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7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen Tazio Carlevaro : Das soziokulturelle Selbstuerständnis. Tazio Carlevaro Das soziokulturelle Sel bstverständ n is der wichtigsten Plansprachen außer Esperanto Gestatten Sie mir zuerst, lhnen für die Ehre zu danken, die Sie mir erwiesen haben, indem sie mich zu lhrer Jahres- versammlung eingeladen haben. Seit vielen Jahren ver- folge ich lhre Arbeit, auch weil ich der Vorsitzende des Conseil consultatif des Centre de documentation et d'6tudes sur la Langue internationale bin, das gerade vor 30 Jahren, also gegen Ende 1967, in der schweizerischen Stadt La Chaux-de-Fonds gegründet worden ist. * Einführunq \A/er bin ich Wer mich kennt, der weiß, daß ich kein Linguist, kein Phi- losoph, kein im akademischen Sinne des Wortes gebilde- ter Historiker bin. lch bin auch kein Soziologe. lch bin nur ein Arzt, der sich in der Psychiatrie und in der Psychothe- rapie spezialisiert hat. ln den letzten Jahren habe ich For- schungen im Bereich der epidemiologischen Psychiatrie durchgeführt. Daher habe ich mir einige Methoden der me- dizinischen Epidemiologie und der Statistik angeeignet. Zum Glück habe ich aus verschiedenen Gründen sehrviel mit Sprache und Sprachpsychologie zu tun gehabt. Es hat mir immer Spaß gemacht, eine Sprache zu lernen und aktiv zu gebrauchen. ln der Sprache habe ich immer ei- nen wichtigen Wert gesehen. Die Sprache ist für mich ein Mittel der Kulturschaffung, aber noch mehr: sie ist eines derwichtigsten Mittel der psychischen Genesung. Der Titel ist nicht vollkommen zutreffend lch habe ein Problem. lch bin ein wenig unsicher. Eigent- lich hieß das mir vorgegebene Thema "Das soziokulturelle Selbstverständnis von Plansprachen". Erst nachher wur- de mir deutlich, daß zwei eingrenzende Worte hinzuge- gt worden waren, nämlich " au ßer Esperanto". Dam it h abe ich aber einige Schwierigkeiten. ln der Tat können die be- stehenden Plansprachegemeinschaften nicht ohne eine gründliche Kenntnis des Esperanto untersucht werden. Die Esperantobewegung stellt sozusagen einen sozialen, ideo- logischen, geschichtlichen und sprachlichen Urtypus dar, auch wenn die einzelnen Mitglieder der anderen Plan- sprachebewegungen es nicht wahrhaben wollen. Es ist also unmöglich, über Plansprachebewegungen zu spre- chen, und dabeidie Esperantobewegung beiseite zu las- sen. Ein anderer Grund scheint mir hier ziemlich wichtig zu sein. ln den letzten Jahren habe ich eigentlich praktisch nur die Esperantobewegung erforscht. Mit wissenschaftlichen Mitteln habe ich versucht, mir ein allgemeines Bild der Bewegung zu machen. Eigentlich wollte ich die soziologi- sche Struktur, die demographische Konsistenz, das kultu- relle Selbstverständis und das faktische Funktionieren der Esperantogemeinschaft studieren. Und noch etwas wich- tiges: lch bin der Meinung, daß das, was ich über die Esperantobewegung zu sagen habe, mutatis mutandis auch für die anderen Bewegungen gilt. Die Bewequnq für eine Plansprache Die ethnisch-sprachlichen Bewegun gen Die Sprache als Fähigkeit des Sprechens ist eine mensch- liche, und zwar eine ausschließlich menschliche Angele- genheit. Sie befindet sich im Zentrum des psychischen Lebens des Einzelnen, und im Zentrum der Kommunikati- on in allen menschlichen Gemeinschaften. Die Sprache ist ein tragendes Element des Sozialen: Sie ist gleichzeitig Schöpferin und Trägerin individueller und Gruppen-Werte, ln der Sprache spiegelt sich oft das Selbst- verständnis einer menschlichen Gruppe wider, und nicht nur das Selbstverständnis des Einzelnen. Die Sprache ist das Mittel und ein Resultat der menschlichen Soziabilität. Wir alle kennen Bewegungen, die einen bestimmten sprachlichen Zug aufweisen, sogar Bewegungen, wo die Sprache irgendwie eine zentrale Stelle einnimmt. Es han- delt sich um Bewegungen, die das Zielverfolgen, eine be- stimmte ethnische oder regionale Sprache zu verteidigen oderzu fördern. Diese Bewegungen erheben häufig aber auch noch andere Forderungen, gewöhnlich sozialer und politischerArt. Sie haben oft eine identifikatorische Funkti- on, in dem Sinne, daß sie einen solidarischen Standpunkt unter denjenigen verlangen, die gleichgesinnt sind, und die ihre Werte akzeptieren. Die plansprachlichen Bewegungen Es kommt eigentlich seltenervor, daß solche Gruppen oder Bewegungen Mitglieder haben, deren erste Sozialisation in einer anderen Sprache stattgefunden hat, oder die ei- gentlich alltäglich eine andere Sprache gebrauchen, zum Beispiel in ihren familiären oder sozialen Verhältnissen. Dennoch existieren auch solche Bewegungen, die ge- wöhnlich für eine Sprache arbeiten, die verhältnismäßig fremd und entfernt bleibt, weil sie vermeintlich keine pri- märe Funktion im Leben des Betroffenen hat. Dafür aber nimmt sie einen großen Raum in seiner lmaginationswelt ein. ln dieser imaginären Welt finden wir auch mehr oder weniger ausgearbeitete, mehr oder weniger utopische lde- en oder ProjeKe, und soziale, kulturelle und ethische Hoff- nungen oder Vorhaben. Mein Thema betrifft solche Bewegungen, die die Verbrei- tung, den Gebrauch, die Generalisation und die lllustrati- on der Plansprachen fördern. Es ist ein verhältnismäßig neues Phänomen, das nicht früher zu verfolgen ist als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, mindestens in der heutigen Form. Obwohldas lmaginäre irgendwie zentral mit der Sprache konnektiertwird, merken wir in diesen Bewegungen auch mehr als nur einen praktischen Zug: diese Bewegungen

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7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen Tazio Carlevaro : Das soziokulturelle Selbstuerständnis.

Tazio Carlevaro

Das soziokulturelle Sel bstverständ n is der wichtigsten Plansprachenaußer Esperanto

Gestatten Sie mir zuerst, lhnen für die Ehre zu danken, dieSie mir erwiesen haben, indem sie mich zu lhrer Jahres-versammlung eingeladen haben. Seit vielen Jahren ver-folge ich lhre Arbeit, auch weil ich der Vorsitzende desConseil consultatif des Centre de documentation etd'6tudes sur la Langue internationale bin, das gerade vor30 Jahren, also gegen Ende 1967, in der schweizerischenStadt La Chaux-de-Fonds gegründet worden ist. *

Einführunq

\A/er bin ich

Wer mich kennt, der weiß, daß ich kein Linguist, kein Phi-losoph, kein im akademischen Sinne des Wortes gebilde-ter Historiker bin. lch bin auch kein Soziologe. lch bin nurein Arzt, der sich in der Psychiatrie und in der Psychothe-rapie spezialisiert hat. ln den letzten Jahren habe ich For-schungen im Bereich der epidemiologischen Psychiatriedurchgeführt. Daher habe ich mir einige Methoden der me-dizinischen Epidemiologie und der Statistik angeeignet.Zum Glück habe ich aus verschiedenen Gründen sehrvielmit Sprache und Sprachpsychologie zu tun gehabt. Eshat mir immer Spaß gemacht, eine Sprache zu lernen undaktiv zu gebrauchen. ln der Sprache habe ich immer ei-nen wichtigen Wert gesehen. Die Sprache ist für mich einMittel der Kulturschaffung, aber noch mehr: sie ist einesderwichtigsten Mittel der psychischen Genesung.

Der Titel ist nicht vollkommen zutreffend

lch habe ein Problem. lch bin ein wenig unsicher. Eigent-lich hieß das mir vorgegebene Thema "Das soziokulturelleSelbstverständnis von Plansprachen". Erst nachher wur-de mir deutlich, daß zwei eingrenzende Worte hinzuge-fü gt worden waren, nämlich " au ßer Esperanto". Dam it h abeich aber einige Schwierigkeiten. ln der Tat können die be-stehenden Plansprachegemeinschaften nicht ohne einegründliche Kenntnis des Esperanto untersucht werden. DieEsperantobewegung stellt sozusagen einen sozialen, ideo-logischen, geschichtlichen und sprachlichen Urtypus dar,

auch wenn die einzelnen Mitglieder der anderen Plan-sprachebewegungen es nicht wahrhaben wollen. Es istalso unmöglich, über Plansprachebewegungen zu spre-chen, und dabeidie Esperantobewegung beiseite zu las-sen.

Ein anderer Grund scheint mir hier ziemlich wichtig zu sein.ln den letzten Jahren habe ich eigentlich praktisch nur dieEsperantobewegung erforscht. Mit wissenschaftlichenMitteln habe ich versucht, mir ein allgemeines Bild derBewegung zu machen. Eigentlich wollte ich die soziologi-sche Struktur, die demographische Konsistenz, das kultu-relle Selbstverständis und das faktische Funktionieren derEsperantogemeinschaft studieren. Und noch etwas wich-tiges: lch bin der Meinung, daß das, was ich über die

Esperantobewegung zu sagen habe, mutatis mutandisauch für die anderen Bewegungen gilt.

Die Bewequnq für eine Plansprache

Die ethnisch-sprachlichen Bewegun gen

Die Sprache als Fähigkeit des Sprechens ist eine mensch-liche, und zwar eine ausschließlich menschliche Angele-genheit. Sie befindet sich im Zentrum des psychischenLebens des Einzelnen, und im Zentrum der Kommunikati-on in allen menschlichen Gemeinschaften.Die Sprache ist ein tragendes Element des Sozialen: Sieist gleichzeitig Schöpferin und Trägerin individueller undGruppen-Werte, ln der Sprache spiegelt sich oft das Selbst-verständnis einer menschlichen Gruppe wider, und nichtnur das Selbstverständnis des Einzelnen. Die Sprache istdas Mittel und ein Resultat der menschlichen Soziabilität.

Wir alle kennen Bewegungen, die einen bestimmtensprachlichen Zug aufweisen, sogar Bewegungen, wo dieSprache irgendwie eine zentrale Stelle einnimmt. Es han-delt sich um Bewegungen, die das Zielverfolgen, eine be-stimmte ethnische oder regionale Sprache zu verteidigenoderzu fördern. Diese Bewegungen erheben häufig aberauch noch andere Forderungen, gewöhnlich sozialer undpolitischerArt. Sie haben oft eine identifikatorische Funkti-on, in dem Sinne, daß sie einen solidarischen Standpunktunter denjenigen verlangen, die gleichgesinnt sind, unddie ihre Werte akzeptieren.

