie zu zeigen sein wird, zielt letztlich auch eine

solche Fragestellung nach hiesigem Verständnis nur darauf ab, über das reine Handels- und

Wirtschaftsrecht hinaus diejenigen Möglichkeiten zu untersuchen, die die enge Verknüpfung 1145 Details zum Center for Transnational Law (CENTRAL) abrufbar unter www.transnational-law.de; zur Studie s. Berger/Dubberstein/Lehmann/Petzold, The CENTRAL Enquiry on the Use of Transnational Law, in: Berger (ed.), The Practice of Transnational Law, S. 91-113; ergänzend dieselben, Anwendung Transnationalen Rechts in der internationalen Vertrags- und Schiedspraxis, 101 ZVerglRWiss (2002), S. 12-37; s. auch Berger, Transnational Law in the Age of Globalization, S. 13-27; die CENTRAL List ist erstmals abgedruckt bei Berger, The Concept of the “Creeping Codification“, S. 278-311. 1146 Berger (ed.), The Practice of Transnational Law, S. 194; vgl. auch die vorhergehenden drei Projekte der (1.) Selden-Enquiry 1995, dazu Selden, Lex Mercatoria in European and U.S. Trade Practice: Time to Take a Closer Look, 2 Ann. Surv. Int'l & Comp. L. (1995), 111ff.; (2.) der UNIDROIT-Enquiry 1996, dazu UNIDROIT (ed.), The use of the UNIDROIT Principles in Practice, Results of the first inquiry undertaken by the Secretariat of UNIDROIT, 1997 (dazu Bonell, An International Restatement of Contract Law, S. 235ff., und ders., Global Arbitration Decided on UNIDROIT Principles, 17 ArbInt 3 (2001), 249-261); und (3.) der Gordon-Enquiry 1997, dazu Gordon, American J. Comp. L. (1998), 361, 362ff. 1147 Dies ist bereits aus berufenerem Munde geschehen und die vorhandene Anzahl entsprechender Untersuchungen sind beinahe zahllos, vgl. nur Stein, Lex Mercatoria, Realität und Theorie, 1995, m.w.N.; zur Geschichte der lex mercatoria als autonomes, nicht-staatliches Rechtsgebilde Berman, Lex Mercatoria, in: Lawyer´s Guide, S. 3ff.; ders., The Law of International Commercial Transactions (Lex Mercatoria), Emory J. Int´l. D. R. (1988), S. 235ff.; ders./Kaufman, The Law of International Commercial Transactions (Lex Mercatoria), 19 Harvad I. L. J. (1978), S. 221ff.; Meyer, S. 48ff.; Gaillard, Thirty years of Lex Mercatoria, 10 ICSID Review Foreign Investment L.J. 1 (1995), 208-231. 1148 Immer noch bzw. wieder grundlegend dazu Thibaut, Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland (1814) (S. 61 - S. 94), sowie Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (1814) (S. 95 - S. 192), beide Texte abgedruckt, in: Hattenhauer (ed.), Thibaut und Savigny: Ihre programmatischen Schriften, 1973/2002; sehr kritisch in dieser Hinsicht Heini, in: FS Moser, S. 67, 72 (Fn. 22) („bloß soziologische Erscheinung“ bzw. „Ausflug in die juristische Schwerelosigkeit”); auch Steindorff, in: UNIDROIT (ed.), New Directions for International Trade Laws, S. 87, 100 (“legal utopia”); oder auch Mann, in: Carbonneau (ed.), Lex Mercatoria and Arbitration, S. XX (“palm tree justice”).

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von Recht, Nationalstaatlichkeit und Ökonomie bieten: Der Gedanke einer transnationalen

Rechtsentwicklung bis hin zu einer sich verfestigenden Rechtsordnung entspringt der

Beobachtung, dass es nicht mehr nationale Gesetzgeber und damit der „Staat“ an sich sind,

die dem grenzüberschreitend tätigen Wirtschaftsverkehr das benötigte Rüstzeug zur

Verfügung stellen, sondern dessen Teilnehmer selbst, die sich mit einer vertraglichen

Grundlage ihre eigene Rechtsordnung schaffen und dabei bewusst von jedem Zwang national

gefärbter Rechtsetzung befreien (wollen).

Gegenstand nachfolgender Untersuchung ist damit die Verabschiedung vom herkömmlichen

Kodifizierungsverständnis hin zu der Entwicklung einer (wiederentdeckten)

zivilgesellschaftlichen Rechtsetzungskraft derjenigen, die sie leben. In diesem

Zusammenhang wird sich zeigen, dass die IBA Guidelines 2004 gerade Ausdruck dieser

(wiedergewonnenen) Kraft sind.

b. Vorgeblich „strukturelle“ Schwäche transnationalen Rechts und Zukunftsentwürfe

Gegen die Existenz transnationalen Rechts und insbesondere seine Existenz als autonome

Rechtsordnung wendet man herkömmlich ein, allein der Nationalstaat könne aufgrund seines

Rechtsetzungsmonopols, das in der Einheit von Recht und Staat gründe, Recht setzen; und

allein er könne ein lückenloses Rechtssystem gewähren1149:

Erstgenannter Einwand ist, historisch gesehen, offensichtlich unrichtig, denn das „Recht der

Kaufleute“ ist schlicht und einfach älter als der das Rechtsetzungs- und -sprechungsmonopol

für sich beanspruchende, und in dieser Hinsicht bedauernswerter Weise von der

überwiegenden Lehre und Praxis unterstützte Nationalstaat1150. So wie dieser sich zwischen

dem 16. und 19. Jahrhundert im Zuge der anglo-amerikanischen und europäischen

Nationalstaatlichkeitsbewegungen dazu aufgeschwungen hat, das bis dahin immer noch

existente transnationale Kaufmannsrecht partiell in nationale Regelungswerke zu integrieren

bzw. sich des Rests dadurch zu entledigen, dass er die handels- und wirtschaftsrechtliche

Entwicklung dieser neuen Regelungswerke von der Entwicklung kaufmännischer 1149 Dazu Highet, The Enigma of the Lex Mercatoria, 63 Tulane L.R. (1989), 613ff.; s. auch Beresford Hartwell, Arbitration and the Sovereign Power, 17 JInt´lArb 2 (2000), 11ff.; vgl. auch die vier Konzepte staatlicher Souveränität bei Krasner, Sovereignty, Organized Hypocrisy, 1999 (d.h. international legal sovereignty, Westphalian sovereignty, interdependence sovereignty und domestic sovereignty). 1150 S. Jünger, in: FS Rittner, S. 233, 234; vgl. auch die frühen, transnational ausgestalteten Rechtssammlungen des „The Little Red Book of Bristol“ (13. Jhrdt.) inkl. der “Roles of Oléron” (11. Jhrdt.) und des Texts “Incipit Lex Mercatoria, Que, Quando, Ubi, Inter Quos Et De Quibus Sit” (insgesamt dazu Coquilette, in: Petit (ed.), Del Ius Mercatorum Al Derecho Mercantil, S. 143ff.); „The Consulate of the Sea“ (15. Jhrdt., dazu Ferreirós, in: Petit (ed.), Del Ius Mercatorum Al Derecho Mercantil, S. 109, 112ff.).

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Rechtsgebräuche abkoppelte1151, so wird er nun erkennen müssen, dass es eine andere,

tatsächlich weitaus bedeutendere Kraft gibt, deren tatsächlicher Vorgabe er sich nun öffnen

bzw. beugen muss: Es ist dies die schlichte Kraft tatsächlichen Handelsgebarens transnational

aktiver Kaufleute und Unternehmen, deren Auswirkungen sich niemand entziehen kann1152.

Dass diese sich zurückerobern, was ihnen durch die Nationalstaaten genommen worden war,

verdeutlichen Überlegungen von Teubner in „Zur Emergenz eines transnationalen

Rechtspluralismus“ (dazu nachfolgend unter aa.), der Mechanismus der „creeping codification

of transnational commercial law“ (dazu nachfolgend unter bb.) und dadurch zum Ausdruck

kommend und zusammenfassend das Phänomen der „Verrechtlichung ökonomischer

Beziehungen“ (dazu nachfolgend unter cc.). Sämtliche Erklärungsmuster setzen die

Diskussion um die Existenz und rechtliche Verortung einer transnationalen

Wirtschafts(rechts)ordnung konsequent in den Kontext der Beschneidung nationalstaatlicher

Rechtsetzungs- und -sprechungsansprüche, der Erschließung eines vollständig neuen bzw. die

Wiederbelebung eines jahrtausende alten Rechtsquellenverständnisses und der realen Vision

einer globalen Wirtschaftsgesellschaft1153.

aa. Teubner´s „Globale Bukowina“ - Globales Recht der Peripherie

In einem faszinierenden Aufsatz mit dem Titel „Globale Bukowina - Zur Emergenz eines

transnationalen Rechtspluralismus“ definiert Teubner die lex mercatoria als „transnationale

Rechtsordnung der Weltmärkte“ und bezeichnet sie als ein Weltrecht jenseits der

internationalen politischen Ordnung, als „a global law without a state“1154. Dieses Recht soll

über die Regelung des reinen Handelsrechts hinausgehen:

1151 Dazu im weiteren Sinne Schmidtchen, Territorialität des Rechts, Internationales Privatrecht und die privatautonome Regelung internationaler Sachverhalte, 59 RabelsZ (1995), 56-112; auch Streit/Mangels, Privatautonomes Recht und grenzüberschreitende Transaktionen, O. R. D. O. 47 (1996), 73-100. 1152 Insofern erscheint es logisch, eher von einer transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung denn lediglich transnationalem Recht zu sprechen; hierzu Thürer, The Emergence of Non-Governmental Organizations and Transnational Enterprises in International Law and the Changing Role of the State, in: Hofmann (ed.), Non-State Actors as New Subjects of International Law - From the Traditional Sate Order Towards the Law of the Global Community, S. 37-58; vgl. auch Zumbansen, Die vergangene Zukunft des Völkerrechts, 34 Kritische Justiz (2001), 46-68. 1153 Vgl. hierzu Zumbansen, Piercing the Legal Veil, abrufbar unter www.iue.it/PUB/law02-11.pdf (auch abgedruckt in 8 European L. J. 3 (2002), 400-432); zwischen Industrie- und Entwicklungsstaaten im Hinblick auf den Erfolg einer Implementierung transnationaler Parteiautonomie unterscheidend McConnaughay, The Scope of Autonomy in International Contracts and its Relation to Economic Regulation, LEWPS No. 00-10, September 2000, abrufbar unter www.papers.ssrn.com/pape.tar?abstract_id. 1154 Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, S. 1, abrufbar unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenDeutsch.html (= Rechtshistorisches Journal 15 (1996), 255-290; englische Übersetzung ´Gobal Bukowina: Legal Pluralism in the World Society´, S. 1, abrufbar unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenEnglisch.html (= ders. (ed.), Global Law Without a State, 1997, S. 3-28); französische Übersetzung: in: Eric Schwarz (ed..), La théorie des systèmes: une

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„In ´relativer Autonomie´ gegenüber dem Nationalstaat wie gegenüber der

internationalen Politik bilden sich heute unterschiedliche Sektoren der

Weltgesellschaft heraus, die globale Rechtsordnungen eigener Art aus sich

heraustreiben. Kandidaten für ein solches „Weltrecht ohne Staat“ sind zunächst

die internen Rechtsordnungen multinationaler Konzerne.“1155.

Den Grund für die allgemeine Ablehnung einer solchen autonomen, transnationalen

Weltrechts-Theorie sieht Teubner darin, dass trotz aller Internationalität von Politik und Recht

deren Schwerpunkt immer noch im nationalen Souverän ruht. Das Tabu der Einheit von Recht

und Staat, deren Anerkennung in Lehre, Theorie und Praxis gleichermaßen felsenfest

verwurzelt scheint, bricht er mit folgenden Grundüberzeugungen:

- Auch private Verträge und Zusammenschlüsse können geltendes Recht hervorbringen,

ohne dass sie der Autorisierung oder Kontrolle eines Staates bedürfen;

- die transnationale Rechtsordnung beansprucht Geltung jenseits der Nationalstaaten,

sogar jenseits der inter-nationalen Beziehungen und bedarf keiner nationalstaatlichen

Sanktionskraft bzw. -kontrolle1156.

Provozierend eröffnet er seinen Diskurs mit einem Fragenstakkato, von dem man sich nur zu

gut vorstellen kann, wie es auf einen Anhänger seiner Thesen niederprasselt: „Wie kann

gültiges Recht sich „spontan“1157 auf transnationaler Ebene ohne die Autorität des Staates,

ohne seine Sanktionskraft, ohne seine politische Kontrolle und ohne die Legitimität eines

approche inter et-transdisciplinaire, 1996, S. 101-119); Teubner verteidigt und führt mit diesem Aufsatz die These Eugen Ehrlich´s vom in der bzw. durch die Gesellschaft (nicht Gesetzgebung und Rechtsprechung) „lebenden Recht“ aus (Ehrlich, Grundlegung der Soziologie des Rechts, 1913, Nachdruck 1967); Ehrlich lebte in der den Titel prägenden Landschaft der Bukowina, die damals zu Österreich-Ungarn gehörte und am Osthang der Waldkarparten lag; zum Begriff des „global law without a state“ vgl. auch Mertens, Lex Mercatoria: A Self-Applying System Beyond National Law?, in: Gunther Teubner (ed.), Global Law Without a State, Chapter 2. 1155 Teubner, Globale Bukowina, S. 2; insofern ist der Begriff der transnationalen Rechtsordnung umfassender als der der lex mercatoria, die herkömmlicherweise im Sinne eines handelsrechtlichen Systems verstanden worden ist und wird; vgl. auch Teubner´s, diese Segmentierung der Weltgesellschaft vorbereitende Arbeit in Fischer-Lescano/Teubner (eds.), Fragmentierung des Weltrechts: Vernetzung globaler Regimes statt etatistischer Rechtseinheit, abrufbar unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenDeutsch.html; Teubner, Vertragswelten, Das Recht in der Fragmentierung von Private Governance Regimes, abrufbar unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenDeutsch.html, S. 8 (= 17 Rechtshistorisches Journal (1998), 234-265). 1156 Teubner, Globale Bukowina, S. 11; vgl. zur Notwendigkeit einer “rule of recognition as the foundation of a legal system” Hart, The Concept of Law (1961), S. 97ff. 1157 So auch Dalhuisen, International Commercial Law, S. 103: „a spontaneously emerging own legal system“.

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demokratischen Prozesses herausbilden? Wo ist die Grundnorm (Rechtsgrundlage, d. Verf.)

auf globaler Ebene? Wo ist die globale „rule of recognition?“1158.

Teubner´s Ansicht nach läßt sich die alltägliche Wirklichkeit des Phänomens der

Globalisierung1159 bislang überwiegend national ausgerichteter Wirtschaftsordnungen und die

Entstehung globalen Rechts vor dem Hintergrund einer Theorie des Rechtspluralismus in

Verbindung mit einer pluralistisch konzipierten Rechtsquellenlehre erklären: Danach können

rechtlich verbindliche Regelungen und Rechtsgrundsätze im Wege politischer, rechtlicher

oder sozialer Entscheidungsprozesse gleichermaßen begründet werden:

„Unser experimentum crucis wäre: Wo findet die konkrete Normproduktion

tatsächlich statt? In der nationalen Politik oder in internationalen Beziehungen?

