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Professor Dr. Dietmar Wellisch, StB International Tax Institue (IIFS), Hamburg www.iifs.de Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen unter besonderer Berücksichtigung internationaler Mitarbeiterentsendungen Wintersemester 2005/2006 I

Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

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Professor Dr. Dietmar Wellisch, StB

International Tax Institue (IIFS), Hamburg

www.iifs.de

Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen

unter besonderer Berücksichtigung internationaler Mitarbeiterentsendungen

Wintersemester 2005/2006

I

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Inhaltsübersicht

Teil A: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen

1. Betriebstättenbesteuerung

2. Verrechnungspreise zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften

Teil B: Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen

1. Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer (Schwerpunkt: Sonderformen der Vergütung)

2. Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber

3. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung

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Teil A: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen

1. Betriebstättenbesteuerung

1.1 Motivation

1.2 Gewinnabgrenzung Stammhaus – Betriebstätte

1.3 Begriff der Betriebstätte

1.4 Vertreter

1.5 Gewinnermittlung für ausländische Betriebstätten und inländische Betriebstätten ausländischer Steuerpflichtiger

1.5.1 Steuerliche Gewinnermittlung

1.5.2 Prinzipien der Gewinnabgrenzung

1.6 Konkretisierung der direkten Methode durch das „dealing at arm’s length“- Prinzip

1.6.1 Eigenkapitalüberlassung

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1.6.2 Fremdkapitalüberlassung

1.6.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern

1.6.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern

1.6.5 Allgemeine Verwaltungs- und Geschäftsführungskosten

1.6.6 Spezielle Dienstleistungen

1.7 Gewinnermittlung bei einer Vertreterbetriebstätte

1.8 Währungsumrechnung des Betriebstättenergebnisses

2. Verrechnungspreise zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften

2.1 Motivation

2.2 Direkte Gewinnabgrenzung

2.2.1 Standardmethoden

2.2.1.1 Preisvergleichsmethode

2.2.1.2 Wiederverkaufspreismethode

2.2.1.3 Kostenaufschlagsmethode

2.2.2 Andere Methoden

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2.3 Konkretisierung der direkten Methode

2.3.1 Eigenkapitalüberlassung

2.3.2 Fremdkapitalüberlassung

2.3.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern

2.3.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern

2.3.5 Verwaltungs- und Dienstleistungen

2.3.6 Kostenumlagen

2.3.7 Besondere Situationen (Verluste, Vorteilsausgleich)

2.4 Korrekturnormen

2.4.1 Grundsätzliche Anmerkungen

2.4.2 Verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG

2.4.3 Gesellschafter-Fremdfinanzierung i.S.d. § 8a KStG

2.4.4 Verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG

2.4.5 Berichtigung von Einkünften gem. § 1 AStG

2.4.6 Nicht erfasste Korrekturrichtung

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Teil B: Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen

1. Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer

(Schwerpunkt: Sonderformen der Vergütung)

1.1 Motivation

1.2 Grundsätze der Besteuerung bei Vorliegen keines DBA

1.2.1. Entsendung aus Deutschland

1.2.2. Entsendung nach Deutschland

1.3 Grundsätze der Besteuerung bei Vorliegen eines DBA

1.3.1. Entsendung aus Deutschland

1.3.2. Entsendung nach Deutschland

1.4 Besonderheiten der Besteuerung bei Sonderformen der Vergütungen

1.4.1 Sachbezüge (fringe benefits)

1.4.2 Stock Options

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1.4.3 Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung

1.4.4 Guthaben auf Arbeitszeitkonten

2. Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber

2.1 Motivation

2.2 Steuerliche Abzugsfähigkeit von Arbeitnehmervergütungen in Deutschland

2.2.1 Grundsätzliches und Abzugsfähigkeit sofort ausgezahlter Geldleistungen

2.2.2 Sachleistungen

2.2.3 Stock Options

2.2.4 Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung

2.2.5 Guthaben auf Arbeitszeitkonten

2.3 Verrechenbarkeit von Arbeitnehmervergütungen

2.3.1 Verrechenbarkeit bei Dienstleistungen

2.3.2 Verrechnung bei Entsendungen

2.3.3 Verrechenbarkeit bei Arbeitnehmervergütungen im Ausland

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2.3.4 Korrekturvorschriften

2.4 Exkurs: Lohnsteuerabzug in Deutschland

3. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung

3.1 Motivation

3.2 Regelung der Sozialversicherungspflicht

3.2.1 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor

3.2.1.1. Grundsatz

3.2.1.2. Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip in Deutschland

3.2.1.3. Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip in anderen Staaten

3.2.1.4. Mögliche Probleme: Doppelversicherung oder vollständige Befreiung

3.2.2 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor

3.2.2.1. Grundsatz

3.2.2.2. Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip

3.2.2.3. Nicht unter das SVA fallende Teilbereiche der

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Sozialversicherung

3.2.3 Entsendungen innerhalb der EU/des EWR

3.3 Gestaltungsmöglichkeiten

3.3.1 Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens

3.3.1.1. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor

3.3.1.2. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor

3.3.1.3. Entsendungen innerhalb der EU/des EWR

3.3.2 Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des aufnehmenden Unternehmens

3.3.2.1. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor

3.3.2.2. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor

3.3.2.3. Entsendung innerhalb der EU/des EWR

3.3.3 Vorteilhaftigkeitsüberlegungen zur Entsendung zwischen Deutschland und den USA

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Ausgewählte Literatur:

Lehrbücher:

Fischer/Kleineidam/Warneke, Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 5. Aufl., Erich Schmidt Verlag, Berlin 2005;

Grotherr/Herfort/Strunk/, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Verlag Fleischer, Achim, 2003;

Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl., Verlag C.H. Beck, München 2002;

Scheffler, Besteuerung der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit, 2., völlig überarb. und erw. Aufl., Verlag Vahlen, München 2002;

Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 1998;

Wellisch, Besteuerung von Erträgen, Verlag Vahlen/Beck, München 2002.

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Kommentare:

Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Loseblattsammlung, Verlag C.H. Beck, München;

Lenski/Steinberg, Kommentar zum GewStG, Loseblattsammlung, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln;

Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, Loseblattsammlung, Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart;

Schmidt, Kommentar zum EStG, 24. Aufl., Verlag C.H. Beck, München 2005;

Streck, Kommentar zum KStG, 6. Aufl., Verlag C.H. Beck, München, 2003;

Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 4. Aufl., Verlag C.H. Beck, München 2003.

Aufsätze, Verwaltungsanweisungen, Urteile.

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Teil A: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen

1. Betriebstättenbesteuerung

1.1 Motivation

− International ausgerichtete Unternehmen agieren über nationale Grenzen hinweg.

− Aus dieser internationalen Tätigkeit folgt eine Beteiligung von mehreren Steuerjurisdiktionen mit

deren jeweiligen Steuergesetzen.

− Dadurch wird eine Einkommensabgrenzung aufgrund der unterschiedlichen Interessen der

beteiligten Länder und des international tätigen Unternehmens notwendig.

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Gründe:

o Die fiskalischen Interessen der beteiligten Länder führen dazu, dass jedes der beteiligten

Länder einen angemessenen Teil des Einkommens des Unternehmens seiner

Besteuerung unterwerfen möchte.

o Das Unternehmen möchte hingegen das Einkommen derart auf die Länder aufteilen,

dass es einer möglichst geringen Steuerlast unterliegt.

− Wirtschaftsbeziehungen zu einem anderem Land kann ein international tätiges Unternehmen

alternativ begründen durch:

o Direktgeschäft

o Ausländische Betriebstätte

o Ausländische Tochtergesellschaft

− Die steuerliche Behandlung der internationalen Tätigkeit ist abhängig von der Wahl eines dieser

Durchführungswege:

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o Direktgeschäft

Die Gewinnbesteuerung erfolgt ausschließlich im Sitzstaat des Stammhauses.

o Ausländische Betriebstätte

Der Betriebstättenstaat besteuert den Gewinnanteil, den die Betriebstätte erwirtschaftet.

Das Stammhaus unterliegt grundsätzlich mit dem gesamten Welteinkommen der

Besteuerung in seinem Sitzstaat.

Besteht ein DBA, wird der Betriebstättengewinn (ggf. unter Beachtung des

Progressionsvorbehalts) i.d.R. von der Besteuerung im Sitzstaat ausgenommen.

Besteht kein DBA, rechnet die Bundesrepublik Deutschland als Sitzstaat die

ausländische Steuer an bzw. zieht sie auf Antrag von den Einkünften ab.

o Ausländische Tochtergesellschaft

Der Gewinn der Tochtergesellschaft wird vollständig im Sitzstaat der Tochtergesellschaft

besteuert.

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Die Ausschüttungen der Tochtergesellschaft werden in der Bundesrepublik Deutschland

von der Steuer befreit, wenn der Anteilseigner eine juristische Person ist.

Beispiel:

Die Bora AG verkauft ihre in Deutschland hergestellten Einspritzpumpen auch in Luxemburg. Die

Einspritzpumpen werden nach einer Bestellung von einem luxemburgerischen Kunden per Kurier

aus Deutschland direkt an den Kunden geliefert.

Der Gewinn aus diesem Direktgeschäft wird allein in Deutschland besteuert. Eine Gewinn-

verteilung auf Deutschland und Luxemburg ist hier prinzipiell nicht möglich. Selbst der Anteil des

Gewinns, der auf die Exporte nach Luxemburg entfällt, muss in Deutschland versteuert werden. Es

besteht somit keine unmittelbare Gestaltungsmöglichkeit, den Gewinn zu verlagern.

Die Gewinnverlagerung in ein anderes Land ist allerdings möglich, wenn eine Betriebstätte

gegründet wird:

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Beispiel:

In Abwandlung des vorherigen Beispiels vertreibt das Stammhaus der Bora AG die Einspritz-

pumpen nicht mehr selber auf dem luxemburgerischen Markt, sondern errichtet eine Zweignieder-

lassung in Luxemburg. Diese Zweigniederlassung übernimmt aktiv das Vertriebsgeschäft.

Die Zweigniederlassung stellt gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) bb) DBA Luxemburg eine

Betriebstätte dar. Gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Luxemburg können die Betriebstättengewinne im

Betriebstättenstaat (Luxemburg) besteuert werden. Der Sitzstaat (Deutschland) hat diese Gewinne

freizustellen (Art. 20 Abs. 1 DBA Luxemburg). Im Ergebnis werden die Betriebstättengewinne

somit nur in Luxemburg besteuert.

Somit besteht durch die Gründung einer Betriebstätte ein Gestaltungsspielraum, den Gewinn

durch die entsprechende Wahl des Verrechnungspreises für die Einspritzpumpen nach Luxemburg

zu verlagern und dem geringeren luxemburgischen Steuerniveau zu unterwerfen. Um so niedriger

der Verrechnungspreis für die Einspritzpumpen vom Stammhaus gewählt wird, um so höher ist der

Anteil am Gesamtgewinn des Unternehmens, der der luxemburgischen Betriebstätte zugeordnet

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wird. Soweit die Wahl des Verrechnungspreises von den deutschen und luxemburgischen

Steuerbehörden anerkannt wird, resultiert daraus eine niedrigere Gesamtsteuerbelastung des

Unternehmens, weil durch den geringeren Verrechnungspreis ein größerer Teil des

Gesamtgewinns der niedrigeren luxemburgischen Steuer zu unterwerfen ist.

Beispiel:

In Abwandlung des vorherigen Beispiels vertreibt die Bora AG die Einspritzpumpen nicht über eine

Zweigniederlassung, sondern gründet die 100%ige Tochtergesellschaft Bora Luxembourg société

anonyme (Aktiengesellschaft) in Luxemburg. Diese übernimmt das Vertriebsgeschäft in

Luxemburg.

Das Besteuerungsrecht der Gewinne der luxemburgerischen Tochtergesellschaft liegt gemäß

Art. 5 DBA Luxemburg allein bei Luxemburg. Werden die Gewinne von der Bora Luxembourg

société anonyme an die Bora AG ausgeschüttet, hat gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA Luxemburg der

Wohnsitzstaat des Empfängers (Deutschland) das Besteuerungsrecht. Gemäß Art. 13 Abs. 2

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i.V.m. Abs. 4 DBA Luxemburg steht dem Quellenstaat (Luxemburg) das Recht zu, eine

Quellensteuer von höchsten 10 % der Dividende zu erheben. Auf Grund der Mutter-Tochter-

Richtlinie (Richtlinie 90/435/EWG vom 23. Juli 1990) reduziert sich die Quellensteuer tatsächlich

allerdings regelmäßig auf 0%.

In Deutschland werden die Dividenden nach § 8b Abs. 1 KStG von der Besteuerung freigestellt.

Obwohl Deutschland das Besteuerungsrecht besitzt, kann es dieses somit aufgrund der nationalen

Steuergesetze nicht nutzen. Zu beachten ist allerdings, dass gem. § 8b Abs. 5 KStG 5% der

Dividenden als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten.

Erneut besteht ein Gestaltungsanreiz, durch die Wahl der Verrechnungspreise den Gewinn nach

Luxemburg zu verlagern, um den Vorteil der niedrigeren luxemburgerischen Gewinnbesteuerung

(22 % normaler Körperschaftsteuersatz zuzüglich Zuschlag 4 % des Steuerbetrags für

Arbeitslosenfonds = 22,88 %; sowie eine niedrigere Gewerbesteuer) zu nutzen. Auf Grund der

Mutter-Tochter-Richtlinie steht diesem Vorteil auch kein möglicher Nachteil einer etwaigen

Quellenbesteuerung auf die späteren Dividendenzahlungen gegenüber, wenn der Gewinn wieder

nach Deutschland repatriiert wird. 7

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− Die Bestimmung, ob eine Betriebstätte vorliegt, ist von steuerlicher Relevanz bei:

o der Anknüpfung der beschränkten Steuerpflicht an die im Inland unterhaltene

Betriebstätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG).

o der Abgrenzung ausländischer Einkünfte für den Zweck der Steueranrechnung bzw. des

Steuerabzugs einer gezahlten ausländischen Steuer gem. § 34c EStG.

o der Zuordnung des Besteuerungsrechts im Rahmen eines DBA (Betriebstättenvorbehalt

Art. 7 OECD-MA).

− Werden die Betriebstättenkriterien nicht erfüllt, und kommt auch kein ständiger Vertreter zum

Einsatz, dann liegt keine Betriebstätte, sondern ein Direktgeschäft vor. Die Gewinne können

dann nur von dem Staat steuerlich erfasst werden können, in dem das exportierende

Unternehmen seinen Sitz hat. Eine Erfolgsabgrenzung erübrigt sich in diesem Fall.

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− Nach diesem so genannten „dealing at arm’s length“-Prinzip sind die Gesamteinkünfte des

Unternehmens unter der Annahme, dass die ausländische Betriebstätte als ein in jeder Hinsicht

1.2 Gewinnabgrenzung Stammhaus – Betriebstätte

− Die Feststellung einer ausländischen Betriebstätte und die resultierende Zuordnung des

Besteuerungsrechts ist nicht ausreichend zur Bestimmung des Steueranspruchs.

− Da die Höhe der Betriebstätteneinkünfte für die jeweilige nationale Besteuerung und für

Maßnahmen zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen herangezogen werden, ist es

notwendig, den Anteil der Betriebstätte am Gesamterfolg des Unternehmens zu bestimmen.

− Aufgrund der rechtlichen Unselbständigkeit der einzelnen Unternehmensteile ist eine klare

Abgrenzung der Erfolgsbeiträge der einzelnen Betriebstätten jedoch nicht ohne weiteres

möglich.

− Im Abkommensrecht wird aus diesem Grund ein Maßstab für die Gewinnabgrenzung – der

Fremdvergleich – festgelegt (Art. 7 Abs. 2 OECD-MA).

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selbständiges Unternehmen zu behandeln ist, teils dem Stammhaus und teils der Betriebstätte

zuzuordnen.

− Demnach sind der Betriebstätte die Gewinne zuzurechnen, die sie hätte erzielen können, wenn

sie:

o eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit

o unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen

o als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und

o im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, völlig unabhängig

gewesen wäre.

Beispiel:

Ein inländisches Unternehmen berechnet seiner ausländischen Betriebstätte überhöhte Preise für

die Weitergabe von Halbfertigprodukte. Folglich erhöht sich der Gewinn des Stammhauses und

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verringert sich der Gewinn der ausländischen Betriebstätte. Bei einem fremden dritten

ausländischen Unternehmen hätte das Stammhaus auf Grund der allgemeinen Marktsituation nur

einen geringeren Preis erzielen können. Der Gewinnermittlung der ausländischen Betriebstätte ist

folglich der geringere Preis zugrunde zu legen.

− Eine Konkretisierung und in gewisser Weise Einschränkung des Grundsatzes des

Fremdvergleichs enthält Art. 7 Abs. 3 OECD-MA. Die für die Betriebstätte entstandenen

Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten,

sind unabhängig davon, von wem sie getragen wurden, der Betriebstätte zuzurechnen.

− Durch das Gefüge des Art. 7 Abs. 2 und 3 OECD-MA soll erreicht werden, dass die tatsächlich

erzielten Einnahmen und die tatsächlich angefallenen Aufwendungen steuerlich zwischen

Stammhaus und Betriebstätte nach dem Veranlassungsprinzip verursachungsgerecht aufgeteilt

werden (Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, DBA, MA Art. 7, Rz. 272).

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− Ein Fremdvergleichspreis ist dann anzusetzen, wenn das Unternehmen im Rahmen seiner

normalen Geschäftstätigkeit von einem Dritten für die Leistung einen Fremdpreis verlangen

würde (z.B. Fertig- und Halbfertigprodukte; vgl. Art. 7, Nr. 17.1 MK).

− Leistungen, die nicht im normalen Geschäftsgang an Dritte erbracht worden wären, sind mit den

tatsächlichen Aufwendungen zu verrechnen. So dürfen beispielsweise in den Fällen, in denen

die Darlehensvergabe oder eine Lizenzgewährung nicht dem Geschäftszweck des

Unternehmens entsprechen, nur die tatsächlich entstandenen Aufwendungen an die

Betriebstätte verrechnet werden. Dies gilt auch nur insoweit, wie diese Aufwendungen speziell

für die Betriebstätte entstanden sind (vgl. Art. 7, Nr. 12.2, 17.1 MK).

− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip ist allerdings nicht hinreichend operational, so dass eine

Konkretisierung dieses Prinzips anhand einzelner Leistungsaustauschbeziehungen notwendig

ist.

− Auf diese Konkretisierung des „dealing at arm’s length“-Prinzips wird nach der Klärung des

Begriffs der Betriebstätte eingegangen.

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1.3 Begriff der Betriebstätte

− Betriebstätten eines Unternehmens sind rechtlich unselbständige Bestandteile eines einzigen

Unternehmens. Der Austausch von Waren oder Dienstleistungen zwischen Stammhaus und

Betriebstätte sind In-sich-Geschäfte und begründen daher keine Forderungen oder

Verbindlichkeiten.

− Definition des Begriffs „Betriebstätte“ im:

Deutschen internationalen Steuerrecht: § 12 AO

Abkommensrecht: in den einzelnen DBA, Art. 5 OECD-MA

a) Deutsches internationales Steuerrecht

− In den Fällen, in denen kein DBA vorliegt, bestimmt sich der Begriff „Betriebstätte“

ausschließlich nach den nationalen Vorschriften.

− Nach § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der

Tätigkeit des Unternehmens dient.

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Vielmehr ist die Erfüllung dieses Kriteriums – unabhängig von

einer starren Zeitgrenze – nach den Umständen des Einzelfalls

zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei allein die verfolgte Absicht.

− Für das Vorliegen einer Betriebstätte sind somit folgende Merkmale zu erfüllen:

⇒ feste Geschäftseinrichtung oder Anlage,

räumliche Komponente: Die Geschäftseinrichtung/Anlage ist ein körperlicher Gegenstand,

der sich regelmäßig an einem bestimmten Punkt der Erde

befindet. Nicht notwendig ist eine feste Verbindung zur

Erdoberfläche.

Beispielsweise können auch Marktstände oder fahrbare Ver-

kaufsstätten Betriebstätten sein.

zeitliche Komponente: Die Geschäftseinrichtung/Anlage muss auf eine gewisse Dauer

angelegt sein.

Eine festgelegte zeitliche Mindestgrenze existiert nicht.

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Die Finanzverwaltung hingegen sieht das Kriterium der gewissen

Dauer in jedem Fall dann als gegeben an, wenn die Geschäfts-

einrichtung länger als 6 Monate besteht (Tz. 1.1.1.1 Betriebs-

stätten-Verwaltungsgrundsätze).

⇒ die unmittelbar dem Unternehmensgegenstand dient

Unerheblich ist, ob die Einrichtungen oder Anlagen Haupt- oder

Nebentätigkeiten / wesentliche oder unwesentliche Tätigkeiten

ausüben.

Beispielsweise können Werkstätten, Vertriebsbüros und

Einrichtungen, in denen Informations-, Koordinations- oder

Forschungstätigkeiten ausgeübt werden, Betriebstätten sein.

Einrichtungen/Anlagen, die nur mittelbar dem Unternehmen

dienen, können hingegen keine Betriebstätten sein.

Beispielsweise erfüllen unternehmenseigene Mitarbeiter-

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wohnungen, Hygienische Einrichtungen oder Umkleideräume für

die Arbeitnehmer die Betriebstättenkriterien nicht.

⇒ die nicht nur in einer vorübergehenden Verfügungsmacht des Unternehmens steht.

Das Unternehmen muss eine Rechtsposition (durch Kauf, Miete,

Pacht oder unentgeltliche Überlassung) innehaben, die ihm ohne

seine Mitwirkung nicht mehr ohne weiteres entzogen oder

verändert werden kann.

Die bloße Berechtigung zur Nutzung eines Raumes im Interesse

eines anderen begründen für sich genommen noch keine

Betriebstätte.

Beispiel

Die Swiss-Consulting-AG mit Sitz in der Schweiz ist auf dem

Gebiet der Unternehmensberatung tätig. Die Swiss-Consulting-

AG berät u.a. laufend und in erheblichem Umfang die deutsche

Leu-GmbH in deren Geschäftsräumen. Die Beratung besteht aus 16

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Besprechungen, die Vertreter der Swiss-Consulting-AG mit

Vertretern der Leu-GmbH führen. Die aus Anlass der

Besprechungen genutzten Räume werden von der Leu-GmbH

ausgesucht und zur Verfügung gestellt.

Da die Swiss-Consulting-AG über die Besprechungsräume der

Leu-GmbH keine Verfügungsmacht besitzt, begründet sie in

Deutschland – nach nationalem Recht – auch keine Betriebstätte.