Die plansprachlichen Bewegungen

Es kommt eigentlich seltenervor, daß solche Gruppen oderBewegungen Mitglieder haben, deren erste Sozialisationin einer anderen Sprache stattgefunden hat, oder die ei-gentlich alltäglich eine andere Sprache gebrauchen, zumBeispiel in ihren familiären oder sozialen Verhältnissen.Dennoch existieren auch solche Bewegungen, die ge-wöhnlich für eine Sprache arbeiten, die verhältnismäßigfremd und entfernt bleibt, weil sie vermeintlich keine pri-märe Funktion im Leben des Betroffenen hat. Dafür abernimmt sie einen großen Raum in seiner lmaginationsweltein. ln dieser imaginären Welt finden wir auch mehr oderweniger ausgearbeitete, mehr oder weniger utopische lde-en oder ProjeKe, und soziale, kulturelle und ethische Hoff-nungen oder Vorhaben.Mein Thema betrifft solche Bewegungen, die die Verbrei-tung, den Gebrauch, die Generalisation und die lllustrati-on der Plansprachen fördern. Es ist ein verhältnismäßigneues Phänomen, das nicht früher zu verfolgen ist als inder zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, mindestensin der heutigen Form.Obwohldas lmaginäre irgendwie zentral mit der Sprachekonnektiertwird, merken wir in diesen Bewegungen auchmehr als nur einen praktischen Zug: diese Bewegungen

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Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis... 7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen

erarbeiten gewöhnlich in einer charakteristischen Weisetechnische, ethische und menschliche Motive, die die inter-ethnische Kommunikation betreffen. Und in dieser Betrach-tung nimmt die Sprache eine sehr wichtige, und manch-mal sogar eine zentrale Rolle ein.

Der Grund ist psychologisch

Wir wollen zuerst einige Anfangsbeobachtungen feststel-len:

. Die Sprache nimmt stark an der Konstitution derPersönlichkeit teil, weil sie die lntegration der Ein-zelerfahrung ermöglicht.

. Die Sprache übt einen großen Einfluß auf dieEmotionen aus. Das gleiche gilt auch für die Emo-tionen, indem sie auf die Sprache einwirken. ln die-sem Sinne kann die Sprache auch Objekt der Emo-tionen werden, sowohl der positiven als auch dernegativen. Man kann sprachbesessen werden,aber auch in die Sprache verliebt sein. Oder mankann ein Verächter der Sprache sein.

. Die Sprache ist auch ein fundamentales Elementder interindividualen Erfahrung, weil sie alsldentifikationsmittel in den sozialen Gruppen funk-tioniert.

Die Sprache als tragendes Element in denmenschlichen Gruppen / ldentität und Sprache

ln der Tat nimmt die Sprache einen zentralen Platz in denMechanismen ein, die zur individuellen ldentität und zurGruppensolidarität führen. Der Mensch ist als solcher nuranerkannt, indem er sich den Zugang zur Sprache, alsozur symbolischen Aktivität verschafft. Nur in dieserWeisekann der Mensch den ihm Ahnlichen nahekommen, undzur typischsten menschlichen Aktivität gelangen, das heißtzur Sinnfindung, die nur durch die Sprache möglich wird.Es stimmt, daß die Umwelt diese Entwicklung fördert. Siekann aber nur durch die gleichzeitige Reifung des Ner-vensystems zustande kommen.

Die menschliche Neotenie und die Sprache

Alldas ist notwendig, aberauch möglich, weilder Menschals sehr unreifes Wesen in die Welt kommt. Das Kind wirdvollkommen wehrlos in die Welt hineingeboren. Deswe-gen muß es für eine lange Reifezeit in einem förderndenMilieu leben. Viel mehr als bei den sprachlosen Tleren.Aber auch als reifes Wesen zeigt es sein ethologischesVerhalten in einer viel schwächeren Weise als die anderenllere es tun. Das ist typisch für alle domestizierten Spezien.Dieses ethologisch bedingte Verhalten ist oft von anderenVerhaltenseinheiten überlagert oder abgeschwächt, diegelernt worden sind, und die eigentlich zur Kultur gehö-ren. Fürdas menschlicheWesen also ist das Lernen wich-tig, und eine verlängerte Lernzeit wird dabei unentbehr-lich. Es handelt sich um einen langen und komplexen Pro-zeß, der sich bei allen Generationen wiederholen muß.lm menschlichen Wesen ist die Sprache nicht nur ein prak-

tisches Mittel. Es handelt sich eher um eine Fähigkeit, oderbesser um ein Verhalten, das mit Lust besetztwerden kann.Zuerst handelt es sich einerseits um eine gewisse narziß-tische Lust, die Lust des Selbst, die sich in seinem Funk-tionieren, aber auch in seinem Schaffen widerspiegelt. Umgut funktionieren zu können, müssen wir uns in der Funk-tion selbst wohlfühlen. Mit der Zeit kann diese Lust sich inästhetische Lust umwandeln.Die Sprache ist aber auch ein Verbindungsmittel mit denanderen Menschen. Der Mensch existiert nicht nur vor sichselbst und in seinerAktivität, sondern auch im Kontext mitden anderen Menschen, mit denen er das soziale Lebenteilt. Die Sprache kann also auch ein Mittel der Lust amSozialen, in Form einer Kommunikationslust sein.Es ist nicht schwierig, diese unterschiedlichen Lust-besetzungen der Sprache bei uns selbst zu beobachten,wenn wir unsere eigene Geschichte betrachten. lch mei-ne damit unsere eigene Geschichte als lndividuen. lch binder Ansicht, daß viele von uns mit der Sprache eine eige-ne Erfahrung und eine spezielle Verbindung pflegen, diesich unter anderem in derAneignung mehrerer Sprachenund im Studium der Sprache als System konkretisiert ha-ben. Und es muß nicht erblich sein: ln unserer eigenenLebensgeschichte finden sich mindestens teilweise dieWurzeln unsererVorlieben und unserer lnteressen.Dieses Verhältnis können wir gut aus dem Buche vonAlessandro Bausani herauslesen. Es handelt von Geheim-und Universalsprachen, worin von einem Kinde, Marco,die Rede ist. Marco hat mit seiner eigenen Schwester eineGeheimsprache erarbeitet, die Markuska hiess. Viele Kin-der amüsieren sich mit solchen Sprachspielen, aber Marcokam zu einer sehr elaborierten und interessanten Neu-sprache. Aber eben, Marco war Bausani selbst.

Sprachen, die aus ästhetischen Versuchenkommen

Es muß sich nicht immer um die eigene Sprache handeln:die Sozialisationsmodalitäten können vielfältig stattfinden,eventuell auch in verschiedenen Sprachen. Das lnteres-se, der Spaß an der kindlichen sprachlichen Neuschaffungkann sich später als Lust an der Sprachschaffung erwei-tern. Von der Lust am Sprachgebrauch kann man zur Lust,die Sprachezu schaffen, kommen. Wie Sie sicherwissen,hat der diesjährige Nobelpreisträger für Belletristik, der lta-liener Dario Fo, einen Teil seiner Komödien in einer Spra-che geschrieben, die nicht existiert, und die er gramelotgenannt hat. Er nulzlgramelot nicht nur als kommunikati-ves lnstrument, sondern als Mittel für seine ästhetischeMitteilung.

"Mutter-" und "Vater"sprache: Freud

Die Sprache entsteht in einem diadischen Verhältnis zwi-schen dem Kinde und der Mutter. Die beiden leben in ei-ner Symbiose, die sich gerade dank der Sprache graduellausdifferenzieren kann. So wird nach und nach die Ent-stehung der lndividualität ermöglicht. Die Sprache ist not-wendig, weil sie erlaubt, daß im Kinde eine innere Ord-nung entsteht, und später, damit das Kind ein Verhältniszu seinem Vater entwickeln kann, das es aus der Symbio-se mit der Mutter herausziehen muß. Die Sprache ist alsonicht nur Verständnis und Akzeptanz, sondern auch Macht.

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7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis...

Die Sprache ist gleichzeitig einmal weiblich und einmalmännlich.

Soziologische Gesichtspu n kte

Somit wird die Sprache auch lnstrument der Sozialisie-rung: durch die Sprache wird der Einzelne ein Mensch,der ein Solidaritätsverhältnis zu seiner menschlichen Grup-pe pflegen kann, sei es zu seiner Familie, zu seinem Dorf,

oder zu seinem Volk. Die Sprache kann deswegen auchein Faktor der Differenzierung und des Andersseins wer-den: die verschiedenen Gemeinschaften fühlen sich ir-gendwie anders, weil sie die Sprache in mancher Hinsichtanders gebrauchen, obwohl manchmal nurfür kleinste De-tails.

Die Sprachewird somit auch lnstrumentder sozialen Loya-

lität. Sie wird also Sprache des Vaterlandes, sie wird die

M uttersprache, die jugendliche Gruppensprache, aber sieist manchmal auch die Sprache der Gruppe, die dich autgenommen hat. Wir wissen wohl: manchmal sind die lm-migrierten nationalistischer als die Autochthonen selbst.Die Sprache ist in dieser Beziehung auch lnstrument dersozialen Kontrolle und des sozialen Aufstieges.

Sprachwahl und Sprachloyalität

Die Ausführungen, die ich eben vorgetragen habe, sindum so wichtiger, wenn wir die Plansprachebewegungenuntersuchen wollen. Sehen wir uns also an, wie die Mit-glieder dieser Plansprachebewegungen sind. Es ist nichtwichtig, ob sie Aktiv- oder Passiv-Mitglieder sind, ob sieisoliert oder ob sie in Gruppen arbeiten. Es handelt sichfast immer um Leute, die eine Leidenschaft aufweisen, die

oft ideenreich sind; es handelt sich um hingabebereiteLeute, die sich gründlich, aber immer ehrenamtlich, einar-beiten und oft sogar aus dem eigenen Säcklizahlen. Sie

zeigen die Bereitschaft, Opferzu bringen, und manchmalsetzen sie sich sogar über Gefahren hinweg.Sie zeigen also ein einmaliges, spezielles, intensives, in-nig gelebtes Verhältnis zur Sprache.

Die Hypothesen der ldentifikation mit demAggressor

Warum ist es so? Woher kommt diese Leidenschaft? Eine

Hypothese könnte in Frage kommen. lch habe sie abernoch nicht nachgeprüft. Wir alle wissen, daß der besteEiferer derjenige ist, der gerade bekehrt worden ist. Er muß

sich als loyal und effizient ausgeben, um seine vorherigeGlaubensfremdheit vergessen zu lassen. Dieser Mecha-nismus heißt "ldentifikation mit dem Aggresso/'. Es ist nicht

unmöglich, daß dieser Mechanismus am Ursprung die-ses speziellen lnteresses für die Sprache ist. Vielleicht hat

der zukünftig Sprachpassionierte auf die eigene Spracheverzichten müssen. Erwäre nicht undenkbar, daß er in ei-

ner Umgebung hat leben müssen, wo die eigene Spra-che nicht adäquat akzeptiert wurde.

Denken und Sprechen rJean Piaget

Ganz sicher gibt es ein Verhältnis zwischen den symboli-schen Mechanismen, alsozwischen dem Gedanken undder Sprache. Nach Jean Piaget entsteht der Gedanke ausder Sprache. Für ihn ist der Gedanke eine reduzierte Spra-che, die nur aus Konzepten und Operationen besteht.Wir haben es aber schon früher gesagt: Die Sprache stehtin einem engen Verhältnis zu den emotionellen Mechanis-men. Die Emotionen sind sehrwichtig, auch was den ra-tionalen Gedanken betriffi, weilsie die kognitiven Prozes-se modulieren. Je nach dem Emotionstyp fokussiert sichdie Aufmerksamkeit auf diesen oder auf einen anderenAspekt, mehr oder weniger intensiv.lnsbesondere leiten, helfen und fördern die Emotionen dieGedanken in folgender Weise:

. Sie fokussiern dieWahlder Gedankeninhalte nachSchemata, die die Emotion selbst hervonuft.