Vor nationalen oder vor internationalen Gerichten? Oder aber in ökonomischen

und anderen sozialen Prozessen in a-nationalem, globalem Kontext?

Rechtserfahrung scheint die Hypothese zuzulassen, dass sich das globale

Wirtschaftsrecht in allen drei Dimensionen entwickelt. Dies setzt freilich eine

pluralistische Theorie der Normenproduktion voraus, welche die

Rechtsproduktion durch politische, rechtliche und soziale Prozesse als einander

gleichberechtigt anerkennt.“1160.

Vor diesem Hintergrund sieht er die transnationale Wirtschafts(rechts)ordnung als eine „para-

legale Rechtsordnung“, geschaffen „am Rande des Rechts, an den Schnittstellen zu

wirtschaftlichen und sozialen Prozessen. Das Weltrecht entwickelt sich von den

gesellschaftlichen Peripherien, von den Kontaktzonen zu anderen Sozialsystemen her und

nicht im Zentrum nationalstaatlicher oder internationaler Institutionen.“. Das soll im Wege

eines „sich selbst reproduzierenden Rechtsdiskurses globalen Ausmaßes“ in engem

Zusammenspiel mit global agierenden Rechtseinheiten und global verhandelten

1158 Teubner, Globale Bukowina, S. 11. 1159 Die vorliegende Arbeit versteht unter dem Begriff der „Globalisierung“ einen aktiven, lebendigen, sich aus sich selbst auf sich selbst beziehenden, vielschichtigen, ökonomischen, politischen und kulturellen Vorgang; vgl. auch die Definition von Held/Goldblatt/Perraton, S. 16: „(Globalisation is, d. Verf.) a process (or set of processes) which embodies a transformation in the spatial organization of social relations and transactions - assessed in terms of their extensity, intensity, velocity and impact - generating transcontinental or interregional flows and networks of activity, interaction and the exercise of power“. 1160 Teubner, Globale Bukowina, S. 12; s. auch seinen dortigen Hinweis in Fn. 9 auf Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 100ff. und 320ff.; und Gotsbachner, Informelles Recht: Politik und Konflikt normativer Ordnungen; vgl. auch Riedel, Standards and Sources, 2 E. J. I. L. (1991), 58-84; mit ähnlichen soziologischen Erwägungen Glossner, Sociological Aspects of international commercial arbitration, in: Jan C. Schultsz/Albert Jan van den Berg (ed.), The Art of Arbitration, 1982, S. 143 - S. 153.

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Wirtschaftsaktivitäten geschehen1161. Zwar anerkennt Teubner, dass ein Vertrag in dem

Moment, in dem er transnationale Geltung beansprucht, jeden Halt in irgendeiner

Rechtsordnung verliert. Dem setzt er jedoch als Pfeiler seines Ordnungssystems globalen

Rechts die These entgegen, dass das globale Wirtschaftsrecht seine Geltung auf die

Selbstvalidierung des Vertrags gründet, dieser sich also selber in Kraft setzt: Er nennt dies das

„Paradox der Selbstreferenz“ und stellt fest, dass eben dieses Paradox u.a. für Juristen

undenkbar scheint und ihnen so die Erschließung globalen Rechts erschwert1162. Gleichwohl

verspricht seiner Ansicht nach die Kautelarjurisprudenz Abhilfe; das augenscheinliche

Paradox der Selbstvalidierung des Vertrags sieht er durch das Zusammenspiel der

begründenden und gestaltenden Kraft privatautonomer vertraglicher Vereinbarungen (1.),

internationaler Schiedsverfahren (2.) und quasi-legislativ aktiver, internationaler

Organisationen im weitesten Sinne (3.) entparadoxiert:

Grenzüberschreitende Verträge setzen sich dadurch in Kraft, dass sie ihre nicht-vertraglichen

Grundlagen selber schaffen, so ihre eigene originäre Rechtsquelle werden und selber

exekutieren (zu (1.))1163. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit spielt in diesem System die

1161 Teubner, Globale Bukowina, S. 6f. und 13, vgl. dazu auch Robe, Multinational Enterprises: The Constitution of a Pluralistic Legal Order, in: Teubner (ed.), Global Law Without a State. 1162 Insgesamt hierzu Teubner, Globale Bukowina, S. 17f.; allgemein zur eminenten Bedeutung und Macht, die der Übereinstimmung der beteiligten Willenserklärungen der Vertragsparteien immanent sind, Berger, „Creeping Codification“, S. 106f. (dort auch Pufendorf, De jure naturae et gentium libri octo, bzw. Grotius, De jure belli ac pacis libri tres, zitierend) und S. 108: “This understanding of the transnational legal process requires the redefining of the traditional theory of legal sources. In modern business relationships, it is the contract which assumes the genuine function of a source of law: ´It is the contract which now constitutes a legal change. Tradititional legal concepts do not include the contract among the sources of law. But if we continue to conceive of the contract as a mere application of the law, and not as a source of law, we will preclude the possibility of understanding how the law of our times is changing. The contract is taking the place of the law, even in the organization of society (Hervorhebung d. Verf.). Some decades ago Millibad wrote that, more than ever, people considered the state as source of all provisions and even as a source of their happiness. Today we must say that this notion is dissappearing. Society now looks after itself and tends towards self-organization ... . The inadequacy of the law to make changes derives from two characteristics of contemporary economy. The first is the meta-national nature of the economy which is antithetical to the national character of the legal systems. The second is that the economy is in continuous change which demands flexible instruments of adaptation from the law to change, in antithesis to the rigidity of the laws´ (Zitat aus Galgano, Ann. Surv. Int'l. & Comp. L. 2 (1995), S. 99, 102ff.); Berger zitiert auch Gandolfi, Rev. trimestrielle de droit civil 1992, 707, 710, indem er darauf hinweist, dass “this lawmaking through contract practice is tending towards an ´éloignement progressif d'une vision étatiste du droit.´”. 1163 Teubner, Globale Bukowina, S. 17f., erkennt die Möglichkeit der Entparadoxierung in den von der Praxis transnationaler Verträge entwickelten Methoden der Hierarchisierung (der vertraglichen Primärregelungen (Leistungspflichten) und Sekundärregelungen (Sicherstellung und Steuerung der Leistungspflichten durch Interpretation und Konfliktlösungsverfahren), S. 19), Temporalisierung (durch Gliederung einer Vereinbarung in eine retrospektive (d.h. Verweis auf bereits existente standardisierte Regeln) und prospektive (d.h. Verweis auf zukünftige Konfliktlösungen) Komponente, wodurch die Vereinbarung selbst zu einem Element eines beständig selbstreproduktiven Prozesses wird, S. 19) und Externalisierung (indem die Vereinbarung die Beurteilung ihrer Geltungsbedingungen und die Lösung zukünftiger Konflikte externen, nicht-vertraglichen Institutionen zuweist, welche gleichwohl vertraglich sind, weil sie bloß interne Produkte dieser Vereinbarung sind, S. 20f.); dazu auch Zumbansen, Piercing the Legal Veil, S. 30.

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entscheidende Rolle, indem sie gleichzeitig sowohl externer Kontrollmechanismus zur

Prüfung und Durchsetzung der Vereinbarung ist als auch ihre eigene Existenz in dieser

Vereinbarung findet (zu (2.))1164. Neben die vertragliche Vereinbarung und Tätigkeit

internationaler Schiedsgerichte sieht Teubner international aktive Organisationen und

Interessenvereinigungen (z.B. ICC, LCIA, ILA, CCBE, UNIDROIT) als nicht-staatliche,

quasi-legislativ tätige Strukturen treten (zu (3.))1165: So wird schlussendlich „ex nihilo“ ein

„institutionelles Dreieck aus Rechtsprechung, Gesetzgebung und Vertrag geschaffen, das in

zirkulärer bzw. reflexiver Weise zugleich als nicht-vertragliche Grundlage des globalen

Vertrags fungiert1166. Zwar gesteht Teubner zu, dass auch sein globales, transnationales

Rechtssystem auf die Anerkennung durch andere, traditionell positivistische Rechtsordnungen

angewiesen ist; für die Geltung seiner transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung hält er

jedoch die Frage der Anerkennung und Vollstreckung für lediglich sekundär, weil diese für

die Existenz einer Rechtsordnung nicht konstitutiv sei1167.

Abschließend weist Teubner auf den seiner Ansicht nach größten Fehler derer hin, die einer

eigenständigen transnationalen Rechtsordnung eben diese Qualität insgesamt absprechen

wollen, weil sie keine klassischen Privatrechtsnormen enthalte1168: Man könne diese neue

bzw. wiederentdeckte Wirtschafts(rechts)ordnung nicht als ein wohlstrukturiertes, in sich

bereits abgeschlossenes Regelungswerk betrachten, sondern müsse bereit sein, sie in

Anbetracht ihres Wesens als einen sich selbst strukturierenden und tragenden

Kommunikationsprozess zu verstehen; die diesem immanente und in der alltäglichen Praxis

1164 Teubner, Globale Bukowina, S. 20: „An dieser Stelle wandelt sich der Teufelskreis der vertraglichen Selbst-Inkraftsetzung zum stabilen Zirkel vertraglicher Streitschlichtung.“. 1165 Die Aktivitäten solcher Organisationen derart kennzeichnend Schmitthoff, in: ders. (ed.), The Sources of the Law of International Trade, S. 3, 37: “It is the formulating activity of these international agencies which inspires hope for the ultimate emergence of a fully autonomous law of international trade. … Commercial life, … , is a many splendour thing, and out of the complementary activity for these international agencies must eventually arise the harmony of an integrated autonomous international trade law.”. 1166 So Teubner, Globale Bukowina, S. 20; zu dieser zirkulären bzw. reflexiven Wirkungsweise auch Callies, Lex Mercatoria: A Reflexive Law Guide To An Autonomous Legal System; 2 German L. J. No. 17 (1 November 2001), abrufbar unter www.germanlawjournal.com/past_issues.php?id=109). 1167 Teubner, Global Bukowina, S. 22; in diesem Punkt wird es schwer, dem theoriebezogenen Ansatz Teubner´s in der Praxis zu folgen, denn die (Möglichkeit der) Vollstreckung eines Schiedsspruchs ist regelmäßiges Ziel eines jeden Schiedsverfahrens und kann auf Grundlage von Teubner´s Überlegungen de lege lata ohne weiteres nur über ein durch völkerrechtliche Konvention errichtetes Schiedssystem begründet werden; so auch Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 371, der die mit einer Lehre einer transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung verbundene Freiheit durch die „Anknüpfung an nationale Rechtsordnungen“, den internationalen ordre public und drittstaatliche Eingriffsnormen begrenzt sieht; vgl. auch Rivkin, Enforceability of Arbitral Awards based on Lex Mercatoria, 9 ArbInt´l (1993), 67ff.; ebenso Schroeder/Oppermann, Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach Lex Mercatoria, 99 ZVerglRWiss (2000), 410-443; Smit, Colum. J.T.L. 25 (1986), 9ff., verlangt deshalb die Schaffung einer weltweiten, allumfassend zuständigen Schiedsorganisation. 1168 So z.B. von Bar, Internationales Privatrecht I, S. 79.

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benötigte Flexibilität bzw. Nachgiebigkeit sieht Teubner in eine rechtliche Stabilität und nicht

Unsicherheit münden1169.

bb. Das Konzept der „creeping codification“

Das Phänomen der „creeping codification“, also der „schleichenden“, sich im Verlauf eines

Entwicklungsprozesses langsam und schrittweise aufbauenden bzw. verfestigenden

Kodifizierung transnationalen Rechts, ist zur herkömmlichen, nationalstaatlich-

positivistischen Kodifizierung, diametral entgegengesetzt konzipiert1170. Es ähnelt in seiner

Zielsetzung dem Ansatz von Teuber, der diesem herkömmlichen Gedankenmuster der

Notwendigkeit einer klassichen Rechtsquellenlehre durch die Entwicklung einer neuen,

pluralistischen Rechtsquellenlehre zu entkommen sucht.

„(The UNIDROIT Principles, d. Verf.) represent a system of rules of contract law

which are common to existing national legal systems or best adapted to the

special requirements of international commercial transactions.“1171.

Die UNIDROIT Principles waren der wohl erste Versuch seit Ende der

Nationalstaatenbewegung, eine transnationale, wirtschaft(srecht)lich orientierte

Rechtsordnung zu etablieren, „(which, d. Verf.) aspires to be applied not by means of its

binding legal force (ratio imperii) but due to its rational persuasiveness (imperio rationis)“1172.

Kurze Zeit später folgten ihr Part I und II der Principles of the European Contract Law

1169 Teubner, Globale Bukowina, S. 24: „Die lex mercatoria ist „soft law“, nachgiebiges Recht, aber dennoch kein schwaches Recht.“. 1170 Zur Begrifflichkeit der „creeping codification“ s. Berger, International Economic Arbitration, S. 543; vgl. auch Zumbansen, Piercing the Legal Veil, S. 20: “instead of imploring the birth of a new, qualitively different law, one ought rahter to think of observing the manifold manifestations of transnational actors and their regulations from the viewpoint of a continually learning, proceduralized law.” (Hervorhebung d. Verf.); kritisch zu diesem Ansatz Gaillard, in: van den Berg (ed.), Efficient Arbitration Proceedings, S. 570, 583. 1171 International Institute for the Unification of Private Law, Principles of International Commercial Contracts (UNIDROIT Principles), Preamble, May 1994, in: UNIDROIT (ed.), Principles of International Commercial Contracts; dazu van Houtte, 11 ArbInt (1995), 373ff.; Berger, 28 Georgetown J. L. & Pol`y Int´l Bus. (1997), 943ff.; den bislang wohl bahnbrechendsten Anwendungsfall der UNIDROIT Principles und vielleicht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt (Andersen Consulting v. Arthur Andersen) kommentiert Bonell, Global Arbitration Decided on UNIDROIT Principles, 17 ArbInt 3 (2001), 249-261. 1172 So Berger, 28 Georgetown J. L. & Pol`y Int´l Bus. (1997), 943, 949; zu früheren, vor der Nationalstaatenbewegung transnational ausgestalteten Rechtssammlungen vgl. die detaillierte Übersicht bei Berger, „Creeping Codification“, S. 5-8 (darauf hinweisend, dass die Erarbeitung der dort zitierten Listen aus dem 11., 13. und 15. Jhrdt. niemals vor dem Hintergrund ihres womöglich eigenen Kodifizierungseffekts und damit als eigenständige Rechtsquellen bzw. Kodifizierungsmethoden diskutiert worden waren); solch einen neuen Impetus zu Beginn der 1990er Jahre und insbesondere die Schiedsspruchpraxis internationaler Schiedsgerichte berücksichtigend dann die Resolution on Transnational Legal Principles, adopted by the ILA, 65th Conference, April 26, 1992, Cairo; die dort verabschiedeten „Transnational Rules“ sind bei Gaillard, Transnational Rules in International Commercial Arbitration, S. 247ff., abgedruckt.