Eine Besteuerung des Gewinns aus Beratungsgesprächen

kommt daher in Deutschland nicht in Betracht. (Gleiches gilt auch

für das Abkommensrecht, wie im folgendem Abschnitt zu sehen

sein wird.)

− In § 12 Satz 2 AO werden beispielhaft Sachverhalte aufgezählt, die als Betriebstätten

anzusehen sind. Dazu zählen u.a. die Stätte der Geschäftsleitung, Zweigniederlassungen,

Fabrikations- oder Werkstätten, Ein- oder Verkaufsstellen und Warenlager, Bauausführungen

oder Montagen (wenn die Dauer 6 Monate überschreitet).

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b) Abkommensrecht

− Der in einem DBA verwendete Betriebstättenbegriff ist ausschließlich nach der Begriffsdefinition

im DBA auszulegen.

− Gemäß der Generalklausel des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA ist eine Betriebstätte eine feste

Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt

wird.

− Die Definition verlangt (Art. 5, Nr. 2 MK):

o das Bestehen einer „Geschäftseinrichtung“, d.h. einer Einrichtung wie Räumlichkeiten

oder in gewissen Fällen maschineller Anlagen oder Ausrüstungen;

o die Geschäftseinrichtung muss fest sein, d.h. sie muss sich an einem bestimmten Ort für

eine gewisse Dauer befinden;

o das Unternehmen muss seine Tätigkeit durch diese Geschäftseinrichtung ausüben.

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− Abweichend von der Definition des § 12 Satz 1 AO, nach der die feste Geschäftseinrichtung

oder Anlage der Tätigkeit des Unternehmens lediglich dienen muss, wird somit gefordert, dass

die Tätigkeit eines Unternehmens durch eine feste Geschäftseinrichtung ausgeübt werden

muss.

− In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein Personaleinsatz erforderlich ist, damit die

Tätigkeit eines Unternehmens durch eine feste Geschäftseinrichtung ausgeübt werden kann.

− Die vom Art. 5 Abs. 1 OECD-MA geforderte Ausübung der Tätigkeit setzt einen Personaleinsatz

jedoch nicht zwingend voraus. Nach der Auffassung der OECD kann nämlich ein Server auch

dann eine Betriebstätte darstellen, wenn an dessen Aufstellungsort kein Personal für dessen

Betrieb notwendig ist (Art. 5, Nr. 42.6 MK).

Beispiel

Die dänische Webhosting AG betreibt einen Server, der Websites aufnimmt. Sie stellt sowohl

deutschen wie auch dänischen Unternehmen Speicherplatz auf diesem Server zur Verfügung. Der

Server, der die Websites aufnimmt, steht in Deutschland. Der Betrieb des Servers erfolgt von

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Dänemark aus. Es wird kein Personal am Standort des Servers in Deutschland benötigt. Für

Wartungs- und Reparaturarbeiten werden Fremdunternehmen von Dänemark aus beauftragt.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark bedeutet der Ausdruck Betriebstätte eine feste

Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt

wird. Da der Server ein körperlicher Gegenstand ist, stellt er eine Geschäftseinrichtung dar. Die

Geschäftseinrichtung ist fest, wenn sie sich an einem bestimmten Ort für eine gewisse Dauer

befindet. Annahmegemäß soll der Server über eine hinreichend lange Zeit an seinem Standort in

Deutschland stehen, um als feste Geschäftseinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark

zu gelten. Auch die Tätigkeit des Unternehmens wird durch den Server ausgeübt, da das

Aufnehmen von Websites anderer Unternehmen den Unternehmensgegenstand der Webhosting

AG darstellt. Der Server der Webhosting AG in Deutschland ist somit eine Betriebstätte im Sinne

des Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark.

Anders hingegen ist die Frage zu beurteilen, ob ein dänisches Unternehmen, das Serverkapazität

bei der Webhosting AG auf dem in Deutschland stehenden Server anmietet, eine Betriebstätte in

Deutschland begründet. Da das dänische Unternehmen keine feste Geschäftseinrichtung im Sinne

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eines körperlichen Gegenstandes, sondern lediglich immaterielle Vermögensgegenstände

anmietet, unterhält es gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark keine Betriebstätte in Deutschland.

− Eine grundsätzliche Abweichung zwischen der allgemeinen Begriffsdefinition im deutschen

Steuerrecht und im Abkommensrecht kann nicht festgestellt werden.

− Trotz der unterschiedlichen Formulierung steht somit einer analogen Auslegung der allgemeinen

Betriebstättendefinition im deutschen Steuerrecht und im Abkommensrecht aufgrund der

inhaltlichen Übereinstimmung nichts entgegen.

− Wie im nationalem Recht enthält auch der Art. 5 OECD-MA eine beispielhafte Aufzählung von

Betriebstätten. Dazu zählen u.a. der Ort der Leitung, Zweigniederlassungen, Fabrikations- und

Werkstätten.

− Die abkommensrechtliche Betriebstättendefinition ist allerdings in Bezug auf Bauausführungen

und Montagen enger. Während abkommensrechtlich eine Bauausführung oder Montage nur

dann eine Betriebstätte begründen, wenn ihre Dauer zwölf Monate überschreitet (Art. 5

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Abs. 3 OECD-MA), beträgt die Frist nach deutschem Recht nur 6 Monate (§ 12 Satz 2 Nr. 8

AO). Die einzelnen Abkommen können allerdings davon abweichen.

− Einen bedeutenden Unterschied zur nationalen Begriffsdefinition enthält der Art. 5 Abs. 4

OECD-MA.

− Demnach begründen Tätigkeiten vorbereitender Art sowie Hilfstätigkeiten allein ausdrücklich

keine Betriebstätten, auch wenn alle vorstehenden Merkmale einer Betriebstätte erfüllt werden.

− Hierzu zählen Lagerung, Ausstellung, Auslieferung und Einkauf von Gütern oder Waren (Art. 5

Abs. 4 OECD-MA).

Beispiel

Die niederländische Candy Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft) vertreibt ihre

Gebäckmischungen ausschließlich nach Österreich. Für diesen Zweck unterhält sie in

Deutschland ein Warenlager, in dem die hergestellten Gebäckmischungen zwischenlagert. Bei

Bedarf erfolgt eine Lieferung aus dem deutschen Lager direkt an den Handel in Österreich.

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Gemäß Art. 2 Abs. 2 DBA Niederlande ist unter dem Begriff Betriebstätte eine feste Geschäfts-

einrichtung zu verstehen, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt

wird. Gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa DBA Niederlande gilt die Benutzung von

Einrichtungen ausschließlich zur Lagerung ausdrücklich nicht als Betriebstätte. Das in Deutschland

unterhaltene Warenlager kann somit auch dann nicht als Betriebstätte gelten, wenn die

allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebstätte erfüllt sind. Eine Betriebstätte

im Sinne des DBA Niederlande liegt folglich in Deutschland nicht vor. Deutschland steht somit kein

Besteuerungsrecht gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Niederlande zu.

Da das Doppelbesteuerungsrecht den nationalen Steuergesetzen vor geht, kann ein deutsches

Besteuerungsrecht auch nicht daraus abgeleitet werden, das gemäß § 12 Satz 2 Nr. 5 AO ein

Warenlager als Betriebstätte anzusehen ist. Deutschland hat keine Möglichkeiten, den auf die

nach innerstaatlichen Recht bestehende Betriebstätte entfallenden Gewinn zu besteuern.

− Durch die Ausnahmetatbestände wird die allgemeine Begriffsdefinition eingeschränkt.

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− Die abkommensrechtliche Definition ist somit in der Regel enger gefasst als die Definition im

nationalen Steuerrecht.

− Daraus folgt, dass in der Regel immer dann, wenn Deutschland nach dem DBA das

Besteuerungsrecht für einen Betriebstättengewinn zugewiesen bekommt, nach deutschem

Steuerrecht auch eine Betriebstätte vorliegt.

1.4 Vertreter

− Neben dem sachlichen Anknüpfungsmerkmal der Betriebstätte kennt sowohl das deutsche

Steuerrecht als auch das Abkommensrecht das persönliche Anknüpfungsmerkmal des

ständigen Vertreters.

− Durch das Anknüpfungsmerkmal des ständigen Vertreters sollen die in einem Staat ohne feste

Einrichtung (Betriebstätte) gewerblich tätigen Unternehmen auch dann zu dessen Steuer

herangezogen werden, wenn die wirtschaftliche Verknüpfung mit dem Belegenheitsstaat im

Wesentlichen der einer inländischen Betriebstätte entspricht. 24

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− Im Gegensatz zum deutschen Steuerrecht stellen im Abkommensrecht die Betriebstätte und der

Vertreter kein getrenntes Steueranknüpfungsmerkmal dar. Vielmehr werden Unternehmen nach

Art. 5 Abs. 5 OECD-MA so behandelt, als hätten sie in einem Staat eine Betriebstätte

(Vertreterbetriebstätte), wenn sie dort von Personen vertreten werden, die über bestimmte

Vertragsvollmachten verfügen.

Begriff des Vertreters

a) Deutsches internationales Steuerrecht

− Entsprechend dem Begriff „Betriebstätte“ bestimmt sich der Begriff „Ständiger Vertreter“ in den

Fällen, in denen kein DBA vorliegt, ausschließlich nach den nationalen Vorschriften.

− Nach § 13 Satz 1 AO ist ein ständiger Vertreter eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines

Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt.

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− Beispielhaft werden Personen genannt, die nachhaltig Verträge abschließen bzw. vermitteln,

Aufträge einholen oder Bestände von Gütern und Waren unterhalten und davon Auslieferungen

vornehmen (§ 13 Satz 2 AO).

− Neben natürlichen kommen grundsätzlich auch juristische Personen als ständige Vertreter des

ausländischen Unternehmens im Inland in Betracht.

− Ausschlaggebend ist die faktische Geschäftsbesorgung, nicht die rechtliche Ausgestaltung.

− Auch Handelsvertreter, Makler und Kommissionäre können ständige Vertreter im Sinne des

§ 13 AO sein, soweit sie den Sachweisungen des Vertretenen unterliegen.

− Das Kriterium der Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn die Tätigkeit auf eine gewisse Dauer

angelegt ist. Maßgeblich ist dabei die verfolgte Absicht zu Beginn der Vertretertätigkeit oder

alternativ die Dauer der tatsächlich durchgeführten Vertretung. Eine festgelegte zeitliche

Mindestgrenze existiert jedoch nicht.

− Nach dem Kriterium der sachlichen Weisungsgebundenheit muss der Vertreter derart an die

geschäftlichen Weisungen des ausländischen Unternehmens gebunden sein, dass der Wille des 26

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ausländischen Unternehmens das Handeln des Vertreters entscheidend bestimmt.

Dies ist stets gegeben, wenn der Vertreter Angestellter des ausländischen Unternehmens ist

und seine Weisungsbefugnis aus dem Arbeitsverhältnis resultiert.

Ist der Vertreter ein selbständiger Unternehmer, kann die Weisungsbefugnis aus einem

Auftrags- bzw. entgeltlichen Geschäftsbesorgungsverhältnis (§§ 662, 675 BGB) oder aus einem

sonstigen Rechtsverhältnis resultieren.

Beispiel:

Die Jewel-Sociedad de responsabilidad limitada (GmbH) mit Sitz in Nicaragua produziert

indianischen Schmuck. Für den Vertrieb des Schmucks in Deutschland schließt sie mit der

deutschen Meyer Distribution-GmbH einen Vertrag ab. Danach unterhält die Meyer Distribution-

GmbH, die auch im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Produkte anderer Hersteller

vertreibt und Reparaturen durchführt, ein Auslieferungslager für die Jewel-Sociedad de

responsabilidad limitada und liefert in deren Namen und für deren Rechnung Waren an Kunden

aus. Die Meyer Distribution-GmbH ist lt. Vertrag in Bezug auf den Schmuckvertrieb unmittelbar an

die Weisungen der Jewel-Sociedad de responsabilidad limitada gebunden.

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Durch die Tätigkeit der Meyer Distribution-GmbH als ständiger Vertreter nach § 13 AO wird die

nicaraguanische Jewel-Sociedad de responsabilidad limitada mit den inländischen Einkünften, die

sie durch die Meyer Distribution-GmbH i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG im Inland erzielt,

beschränkt steuerpflichtig.

− Im Hinblick auf den Ausschluss unabhängiger Vertreter im Abkommensrecht (vgl. folgenden

Abschnitt) hat die Finanzverwaltung in R 222 Abs. 1 Satz 2 EStR auch für den Nicht-DBA-Fall

insoweit einen Steuerverzicht für die Einkünfte eines ausländischen Unternehmens ausge-

sprochen, als dessen ständiger Vertreter ein Kommissionär (§ 383 HGB) oder Makler (§ 93

HGB) ist, der das ausländische Unternehmen im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit

im Inland vertritt. Das gilt auch, wenn der ständige Vertreter ein Handelsvertreter ist, der weder

eine allgemeine Vollmacht zu Vertragsverhandlungen und Vertragsabschlüssen für das

ausländische Unternehmen besitzt noch über ein Warenlager dieses Unternehmens verfügt, von

dem er regelmäßig Bestellungen für das Unternehmen ausführt.

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Page 40: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

b) Abkommensrecht

− Wann abkommensrechtlich aufgrund einer Vertretung eine Betriebstätte fingiert wird, bestimmt

sich ausschließlich nach der Definition im DBA.

− Gemäß Art. 5 Abs. 5 OECD-MA wird ein Unternehmen so behandelt, als habe es eine

Betriebstätte, wenn eine für dieses Unternehmen tätige Person in einem Vertragsstaat die

Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, und die Vollmacht

dort gewöhnlich ausübt.

− Der Abkommensbegriff einer Vertreterbetriebstätte ist allerdings insofern im Vergleich zum

deutschen Steuerrecht enger gefasst, als

o bei dem Vertreter Abschlussvollmacht und deren gewöhnliche Ausübung vorausgesetzt

werden,

o bloße Vorbereitungs- und Hilfstätigkeiten ausdrücklich nicht zur Annahme einer

Vertreterbetriebstätte führen (Art. 5 Abs. 5 i.V.m. 4 OECD-MA) und

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Page 41: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

o ein unabhängiger Vertreter grundsätzlich keine Vertreterbetriebstätte begründet, es sei

denn, die vertretende Tätigkeit wird außerhalb seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit

ausgeübt (Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA).

Beispiel

Die Izmir Limited Sirket (GmbH) mit Sitz und Geschäftsleitung in Istanbul vertreibt in Deutschland

landwirtschaftliche Produkte. Für ihre Vertriebstätigkeit schließt sie mit der deutschen Lüdger

GmbH einen Vertrag ab.

Die Lüdger GmbH ist von der Izmir Limited Sirket unabhängig, da die geschäftlichen Tätigkeiten

der Lüdger GmbH weder eingehenden Anweisungen noch einer umfassenden Aufsicht von der

Izmir Limited Sirket unterliegen.

Sofern die Lüdger GmbH die Vertriebstätigkeit für die türkische Gesellschaft im Rahmen ihrer

ordentlichen Geschäftstätigkeit eigenverantwortlich ausübt, hat die Izmir Limited Sirket keine

”Vertreterbetriebstätte” im Inland (Art. 5 Abs. 5 DBA-Türkei). Liegt aber beispielsweise die

eigentliche Geschäftstätigkeit der Lüdger GmbH in der Erstellung von Gutachten für

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Sanierungsmaßnahmen, so überschreitet sie mit dem Abschluss von Verträgen im Namen der

Izmir Limited Sirket den Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. In diesem Fall ist die

Lüdger GmbH abhängiger Vertreter i. S. d. Art. 5 Abs. 4 DBA-Türkei und begründet für die

türkische Gesellschaft eine ”Vertreterbetriebstätte” im Inland (Art. 5 Abs. 4, 5 DBA-Türkei).

1.5 Gewinnermittlung für ausländische Betriebstätten und inländische Betriebstätten ausländischer Steuerpflichtiger

1.5.1 Steuerliche Gewinnermittlung

− Der Zuordnung der Einkünfte des international tätigen Unternehmens auf die einzelnen

Betriebstätten muss die Gewinnermittlung des (Gesamt-)Unternehmens vorausgehen.

− Bei der Ermittlung des Gewinns für deutsche Besteuerungszwecke (Besteuerung der Gewinne

des Stammhauses bzw. inländische Betriebstätten von Steuerausländern) und Bestimmung des

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Anrechnungsbetrags der ausländischen Steuer sind immer die deutschen

Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 4 Abs. 1 und 3, 5 EStG) anzuwenden.

− Nach deutschen Rechtsnormen ist die Ermittlung des gesamten Unternehmensgewinns nur im

Fall einer unbeschränkten Steuerpflicht notwendig.

− Betreibt ein ausländisches Unternehmen im Inland nur eine Betriebstätte, genügt die

Berechnung des Betriebstättengewinns. Die Pflicht zur Ermittlung des gesamten Unternehmens-

gewinns besteht dann i. d. R. nach dem Steuerrecht des Domizilstaates des Unternehmens.

1.5.2 Prinzipien der Gewinnabgrenzung

− Um eine klare Gewinnabgrenzung der Betriebstätteneinkünfte von dem übrigen

Unternehmensgewinn vornehmen zu können, ist es notwendig, das „dealing at arm’s length“-

Prinzip zu konkretisieren.

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− Für diese Konkretisierung unterscheidet die Steuerrechtspraxis zwischen der indirekten und der

direkten Methode.

− Indirekte Methode

o Ausgangspunkt ist das ermittelte Ergebnis des Gesamtunternehmens.

o Die Einkünftezuteilung erfolgt durch einen im Einzelfall festzulegenden Aufteilungs-

schlüssel.

o Als Bezugsgröße können z.B. die Umsätze, die Lohn- und Materialaufwendungen oder

die Vermögensbestände dienen.

o Einen sachgerechten Aufteilungsschlüssel zu finden, ist allerdings dann schwierig, wenn

sich Stammhaus und Betriebstätte in ihrer Funktion und in ihrer inneren Struktur

wesentlich unterscheiden.

o In Deutschland findet eine indirekte Gewinnaufteilung bei der Gewerbesteuer

Anwendung. Bei gewerblichen Unternehmen mit mehreren Betriebstätten innerhalb

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Deutschlands erfolgt eine Verteilung des Gewerbesteuermessbetrages auf die

Gemeinden anhand der Arbeitslöhne (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG).

o In Kanada erfolgt eine indirekte Aufteilung für Unternehmen, die in mehreren Provinzen

Betriebstätten haben.

− Direkte Methode

o Voraussetzung ist eine gesonderte Betriebstättenbilanz (einschließlich GuV), die

allerdings nach deutschen Rechtsvorschriften im Hinblick auf die ausländische

Betriebstätte nicht zwingend zu erstellen ist.

o Die Zuordnung der einzelnen Wirtschaftsgüter erfolgt nach dem Prinzip der

wirtschaftlichen Zugehörigkeit.

o Die Aufwendungen und Erträge sind dem betreffenden Unternehmensteil funktions- und

leistungsgerecht direkt zuzuordnen. Die Zuordnung zur Betriebstätte erfolgt nach der

wirtschaftlichen Veranlassung.

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− Sowohl die OECD als auch die deutsche Finanzverwaltung räumen der direkten Methode den

Anwendungsvorrang ein (vgl. Art. 7, Nr. 25 MK, Tz. 2.3 Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze).

1.6 Konkretisierung der direkten Methode durch das „dealing at arm’s length“-Prinzip

− Das im Art. 7 Abs. 2 OECD-MA enthaltene „dealing at arm’s length“-Prinzip stellt den

Ausgangspunkt der Gewinnermittlung dar.

− Demnach hat die Gewinnzuweisung zur Betriebstätte so zu erfolgen, als ob sie selbständig

wäre.

− Allerdings wird dieser Grundsatz durch Art. 7 Abs. 3 OECD-MA eingeschränkt.

− Demnach werden die für eine Betriebstätte entstandenen Aufwendungen unabhängig von ihrer

Entstehung bei der Betriebstätte zum Abzug zugelassen werden.

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− Erfasst werden sollen alle Leistungen, die nicht Gegenstand der ordentlichen Geschäftstätigkeit

der leistenden Unternehmenseinheit sind. Die damit verbundenen Aufwendungen werden als für

die Betriebstätte entstandene Aufwendungen angesehen, die mit den tatsächlichen Kosten zu

verrechnen sind (vgl. Art. 7, Nr. 17.1 MK). Ein Fremdvergleich für diese Leistungen erfolgt nicht.

− Transaktionen, wie die Erbringung von Dienstleistungen, Überlassung von Finanzmitteln, zeitlich

befristete Überlassung von Wirtschaftsgütern, sind folglich grundsätzlich mit den tatsächlichen

Aufwendungen zu verrechnen, es sei denn, diese Leistungen entsprechen dem Geschäftszweck

des Unternehmens.

− Abweichend davon lässt die OECD in bestimmten Fällen allerdings auch eine Bewertung von

Transaktionen, die nicht Gegenstand der ordentlichen Geschäftstätigkeit der leistenden

Unternehmenseinheit sind, mit Fremdvergleichspreisen zu, wenn dies nach dem Recht der

einzelnen Staaten üblich ist. So dürfen beispielsweise – wie u.a. in Österreich gemäß § 6 Z 6

EStG und in Deutschland für Übertragungen in DBA-Staaten üblich – die stillen Reserven bei

der Überführung eines Wirtschaftsgutes ins Ausland aufgedeckt und besteuert werden (vgl.

Art. 7, Nr. 15 MK). 36

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− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip des Art. 7 Abs. 2, 3 OECD-MA gibt nur vor, wie die

Abgrenzung des Gewinnbesteuerungsrechts auf die Vertragsstaaten vorzunehmen ist. Inwieweit

die Vertragsstaaten diesen Gewinnbesteuerungsspielraum ausschöpfen, hängt von ihren

Vorschriften zur Ermittlung des Gewinns von Stammhaus und Betriebstätte ab (beispielsweise

Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze der deutschen Finanzverwaltung).

1.6.1 Eigenkapitalüberlassung

− Die Betriebstätte verfügt als unselbständiger Unternehmensteil grundsätzlich über kein eigenes

Eigen- und Fremdkapital.

− Für die Einkünftezuordnung nach der direkten Methode ist es jedoch erforderlich, der

Betriebstätte einen Anteil am Eigenkapital des Gesamtunternehmens (sog. Dotationskapital)

zuzuordnen.