. Sie fördern die Entstehung von Hierarchien vonlnhalten.

. Sie fördern die Memorisation.

. Sie fördern die Diachronie des lndividuums, alsodie Geschichte des lndividuums, die dank der Emo-tionen als solche wahrzunehmen ist, und die Syn-chronie, in der die Begriffe nicht nur in der Erinne-rung behalten werden, sondern auch in sinnvolleund hierarchische Netze eingenistet werden.

. Sie fördern das Zurückgehen der Komplexität,sobald eine schnelle Antwort oder eine Übersichtnotwendig sind.

Man zählt zwischen 12 und 15 Emotionen, je nach denAutoren, die aber auch von Emotionskombinationen re-den. Unter den vielen können für unsere heutigen Ausfüh-rungen die folgenden wichtig sein:

. Die Neugierde, die einen vorbereitet und aktiviert.

. Die Freude, die das Subjekt mit dem Objekt ver-bindet.

. Die Furcht, die uns zur Flucht oderzur Distanzie-rung bringt.

. Die Trauer, die alle Trennungen begleitet.

. Die Wut, die Aggressionen verursacht.

. Das Gefallen an der menschlichen Nähe, die dieG ruppen zusammenschweißt.

Diese Gefühle sind auch den Tieren eigen, was in spezifi-schen Verhaltensgruppen oder -schemata gut zu beob-achten ist.

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Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis 7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen

Bewequnq oder Kultur

Allgemeine Gharakterisierungen

Zurück zu den Plansprachebewegungen. Alle diese Be-wegungen haben einige gemeinsame Züge, die wohlin verschiedenem Maße vorhanden sein können.Alle ihre Mitglieder haben ein rationales und ein emotio-nales Verhältnis zu der Sprache, insbesondere zu einerspezifischen Sprache, nämlich zu einer Plansprache.Alle diese Gruppen haben Ziele kultureller Natur, die ggf.auch mit wissenschaftlichen Methoden zu erforschen sind.Diese Ziele haben praktisch e, symbolische, ethisch e, even-tuell auch religiöse Teilaspekte.Alle diese Bewegungen weisen inhaltliche Aussagen überdie eigenen Ziele auf, und über die Mittel, die eingesetztwerden müssen, um die vorgeschriebenen Ziele eneichenzu können.

V€s die Mitglieder eigentlich meinen

Wie ist das Selbstbild der verschiedenen Bewegungen?Eine erste Beobachtung kann wegweisend sein. Alle die-se Bewegungen brauchen das Wort "Bewegung", um sichzu benennen. ln der Esperantobewegung taucht seit eini-gen Jahren auch die Benennung dasporbches Volk derE sperantosprec h en den auf . M an spricht von einem Volke,das entschieden hätte, als solches zu entstehen, das alsoauf einem eigenen Entschluß basiere. Es besäße eine ei-gene Kultur, lebte in einer Diaspora, hätte gemeinsameGlaubenssätze, und hätte auch eine gemeinsame Spra-che, die irgendwo und irgendwann geschaffen worden sei,

die sich aber jetzt vollkommen frei entwickele.Es handelt sich selbstverständlich um eine ideologischeDarstellung, oder besser um eine Metapher, oder nochbesser, um eine Art Modell, das aber nicht von heutestammt. Das Wort "Volk" war schon zu den ZeiIenZamenhofs gängig, und es war auch in anderen Bewe-gungen zu finden, weil es damals einer gewissen Rheto-rik entsprach. Heute hat man die metaphorische Seite die-ses Terminus vergessen, und man tendiert dazu, es wort-wörtlich zu verstehen. Es ist also sehr schwierig zu glau-ben, daß es so etwas gibt.

Stereotypen

Bevor wir zur Demographie der Bewegung zugunsten ei-ner Plansprache kommen, ist es nützlich, weiter über Ste-reotypen zu berichten, nämlich über gängige Meinungeneiner Gruppe über sich selbst als Gruppe, über einigeUntergruppen, über die Außenwelt, und so weiter.ln sozialpsychologischem Sinne handelt es sich um eineArt Reorganisation der Welt, die eine Gemeinschaft not-wendigerweise macht, wenn sie weiterbestehen will. Es

handelt sich um eine Art Filter, der es gestattet, sich ge-genüber den anderen, aber ähnlichen Bewegungen zuunterscheiden und die Außenwelt zu verstehen. Sie orga-nisieren die Wahrnehmung und den Gedanken, so daßdas Bestehende, die Geschichte und dieAKivitätderGrup-pe und des Einzelnen nicht nur verstehbar, sondern auchsinnhaft wird.

Stereotypen u nd Organ isation

Die Stereotypen haben zuerst eine innere Funktion. Siebringen die Mitglieder zur Solidarität, zur Mitarbeit, aberauch zur Trennung gegenüber der Außenwelt. Sie sindmeistens auch die Klebemittel der Gemeinschaft oder derBewegung, und sie helfen bei der gemeinsamen Bildungder inneren Meinung in der Gruppe.Wir erkennen das sehr gut in der Belletristik, die in denverschiedenen Plansprachen erschienen ist. Zum Beispielin der Esperanto-Belletristik. Diese Stereotypen haben einEthos, eine Selbstreflexion, eine Reflexion über die Zieleder Bewegung, über ihre Zukunft möglich gemacht. Siehaben auch das Geschichtsbild der verschiedenen Plan-sprachen eingreifend mitgestaltet.Am besten sieht man dieWirkung der Stereotypen aber inder Trivialliteratur, nämlich in derjenigen Literatur, die eherpropagandistisch ist und weit von einem wissenschaftli-chen oder literarischen Wert entfernt bleibt.Eine höhere Form wird von den Schlüsselworten (mots-cl6) dargestellt, die komplexe und oft sinnreicheWahrnehmun gs- und Einordn un gsref lexe h erv orruf en. Siesind eine Art Archetypen, die aber in der Sozialisation an-geeignetwerden. Einige dieserArchetypen sind sichervielälter als die Plansprachen.

Erste Beispiele

Am Anfang sind die Stereotypen verhältnismäßig allge-mein, sie werden aber nach und nach pri2isiert und in

einem hierarchischen Netz organisiert. Die Lage des Ter-

minus "Esperantist" ist typisch.Es handelt sich eigentlich um eine notwendige Bezeich-nung. Der Mensch braucht solche Termini, weil er Namengeben muß. Die Bezeichnung "Esperantist" hat zweiBe-deutungen. Eine erste Bedeutung ist neutral: Es handeltsich um einen Menschen, der außer seiner Mufterspracheauch Esperanto beherrscht. Die zweite Bedeutung ist eineeher markierte: es handelt sich nämlich um einen Anhän-ger des Esperanto. Aber wer hat das Recht, sich alsEsperantoanhänger zu bezeichnen? Es ist wichtig, das zuentscheiden: wer vertritt die Esperantosprecher? Es istauch gegenüber der Gruppe wichtig, um ihr SelbsWer-ständnis zu erhärten. Es ist aber nicht leicht. Zum Beispiel:welches sind die minimalen Züge, die benötigt werden,um sich Esperantist nennen zu können? Zamenhof hatteeinmal gesagt, daß Esperantisten alle diejenige sind, diedas Esperanto gebrauchen, aber das ist eine allzu allge-meine Definition. Kann Esperantist ein Mensch sein, derzwar die Ziele der Esperantobewegung befürwortet, aberkein Esperanto spricht? Und wenn nicht, welch ein Niveauder Esperantokentnisse muß man erreichen, um alsEsperantist anerkannt zu sein? lch habe manchmal ge-hört: "Der seiein guter Esperantist" Aberwo und wie sinddie schlechten Esperantisten? lch glaube nicht, daß manhier Urteile über Sprachkenntnis fällt, sondern über dasNiveau der Solidarität mit der Gruppe und der Loyalitätgegenüber den gemeinsamen Zielen. Somit wird der Ter-

minus Esperantist ein Mittel des sozialen Drucks in derGruppe, um Konsens und erhöhte ProduKivität zu erzie-len.

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Ein Schweizer Beispiel

Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges hat das Comit6der Schweizerischen Esperanto-Gesellschaft immer dieNationalsprachen benutzt, nämlich Französisch undDeutsch. Auch in der jährlichen Generalversammlung durf-te man ruhig eine der Schweizersprachen sprechen. So-mit konnten auch einige Persönlichkeiten aktiv teilnehmen,die viel Sympathie für die Esperantobewegung zeigten,die aber keine Zeit und kein lnteresse für das Sprache-lernen hatten. Am Ende der fünfziger Jahre hatte eine re-lativ kämpferische Gruppe jüngerer Esperantisten die Lageumgekehrt. Sie haben nämlich gefordert, daß die Diskus-sion ausschließlich in Esperanto zu führen sei. Französischund Deutsch sind schnellverschwunden, und das Niveauder Esperantokentnisse in der Schweizerischen Esperan-to-Gesellschaft hat sich sichtlich gehoben. Heute ist esso, daß es unpassend ist, eine schweizerische National-sprache während der Generalversammlung zu sprechen.Aber mit der französischen und der deutschen Sprachesind auch diejenigen verschwunden, die ausschließlichdiese Sprachen sprachen. Und mit ihnen auch eine Off-nung nach außen, in die tatsächliche politische, sozialeund wirtschaftliche Welt. Die Präsenz der Esperanto-bewegung in der schweizerischen Wirklichkeit ist alsodamit insgesamt zurückgegan gen.Das ist kein negatives Urteil. lch will nur sagen, daß jedeBewegung solche Mechanismen braucht, um weiter zuleben. Aber eben, die nicht reflektierte Natur der Stereoty-pen kann Gefahren mit sich bringen.

Reproduktion der Stereotypen in der Reproduk-tion der Bewegung

Kehren wir zu den Plansprachebewegungen zurück. Allediese Bewegungen organisieren mehr oder weniger jähr-

lich internationale Zusammenkünfte. Bei diesen Zusam-menkünften wird ein freundliches Ethos gepflegt, alsPräfiguration der erhoften Zukunft.Sie haben auch örtliche oder regionale Gruppen, die sehrwichtig sind. ln diesen Gruppen übt man eine progressiveSozialisation in den ldeen, in den Zeremonien, und im all-gemeinen in der Subkultur der Gemeinschaft. Stereoty-pen sind auch wichtig, weilsie die Sozialisation der älte-ren Mitglieder festigen, und weil sie das Verhältnis zwi-schen den jüngeren und älteren verbessern. Somit wirdauch die Sprache besser gelernt.

. Alle diese Gruppen können nur weiterleben, in-dem neue Mitglieder dazukommen, um die verstor-benen und die "untreu geowrdenen" zu ersetzen.

. Ein Teil dieser Aktivität ist die Verteidigung unddie Darstellung der Sprache. Ein anderer Teil ist diesprachliche Einschulung der Mitglieder.

ln diesen Gremien werden die Stereotypen, die Mots-cl6gelernt. Es ist gerade hier der Ort, wo sie leben und wo sienicht nur tradiert, sondern auch weiterentwickelt werden.Die Stereotypen sind eigentlich im Prinzip nicht stabil. Sieändern sich geographisch und speziell mit der Zeit. Siepräisieren sich oder erfahren Revisionen, je nach der Si-

tuation, Gewöhnlich sind diese Anderungen mit demProblem der Modernität verbunden.

Sie sind auch Einordnungskategorien in einemSpannungsgefälle: Als solche können sie leicht gegen-sätzlich sein. Das heißt, daß der Stereotyp nicht nur eineBehauptung enthält, sondern eine Spannung im lnnerender Behauptung, die mehr oderweniger in der einen oderanderen Richtung sich zuspitzen kann. Wir wollen einigeBeispiele betrachten.