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(PECL) der Commission on European Contract Law1173. Den vorläufigen Abschluss bildete

ein Projekt des Center for Transnational Law, dass eine „List of Principles, Rules and

Standards of the Lex Mercatoria“ (CENTRAL List) unter direkter Begleitung

rechtsvergleichender Erläuterungen und Bezugnahme auf Schiedssprüche internationaler

Schiedsgerichte begonnen hat1174.

Gemeinsam ist all diesen Ansätzen, dass die sie praktizierenden internationalen

Organisationen1175 keinesfalls selbst als quasi-legislative Rechtsetzungsorgane auftreten,

sondern lediglich administrativ, indem sie das durch die Parteien und internationalen

Schiedsgerichte selbst geschaffene Recht bündeln und der transnationalen

Wirtschaftsgemeinschaft zugänglich machen: Während allerdings die UNIDROIT Principles

und PECL das Ergebnis langjähriger Arbeiten verschiedener Kommissionen sind und mit dem

Abschluss dieser Arbeiten so lange statischen Charakter haben, bis sie im Rahmen weiterer

Kommissionsarbeiten überarbeitet und erweitert werden1176, ist es Charakteristikum der

CENTRAL List, auf die Veränderungen in der Praxis transnationaler Handelsbeziehungen

„stante pede“ zu reagieren, sie aufzunehmen, aufzuarbeiten und dadurch als

Kodifikationsgrundlage, Anregung und Referenz für nachfolgende Vertragsbeziehungen und

internationaler Schiedssprüche dienen zu lassen1177: Sie ist also für Veränderungen stets

1173 Dazu Lando/Beale (eds.), The Principles of European Contract Law, 1998; s. auch die überarbeitete und erweiterte Version in Lando/Beale (eds.), Principles of European Contract Law, Parts I and II Combined and Revised, 2000; die PECL und das Konzept der “creeping codification” erläutert Berger, The Principles of European Contract Law and the Concept of the Creeping Codification of Transnational Law, European Review of Private Law (2001), S. 21 ff.; Blase, Leaving the Shadow for the Test of Practice, On the Future of the PECL, abrufbar unter www.jus.uio.no/sisu/leaving.the.shadow.for.the.test.of.practice.future.of.pecl.1999.friedrich.blase/portrait. 1174 Für allgemeine Informationen über das CENTRAL und die CENTRAL List s. www.transnational-law.de; die erste Version der List of Principles ist abgedruckt in Berger, Schleichende Kodifizierung, S. 217ff. (englische Ausgabe: ders., „Creeping Codification“, S. 278ff.), und in: CENTRAL (ed.), Transnational Law, S. 146ff.; die jeweils aktuell geltende CENTRAL List kann über www.transnational-law.de eingesehen werden; dort auch zum Aufbau und der Funktionsweise ihrer einzelnen “Principles, Rules und Standards” anhand praktischer Beispiele (jede dieser Regelungen ist aus folgenden, miteinander verlinkten und leicht zugänglichen Komponenten aufgebaut: Wortlaut der Regelung; unter dem Stichwort „References“ dann: Doctrines / Arbitral Awards and Decisions / Court Decisions; Principles, Restatements and Model Laws / International Conventions / National Legislation / User Comments); die CENTRAL List mit UNIDROIT vergleichend Berger, “Creeping Codification”, S. 220-228; ders., The CENTRAL-List of Principles, Rules and Standards of Transnational Commercial Law, in: Berger (ed.), CENTRAL Practice and Study Guides, Vol. 1, S. 121ff.; erläuternd ders., The CENTRAL Enquiry on the Use of Transnational Law, International Arbitration Report, September 2000, S. 26 ff. 1175 International tragen sie auch die Bezeichnung der “formulating agencies”, s. D´Arcy/Murray/Cleave, Schmitthoff´s Export Trade, S. 669, Rnr. 32-002: „These organisations are inter-governmental, regional, or non-governmental. They prepare international conventions, formulate rules for adoption by the parties in their contract, or engage in other harmonising activities. They are known as formulating agencies.”. 1176 Was in Bezug auf UNIDROIT jedenfalls über Öffnungsklauseln möglich ist, die eine Weiterentwicklung unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden Rechtsgrundsatzes erlauben. 1177 „This leads to a constant process of cross-fertilization between the decision-making work of international arbitral tribunals and the list.“, so Berger, “Creeping Codification”, S. 10.

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„offen“ - niemals vollständig und niemals abschließend1178. Der grundsätzliche Unterschied

zeigt sich also in der potentiellen Reaktionsfähigkeit auf tatsächliche, praktische Änderungen

im grenzüberschreitenden Handel. Hinzu kommt die in bezug auf die CENTRAL List zu

beobachtende besondere Akzeptanz und Förderung der Rolle, die internationale

Schiedsgerichte in der Begründung und Entwicklung transnationalen Rechts erfüllen1179.

Gemeinsam ist den Ansätzen jedoch, dass sie der transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung

eine Art Kodifikationsbezugspunkt sind, ihr Gesicht und Struktur geben und sie dadurch in

ihrer jeweils gegenwärtigen Fassung wahrnehmbar und anwendungsfreundlich gestalten1180:

„They (d.h. the lists, d. Verf.) create ´a certain degree of predictability´ for the

resolution of legal conflicts… . At the same time, the goal to achieve legal

certainty is not seen as an end on its own. Rather, the list technique leaves room

for a teleological evolution of the lex mercatoria. The application of the lex

mercatoria in practice therefore always oscillates between two extreme positions

without ever reaching one or the other: A decision in equity on one side and a

decision according to codified written law on the other. Both aspects influence the

doctrine of a transnational autonomous law but taken alone they would mean the

failure of the lex mercatoria-doctrine.”1181.

cc. Stellungnahme - Prozess der „Verrechtlichung“ ökonomischer Beziehungen

Das Dilemma1182 der Diskussion um die Existenz und den Inhalt einer transnationalen

Wirtschafts(rechts)ordnung ergibt sich aus Folgendem: Einerseits ist geschriebenes Recht

(„black letter-law“) von Nöten, um ein Mindestmaß an substantieller Kontrolle zum Schutz

vor einseitiger vertraglicher Machtausübung gewährleisten zu können; andererseits scheinen 1178 Die Offenheit der lex mercatoria und sogar einer jeden Rechtsordnung (und nicht nur der CENTRAL List) betont Berger, “Creeping Codification”, S. 171 („law in action“) und S. 228; den eher statischen Charakter der UNIDROIT Principles und PECL kritisiert ders., ebenda, S. 228; zur Funktionsweise der CENTRAL List ders., ebenda, S. 221-227 (insbesondere S. 224ff.). 1179 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der besondere Fokus der CENTRAL List auf die Praxis der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit stets Programm war und ist, während der Auftrag/Forschungsumfang der UNIDROIT Commission der Spruchpraxis internationaler Schiedsgerichte immer eine eher untergeordnete Rolle beigemessen hat, indem er vornehmlich auf die Feststellung transnational geltender Grundsätze und nicht auf den zusätzlichen Schritte ihrer weiteren Entwicklung abzielte. 1180 Die Schwierigkeiten einer inhaltlichen Bestimmung transnationalen Rechts sind öffentlichkeitswirksam im Verlauf der Eurotunnel Arbitration (Channel Tunnel Group and France Manche SA v. Balfour Beatty Construction (1993) A.C. 334) deutlich geworden und wurden dort letztlich durch den Rückgriff auf die UNIDROIT Principles gelöst werden. 1181 Berger, “Creeping Codification”, S. 11. 1182 Deutlich dazu Teubner, Globale Bukowina, S. 8: „Auf dem Gebiet des internationalen Wirtschaftsrechts wird zur Zeit ein regelrechter Glaubenskrieg geführt. Internationale Wirtschaftsjuristen fechten einen Dreißigjährigen Krieg um die Frage der Unabhängigkeit der lex mercatoria aus, ohne dass Münster und Osnabrück in Sicht wären.“.

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jedoch gerade die darin zum Ausdruck kommende herkömmliche Einheit von Recht und

Staat1183, d.h. die Vorstellung, Rechtsetzung könne nur durch staatliche Macht bzw. über

deren Delegierung erfolgen, und die damit einhergehende alleinige Gesetz- und

Rechtsprechungskompetenz nationalstaatlicher Organisationsformen der Vorstellung

abträglich zu sein, es könne eine nicht-staatliche, sich evtl. sogar selbstvalidierende

Rechtsordnung existieren1184. Im Folgenden wird zu den soeben untersuchten Ansätzen von

Teubner und der Vertreter eines „schleichenden“ Kodifizierungsprozesses Stellung

genommen und anschließend ein neuer Blickwinkel für die Diskussion unter der These

entwickelt, dass eine transnationale Wirtschafts(rechts)ordnung im Hinblick auf das

Phänomen einer „Verrechtlichung“ ökonomischer Beziehungen existieren kann und bereits

Formen annimmt.

aaa. „Globale Bukowina“ und „creeping codification“

Mit ihren grundlegenden Überlegungen verdeutlichen Teubner und die Begründer des

Konzepts einer sich Schritt für Schritt entwickelnden, „schleichenden“ Kodifizierung die

Notwendigkeit, die Diskussion um die Existenz und den Inhalt einer transnationalen

Wirtschafts(rechts)ordnung in dem sie begründenden und prägenden Kontext zu sehen1185:

Dieser Kontext ist ein neues Verständnis der traditionellen Einheit von Recht und Staat, das

dieser Diskussion seinen Stempel allein aufgrund der tatsächlichen Entwicklung eines

Welthandels aufdrückt. Mag die alleinige Rechtsetzungskompetenz immer noch de lege lata

den Nationalstaaten zustehen, so gehen Teubner u.a. zu Recht davon aus, dass man de facto

nicht umhin kommt anzuerkennen, dass nicht (mehr) diese Kompetenz gestaltendes Element

der weltwirtschaftlichen Entwicklung ist, sondern die rechtsbegründende Kraft der

Parteiautonomie der beteiligten Vertragsparteien: Diese haben im Bewusstsein der

1183 Dazu auch Berger, Transnational Commercial Law in the Age of Globalization, S. 5: „Among the economic and geo-political factors which influence the theory of the lex mercatoria one should mention: ... . All of these factors have a basic common denominator: the erosion and irrelevance of national boundaries in markets which can truly be described as global or “transnational” and the decreasing significance of state-sovereignty for rule making and rule enforcement.”. 1184 Vgl. Beresford Hartwell, 17 JInt´lArb 2 (2000), 11; Dalhuisen, International Commercial Law, S. 120: „fundamentally it is sometimes believed that no law can develop outside the framework of a state or that at least a state cannot provide a sanction for laws that are not essentially its own.“; ebenso Zumbansen, Piercing the Legal Veil, S. 34: „the study of transnational law cannot be separated from questions of the conditions and possibility of governance beyond the national state.”; s. auch Zürn, Regieren jenseits des Nationalstaats, 1998; für die Existenz einer solchen nicht-staatlichen Wirtschafts(rechts)ordnung Schwab, ZZP 107. Band (1994), S. 118; zurückhaltender Magnus, 59 RabelsZ (1995), 469, 491. 1185 So auch Amissah, The Autonomous Contract 1997, S. 4f., abrufbar unter www.jus.uio.no/sisu/the.autonomous.contract.07.10.1997.amissah/portrait; ders., Revisiting The Autonomous Contract 2000, S. 1f., abrufbar unter www.jus.uio.no/sisu/autonomous.contract.2000/amissah/portrait.

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Beschränktheit herkömmlicher nationalstaatlicher Regelungsparameter die vertragliche

Grundlage ihrer geschäftlichen Beziehungen zu einer funktionsfähigen, weil autarken1186,

Rechtsquelle entwickelt: De facto ist also inzwischen (wieder) der Vertrag wichtigste

Rechtsquelle1187. Grundsätzlich entspricht dieser Ansatz auch der richtigen, wenngleich

national und international überwiegend nicht akzeptierten Vorstellung, dass die

Parteiautonomie ein natürlicher Bestandteil der allgemeinen Handlungsfreiheit des Einzelnen

ist und bereits lange Zeit vor Entstehung der diese Freiheit einschränkenden

Nationalstaatlichkeitsbewegung existierte1188.

Teubner sieht die Grundlage für diesen Paradigmenwechsel, der dem in nationalstaatlichen

Denkmustern ausgebildeten Juristen zugegebenermaßen nur zu leicht verdächtig erscheinen

kann, in einem neuen Verständnis der traditionellen Rechtsquellenlehre: Sein eher

soziologisch denn rechtlich-dogmatisch durchfärbter Mechanismus eines transnationalen

Rechtspluralismus stellt den herkömmlichen Rechtsquellenbegriff zu Recht dadurch in

Frage1189, dass er Entwicklung und Setzung von Recht als das Ergebnis eines beständigen,

zuweilen auch spontanen Diskurses der beteiligten Interessen sieht. Mehr der rechtlich-

dogmatischen Begründung zugewandt, sich allerdings auch für eine Neubestimmung von

Recht und Nationalstaatlichkeit aussprechend1190, erreicht die CENTRAL List durch ihre

beständige Offenheit für Entwicklungen, die sich aus Schiedssprüchen internationaler

Schiedsgerichte ergeben, dass Vertrags- und Schiedsparteien sowie Schiedsgerichte ihr

1186 Ausgenommen ist hiervon aber, ebenfalls de lege lata und für die Spruchpraxis internationaler Schiedsgerichte von entscheidender Bedeutung, die Notwendigkeit des Anerkennungs-/Vollstreckungsverfahrens zur Implementierung eines nicht-nationalen Schiedsspruchs in den einzelnen nationalen Jurisdiktionen. 1187 So auch Zumbansen, Piercing the Legal Veil, S. 30; ebenso Berger, Transnational Law in the Age of Globalization, S. 9; allgemein zum Rückzug nationalstaatlicher Rechtsetzungsbedeutung und -macht Brower, Privatization of Rules, in: Liber Amicorum Böckstiegel, S. 111ff. 1188 Insofern geht fehl, wer in der Parteiautonomie nur eine Rechtsetzungskraft „abgeleiteter“ Qualität sieht, so aber Triebel/Petzold, 34 RIW 1988, 245, 246; ebenso Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 429, Rdn. 21 (m.w.N. in Fn. 115-118). 1189 Deshalb ist sein Aufsatz „Globale Bukowina“ für jeden Juristen eine echte Offenbarung; die ethischen Konsequenzen für den Berufsstand der Anwaltschaft und eine entsprechende Ausbildungsverpflichtung bejaht Daly, 21 Fordham I.L.J. (1998), 1239-1295; ebenso Dodge, Educating Transnational Business Lawyers, abrufbar unter http://www.aals.org/international2004/Papers/dodge.pdf (der dort auch Kessedjian, Business Transactions, abrufbar unter www.aals.org/international2004/Papers/kessedjian.pdf, und Sumida, Doing Business in the Era of Globalization: What kind of lawyer do I want?, abrufbar unter www.aals.org/international2004/Papers/Sumida.pdf, kommentiert); kritisch gegenüber dieser „Beschränktheit“ juristischer Denkstrukturen auch Beresford Hartwell, 17 JInt´lArb 2 (2000), 11; weiterführend dazu (unter Bezugnahme auf transnationales Recht) Zürn, Regieren jenseits des Nationalstaates, 1998. 1190 Dazu Berger, Transnational Commercial Law in the Age of Globalization, S. 5: „All of these (economic and geo-political, d. Verf.) factors have a basic common denominator: the erosion and irrelevance of national boundaries in markets which can truly be described as global or “transnational” and the decreasing significance of state-sovereignty for rule making and rule enforcement.”; und S. 27 “not able to overcome the notion of sovereignty of the states as the major stumbling block in the way towards uniform legal structures in international trade and commerce”; ders., The Concept of „Creeping Codification“, S. 137ff.