− Für die Zuführung von Mitteln aus dem Eigenkapital des Stammhauses ist keine Verrechnung

von Zinsen zu Lasten der Betriebstätte und zu Gunsten des Stammhauses möglich (vgl. Art. 7, 37

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Nr. 18, 18.3 MK, BFH-Urteile v. 27.7.1965, BStBl 1966 III, S. 24 und v. 25.6.1986, BStBl 1986 II,

S. 785), da für das Unternehmen insgesamt kein pekuniärer Aufwand entstanden ist (allenfalls

Opportunitätskosten kalkulatorische Eigenkapitalkosten).

Beispiel:

Ein inländisches Produktionsunternehmen sei vollständig mit Eigenkapital finanziert. Zur Deckung

des Kapitalbedarfs stellt es seiner ausländischen Fertigungsbetriebstätte 1 000 000 € zur

Verfügung. Vergleichbare Betriebstätten weisen eine Eigenkapitalquote von durchschnittlich 30 %

auf.

⇒ Auch wenn nach den Grundsätzen des Fremdvergleiches eine Finanzierung der

Betriebstätte mit bis zu 70 % Fremdkapital möglich wäre, können der Betriebstätte keine

Aufwendungen für Fremdkapital zugeordnet werden, da das Gesamtunternehmen keine

Zinsaufwendungen zu tragen hat.

⇒ Eine interne Zinsverrechnung wird steuerlich nicht anerkannt.

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1.6.2 Fremdkapitalüberlassung

− Neben einem Anteil am Eigenkapital des Gesamtunternehmens ist der Betriebstätte ebenfalls

ein Anteil am Fremdkapital zuzuweisen, der notwendig ist, um den Kapitalbedarf der

Betriebstätte zu decken.

− Der gesamte Kapitalbedarf (Eigen- und Fremdkapital) der Betriebstätte bestimmt sich nach dem

Aktivvermögen, welches der Betriebstätte zugeordnet wurde.

− Der Anteil des Fremdkapitals an dem Kapitalbedarf der Betriebstätte ist von Bedeutung, da im

Gegensatz zum Eigenkapital Fremdkapitalkosten als für die Betriebstätte entstandene

Aufwendungen gemäß Art. 7 Abs. 3 OECD-MA weiterverrechnet werden dürfen.

− Die Zinsen auf von außen beschaffte Fremdmittel können jedoch nur in Höhe der tatsächlich

von Unternehmen zu tragenden Zinsen – ohne Gewinnaufschlag – verrechnet werden, da das

Unternehmen eine rechtliche Einheit bildet.

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− Die OECD fordert, dass die Kapitalstruktur nach den Kriterien der organisatorischen

Gegebenheiten und der ausgeübten Funktionen angemessen sein soll (Art. 7, Nr. 18.3 MK). Wie

ein Teil des Zinsaufwands der Betriebstätte zugeordnet werden soll, lässt die OECD jedoch

offen.

− In der älteren deutschen Rechtsprechung wurde für die Bestimmung des Eigenkapital-

Fremdkapital-Verhältnis teilweise die Kapitalspiegelmethode anerkannt (vgl. FG Freiburg, Urteil

v. 30.05.1962, EFG 1963, S. 28). Demnach soll das Eigenkapital-Fremdkapital-Verhältnis der

Betriebstätte dem Verschuldungsgrad des Gesamtunternehmens entsprechen. Die Übertragung

der Kapitalstruktur des Gesamtunternehmens auf die Betriebstätte ist aber nur dann vertretbar,

wenn Stammhaus und Betriebstätten dieselben Funktionen ausüben und eine homogene innere

Struktur aufweisen (vgl. Tz. 2.5.1. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).

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Beispiel:

Die Gesellschafter eines bisher vollständig mit Eigenkapital finanzierten inländischen Unter-

nehmens mit einer ausländischen Betriebstätte, die vergleichbare Funktionen wie das Stammhaus

ausübt, beschließen eine Gewinnausschüttung für ein abgelaufenes Geschäftsjahr.

Da entsprechende flüssige Mittel nicht zur Verfügung stehen, nimmt das Unternehmen ein

Darlehen in Höhe von 1 500 000 € (Zinssatz: 8 %) auf. Nach der Ausschüttung liegt die

Eigenkapitalquote des Gesamtunternehmens bei 85 % (dies entspricht einem Eigenkapital für das

Gesamtunternehmen von 8 500 000 €).

⇒ Das Fremdkapital dient dem Gesamtunternehmen. Daher sind die Fremdkapitalauf-

wendungen dem inländischen Stammhaus und der ausländischen Betriebstätte im Verhältnis

der Eigenkapitalaufteilung zuzuordnen.

− Grundsätzlich sollte dem Unternehmen die Art der Kapitalausstattung der Betriebstätte nach

eigenem Ermessen eingeräumt werden (vgl. Tz. 2.5.1. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).

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− Die unternehmerische Entscheidung findet laut BFH dort ihre Grenzen, wo sie im Widerspruch

zu kaufmännischen und wirtschaftlichen Erfordernissen steht (vgl. BFH-Urteil v. 01.04.1987,

BStBl. 1987 II, S. 550).

− Neben den Funktions- und Strukturunterschieden zwischen Stammhaus und Betriebstätte

sollten die branchenübliche Kapitalausstattung und individuelle Gegebenheiten für die

Betriebstätte (Geschäftsrisiken) berücksichtigt werden. Es erfolgt eine weitgehende Anlehnung

an das ”dealing at arm´s length”-Prinzip in Hinblick auf die branchenübliche Kapitalstruktur.

Beispiel:

Einer ausländischen Fertigungsbetriebstätte steht zur Deckung ihres Kapitalbedarfs Eigenkapital

des inländischen Produktionsunternehmens von 1 000 000 € zur Verfügung. Zur Ausweitung der

Produktion in seiner ausländischen Betriebstätte nimmt dieses Unternehmen ein Darlehen von

2 000 000 € auf, für das pro Jahr 8 % Zinsen zu zahlen sind. Vergleichbare Betriebstätten weisen

eine Eigenkapitalquote von durchschnittlich 30 % auf.

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⇒ Der Zinsaufwand in Höhe von 160 000 € ist vollständig der Betriebstätte zuzuordnen, da das

Unternehmen das Darlehen ausschließlich für die Zwecke der Betriebstätte aufgenommen

hat.

⇒ Die Eigenkapitalquote von 33 % (1 000 000 / (1 000 000 + 2 000 000) entspricht der

vergleichbarer Unternehmen.

1.6.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschafts-gütern

− Werden Güter (Fertigprodukte, Halbfertigfabrikate, Rohmaterialien) zum Weiterverkauf von

einem zu einem anderen Unternehmensteil geliefert, so ist in der Regel der

Fremdvergleichspreis anzusetzen (vgl. Art. 7, Nr. 17.3 MK).

− Für die übrigen Wirtschaftsgüter stellt die OECD auf das Recht der einzelnen Staaten ab (vgl.

Art. 7, Nr. 15 MK).

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− Nach der Auffassung vieler Staaten entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn, wenn ein

Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen eines in ihrem Gebiet belegenen Stammhauses

(Betriebstätte) in eine in einem anderen Staat belegene Betriebstätte (Stammhaus) überführt

wird (sog. Steuerentstrickung; vgl. Art. 7, Nr. 15 MK).

− Diese Besteuerung der stillen Reserven durch den Ursprungsstaat wird durch den Art. 7 OECD-

MA gedeckt, sofern dieser Staat eine derartige Besteuerung vorsieht (vgl. Art. 7, Nr. 15 MK).

− Nach deutscher Rechtsauffassung erfolgt eine (zumindest aufgeschobene) Besteuerung der

stillen Reserven immer dann, wenn das Wirtschaftsgut durch die Übertragung in ein anderes

Land der deutschen Steuerhoheit entzogen wird.

− Die folgenden Ausführungen widmen sich der deutschen Behandlung bei der Überführung von

Wirtschaftsgütern.

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Page 56: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

a) Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebstätte

− Wird ein Wirtschaftsgut aus dem inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebstätte

überführt sind die steuerlichen Folgen der Übertragung davon abhängig, ob die Übertragung in

einen Staat erfolgt

o ohne DBA bzw. mit DBA unter Verwendung der Anrechnungsmethode oder

o mit DBA unter Verwendung der Freistellungsmethode.

− Erfolgt die Übertragung eines Wirtschaftsguts in einen Staat ohne DBA (z.B. Liechtenstein,

Syrien, Taiwan) oder mit DBA, dass die Anrechnungsmethode vorsieht (z.B. bei der

Übertragung eines Wirtschaftsguts in eine nicht aktiv tätige Betriebstätte in der Schweiz (Art. 24

Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 Buchst. a DBA Schweiz)), kommt es nach deutscher Sichtweise bei

dem Transfer der Wirtschaftsgüter zu keiner Besteuerung (Überführung zum Buchwert).

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Hintergrund: Auf Grund des Welteinkommensprinzips unterliegen die Gewinne der

ausländischen Betriebstätte auch nach der Übertragung der deutschen

Besteuerung.

Beispiel:

Ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Einzelunternehmer überführt eine Maschine in

seine chilenische Betriebstätte. Im Zeitpunkt der Überführung liegt der Buchwert der Maschine bei

100 000 € während der Fremdvergleichspreis 300 000 € beträgt.

Die stillen Reserven in Höhe von 200 000 € werden sich im Zeitraum der Verwendung der

Maschine positiv im chilenischen Betriebstättenergebnis niederschlagen, da die Abschreibung in

der Summe nur 100.000 € (und nicht 300.000 €) erreichen können.

Da mit Chile kein DBA besteht, erstreckt sich das deutsche Besteuerungsrecht auch auf den Erfolg

der chilenischen Betriebstätte. Die stillen Reserven werden demzufolge von der deutschen

Einkommensteuer erfasst. Eine Besteuerung im Überführungszeitpunkt ist somit nicht notwendig.

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− Liegt hingegen ein DBA vor, in dem die Freistellungsmethode Anwendung findet (Regelfall), sind

die stillen Reserven grundsätzlich im Zeitpunkt der Überführung aufzudecken. Als

anzusetzender Teilwert gilt der Fremdvergleichspreis.

⇒ Prinzip der Steuerentstrickung

Der BFH hat hierzu eine gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert zu bewertende

Entnahme angenommen (BFH-Urteil v. 16.7.1969, BStBl 1970 II, S. 175 und v. 30.5.1972,

BStBl 1972 II, S. 760).

Problem:

⇒ Eine Besteuerung der stillen Reserven vor deren Realisierung ist nach deutschem Handels-

recht (und damit gem. § 5 Abs. 1 EStG bei Buchführungspflichtigen auch für das Steuer-

recht) ausgeschlossen!

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Lösung des Konfliktes (Tz. 2.6.1 Betriebsstätten-Erlass):

⇒ Konzept der aufgeschobenen Gewinnverwirklichung mit der Option der sofortigen Gewinn-

bzw. Verlustrealisierung im Zeitpunkt der Überführung.

− Durch das Konzept der aufgeschobenen Gewinnverwirklichung entfaltet der ermittelte Gewinn

oder Verlust zunächst keine Erfolgswirksamkeit.

Er ist bis zu seiner Realisierung auf dem Markt durch einen passiven (bei Verlust aktiven)

Merkposten in einer außerbilanziellen Nebenrechnung des Stammhauses zu neutralisieren.

− Alternativ besteht auch eine Option auf sofortige Besteuerung im Überführungszeitpunkt. Ein

Antrag ist hierfür nicht erforderlich. Die Option kann somit z.B. durch Verzicht auf die Bildung

des außerbilanziellen Posten ausgeübt werden.

− Der steuerlich zu erfassende Gewinn oder Verlust ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag

zwischen dem Fremdvergleichspreis und dem Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der

Überführung.

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− Ist ein Rückgriff auf Fremdvergleichspreise am Markt nicht möglich, sind die Verrechnungs-

preise im Wege der Kalkulation (zzgl. Gewinnzuschlag) zu ermitteln.

− Eingetretene Wertminderungen sind nur zu berücksichtigen, sofern sie voraussichtlich dauerhaft

sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG).

b) Rückführung von Wirtschaftsgütern aus einer ausländischen Betriebstätte

− Erfolgt die Rückführung eines Wirtschaftsguts aus einem Staat ohne DBA, kommt es bei dem

Rücktransfer des Wirtschaftsguts wiederum zu keiner Besteuerung der stillen Reserven

(Rückführung zum Buchwert).

− Erfolgt im Gegensatz dazu die Rückführung eines Wirtschaftsguts aus einem Staat mit DBA,

dass die Freistellungsmethode vorsieht, wird das Wirtschaftsgut mit dem Fremdvergleichspreis

im Zeitpunkt der Rückführung angesetzt.

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− Besteht im Zeitpunkt der Rückführung noch ein Merkposten, ist dieser vom Fremdvergleichs-

preis abzuziehen.

c) Überführung von Wirtschaftsgütern von einer ausländischen Betriebstätte in das inländische Stammhaus

− Die steuerliche Behandlung des Transfers von Wirtschaftsgütern aus der ausländischen

Betriebstätte in das inländische Stammhaus erfolgt genau spiegelbildlich wie die Überführung

von Wirtschaftsgütern vom inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebstätte.

− Besteht mit dem Betriebstättenstaat kein DBA oder ein DBA, dass das Anrechnungsverfahren

vorsieht, hat der Ansatz der ins Inland überführten Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert zu

erfolgen.

− Besteht mit dem Betriebstättenstaat ein DBA, dass das Freistellungsverfahren vorsieht, sind die

überführten Wirtschaftsgüter im Inland mit dem Fremdvergleichspreis anzusetzen.

50

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− Ob das ausländische Stammhaus auch den Fremdvergleichspreis ansetzen kann, kann nur

nach den Vorschriften des Auslands entschieden werden.

d) Überführung von Wirtschaftsgütern von einer inländischen Betriebstätte in das ausländische Stammhaus

− Eine inländische Betriebstätte eines ausländischen Stammhauses unterliegt lediglich der

beschränkten Steuerpflicht.

− Wirtschaftsgüter, die das Inland verlassen, scheiden deshalb in jedem Fall aus der deutschen

Besteuerungshoheit aus.

− Die Finanzverwaltung fordert die sofortige Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt der

Überführung (Tz. 2.6.3 Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).

51

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1.6.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern

− Werden Wirtschaftsgüter vollständig und dauerhaft an eine Betriebstätte überlassen, ist dies –

entsprechend der obigen Ausführungen – als Überführung in die Betriebstätte zu behandeln und

dem Betriebstättenvermögen zuzuordnen.

− In der Regel werden immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Marken, Patente, Know-how) allerdings

sowohl vom Stammhaus als auch von der ausländischen Betriebstätte oder von mehreren

ausländischen Betriebstätten genutzt.

− Für den Fall der Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter durch mehrere Unternehmensteile

spricht sich die OECD dafür aus, die tatsächlichen Kosten für die Erstellung der immateriellen

Wirtschaftsgüter auf alle diese Rechte nutzenden Unternehmensteile ohne einen

Gewinnaufschlag aufzuteilen (Art. 7, Nr. 17.4 OECD-MA)

− Begründet wird die Ansicht damit, dass aufgrund des einheitlichen Rechtsträgers das

immaterielle Wirtschaftsgut rechtlich einem einzelnen Unternehmensteil nicht zugewiesen

52

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werden kann, und auch praktisch die Zuordnung des immateriellen Wirtschaftsguts zu einem

einzelnen Teil des Unternehmens in der Regel nicht möglich ist (Art. 7, Nr. 17.4 OECD-MA)

− Somit ist das immaterielle Wirtschaftsgut allen nutzenden Unternehmensteilen zuzurechnen und

die Kosten sind als für diese Unternehmensteile entstanden im Sinne des Art. 7 Abs. 3 OECD-

MA anzusehen (Art. 7, Nr. 17.4 OECD-MA)

− Der für die Aufteilung der Kosten maßgebende Nutzungsanteil bestimmt sich häufig nach den

Umsatzanteilen von Stammhaus und Betriebstätten.

− Ein vom Stammhaus für diese Nutzungsüberlassung verlangtes Entgelt (Lizenzgebühren) wird

steuerlich nicht anerkannt.

Beispiel:

Die Forschung- und Entwicklungsabteilung des deutschen Stammhauses der Kolbenbau AG

entwickelt ein neues Produktionsverfahren für die Herstellung von Motorenkolben, welches

anschließend sowohl im Stammhaus als auch in der ausländischen Betriebstätte angewendet wird. 53

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Die Kosten der Entwicklung betrugen 1.000.000 €. Für die Überlassung der Erkenntnisse an die

Betriebstätte berechnet das Stammhaus der Betriebstätte 600.000 €. Mit diesem neuen Verfahren

werden im Stammhaus im Vergleich zur Betriebstätte doppelt so viele Kolben hergestellt.

Der von dem Stammhaus der Betriebstätte in Rechnung gestellte Verrechnungspreis ist für

steuerliche Zwecke unbeachtlich. Vielmehr sind die entstandenen Aufwendungen entsprechend

des Nutzungsanteils aufzuteilen. Der Betriebstätte ist demnach ein Aufwand von 333.333 € (1/3 ·

1.000.000 €) zuzurechnen.

1.6.5 Allgemeine Verwaltungs- und Geschäftsführungskosten

− Geschäftsführungs- und allgemeine Verwaltungskosten werden unabhängig davon, wo sie

entstanden sind, beim Betriebstättenergebnis berücksichtigt, wenn sie durch die Betriebstätte

verursacht wurden (Art. 7 Abs. 3 OECD-MA).

− Somit ist grundsätzlich nur die Aufteilung der Aufwendungen ohne Gewinnaufschlag bei der

Ermittlung des Betriebstättengewinns möglich. 54

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− Die OECD favorisiert die Verrechnung der tatsächlichen Kosten ohne Gewinnaufschlag sogar in

dem Fall, in dem am Hauptsitz ausschließlich die Aufsichts- und Verwaltungsratsitzungen

stattfinden und alle anderen Tätigkeiten der Gesellschaft in der Betriebstätte ausgeübt werden

(Art. 7, Nr. 21 MK).

− Nach deutscher Rechtsprechung sind Geschäftsführungs- und allgemeine Verwaltungskosten

einer Hauptniederlassung anteilig der Betriebstätte zuzurechnen, wenn die Aufwendungen

durch eine spezielle Leistung der Hauptniederlassung an die Betriebstätte ausgelöst sind oder

wenn die den Aufwendungen zugrunde liegende Leistung im Gesamtunternehmensinteresse

liegt und damit auch der inländischen Betriebstätte zugute kommt (BFH-Urteil vom 20.07.1988,

BStBl II 1989, S. 140).

Beispiel:

Die im Stammhaus der Suder AG unterhaltene Personalabteilung übernimmt alle Personal-

angelegenheiten für die gesamte AG. Der Aufwand für den Unterhalt der Personalabteilung beträgt

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300.000 € p.a. (Personal- und Materialkosten). Von dieser Abteilung werden 1.000 Mitarbeiter des

Stammhauses in Deutschland sowie 200 Mitarbeiter in der österreichischen Betriebstätte betreut.

Der im Stammhaus für die Personalabteilung anfallende Aufwand ist anteilig auf die Betriebstätte

zu verrechnen. Der Betriebstättengewinn mindert sich um 50.000 € (1/6 · 300.000 €). In gleicher

Höhe erhöht sich der Gewinn des Stammhauses.

− Allerdings räumt die OECD, trotz des Grundsatzes, dass nur tatsächlich entstandene Kosten zu

verrechnen sind, den Staaten das Recht ein, die Geschäftsführungsleistungen des

Stammhauses mit einem Gewinnaufschlag zu verrechnen, wenn dies durch innerstaatliche

Vorschriften gedeckt ist (vgl. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, MA Art. 7, Rz. 284; Art. 7

Nr. 22 OECD-MK).

− Aus Deutscher Sicht ist i.d.R. nur die Aufteilung der tatsächlichen Kosten möglich (vgl. Tz. 3.4.1

Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze). Nur wenn sich die Tätigkeit des Stammhauses auf die

geschäftliche Oberleitung beschränkt, ist dem Stammhaus ein angemessener Teil des

56

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Gesamtgewinns zuzurechnen (vgl. Tz. 3.1.4. Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze unter

Berufung auf das BFH-Urteil v. 28.07.1993, BStBl. 1994 II, S. 148).

− Wird dem Stammhaus für die Geschäftsführung ein Anteil des Gesamtgewinns zugerechnet,

und erkennt der Betriebstättenstaat lediglich die tatsächlichen Kosten der Geschäftsführung als

Aufwand an, erfolgt eine Doppelbesteuerung i. H. d. Gewinnanteils. Nach Auffassung der OECD

soll die Doppelbesteuerung durch den Staat vermieden werden, in dem sich das Stammhaus

befindet (Art. 7 Nr. 23 OECD-MK). Diese Ansicht wurde auch von der deutschen

Finanzverwaltung übernommen (vgl. Tz. 3.1.4. Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze).

1.6.6 Spezielle Dienstleistungen

− Spezielle Dienstleistungen sind z. B. Dienstleistungen in den Bereichen Transportwesen,

Nachrichtenverkehr, Baubetreuung, Rechtsberatung, Steuerberatung, Bilanzierung, Controlling,

Instandhaltung und Werbung.

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− Dem Grunde nach dürfen die Kosten weiter verrechnet werden, da sie durch die Betriebstätte

veranlasst sind.

− Die OECD spricht sich dafür aus, Dienstleistungen immer dann mit dem Fremdvergleichspreis

zu verrechnen, wenn das Erbringen der entsprechenden Dienstleistungen ganz oder teilweise

Gegenstand der Unternehmenstätigkeit ist und dafür auch standardisierte Entgelte existieren

(Art. 7 OECD-MA, MK 17.5).

− Existieren keine standardisierte Entgelte oder gehören die entsprechenden Dienstleistungen

nicht zum Gegenstand der Unternehmenstätigkeit, dann sind diese Leistungen mit den

tatsächlichen Kosten ohne Gewinnaufschlag zu verrechnen.

− Demgegenüber macht die deutsche Finanzverwaltung die Höhe des anzuerkennenden

Verrechnungspreises davon abhängig, ob

o das Stammhaus die Dienste leistet,

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o die Betriebstätte die Dienste leistet und die entsprechenden Dienstleistungen zur

Haupttätigkeit der Betriebstätte zählen oder

o die Betriebstätte die Dienste leistet und die entsprechenden Dienstleistungen nicht zur

Haupttätigkeit der Betriebstätte zählen.

− Erbringt die Betriebstätte die speziellen Dienstleistungen und zählt dieses zu der Haupttätigkeit

der Betriebstätte, akzeptiert die deutsche Finanzverwaltung die Verrechnung zu Marktpreisen

nach dem ”dealing at arm´s length”-Prinzip. Fehlt ein Fremdvergleichspreis, wird die

Kostenaufschlagsmethode mit einem Gewinnaufschlag von 5-10% anerkannt (Tz. 3.1.2

Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).