. Zuerst merken wir die Spannung zwischen Ob-jektivismus und Subjektivismus. Es ist nicht immerklar, was eigentlich objektiv ist. ln vielen Plan-sprachebewegungen wird die Verschiedenheit derSprachen als Problem erlebt, aber praktisch, alsoobjektiv gesehen, sind die Esperantisten und dieldisten eigentlich wahre Polyglotten. Objektiv sollteman zugeben, daß die Verschiedenheit dermenschlichen Sprachen kein wichtiges Problem ist.

. Eine zweite Spannung finden wir zwischen einerallgemeinen und einer spezifischen Dimension derZiele. Wer braucht eigentlich eine gemeinsameSprache? Alle menschliche Wesen, oder nur Ein-zelne? Und in diesem Falle, wer? Wir wissen, daßdie Esperantosprecher im allgemeinen an einen ge-

neralisierten Gebrauch der Plansprache denken.Aber dann leben sie in einer kleineren Welt, die ihreeigene ist.

. Ein andere Spannung dieserArtfinden wir im Zielder Sprache: für wen ist eine Plansprache gedacht?Für die Esperantisten muß sie gleich leicht odergleich schwierig füralle sein. Für die Occidentalistenmuß sie eigentlich leicht nur für Europäer sein. Nurdie Gebildeten haben Anrecht auf eine solche Spra-che.

. Eine dritte Spannung finden wir zwischen denreproduktiven und den kreativen Aspekten des ln-dividuums. Es gibt also "lnstrumentalisten", oderbesser gesagt "Praktiker", und ldealisten, die eherwertorientiert sind. Die ersten möchten, daß dieSprache nurfür die Praxis, also für praktische Zielediene. Die anderen pflegen ein breiteres Konzept.Sie befürworten, daß man sie auch für literarischeZwecke verwende. Es ist interessant anzumerken,daß diese beide Richtungen in allen Plansprache-bewegungen vorhanden sind. Eine praktisch ge-richtete Haltung kann gleich nützlich sein kann wieeine wertorientierte. ln der Tat hat nur die Esperanto-bewegu n g eine bemerkenswerte Literatu r hervor-gebracht. Der Grund scheint mir aber nur eine quan-titative Frage zu sein. Die Esperantobewegung isteinfach viel größer als alle anderen zusammenge-nommen.

. Wir merken auch eine Spannung zwischen derHervorhebung einer bestimmten Kom munikations-art gegenüber der Akzeptanz aller Kommunikations-arten. Die naturalistischen Plansprachen sollen eherzum Lesen gedacht sein. Niemand könne sie spre-chen, weil sie allzu schwierig seien. Das Esperantosei eher als gesprochene Sprache günstig. Es istaber eine Tatsache, daß das Esperanto eher inschriftlicher als in gesprochener Form gebrauchtwird.

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Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis... 7. GlLTagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen

. Wir merken eine Spannung auch zwischen einerin sich geschlossenen Tradition und der Notwen-digkeit, sich der modernen Welt anzupassen. Esist eine Spannung, die zum Beispielzwischen denGenerationen entstehen kann. lm allgemeinen istder Bezugspunkt die äußere Welt, die manchmalin einer mythologischen Weise repräsentiert wird.ln den fünfziger Jahren, und zwar in deroccidentalistischen Bewegung, hat man oft darüberdiskutiert, ob man die halbschematischen Regelnvon de Wahl abschaffen wolle, um den Forderun-gen der Außenwelt gerecht zu werden. Mit ande-ren Worten, es schien, als ob "die Welt" sich einenoch naturalistischere Sprache gewünscht hätte.Aber tatsächlich ist es nie so gewesen, es war nureine lllusion.

Objektiv untersuchen

Es wäre im Prinzip interessant, verschiedene Plansprache-bewegungen demographisch zu erfassen. lch kenne dreiUntersuchungsberichte, die als wissenschaftlich zu bewer-ten seien. Der erste stammt aus einer Untersuchung, die1968 von Peter G. Forster durchgeführt worden ist. Ein

erster Bericht ist 1977 erschienen. Die definitive Heraus-gabe ist vom Jahre 1982.Es handelt sich um einen Fragebogen, der allen Mitglie-dern der Britischen Esperanto-Vereinigung zugeschicktwurde. DieAntworten sind sehr interessant, wenn man be-denkt, daß 807" der Befragten geantwortet hat.Die zweite Untersuchung stammt aus Deutschland undwurde von Frank Stocker 1992 durchgeführt. Der erste Be-richt stammt aus dem Jahre 1996.Die dritte Untersuchung stammt von mir selbst: Es han-delt sich um die demographische Untersuchung der Ge-samtheit aller Schweizer Esperantisten.Es ist interessant zu bemerken, daß diese drei Untersu-chungen zu ähnlichen Schlußfolgerungen kommen.Der Esperantist ist insgesamt ein männliches Wesen, dasüber eine gute schulische und berufliche Ausbildung ver-fügt. lm allgemeinen ist er ein Bewohner einer mittelgro-ßen Stadt. Er stammt aus der Mittelklasse, ist sprachbe-gabt und sprachinteressiert, und deswegen meistens po-lyglott.Er ist ungefähr 50 Jahre alt. Altere und jüngere Leute sinddeutlich unterrepräsentiert (mindestens in Großbritannienund in der Schweiz).Er ist an vielem interessiert, aber speziell an Sprachen,M usik und Religion. Politisch gehört er zu den "Neuerern".Wir finden darunter Mitglieder der sozialdemokratischenParteien, und einiger kleinerer reformerischer Parteien, wiedie Grünen, viel mehr, als in der ähnlichen nichtesperan-tophonen Bevölkerung. Seine Gesinnung ist eher eineunkonventionelle. Wir finden mehr Protestanten als in derAllgemeinbevölkerung, viel mehrVegetarier und eine gro-ße Menge Agnostiker und sogenannter "Humanisten".

Er hat Esperanto zwischen seinem 14. und 25. Lebens-jahr gelernt. Zwei Drittel der Esperantisten behaupten, daß

sie das Esperanto einigermaßen gut können. Das andereDrittel ist sprachlich relativ inkompetenter, "ed'weiß es, aberes interessiert ihn nicht sehr.Ein Drittel der Esperantisten sind Frauen. ln derTat, in derallgemeinen Bevölkerung gibt es mehr Frauen als Män-ner, und das in allen Altersjahrgängen. Ein Drittel der

Esperantisten hat die Sprache seinen Söhnen und Töch-tern beigebracht. Ein relativ kleiner Teil dieser Söhne undTöchter sind auch Esperantisten geworden. Die Jugend,die in der Esperantobewegung aktiv ist, ist gegenüber derAllgemeinbevölkerung ein wenig überrepräsentiert (dasaber nur in Deutschland).lm allgemeinen liest der Esperantist ziemlich viel und nimmtam Leben der Esperantogemeinschaft in verschiedenerWeise teil.Was können wir über die anderen Plansprache-bewegungen sagen? Erstens einmal, es istwohlmöglich,daß sie demographisch einander sehr ähnlich sind. ln derTat handelt es sich um einen sehr ähnlichen Bevölkerungs-teil. Sie sind aber bedeutend weniger. Deswegen könnteheute eine ähnliche Untersuchung der ldobewegung nurrelativ wenig Sinn haben.Man könnte zu interessanten Schlußfolgerungen kommen,auch wenn wir von anderen Gesichtspunkten ausgehen.lch habe eine Art pseudowissenschaftliche Trivialliteraturdes Esperanto und der anderen Plansprachen gelesen,um zu sehen, wie die Vorstellungen der einfachen Mitglie-der sind. Nicht um zu sehen, wie die Mitglieder wirklichsind, sondern wie und was sie denken.

Der Orden, die Lobby

Es ist ganz klar, daß wir uns nicht vor einer eigentlichenethnischen Sprachgemeinschaft befinden. Es handelt sicheher um etwas, was einem mittelalterlichen Ritterordenähnlich ist. Wenn wir die Trivialliteratur der Plansprachen,und besonders diejenige des Esperanto lesen, die die äl-teste ist, finden wir folgende Züge, die aber nicht immersehr ausgeprägt, oder fast nur ansatzweise vorhandensind. Das ist nur eine Liste. lch muß zugestehen, daß esganz ähnlich in anderen Plansprachebewegungen zugeht.lch denke dabei an die lnterlingua-Bewegung, die heutedie aktivste ist. Die ldo-Bewegung ist noch am Leben, be-findet sich aber in einerArt Residualzustand,

. Wir finden geistige Meister.

. Wir finden eine offizielle Hierarchie, und dane-ben eine nicht offizielle, eine eher selbstgewählteHierarchie.

. Diese Hierarchie übt eine gewisse Macht aus.Diejenigen, die der Hierarchie nicht angehören, ha-ben weniger Macht.

. Die Hierarchie ist aber stets und überalleine de-mokratische gewesen.

. Es gibt nicht nur Mitglieder, sondern auch Freun-de und Mitfahrende.

. Wir merken Momente des gemeinsamen Lebens,die örtlich, zeitlich oder anders gestaltet sind.

. Es gibt Zeremonien und Andachtsmomente.

. Es gibt eine gemeinsame Doktrin, die meistensSprachprobleme betrachtet. Es ist notwendig, diegemeinsame Sprache und die Gruppenrhetorikzuverstehen. Das muß gelernt werden.

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7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekle von Plansprachen Talo Carlevaro: Das solokulturelle Selbstverständnis.

. Neue Mitglieder werden durch Rekrutierung ge-wonnen, sonst könnte die Gemeinschaft nicht wei-terleben. Es ist also notvvendig, für deren tertiäreSozialisation zu sorgen.

Das alles ist im Grunde nicht neu. So sind alle größeren

Gruppen gestaltet. lch denke dabei an die Partitocomunista italiano, die nicht mehr existiert, an die Schwei-zerische Katholische Partei, an einen Orden, oder an eineLobby.Man hat in der letzen Zeit viel von Finvenkr'srno undRaümismo gesprochen. Finvenkismo wäre eine Art Ste-reotyp, der die Ziele der Esperanto-Bewegung betrifft. Nachden sogenannten "Endsiegparteigängern" ist das Ziel desEsperanto eben la fina venko, nämlich der Endsieg, dasheißt die universelle Einführung der Plansprache als inter-nationale Sprache. Baümismo (nach einerin derfinnischenStadt Rauma begründeten ldeologie) ist ein anderer ideo-logischer Stereotyp. Nach den Raumisten sollte dieEsperantobewegung eher als eine ins lnnere gekehrteWeltfunktionieren. ln der Tat ist aber der Unterschied zwischenden beiden nicht so groß wie es scheint: die Raumistensind einfach etwas weniger agressiv bezüglich des erklär-ten Ziels, nämlich die Annahme des Esperanto durch die

Außenwelt.

Stereotypen als Theaterrollen

lrgendwie ähneln die Stereotypen Rollen, die auf einer Büh-ne gespielt werden. Sie können nicht nur einzelne lndivi-duen, sondern ganze Gruppen stereotypisch erfassen. Se-

hen wir uns einige an.