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eigenes Rechtssystem nunmehr als geschriebenes Recht gestalten; sie sind sich ihre eigenen

„Lieferanten“ und „Kunden“ gleichermaßen: Einerseits liefern sie mit ihren, auf die

praktischen Anforderungen des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs reagierenden

Vertragsvereinbarungen die zum Aufbau geschriebenen Rechts tatsächlich benötigte

rechtliche „Rohmasse“; die methodische Aufarbeitung über die CENTRAL List ermöglicht

ihnen und ähnlich aktiven Vertragsparteien, den so dokumentierten Status einer

transnationalen Rechtsproduktion und -gestaltung als vorläufiges Endprodukt zu übernehmen

oder zu korrigieren. Diese Methode der Rechtsetzung durch Diskurs und Zeit1191 stellt nach

Ansicht des Verfassers der chamäleongleichen Wandlungsfähigkeit internationaler

Handelsbeziehungen einen optimal abstimmbaren Gestaltungsmechanismus zur Verfügung.

bbb. Aufbruch: Prozess der „Verrechtlichung“ ökonomischer Beziehungen

Vor dem Hintergrund der Arbeiten von Teubner und der Befürworter eines „schleichenden“

Kodifizierungsprozesses stellt sich heute nicht mehr die Frage, ob das Phänomen einer

transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung tatsächlich im Kontext einer „own legal order“

oder aber nur einer Methode zu verstehen ist, das auf ein grenzüberschreitendes

Vertragsverhältnis anwendbare Recht zu finden1192. Seitdem sich diejenigen

Wirtschaftssysteme und -vernetzungen, die entscheidenden Einfluss auf die wirtschaftliche

und damit automatisch auch soziologische Entwicklung eines Nationalstaats nehmen,

außerhalb seiner Grenzen etabliert haben und auch nur in diesem Zusammenhang

funktionieren1193, stellt sich jetzt die Frage, welche Funktion eine solche transnationale

Wirtschafts(rechts)ordnung ausübt: Das öffnet die vornehmlich aus rechtlichem Blickwinkel,

zuweilen sentimental geführte Diskussion für soziologische, historisch-politische und vor

1191 Ähnlich Zumbansen, Piercing the Legal Veil, S. 30: „A lasting contractual relationship develops, out of its execution and realization, quasi-social qualities, thereby opening up a more or less flexible framework for adapting and shaping the contract through time.“. 1192 Vgl. dazu Dalhuisen, International Commercial Law, S. 98, 103. 1193 Pragmatisch dazu Livanos Cattaui, The Global Economy - an opportunity to be seized, Business World (July 1997): “Globalisation is unstoppable. Even though it may be only in its early stages, it is already intrinsic to the world economy. We have to live with it, recognize its advantages and learn to manage it. That imperative applies to governments, who would be unwise to attempt to stem the tide for reasons of political expediency. It also goes for companies of all sizes, who must now compete on global markets and learn to adjust their strategies accordingly, seizing the opportunities that globalization offers.”, abrufbar unter www.iccwbo.org/html/globalec.htm; ähnlich Rammeloo, Corporations in Private International Law, S. 3: “It´s beyond dispute now that corporations have replaced states as the most important makers of waves in the world´s economy.”; ebenso Jitta, La Méthode du droit international privé (1890), S. 98, 117; ähnlich Jenks, A New World of Law? (1969), S. 128; Jessup, Transnational Law (1956); Berger, „Creeping Codification“, S. 8 u. 9; Rosenau/Czempiel (eds.), Governance without Government: Order and Change in World Politics, 1992; Rosenau, Along the Domestic-Foreign Frontier, 1997; kritisch Sassen, Globalization and Its Discontents, 1998; zum Verhältnis der lex mercatoria zu nationalen Eingriffsnormen vgl. Juenger, in: FS Rittner, S. 232-249.

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allem ökonomische Überlegungen1194 - Überlegungen also, die nicht klassischerweise

juristisch-normativen bzw. -positivistischen Denkstrukturen entsprechen.

Diese gesellschaftstheoretische Diskussion, dieser Diskurs eines globalen Wirtschaftsrechts

an sich sind es erst, die die Möglichkeit der Akzeptanz der Existenz einer solchen globalen

Rechtsordnung eröffnen1195: Verstanden als ein Rechtssystem, das strukturell mit globalen

Wirtschaftsvorgängen gekoppelt ist, gemäß den Bedürfnissen globaler ökonomischer

Transaktionen wächst, sich wandelt1196 und so zur Verrechtlichung ökonomischer Prozesse

führt. Teubner stellt deshalb zu Recht die Frage, wo tatsächliche konkrete Normproduktion

stattfindet; seiner Ansicht nach vor allem in ökonomischen und anderen sozialen Prozessen in

einem globalen Kontext1197.

Das erfordert die Bereitschaft anzuerkennen, dass Recht auch lediglich Reaktion auf

ökonomische Prozesse sein kann und damit bzw. dabei seine rechtliche Grundlage in sich

selber finden muss1198; dies wiederum ist nur möglich mit einer gewissen Offenheit für

1194 Vorzüglich insofern die grundlegenden Arbeiten Teubner´s, insbesondere seine „Globale Bukowina“; vgl. aber auch Callies, Reflexive Law Guide, abrufbar unter www.germanlawjournal.com/past_issues.php?id=109, unter Bezug auf die Agenda der Konferenz „Transnational Business in the Age of Globalization“ (26. Oktober 2001, CENTRAL, Münster), die da lautet “Jurisprudence meets International Relations, Legal Pluralism meets Political Science, Comparative Law meets Anthropology, Law meets Politics”; ähnlich Zumbansen, Piercing the Legal Veil, S. 34f., unter dem Schlagwort „The Guiding of Theory by Practice: “´Jurisprudence working with modern problems is evidently compelled to develop theories that no longer - in line with their own academic tradition … - claim only the status of heuristic explanations of legal texts, but instead seek to deal with, assess and regulate social reality in a comprehensive sense …´” (zur Herkunft des Zitats s. Fn.137). 1195 Dazu grundlegend Ehrlich, Grundlegung der Soziologie des Rechts, S. 390: „Der Schwerpunkt der Entwicklung liegt auch in unserer Zeit, wie zu allen Zeiten, weder in der Gesetzgebung noch in der Rechtsprechung, sondern in der Gesellschaft selbst.“; weiterführend Berger, The New Law Merchant and the Global Marketplace, abrufbar unter www.tldb.uni-oeln.de/php/pub_show_document.php?pubdocid=000002&pubwithoutheaders=ja. 1196 Ebenfalls aus ökonomischer Richtung argumentierend Goldstaijn, The New Law Merchant, J. Business L. (1961), 12, 13; Cooter, Decentralized Law for a Complex Economy, Utah Pa. L. Rev. (1996), 1643ff.; Scott, A Relational Theory of Default Rules for Commercial Contracts, J. Legal Studies (1990), 597ff.; ähnlich Teubner, Globale Bukowina, S. 23 (dort bezeichnet er die lex mercatoria deshalb auch als ein selbstreproduzierendes System interagierender Episoden; s. dort auch seinen Vergleich des „globalen Imperiums des Rechts“ mit „dem Flickenteppich des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen“); ähnlich Braeckmans, Paralegale Normen, 23 Tijdschrift voor Privatrecht (1986), 1ff. 1197 „Globale Bukowina, S. 12; dazu Spindler, Market Processes, 4 European L. J. (1998), 314, 317: „The fundamental hypothesis underlying the substitution of legal norms by private standards is that we can leave much of the juridification task to market forces as markets tend to harmonise standards in an efficient manner. The democratic control of the sovereign by parliament is replaced by markets that select efficient private standards and eliminate ´bad´ ones.“ (Hervorhebungen d. Verf.). 1198 Dieser Vorgang wird zuweilen auch als „reflexive law“ bezeichnet, so Teubner, Reflexives Recht, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie (1982), S. 13ff.; Callies, Lex Mercatoria: A Reflexive Law Guide, 2 German L. J. 17 (November 2001); in diesem Zusammenhang eine tendenzielle Dogma-Ergebenheit als besonders hinderlich beobachtend Amissah, The Autonomous Contract 1997, S. 1; ähnlich Beresford Hartwell, 17 JInt´lArb 2 (2000), 11: „One could paraphrase the general view as being that the people exist for the law, rather the law for the people.“; s. auch Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 368; dazu auch Bärmann, in: FS Mann, S. 563, 566f.

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informale und pragmatische Denkstrukturen1199. In bezug auf die Bedeutung der Spruchpraxis

internationaler Schiedsverfahren für die Ausbildung einer transnationalen

Wirtschafts(rechts)ordnung hat Cremades diesen Vorgang so beschrieben: „Der beständige

Fluss von Schiedsentscheidungen nährt eine neue Rechtsordnung, die dem internationalen

Geschäftsleben entstammt und speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Handelsbräuche, Sitten und professionelle Regeln werden im selben Maße verrechtlicht, wie

sie zur Grundlage von Schiedsentscheidungen werden“1200.

c. Zusammenfassung zu 2.

Es ist deutlich geworden, dass eine transnationale Wirtschafts(rechts)ordnung zumindest de

facto neben nationalstaatlichen und internationalen Rechtsordnungssystemen als dritter

Rechtsebene existiert und gelebt wird: Sie ist kein abgeschlossenes, mit ihrer Verabschiedung

fertiges Gebilde, sondern ein sich beständig wandelnder und verändernder Organismus, der

gleichwohl rechtsverbindlich wirkt. Initiativen wie die des CENTRAL oder der UNIDROIT-

bzw. PECL-Kommission i.S. international zugänglicher Referenzsysteme sorgen dafür, dass

sich mit der Zeit tatsächlich gelebtes Recht zu global anerkannten Rechtsgrundsätzen

verdichtet und so Eckpfeiler gebildet werden. Dieser Prozess ist mit einem traditionell in der

Verbindung von Recht und Staat verwurzelten Rechtsquellenverständnis nicht vereinbar,

jedoch der Beginn einer Antwort auf die Bedürfnisse derer, nach deren Uhr nationale

Ökonomien ticken: Die Zeit der Macht des Faktischen ist angebrochen1201.

3. IBA Guidelines 2004 als (verfahrensrechtliches) transnationales Recht

Die Koexistenz zwischen der Spruchpraxis internationaler Schiedsgerichte und dem

grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr1202 zwingt seit der Verabschiedung der IBA

1199 Ähnlich Gaillard, Transnational Law, in: Berger (ed.), The Practice of Transnational Law, S. 53, 65: “if not a genuine legal order, transnational rules do perform, in actual practice, a function strikingly similar to that of a genuine legal system.”. 1200 Cremades, Impact of Int´l Arbitration on Development of Business Law, 31 American J. C. L. (1983), 526, 533; zum Begriff der “Verrechtlichung” s. auch Teubner, Globale Bukowina, S. 25. 1201 Für die Übernahme des Terminus “economic law” anstelle des “private law” plädiert Zumbansen, Piercing the Legal Veil, S. 25, Fn. 26: “The replacement of the term private law by economic law, with the aim of characterizing the overlaps and transformations arising between private law and public law, has not to date really managed to make headway.”; vgl. auch Teubner, Das Recht hybrider Netzwerke, S. 5, abrufbar unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenDeutsch.html: „Die Rechtsdogmatik selbst wird erst dann einen genuinen Beitrag zum Recht der Netzwerke leisten, wenn sie einen gegenüber Rechtsprechung und Gesetzgebung eigenständigen „dritten“ Realitätszugang zu den Wandlungen in der Organisation wirtschaftlichen Handelns gewinnt. Meine These ist, dass dies heute nicht mehr über „stillwirkende Kräfte“ einer sich autonom verstehenden Rechtsbegrifflichkeit, sondern nur in struktureller Kopplung des Rechts mit den Reflexionspraktiken anderer gesellschaftlicher Teilbereiche gelingen kann, in der bei intensiver Kooperation zugleich die Autonomie des Rechts gewahrt bleibt.“. 1202 Thirgood, 21 JInt´lArb 4 (2004), 341: “Conflict is an inevitable by-product of business.”.

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Guidelines 2004 zwangsläufig dazu, ihren Status im Hinblick auf die soeben untersuchte

transnationale Wirtschafts(rechts)ordnung zu untersuchen: Sind die Guidelines Bestandteil

dieser dritten Rechtsordnung, womöglich sogar in Form einer eigenständigen

verfahrensrechtlichen lex mercatoria1203? Wie wirkt es sich aus, dass sie vor dem Hintergrund

der international gebräuchlichen Definition des Begriffspaares des „soft“ und „hard law“ eher,

wenn überhaupt, dem erstgenannten zuzuordnen sind1204 (dazu nachfolgend unter B.)?

Der Arbeitsansatz, seine Umsetzung durch die Working Group und Impetus der IBA

Guidelines lassen nur den Schluss zu, dass sie Bestandteil einer sich herausbildenden und

beständig erneuernden transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung sind:

„The Guidelines are intended for immediate use around the world … . ‘As

international business grows and international corporations and law firms become

more multi-faceted, the decisions which face disputing parties, arbitrators,

institutions and courts have become increasingly complex. As a result, quite often

members of the international arbitration community apply different standards in

making decisions, objections and challenges. The purpose of these Guidelines is

to encourage uniformity and business efficiency by giving more detailed practical

guidance, and we hope they will be widely used.´”1205.