− Erbringt dagegen eine Betriebstätte, bei der die Leistungserbringung lediglich als Nebentätigkeit

einzustufen ist, die spezielle Dienstleistung, dann dürfen lediglich die entstandenen

Aufwendungen ohne einen Gewinnaufschlag verrechnet werden (Tz. 3.1.2 Betriebsstätten-

Verwaltungsgrundsätze).

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Page 71: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Ebenfalls nur die tatsächlichen entstandenen Aufwendungen dürfen verrechnet werden, wenn

das Stammhaus – unabhängig davon, ob als Haupttätigkeit oder nicht – die spezielle

Dienstleistung erbringt.

Beispiel:

Die Marketingabteilung des Stammhauses der Zündkerzen-AG mit Sitz in Berlin erstellt für ihre

französische Betriebstätte ein Marketingkonzept, um den französischen Absatz zu steigern.

Nach Ansicht der OECD wären für die Erstellung des Marketingkonzepts immer dann nur die

tatsächlichen Kosten zu verrechnen, wenn die Erstellung des Konzepts nicht Gegenstand der

Unternehmenstätigkeit gehört. Da im vorliegendem Sachverhalt annahmegemäß die Zündkerzen-

AG am Markt nur ihre hergestellten Produkte und keine Marketingleistungen erbringt, wären

demnach nur die tatsächlichen Kosten der Betriebstätte zu belasten.

Zu diesem Ergebnis gelangt man auch in dem hier vorliegenden DBA-Fall. Art. 4 Abs. 1 DBA

Frankreich sieht den Betriebstättenvorbehalt vor. Nach deutscher Auffassung darf das Stammhaus

60

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generell der französischen Betriebstätte nur die tatsächlich angefallenen Kosten in Rechnung

stellen (vgl. BFH-Urteil v. 20.07.1988, BStBl 1989 II, S. 140). In Frankreich ist es ebenfalls üblich

für vom Stammhaus erbrachte Dienstleistungen nur die tatsächlichen Kosten ohne

Gewinnaufschlag der Betriebstätte in Rechnung zu stellen (vgl. de Bourmont/Julien-Saint-Amand,

in Debatin/Wassermeyer, Art. 4 Frankreich, Rz. 131).

1.7 Gewinnermittlung bei einer Vertreterbetriebstätte

− Wird eine Betriebstätte aufgrund einer Vertretung i.S.v. Art. 5 Abs. 5, 6 OECD-MA fingiert, stellt

sich die Frage, in welcher Höhe dieser Vertreterbetriebstätte ein Gewinn zuzuordnen ist.

− Mangels abweichender Regelungen hat die Ermittlung des Gewinns einer Vertreterbetriebstätte

nach den allgemeinen Grundsätzen für die Ermittlung von Betriebstättengewinnen zu erfolgen.

− Maßgeblich für die Einkünftezuordnung zur Vertreterbetriebstätte ist somit das ”dealing at arm’s

length”-Prinzip.

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− Danach ist zu prüfen, welche Vergütung (Vertreterprovision) ein unabhängiger Vertreter für die

Vertretung des Unternehmens erzielt hätte (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, MA

Art. 5, Rz. 216).

− Der so ermittelte Fremdvergleichspreis ist der Vertreterbetriebstätte als Einnahme für die

Vertretung des Unternehmens zuzurechnen.

− Die an den Vertreter zu leistende Vergütung ist bei der Ermittlung des Gewinns der

Vertreterbetriebstätte als Aufwand zu berücksichtigen.

Beispiel:

Ein portugiesisches Unternehmen vertreibt Zuschnittmaschinen in Deutschland mit Hilfe eines

abhängigen Vertreters, der in Deutschland ansässig ist.

Dieser erhält für seine Tätigkeit

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- Fall a) ein festes Gehalt von jährlich 20 000 € zuzüglich einer Provision von 1 % des Wertes

der vermittelten Verkäufe,

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- Fall b) eine Provision von 5 % des Wertes der vermittelten Verkäufe, jedoch kein fixes

Einkommen.

Ein fremder Handelsvertreter würde 5 % Provision erhalten. Der Wert der vermittelten Verkäufe

liegt im Wirtschaftsjahr 01 bei 800 000 €.

Fall a)

Der Vertreterbetriebstätte werden hypothetische Einnahmen in Höhe des Fremdvergleichspreises

von 5 % des Wertes der vermittelten Verkäufe zugeordnet. Dem steht ein Aufwand in Höhe der

Vergütung gegenüber, die der Vertreter erhält.

Erträge der Vertreterbetriebstätte:

Fremdvergleichspreis (5 % von 800 000 €) 40 000 €

Der Vertreterbetriebstätte zuzurechnender Aufwand:

Vergütung für abhängigen Vertreter

(20 000 € zzgl. 1 % von 800 000 €) 28 000 €

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Gewinn der Vertreterbetriebstätte: 12 000 €

Gewinnauswirkung im Stammhaus:

+ 28 000 € – 40 000 € – 12 000 €

Vom inländischen Erfolg der Vertreterbetriebstätte ist die Steuerpflicht des Vertreters als natürliche

Person zu trennen. Da dieser im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist, unterliegt sein Einkommen

(28 000 €) der deutschen Einkommensteuer.

Fall b)

Der Vertreterbetriebstätte werden wiederum hypothetische Einnahmen in Höhe des Fremdver-

gleichspreises von 5 % des Wertes der vermittelten Verkäufe zugeordnet. Dem steht ein gleich

hoher Aufwand für die Vergütung des Vertreters gegenüber.

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Erträge der Vertreterbetriebstätte:

Fremdvergleichspreis (5 % von 800 000 €) 40 000 €

Der Vertreterbetriebstätte zuzurechnender Aufwand:

Vergütung für abhängigen Vertreter (5 % von 800 000 €) 40 000 €

Gewinn der Vertreterbetriebstätte: 0 €

Gewinnauswirkung im Stammhaus: 0 €

Da der abhängige Vertreter wie ein unabhängiger Vertreter bezahlt wird, beträgt der Gewinn der

Vertreterbetriebstätte 0. Das Einkommen des Vertreters (40 000 €) unterliegt wiederum der

deutschen Einkommensteuer.

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1.8 Währungsumrechnung des Betriebstättenergebnisses

− I.d.R. sind ausländische Betriebstätten nach dem Recht des Betriebstättenstaates verpflichtet,

Bücher zu führen.

− Nach § 146 Abs. 2 Satz 2 bis 4 AO sind die Ergebnisse der ausländischen Betriebstätten-

buchführung unter der Anpassung an das inländische Handels- und Steuerrecht in die

inländische Buchführung für das Gesamtunternehmen zu übernehmen.

− Befindet sich die ausländische Betriebstätte außerhalb des Euro-Währungsraumes, ist eine

Währungsumrechnung in Euro notwendig.

− Im Zusammenhang mit der Währungsumrechnung treten drei Problemfelder auf:

1. Nach welcher Methode sind die Buchführungsergebnisse der ausländischen

Betriebstätte umzurechnen?

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2. Sind Währungsgewinne bzw. -verluste, die sich durch schwankende Umrechnungskurse

ergeben können, dem inländischen Stammunternehmen oder der ausländischen

Betriebstätte zuzuordnen?

3. In welcher Form sind Währungsgewinne steuerlich zu berücksichtigen?

Beispiel (Ausgangsfall):

Die US-amerikanische Betriebstätte der deutschen Meyer GmbH verfügt sowohl Ende des Jahres

01 als auch Ende des Jahres 02 über ein Betriebsvermögen im Wert von 100.000 $. Ende 01

betrug der €:$-Kurs 1:1. Aufgrund einer zwischenzeitlichen Wertsteigerung des Dollars beträgt der

€:$-Kurs Ende 02 1,20:1.

Wird der Wert des Betriebsvermögens der US-amerikanischen Betriebstätte in Euro umgerechnet,

ergibt sich Ende 02 ein Wert von 120.000 €. Im Vergleich zum Vorjahr erhöht sich der Wert des

Betriebsvermögens währungsbedingt um 20.000 €.

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In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:

Ist eine währungsbedingte Wertänderung des Betriebsvermögens von 20.000 € zu

berücksichtigen?

Und wenn dies so ist, bei wem und in welcher Form ist diese währungsbedingte Wertänderung zu

berücksichtigen?

− Bevor die Frage geklärt werden kann, bei wem und in welcher Form Währungsgewinne bzw.

-verluste zu berücksichtigen sind, ist zuerst zu klären, welche Währungsumrechnungsmethoden

zulässig sind, und ob diese Methoden Währungsgewinne bzw. -verluste überhaupt ausweisen.

a. Umrechnungsmethoden

− Da die Gewinnermittlung für die Betriebstätte i.d.R. aufgrund der Buchführungspflicht im

Betriebstättenstaat in der lokalen Währung erfolgt, werden keine Währungsgewinne bzw.

-verluste nach den Vorschriften des Betriebstättenstaates ermittelt.

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Page 80: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Eine Ermittlung der Währungsgewinne bzw. -verluste erfolgt somit ausschließlich nach den

nationalen Vorschriften des Staates, in dem das Stammhaus sitzt.

− Nachfolgend wird die Ermittlung der Währungsgewinne bzw. -verluste vom deutschen

Standpunkt aus beschrieben.

− Weder im Handels- noch im Steuerrecht existieren explizite gesetzliche Regelungen, nach

welchem Verfahren die Währungsumrechnung zu erfolgen hat.

− Die Rechtsprechung erkennt grundsätzlich jedes Umrechnungsverfahren an, soweit es nicht

gegen die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstößt (z.B. BFH-

Urteil v. 16.2.1996, BStBl 1997 II, S. 128).

Umrechnung aller Geschäftsvorfälle

− Die einzig exakte Methode besteht in der Umrechnung der einzelnen Geschäftsvorfälle mit dem

maßgebenden Tageskurs.

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− Diese Umrechnung aller Geschäftsvorfälle führt im Ergebnis zu zwei getrennten Buchführungen

– in Euro nach nationalem Recht und in Fremdwährung nach ausländischem Recht.

− Durch eine derartige Umrechnung wird eine volle Übereinstimmung mit den deutschen

Gewinnermittlungsvorschriften erreicht, da jeder Geschäftsvorfall so bilanziert wird, als ob er im

Inland (aus Euro-Basis) vollzogen worden wäre.

− Währungsgewinne und -verluste werden exakt erfasst.

Beispiel (Fortsetzung des Ausgangsfalls):

Die US-amerikanische Betriebstätte der Meyer GmbH verkauft am 01.05.02 Waren auf dem

amerikanischen Markt für 200.000 US-$, die als Fertigprodukte für 150.000 US-$ im

Betriebsvermögen am Ende des Jahres 01 ausgewiesen waren. Am 01.05.02 beträgt der €:$-Kurs

1,10 : 1.

Nach exakter Umrechnungsmethode wird ein Mehrbestand auf dem Bankkonto von 220.000 €

ausgewiesen. Der währungsbedingte Erfolg beträgt 20.000 €. Auch wenn der Euro bis zum

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31.12.02 einer weiteren Abwertung unterliegt und für einen Dollar 1,20 € aufzuwenden sind, wird

auch am 31.12.02 ein währungsbedingter Mehrbetrag von 20.000 € auf dem Bankkonto

ausgewiesen. Dies entspricht dem Anschaffungskursprinzip, wonach nur die Kosten zum Zeitpunkt

der Anschaffung (in Euro) auszuweisen sind. Der währungsbedingte Erfolg wird unter Anwendung

deutscher Gewinnermittlungsvorschriften (hier Anschaffungskostenprinzip der Bilanzierung) exakt

erfasst. Dass die Ermittlung der Anschaffungskosten bei geldnahen Beständen erhebliche

Schwierigkeiten bereitet, sollte aber nicht verkannt werden.

− Die getrennte Buchführung führt allerdings zu einem ein erheblicher buchhalterischer Aufwand.

− Die arbeitserleichternde Vorschrift des § 146 Abs. 2 Satz 2 AO läuft in diesem Falle ins Leere.

− Werden für die Betriebstätte allerdings keine eigenständigen Bücher unterhalten, und müssen

daher aller Geschäftsvorfälle einzeln aufgezeichnet werden, wird i.d.R. eine geschäftsvorfall-

bezogene Umrechnung erfolgen.

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Stichtagsmethode

− Bei der Stichtagsmethode werden alle Bilanzpositionen einheitlich mit dem jeweiligen Kurs am

Stichtag oder mit dem Durchschnittskurs des Wirtschaftsjahres umgerechnet.

− Diese Vorgehensweise führt dazu, dass Währungsgewinne bzw. -verluste nicht ausgewiesen

werden.

Beispiel (Fortsetzung des Ausgangsfalls):

Wird der Wert des Betriebsvermögens der US-amerikanische Betriebstätte der Meyer GmbH am

Ende des Jahres 01 und am Ende des Jahres 02 zur Bestimmung des Gewinns jeweils mit dem

€:$-Kurs am Ende des Jahres 02 bewertet, ergibt sich kein währungsbedingter Erfolg, obwohl sich

der Euro abgewertet hat.

− Die Anwendung der Stichtagsmethode ist aus diesem Grund nur dann mit den deutschen

Gewinnermittlungsgrundsätzen vereinbar, wenn die ausländische Währung gegenüber dem

Euro nur sehr gering schwankt.

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„Net-worth“-Methode:

− Um eine wechselkursbedingte Wertänderung des Betriebsvermögens abbilden zu können, wird

bei der net worth-Methode in Abwandlung der Stichtagsmethode das Endvermögen zum Kurs

am Bilanzstichtag dem Anfangsvermögen zum Kurs am vorhergehenden Bilanzstichtag

gegenübergestellt.

− Die net worth-Methode führt allerdings dazu, dass vor allem nicht realisierte

Wechselkursgewinne ausgewiesen werden.

Beispiel (Fortsetzung des Ausgangsfalls):

Obwohl die US-amerikanische Betriebstätte der Meyer GmbH keine Geschäftsvorfälle im

Wirtschaftsjahr 02 zu verzeichnen hatte, und somit nach dem Anschaffungskostenprinzip die

Bilanzwerte (vor Abschreibungen) denen des Vorjahres entsprechen müssten, wird ein

währungsbedingter Erfolg von 20.000 € ausgewiesen.

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− Die Anwendung der net worth-Methode ist analog zur Stichtagsmethode nur bei sehr geringen

Wechselkursschwankungen mit den deutschen Gewinnermittlungsgrundsätzen vereinbar:

Beispiel

Die US-amerikanische Betriebstätte der deutschen Meyer GmbH kauft zu Beginn des Wirt-

schaftsjahres 01 eine Maschine für 20 000 $. Am Anschaffungstag sei ein €:$-Kursverhältnis von

1:1 unterstellt, so dass die Anschaffungskosten nach der Umrechnung 20 000 € betragen.

Bei einer linearen Abschreibung über die Nutzungsdauer von 20 Jahren ergibt sich am Ende des

Wirtschaftsjahres 01 ein Buchwert im Abschluss der US-amerikanische Betriebstätte i. H. v.

(20 000 $ - 1 000 $ =) 19 000 $.

Bei der Bewertung zum Stichtagskurs und einer angenommenen Kurssteigerung des Dollar bis

zum Bilanzstichtag um 5 % (€:$-Kursverhältnis 1,05 : 1) wäre die Maschine im Abschluss des

Gesamtunternehmens nach der Umrechnung mit einem Wert von 19 950 € (19 000 · 1,05) anzu-

setzen und somit – gemessen am Anschaffungskostenprinzip – um 950 € zu hoch ausgewiesen.

74

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Zeitbezugsmethode:

− Von der Praxis und Literatur favorisiert wird die Zeitbezugsmethode. Sie stellt einen

Kompromiss zwischen der exakten Umrechnung aller Geschäftsvorfälle und der

stichtagsbezogenen einfacheren Erfassung von geldnahen Konten dar.

− Die Bewertung der einzelnen Posten des ausländischen Betriebstättenabschlusses erfolgt

deshalb mit unterschiedlichen Kursen.

− Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Sachvermögen werden zum Kurs im

Anschaffungszeitpunkt umgerechnet und sind durch spätere Wechselkursschwankungen nicht

beeinflussbar. Dies entspricht dem Anschaffungskostenprinzip.

− Die Abschreibungen sind von den so ermittelten Anschaffungs- oder Herstellungskosten

abzuleiten.

− Somit wird vermieden, dass sich die Abschreibungsbeträge auf Grund von Wechselkurs-

schwankungen jährlich ändern, was § 7 EStG widersprechen würde.

75

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Beispiel (Modifikation des vorherigen Beispiels):

Die US-amerikanische Betriebstätte der deutschen Meyer GmbH kauft wiederum zu Beginn des

Wirtschaftsjahres 01 eine Maschine für 20 000 $. Der €:$-Kurs, der am Anschaffungstag 1:1

betrug, änderte sich bis zum Stichtag auf 1,05:1.

Die Anschaffungskosten betragen nach dem historischen Kurs 20 000 €. Die jährliche AfA (5 %)

bemisst sich nach den ursprünglichen Anschaffungskosten, beträgt also 1 000 €. Unabhängig vom

Stichtagskurs ergibt sich am Ende des Wirtschaftsjahres 01 ein inländischer Wertansatz von

19 000 €.

− In der Fremdwährungsbilanz vorgenommene Teilwertabschreibungen werden mit dem

Stichtagskurs umgerechnet.

− Unabhängig von dem Fremdwährungsabschluss ist die Bewertung zusätzlich um den

Niederstwerttest zu modifizieren:

76

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− Wenn der in Euro umgerechnete Stichtagswert des Sachvermögens niedriger ist als die

fortgeschriebenen Anschaffungskosten

kann (gemildertes Niederstwertprinzip bei AV - § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1,

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG)

bzw.

muss (strenges Niederstwertprinzip bei UV - § 253 Abs. 3 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.

1 Nr. 2 EStG)

dieser Wert angesetzt werden, sofern es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung

handelt.

Beispiel:

Die in den USA belegene Betriebstätte eines inländischen Steuerpflichtigen erwirbt am 01.01.01

eine Maschine zum Preis von 100 000 US-$. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt 10

Jahre, die jährliche Abschreibung demnach 10 000 US-$. Der €:$-Kurs beträgt im Zeitpunkt der

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Anschaffung 1:1. Innerhalb eines Jahres ändert sich dieser auf 0,90:1. Der Teilwert der Maschine

beträgt zum 31.12.01 92 000 US-$.

Bei einer nicht modifizierten Anwendung der Zeitbezugsmethode ergibt sich zum 31.12.01 ein

Wertansatz von 90 000 € (100 000 € - 10 000 €), da in der amerikanischen Buchführung keine

Teilwertabschreibung vorzunehmen ist (92 000 US-$ [Teilwert] > 90 000 US-$ [Buchwert]).

Die Umrechnung zum Stichtagskurs ergibt dagegen einen Wert von 82.800 € (92 000 US-$ · 0,90).

Nach § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist der niedrigere

Teilwert von 82 800 € anzusetzen, sofern die Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist.

− Die Nominalgüter (z.B. Forderungen, Verbindlichkeiten und liquide Mittel) werden zum

Stichtagskurs umgerechnet (vgl. Jacobs, 5. Aufl., S. 655).

− Im Gegensatz dazu sind nach Auffassung der Finanzverwaltung bei Liquiden Mitteln und

Forderungen Teilwertabschreibungen bei einer umrechnungsbedingten Wertminderung

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Page 90: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

allerdings nur zulässig, wenn voraussichtlich eine dauernde Wertminderung eingetreten ist

(Tz. 2.8.1.a Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).

Die Finanzverwaltung geht somit grundsätzlich von einer Umrechnung zu historischen Kursen

aus. Dies entspricht zwar dem Anschaffungskostenprinzip und somit den steuerlichen

Gewinnermittlungsvorschriften; jedoch ist dies zumindest bei Bankkonten und Kassen, die dem

laufenden Zahlungsverkehr dienen, mangels Anschaffungskosten unmöglich.

− Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist bei Verbindlichkeiten der Ansatz mit dem höheren

Stichtagskurs zulässig, wenn der Wert der Fremdwährung voraussichtlich dauerhaft gestiegen

ist. Auch dieser Aussage muss die Annahme zu Grunde liegen, dass die Verbindlichkeiten

grundsätzlich zum Kurs im Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeit umzurechnen sind.

− Erhaltene Anzahlungen und passive RAP sollen nach Ansicht der Finanzverwaltung (Tz. 2.8.1.c

Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze) mit dem Kurs bei Zahlungseingang, geleistete

Anzahlungen und aktive RAP mit dem Kurs bei Zahlungsausgang umgerechnet werden.

79

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Dies erscheint in Bezug auf erhaltene und geleistete Anzahlungen nicht sachgerecht: Diese

Bilanzpositionen sollten zum selben Kurs umgerechnet werden, wie die liquiden Mittel. Nur so

bleibt die Erfolgsneutralität solcher Geschäftsvorfälle gewährleistet.

Beispiel:

Die ausländische Betriebstätte eines inländischen Unternehmens vergibt im Juli 02 einen

Auftrag zur Lieferung einer Maschine. Die Lieferung erfolgt erst nach dem Bilanzstichtag.

Im Fall a) wird in 07/02 von der Betriebstätte eine Anzahlung in Höhe von 100 000 US-$

geleistet, die die Betriebstätte von ihrem Bankkonto bezahlt, im Fall b) nicht. Der €:$-Kurs, der

im Juli noch 1:1 betragen hat, beläuft sich im Dezember auf 1:1,1.

Eine Anzahlung stellt einen erfolgsneutralen Aktivtausch dar. Die Bilanzposition „Geleistete

Anzahlungen“ erhöht sich um exakt denselben Betrag, um den sich die Bilanzposition

„Bankguthaben“ vermindert.

Im Fall b) (keine Anzahlung), wird der noch auf dem Bankkonto befindliche Betrag von

100 000 US-$ zum Stichtagskurs von 1:1,1 umgerechnet, es ergeben sich 90 909,09 €.

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Würde nun, wie von der Finanzverwaltung gefordert, im Fall a) die geleistete Anzahlung zum

Kurs im Zeitpunkt des Zahlungsausganges umgerechnet, würde sich ein Wert von 100 000 €

ergeben. Dies würde bedeuten, dass allein durch eine Anzahlung ein um 9 090,91 € höheres

Ergebnis ausgewiesen würde.