. Der Verräter. Für die ldisten war Zamenhof ein

Venäter gegenüber der Reinheit seiner M ission. DeBeaufront ist für die Esperantisten, ist der Verräterder ihm von Zamenhof zugewiesenen Aufgabe. lnder Literatur zwischen '1 880 und 1950 habe ich et-was Sonderbares gefunden: es handelte sich näm-lich um die Selbstverteidigungsberichte von Leu-ten, die bestritten, Sprachvenäter zu sein, weil sie

zum Beispiel Aspekte von ldo hätten ins Esperan-to übertragen wollen.

. Eine ähnliche Rolle ist diejenige des Apostates,des Abtrünnigen. Es handelt sich um einen Men-schen, der von einer Bewegung zu einer anderenhinübenruechselt, und er wird manchmal eifriger alsdie alten Mitglieder. Fürdie Esperantisten sind Ren6Lemaire und Friedrich Schneeberger Abtrünnigegewesen. Für Schleyer war Kerkhoffs, der ehema-lige Direktor der Volapükakademie, ebenfalls einApostat.

.lmBekehrten finden wir das Gegenstückzum Ab-trünnigen. Es handelt sich um denjenigen, der sei-ne Loyalität gewechselt hat. Manchmal wird dieBekehrung das Resultat einer langen und manch-mal qualvollen Studienzeit. Manchmal ähnelt sieeher einer plötzlichen Eingebung. lch habe einenkennengelernt, der immer wieder neubekehrt wor-den war, nämlich Ric Berger.

. Wer eine wichtige Botschaft hat, kann sie oft denanderen Menschen nicht mitteilen, weil er Feindehat. Es handelt sich um denVerfolgten. Er lebt al-lein, abseits, manchmal arm wie eine Kirchenmaus.De Beaufront wähnte sich, wenn nicht verfolgt, sodoch mindestens von den Wissenschaftlern seinerEpoche unbeachtet. Auch Zamenhof hattevon ZeitzuZeit solche ldeen kundgegeben. Aus diesemStereotyp stammt ein Zug, der früher in derEsperantobewegung ziemlich verbreitet war, näm-lich ein gewisses Mißtrauen gegenüber Sprachwis-senschaftlern.

. Der Gotfgasandte ist nicht sehr oft zu finden:Schleyerwar mit seiner Mission im klaren: der Herr-gott persönlich hatte ihn beauftragt, der Mensch-heit eine allgemeine Sprache zu geben.

. Wir finden auch den wer.sen Meister. Es handeltsich um den Archetyp des alten Weisen, der überJahre hinweg über ein bestimmtes Problem nach-gedacht hat. Schließlich gibt er die Ergebnisse sei-ner langen und solitären Arbeit kund. An alle, undganz gratis. Diese Ergebnisse sind wichtig für alleMenschen, die genügend intelligent und genügendguten Willens sind. Meistens ist er kein Wissen-schaftler, sondern eben ein Weiser. Es handelt sichim Grunde um eine ethisch gefärbte Figur. Diesewar das Bild Zamenhofs in den früheren Zeiten derEsperantobewegung. So wurden auch De Wahl undAlexander Gode gesehen. Aber hier wird der Ar-chetyp des Weisen durch den Archetyp des Wis-senschaft lers überlagert.

. Der Wrbsenschaftler ist derjenige, der arbeitet,studiert, Versuche durchführt, Evidentien sucht, ver-gleicht, vergrößert, verkleinert, und so weiter.Schlußendlich funktioniert sein Produkt, weil derWissenschaftler im Geist seiner Zeit, also im Gei-ste des Fortschrittes der Wissenschaft gearbeitethat. Couturat war diese Figur in der ldobewegung,so wie auch Ren6 de Saussure, zuerst in der Espe-ranto-, dann in der Reform-Esperantobewegung.

. Ein anderer Archetyp ist derjenige des Dr'ebes,also der Stereotyp im Sinne des Geistesdiebstahles.Für die Esperantisten war de Beaufront derjenige,der die Esperantosprache bestohlen hat, um siezu verändern und zu verschlechtern. Für Schleyerwar Zamenhof ein Dieb. Tatsächlich finden wir hin-ter diesem Archetyp das Problem des Neides. Esist interessant zu bemerken, daß de Beaufront ähn-liche Urteile überGiacomo Meazzinl, einen berühm-ten ldoreformer, gefällt hat.

. Das Genie ist ein anderer Archetyp. ln diesemSinne handelt es sich um einen ästhetischen Ar-chetyp, lch erinnere mich, daß Arturo Alfandari, derdas Sprachprojekt Neo geschaffen hat, seine ver-schiedenen sprachlichen Entscheidungen vertei-digte, indem er sagte, sie seien einfach "schön".

. Der Machtbesessene. Wenn einer machthungrigist, muß er die eigentlichen Väter in der Bewegungbeiseite legen. So findet manchmal ein Generati-

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Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis... 7. GlLTagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen

onswechsel in einer Bewegung statt. De Beaufront,gegen Ende seines Lebens, beschuldigte die 1ün-gere ldogeneration derAufsässigkeit. ln der Tat warer selbst nicht mehr an der M acht. Die jüngere Grup-pe dachte selbstverständlich, daß de Beaufrontmachtbesessen sei.

. Sehr wichtig in jeder Bewegung ist der Wert-behüter, der Konseruator. Er schafft keine neue Spra-che, er stellt sich hingegen als Ziel, daß die Spra-che und die Bewegung einfach erhalten bleiben.Er setzt auf Solidarität und auf Gruppenkohärenz.ln der Esperantobewegung haben viele diese Rol-le gehabt. lch will an lvo Lapenna, an Th6ophileCart, an Edmond Privat erinnern. ln der Occiden-talbewegung hatte eigentlich diese Rolle AlphonseMatejka. Man muß hinzufügen, daß die Esperanto-bewegung von anderen plansprachlichen Bewe-gungen ebenso als "konservativ" beurteilt wird, indem Sinne, daß hier sprachliche und soziale Nor-men viel mehr Gewicht haben, als zum Beispiel inder Occidentalbewegun g.

. Es ist auch möglich, daß jemand sich gegen denFortschritt stellt, weiler ökonomische lnteressen hat.Er will, daß nichts geändert wird, sonst hätte er et-was im ökonomischen Sinne zu verlieren. DieseRolle wollen wir die Rolle des Krämers nennen.Ethisch gesehen, darf man auf das Bessere nichtverzichten, nur weil man Geldinteressen vorzieht.Zamenhof hätte in dieser Hinsicht eine wichtigeReform zugunsten der Menschheit sabotiert, weiler auf die Tantiemen seiner Bücher habe nicht ver-zichten wollen. So sagten die ldisten.

. Es gibt viele andere archetypischen Rollen. Abereine scheint mir speziellinteressant. Es handelt sichum das Opferdes ungerechten Kommunikations-systems derWelt, also um den 'Taubstummen". Wirkennen das alteArgument: Wie können ein Schwe-de, der nur Englisch kennt, und ein ltaliener, dernur Französisch kennt, miteinanderverkehren? DieAntwort kenne ich natürlich nicht: die wahre Ant-wort ist aber eine andere. ln der Tat ist ein echterMonolingualismus extrem selten, und es ist schonsonderbar, daß sich darüber gerade diejenigenGedanken machen, die in Europa am meisten po-lyglott sind.

Filiationsmythus

Diese Rollen zusammen genommen können sich zu My-then verdichten. Gewöhnlich stellen solche Mythen eineArt Geschichte der eigenen Bewegung dar, und sie er-

leichtern die Sozialisation der neu dazugekommenen Mit-glieder.Esperanto ist zur Welt gekommen, als Volapük als Bewe-gung schon fast verschwunden war. Es ist, als ob dieEsperantobewegung einfach eine leere Nische für sichgenommen hätte, eine Nische, worin die Volapük-bewegung gelebt hatte, die aber nicht mehr besetzt war.

ln der Tat kursiert aber eine sonderbare Filiationslegende.Esperanto wäre aus dem Volapük hervorgekommen. Es

stimmt, daß einige frühere Esperantisten am Anfang

Volapükisten gewesen sind, längst aber nicht alle. Einigefrühere Esperantisten haben es so gemeint: das obskureVolapük hat das leichtere und lichtere Esperanto in dieWelt gesetzt, Oder aber, vor dem allzu väterlichen Schleyersind alle Söhne geflohen, die sich dann mit Zamenhofverbrüdert haben. Aber Schleyerwar mit einer solchen Deu-tung gar nicht einverstanden: Für ihn war die Entstehungdes Esperanto einfach das Produkt des Neides einigerVerräter. Er war tief überzeugt, daß der Hengott ihm einebestimmte M ission zugedacht hatte.

Zeitgebundene lllusionen

Andere Bewegungen hatten hingegen in derTat einen ge-meinsamen Ursprung, in dem Sinne, daß die zweite ausder ersten hervorgegangen ist, wegen Meinungsverschie-denheiten, oder wegen Organisationsstreitigkeiten.Was die Esperanto- und ldo-Bewegungen anbelangt, hatdie Trennung relativ abrupt stattgefunden. Das heißt also,daß die beiden Bewegungen jede ihren eigenen Weg ein-geschlagen haben, und sie haben sich nachher nicht mehrgetroffen. 1914 glaubten die ldisten, daß die Esperanto-bewegung genau die gleiche sei, wie diejenige, die sie1908 kennengelernt und dann verlassen hatten. Sie konn-ten nicht wahrhaben, daß es Anderungen gegeben hatte.Das gleiche gilt selbstverständlich auch für dieEsperantisten, die die Evolution des ldo nichtverfolgt ha-ben.Diese radikale Trennung hat interessante Folgen gehabt,weil die Mitglieder beider Bewegungen sonderbare ldeenüber die jeweils andere entwickelt haben.Wir werden darauf noch zurückkommen.

Einiqe Fakten. die den verschiedenen Plan-sprachebewequnqen eiqen sind.

Wir wollen uns jetzt fragen, wie die verschiedenen Plan-sprachebewegungen über sich selbst gedacht haben, undzwar, wie und was das einfache Mitglied gedacht hat. lchkenne sicher nicht alle Milieus in den verschiedenen Län-dern und in den verschiedenen Epochen, wo es Plan-sprachebewegungen gegeben hat. lch weiß auch nichtimmer genau, wie die Struktur dieser Bewegungen war,obwohl ich glaube, daß sie immer untereinander ähnlichgewesen ist. Aber einige Züge dieser Bewegungen sindinteressant, und darüber möchte ich berichten.

Volapük

Volapük und die arveite industrielle Revolution

Warum konnte das Volapük überhaupt zwischen 1879 und1885 entstehen? Warum hatte das Volapük fast eineMassenbewegung gehabt, und warum gerade damals?Welches waren die tragenden Kräfte?Dies sind alles keine Nebenfragen. Wir wissen, daß dieJahre zwischen 1870 und 1900 von den Nationalökono-men die Jahre der großen Deflation genannt werden. Eswaren Jahren, in denen großes ökonomisches Wachstumzu sehen war, wo aber die Preise sanken. Es handelt sichum jene Epoche, in der die zweite industrielle Revolutionstattgefunden hat. Es war auch die Epoche der schnellen

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7 GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis..

und radikalen Entwicklung der neuen Kommunikations-m ittel: Eisenbahn en, Alpen tu n nel, Straßen, Telegraph. Dashat die Erneuerung alter Produktionstechniken und dieVerbreitung neuer Verfahren ermöglicht, die von einer gro-ßen Produktivität gekennzeichnet waren. Das hat zu einerSenkung der Preise geführt, speziell in der Agrarwirtschaftund in der Schwerindustrie. Es war auch eine Epoche, winder sich die Bildung generalisiert hatte, in der die moder-nen Universitäten entstanden sind, in der die moderne Che-mie entstand. Es war eine revolutionäre Epoche, die diealte Welt in Bewegung gesetzt hat. Vom Lande zur Stadt,von Europa zu Amerika.Ein wichtiges Element jener Epochewar die freieZirkulati-on der Kapitalien, oder, besser gesagt, die Entstehung desFinanzkapitals, das es noch heute gibt. Die Nationalstaa-ten hatten sich gebildet: die Schweiz, Deutschland, ltali-en. Aber es gab damals noch keine ökonomischen Gren-zen zwischen den europäischen Staaten. Deswegen warder M arkt sehr weit. Der Liberalismus war damals die Re-gel. Es ist so ähnlich gewesen, wie es bei uns heute ist.