Die Guidelines sind für Zwecke der Gestaltung und Führung internationaler Schiedsverfahren

auf rechtsvergleichender Grundlage der praktischen Erfahrungen aus vierzehn, für die

1203 Allgemein zur Ausbildung einer “new procedural” lex mercatoria Nottage, The Procedural Lex Mercatoria, S. 5ff., abrufbar unter http://www.cdams.kobe-u.ac.jp/archive/dp03-1.pdf; Smit, Proper Choice of Law and the Lex Mercatoria Arbitralis, in: Carbonneau (ed.), Lex Mercatoria, S. 93ff.; die Ausbildung einer “procedural lex mercatoria” im Hinblick auf die Praxis in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit (“globalized arbitral procedure”) bejaht Kaufmann-Kohler, Globalization of Arbitral Procedure, 36 Vanderbilt J.T.L. (2003), 1313-1333 (m.w.N. in Fn.1), abrufbar unter http://law.vanderbilt.edu/journal/36-04/Kaufmann-Kohler%202.pdf; positiv auch Baum, The Path to a Procedural Lex Arbitrationis, Liber Amicorum Böckstiegel, S. 21-30; auf die Entwicklung einer “transnational civil procedure” s. Kronke, Efficiency, Fairness, Macro-Economic Functions: Challenges for the Harmonisation of Transnational Civil Procedure, abrufbar unter http://www.unidroit.org/english/publications/review/articles/2001-4/2001-4-kronke-e.pdf (= Unif. L. Rev. 4 (2001), 740-750); kritisch Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 342-347 u. 373; ebenso Elsing, IDR 2, S. 19, 26 re.Sp.; ebenso Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S. 122. 1204 “Soft law (in international law): Guidelines of behaviour, such as those provided by treaties not yet in force, resolutions of the UN, or international conferences, that are not binding in themselves but are more than mere statements of political aspiration (they fall into a legal/political limbo between theses two states). Soft law contrasts with hard law, i.e. those legal obligations, found either in treaties or customary international law, that are binding in and of themselves.”, so Oxford Dictionary of Law, 5th ed., S. 467. 1205 So das offizielle Press Statement des IBA Council zur Verabschiedung der Guidelines 2004, abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: Press Statement IBA Guidelines on Conflicts of Interest); vgl. auch den Titel der Guidelines (Conflicts of Interest in International Arbitration) und berücksichtige die Positionierung internationaler Schiedsgerichtsbarkeit als Streitlösungsmechanismus der globalen Marktwirtschaft.

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Entwicklung der Spruchpraxis internationaler Schiedsgerichte bedeutenden Jurisdiktionen

erarbeitet worden. Das eigene Verständnis seitens der Working Group, ihr in der Einleitung

und Kommentierung der einzelnen General Standards zum Ausdruck kommender Respekt vor

nationalstaatlicher Gesetzgebung und institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit schwächt diesen

transnationalen Impetus nicht ab, sondern verstärkt ihn noch eher: Denn ein derartig

kompaktes Verhaltensregelungswerk dieser Art liegt in nationalen Gesetzen nicht vor. Es ist

für die vorliegende Arbeit nicht von grundlegender Bedeutung zu klären, ob die IBA

Guidelines darüber hinaus noch einer eigenständigen verfahrensrechtlichen Systematisierung

zugänglich sind; vergleichbar ausgerichtete Regelungswerke wie z.B. die IBA Rules on the

Taking of Evidence 1999, die UNCITRAL Secretariat Notes for Organizing Arbitral

Proceedings oder auch internationale institutionelle Schiedsordnungen werden als jeweils

eigenständige Rechtsordnungen verstanden, die de facto außerstaatliches „Ersatz-Recht“

bilden sollen1206. Nicht anders verhält es sich mit den IBA Guidelines: Unter dem Schlagwort

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte regeln sie die Komplexe der Offenlegung und

Ablehnung umfänglich - umfänglicher zumindest als es in irgendeiner der beitragenden

vierzehn Jurisdiktionen bislang geschehen ist und dies obendrein mit einem trans-nationalen

und nicht lediglich (inter-)nationalen Impetus1207.

B. Wirkungsweise der IBA Guidelines 2004

Einleitend zu A., 3., war bereits die Frage aufgeworfen worden, wie es sich auswirkt, dass die

IBA Guidelines vor dem Hintergrund der international gebräuchlichen, allerdings groben

Klassifizierung des Rechts in „soft law“ und „hard law“ eher, wenn überhaupt, dem

erstgenannten zuzuordnen sind1208.

1206 So Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 345; vgl. auch Kaufmann-Kohler, 36 Vanderbilt J.T.L. (2003), 1313, 1322ff., die die IBA Rules on the Taking of Evidence 1999 und institutionellen Schiedsordnungen als “instruments of the procedural merger” vorstellt, aus dem eine verfahrensrechtliche lex mercatoria hervorgehen könne; zu den IBA Rules on the Taking of Evidence 1999 vgl. auch Raeschke-Kessler, 18 ArbInt (2002), 411ff.; die UNCITRAL Notes sind abgedruckt bei Redfern/Hunter, Law and Practice, Appendix J. 1207 So auch Carter, Transnational Law, S. 2, abrufbar unter http://www.aals.org/am2005/fripapers/400carter.pdf. 1208 Das ergibt sich bereits aus der bloßen Begriffsdefinition des ´soft law´: “(in international law): Guidelines of behaviour, such as those provided by treaties not yet in force, resolutions of the UN, or international conferences, that are not binding in themselves but are more than mere statements of political aspiration (they fall into a legal/political limbo between theses two states). Soft law contrasts with hard law, i.e. those legal obligations, found either in treaties or customary international law, that are binding in and of themselves.”, Oxford Dictionary of Law, 5th ed., S. 467; zur Unterscheidung s. auch Riedel, Standards and Sources, 2 E. J. I. L. (1991), 58, 66: “rules of ´hard´ positive law and transpositive norm programms of ´soft´ law” (auch abrufbar unter http://www.ejil.org/journal/Vol2/No2/art3.pdf); mit Bezug auf die Existenz eines “soft law” in der Staatengemeinschaft auch Pauwelyn, Non-Traditional Patterns of Global Regulation, S. 2: “legally binding norms (´hard law´) and non-binding declarations or statements of principle (´soft law´)”, abrufbar unter http://www.law.duke.edu/fac/pauwelyn/pdf/6Sept04.pdf; einführend Ehricke, “Soft Law” - Aspekte einer neuen Rechtsquelle, NJW 1989, 1906ff. (insbesondere S. 1907 li.Sp., dort auch mit folgender Definition: “so dass

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I. Geringe Aussagekraft ihrer Klassifizierung als „soft Law“

Diese Frage nimmt in gewisser Weise die bereits untersuchten Überlegungen von Teubner

und der Befürworter einer „creeping codification“ wieder auf: Das herkömmliche Verständnis

juristischer Rechtsquellenlehre und damit die alleinige Geltung positivistischer Rechtsetzung

muß zugunsten der Entwicklung und Ausgestaltung einer pluralistischen, notgedrungen nicht

positivistisch ausgestalteten Rechtsetzungsmacht der Schiedsorganisationen erweitert werden.

Nur vor diesem Hintergrund ist die Differenzierung zwischen „weichem“ und „hartem“ Recht

für die vorliegende Arbeit ergiebig und verkommt nicht zur bloßen Begriffsjurisprudenz:

Weder die Working Group noch der die IBA Guidelines verabschiedende Council of the IBA

besitzen Rechtsetzungsmacht und -befugnis nach traditionell positivistischer

Rechtsquellenlehre; ihren in diesem Sinne beschränkten Wirkungskreis anerkennt die

Working Group dann auch ohne weiteres1209. Unmittelbare Wirkung haben die Guidelines de

lege lata nur dann, wenn sie vertraglich vereinbart sind und das durch nationale Gerichte

anerkannt wird; selbst dann aber ist ihr Rang im Verhältnis zum nationalen Schiedsrecht in

der klassischen Normenhierarchie nicht höher als der sonstiger vertraglicher Absprachen der

Schiedsparteien. Ihre damit einhergehende „Verbannung“ aus dem Kreis der positivistischen,

„harten“ Rechtsordnung läßt sie jedoch nicht wirkungslos als irgendein esoterisches

Elfenbeinturmgespinst in rechtlicher Bedeutungslosigkeit verschwinden; vielmehr eröffnet

sich so die Möglichkeit, sie in den Kreis derjenigen Regelungswerke aufzunehmen, die sich

zwar nicht auf die Legitimation nationalstaatlich-demokratischer Rechtsetzung, dafür aber

umso mehr auf diejenige praktischer Erfahrungswerte stützen können:

Entscheidend für die Verbreitung der IBA Guidelines wird deshalb auch nicht ihre

Bezeichnung als „soft law“ sein, sondern ihre tatsächliche Präsenz und Wirkungsreichweite

innerhalb der Gemeinschaft der Vertragsparteien und zur Streitlösung berufener

Schiedsrichter; so erlangen sie zunächst für diese so etwas wie gesetzesgleichen Status1210.

Neben dem „domestic“ und „private international“ bzw. „public international law“ als erster zusammenfassend “soft law” als die einer rechtlichen Bindung ähnlich wirkende Anbindung eines Völkerrechtssubjektes an eine Norm, die von ihm mitgeschaffen oder unterstützt wurde, die aber tatsächlich keine rechtlich verbindliche Wirkung besitzt, bestimmt werden kann.”). 1209 Dazu IBA Guidelines, Introduction, No. 6: „These Guidelines are not legal provisions and do not override any applicable national law or arbitral rules chosen by the parties.“. 1210 Vgl. Snyder, Economic Globalization, S. 7, abrufbar unter http://www.lse.ac.uk/collections/europeanInstitute/articles/snyder2.pdf: “Among the most striking developments in recent years is increased attention to norms, in particular the emergence of ´soft law´ or rules of conduct which in principle are not legally binding but which nevertheless have practical and even legal effects; vgl. auch Kocher, Private Standards between Soft Law and Hard Law: The German Case, 18 Int´l J. Comp. Labour L. and Industrial Relations 3 (2002), 265-280.

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und zweiter Rechtsebene entwickeln sie sich als Bestandteil der transnationalen

Wirtschafts(rechts)ordnung i.S. eines dritten, jene Rechtsordnungen überspannenden

Rechtssystems. Sie manifestieren sich als moralisch-ethische Grundpflichten der Beteiligten

internationaler Schiedsverfahren; und sie beanspruchen Wirkung hinsichtlich eines

Streitlösungsmechanismus, der per definitionem einer wirksamen Regelung durch

nationalstaatliche bzw. international bzw. völkerrechtliche Normen faktisch entzogen ist1211.

II. Präsenz- und Einstrahlungswirkung

De lege lata können die IBA Guidelines im Rahmen der Beurteilung und Lösung

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte überhaupt nur dann wirken, wenn die Schiedsparteien

sie im Rahmen ihrer Schiedsvereinbarung bzw. einer ad hoc-Regelung zum Gegenstand ihres

Schiedsverfahrens machen und sie von den während oder auch nach Erlass des

Schiedsspruchs angerufenen staatlichen Gerichten berücksichtigt werden. Selbst wenn die

IBA Guidelines also nach dem Parteiwillen unmittelbar Fragen der schiedsrichterlichen und

schiedsparteilichen Offenlegung oder (Selbst-)Ablehnung regeln sollen, eröffnet die

Einbeziehung staatlicher Gerichte, insbesondere im Rahmen eines Anerkennungs- und

Vollstreckbarerklärungsverfahrens, stets die Frage nach ihrem Verhältnis zur anwendbaren

lex fori bzw. lex arbitri und damit nach der klassischen Normenhierarchie1212: Die IBA

Guidelines gelten dann de lege lata zunächst nur insoweit, als zwingende Regelungen der lex

fori und lex arbitri nicht entgegenstehen1213.

Ist es aber tatsächlich so, dass die IBA Guidelines als Bestandteil der Parteivereinbarung zu

„Vertragsnormen“ ohne eigenständigen Geltungsgrund werden1214? Dagegen spricht das mit

1211 Diesen Zwitterzustand beschreibt Riedel, Standards and Sources, 2 E. J. I. L. (1991), 58, 79, in Bezug auf “codes of conduct”, zu denen die IBA Guidelines im weiteren Sinne zu zählen sind, wie folgt: “They are not formulated as fully obligatory norms, nor do they postulate effective modalities of implementation.”; ähnlich Horn, Codes of Conduct, in: Horn (ed.), Legal Problems of Codes of Conduct, S. 61: “(Codes of Conduct sind, d. Verf.) Ausdruck genereller Prinzipien des internationalen ordre public”; zur Herleitung des Begriffs des „code of conduct“ (aus dem des ´standard´ of conduct) s. Riedel, Standards and Sources, 2 E. J. I. L. (1991), 58, 79. 1212 Zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach Lex Mercatoria in Deutschland, England und Frankreich s. Schroeder/Oppermann, 99 ZVerglRWiss (2000), 410ff. 1213 Ähnlich Teubner/Karavas, http://www.CompanyNameSucks.com: Drittwirkung der Grundrechte gegenüber „Privaten“ im autonomen Recht des Internet?, in: Hoffmann-Riem/Ladeur (eds.), Innovationsoffene Regulierung des Internet, S. 249, 261f. (abrufbar auch unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenDeutsch.html, dort dann S. 14), die auf den hybriden Charakter der lex mercatoria mit je unterschiedlichen Anteilen an autonomem, nationalstaatlichem und Völkerrecht hinweisen: „Von einer autarken Rechtsordnung, die nur auf privater Selbstregulierung in totaler Isolierung von politischer Regelung beruht, ist ... nicht die Rede.“; zu dem Begriff der hybriden Regelungssysteme s. Teubner, Das Recht hybrider Netzwerke, abrufbar unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenDeutsch.html. 1214 So für die Wirkung der UNCITRAL Arbitration Rules gegenüber der lex arbitri z.B. OLG Frankfurt, IPrax 1982, 149, 150; ebenso ICC Award No. 1512, YCA 1980, S. 174ff.

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der vorliegenden Arbeit befürwortete neue pluralistische Rechtsquellenverständnis, das

Teubner und die Befürworter der „creeping codification“ auf den Weg gebracht haben: Die

transnationale Rechtsordnung und mit ihr die IBA Guidelines entziehen sich der klassischen

Normenhierarchie, weil sie auf einer vollständig andersartigen, wenngleich nicht neuen1215

Vorstellung von Recht und Staat gründen. Sie sind nicht das Ende eines demokratisch

legitimierten Gesetzgebungs- oder Einigungsprozesses, sondern moralisch-ethische

Absicherung kaufmännischer Vernunft - dies selbst dann, wenn sie gar nicht in ein

Vertragsverhältnis einbezogen sind1216. In diesem Sinne sind sie als eine die Rechtsebenen

nationalen und internationalen Rechts überspannende und auf diese einstrahlende weitere

Rechtsebene zu sehen, die aufgrund ihrer beständigen Entwicklung langfristig zur

Herausbildung und Verfeinerung transnationalen Rechts führt - notfalls ausschließlich über

eine faktische, einstrahlende Präsenzwirkung1217.