− Unterschiedliche Auffassungen gibt es hinsichtlich der Posten in der Gewinn- und

Verlustrechnung:

− Malinski/Wassermeyer legen für die Umrechnung der Aufwendungen und Erträge die Kurse

am Bilanzstichtag zugrunde.

− Jacobs spricht sich für die Umrechnung nach dem Zeitbezug ihrer Entstehung bzw. aus

Vereinfachungsgründen für eine Umrechnung mit Durchschnittskosten aus.

Dieser Ansicht ist zu folgen.

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Beispiel:

Die US-amerikanische Betriebstätte eines deutschen Unternehmens erstellt Marktanalysen für

deutsche Unternehmen, die in den USA Fuß fassen wollen. Am 01.05. des Wirtschaftsjahres 01

wird ein Marktanalysebericht für 100.000 $ an eine amerikanische Tochter eines deutschen

Konzerns verkauft. Der €:$-Kurs beträgt zu diesem Zeitpunkt 1,10 : 1. Bis zum 31.12.01 erhöht

sich der €:$-Kurs auf 1,20 : 1. Würde der Stichtagskurs zum 31.12.01 angesetzt, so würde ein

zusätzlicher Währungsgewinn von 10.000 € als Ertrag ausgewiesen, der am 01.05.01 – dem

Zeitpunkt der Leistungserbringung – noch nicht realisiert war.

Allerdings ist der umrechnungsbedingte Währungserfolg der Erträge aus der GuV-Rechnung

mit dem Ausweis der Erträge in der Bilanz abzustimmen. Würde die Analyse durch eine

Banküberweisung beglichen und der erhöhte Bankbestand zum 31.12.01 umgerechnet,

entstünden Disparitäten.

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Page 94: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Auch der BFH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Umrechnung der

Aufwendungen und Erträge mit dem Stichtagskurs nicht sachgerecht ist.

Zulässig ist hingegen, den Jahresdurchschnittskurs zu verwenden, der mittels der für die

Umsatzsteuer maßgeblichen amtlichen Monatsdurchschnittswerte ermittelt wurde.

Soweit die Aufwendungen und Erträge mit Bestandsposten in Zusammenhang stehen (z. B.

AfA), sind die historischen Kosten des Bestandspostens zu verwenden.

b. Zuordnung der Währungsgewinne bzw. -verluste

Währungsgewinne/Währungsverluste

?

Zuordnung zum inländischen Stammhaus Zuordnung zur ausländischen Betriebstätte

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− Währungsgewinne bzw. -verluste werden wirtschaftlich durch die Existenz der Betriebstätte

veranlasst.

− Daher sind die Währungsgewinne bzw. -verluste den Betriebstätteneinkünften zuzuordnen.

c. Form der Berücksichtigung

− Die Zuordnung der Währungsgewinne bzw. -verluste hat sowohl Auswirkungen auf die Höhe der

ggf. nach DBA im Inland freizustellenden Betriebstätteneinkünfte als auch Bedeutung für die

Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags bei Anwendung der Anrechnungsmethode.

− Die Zuordnung des Währungsgewinns bzw. -verlusts hat folgende Konsequenzen:

− Währungsbedingte Gewinne und Verluste werden wegen der im Abkommensrecht

regelmäßig verankerten Freistellungsmethode (Art. 23A OECD-MA) beim inländischen

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Page 96: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

Stammhaus nicht direkt berücksichtigt. Sie können allenfalls im Rahmen des

Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden.

− Im Betriebstättenstaat können sie nicht geltend gemacht werden, weil sie erst nach der

Währungsumrechnung entstehen und somit im Betriebstättenstaat nicht in Erscheinung

treten.

Beispiel:

Der inländische Einzelunternehmer Meyer hat eine US-amerikanische Betriebstätte. Zu Beginn

des Wirtschaftsjahres 01 hält die Betriebstätte Waren auf Lager, die mit 100.000 $ bei einem €:$-

Kurs von 1 : 1 bewertet sind. Zum 01.05.01 veräußert die Betriebstätte die Waren für 200.000 $.

Der Euro hat sich inzwischen abgewertet und man muss 1,10 € für einen Dollar am 01.05.01

aufwenden. Am 31.12.01 beträgt der €:$-Kurs 1,15 : 1. Am 01.06.02 wird die Betriebstätte

aufgelöst. Bis auf den am 01.05.01 verkauften Warenbestand hat die Betriebstätte kein weiteres

Vermögen. Am 01.06.02 beträgt der €:$-Kurs 1,20 : 1.

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Die Betriebstätte weist im Wirtschaftsjahr 01 einen Gewinn von 100.000 $ aus, der von den USA

gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA USA besteuert werden kann. Deutschland stellt den Gewinn unter

Anwendung des Progressionsvorbehalts gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA USA von der Steuer frei. Zur

Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts ist jedoch auch der währungsbedingte Erfolg zu

berücksichtigen. Unter Anwendung der exakten Methode der Umrechnung zum Tageskurs des

Geschäftsvorfalls beträgt der währungsbedingte Erfolg im Wirtschaftsjahr 01 ([1,10 €/$ -

1 €/$] · 200.000 $ =) 20.000 €. Er geht zusätzlich in den Progressionsvorbehalt ein, so dass der im

Progressionsvorbehalt berücksichtigte Gewinn (100.000 € + 20.000 € =) 120.000 € beträgt. Die in

Euro erstellte Bilanz der Betriebstätte zum 31.12.01 erfasst somit den Bestand des Bankkontos mit

(1,10 €/$ · 200.000 $ =) 220.000 €. Der Gewinn der Betriebstätte auf Dollar-Basis zum 31.12.02

beträgt Null. Dagegen entsteht durch die Auflösung zum 01.06.02 und dem Währungstausch ein

Währungsgewinn von ([1,20 €/$ - 1,10 €/$] · 200.000 $ =) 20.000 €, der im Inland gemäß Art. 13

Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 unter Progressionsvorbehalt freigestellt wird.

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2. Verrechnungspreise zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften

2.1 Motivation

− Im Unterschied zum Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebstätte handelt es sich hier um

den Leistungsaustausch zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen.

− Die Leistungsaustauschbeziehungen sind deshalb keine In-sich-Geschäfte. Die leistende

Gesellschaft kann der empfangenden Gesellschaft auch dann eine Vergütung für eine

Leistungsweitergabe in Rechnung stellen, wenn sie selbst kein Entgelt dafür gezahlt hat (z.B.

Weitergabe von Eigenkapital der Mutter als Fremdkapital an die Tochter), oder sie kann ein

höheres Entgelt in Rechnung stellen, als sie selbst bezahlt oder als Herstellkosten aufgewendet

hat (z.B. Lieferung selbst hergestellter Zwischenprodukte an die Konzerngesellschaft zu einem

über den Herstellkosten liegenden Fremdvergleichspreis).

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Page 99: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Art. 9 OECD-MA enthält Vorschriften über die Gewinnabgrenzung für steuerliche Zwecke von

verbundenen Unternehmen im Sinne einer Schrankenwirkung gegen das Besteuerungsrecht

der Vertragstaaten. Nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA können die Vertragsstaaten den Gewinn

verbundener Unternehmen unabhängig von der über vereinbarte Verrechnungspreise

ausgewiesenen Gewinnverteilung so besteuern, als ob die Gewinnverteilung der Verteilung

zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen entspricht.

− Art. 9 Abs. 1 OECD-MA unterscheidet zwei Gruppen von verbundenen Unternehmen.

− Einerseits entstehen verbundene Unternehmen durch die Beteiligung eines Unternehmens an

einem anderen Unternehmen (Mutter-/Tochtergesellschaften). Dabei spielt es keine Rolle, ob

die Beteiligung an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital besteht, mittelbar oder

unmittelbar ist (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA).

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Beispiel:

Die österreichischen Astor AG ist zu 100 % am Kapital der deutschen Berler GmbH beteiligt, die

wiederum zu 100 % am Kapital der portugiesischen Berler Potugal Sociedade Anonima de

Responsibilidade (AG) beteiligt ist.

Die Astor AG und die Berler GmbH sind verbundene Unternehmen, da die Astor AG am Kapital

der Berler GmbH unmittelbar beteiligt ist. Gleiches gilt für die Berler GmbH und die Berler Potugal

Sociedade Anonima de Responsibilidade. Auch die Astor AG und die Berler Potugal Sociedade

Anonima de Responsibilidade sind verbundene Unternehmen, da die Astor AG mittelbar über ihre

Tochtergesellschaft Berler GmbH am Kapital ihrer Enkelgesellschaft Berler Potugal Sociedade

Anonima de Responsibilidade beteiligt ist.

Beispiel:

Die deutsche Bader AG schließt mit der niederländischen Smith Naamloze Venootschap

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Page 101: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

(Aktiengesellschaft) ein Beherrschungsvertrag ab.

Da die Leitung der Bader AG durch den abgeschlossenen Beherrschungsvertrag der Smith

Naamloze Venootschap unterstellt wurde, sind Bader AG und Smith Naamloze Venootschap

verbundene Unternehmen.

− Andererseits gelten als verbundene Unternehmen Gesellschaften, bei denen dieselben

Personen an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital mittelbar oder unmittelbar

beteiligt sind (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b OECD-MA).

Beispiel:

Die deutsche Muttergesellschaft Rießen AG ist zu 100 % am Kapital der französischen Rießen

France Société à Responsabilité Limitée (GmbH) sowie zu 100 % am Kapital der luxemburgischen

Rießen Luxembourg Société Anonyme (AG) beteiligt.

90

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Neben der Rießen AG und der Rießen France Société à Responsabilité Limitée sowie der Rießen

AG und der Rießen Luxembourg Société Anonyme sind auch die Rießen France Société à

Responsabilité Limitée und Rießen Luxembourg Société Anonyme verbundene Unternehmen, da

eine Person (Rießen AG) an dem Kapital beider Unternehmen beteiligt ist.

− Eine weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 9 OECD-MA ist, das Transaktionen

zwischen den verbundenen Unternehmen nicht unter den Bedingungen des freien Marktes

abgewickelt worden sind.

− Das „Dealing at arms’ length“-Prinzip dient somit auch bei Leistungsaustauschbeziehungen

zwischen verbundenen Unternehmen als Kriterium der Gewinnabgrenzung.

− Art. 9 Abs. 2 OECD-MA regelt dann, dass die Vertragstaaten nach der Gewinnkorrektur auf eine

Doppelbesteuerung verzichten müssen.

− Eine Doppelbesteuerung tritt in diesem Zusammenhang immer dann auf, wenn ein Staat (A) den

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Gewinn eines Unternehmens um einen Betrag erhöht, der bei dessen verbundenen

Unternehmen in dem anderen Staat (B) bereits besteuert wurde.

− Der Art. 9 Abs. 2 OECD-MA sieht in diesem Fall vor, dass der andere Staat (B) den Gewinn des

verbundenen Unternehmens mindert, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden (Gegen-

berichtigung).

− Die Gegenberichtigung nach Art. 9 Abs. 2 OECD-MA beschränkt sich der Höhe nach auf den

Betrag, um den der in Staat A ausgewiesene Gewinn den Gewinn unterschreitet, der unter den

Bedingungen des freien Marktes angemessen wäre.

− Der überwiegende Teil der von Deutschland abgeschlossenen DBA enthalten jedoch keine

Gegenberichtigungsklausel (vgl. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, DBA, MA Art. 9,

Rz. 8).

− In den wenigen DBA, in den ein Art 9 Abs. 2 aufgenommen wurde, erfolgte dies im Vergleich

zum Art. 9 Abs. 2 OECD-MA in abgewandelter Form. So fordert beispielsweise das DBA USA

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zusätzlich die Zustimmung des Staates, welcher eine Gegenberichtigung vornehmen müsste,

dazu, dass die vorgenommene Gewinnermittlung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht

(Art. 9 Abs. 2 DBA USA).

− Besteht zwischen den Vertragsstaaten keine Einigkeit über die Art und die Höhe der

angemessenen Gewinnberichtigung, dann sollten diese nach der Ansicht der OECD ein

Verständigungsverfahren einleiten (vgl. Art. 9, Nr. 11 OECD-MK).

− Ein genereller Anspruch auf Einleitung eines Verständigungsverfahren hat der Steuerpflichtige

jedoch in der Regel nicht.

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Page 105: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− In der EU besteht unabhängig von den bilateralen Abkommen zwischen den einzelnen Ländern

ein Übereinkommen aller EU-Länder, um die Doppelbesteuerung aufgrund von Gewinn-

berichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen zu vermeiden (Übereinkommen

Nr. 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von

Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen, Amtsblatt Nr. L 225 vom 20.08.1990, S. 10).

− Dieses Übereinkommen verpflichtet die EU-Länder zu einer einvernehmlichen Lösung zu

gelangen.

− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip teilt nur den Gewinn der verbundenen Unternehmen auf

die Vertragstaaten auf, es enthält jedoch keine Besteuerungsvorschriften, d.h. ob die

Vertragstaaten diesen durch das DBA geschaffenen Besteuerungsspielraum ausschöpfen

können, hängt von ihren eigenen Korrekturvorschriften ab (im deutschen Steuerrecht sind dies

die verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG, verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 1

KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG, verdeckte Gewinnausschüttung bei Gesellschafter-

Fremdfinanzierung i.S.d. § 8a KStG sowie die Berichtigung von Einkünften bei internationalen

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Verflechtungen i.S.d. § 1 AStG, siehe Abschnitt 2.4).

Beispiel:

Die türkische Muttergesellschaft Ytzgür Anonim Sirket (Aktiengesellschaft) überlässt ihrer

100%igen deutschen Tochter eine Spezialmaschine zur Nutzung unentgeltlich für die Abwicklung

eines bestimmten Kundenauftrages.

Die Ytzgür Anonim Sirket und die Ytzgür Deutschland AG sind verbundene Unternehmen gemäß

Art. 9 Abs. 1 Buchst. a DBA Türkei, die mit der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung der

Spezialmaschinen Bedingungen eingegangen sind, die unabhängige Unternehmen nicht

eingegangen wären. Ein unabhängiges Unternehmen hätte für die Nutzungsüberlassung der

Spezialmaschine ein angemessenes Entgelt verlangt. Aus diesem Grund wird die Türkei den

Gewinn der Ytzgür Anonim Sirket nach dem nationalen türkischen Recht auf der Grundlage des

Art. 9 Abs. 1 DBA Türkei erhöhen.

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Aus deutscher Sicht gibt es keine Möglichkeit einer gesetzlichen Gegenkorrektur bei der Ytzgür

Deutschland AG, da eine Nutzungseinlage kein einlagefähiges Wirtschaftgut ist. § 8 Abs. 1 KStG

ist nicht auf Nutzungseinlagen und § 1 AStG nur auf Korrekturen anwendbar, die auf eine

Gewinnerhöhung der Gesellschaft hinauslaufen, jedoch nicht auf Gewinnminderungen. Der

Grundsatz der Gegenkorrektur des Art. 9 Abs. 2 DBA Türkei kann somit, mangels einer

entsprechenden gesetzlichen Korrekturvorschrift, nicht nach innerstaatlichen Normen erfolgen.

Demzufolge droht eine Doppelbesteuerung, wenn es keine abweichenden Regelungen gibt.

− Die deutsche Finanzverwaltung räumt allerdings die Möglichkeit ein, dass aufgrund eines

Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens die in Deutschland versteuerten Einkünfte auch

dann herabzusetzen sind, um die Einkünfte in beiden Staaten übereinstimmend abzugrenzen,

wenn eine doppelte Besteuerung nicht auf andere Weise ausgeschlossen werden kann (vgl.

Tz. 1.2.1 Schreiben vom 23.02.1983 betr. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung

bei internationalen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze)).

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Page 108: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Eine Verringerung der Gewinne ist somit auch ohne eine entsprechende deutsche Norm

möglich, wenn dies das Resultat eines Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens war.

− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip Prinzip (Art. 9 Abs. 1 OECD-MA) ist eine Ausprägung der

direkten Methode, da jede Transaktion zwischen den verbundenen Unternehmen einzeln

verrechnet wird.

− Die genaue Ausprägung des Prinzips kann nur anhand der einzelnen verrechenbaren

Leistungen entschieden werden (siehe Abschnitt 2.3).

− Zuvor müssen die Möglichkeiten zur Ermittlung des Fremdvergleichspreises erläutert werden

(siehe folgenden Abschnitt).

− Auch im Verhältnis zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen, die eine ökonomische

Einheit bilden, ist die indirekte Gewinnaufteilung auf die beteiligten Unternehmen nach

Schlüsselgrößen (formula apportionment) denkbar.

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Page 109: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

o Das wird zwischen ökonomisch verbundenen, rechtlich selbständigen

Konzerngesellschaften in den USA, die in verschiedenen Bundesstaaten ihren Sitz

haben, praktiziert.

o Die indirekte Gewinnaufteilung ist auch in der EU für grenzüberschreitend tätige

Konzerne angedacht (Europäische Kommission, Unternehmensbesteuerung im Binnen-

markt, Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission, COM(2001) 582 endg.)

2.2 Direkte Gewinnabgrenzung

− Für die Gewinnabgrenzung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz existieren verschiedene

Methoden, um den angemessenen Verrechnungspreis zu bestimmen.

− Dabei werden Standardmethoden und andere Methoden unterschieden.

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2.2.1 Standardmethoden

− Standardmethoden sind die Preisvergleichsmethode, die Wiederverkaufspreismethode und die

Kostenaufschlagmethode.

2.2.1.1 Preisvergleichsmethode

− Bei der Preisvergleichsmethode wird der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte

Verrechnungspreis mit dem Preis verglichen, der bei einem vergleichbaren Geschäft zwischen

unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Verhältnissen berechnet wird (vgl. Rz. 2.6

OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Abweichungen zwischen Fremdvergleichspreis und konzerninternen Verrechnungspreis deuten

auf eine nicht fremdvergleichskonforme Abwicklung des Geschäfts zwischen den verbundenen

Unternehmen hin. Der konzerninterne Verrechnungspreis ist aus diesem Grund durch den

Fremdvergleichspreis zu ersetzen (vgl. Rz. 2.6 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

99

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− Die OECD nennt zwei alternative Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein

vergleichbares Fremdgeschäft vorliegt (vgl. Rz. 2.7 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

o Es dürfen keine Unterschiede zwischen den verglichenen Geschäften oder den

ausführenden Unternehmen bestehen, die den Preis auf dem freien Markt erheblich

beeinflussen oder

o Es können die bestehenden Unterschiede durch genaue Berichtigungen beseitigt

werden.

Beispiel:

Die in Saudi-Arabien ansässige oil production Corporation (AG) liefert sowohl ihrer deutschen

Tochter oil refinery Germany AG als auch fremden deutschen Raffinerien Rohöl.

Der von den fremden deutschen Raffinerien verlangte Preis für eine vergleichbare Rohölmenge

100

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dient als Fremdvergleichspreis nach der Preisvergleichsmethode.

Beispiel:

Die niederländische piston Naamloze Venootschap (AG) stellt Motorkolben her, die sie sowohl

ihrer Tochtergesellschaft Motorenbau AG in Deutschland liefert als auch an fremde Dritte

veräußert. Die piston Naamloze Venootschap liefert der Motorenbau AG die Kolben frei Haus. Mit

den anderen Abnehmern wird ein Preis ab Werk vereinbart. Den Transport der Kolben von der

piston Naamloze Venootschap zur Motorenbau AG erfolgt durch einen externen Spediteur.

Als Fremdvergleichpreis wird der mit den fremden Dritten vereinbarten Preis zuzüglich der

aufgewendeten Transportkosten angesetzt.

− Liegt eine der beiden Voraussetzungen vor, gibt die OECD der Preisvergleichsmethode den

Anwendungsvorrang vor allen anderen Methoden (vgl. Rz. 2.7 OECD-Verrechnungspreis-

101

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grundsätze).

− Für die Anwendung der Preisvergleichsmethode wird zwischen dem inneren und äußeren

Preisvergleich unterschieden.

(1) Äußerer Preisvergleich

− Als Maßstab wird ein Preis herangezogen, der sich als Marktpreis zwischen voneinander

unabhängigen dritten Unternehmen gebildet hat.

− Da individuelle Preisvereinbarungen zwischen fremden Unternehmen in der Regel nicht

öffentlich sind, kommt der äußere Preisvergleich vor allem für Leistungen in Betracht, für die

Börsennotierungen, Preisübersichten, Honorar- oder Gebührentabellen existieren.

Beispiel:

102

Die Bäckerei Bio-Backstube GmbH & Co OHG wird von ihrer niederländischen Tochter BIO-Agra

Netherlands Naamloze Vennootschap (AG) mit Weizen und Roggen beliefert. Die BIO-Agra

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Netherlands Naamloze Vennootschap vertreibt ihre Produkte ausschließlich an ihre Mutter Bio-

Backstube GmbH & Co OHG.

Als Fremdvergleichspreis aufgrund des äußeren Preisvergleichs ist der börsennotierte Preis für

Weizen bzw. Roggen anzusetzen.

(2) Innerer Preisvergleich

− Dieser Preisvergleich basiert hingegen auf Lieferungen und Leistungen, die die Gesellschaft

sowohl an verbundene Unternehmen als auch an fremde Dritte erbringt oder von diesen

erhält.

− Der Preis, der zwischen dem Steuerpflichtigen und einem fremden Dritten vereinbart wurde,

dient dabei als Vergleichsmaßstab für den konzerninternen Verrechnungspreis.

− Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass auch Vergleichspreise von weniger homogenen

103

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bzw. standardisierten Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stehen.

Beispiel:

Die britische Rhode pharmaceutics Public company limited by shares (AG) stellt einen

Grundwirkstoff für Medikamente her. Für diesen speziellen Wirkstoff ist die Rhode pharmaceutics

Public company limited by shares alleinige Patentinhaberin, so dass nur sie den Wirkstoff

herstellen darf. Den Wirkstoff vertreibt die Rhode pharmaceutics Public company limited by shares

sowohl an ihre deutsche Tochtergesellschaft Rhode pharmaceutics Germany AG als auch an

Fremde Dritte.

Der Fremdvergleichspreis kann nur nach dem inneren Preisvergleich festgestellt werden, da ein

Handel zwischen fremden Unternehmen nicht vorliegt. Als Verrechnungspreis ist der Preis

anzusetzen, der von den fremden Dritten verlangt wird.

− Bei der Anwendung des inneren Preisvergleichs ist insbesondere zu beachten, dass der

104

Page 116: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

Vergleichspreis tatsächlich am Markt entstandenen ist (vgl. Tz. 2.2.2. b.

Verwaltungsgrundsätze).