Mit allen typischen Folgen: Verarmung eines Teils der Be-völkerung, Emigration, Sinken der Preise, trotz der ver-größerten Produktivität und der Vergrößerung des allge-meinen Reichtums.Dann sind natürlich auch Konflikte entstanden, die nichtnur sozial, sondern auch kuiturell bedingt waren. Die Klas-sen, die in Schwierigkeiten geraten waren, haben versucht,sich zu wehren. Der Nationalismus und der Sozialismusstammen aus dieser Epoche. Das Bedürfnis nach einergenerellen Kom mun ikationssprache war damals verbrei-tet. Französisch, Deutsch und Englisch waren noch im Ge-brauch, und sie hatten mehr oder weniger die gleicheKommunikationsbreite. Eine Plansprache war nicht weg-zudenken.Es war auch die Epoche der historischen Linguistik, undbesonders der Fortschrittsreligion, die sich oft mit fastmystischen Akzenten ausdrückte. Der Nationalismus warauch antisemitisch, weil die Nationalisten in den Judendie Vertreter des lnternationalismus und der Macht desFinanzkapitals sahen. Einige dieser Klassen fühlten sicheben nicht nur in ihrer ökonomischen Existenz benachtei-ligt und verunsichert, sondern auch in der kulturellen. Siefingen also an, sich in Richtung paralleler Welten einzu-schließen. Es war die typische Wahl der Sozialisten, Kom-munisten, Katholiken, Esperantisten, die bis 1939 nochzu finden war. ln dieser Epoche sind das Volapük, danndas Esperanto und schließlich das ldo entstanden. EineEpoche, die mit dem ersten Weltkrieg abgeschlossen war.

Züge, die das Volapük betreffen

Was das Volapük anbelangt, erwähnen wir die folgendenFaktoren:

. ln der Volapükbewegung sehen wir zuerst einstark religiöses Ethos. Es handelt sich um eine Mit-teilung, die an alle Menschen gerichtetwird. Es wareine Bewegung, die einen stark philosophischenund philanthropischen Zug besaß.

. Schleyer hatte aber an einen anderen Aspekt ge-dacht. Volapükwurde als populäre, demokratischeund leichte Sprache propagiert. Die Sprache seifertig, und sie könne sofort von allen Leuten ge-

brauchtwerden.

. Schleyer hatte mit einem universellen Alphabetangefangen. Er hat dann sein Alphabet in eine Spra-che geändert, die schließlich auch zum Sprechenda sein sollte.

. Schleyer hatte eine hierarchische Bewegung auf-gebaut. Es war vielleicht ein Zeichen seines Ehr-geizes oder ein Zeichen seiner priesterlichen Er-

ziehung. Aber diese Hierarchie und sein Besitzan-spruch auf die Sprachewaren tatsächlich auch einegute Garantie für die sprachliche Einheit der Bewe-gung. Die sprachliche Einheit ist ein so wichtigesElement, daß die Esperantobewegung es übernom-men hat. Selbstverständlich in einer anderen Wei-se.

Die damalige Sprachwissenschaft und Volapük

Die Reaktion der Sprachwissenschaftler gegenüberVolapük ist nie speziell milde gewesen. Nicht gegenüberSchleyer, auch nicht gegenüber Zamenhof. Die Urteile derdamaligen Sprachwissenschaft sind uns wohl bekannt.Schon in früheren Zeiten hatte August Schleicher, der einegeschichtlich-biologistische Richtung in der Sprachwissen-schaft vertreten hatte, die Möglichkeit einer Sprache ver-neint, die nicht aus einem Volke entstehe. Die neu-grammatische Schule, die den Biologismus Schleichersnicht akzeptierte, war aber sicher nicht positiver eingestellt.Die damaligen Sprachwissenschaftler waren der Ansicht,daß man im Falle einer Plansprache nicht von einer "Spra-

che" sprechen könne, weilsie kein Produk einer geschichllichen Entwicklung sei. So haben sich Gelehrte wie Her-mann Paul, Karl Brugmann, August Leskien, HermannDiels, Gustav Meier ausgedrückt.Es war eine typisch deutsche und zum Teil auch typischfranzösischeArt, die Plansprachenfrage anzupacken. Aberlängst nicht überall, längst nicht immer. Max Müllei dereigentlich Deutscherwar, aber in England lehrte, und dieAmerican Philosophical Society hatten ihr lnteresse für einePlansprache gezeigt. 1887 hatte diese Gesellschaft eineStudie über die Plansprachen veranlaßt. ln seinem Berichthatte der Sekretär Henry Phillips sich positiv über eineSprache wie Esperanto ausgedrückt.

Esperanto

Esperanto in Rußland

Die ersten Jahre des Esperanto zeigen eine direkte Ver-

netzung mit dem russischen Reich, und dann mit der drit-ten französischen Republik.Wenn wir von Esperanto in Rußland sprechen, müssenwir uns zuerst erinnern, daß Zamenhof ein liberaler Judewar. Es handelte sich auch um einen sehr religiösen Men-schen, der sogar einen Versuch gemacht hatte, eineethisch basierte Religion zu begründen.Es ist auch erforderlich, uns an den Antisemitismus zu er-

innern. Aus diesen Wurzeln stammt die ethische VisionZamenhofs, vieler Esperantisten und ganz sicher auch vie-ler ldisten. Das Endziel ist ein schönes ldeal, nämlich die

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Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstuerständnis. 7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen

Verbrüderung aller Menschen dank einer gemeinsamenSprache. Das heißt, daß viele Esperantisten damals glaub-ten, daß die Vielheit und die Verschiedenheit der Sprachender Welt irgendwie die Wurzel der lntoleranz und letztlichdes Krieges seien.Fürviele Juden und fürviele Russen ist Esperanto eine Artkultureller Revolution gegen eine allzu geschlossene undintolerante Welt gewesen.

Esperanto in Frankreich

Die Verbreitung des Esperanto in Frankreich, aus dem essich auch nach anderen Ländern ausgeweitet hat, war et-was eigenartiges. Frankreich war damals ein Land, das ineine schwere Krise geraten war.Die zweite industrielle Revolution hatte erst später ange-fangen als in England oder in Deutschland. DerAntisemi-tismus war virulent, so wie die nationalistischen Gruppen.Aber die Esperantisten gehören zu einer Gruppe, die mansoziologisch "progressiv" nennt: Also würde die Soziolo-gie sie als "Erneuere/'gelten lassen. Was das Esperantoanbelangt, möchte ich nur einige Andeutungen über diedamalige Lage in Frankreich machen. Sie sind wichtig,weilsie auch für die ldo-Bewegung gelten.Zuerst bemerken wir einen starken Glauben an den Fort-schritt, der fast zu einer Religion wurde. Dieser Fortschritts-glaube wird von einem wissenschaftlichen Universalismusbegleitet.Sozial gesehen fehlen die typischen demokratischen Zei-chen nicht. Libert6, Egalit6 und Fraternit6 waren vielleichtnur Schlagworte, die aber einen fast religiösen Eifer her-vorrufen konnten. Auch in der Esperanto- und in der ldo-Bewegung, wo die Demokratie hoch im Kurse stand. Ge-rade weil sie demokratisch waren, wollten sie keine inter-nationale Verbindung, keine übernationale unkontrollierba-re Zentrale der Esperanto- oder der ldo-Bewegung.Die ganze französische Gesellschaft war im Aufruhr. Nichtnurwegen des Nationalismus und des Antisemitismus (dieDreyfusaffäre war in jenen Jahren entstanden), sondernauch dank neuerer Doktrinen, die eine Massendimensionangenommen hatten: alle Leute fragten nach sozialer Ge-rechtigkeit, die damals mit dem nichtkommunistischen So-zialismus irgendwie verbunden war, nach Pazifismus, auchnach dem beginnenden Feminismus.ln den katholischen Kreisen war es nicht anders. Die Ka-tholiken in Frankreich waren in zwei Lager geteilt. Einer-seits gab es die Ultramontanen, die den Syllabus vollkom-men akzeptierten, die eigentlich antisemitisch, nationali-stisch, aber auch antidemokratisch gesinnt waren. Ande-rerseits gab es die liberalen Katholiken, die in der Zeit-schrift Le S//on schrieben, und die viel gemäßigterwaren.Sie waren auch weltoffener: die meisten katholischenEsperantisten und ldisten haben sich aus diesen Grup-pen rekrutiert.Sehr wichtig war auch eine typisch französische Tradition,die Tradition des großbürgerlichen Philanthropismus.Sebert, Cart, Bourlet, Hachette und viele anderen warenPhilanthropen, die sich dei'Esperantobewegung zur Seitegestellt hatten.ln Frankreich war die Akzeptanz für Esperanto viel besserals zum Beispiel in Rußland und in Deutschland zur Zeildes Volapüks. Trotzdem, speziell in den rechten Kreisen,wurde Esperanto als etwas Scheußliches dargestellt.

Der Positivismus in der Linguistik

Das wissenschaftliche lnteresse für das Esperanto war inFrankreich in der positivistischen Schule relativ weit ver-breitet. Schon Michel Br6al hatte sich gegen den sprach-geschichtlichen Determinismus ausgesprochen. 1908 un-terstrich er das wissenschaftliche lnteresse am Esperan-to, weil der Sprachwissenschaftler, indem er das Espe-ranto erforscht, sich zuerst seinen eigenen wissenschaft-lichen Standpunkt überlegen muß.Antoine Meilletwar derAnsicht, daß der Mensch auch einebewußte Rolle in der Schaffung der Sprache innehabe.Ferdinand de Saussure war tief am Esperanto interessiert.Er hatte seinen Bruder Renö de Saussure zum zweitenEsperanto-Kongreß 1908 in Genf geschickt, damit er ihmerzähle, was er gesehen und gespürt hatte.Sein Schüler, Charles Bally, hat sehr gut Esperanto ge-lernt, und hat es später auch wissenschaftlich untersucht.

ldo

ldo war als Reform des Esperanto in die Welt gekommen.Couturat, ein französischer Philosoph, hatte das Esperantoreformiert, um es einerseits internationaler, andererseitsleichter, aber trotzdem wissenschaftlicher zu gestalten. lnder ldoliteratur finden wir wohl einige wichtige gedankli-che, organisatorische und ideologische Grundsätze derldobewegung, die manchmal reflexions los von allen ldistenweitergetragen worden sind.Zuerst sehen wir die Vorstellung der Wichtigkeit der Wis-senschaft beim Aufbau derGesellschaft. Daswar im Grun-de genommen der damals weit verbreitete Glaube an dassoziale lngenieumresen. Für die ldisten war die universel-le Sprache oder, wie sie besser sagten, die internationaleSprache, im Prinzip kein ethisches, sondern ein rein wis-senschaft liches Desiderat.Wir merken beiallen ldisten einen großen Glauben an denautomatischen Fortschritt aller Wissenschaften, und des-wegen auch der Gesellschaft, die mit dem Fortschritt derWissenschaft sich nur verbessern kann. Auch in der Lin-guistik wäre ein solcher Fortschritt zu sehen. ldo war dasProdukt des sprachwissenschaft lichen Fortschritts.