Konkret erfolgt diese Einstrahlungswirkung dadurch, dass die IBA Guidelines von

Schiedsparteien und Schiedsrichtern, institutionellen Schiedsorganisationen und nationalen

Gerichten gleichermaßen als ein Referenzregelungswerk und ein Standard („benchmark“,

„orientation mark“ 1218), jedoch auch ganz praktisch und vor allem pragmatisch als

1215 „Neu“ ist die Vorstellung einer Rechtsordnung jenseits nationalstaatlicher Souveränität nicht; denn die internationale Wirtschaftsgemeinschaft nimmt mit ihr lediglich wieder auf, was ihr im Verlauf der Ursurpation durch nationale Gesetze und Völkerrecht genommen worden war; zu Recht weisen Teubner/Karavas, in: Hoffmann-Riem/Ladeur (eds.), Innovationsoffene Regulierung, S. 249, 261f. (auch unter www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/teubner/Publika/PublikationenDeutsch.html, auf S. 15) darauf hin, dass die lex mercatoria über die längeren historischen Erfahrungen in der ausgedehnten Fallpraxis der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und „in den passionierten rechtsdogmatischen und rechtstheoretischen Debatten um ihre „Rechtsnatur“ verfüge; s. auch Lowenfeld, Lex Mercatoria, in: Thomas Carbonneau, Lex Mercatoria, S. 71, 91. “International arbitrators do seek to achieve just results within a legal framework, and that framework is by definition wider than the frontiers of any state.”. 1216 Eine solche “Präsenzwirkung” ausdrücklich anerkennend Winstanley (Secretary-General des LCIA), 4 LCIA News 4 (December 2002), 23, 26f.: “As with the now widely-adopted IBA Rules of evidence, the standard would, presumably, have to be expressly adopted by the parties, though it may prove influential, even if not adopted, if and when it were to achieve general approval within the arbitration community.”; in Bezug auf die IBA Rules on the Taking of Evidence 1999 s. Kaufmann-Kohler, Globalization of Arbitral Procedure, 36 Vanderbilt J.T.L. (2003), 1313, 1324: „their influence goes beyond their formal application“; ähnlich (unter bezug auf die Herausbildung weltweit geltender ökonomischer Standards) Riedel, Standards and Sources, 2 E. J. I. L. (1991), 58, 79: “They aim at being applied on a voluntary basis. They operate well because states have recourse to them or because individuals or groups participating in international trade actually bind themselves voluntarily, thus producing factual compliance even in the absence of strict legal obligations.”. 1217 Ähnlich Snyder, Economic Globalization, S. 3, der in in diesem Vorgang nicht die Entstehung einer dritten Rechtsebene, sondern eher die direkte Beeinflussung nationaler Gesetze sieht: „Many so-called ´national´ norms have in fact been ´de-nationalised´, since their source, content, logic and even interpretation or application owes much if not everything to international, transnational or inter-governmental institutions, norms and dispute resolution processes. This is not a question of extra-territoriality, but rather the extent to which the norms of nation-States, or of regional organizations such as the EU, are based on or impregnated by ´international´ norms, including codes of conduct or standards.”. 1218 So Doug, IBA Email 29. Mai 2004: “the Guidelines provided a benchmark against which single judges could exercise their discretion, and appellate courts could move the bounderies of existing law. None of us entertain the conceit that the Guidelines will be more than an influence on common law courts, and then only where they

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„incentive“ und „tool of interpretation, guidelines or yardsticks of reasoning for existing but

open hard law rules and principles“ verstanden werden sollen1219. In diesem Sinne wirken sie

aufgrund ihres moralisch-ethischen Anspruchs, der das Handeln der Beteiligten durchdringt;

sie sind nach traditionellem Normenverständnis zwar „legally not binding, yet highly

persuasive“1220; sie wirken als Katalysator und programmatische Absichtserklärung der

weiteren Entwicklung der Behandlung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte auf trans-,

internationaler und nationaler Ebene: Sie sind „moralisch-ethische Rechtsetzung“.

Ihre so verstandene Einstrahlungswirkung ist womöglich kraftvoller als es die klassische,

positivistische Rechtsetzung jemals wird sein können: Letztere läßt aufgrund ihrer normativen

Geschlossenheit die ihr untergeordneten Vertragsparteien im Angesicht der praktischen

Anforderungen an deren Flexibilität gleichsam erstarren - die IBA Guidelines hingegen sollen

diesem Prozess durch ihre alltägliche Diskussion und regelmäßige Überarbeitung

entgegenwirken1221.

C. Zusammenfassung des 4. Teils

De lege lata betrachtet sind die Wirkungen der IBA Guidelines auf diejenigen einer

vertraglichen Vereinbarung beschränkt; in der klassischen Normenhierarchie fristen sie

deshalb ihr Dasein im Rang unterhalb nationaler und völkerrechtlicher Rechtsetzung. Nach

der international herkömmlichen Unterteilung des Rechts in „weiches“, eher unverbindliches

und „hartes“, eher verbindliches Recht, kann man sie deshalb jener Kategorie zuordnen.

Die Working Group war sich dieser grundsätzlichen Beschränkung der de lege lata-

Wirkungen der Guidelines bewusst und formulierte entsprechend vorsichtig, nationales Recht

und vertraglich einbezogene Administrierung durch institutionelle Schiedsorganisationen zu

respektieren zu wollen. Dieser Realismus hat jedoch die Vision einer im Entstehen

befindlichen transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung unter Einbeziehung der IBA

are argued.”; etwas vorsichtiger Landau, IBA Email, 17. Mai 2005: “Overall, I accept that the IBA Guidelines may go some way to assist future harmonisation.”; nach Paulsson, 70 Arbitration 3 (2004), 193, 199, sind sie “first port of call for a potential arbitrator”. 1219 So Riedel, Standards and Sources, 2 E. J. I. L. (1991), 58, 83 (Fn. 5) (in Bezug auf die Wirkungsweise von „standards in international law“; vgl. auch IBA Guidelines, Introduction, No. 6: „The Working Group trusts that the Guidelines will be applied with robust common sense and without pedantic and unduly formalistic interpretation.”. 1220 So Riedel, Standards and Sources, 2 E. J. I. L. (1991), 58f.. 1221 So zumindest die Absichtserklärung der Working Group, IBA Guidelines, Introduction, No. 7: „The IBA and the Working Group view these Guidelines as a beginning, rather than the end, of the process. … seek comments on the actual use of the Guidelines, and they plan to supplement, revise and refine the Guidelines based on that practical experience.”.

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Guidelines nicht verdrängen können: Die Spruchpraxis der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit benötigt ein eigenes, verhaltensbezogenes Handbuch; diejenigen

Vertragsparteien, Schiedsgerichte und staatlichen Gerichte werden dieses Regelungswerk

berücksichtigen, die sich der Hilfe des Streitlösungsmechanismus der internationalen

Schiedsgerichtsbarkeit bedienen. Es wird Eingang über die Einsicht der vertragsgestaltenden

Parteien finden, dass sie mit den IBA Guidelines erstmals einen moralisch-ethischen

Verhaltensstandard vereinbaren können, der ihnen trotz fundamentaler „cultural diversities“

ein gemeinsames Verständnis vom Sinn und Zweck der Vermeidung und Bewältigung

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte ermöglicht: Damit können sie beginnen, sich

gleichsam von den Beschränkungen ihrer kulturellen und rechtlichen nationalstaatlichen

Beeinflussung zu lösen; sie können dadurch, dass die Guidelines als Bestandteil der sich

entwickelnden transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung nicht auf die tradierte

Rechtsquellenlehre und ihren Mechanismus angewiesen ist, selber dazu beitragen, dass diese

als lebendiges Regelungswerk im Rahmen der in Aussicht gestellten regelmäßigen

Überarbeitung durch konstruktive Kritik und Ermunterung ähnlich den IBA Rules on the

Taking of Evidence 1999 gelebt werden - und sich so über ihre faktische Präsenzwirkung der

Spruchpraxis nationalstaatlicher Gerichte empfehlen.

Das Manko fehlender Vollstreckungspotenz können die IBA Guidelines auch nicht

beseitigen; dies ist derzeit die Crux jeglichen Strebens nach der Anerkennung und

Verwirklichung transnationalen Rechts. Jedoch wird die Praxis darüber entscheiden, ob

Vertragsparteien weiterhin die lex arbitri einer Jurisdiktion wählen werden, die sich bei der

Beachtung ihres Willens nicht kooperativ zeigt, den Guidelines als Ausdruck eben dieses

Willens Geltung zu verschaffen. Insoweit liegt die Macht dieser Regelungen (noch) nicht im

Bereich des Rechtlichen, sondern vielmehr im Bereich des Faktischen1222 - und entspricht so

exakt dem Charakter der transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung, die über ihre Faktizität

wirkt.

1222 Ähnlich Veeder, 18 ArbInt 4 (2002), 431, 449.

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5. Teil:

Fazit, Thesen und Ausblick

Die in dieser Arbeit untersuchten Jurisdiktionen und Schiedsordnungen institutioneller

Schiedsorganisationen stimmen darin überein, die Beachtung grundlegender

Verfahrensprinzipien als Voraussetzung der Anerkennung und Vollstreckung internationaler

Schiedssprüche anzusehen: Dies hat zuletzt die ILA Resolution on Public Policy as a Bar to

Enforcement of International Arbitral Awards gezeigt1223. Hierzu gehört grundsätzlich auch

die Beachtung der Unparteilichkeit parteibenannter und anderweitig ernannter Schiedsrichter -

diejenige der Unabhängigkeit nach hiesiger Ansicht in Abweichung von der ganz

überwiegenden (inter)nationalen Meinung nur insoweit, als sie zur Frage der Unparteilichkeit

führt.

A. Fazit und Thesen

Für die Beurteilung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte, die sich im Verlauf

internationaler Schiedsverfahren ergeben, gibt es derzeit jenseits nationalstaatlicher Grenzen

kein einheitliches, homogenes Regelungswerk zu ihrer Bewältigung, weil bereits innerhalb

der untersuchten Jurisdiktionen und Schiedsordnungen selbst ein solch einheitlicher Ansatz

nicht zu erkennen ist; kulturelle, rechtstheoretische und nationalstaatliche Eigenheiten haben

bislang eine einheitliche Grundsatzentscheidung auf internationaler Ebene unmöglich

gemacht (dazu im 1. Teil). Dort stehen sich weiterhin Befürworter einer absoluten, weil

schrankenlosen Verwirklichung der Autonomie der Parteien einerseits und andererseits

Befürworter einer strikt protektionistischen Haltung staatlicher Gerichte gegenüber, die im

Verlauf eines internationalen Schiedsverfahrens bis hin zum Anerkennungs- und

Vollstreckbarerklärungsverfahren tätig werden. Führt man die Diskussion auf das nur

augenscheinlich diametral entgegengesetzte Begriffspaar der Parteiautonomie und der

Fairness zurück, erkennt man, dass es nicht um ein Gegeneinander, sondern Miteinander

dieser Grundsätze bei der Lösung schiedsrichterlicher Interessenverflechtungen geht: Sie

koexistieren dadurch, dass sie sich beständig gegenseitig kontrollieren, in Frage stellen und

dadurch ihre Weiterentwicklung ermutigen. Das ermöglicht es, internationale

Schiedsverfahren als das zu sehen, was sie sind: Handwerkszeug des jenseits

nationalstaatlicher Grenzen operierenden Wirtschaftsverkehrs (dazu im 2. Teil). Triebfeder

1223 Abgedruckt in 19 ArbInt 2 (2003), 213-215; jüngst auch Tannock, Judging the Effectiveness of Arbitration through the Assessment of Compliance with and Enforcement of International Arbitration Awards, 21 ArbInt (2005), 71-90.

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der Koexistenz von Parteiautonomie und Fairness ist die Vernunft der Schiedsparteien und

Schiedsrichter, ihre moralisch-ethische Pflicht, nach Treu und Glauben zu handeln („duty to

arbitrate in good faith“). Die Praxis der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist von ihr

abhängig, weil sie ihre einzige Existenzberechtigung ist. Dieser Impetus droht dadurch

verloren zu gehen, dass Vertragsparteien, bewusst oder unbewusst, in dem Moment, in dem

sie zu Schiedsparteien werden, ihre eigenen kulturellen und rechtstheoretischen, national

gefärbten Überzeugungen praktizieren und gerade damit den transnationalen Charakter der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ad absurdum führen (dazu im 3. Teil, A.): Ihnen und

auch ihren Interessenvertretern scheint es zuweilen unmöglich zu sein, diese nationale

Prägung hinter sich zu lassen1224. In der Praxis führt das dazu, dass die

Sicherungsmechanismen der Funktionsfähigkeit internationaler Schiedsverfahren, d.h. die

ineinandergreifenden Mechanismen der Offenlegung, des Rechts der Schiedsrichterablehnung

und Präklusion bzw. des Verzichts zur taktischen Manövriermasse verkümmert sind - und mit

ihnen das schiedsverfahrensrechtliche und kaufmännische Ethos, den Vertragspartner auch im

Streit mit Respekt zu behandeln. Vor diesem Hintergrund ist die IBA ist mit ihrem Projekt der

Guidelines on Conflicts of Interest in 2001/2002 angetreten (dazu im 3. Teil, B.): Um das

Recht der Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte für den transnationalen

Wirtschaftsverkehr wieder fruchtbar zu machen, hat sie mit ihrem Standard einen moralisch-

ethisch geprägten Regelungsmechanismus für schiedsrichterliche und schiedsparteiliche

Offenlegung entworfen. In diesem Kontext ist dann auch ihre Qualifizierung als Bestandteil

einer in Entwicklung befindlichen und zugleich beständiger Änderung unterliegenden

transnationalen Wirtschafts(rechts)ordnung zu sehen (dazu im 4. Teil); die IBA Guidelines

wirken zwar, zumindest was ihre Anerkennung durch nationale Gerichte betrifft, de lege lata

mehr aufgrund ihrer Faktizität denn rechtlichen Verbindlichkeit; sie scheinen dennoch der

vielversprechendere Weg im Vergleich zur traditionell positivistischen Gesetzgebung zu sein,

weil sie an die Vernunft der Schiedsparteien und Schiedsrichter und damit ein Verhalten

appellieren, welches Grundstimmung unseres Wirtschafts-, Rechts- und gesamten sozio-

kulturellen Lebens ist.

Die vorliegende Untersuchung befürwortet das Projekt der IBA in seinen grundlegenden

Tendenzen, sieht sie jedoch gleichzeitig nur als ersten Schritt in die richtige, notwendige

Richtung:

1224 So der beinahe verschämt versteckte Hinweis Hascher´s, 6 ICC Bulletin 11 (November 1995), 4, 18.

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Der Verfasser vertritt die Ansicht, dass der eigenen Urteilsfähigkeit eines Schiedsrichters so

lange vertraut werden muss und auch vertraut werden kann, bis eine Schiedspartei die

realistische Wahrscheinlichkeit („realistic likelihood“) mangelnder Unparteilichkeit beweist.

Am ehesten scheint diese Ansicht die Haltung der englischen Jurisdiktion zur Beurteilung

schiedsrichterlicher Interessenkonflikte widerzuspiegeln. Keinem Beteiligten ist damit

gedient, wenn es ihm möglich ist, den Gang des Schiedsverfahrens um der Behinderung selbst

willen behindern und verhindern zu können; auch wird dadurch der Anspruch einer

Schiedspartei auf Offenlegung bzw. Ablehnung eines Schiedsrichters nicht beschränkt,

sondern in die richtige Perspektive und das richtige Verhältnis zum jeweiligen Anlass gesetzt.