− Falls der Steuerpflichtige gegenüber einem fremden Geschäftspartner bewusst

Bedingungen akzeptiert, die wirtschaftlich nicht plausibel erscheinen, ist nicht

auszuschließen, dass das Geschäft nur deshalb zu den ungewöhnlichen Bedingungen

abgewickelt wurde, um einen geeigneten Vergleichspreis im Sinne der Konzernstrategie zu

erhalten. Die Preisvergleichsmethode wäre dann missbräuchlich angewendet worden.

− Sowohl der innere als auch der äußere Preisvergleich werden nur in Ausnahmefällen einen

konkreten Vergleichspreis liefern, vielmehr wird eine gewisse Bandbreite die Regel sein.

Grundsätzlich sind dann alle Vergleichspreise anzuerkennen, die innerhalb dieser Bandbreite

liegen (vgl. z. B. BFH-Urteil v. 16.4.1980, BStBl 1981 II, S. 492).

105

− Setzen zwei nahestehende Unternehmen den Preis jedoch ohne wirtschaftlich beachtliche

Gründe systematisch auf Ober- oder Untergrenzen des Preisintervalls fest, so dass dadurch

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die Gewinne eines der beteiligten Unternehmen laufend geschmälert werden, ist nach Ansicht

der deutschen Finanzverwaltung dennoch eine Gewinnberichtigung zulässig (vgl. Tz. 2.1.9.

Verwaltungsgrundsätze).

− Begründet wird dies mit dem Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters des benachteiligten

Unternehmens, der eine derartige Benachteiligung gegenüber auf Dauer nicht hinnehmen

würde.

2.2.1.2 Wiederverkaufspreismethode

− Die Wiederverkaufspreismethode geht von dem Preis aus, zu dem ein von einem verbundenen

Unternehmen erworbenes Wirtschaftsgut an ein unabhängiges Unternehmen weiterveräußert

wird.

− Von diesem Wiederverkaufspreis wird dann durch Abzug der Handelsspanne und den

Anschaffungsnebenkosten auf den Preis zurückgerechnet, der für das Wirtschaftsgut als

106

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angemessener Verrechnungspreis angesehen wird.

− Die OECD sieht die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode insbesondere auf

Handelsgeschäfte als geeignet an (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.15).

Beispiel:

Die schweizerischen mechanical engineering AG stellt Spezialmaschinen her, die sie in

Deutschland ausschließlich über ihre Tochter mechanical engineering Vertriebsgesellschaft mbH

vertreibt. Die mechanical engineering Vertriebsgesellschaft mbH nimmt die Aufträge der Kunden

aus Deutschland entgegen und leitet diese an ihre schweizerischen Mutter weiter, wo die

Maschinen individuell angefertigt werden. Die mechanical engineering Vertriebsgesellschaft mbH

importiert anschließend die Spezialmaschine und transportiert sie auf eigene Kosten zu dem

Kunden. Es wurde mit dem Endabnehmer (marktüblich) ein Preis frei Haus vereinbart.

Als Verrechnungspreis ist der Wiederverkaufpreis abzüglich der marktüblichen Handelsspanne

107

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und der Transportkosten anzusetzen.

− Die anzusetzende Handelsspanne ergibt sich entweder aus einem inneren oder äußeren

Betriebsvergleich.

− Bei der Ermittlung der angemessenen Handelsspanne sind unbedingt das Risiko und die

Funktion des Wiederverkäufers zu berücksichtigen. Tritt der Wiederverkäufer lediglich als

Transportagent auf, ist von einer geringeren Handelsspanne auszugehen, als wenn der

Wiederverkäufer das volle Eigentümerrisiko trägt (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze,

Rz. 2.24).

− Die Fremdpreisermittlung nach der Wiederverkaufspreismethode erzielt insbesondere dann gute

Ergebnisse, wenn der Wert des Wirtschaftsgutes durch den Wiederverkäufer nicht wesentlich

erhöht wird und der Weiterverkauf innerhalb kurzer Zeit erfolgt (vgl. OECD-

Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.22, 2.23).

108

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− Erschwert wird die Fremdpreisermittlung durch Weiterverarbeitung oder Einbau des Wirtschafts-

gutes in ein komplexeres Produkt (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.22). Diese

Veränderungen des Wirtschaftsgutes sind durch entsprechende Abschläge zu berücksichtigen.

− Eine längere Zeitspanne zwischen Kauf und Weiterverkauf führt zu einem verstärkten Einfluss

von preisbeeinflussenden Faktoren wie z.B. Wechselkursänderungen, Marktveränderungen und

Kostenänderungen, deren Einfluss dann berücksichtigt werden müsste (vgl. OECD-

Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.23).

− Schwierigkeiten dürfte jedoch die Beschaffung der entsprechenden Informationen bereiten, da

die Handelsspanne eine unternehmensinterne Kalkulation und somit nicht öffentlich ist.

− Auch die Verwendung von branchenüblichen Durchschnittswerten ist problematisch, da sie

i. d. R. nicht dem Kriterium der Vergleichbarkeit entsprechen.

− Die Finanzbehörden können zwar bei der Prüfung der Angemessenheit von Verrechnungs-

preisen auf die Daten von vergleichbaren Unternehmen zurückgreifen. Allerdings sind diese

109

Page 121: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht verwendbar, da mit Preisgabe der

betrieblichen Verhältnisse des Vergleichsunternehmens das Steuergeheimnis (§ 30 AO) verletzt

wird.

2.2.1.3 Kostenaufschlagsmethode

− Ausgangspunkt dieser Methode sind die Kosten des Herstellers bzw. Leistenden. Diese Kosten,

erhöht um einen angemessenen Aufschlag, bilden den Vergleichsmaßstab für die

konzerninternen Verrechnungspreise.

− Die OECD sieht die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode insbesondere dann als geboten

an, wenn zwischen verbundenen Unternehmen Halbfabrikate verkauft werden, verbundene

Unternehmen Verträge über die Nutzung gemeinsamer Einrichtungen bzw. langfristige

Abnahme- und Liefervereinbarungen abschließen und es beim konzerninternen Geschäft um

die Erbringung von Dienstleitungen geht (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.32).

110

Page 122: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Für die Bestimmung des angemessenen Kostenaufschlags favorisiert die OECD den internen

Betriebsvergleich, also den Kostenaufschlag, den das betrachtete verbundene Unternehmen bei

vergleichbaren Fremdgeschäften erzielt (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.33).

− Ersatzweise kann der Kostenaufschlag herangezogen werden, den ein unabhängiges

Unternehmen bei vergleichbaren Geschäften erzielt.

− Für eine sachgerechte Anwendung der Kostenaufschlagsmethode ist sicherzustellen, dass die

Kosten sowohl für das Geschäft zwischen den verbundenen Unternehmen als auch für das

vergleichbare Fremdgeschäft in identischer Weise ermittelt werden. Um Einheitlichkeit und

Vergleichbarkeit bei der Kostenermittlung zu erzielen, müssen gegebenenfalls entsprechende

Berichtigungen vorgenommen werden (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.39).

− Die OECD spricht sich dafür aus, direkt zuordenbare Kosten und Fertigungsgemeinkosten

jedoch nicht die betrieblichen Aufwendungen des Gesamtunternehmens, wie z.B. die Aufsichts-,

Verwaltungs- und allgemeinen Kosten, für die Kostenermittlung anzusetzen.

111

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− Denkbar ist auch, dass bei besonderen Marktsituationen, bei denen auch fremden

Geschäftspartnern gegenüber auf eine volle Deckung der Selbstkosten verzichtet würde (z. B.

zur Auslastung ungenutzter Kapazitäten, Markteinführung), lediglich variable Kosten oder

Grenzkosten herangezogen und somit keine kostendeckenden Preisen verrechnet werden. Für

die Überprüfung durch die Finanzbehörden, ob eine derartige Situation wirklich vorliegt, stellt die

OECD ein erhöhtes Informationsbedürfnis der Finanzbehörden gegenüber den Steuerpflichtigen

fest (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.39).

− Nach der Ansicht der deutschen Finanzverwaltung sind die Kosten nach den

Kalkulationsmethoden zu ermitteln, die auch bei der Preispolitik gegenüber Fremden verwendet

werden oder die (bei Nichterbringung solcher Leistungen) betriebswirtschaftlichen Grundsätzen

entsprechen (vgl. Tz. 2.2.4 Verwaltungsgrundsätze).

− So wird die Zugrundelegung eines betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffes, der im Unterschied

zum steuerlichen Kostenbegriff auch kalkulatorische Kosten enthält, ermöglicht.

112

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− Der wesentliche Vorteil der Kostenaufschlagsmethode liegt darin, dass sie bis auf den

Kostenaufschlag ohne Vergleichswerte anderer Unternehmen auskommt. Dadurch ist sie dann

anwendbar, wenn die Anwendungsvoraussetzungen für die beiden anderen Standardmethoden

nicht erfüllt sind.

Beispiel:

Die deutsche Muttergesellschaft Schmidt-Automobile AG stellt Luxusautos in kleinerer Stückzahl

her. Von ihrer französischen Tochtergesellschaft car component France Société Anonyme (AG)

bezieht die Schmidt-Automobile AG unter anderem den dort spezialangefertigten Kühlergrill mit

integriertem Firmenlogo. Zur Unternehmensstrategie der Schmidt-Automobile AG gehört, dass

Reparaturen der Autos ausschließlich von Zweigniederlassungen der Schmidt-Automobile AG

vorgenommen werden sollen. Eine Veräußerung von Ersatzteilen an fremde Dritte erfolgt aus

diesem Grund nicht. Die car component France Société Anonyme liefert daneben auch

spezialangefertigte Stoßstangen an unabhängige Luxusautomobilehersteller in Deutschland. Die

Preiskalkulation erfolgt für die spezialangefertigten Stoßstangen, indem auf die Summe aus

113

Page 125: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

Fertigungseinzelkosten und den zuzuordnenden Fertigungsgemeinkosten ein Kostenaufschlag von

19 % erhoben wird.

Für den Kühlergrill mit integriertem Firmenlogo liegen weder Fremdvergleichspreise vor, noch ist

ein Wiederverkaufspreis festzustellen, da der Kühlergrill nicht weiterveräußert wird. Dadurch sind

die Anwendungsvoraussetzungen für die beiden anderen Standardmethoden nicht erfüllt. Der

angemessene Verrechnungspreis für den Kühlergrill mit integriertem Firmenlogo kann aber mit der

Kostenaufschlagsmethode ermittelt werden. Die für den Kühlergrill mit integriertem Firmenlogo

angefallenen Fertigungseinzel- und -gemeinkosten sind mit dem angemessenen Kostenaufschlag

von 19 % (Aufschlag nach innerem Betriebsvergleich) an die Mutter Schmidt-Automobile AG zu

verrechnen.

− Vorteilhaft ist weiterhin, dass bei dieser Methode oftmals auf Daten zurückgegriffen werden

kann, die das Unternehmen schon für andere Zwecke, beispielsweise für die Angebots-

kalkulation, ermittelt hat.

114

Page 126: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Nachteilig an der Methode ist jedoch die Tatsache, dass die ermittelten Vergleichspreise keinen

Bezug zu den tatsächlichen Marktpreisen haben, da sie sich nicht aus einem Ausgleich von

Angebot und Nachfrage, sondern aus der Kostenstruktur des Unternehmens ableiten.

2.2.2 Andere Methoden

− Neben den Standardmethoden existieren noch eine Vielzahl von weiteren Methoden, die

insbesondere versuchen, den Gewinn sachgerecht aufzuteilen.

− Diese Methoden zur indirekten Gewinnaufteilung werden weiter in geschäftsfallbezogene und

globale Gewinnmethoden unterteilt.

− Geschäftsfallbezogene Methoden zerlegen den Gewinn aus einem Geschäftsvorfall.

− Insbesondere die US-amerikanische Finanzverwaltung neigt in jüngerer Zeit dazu, den Gewinn

einzelner Geschäftsvorfälle indirekt durch die

115

Page 127: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

o comparable profit method (CPM) oder die

o profit split method (PSM)

aufzuteilen (vgl. Wellisch, JfNS 2002 und 2003).

− Durch die globalen Gewinnaufteilungsmethoden wird hingegen der Gesamterfolg des

Unternehmens auf die verbundenen Unternehmen verteilt.

− Nach Ansicht der OECD sind die anderen Methoden (z.B. CPM, PSM) nur in Ausnahmefällen

anzuwenden, wenn die Standardmethoden allein nicht zuverlässig sind oder überhaupt nicht

angewendet werden können (z.B. bei Nutzungsüberlassung immaterieller Wirtschaftsgüter) und

die gebrauchte andere Methode fremdvergleichkonforme Ergebnisse liefert (vgl. OECD-

Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.49, 3.1). Da die globale formelhafte Gewinnaufteilung

keine fremdvergleichkonforme Ergebnisse liefert, lehnt die OECD ihre Anwendung ab (vgl.

OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 3,1).

116

Page 128: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Vor dem Hintergrund der geringen Bedeutung der geschäftsfallbezogenen indirekten

Gewinnaufteilung – zumindest in der EU – wird davon abgesehen, diese näher zu beschreiben.

− Neben der Verrechnung von Fremdvergleichspreisen für Lieferungen und Leistungen, können

international verbundene Unternehmen auch Umlageverträge (auch Kostenverteilungsverträge

genannt) zur Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen verwenden.

− Da die Verwendung von Umlageverträgen keine Methode an sich darstellt, wird die Prüfung der

Angemessenheit von Umlageverträgen nicht an dieser Stelle, sondern im Rahmen der

Konkretisierung der direkten Methode in einem eigenen Unterabschnitt beschrieben (siehe

Abschnitt 2.3.6 Kostenumlagen).

2.3 Konkretisierung der direkten Methode

− Nun folgend sollen die einzelnen Austauschbeziehungen zwischen den verbundenen

Unternehmen und deren Verrechnung näher betrachtet werden.

117

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2.3.1 Eigenkapitalüberlassung

− Die Ausstattung der Tochtergesellschaft mit Eigenkapital kann aus eigenen oder fremden Mittel

der Muttergesellschaft erfolgen.

− Unabhängig davon, wie die Muttergesellschaft das Eigenkapital der Tochtergesellschaft

finanziert, kann sie kein direktes Entgelt in Rechnung stellen.

− Die Vergütung erfolgt indirekt über die Gewinnausschüttung der Tochtergesellschaft an die

Muttergesellschaft.

2.3.2 Fremdkapitalüberlassung

− Die Überlassung von Fremdkapital an die Tochter kann durch eigene und durch fremde Mittel

finanziert werden.

118

Page 130: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Eine Vergütung für die Überlassung ist möglich.

− Der angemessene Fremdvergleichspreis ist der marktübliche Zinssatz.

− Wenn die Mutter die Fremdkapital-Überlassung an die Tochter aus eigenem Fremdkapital

finanziert, ist es naheliegend, die selbstaufgewendeten Fremdkapitalzinsen als

Fremdvergleichspreis der Tochter anzusehen.

− Wenn die Mutter das Fremdkapital der Tochter aus Eigenkapital finanziert, dann sind zwei

Möglichkeiten zur Bestimmung des Fremdvergleichspreises naheliegend:

o Hat die Muttergesellschaft ein vergleichbares Darlehen für einen gleichen (oder

ähnlichen) Zeitraum und in gleicher (oder ähnlicher) Höhe aufgenommen, jedoch für

andere Zwecke verwendet oder vergeben, ist der von der Muttergesellschaft für dieses

Darlehen zu zahlende Zinssatz als Fremdvergleichspreis anzusetzen (interner

Fremdvergleichspreis).

119

Page 131: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

o Hat die Muttergesellschaft kein vergleichbares Darlehen aufgenommen oder vergeben,

ist der bankübliche Zinssatz für Geschäfte mit gleicher Laufzeit und gleichem Risiko

als Fremdvergleichspreis anzusetzen (externer Fremdvergleichspreis).

Beispiel:

Die deutsche Müller AG gewährt ihrer französischen Tochter Müller France Société Anonyme

(AG), an deren Kapital sie zu 100 % beteiligt ist, ein Darlehen von 1 Mio. € für den Aufbau einer

weiteren Filiale in Frankreich. Die Müller AG ist zu diesem Zeitpunkt vollständig eigenfinanziert.

Da die Müller AG kein vergleichbares Darlehen aufgenommen hat, ist der bankübliche Zinssatz für

Geschäfte mit gleicher Laufzeit und gleichem Risiko als Fremdvergleichspreis anzusetzen.

− Ist die Tochtergesellschaft in einem Hochsteuerland ansässig, neigt die Muttergesellschaft

allerdings dazu, den Gewinn in ihrem Gebiet zu belassen.

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Page 132: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Diesem Zweck folgt die

o übermäßige Fremdfinanzierung zu einem angemessenen Entgelt (Unterkapitalisierung).

o Fremdfinanzierung zu einem unangemessen hohen Entgelt (verdeckte

Gewinnausschüttung).

− Wenn es zu einer Unterkapitalisierung der Tochtergesellschaft kommt, dann sehen viele Länder

die thin capitalization rule vor. Der Teil der Fremdkapitalvergütung der Tochter, der aus der

unangemessen hohen Fremdkapitalausstattung resultiert, wird für steuerliche Zwecke nicht zum

Abzug zugelassen (vgl. Abschnitt 2.4.3.)

− Stellt die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft ein unangemessen hohes Entgelt für die

Fremdkapitalüberlassung in Rechnung, ist dies ein typischer Fall einer verdeckten

Gewinnausschüttung. Der Abzug der Fremdkapitalzinsen wird nicht anerkannt, soweit er

unangemessen ist (vgl. Abschnitt 2.4.2).

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2.3.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern

− Werden Wirtschaftgüter des Umlaufvermögens (Fertigprodukte, Zwischenprodukte, Halbfertig-

produkte) und des Anlagevermögens von einem Konzernunternehmen an ein anderes

Konzernunternehmen übertragen, ist eine Verrechnung von Preisen dem Grunde nach zulässig.

− Beispiele für die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter bilden die Überlassung von Know-

how (Herstellungsverfahren), Warenzeichen, Software sowie eine Patentenweitergabe an die

ausländische Konzerngesellschaft (wenn ein vollständiger Übergang erfolgt).

− Werden die Wirtschaftsgüter nicht nur an ein anderes Konzernunternehmen übertragen,

sondern auch an Dritte abgesetzt, ist der erzielte Marktpreis der angemessene

Konzernverrechnungspreis (interner Fremdvergleichspreis)

− Existiert kein interner Fremdvergleichspreis, ist zu prüfen, ob andere Unternehmen

vergleichbare Güter handeln. Ist dies der Fall, so ist dieser – zwischen Dritten – vereinbarte

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Marktpreis als Verrechnungspreis anzusetzen.

− Es existiert weder ein interner noch externer Fremdvergleichspreis:

o Für Fertigprodukte wird der angemessene Verrechnungspreis bestimmt, indem vom

Marktpreis, den die Tochtergesellschaft im Ausland erzielt, eine für dieses Land übliche

Handelsspanne abgezogen wird (Wiederverkaufspreismethode).

o Für Zwischenprodukte ermittelt sich der angemessene Verrechnungspreis nach der

Kostenaufschlagmethode. Der Kostenaufschlag wird auf die nach üblichen

Kalkulationsverfahren ermittelten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten erhoben.

o Auch für Wirtschaftgüter des Anlagevermögens bestimmt sich der angemessene

Verrechnungspreis nach der Kostenaufschlagmethode, d.h. auf die Herstellungs- bzw.

Anschaffungskosten wird ein kalkulatorischer Gewinnaufschlag erhoben.

123

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Beispiel:

Die deutsche Maschinenbaukonzerngesellschaft IBRU engineering Germany AG stellt für 1 Mio. €

eine Spezialwalzmaschine für den Produktionsprozess selbst her. Diese Maschine wurde derart

auf die individuellen Anforderungen abgestimmt, dass keine vergleichbaren Maschinen existieren.

Aufgrund einer Entscheidung der Konzernleitung wurde die Produktion der Bauteile, für die die

Spezialwalzmaschine bestimmt war, direkt nach Fertigstellung der Walzmaschine in die polnische

Konzerngesellschaft IBRU engineering Poland spólka z ograniczona odpowiedzialnoscia (GmbH)

verlegt. In diesem Zusammenhang überträgt die IBRU engineering Germany AG die

Spezialwalzmaschine an ihre polnische Schwestergesellschaft IBRU engineering Poland spólka z

ograniczona odpowiedzialnoscia. Der übliche kalkulatorische Kostenaufschlag für andere von dem

IBRU engineering Konzern hergestellte Maschinen, den dieser für den Absatz an unabhängige

Kunden verlangt, beträgt 10 %.

Da keine vergleichbare Spezialwalzmaschine existiert, die von unabhängigen Dritten am Markt

gehandelt wird, ist der angemessene Verrechnungspreis nach der Kostenaufschlagsmethode zu

124

Page 136: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

ermitteln. Die IBRU engineering Germany AG hat demnach ihrer polnischen Schwester-

gesellschaft IBRU engineering Poland spólka z ograniczona odpowiedzialnoscia Herstellungs-

kosten von 1 Mio. € und einen Gewinnzuschlag von 10% (= 100 000 €) in Rechung zu stellen.

2.3.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern

− Bei der Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern kann es sich um

o gewerbliche Schutzrechte (Patente, Marken, Geschmacksmuster)

o Namens- und Urheberrechte (copy rights) oder

o ungeschützte Wirtschaftsgüter (Know-how und Betriebsgeheimnisse)

handeln.

− Die Nutzungsüberlassung erfolgt durch Lizenzen, worauf Lizenzgebühren erhoben werden.

125

Page 137: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Die Berechnung von Lizenzgebühren wird dem Grunde nach nur anerkannt, wenn das

immaterielle Wirtschaftgut vom Lizenzgeber auf eigene Kosten und eigenes Risiko entwickelt

wurde und die Weitergabe für das abnehmende Konzernunternehmen als Lizenznehmer von

Nutzen ist. Es ist ein sog. benefit test durchzuführen (OECD-Bericht 1995/99, Tz. 6.14, 6.15).

Beispiel:

Die US-amerikanische Muttergesellschaft EBRI Corporation (AG) besitzt einen auf sie

eingetragenen und weltweit geschützten Markennamen, den sie für den Vertrieb ihrer Produkte auf

dem amerikanischen Markt nutzt. Ihrer deutschen Tochtergesellschaft EBRI Germany AG räumt

die EBRI Corporation das Recht ein, diesen Markennamen ihrerseits für den Absatz auf den

deutschen Markt zu nutzen.