lnzwischen hatte sich die Welt geändert, was den Zeit-punkt anbelangt, wo das Esperanto erschienen war. Ganzsicher stimmt es, daß zur Zeit des ldo eine große Entwick-lung der Kenntnisse zu sehen war. Auch die Zahl der Men-schen, die die Hochschulen besuchten, war enorm ge-stiegen. ZurZeil der Geburt des Esperanto gab es eigent-lich nur persönliche Kontakte unter den Wissenschaftlern,die gewöhnlich brieflich miteinander verkehrten. Zur Zeitdes ldo hatten die internationalen wissenschaftlichen Kon-gresse angefangen organisiert zu werden, und die spe-zialisierten, also fachwissenschaftlichen Zeitschriften wa-ren schon sehr verbreitet.Wir haben schon vom sozialen lngenieunruesen gespro-chen: alles schien machbar zu sein. Auch die Eugeniknimmt am sozialreformerischen Bankett teil. Auch die Ras-sen können verbessert werden. Die Kunstsprache ist dasResultat einer Technologie, ist sie aber selber eine Tech-nologie? Eine kunstgerechte Literatur für eine solche Spra-che sei nicht notwendig. Die Gütekriterien für so eine Spra-che seien ausschließlich in der Wissenschaft zu finden.Das war der Standpunkt von Paolo Lusana, von de Beau-

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7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis

front, und von allen ersten Naturalisten.Die einzigen Grenzen können nur obiektiver Natur sein:alles andere sei möglich, alles sei machbar, im sozialen,ökonomischen und wissenschaftlichen Bereich. Es warderTraum einer Art konstrul<tiven Rationalismus, der die Rolledes Menschen als Werthersteller unterstreicht.Man fing an, die menschliche Technik zu standardisierenund zu normieren. Auch in der schriftlichen Kommunikati-on. Fernschreiber und Typographie verboten spezielleZeichen, zum Beispieldiejenigen, die nur dem Esperantoeigen sind.Damals glaubte man nicht an die Möglichkeit, Sprachenin den Schulen effektiv zu lehren. Französisch, Deutschund Englisch bleiben in derWissenschaft, in derWirtschaftund in der Kultur noch führend.Es ist auch die Zeit der großen nationalistischen Synthe-sen. Die ersten interromanischen Plansprachen werdenpubliziert, Sprachen, die wir später "naturalistisch" genannthaben. Aber auch weniger erfolgreiche Sprachen werdenaufgebaut, nämlich die ersten und auch die letzten Versu-che einer intergermanischen und einer interslawischenSprache. Diese Projekte haben kein langes Leben gehabt,sie waren aber gerade damals ziemlich zahlreich.

" Fortschritt" und Sprachwissenschaft

Louis Couturat hat oft über den linguistischen Fortschrittgeschrieben, ln der mehr oder weniger hagiographischenidistischen Literatur vereinigt sich dieser Begriff mit demBegriff der Reform. Reformieren heißt, das Leben akzep-tieren, eine Anderung akzeptieren in Anbetracht einer tech-nischen Verbesserung. Fortschritt heißt, Reformen zu ma-chen. Aber keine Revolutionen.Es ist sonderbar zu merken, daß der Fortschritt nach derMeinung vieler ldisten grenzenlos war. Jeder Schritt nachvorne war Fortschritt, und also als positiv zu bewerten. DasWort Fortschritt ist ein optimistischer, fast ein teleologischbenutzter Begriff. Das Problem entsteht, wenn wir denFortschritt zu definieren versuchen. Muß wirklich alles ak-zeptiert werden, oder gibt es Kriterien, um einen "Fort-

schritt" abzulehnen? Wenn ldo die beste wissenschaftlichaufgebaute Sprache ist, wie können wir sicher sein, daßsie morgen nicht weiter reformiert wird, gerade im Sinnedes automatischen Fortschrittes?Couturat hatte die Vorlesungen von Antoine Meillet be-sucht. Durch ldo wollte er eine semantisch präise, undeine grammatikalisch analytrsche Sprache aufbauen. Esist gerade diese analytische Struktur, die Couturat als dieeigentliche "wissenschaftliche Modernität" des ldo be-trachtet. Er selbst gibt uns das folgende Beispiel. Fort-schritt war das Verschwinden des Duals und des Trialsaus den alten Sprachen, die vom NumeralZwei bzw. Dreiund vom Pluralzeichen ersetztworden sind.Man muß noch hinzufügen, daß der Begriff des Fortschrit-tes Meinungsverschiedenheiten zwischen damaligenldisten und Esperantisten verursacht hat. Für die Espe-ranto-Akademiewar der sprachliche Fortschritt etwas au-tomatisches, globales, der in den Sprechern wurzelt, dieverschiedene Ausdrucksbedürfnisse haben. Für die ldo-Akademie, war es anders. Der Fortschritt kommt einemvoluntaristischen AK gleich. Fortschritt ist die Zustimmungzu den Resultaten derwissenschaftlichen Forschung, wasdie StruKur und die Funktion der Sprachen anbelangt. ldosollte also eine Sprachewerden, die von ZeitzuZeilrelor-

miert werden muß. ldo seiein Produkt der Sprachwissen-schaft, und indem die Sprachwissenschaften die For-schung vorantreiben, müsse auch ldo mit ihnen geändertwerden. ln der Tat ist ldo mehrmals reformiert worden, bis1912, als eine Art Reflexionspause eingeführt worden ist.Man muß sagen, daß bei der "Geburt" des ldo einige Lin-guisten dabei waren: Otto Jespersen, Baudouin deCourtenay sowie Giuseppe Peano, der zwar ein Mathe-matiker war, aber ein großes lnteresse für die Sprach-planung zeigte.Wir wissen, was die ldisten als "rückschrittlich" am Espe-ranto gefunden haben. Es waren u.a.:

. die akzentuierten Buchstaben,

. die Korrelativa, oder, besser gesagt, eine regel-mäßige Tabelle der Korrelativa,

. der Akkusativ, grammatikalisch au s gedrückt,

. die Kongruenz von Adjektiv und Substantiv.

Wir haben vom sprachlichen Fortschritt gesprochen. Aberdie ldisten, und dabei auch viele Naturalisten, haben ehr-lich geglaubt, daß eine "perfeKe" Sprache, das heißt eineSprache, die allen Qualitätsnormen derWissenschaft ent-spricht, die auserwählte sei. Das heißt, daß eine vollkom-mene Sprache im Falle einer politischen Diskussion übereine Kunstsprache einen sicheren Vorsprung gegenüberden anderen, "rückschrittlicheren" Sprachen hätte.Einige, zum Beispiel de Beaufront, Peano oder de Wahl,haben nie gedacht, daß die Wirklichkeit ganz anders seinkönnte.

Die naturalistische Schule

Das nationalistische Europa

Der erste Weltkrieg hat dem ökonomischen Liberalismusein Ende gesetzt. Der Nationalismus war stark geworden,und die Staatsgrenzen waren für Kapitalien schlecht pas-sierbar geworden. Trotzdem haben protektionistische Maß-nahmen die große Krise nicht verhüten können, und dieMenschheit ist in einen zweiten Weltkrieg hineingeraten.Es war aber die Zeit, in der die Bewegung des Occidental,einer "naturalistischen" Sprache, entstanden ist. Der Na-turalismus in der lnterlinguistik stammt nicht erst von da-mals: er ist eher viel älter, aber wir sehen erst jetzt die er-sten naturalistischen Bewegungen, die einigermaßen großgeworden sind.

lnnere Spaltungen

Wir haben gesagt, daß die verschiedenen Volksschichtensich sozialgetrennt hatten: in Deutschland, Frankreich, inder Schweiz, sogar in ltalien hatte fast jede Schicht dieeigene Partei, die eigene Gewerkschaft, die eigenen Zei-tungen, das eigene Kino, die eigenen Gymnastik- undSchützenvereine, die eigenen Jugendorganisationen, dieeigenen Sicherheitsgruppen, die eigenen Bläserkapellen,ihre eigenen Stadfuiertel, ihre Feiertage, ihre Zeremonien,und so weiter. Das war der Fallfür Katholiken, Protestan-

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Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis. 7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen

ten, Sozialisten, Juden, Humanisten und so weiter. Auchdie Esperanto-Bewegungen hat sich damals geteilt: in eine,

sagen wir, M ittelklassen organisation, in eine sozialistische,und in einigen Ländern auch in eine ziemlich große katho-lische Organisation. ln der ldo-Bewegung ist es ähnlichpassiert. Nur, in einem kleineren Ausmaß, weildie Bewe-gung selbst vielzu klein war.

Occidental

Occidental entsteht als Gegenentwurf zu ldo. Es wurdevom Deutsch-Balte Edgarvon Wahl 1921 veröffentlicht.

Ethnozentrische Thesen

lch glaube, daß diese Bewegung einen guten Erfolg ge-habt hat, weil die Sprache von de Wahl gründlich erarbei-tet worden war, mit großem Fleiß und mit vielen Details.Viele andere Vorschläge einer naturalistischen Sprachesind später gefolgt, aber der interessanteste bleibt mei-nes Erachtens doch immer noch das Occidental.Die Occidentalisten beriefen sich ganz klar und deutlichauf die Zentralität des Westens. Diese Zentralität sei alseine kulturelle, wissenschaftliche, organisatorische und lin-guistische zu verstehen. Europa ist, sprachlich gesehen,englisch und lateinisch. Ein wichtiger Teil des europäischenGeistes liegt in derWissenschaft, und diese Wissenschafthat die ganze Welt erobert. Ohne westliche Sprachen kön-nen auch östliche Wissenschaftler keine Wissenschaft be-treiben. Es ist also notwendig, eine Sprache zu bieten, diesofort verständlich und leicht zu erlernen sei, für diejeni-gen, die schon eine westliche, neolateinische Sprache be-herrschen. Es ist also wichtig, eine homogene Spracheaufzubauen, die noch einen weiteren Vorteil haben könn-te, nämlich als Modellfür das internationale Lexikon, oderaber auch für die internationale Terminologie zu dienen.

Modernität und Fortschritt im Naturalismus

Die Kriterien der Modernität, und daher des Fortschrittes,die in die Richtung der Modernität führen, sind ganz an-dere als dielenigen, die dem ldo Pate standen.Was aber noch gültig bleibt, ist die Konzeption, daß derFortschritt immer alles vorantreibt, in dem Sinne, daß docheine ständige Umwandlung der Sprache notwendig sei.Aber die Naturalisten denken an keine Reformen mehr,

sondern an einen Bruch mit der ldobewegung. Das ldo istfür diese Leute nicht mehr das Resultat des Fortschritts,sondern einfach ein Kompromiß zwischen den Forderun-gen der Modernität und der Unmöglichkeit, mit dem Es-peranto völlig zu brechen.Zum Beispielhat ldo die grammatikalischen Endungen -

o, -a, -i, -e. Diese sollten weggelassen werden. Sie exi-stieren in den westlichen Sprachen nicht. ldo hätte aucheine Reform der Konjugation der Zeitwörter nötig: so wiesie ist, leide sie an einer allzu großen Künstlichkeit.DasWortbildungssystem des ldo, das ähnlich ist wie das-jenige des Esperanto, muß fallen gelassen werden. DieModernität geht in Richtung eines etymologischenWortbildungssystems,Auch das Wörterbuch muß geändert werden: die Wort-wurzeln müssen international sein, und sie müssen im-

stande sein, neue Wörter zu bilden, die aber auch in denwestlichen Sprachen zu finden seien. Eine völlige Homo-genität der Sprache war für Occidental noch nicht vorge-sehen. Aber das wird noch kommen.Eine Sprache wie Occidental ist ein Kind ihrer Zeit. lhreEntstehung hat einige Wurzeln. Zuerst der politische undwissenschaftliche Vorsprung der westlichen Welt, und dieldeologien, die diesen Vorsprung begleiteten. Vielleicht hatdabei auch die Notwendigkeit geholfen, einen wissen-schaft lichen terminologischen Schlüssel aufzubauen.