Existiert dieses grundsätzliche, sich sicherlich nicht ausnahmslos bewahrheitende Vertrauen

in dem Verhältnis zwischen Schiedsrichtern, Parteien und Interessenvertretern nicht, kann

auch die Einführung eines noch so offenen bzw. weit gezogenen Offenlegungs- und

Ablehnungstatbestands nicht verhindern, dass ein unter diesem Vorzeichen initiiertes

Schiedsverfahren niemals den ihm zugedachten Zweck eines effektiven

Streitlösungsmechanismus wird erfüllen können. Der erfolgversprechendere Ausgangspunkt

ist deshalb die gleichermaßen an Schiedsparteien, Interessenvertreter1225 und Schiedsrichter

gerichtete Herausforderung, Fairness durch integres Verhalten walten zu lassen: GSt 7 und

GSt 3(b) der IBA Guidelines gehen diesen Weg, indem sie die Vermutung der

schiedsrichterlichen Unparteilichkeit in GSt 1 und GSt 2(a) dadurch unterstützen, dass sie den

Schiedsparteien die Verantwortung für „ihr“ Schiedsverfahren auferlegen und grundsätzlich

davon das weitere schiedsrichterliche Verhalten abhängig machen. Der Verfasser sieht hierin

einen Paradigmenwechsel; es bleibt zu hoffen, dass ihn die diesbezüglich bislang inaktiven

nationalen Gesetzgeber und institutionellen Schiedsorganisationen nachvollziehen.

Kritisch gesehen wird die Entscheidung der IBA Working Group, die Prüfungsstandards zur

Auslösung der schiedsrichterlichen Offenlegungspflicht in GSt 3(a) und des

Ablehnungsrechts in GSt 2(b) und (c) unterschiedlich auszugestalten: Die Spruchpraxis in der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit sollte nicht jeder Befindlichkeit einer Schiedspartei

offenstehen, sondern nur vernunftbezognen, also objektiven Argumenten1226. Deren Vortrag

wird ausreichend und insbesondere dadurch gesichert, dass die Sichtweise eines objektiven,

über die entscheidungserheblichen Umstände des Streits informierten Dritten maßgeblich ist.

1225 So Paulsson, Standards of conduct for Counsel in international arbitration, American Rev. Int. Arb. 3 (1992), 214ff. 1226 Ein vollständig subjektiver Maßstab würde gleichsam jeder Gefühlsregung einer Schiedspartei zugänglich sein und so Missbrauch Tor und Tür öffnen; in der Variante eines subjektiven Maßstabs mit der Sichtweise einer „verobjektivierten“ Schiedspartei wird dieser nominell subjektive Maßstab inhaltlich zu einem objektiven.

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Ähnlich kritisch wird die Entscheidung der Working Group gesehen, den Kreis der Tatsachen,

die eine Offenlegungspflicht bzw. das schiedsparteiliche Ablehnungsrecht auslösen,

unterschiedlich weit zu fassen und aus subjektiver bzw. objektiver Perspektive betrachten zu

lassen. Die Mechanimsen der Offenlegung und Ablehnung sollten nach hiesiger Ansicht

hingegen nur dann eröffnet sein, wenn eine realistische Wahrscheinlichkeit („realistic

likelihood“) eher für als gegen die schiedsrichterliche Parteilichkeit spricht. Die momentan

national und international am Begriff des Anscheins schiedsrichterlicher Parteilichkeit

(„appearance“) ausgerichteten Prüfungsmaßstäbe lenken nur von der allein entscheidenden

Frage nach der Versicherung der Unparteilichkeit eines Schiedsrichters dadurch ab, dass sie

sich in die Prüfung des nachrangigen Merkmals der Unabhängigkeit flüchten.

Die IBA Guidelines verschaffen den Mechanismen des Verzichts bzw. der Präklusion und

damit der Parteiautonomie Geltung, die in diesem Sinne Parteidispositionfreiheit ist (GSt

4(a)). Sie gehen jedoch nicht den letzten Schritt, dem vernunftbezogenen Willen der Parteien

Vorrang auch dann einzuräumen, wenn diese in voller Kenntnis der entscheidungserheblichen

Umstände, welche das Vorliegen einer realistischen Wahrscheinlichkeit schiedsrichterlicher

Parteilichkeit beweisen, auf die Fähigkeit eines Schiedsrichters vertrauen, seine

Unparteilichkeit gewahrt zu sehen und sich nicht selbst abzulehnen, und deshalb auf ihr

Ablehnungsrecht ausdrücklich oder stillschweigend verzichten (GSt 4(a) und GSt 2(d) i.V.m.

der „non-waivable Red List bzw. GSt 2(d) i.V.m. der „waivable Red List“). In einer solchen

Situation muss das Vertrauen der Schiedsparteien in diese Urteilsfähigkeit eines

Schiedsrichters Vorrang vor nationalstaatlich-protektionistisch gefärbten Befürchtungen

haben, es könnte ihr ordre public verletzt sein1227: Denn die Parteien haben „sehenden Auges“

entschieden und benötigen keinen Schutz vor sich selbst - schon gar nicht, wenn sie, wie es

im Falle der Praxis in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit der Regelfall ist, juristische

Personen sind. Vereinbar damit ist aber auch der nach hiesiger Ansicht notwendige Schutz

einer Partei im Fall der Unkenntnis solcher Tatsachen.

Begrüßenswert ist die im kontinental-europäischen eher als im anglo-amerikanischen

Rechtsraum anzutreffende1228, geforderte Abkehr von einer momentan überwiegend

kontradiktorischen Verfahrensgestaltung hin zu einer Entwicklung streitschlichtender

1227 Im Sinne von Art. V(2.)(b) NYC 1958. 1228 Erstaunlich insofern die Entwicklung eines „collaborative law“ in den USA, das lt. Fariman, Ethics and Collaborative Lawyering, 18 Ohio State J. D. R. 2 (2003), 505, 522 (abrufbar unter http://moritzlaw.osu.edu/faculty/docs/fairman-oldhats.pdf), einen Paradigmawechsel vom „adversarial model to a problem-solving model“ bedeuten soll.

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Schiedsgerichtsbarkeit, indem über GSt 4(d) Vermittlungsbemühungen ein gleichberechtigtes

Element neben Offenlegung und Ablehnung werden. Zumindest die IBA erkennt, dass eine

Option für Vergleichsverhandlungen die Praxis der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit vor

allem auch in weniger kontradiktorisch verfahrenden Rechtskulturen unterstützen kann und

willkommene Ergänzung einer jeden Streitschlichtung und vor allem aber kein Zeichen von

Schwäche ist.

Die bloße Tatsache der Behandlung der Fragen, die sich aus der Zugehörigkeit von

Schiedsrichtern zu international agierenden Sozietäten und von Schiedsparteien zu

Unternehmensgruppen ergeben (GSt 6), setzt die IBA Working Group zu Unrecht dem

Vorwurf der Vetternwirtschaft und des Protektionismus abgesteckter Claims solcher

Sozietäten aus1229. Sie anerkennt damit lediglich, was derzeit bereits de facto gelebt wird: Ob

die Guidelines mit ihren zeitlichen und inhaltlichen Rahmenvorgaben die Abwanderung

renommierter Praktiker in kleinere Sozietätsstrukturen aufhalten bzw. umkehren werden, mag

zweifelhaft sein; zweifellos wird jedoch die Praxis über die weitere Entwicklung dieses

General Standards entscheiden. Ähnliches gilt für über nationale Grenzen hinaus verknüpfte

und vernetzende Märkte und ihre Beratung durch wenige große, entsprechend leistungsfähige

Sozietäten: Ihre Anfälligkeit für schiedsrichterliche Interessenverflechtungen ist immens; dem

kann auch nach Ansicht der Working Group nur über eine konkrete Prüfung im Einzelfall

Rechnung getragen werden.

Die Ergänzung der General Standards der IBA Guidelines (Part I) durch Anwendungslisten

(Part II: Practical Application of the General Standards), welche beispielhaft Ausschließungs-

und Ablehnungsgründe1230 aufführen, ermöglicht einerseits eine ganz konkrete,

einzelfallbezogene Prüfung; andererseits läßt sie aber gleichzeitig Raum für „Mutanten“

dieser Beispielsfälle und vollständig neue Fallgestaltungen1231 - denn insoweit greift die Ratio

der als Auffangregelungen („fall back-clauses“) ausgestalteten General Standards.

Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich insbesondere unter Berücksichtigung des

Impetus der IBA Guidelines 2004 in folgende Thesen zusammenfassen:

1229 S. dazu die IBA Background Information, 5 B.L.I. 3 (2004), 433, 445-447. 1230 In Form der „non-waivable Red List“ (Offenlegung ist nicht erforderlich) bzw. „waivable Red List“ und „Orange List“ (Offenlegung ist zwingend); alle übrigen denkbaren Fallgestaltungen werden durch die „Green List“ erfasst (Offenlegung erst recht nicht erforderlich). 1231 „The Working Group trusts that the Guidelines will be applied with robust common sense and without pedantic and unduly formalistic interpretation.“, IBA Guidelines, Introduction, No. 6.

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(1) Jeder Schiedsrichter muss vom Beginn eines Schiedsverfahrens bis zu dem

Zeitpunkt, da er functus officio wird, unparteilich sein. Kann er das nicht, muss er

sich unverzüglich selbst ablehnen.

(2) Schiedsparteien und ihre Interessenvertreter müssen über die vernünftige

Ausschöpfung ihrer Nachforschungsressourcen öffentlich und

unternehmensintern zugängliche Informationen prüfen und die jeweils übrigen

Verfahrensbeteiligten eigeninitiativ über ihnen so bekannt gewordene, bekannt

werdende und bereits von Beginn an bekannte Verbindungen ihres Unternehmens

bzw. der diesem verbundenen Unternehmensgruppe nachhaltbar informieren.

(3) Jeder Schiedsrichter muss diese Informationen im Rahmen seiner

Verpflichtung zur beständigen Vergewisserung seiner Unparteilichkeit

berücksichtigen.

(4) Die Prüfungsstandards für die Mechanismen der Offenlegung und Ablehnung

sind identisch: Es ist jeweils der Beweis der realistischen Wahrscheinlichkeit

eines Mangels schiedsrichterlicher Unparteilichkeit erforderlich; dessen Vorliegen

wird aus der Sicht eines objektiven, über die entscheidungserheblichen Umstände

des Streits informierten Dritten beurteilt. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung

dieser Unparteilichkeit ist der der abschließenden, meistens gerichtlichen

Entscheidung.

(5) Der Autonomie einer Schiedspartei sind im Hinblick auf Tatsachen, die ihr

vollumfänglich bekannt sind und über die sie deshalb „sehenden Auges“

entscheiden kann, keine Grenzen gesetzt. Nationalstaatlicher Regelungsbedarf

über den ordre public besteht nicht, weil in einem solchen Fall das Vertrauen in

die Fähigkeit eines Schiedsrichters zur unparteilichen Entscheidung Vorrang vor

nationalstaatlich-protektionistischen Erwägungen hat.

(6) Schiedsrichterliche Vergleichsbemühungen sind Bestandteil der

internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Die entsprechende Bereitschaft der

Schiedsparteien umfasst im Falle des Scheiterns der Vergleichsbemühungen ihren

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Verzicht auf die Geltendmachung eines Ablehnungsgrundes, welcher sich darauf

stützt, dass ein Schiedsrichter die Vergleichsbemühungen geleitet oder an ihnen

irgendwie teilgenommen und vertrauliche Informationen erhalten hat.

(7) Eine Einzelfallprüfung entscheidet darüber, ob die Tätigkeit eines

Schiedsrichters und die seiner Sozietät bzw. die Tätigkeit einer

Unternehmensgruppe und einer dieser verbundenen Schiedspartei gleichgestellt

und sie so untereinander zugerechnet werden können.

B. Ausblick

Anfang 2005 wurden die IBA Guidelines 2004 auf der Jahreskonferenz des CPR Institute for

Dispute Resolution mit dem 2004 Outstanding Practical Achievement Award

ausgezeichnet1232. Im internationalen Schrifttum und der internationalen Schiedspraxis finden

sich gleichermaßen positive, verhaltene und ablehnende Stimmen zu ihrem Inhalt und ihren

potentiellen Auswirkungen1233.

1232 S. die Pressemitteilung der IBA vom 21. Januar 2005, abrufbar unter www.ibanet.org (Stichwort: „IBA Receives Top Award for ADR Innovation”): “The result of more than two years consultation and review with leading arbitration and industry authorities around the globe, the Guidelines represent the most comprehensive work to date to define the framework by which the impartiality of arbitration in the international arena can be most effectively assured. … innovative and a major development in moving ADR forward on an international level”. 1233 Vgl. das Projekt der DC BAR (International Law Section - International Dispute Resolution Committee), unter deren Ägide eine Working Group on Practical Aspects of Transparency and Accountability in International Treaty Arbitration ein “Comparison Chart on Arbitrators´ Standards on Conduct of Conduct” unter Einbeziehung der Arbitration Rules der ICC, WTO, UNCITRAL, ICDR/AAA, NAFTA und ICSID sowie eben der IBA Guidelines 2004 veröffentlicht hat, abrufbar unter http://www.dcbar.org/for_lawyers/sections/international_law/conductChart.pdf; s. auch die 8th Biennial IFCAI Conference (3 June 2005) der IFCAI/ICSID zu dem Thema “Key Current Issues in International Arbitration - State Parties, Party Autonomy, Interim Measures, Conflicts of Interest”, Afternoon Session - Conflicts of Interest (IBA Guidelines), abrufbar unter http://www.adr.org/si.asp?id=1819; ebenso die AMINZ Annual Conference, July 29-31, 2005, David Williams´ Introduction to IBA Guidelines on Conflicts of Interest, abrufbar unter http://www.aminz.org.nz/Documents/AMINZAnnConf2005_RegForm.pdf; ebenso ABA Section on International Law, Fall Meeting 12-16 October 2004, “The Changing Ethical Environment for Arbitration” (“This program will provide an overview of ethical considerations that bear on the conduct of international commercial arbitrations and will address important recent developments that are ushering in a new era of arbitration ethics. Panelists will discuss the new IBA Guidelines on Arbitrator Disclosure and the 2004 Revision to the ABA/AAA Code of Ethics for Arbitrators in Commercial Disputes and what these new rules mean from the perspective of arbitral institutions, arbitrators and counsel. The topics will include arbitrator bias, the status of party-appointed arbitrators, disclosure of interests and relationships and arbitrator communications with the parties and other arbitrators.”), abrufbar unter http://www.abanet.org/intlaw/fall04/agenda.html; s. auch Lawson, Impartiality and Independence of International Arbitrators: Commentary on the 2004 IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration, ASA Bulletin 23 (2005), 22-44; Stock/Wilske, Rule 3.3.7 of the IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration - The Enlargement of the Usual Shortlist, ASA Bulletin 23 (2005), 45-52; Tochtermann, Erfahrungsbericht zur Sommerakademie des Heidelberg Center for International Dispute Resolution zur Internationalen Streitbeilegung (14. - 19. Juni 2004), S. 6, abrufbar unter http://www.ipr.uni-heidelberg.de/center/Conferences/Sommerkursbericht.pdf; Skadden Arps, International Dispute Resolution (July 2004), S. 11f., abrufbar unter http://www.skadden.com/content/Publications/Publications959_0.pdf; White & Case, 17 International Dispute