Da die EBRI Corporation den Markennamen selbst geschaffen hat und die EBRI Germany AG

einen Nutzen daraus zieht, diesen Markennamen benutzen zu dürfen, hat die EBRI Corporation

der EBRI Germany AG eine Lizenzgebühr nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu berechnen.

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Page 138: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Eine Lizenzgebühr wird nur dann anerkannt, wenn das immaterielle Wirtschaftsgut nicht bereits

in andere Leistungen inkorporiert ist, für die das liefernde Konzernunternehmen (Lizenzgeber)

einen Preis in Rechnung stellt, der bereits den Vorteil aus der Nutzung des immateriellen

Wirtschaftsgutes abdeckt (OECD-Bericht 1995/99, Tz. 6.17).

− Die Bestimmung des Verrechnungspreises nach der Fremdvergleichsmethode stößt bei

immateriellen Wirtschaftsgütern häufig auf Schwierigkeiten, da kein externer Markt existiert.

− Ausnahmen:

o Der Lizenzgeber vergibt die Lizenz (auch) an fremde Dritte.

In diesem Fall ist der mit den Dritten vereinbarte externe Fremdvergleichspreis die

angemessene Verrechnungspreisgebühr.

o Der Lizenznehmer vergibt eine Unterlizenz an einen fremden Dritten.

Wiederum ist der vereinbarte externe Fremdvergleichspreis die angemessene

127

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Verrechnungspreisgebühr.

− Existiert keine Lizenzweitergabe an Dritte (Regelfall), ist die Kostenaufschlagmethode zur

Bestimmung des Verrechnungspreises anzuwenden, d.h. auf die Kosten zur Entwicklung eines

Verfahrens wird ein Gewinnaufschlag erhoben.

2.3.5 Allgemeine Verwaltungs- und Dienstleistungen

− Bei Verwaltungs- und Dienstleistungen wird unterschieden zwischen:

o Aufwendungen, die nur durch den Betrieb der Konzernmutter verursacht sind,

o eindeutig dem Tochterunternehmen zurechenbare Dienstleistungen und

o beiden Unternehmen zuzurechnenden Dienstleistungen.

− Spezielle Dienstleistungen können dem betrieblichen Bereich des empfangenden

Unternehmens eindeutig zugeordnet werden.

128

Page 140: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Zu nennen sind bestimmte Unterstützungs- und Beratungsleistungen in wirtschaftlichen,

technischen, finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten sowie Planung und Steuerung

einzelner Projekte in einem verbundenen Unternehmen.

− Für solch spezielle Dienstleistungen können Verrechnungspreise nach dem „dealing at arm’s

length“-Prinzip dem empfangenden Unternehmen in Rechnung gestellt werden.

Beispiel:

Die deutsche Konzerntochter Schauk Germany GmbH der französischen Muttergesellschaft

Schauk Société à Responsabilité Limitée (GmbH) wurde von einem Abnehmer der produzierten

Ersatzteile auf Produkthaftung verklagt. Die Rechtsabteilung der Schauk Société à Responsabilité

Limitée vertritt die Schauk Germany GmbH in diesem speziellen Fall. In Deutschland gibt es eine

Gebührenverordnung für Rechtsstreitigkeiten.

Die Rechtsvertretung durch die Schauk Société à Responsabilité Limitée kann der Schauk

Germany GmbH eindeutig zugeordnet werden. Daher ist der Aufwand dem Grunde nach

129

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verrechenbar. Die Gebühr gemäß Gebührenordnung bildet dabei den Verrechnungspreis (externer

Fremdvergleichspreis).

− Gibt es bei (komplexen und unternehmensspezifischen) Dienstleistungsstrukturen keinen

Fremdvergleichspreis, so ist der angemessene Verrechnungspreis mittels

Kostenaufschlagmethode zu bestimmen.

− Aufwendungen für den Betrieb des Konzerns werden auch als Gesellschafteraufwand (Aufwand

der Gesellschafter des Tochterunternehmens) bezeichnet. Sie fallen an im Zusammenhang mit

der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte, der Ausübung der Konzernleitung und der

Überwachung des Tochterunternehmens.

− Im Einzelnen sind folgende Aufgaben zu nennen:

o Überwachung der Geschäfte des Tochterunternehmens

o Monitoring der Beteiligungen

130

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o Aufwendungen zum Erwerb von Beteiligungen an Tochterunternehmen

o Überlassung von Fremdkapital an die Tochterunternehmen

o Entwicklung einer Konzernstrategie

o Dokumentation des Konzernergebnisses.

− Diese allgemeinen Verwaltungs- und Dienstleistungen können nicht dem Betrieb eines

speziellen Tochterunternehmens zugeordnet werden. Die Aufwendungen sind deshalb nicht

verrechenbar.

− Ist die Zurechnung zum betrieblichen Bereich des Tochterunternehmens oder zur

Gesellschaftersphäre nicht eindeutig möglich, müssen die anfallenden Aufwendungen aufgeteilt

werden.

o Planung, Steuerung und Kontrolle

Soweit die Aktivitäten der Mutter sich auf die betriebliche Sphäre des

131

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Tochterunternehmens beziehen, sind die anfallenden Kosten weiterzuverrechnen.

Beispiel:

Die Mutter Ohris AG des internationalen agierenden Ohris Konzerns unterhält eine

Planungsabteilung. Darin erfolgt die Absatz-, Investitions- und Finanzplanung für den

gesamten Ohris Konzern sowie die Unterstützung von speziellen Finanzierungs- und

Investitionsplanungen der Tochtergesellschaften, indem der Finanzbedarf ermittelt wird

und Investitionsrechnungen durchgeführt werden.

Soweit sich die Aufwendungen der Planungsabteilung auf die Unterstützung der

Tochterunternehmen beziehen, wie z.B. die Erstellung von Finanzplänen für

Großinvestitionen einer Tochter, sind sie (dem Grunde nach) verrechenbar.

Soweit sich die Aufwendungen der Planungsabteilung jedoch auf die Absatz-,

Investitions- und Finanzplanung des Gesamtkonzerns beziehen, ist eine Verrechnung

132

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nicht zulässig.

133

o Koordinierungsleistungen

Soweit die Koordinierungsleistungen der Mutter auch die Erfüllung der eigenständigen

Aufgabenbereiche der Tochter verbessern, sind sie verrechenbar.

Beispiel:

Die deutsche REMI AG sowie ihre schweizerische und österreichische

Tochtergesellschaften REMI Swiss AG und REMI Austria AG erweitern ihre

Fertigproduktpalette um ein neues Mikrowellenmenü. Dieses Mikrowellenmenü soll in

dem jeweiligen Sitzstaat der Gesellschaft sowohl produziert als auch abgesetzt werden.

Für die in allen drei Ländern gleichzeitig startende Werbekampagne zur Markteinführung

des Mikrowellenmenüs soll ein möglichst einheitliches Marketingkonzept, das

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dennoch die regionalen Gegebenheiten berücksichtigt, entwickelt werden. Um

Synergieeffekte zu nutzen und Mehrfacharbeiten zu vermeiden, koordiniert die REMI AG

die Aufgabenverteilung zwischen den Marketingabteilungen der drei Gesellschaften.

Die Koordination durch die REMI AG erfolgt sowohl im eigenen Interesse als auch im

Interesse der REMI Swiss AG und der REMI Austria AG, da durch Koordinierung Kosten

für die sonst eigenständig zu erbringende Marketingleistung erspart werden. Aus diesem

Grund sind die Koordinationskosten zu verrechnen. Neben einer individuellen

Verrechnung kommt auch eine Kostenaufteilung über einen Umlagevertrag (vgl. 2.3.6) in

Frage.

− Sind die Aufwendungen für verwaltungsbezogene Dienstleistungen auch dem Tochterunter-

nehmen zuzurechnen, so stellt sich die Frage nach der Höhe angemessener Verrechnungs-

preise.

- Existiert weder ein interner noch ein externer Fremdvergleichspreis, so sind die Aufwendungen

für die Verwaltungsleistungen sachgerecht (nach ökonomischen Kenngrößen des

134

Page 146: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

Tochterunternehmens und der Mutter) auf beide Einheiten aufzuteilen. Dabei ist – wenn kein

Kostenumlagevertrag vorliegt – auf die weiterverrechneten Kosten ein Gewinnaufschlag

vorzunehmen.

Beispiel:

Der Einzelhandelskonzern B-Mart besteht aus der deutschen Mutter B-Mart AG und den

zwei Tochtergesellschaften B-Mart Belgium Société Anonyme (Aktiengesellschaft) und

B-Mart Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft). Die Konzernmutter B-

Mart AG übernimmt das gesamte innerbetriebliche Rechnungswesen des Konzerns

sowie die Wartung und Pflege des konzerninternen Netzwerkes, um eine problemlose

Datenerhebung und Auswertungsbereitstellung zu sichern. Der Umsatz des Konzerns

beträgt in Deutschland 75 Mio. €, in Belgien 10 Mio. € und in den Niederlanden

15 Mio. €. Der übliche kalkulatorische Kostenaufschlag für ähnliche Dienstleistungen

beträgt 15 %.

135

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Die Dienstleistungen, die die B-Mart AG erbringt, sind im betrieblichen Interesse der

Konzernmutter und ihrer Tochtergesellschaften. Sie sind somit dem Grunde nach

verrechenbar. Da die Dienstleistungsstruktur sehr komplex ist, kann nicht auf einen

Fremdvergleich zurückgegriffen werden. Vielmehr erfolgt die Verrechnung nach der

Kostenaufschlagmethode. Die tatsächlich entstandenen Kosten sind zu 10 % an die B-

Mart Belgium Société Anonyme und zu 15 % an die B-Mart Netherlands Naamloze

Venootschap zu verrechnen. Dabei ist jeweils ein Kostenaufschlag von 15 % zu

berücksichtigen.

2.3.6 Kostenumlagen

− Unabhängige Unternehmen können sich durch Kooperationsverträge für bestimmte Projekte

(z.B. Brückenbau) zusammenschließen.

− Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbindung von Konzernunternehmen erübrigt sich eine

136

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Kooperationsvereinbarung zwischen den verbundenen Unternehmen.

− Der Umfang der Kooperationsbeziehungen von Konzernunternehmen wird stattdessen in sog.

Kostenverteilungs- oder Umlageverträgen festgelegt.

Beispiel:

Die US-amerikanische Muttergesellschaft Smith medical care Corporation (AG) vereinbart mit ihrer

deutschen Tochtergesellschaft Meyer Pharma AG Teile ihrer Forschungs- und Entwicklungs-

abteilungen in einen Forschungspool zu vereinen, um neue Wirkstoffe für Medikamente zu

entwickeln und diese patentieren zu lassen.

Die Vereinbarung, wer welche Leistungen für den gemeinsamen Forschungspool zu erbringen hat

und wer welche Rechte an den verwertbaren Ergebnissen (z.B. Verwertung der resultierenden

Patente in bestimmten geografischen Gebieten) erlangt, erfolgt über einen Umlagevertrag.

137

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− Gegenstand eines Umlagevertrages ist somit nicht der Austausch von Leistungen, sondern die

Vereinbarung, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen und dabei die entstandenen Kosten auf die

beteiligten Unternehmen zu verteilen.

− Der Abschluss von Umlageverträgen ermöglichen es den verbundenen Unternehmen, durch

Zusammenarbeit in einem Pool Leistungen zu besseren Bedingungen zu erlangen bzw. zu

erbringen oder die im Unternehmensverbund vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen.

− Die Aufwendungen aus der Unterhaltung des Pools werden unter den einzelnen Mitgliedern

nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt.

− Für die steuerliche Anerkennung dieser Kostenverteilung müssen die Umlageverträge dem

Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Demnach dürfen den Umlageverträgen nur

Bedingungen zugrunde liegen, die unabhängige Unternehmen in vergleichbaren Situationen

vereinbaren würden.

138

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− Um die Angemessenheit von Umlageverträgen zwischen verbundenen Unternehmen zu prüfen,

sind im einzelnen folgende Fragen zu klären:

o Wer kann Poolmitglied sein?

o Welche Aufwendungen sind umlagefähig?

o Welcher Umlageschlüssel ist anzuwenden?

o Welche Besonderheiten bestehen bei dem Ein- oder Austritt von Poolmitgliedern?

Mitglieder des Pools

− Wie die an den Pool erbrachten Leistungen zu bewerten sind, hängt davon ab, ob das

leistungserbringende Unternehmen als Poolmitglied anzusehen ist oder nicht.

− Ein Unternehmen zählt nur dann zu den Mitgliedern eines Pools, wenn es berechtigterweise

139

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erwarten kann, aus der Tätigkeit des Pools Nutzen zuziehen (vgl. Rz. 8.10 OECD-

Verrechnungspreisgrundsätze; Tz. 1.2. Umlage-Verwaltungsgrundsätze).

− Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Unternehmen, die von den Ergebnissen des Pools nicht

profitieren, nicht als Mitglieder gelten.

− Stellt ein Unternehmen dem Pool seine Leistungen lediglich zur Verfügung, ohne selbst von den

Ergebnissen des Pools zu profitieren (Nichtmitglied), dann ist diese Leistungserbringung mit

dem Fremdvergleichspreis zu verrechnen (vgl. Rz. 8.12 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze;

Tz. 1.7. Umlage-Verwaltungsgrundsätze).

− Erbringt ein Poolmitglied Leistungen an den Pool, findet kein Leistungsaustausch statt.

− Die den Poolmitgliedern für die Leistungserbringung tatsächlich entstandenen Aufwendungen

werden als originäre Aufwendungen (Beitrag) behandelt, die ggf. zu einem Ausgleichsanspruch

führen können.

140

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Beispiel:

Die in einem Pool zusammengeschlossenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der

deutschen Schwermaschinenbauunternehmung KM engineering AG und ihrer US-amerikanischen

Tochter KM engineering US Corporation (AG) entwickeln neue Maschinen, die auf den jeweiligen

Märkten der beiden Unternehmen abgesetzt werden sollen. Nach der Projektierung einer neuen

Maschine wird in der Regel von dem verbundenen niederländischen Marktforschungsunternehmen

KM research Naamloze Vennootschap (AG), welches sich auf weltweite Absatzanalysen für die

Maschinenbaubranche spezialisiert hat, eine Absatzpotentialanalyse für alternative Absatzpreise

der Maschine erstellt. Ob die Entwicklung der Maschine tatsächlich von dem Pool vorangetrieben

wird, wird von dieser Analyse abhängig gemacht.

Die KM research Naamloze Vennootschap stellt ihre Analysen dem Pool lediglich zur Verfügung,

ohne selber von den Ergebnissen des Pools (Maschinenentwicklung) zu profitieren. Die KM

research Naamloze Vennootschap kann somit kein Poolmitglied sein. Die Leistungen der KM

research Naamloze Vennootschap sind zu Fremdvergleichspreisen bzw. wenn nicht vorhanden,

141

Page 153: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

mit Preisen zu verrechnen, die anhand der Kostenaufschlagsmethode ermittelt wurden.

− Ob es zu einer tatsächlichen Nutzung der im Pool erbrachten Leistungen kommt, ist für die

Frage der Mitgliedschaft ohne Bedeutung. Es muss die Nutzungsmöglichkeit der Ergebnisse

vorgesehen sein.

Beispiel:

Die US-amerikanische Muttergesellschaft Smith medical care Corporation (AG) vereinbart mit ihrer

deutschen Tochtergesellschaft Meyer Pharma AG Teile ihrer Forschungs- und Entwicklungs-

abteilungen in einen Forschungspool zu vereinen, um neue Wirkstoffe für Medikamente zu

entwickeln und diese patentieren zu lassen. Es wird vereinbart, dass die Smith medical care

Corporation die resultierenden Patente in Amerika, Australien sowie in Afrika verwerten darf, und

die Meyer Pharma AG die Verwertung in Europa und Asien übernimmt. Der Forschungspool wird

nach 3 Jahren erfolgloser Forschung wieder aufgelöst.

142

Page 154: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

Obwohl die Smith medical care Corporation und die Meyer Pharma AG aufgrund der erfolglosen

Forschung keinen Nutzen aus dem Pool ziehen konnten, gelten dennoch beide Unternehmen als

Poolmitglieder, da im Falle einer erfolgreichen Forschung beide einen Nutzen aus den Patenten

gezogen hätten. Demzufolge können nur die tatsächlich angefallenen Kosten als Beitrag an den

Pool angesehen werden. Dass tatsächlich kein Nutzen aus dem Pool gezogen werden konnte, ist

unbedeutend.

Anmerkung: Dies gilt allerdings nur solange, wie auch unabhängige Unternehmen die Koopera-

tion weitergeführt hätten (vgl. Rz. 8.11 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

Liegt ein Missbrauch eines Kostenumlagevertrages in der Form vor, dass

unabhängige Unternehmen die Bedingungen nicht (bzw. nicht weiter) eingegangen

wären, ist die Anerkennung des Vertrages zu versagen. Die Verhältnisse zwischen

den verbundenen Unternehmen sind in diesem Fall nach den allgemeinen

Grundsätzen zu beurteilen (vgl. Rz. 8.30 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

143

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Umlagefähige Aufwendungen und deren Ermittlung

− Als Beitrag der Mitglieder an den Pool gelten neben Geld auch bereitgestellte Vermögenswerte

und geleistete Dienste.

− Zu berücksichtigen sind auch Vermögenswerte (z.B. Gebäude, Maschinen) und

Dienstleistungen (z.B. Überwachungs-, Büro-, administrative Tätigkeiten), die sowohl für

Zwecke des Pools als auch für die betrieblichen Tätigkeiten des Poolmitglieds eingesetzt bzw.

erbracht werden (vgl. Rz. 8.16 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Die Bewertung der nicht in Geld bestehenden Beiträge hat in wirtschaftlich begründeter Weise

zu erfolgen, wobei die anerkannten Buchführungsgrundsätze und die tatsächlichen

Gegebenheiten zu berücksichtigen sind (vgl. Rz. 8.16 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Ob Einsparungen aufgrund staatlicher Subventionen oder Steuervergünstigungen bei der

Beitragsbewertung eines Poolmitglieds zu berücksichtigen sind, hängt nach der Ansicht der

144

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OECD davon ab, ob unabhängige Unternehmen dies ebenfalls getan hätten (vgl. Rz. 8.17

OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Im Gegensatz dazu sieht die deutsche Finanzverwaltung vor, dass die Gesamtaufwendungen

aller Poolmitglieder um Zuschüsse, Zulagen und steuerliche Sondervergünstigungen zu kürzen

sind (vgl. Tz. 2.1. der Umlage-Verwaltungsgrundsätze).

Umlageschlüssel

− Um dem Fremdvergleichsgrundsatz zu genügen, muss der Anteil eines Poolmitglieds an der

Gesamtsumme aller Beiträge seinem Anteil an den zu erwartenden Vorteilen des Pools

entsprechen (vgl. Rz. 8.9 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Gegebenenfalls können Ausgleichszahlungen notwendig sein, um die Beitragsanteile

entsprechend anzupassen (vgl. Rz. 8.18 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

145

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Beispiel:

Das Maschinenbauunternehmen Marenz engineering AG und deren niederländische Tochter

Marenz engineering Netherlands Besloten Venootschap (GmbH) unterhalten einen gemeinsamen

Einkaufspool, um möglichst kostengünstig Roheisen auf dem Weltmarkt zu erwerben. Der

Einkaufspool ist an die deutsche Muttergesellschaft angegliedert, von der auch die Unterhaltkosten

von 80.000 € p.a. getragen werden. Um Mengenrabatte nutzen zu können, wird von dem Pool in

den Niederlanden ein Zwischenlager für das erworbene Roheisen unterhalten. Die Miet- und

Betriebskosten für die Lagerhalle von 40.000 € p.a. werden von der Marenz engineering

Netherlands Besloten Venootschap übernommen. Bei Roheisenbedarf holen die jeweiligen

Unternehmen die benötigte Menge auf eigene Kosten aus dem Zwischenlager ab. Die benötigte

Roheisenmenge der beiden Unternehmen entsprechen sich. Die dem Pool in Rechnung gestellten

Anschaffungskosten des Roheisens werden je zur Hälfte von den beiden Unternehmen getragen.

Die Marenz engineering AG und die Marenz engineering Netherlands Besloten Venootschap

ziehen aufgrund der gleich hohen Abnahmemengen den gleichen Nutzen aus der Existenz des

146

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Einkaufspools. Da die Marenz engineering AG aber um 40.000 € höhere Beiträge als die Marenz

engineering Netherlands Besloten Venootschap leistet, ist eine Ausgelichzahlung von 20.000 €

von der Marenz engineering Netherlands Besloten Venootschap an die Marenz engineering AG

notwendig.

− Aus steuerlicher Sicht stellt eine Ausgleichzahlung eine Kostenerhöhung für den Leistenden und

einen Kostenersatz (und somit Kostenreduzierung) für den/die Empfänger der

Ausgleichszahlung dar (vgl. Rz. 8.25, 8.18 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Da die Vorteile aus einem Umlagevertrag in der Regel erst in der Zukunft realisiert werden, sind

Prognoserechnungen erforderlich (vgl. Rz. 8.20 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Die Bestimmung des Anteils eines Poolmitglieds an den Vorteilen des Pools und somit die

Aufteilung der Kosten erfolgt häufig durch Aufteilungsschlüssel (vgl. Rz. 8.19 OECD-

Verrechnungspreisgrundsätze).

147

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− Mögliche Aufteilungsschlüssel sind die Umsätze, die eingesetzten, hergestellten oder verkauften

Einheiten, der Brutto- oder Betriebsgewinn, die Anzahl der Arbeitnehmer und das investierte

Kapital (vgl. Rz. 8.19 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Auch die Verwendung von mehreren Schlüsseln kann erforderlich sein (vgl. Rz. 8.22 OECD-

Verrechnungspreisgrundsätze).

Beispiel:

Der Nowac Konzern unterhält einen Pool, der sich mit der Entwicklung neuer

Anwendungssoftware und mit dem Erwerb von Lizenzen für Betriebssysteme beschäftigt. Die

Konzern- und Poolmitglieder Nowac Germany AG und Nowac Belgium Société Anonyme (AG)

vertreiben neben der Anwendungssoftware auch Lizenzen für Betriebssysteme. Das Konzern- und

Poolmitglied Nowac U.K. Public limited Company (Aktiengesellschaft) vertreibt ausschließlich

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Anwendungssoftware. Der erzielte Erlös liegt bei der Anwendungssoftware 30 % über den Kosten,

bei den Betriebssystemen lediglich 10 %.