IALA entsteht

Es war auch eine interessante Zeit: damals wurde die ln-ternational Auxiliary LanguageAssociation geboren. Eswar1924. Diese Gesellschaft hat eine ausgezeichnete wissen-schaftliche Arbeit geleistet, und hat die Bedingungen fürdie Sprachwissenschaftler, die sich für die Planspracheinteressierten, gepflegt und wesentlich verbessert. Resul-tate hat es keine gegeben, außer einigen damals sehrfort-schrittlichen soziolinguistischen Studien.

lnterlinqua

\Alcher kommt lnterlingua

Das lnterlingua ist 1951 veröffentlicht worde. lch glaube,einerseits wegen der Schwächen Europas, und anderer-seits wegen interner Probleme der IALA selbst. AlexanderGode, ihr Direktor, mußte zeigen, daß er Resultate hervor-gebracht hatte. Er hat also seine Sprache herausgege-ben, die im Grunde aber viel weniger ausgearbeitet er-scheint, als es zum Beispieldas Occidentalwar.lch glaube, daß das aber gewollt war. Alexander Gode hatteZiele, die bemerkenswert anders waren als diejenigen derEsperantisten, der ldisten oder der Occidentalisten.

Benjamin Lee Morf

Gode schreibt absichtlich von einem whorf'schen Stand-punkt aus. Erwar derAnsicht, daß die Theorie der sprach-lichen Relativität von Benjamin Lee Whorf akzeptabel sei.Jede Sprache, oder besser gesagt, jede Sprachgruppe,hat ihren eigenen Kulturkreis, aus dem man nicht heraus-kommen kann. ln der Tat werden die Strukturen unsererSprachen gleichzeitig die Strukturen unseres Denkens. Esist eine anthropologische These. Wirwissen jetzt, daß diesoziale Psychologie zeigen kann, daß es nicht so ist, min-desten nicht in einer so radikal mechanistischen Weise.FürWhorf und Gode dürfte es also keine universelle Spra-che geben. lrgendeine "universelle" Sprache kann nur diekulturelle Umgebung widerspiegeln, aus der der Autor derSprache kommt. lm speziellen Fallder Plansprachen istder betreffende Kulturkreis der Westen. Alle diese Spra-chen stellen also nur westliche kulturelle Werte und Ge-sichtspunkte dar. Sie sind alle untereinander sehr nahe,und sie gehören zum sogenanntem Standard AverageEuropean.Deswegen seien alle Unterschiede zwischen lnterlinguaund Esperanto eigentlich Kleinigkeiten. Die beiden Spra-chen sind im Grunde die gleiche Sprache. Mit einem Un-terschied: das Esperanto sei komplizierter als lnterlingua,

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7. GIL-Tagung: Soziokulturelle Aspekte von Plansprachen Tazio Carlevaro: Das solokulturelle Selbstverständnis...

und deswegen auch weniger leicht erlernbar.So sind die Grenzen einer Plansprache gesetzt: sie könnenureine regionale, westliche Sprache sein. Wie sollte alsoeine Plansprache geartet sein? Sie könnte nur die neula-teinische Sprachstruktur widerspiegeln, weil in den neula-teinischen Sprachen sich alle gemeinsamen Zügen derwestlichen Sprachen befinden, und speziell die internatio-nalen Worte. So eine Sprache sei eigentlich eine inter-kulturelle Sprache, eine Sprache, die sich nahe den Be-dürfnissen der westlichen lntelligenz befände.

Sprachliche Grundprinzipien

Die sprachlichen Grundlagen der neuen Sprache sind alsodie lolgenden:Zuerst eine sichere Zentralität des lateinischen Aspekts,in seiner wissenschaftlichen, neulateinischen und anglo-lateinischen Form.Es ist wichtig, daß diese Sprache beim Lesen sofort ver-ständlich sei. Speziellfür Leute, die schon eine neulateini-sche Sprache beherrschen oder eventuell die wissen-schaftliche Nomenklatur gut kennen.Diese Sprache muß nur praktische und dazu noch be-grenzte Ziele verfolgen: wir werden später noch sehen,was das heißt.

Jedoch braucht eine solche Sprache ein noch höheresNiveau an Homogenität, als es das Occidental besaß.lnterlingua enthält also keineswegs alle internationalenWorte, die doch im Occidentalzu finden, aber nicht neu-lateinischen Ursprungs sind.

Aber Gode ging noch weiter. Er war der Ansicht, daß esbesser für die Sprache sei, wenn man deutlich und klardie sozialreformerischen Thesen der früheren Plansprache-bewegungen ablehne. Man könne keine Missionare sein.Er dachte dagegen, daß, wenn ein Manager gut arbeitet,er eine bestimmte Marktnische entdecken kann. Er kanndann ein taugliches Produkt auf den Markt bringen undkann es also an diejenigen, die es eigentlich brauchen,verkaufen.

lnterlingua muß also nicht propagiert, sondern wegen sei-ner eigenen Nützlichkeit verkauft werden. Die lnformationüber die Sprache kann nur eine kommerzielle sein. Ein

advertising und sonst nichts. Es ist dann zu hoffen, daßder eventuelle Kunde das richtige Erzeugnis wählt. Wenndas Produkt nützlich und gut gestaltet ist, und so war sei-nes Erachtens lnterlingua, wird es von verschiedenen Leu-ten gekauft werden.Es ist interessant zu sehen, daß die heutige lnterlingua-Bewegung sich einfach in die Bahnen der älteren Bewe-gungen gesetzt hat: Die Gode-Revolution hat nicht statt-gefunden.

Schlussworte

Die heutige Modernität

Wir befinden uns vor einer tiefgreifenden Revolution. DieRevolution der Kommunikationsmittel. Die heutige Produk-tion besteht nicht nur aus Erzeugnissen, aus Objekten,sondern auch aus Prozessen und Prozeduren, die die Pro-

duktion rationalisieren. Die Konkurrenz ist weltweit gewor-

den. Und derjenige, der Erfolg haben will, muß mit gerin-gen Kosten produzieren. Nicht mit weniger Qualität, weildie Qualität etwas Selbstverständliches geworden ist. Alldas führt zu einem Zurückgehen der Löhne, und die Zahlder Arbeitsplätze nimmt ab, aber gleichzeitig nimmt dergesellschaft liche Reichtum zu.Ja: die Kommunikationsmittel sind wieder zentral gewor-den. Wir sehen schon heute die heftige Entwicklung deslnternet, des geschriebenen Fernsprechers (Fax), desmobilen Telefons, der multimedialen Kommunikation. Alldas hat ein praktisches Ziel, nämlich die Kommunikationin Echtzeit. Wir merken das auch an der schnellen Ent-wicklung des Luftverkehrs, der Länge der Autobahnen undder Vervielfach un g der Transporte.

Die Sprache der heutigen Modernität

All das braucht eine Sprache. Man muß hier sagen, daßdiese Sprache heute ganz deutlich Englisch ist. Es gibtkeine andere Sprache mehr, nicht einmal Französisch,nicht einmal Deutsch. Deswegen auch nicht Esperanto.Es ist klar, daß heute Englisch die Rolle einer wahren Hilfs-sprache in den Domänen der Wissenschaft, der Kultur,der Kommunikation, und im allgemeinen der Modernitäteinnimmt. Es ist ein Problem für alle, sicherfür uns Schwei-zer, wo Englisch eine Art vierter Nationalsprache gewor-den ist. ln der Schule ist Englisch sogar wichtiger als lta-lienisch.Wir wissen nicht genau, was uns die Zukunft bescherenwird. Es ist sicher, daß die einzige Plansprachebewegung,die vital geblieben ist, die Esperanto-Bewegung ist. Sie

braucht aber eine tiefe Reflexion, wenn sie weiterleben will.Esperanto ist sicher die Sprache einer Wahlgemeinschaftgeworden, abereine größere Bedeutung hat es nicht, oderhat es nicht mehr. Es ist eine Sprache, die am weltweitenKommunikationsprozeß teilnimmt, aber nur in einem win-zigen Prozentsatz.Es ist aber klar, daß das lnteresse an einer Kunstspracheals solchernicht nachlassenwird. Es gibt etwas Magischesan diesem lnteresse für eine Plansprache, und ich glau-be, es wird sicher auch morgen Leute geben, die sichdarüber Gedanken machen werden. Vielleicht weniger alsfrüher, aber es werden sicher solche noch kommen; diemenschlichen Wesen sind untereinander sehr verschie-den: sie können sich etwas aneignen, obwohlsie kein di-rektes ökonomisches lnteresse daran haben.lch glaube, daß die Ethik in der ganze Sache noch etwaszu sagen hat: die Esperanto-Bewegung und die anderenübrigen Bewegungen, also diejenigen, die weiterbestehenwerden, müssen neue Motive fürs Weiterleben in sichselbst finden.

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Tazio Carlevaro: Das soziokulturelle Selbstverständnis... 7. GIL-Tagung: Soziokultürelle Aspekte von Plansprachen

* Redaldionelle Anmerkung :

Der Autor wohnt in der italienischen Schweiz. Der Text basiert auf dem Redemanuskript und wurde redaKionell nurgeringfügig bearbeitet, so daß der Charakter der Rede erhalten blieb. Zur genaueren lnformation über envähnte Zu-sammenhänge und Personen sei auf folgende Werke des Autors venruiesen:

Carlevaro, Iazio (1972): The naturalistic schoolin interlinguistics. ln: Linguistische Berichte,Braunschweig (LB-Papier Nr. 20), 14 S.

.-. (1976): Eseo pri ldo. Studoj5, La Caux-de-Fonds: Kultura Centro Esperantista, 50 S.

.-. (1976):Philosophiegeschichtliche Wurzeln und tiefenpsychologische Gründe des Plansprachenstreits (1907-1913).ln: Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswiss. 17, Nr. 4:97-108

.-. (1977): Socipsikologio kaj grupdinamiko de la Esperanto-movado. Studoj 7. La Chaux-de-Fonds: Kultura CentroEsperantista,36 S.

.-. (1977): Esperantal Antologio en ldolinguo. Chiasso: Hans Dubois, 46 S.

.-. (1989): Planned auxiliary language and communicative competence. ln: Schubert, Klaus: lnterlinguistics. Berlin-NewYork: Mouton de Gruyter, 1989:173-187

.-. (1995): Per costruire una lingua. L'interlinguistica tra autonomia e neolatinismo (Seconde edizione riveduta eaccresciuta). Bellinzona: Hans Dubois, 170 S.

.-. (1998): Enquöte sociologique sur les esp6rantophones suisses. ln: Carlevaro, Tazio (Red.): Domaine de larecherche en linguistique appliqu6e. Bellinzona: Hans Dubois, S. 168-187

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