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Abschließend soll eine aktuelle Gerichtsentscheidung Chancen und Hindernisse auf dem Weg

zu einem jenseits wie auch innerhalb nationaler Grenzen akzeptierten Standard zur

Vermeidung und Lösung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte deutlich machen:

Während des internationalen Schiedsverfahrens in der Sache Republic of Ghana v. Telekom

Malaysia Berhard (TMB) haben der Vorsitzende und ein weiteres Mitglied der IBA Working

Group, O.L.O de Witt Wijnen und Arthur Marriott QC, im Rahmen eines Ablehnungsantrags

vor der Rechtbank´s-Gravenhage (The Hague District Court) als Interessenvertreter der

Republik Ghana gegen den parteibenannten Schiedsrichter der Telekom Malaysia Berhad

(TMB), Professor Emmanuel Gaillard, u. a. auf Grundlage der GSt 2 lit. (b) und lit. (c),

TMB´s Interessenvertreter hingegen mit Artikel 4.1.1. der „Green List“ der IBA Guidelines

2004 argumentiert1234 - wohl ohne diese vertraglich vereinbart zu haben1235:

Dieses Investitions-Schiedsverfahren mit vereinbartem Sitz in Den Haag unterlag den

Regelungen eines Investitionsschutzabkommens (Bilateral Investment Treaty (BIT)) zwischen

den Republiken Ghana und Malaysia und verlief gemäß den UNCITRAL Arbitration Rules

unter der Administration des Permanent Court of Arbitration (PCA). Der Ablehnungsantrag

der Republik Ghana stützte sich darauf, dass Professor Gaillard in einem anderen, parallel

verlaufenden Aufhebungsverfahren - das einen Schiedsspruch aus einem Disput zwischen

Resolution 3 (October 2004), S. 14f., abrufbar unter http://www.whitecase.com/files/tbl_s47Details/FileUpload265/690/dispute_resolution_october_2004.pdf; vgl. auch LCIA Arbitration Symposium, 19 March 2005, Topics Nos. 24 (Standards of Disclosure), 25 (Conflicts of Interest), 26 (IBA Guidelines), 27 (Biased Arbitrators), 28 & 29 (The Pro-Active Arbitrator), abrufbar unter www.lcia-arbitration.com (Stichwort: Arbitration Symposium); Mankowski, Die Ablehnung von Schiedsrichtern, SchiedsVZ 2004, 304ff. 1234 Republic of Ghana v. Telekom Malaysia Berhard, Case No. HA/RK 2004, 667, 18 October 2004 (bestätigt durch Republic of Ghana v. Telekom Malaysia Berhard, Case No. HA/RK 2004, 778, 5 November 2004); beide Entscheidungen der Rechtbank´s-Granvenhage wurden dem Verf. freundlicherweise durch Advocaat Eelco R. Meerdink in niederländischer Sprache und einer informellen englischen Übersetzung zur Verfügung gestellt; der Verf. zitiert der Verständlichkeit halber letztere, verweist jedoch zusätzlich auf die niederländische Originalfassung; Eelco R. Meerdink kommentiert beide Entscheidungen in: 10 IBA Arbitration Committee Newsletter 1 (March 2005), 34-37, abrufbar unter http://www.ibanet.org/images/downloads/Arbitration%20March%2005.pdf; sehr positiv zuletzt Briner, zitiert durch Hwang, IBA Email, 28. Mai 2004: “Robert Briner announced that he had asked the ICC Secretariat to refer to the IBA Guidelines from now on when considering challenges for conflicts of interest. He did not say that they would adopt these Guidelines completely but he wanted to have them in mind and see if - they proved useful in practice - they conflicted with existing ICC practices (he did not say what ICC would do if there was such conflict). He hoped that after some time he would have enough material to report to the IBA how theses Guidelines were working out in practice.”; vgl. auch Voser, IBA Email, 11. September 2003, S. 2: “Anne-Marie (Whitesell, d. Verf.) confirmed that the ICC is not in a position to formally adopt the Guidelines but that the Guidelines “may be an useful exercise”. She said that it is necessary to carefully analyse “the interplay of the Guidelines with the institution.”. 1235 Die Sachverhaltsschilderung ist in dieser Hinsicht nicht exakt.

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dem Konsortium R.F.C.C. und dem Königreich Marokko betraf, welcher sich mit

Enteignungsfragen unter dem dortigen BIT befasste1236 - als Interessenvertreter des

Konsortiums die Aufhebung dieses Schiedsspruchs erreichen sollte und sich die Republik

Ghana mit ihrem Vortrag u.a. auf genau diesen Schiedsspruch stützte1237. War Professor

Gaillard also in seiner Eigenschaft als Interessenvertreter verpflichtet, im Rahmen des

Aufhebungsverfahrens gegen den dortigen Schiedsspruch zu argumentieren, war er in seiner

Eigenschaft als Schiedsrichter im Verfahren Republic of Ghana v. Telekom Malaysia Berhard

verpflichtet, die diesem zugrundeliegende Argumentation in der Form des schiedsparteilichen

Vortrags unparteilich zu beurteilen. Seine Tätigkeit für das Konsortium RFCC hatte Professor

Gaillard unverzüglich und eigeninitiativ offengelegt, nachdem sich die Republik Ghana

erstmals auf den dortigen Schiedsspruch gestützt hatte. Er erklärte sich selbst ausdrücklich für

unparteilich1238.

Die Rechtbank´s-Gravenhage lehnte die Überprüfung dieses Sachverhalts anhand der IBA

Guidelines 2004 nicht ausdrücklich ab, erwähnte sie jedoch in ihren Urteilsgründen mit

keinem Wort. Vielmehr leitete sie aus ihrer Zuständigkeit die Anwendung niederländischen

Rechts ab1239; anhand des danach anwendbaren Prüfungsmaßstabs von „justifiable doubts“

aus objektiver Sicht des mit den entscheidungserheblichen Umständen vertrauten Dritten

stellte sie dann Folgendes fest:

„... The examination of whether there are sufficient gorunds for a challenge

should also take account of outward appearance (NJ 1994, 765). … account

should be taken of the fact that the arbitrator in the capacity of legal counsel will 1236 In re Consortium RFCC v. Royaume du Maroc, Aff.No. ARB/00/6, 22 décembre 2003, abrufbar in der französischen Originalfassung unter http://www.worldbank.org/icsid/cases/rfcc-award.pdf. 1237 Dieser Vortrag (Behauptung wie wohl auch Rechtsansicht) wurde seitens TMB bestritten bzw. nicht geteilt; der gerichtlich festgestellte Sachverhalt sagt dazu nur: „it became clear that the petitioner among other things based its allegations upon a judgment concerning a dispute between consortium RFCC and the Kingdom of Morocco“ (die niederländische Originalfassung lautet: „is naar voren gekomen dat verzoekster haar stellingen onder meer baseerde op een uitspraak met betrekking tot een geschil tussen een consortium RFCC en het Koninkrijk Marokko“), (jeweils S. 2 der englischen und niederländischen Fassung). 1238 „As far as I am concerned, I only wish to state that I believe to be perfectly impartial and independent to act as an arbitrator. The fact that I have been asked to act as counsel for an unrelated party in an unrelated matter does not, in my view, affect such impartiality and independence in any way. Experience shows that each case is different and that, in BIT arbitrations, the arbitrators´ primary task is to apply the relevant rules of law, first and foremost the treaty on the basis of which the arbitration is initiated to the facts of the case at hand. I consider myself as completely impartial and independent to do so (…).”. 1239 Aufgrund der Vereinbarung des Schiedsort Den Haag/The Hague und Art. 1035 (2) i.V.m. Art. 1073 Niederländische Zivilprozessordnung: „Since the Dutch provisional measures judge is competent in the present case, he will in his capacity as designated judge apply Dutch law in respect of the grounds for the challenge.” (die niederländische Originalfassung lautet: „Aangezien de Nederlandse voorzieningenrechter in het onderhavige geschil bevoegd is, zal hij als forumrechter ten aanzien van de wrakingsgronden het Nederlandse recht toepassen.“), S. 5 bzw. S. 4 der englischen bzw. niederländischen Fassung.

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regard it his duty to put forward all possible conceiveable objection against the

RFCC/Morocco award. This attitude is incompatible with the attitude Prof.

Gaillard has to adopt as an arbitrator in the present case, i.e. to be unbiased and

open to all the merits of the RFCC/Moroccan award and to be unbiased when

examining these in the present case and consulting thereon in chambers with his

fellow arbitrators. Even if this arbitrator were able to sufficiently distance himself

in chambers from his role as counsel in the setting aside proceedings regarding

the RFCC/Morocco award, account should in any event be taken of the

appearance of his not being able to observe said distance. Since he has to play

these two roles, it is in any case impossible for him to avoid the appearance of not

being able to keep these two roles strictly seperated.”1240.

Also doch keine Bewegung in Richtung auf ein transnational, maßgeblich an den IBA

Guidelines 2004 ausgerichtetes Verhaltensregime, dessen moralisch-ethischer Impetus auch

national erkannt und anerkannt wird?

Zumindest die Rechtbank´s-Gravenhage scheint diesen herkömmlichen Standpunkt

einzunehmen, indem sie die lex arbitri der Vereinbarung des Schiedssitzes folgen läßt und

ausschließlich nach nationalem Recht entscheidet. Sie huldigt damit den (inter-)national

überwiegenden Bestrebungen, die schiedsrichterliche Parteilichkeit anhand einer

Anscheinsprüfung festzustellen, anstelle zu prüfen, ob ein Schiedsrichter tatsächlich parteilich

ist. Die Schiedsparteien hingegen haben unter Bezugnahme auf die IBA Guidelines

argumentiert, obgleich deren Geltung wohl nicht vereinbart worden waren1241. Das ist

ermutigend1242.

1240 S. 6 der englischen Fassung (niederländische Fassung, S. 5: “Bij de beoordeling of er voldoende aanleiding is tot wraking valt onder omstandigheden ook rekening te houden met de uiterlijke schijn (NJ 1994, 765). … Dit betekent dat er rekening mee moet worden gehouden dat de arbiter in de hoedanigheid van advocaat het als zijn taak zal beschouwen om alle mogelijk denkbare bezwaren tegen de RFCC/Marokkaanse-beslissing aan te voeren. Deze houding is niet verenigbaar met de houding die prof. Gaillard als arbiter in de onderhavige zaak dient in te nehmen, namelijk om onbevangen open te staan voor alle merites van de RFCC/Marokko-uitspraak en die onbevangen te beoordelen in de onderhavige zaak en daarover in raadkamer met zijn mede arbiters te beraadslagen. Zelfs al zou deze arbiter in staat zijn om zich in raadkamer voldoende te distantieren van de rol als advocaat in de vernietigingsprocedure tegen het RFCC/Marokko-vonnis, dan moet in elk geval rekening worden gehouden met de uiterlijke schijn dat hij die distantie niet zal weten op te brengen. Nu hij twee rollen moet vervullen kan hij in leder geval niet de schijn vermijden dat hij deze rollen niet strikt gescheiden kan houden.”). 1241 Weder der gerichtlich festgestellte Sachverhalt noch die Zusammenfassung der schiedsparteilichen Behauptungen und Rechtsansichten geben weiteren Aufschluss über die Art und Weise, wie mit den IBA Guidelines argumentiert worden ist; jedoch dürfte die Vermutung nicht allzu gewagt sein, dass die grundsätzliche Initiative hierzu von Mitgliedern der IBA Working Group, O.L.O de Witt Wijnen und Arthur Marriott QC, ausgegangen ist, die so den Ablehnungsantrag der Republik Ghana stützen wollten: Der Umstand einer fehlenden vertraglichen Vereinbarung wäre nach Ansicht des Verfassers noch bedeutender, als wenn die

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Vision und Realität dürfen nicht parallel zueinander verlaufen, sondern müssen einander

Ansporn sein: Die Grundlagen eines transnational wirkenden Regelungswerks für die

Vermeidung und Bewältigung schiedsrichterlicher Interessenkonflikte sind mit den IBA

Guidelines 2004 gelegt. Nun liegt es an der internationalen Schiedsgemeinschaft, sie durch

ihre praktische Anwendung zu einem bestimmenden Einfluss auch auf nationale Gerichte und

Gesetzgeber auszugestalten.

IBA Guidelines „nur“ aufgrund ihrer vertraglichen Einbeziehung zur Anwendung gekommen wären, da sie dann noch deutlicher in ihrer Funktion als moralisch-ethische „Benchmark“ und ihre reine Präsenz (s. 4. Teil) gewirkt hätten. 1242 Wenngleich die Anrufung von GSt 2(b) aufgrund seiner Legaldefinition in GSt 2(c) nach hiesiger Auffassung ein Eigentor gewesen ist: Denn diametral entgegengesetzt hätte das im Vergleich zum niederländischen Prüfungsmaßstab der „justifiable doubts“ zur Abweisung des Ablehnungsantrags führen müssen, wollte man die Ratio von GSt 2(c) verwirklichen - denn nichts sprach dafür, dass Professor Gaillard tatsächlich parteilich gehandelt hat. Erst recht gilt dies bei Anwendung des hier vertretenen (und u.U. mit GSt 2(c) nicht übereinstimmenden) Prüfungsmaßstab der „realistic likelihood“.

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Lebenslauf

9. Mai 1973 geboren in Bielefeld; Eltern: Charlotte Wilke, geb.

Kunst (Studienrätin), Dr. med. dent. Axel Wilke

(Zahnarzt)

1983 - 1992 Ratsgymnasium Bielefeld (Latinum und Graecum)

Juli 1992 - Juni 1993 Panzerbatallion 214/Instandsetzungskompanie 210,

Augustdorf/Senne

Oktober 1993 - Januar 1998 Studium der Rechtswissenschaften, Universität

Bielefeld; Zusatzstudium English Law; Praktika IHK

Ostwestfalen zu Bielefeld / Justitiariat der SPD, Bonn

Mai 1995 - August 2000 Mitarbeiter in der Sozietät Wolff/Graeser, Bielefeld

Januar 1998 1. Juristisches Staatsexamen (Freischuß)

Februar - April 1998 Praktika in der Rechtsabteilung der Privatbank Sal.

Oppenheim, Köln / Sozietät Bollmann, Kiesselbach &

Partner, Hamburg

August 1998 - September 2000 Referendariat im OLG-Bezirk Hamm

Juli 1999 Summer Academy on International Business Law,

CENTRAL, Münster

September 2000 2. Juristisches Staatsexamen

Februar 2001 - März 2002 Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Steuer- und

Rechtsabteilung, Arthur Andersen, Hannover

April 2002 - Juli 2003 Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Sozietät Haarmann

Hemmelrath & Partner, Bielefeld

September 2003 Summer Academy on International Commercial

Arbitration, CENTRAL, Köln

September 2003 - September 2004 Master-Studium am King´s College London (LL.M.

Commercial & Corporate Law)

November 2004 - 14. Februar 2006 Promotion zum Dr. iur. bei Professor Dr. Peter Huber,

LL.M. (London), Johannes-Gutenberg Universität

Mainz

Seit Juli 2005 Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Schindhelm

Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Osnabrück