Da die Nowac U.K. Public limited Company keinen Nutzen aus der Lizenzbeschaffung für

Betriebssysteme zieht und sich das Kosten-/Nutzenverhältnis aus den beiden Aktivitäten

wesentlich unterscheiden, ist eine Aufteilung der Gesamtkosten nach einem Schlüssel nicht

angemessen. Vielmehr bietet sich eine Aufteilung der aufgrund der Entwicklung der

Anwendungssoftware angefallenen Kosten nach dem erzielten Erlös aus dem Verkauf der

Anwendungssoftware und die Aufteilung der durch die Lizenzbeschaffung angefallenen Kosten

nach dem Erlös aus Lizenzverkauf für Betriebssysteme an.

− Die Wahl des anzuwendenden Schlüssels hat sachgerecht, also entsprechend der ausgeübten

Tätigkeit des Pools und dem Zusammenhang zwischen Aufteilungsschlüssel und erwarteten

Vorteilen, zu erfolgen (vgl. Rz. 8.19 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

149

Page 161: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Die Aufteilung der Kosten ist im Zeitverlauf anzupassen, wenn sich die Verhältnisse ändern (vgl.

Rz. 8.20 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

Beispiel:

Der IMU Konzern besteht aus 3 Kapitalgesellschaften, die in verschiedenen Staaten domizilieren.

Vor der Bildung eines Forschungspools haben die IMU Germany AG und IMU France Société

Anonyme (AG) jeweils eigene Forschungsabteilungen unterhalten. Die dritte Konzerngesellschaft

IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft) betreibt ausschließlich

Auftragsforschung sowohl für die Konzerngesellschaften als auch für unabhängige Unternehmen.

Um Doppelforschung für konzerninterne Zwecke zu vermeiden, beschließt die Konzernleitung die

Forschungsabteilungen der IMU Germany AG und der IMU France Société Anonyme zu einem

Forschungspool zusammenzulegen und bei der IMU Germany AG anzusiedeln.

150

Die im Zusammenhang mit dem Forschungspool tatsächlich angefallenen Aufwendungen der IMU

Germany AG betragen 264.000 €. Die von der IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap

an den Pool erbrachten Leistungen verursachten Aufwendungen von 107.168 €.

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Unabhängigen Unternehmen würde die IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap für

vergleichbare Leistungen einen Preis von 126.000 € berechnen. Die IMU France Société Anonyme

leistet ausschließlich finanzielle Unterstützung in Form der Kostenübernahme entsprechend ihrem

Anteil an den Forschungsergebnissen. Der erwartete zusätzliche Gewinn des Konzerns aus der

Realisierung der Forschungsergebnisse fällt aufgrund der Größe der bearbeiteten Märkte zu 60 %

bei der IMU Germany AG und zu 40 % bei der IMU France Société Anonyme an.

Mitglieder des Forschungspools sind die IMU Germany AG und die IMU France Société Anonyme.

Die IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap ist hingegen kein Poolmitglied, da sie

nicht von den Forschungsleistungen profitiert. Daher sind die Leistungen, die die IMU Research

Netherlands Naamloze Venootschap an den Pool erbringt, nicht mit den tatsächlich angefallenen

Kosten, sondern mit dem Fremdvergleichspreis zu verrechnen.

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Die steuerlich abziehbaren Aufwendungen ermitteln sich wie folgt:

IMU Gesellschaft Germany France Netherlands Summe

an den Pool erbrachte Leistung vor Umlage 264.000 € 0 € 126.000 € 390.000 €

Kostenübernahme

40 %

Ausgleichzahlung 156.000 € 156.000 € Erstattung 30.000 € 126.000 € 156.000 € steuerlich anzuer-kennender Aufwand 234.000 € 156.000 € 390.000 €

Die IMU Germany AG, welche von den Leistungen des Pools zu 60 % profitiert, kann 60 % der

Kosten des Pools steuerlich geltend machen (390.000 € · 0,6 = 234.000 €), die IMU France

Société Anonyme einen Anteil von 40 % (390.000 € · 0,4 = 156.000 €). Die IMU Research

Netherlands Naamloze Venootschap erzielt Einnahmen von 126.000 €, die von den

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Poolmitgliedern als Aufwand getragen werden.

Anmerkung: Auch wenn die IMU France Société Anonyme keine Kostenübernahme

entsprechend ihrem Anteil an den Forschungsergebnissen vereinbart hätte, würde

die Finanzverwaltung den Beitrag der IMU France Société Anonyme derart

berichtigen, dass daraus der oben ermittelte, steuerlich anzuerkennende Aufwand

resultiert. D.h. für steuerliche Zwecke ist unabhängig von der konkreten

Vereinbarung bezüglich der Kostenübernahme ein Beitrag der IMU France Société

Anonyme von 156.000 € anzunehmen.

Besonderheiten bei Ein- bzw. Austritt eines Unternehmens und bei Ablauf eines Umlagevertrages

− Tritt ein Unternehmen einem bereits existierenden Pool bei und wird ihm von den bisherigen

Poolmitgliedern ein Anteil der Ergebnisse überlassen (z.B. einen Anteil der vom Pool

entwickelten immateriellen Wirtschaftsgüter, angefangene Arbeiten, Kenntnisse aus der

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Poolaktivität), so hat das neue Unternehmen eine Eintrittszahlung zu leisten (vgl. Rz. 8.31

OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 4.1. Umlage-Verwaltungsgrundsätze).

− Die Höhe der Eintrittszahlung bestimmt sich nach dem Fremdvergleichsgrundsatz.

Beispiel:

Die U.S.-amerikanische Weezler Corporation (AG) und ihre britische Tochter Weezler U.K Public

limited Company (Aktiengesellschaft) unterhalten einen Pool, der neue Offsetdruckmaschinen

entwickelt. Die Weezler Corporation hat das Recht, die entwickelten Druckmaschinen in Amerika

und Australien zu vertreiben. Die Weezler U.K Public limited Company darf die entwickelten

Druckmaschinen in Europa, Asien und Afrika verkaufen. Nachdem die neuste Variante entwickelt

wurde und bevor eine Weiterentwicklung angegangen wird, tritt die deutsche Tochter Weezler

Germany GmbH in den Pool ein. Der Weezler Germany GmbH wird das Recht zum Vertrieb der

Offsetdruckmaschinen in Deutschland und Südeuropa überlassen. Unabhängige Unternehmen

würden für dieses Recht 1,5 Mio. € zahlen.

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Die Weezler Germany GmbH hat eine Eintrittszahlung von 1,5 Mio. € zu leisten. Da vorher das

übertragene Vertriebsrecht der Weezler U.K Public limited Company zustand, steht der Weezler

U.K Public limited Company die Eintrittszahlung zu. Die nach dem Eintritt der Weezler Germany

GmbH anfallenden Kosten sind entsprechend der neuen Anteile an den Poolergebnissen

aufzuteilen.

− Bringt das eintretende Unternehmen immaterielle Wirtschaftsgüter in den Pool ein, sind die

Ausgleichzahlungen für diesen Beitrag mit der Eintrittszahlung zu verrechnen (vgl. Rz. 8.32

OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Tritt ein Unternehmen aus dem Pool aus und überträgt in diesem Zusammenhang seinen Anteil

an den Ergebnissen aus der früheren Poolaktivität an die verbleibenden Poolmitglieder, dann

hat das austretende Unternehmen einen Anspruch auf eine Austrittszahlung von den

verbleibenden Mitgliedern (vgl. Rz. 8.34 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

155

Page 167: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Auch die Austrittszahlung an das austretende Unternehmen bestimmt sich nach dem

Fremdvergleichsgrundsatz.

Beispiel (Fortsetzung):

Zwei Jahre später tritt die Weezler U.K Public limited Company aus dem Pool aus, weil sie sich

aus dem Markt für Offsetdruckmaschinen zurückzieht. Der Weezler Germany GmbH überlässt sie

das Vertriebsrecht für Afrika und ihren Anteil an Europa. Die Weezler Corporation erhält das

Vertriebsrecht für Asien. Die übertragenen Rechte an die Weezler Germany GmbH haben einen

Wert von 4,5 Mio. €. Das Vertriebsrecht in Asien hat einen Wert von 3,5 Mio. €.

Die Weezler U.K Public limited Company erhält eine Austrittszahlung von 8 Mio. €. Davon hat die

Weezler Germany GmbH 4,5 Mio. € und die Weezler Corporation 3,5 Mio. € zu leisten. Alle nach

dem Austritt der Weezler U.K Public limited Company entstehenden Kosten werden entsprechend

der neuen Anteile an den Poolergebnissen aufgeteilt.

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Page 168: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Keine Eintritts- und Austrittszahlungen sind in der Regel erforderlich, wenn der Gegenstand des

Pools nicht die Schaffung von Wirtschaftsgütern oder Rechten ist, sondern der Umlagevertrag

ausschließlich die Erbringung von Dienstleistungen vorsieht, die die Poolmitglieder gemeinsam

erwerben und für die sie fortlaufend bezahlen (vgl. Rz. 8.36 OECD-Verrechnungspreis-

grundsätze).

Beispiel:

Der Einzelhandelskonzern Big Mart unterhält einen Einkaufspool, an dem die deutsche Mutter Big

Mart AG und ihre Töchter Big Mart Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft), Big

Mart Swiss AG, Big Mart Austria AG beteiligt sind. Alle von dem Pool erworbenen und an die

Gesellschaften gelieferten Waren werden mit den entstandenen Kosten verrechnet. Aufgrund der

Umorientierung der Big Mart Austria AG auf eine vollkommen andere Warenpalette steigt sie aus

dem Pool aus.

Da der Poolzweck ausschließlich der gemeinsame Erwerb von Waren ist, und die anfallenden

157

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Kosten fortlaufend verrechnet werden, besteht kein Vermögenswert, der eine Austrittszahlung

rechtfertigt.

− Wird ein Umlagevertrag beendet oder läuft ein Umlagevertrag ab, steht jedem Vertragspartner

ein Anteil an den Ergebnissen des Pools entsprechend dem Anteil an den geleisteten Beiträgen

zu (vgl. Rz. 8.39 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 4.2. Umlage-Verwaltungs-

grundsätze).

− Tritt ein Vertragspartner seinen Anteil im Zusammenhang mit der Vertragsauflösung bzw.

-ablauf an ein anderes ehemaliges Poolmitglied ab, steht diesem eine fremdvergleichskonforme

Vergütung zu (vgl. Rz. 8.39 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

Beispiel:

Der Pool des Watson medical care Konzerns hatte das Ziel, ein neues Medikament für die

Krebsbehandlung zu entwickeln und patentieren zu lassen. Die Konzern- und Poolmitglieder

158

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hatten folgende Vertriebsberechtigungen vereinbart: die US-amerikanische Mutter Watson medical

care company (AG) für Amerika und die Töchter Watson medical care U.K. Public limited

Company (AG) für Nord- und Osteuropa, Watson medical care Germany AG für Mittel- und

Südeuropa, Watson medical care Japan Kabushiki Kaisha (AG) für Asien, Watson medical care

Australia Public Company limited by shares (AG) für Australien sowie Watson medical care South

Africa Public Company (Limited by shares) (AG) für Afrika. Nach der Zielerreichung wurde der

Pool aufgelöst. Da die Watson medical care U.K. Public limited Company zwischenzeitlich ihre

Geschäftstätigkeit in Osteuropa eingestellt hat, tritt sie das Vertriebsrecht für das

Krebsmedikament nach Osteuropa an die Watson medical care Germany AG ab. Unabhängige

Unternehmen würden für das Verwertungsrecht des Patents in Osteuropa 1,3 Mio. € bezahlen.

Jedes ehemalige Poolmitglied hat Anspruch auf das vereinbarte Vertriebsrecht für das

Medikament. Für die Abtretung ihres Vertriebsrechts nach Osteuropa steht der Watson medical

care U.K. Public limited Company von der Watson medical care Germany AG eine

fremdvergleichskonforme Vergütung von 1,3 Mio. € zu.

159

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Weitere Voraussetzung

− Für die Annerkennung eines Umlagevertrages sind umfassende Informations-, Dokumentations-

und Nachweispflichten zu erfüllen (vgl. Rz. 8.40 ff. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 5.

Umlage-Verwaltungsgrundsätze). Beispielsweise sind der Gegenstand des Pools und die

Methode zur Ermittlung der umzulegenden Aufwendungen zu benennen. Es sind auch die

Poolmitglieder sowie die Vertragsdauer anzugeben.

2.3.7 Besondere Situationen (Verluste, Vorteilsausgleich)

− Besonders kritisch werden Verrechnungspreisvereinbarungen geprüft, wenn sie zu Verlusten

führen oder Verrechnungspreise einen Vorteilsausgleich gewähren und somit mehrere

Leistungen über eine Verrechnungspreisgestaltung verbunden werden.

160

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a) Verlustsituation

Beispiel:

Eine US-amerikanische Hotelkette Smith Hotel Corporation (AG) überlässt ihrem deutschen

Tochterunternehmen Smith Hotel Germany AG, das sich insbesondere auf US-amerikanische

Kunden spezialisiert hat, den Namen der Hotelkette Smith Holiday Palace® gegen eine hohe, aber

marktübliche Lizenzgebühr. Da auch die Reiselust von Amerikanern nach Europa durch die

Terroranschläge in den USA gesunken ist, wird die deutsche Hotel-Tochter Smith Hotel Germany

AG über Jahre Verluste erzielen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Lizenzgebühren aufgrund andauernder

Verluste unangemessen sind.

− Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann es durchaus sinnvoll sein, für einige Jahre Verluste aus

den wirtschaftlichen Aktivitäten hinzunehmen (Anlaufverluste, temporärer Nachfragerückgang,

161

Page 173: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

vorübergehend ineffizientes Management).

− Aus diesem Grund sind Verluste einer Konzerngesellschaft, die mit rentablen Konzerngesell-

schaften Geschäfte tätigt, nicht unbedingt auf unangemessene Verrechnungspreise zurück-

zuführen.

− Daher werden nach den Verrechnungspreisgrundsätzen der OECD angemessene

Verrechnungspreise auch dann akzeptiert, wenn ein verbundenes Unternehmen deshalb über

mehrere Jahre hinweg Verluste schreibt (vgl. Rz. 1.54 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).

− Eine Desinvestition wäre allerdings dann angezeigt, wenn ein Unternehmen über lange Zeit

hinweg andauernde Verluste erwirtschaftet.

− Führt das verbundene Unternehmen die Tätigkeit dennoch fort, weil dies aus der Sicht des

Gesamtkonzerns sinnvoll ist, wird das betreffende verbundene Unternehmen einen positiven

Beitrag zum Gesamterfolg des Konzerns leisten. Dann liegt offensichtlich ein steuerlich

162

Page 174: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

motivierter Verlustausweis durch eine unangemessene Preisgestaltung nahe.

− Insbesondere ist in einer derartigen Situation zu prüfen, ob die verlustbringende

Konzerngesellschaft eine ausreichende Abgeltung für die aus seiner Tätigkeit vom Konzern

gezogenen Vorteile erhält oder eine Berichtigung der Verrechnungspreise angebracht ist.

− Eine genaue Zeitvorgabe für die Akzeptanz von Verrechnungspreisen in Verlustsituationen wird

in den Verrechnungspreisgrundsätzen der OECD allerdings nicht gegeben. Vielmehr wird auf

den wirtschaftlichen Einzelfall abgestellt.

− Nach älterer BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil v. 17.02.1993, BStBl. 1993 II, S. 457) wird eine

Verlustperiode von 3 Jahren akzeptiert, wobei unterstellt wird, dass ein fremder Dritter sich aus

einem wirtschaftlichen Engagement verabschieden würde, wenn nicht in einem überschaubaren

Prognosezeitraum ein Totalgewinn erwirtschaftet wird.

− Die neuere BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil v. 17.10.2001, BFH/NV 2002, S. 134) teilt die

OECD-Auffassung stärker, dass auf den Einzelfall abzustellen ist und es somit geboten sein

163

Page 175: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

kann, eine Verlustperiode von mehr als drei Jahren zu akzeptieren und den Zeitraum, in dem

ein Totalgewinn zu erwarten ist, zu verlängern. Bedingung ist, dass der Steuerpflichtige darlegt

und beweist, weshalb der vereinbarte Verrechnungspreis angemessen ist.

b) Vorteilsausgleich

Beispiel:

Die deutsche Sessa Automobile AG schließt mit ihrer französischen Vertriebsgesellschaft Sessa

Automobile France Société Anonyme (AG) einen Vertrag über die Belieferung mit einem neuen

Modell ab, nach dem in der 3-jährigen Einführungsphase ein geringerer als sonst üblicher

Verrechnungspreis vereinbart wird. Nach der Einführungsphase soll ein entsprechender Aufschlag

auf die sonst üblichen Verrechnungspreise für dieses Modell erfolgen.

Fraglich ist, ob in diesem Fall die vereinbarten Verrechnungspreise anzuerkennen sind oder eine

164

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Korrektur auf die üblichen Verrechnungspreise vorzunehmen ist?

− Für unabhängige Unternehmen kann es durchaus sinnvoll sein, nachteilige Geschäfte in Kauf

zu nehmen, wenn sie dadurch aus der gesamten Geschäftsbeziehung einen höheren Gewinn

erzielen.

− In diesem Fall wird durch den Vorteilsausgleich ein nachteiliges Geschäft durch andere

vorteilhafte Geschäfte (über-)kompensiert.

− Vorteilsausgleichsvereinbarungen sind auch zwischen verbundenen Unternehmen

anzuerkennen, wenn sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, also unabhängige

Unternehmen solchen Vereinbarungen auch zustimmen würden.

− Für die Anerkennung des Vorteilsausgleichs durch die deutsche Finanzverwaltung sind folgende

Voraussetzungen zu erfüllen (vgl. Tz. 2.3.2. und 2.3.3. Verwaltungsgrundsätze):

165

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o Die vor- und nachteiligen Geschäfte müssen in einem inneren Zusammenhang stehen,

der darauf schließen lässt, dass die Geschäfte auch unter Fremdbedingungen von dem

Steuerpflichtigen mit derselben Person abgeschlossen worden wären.

o Die Vor- und Nachteile der einzelnen Geschäfte müssen quantifizierbar sein.

o Die Vorteilsverrechnung muss im Voraus vereinbart gewesen sein oder zur

Geschäftsgrundlage des nachteiligen Geschäfts gehören.

o Der Ausgleich eines Nachteils ist nur zulässig, wenn spätestens zum Ende des

Wirtschaftsjahres seiner Wirkung feststeht, wann und wie er ausgeglichen wird. Der

Ausgleich muss dann innerhalb der drei folgenden Wirtschaftsjahre erfolgen.

− Die OECD verlangt hingegen lediglich, dass zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung die

eingegangenen Bedingungen zwischen den verbundenen Unternehmen unter Berücksichtigung

des Vorteilsausgleiches dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen (vgl. Rz. 1.62 OECD-

166

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Verrechnungspreisgrundsätze; z.B. genügt es der OECD, wenn auf einen weiteren Vertrag

verwiesen wird, in dem der genaue Vorteilsausgleich geklärt wird).

− Weitergegenden Bedingungen, wie z.B. eine Kopplung der nachteiligen und vorteilhaften

Geschäfte oder eine im Voraus festgelegte Vorteilsausgleichvereinbarung, werden von der

OECD nicht gefordert.

2.4 Korrekturnormen

2.4.1 Grundsätzliche Anmerkungen

− Allgemeine Korrekturvorschriften im nationalen Recht sind:

o § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG (verdeckte Einlage)

o § 8 Abs. 3 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung)

167

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o § 8a KStG (verdeckte Gewinnausschüttung bei Gesellschafter-Fremdfinanzierung)

o § 1 AStG (Gewinnerhöhungen deutscher Gesellschaften bei verbundenen Unter-

nehmen)

o Hinzurechnungsbesteuerung (in speziellen Fällen, hier nicht weiter behandelt)

− Korrekturvorschriften sind unmittelbar anzuwenden, wenn kein DBA vorliegt.

− Liegt ein DBA vor, entscheiden die Korrekturvorschriften inwieweit die vom DBA vorgenommene

Gewinnabgrenzung aus deutscher Sicht (d.h. für die in Deutschland ansässige Gesellschaft)

ausgeschöpft werden kann. Nur durch Korrekturvorschriften kann die von Unternehmen

vorgenommene Gewinnabgrenzung durch die Wahl der Verrechnungspreise von der

Finanzverwaltung korrigiert werden, soweit sich die Korrektur in den Grenzen der vom DBA

festgelegten Gewinnabgrenzung bewegt.

− Allerdings sind die Korrekturvorschriften nicht vollständig und überschneiden sich teilweise (z.B.

168

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verdeckte Gewinnausschüttung und § 1 AStG).

o Vorschriften zu verdeckten Einlagen, die über § 8 Abs. 1 KStG auch für Körperschaften

gelten, sind in allen Fällen anzuwenden, in denen eine deutsche Gesellschaft ein

„einlagefähiges Wirtschaftsgut“ von einem verbundenen Unternehmen erhält, ohne dass

ein angemessenes Entgelt bezahlt wird. Die Korrektur führt zu einer Gewinnminderung

der deutschen Gesellschaft.

o Vorschriften zur verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 KStG sind

anzuwenden, wenn eine ausländische Muttergesellschaft an einer deutschen

Tochtergesellschaft beteiligt ist und die Tochter der Mutter einen Vorteil gewährt, den sie

einem fremden Dritten nicht gewährt hätte. Die Korrekturen der verdeckten

Gewinnausschüttung führen zu einer Erhöhung des steuerpflichtigen Einkommens der

Tochter.

169

o Vorschriften zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung des § 8a KStG sind insbesondere

dann anzuwenden, wenn eine ausländische Gesellschaft seiner deutschen

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Tochtergesellschaft Fremdkapital zuführt, jedoch als Vergütung keine feste Verzinsung

vorsieht oder bei fester Verzinsung das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital

unangemessen ist. Die Verzinsung wird dann als verdeckte Gewinnausschüttung

umqualifiziert. Das steuerpflichtige Einkommen der deutschen Gesellschaft wird dadurch

erhöht.

o Die Korrekturvorschriften der §§ 8 Abs. 3, 8a KStG führen wie die Vorschrift des § 1

AStG im Ergebnis zu einer Erhöhung des Einkommens der deutschen Gesellschaft,

gehen in der Anwendung jedoch § 1 AStG vor.

o § 1 AStG kommt deshalb insbesondere in den Fällen zur Anwendung, in denen im

Verhältnis einer deutschen Muttergesellschaft zu einer ausländischen Tochter der

Gewinn der deutschen Mutter zu erhöhen ist, jedoch weder § 8 Abs. 3 noch § 8a KStG

Anwendung finden. Die ist z.B. dann der Fall, wenn eine deutsche Mutter ihrer

170

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ausländischen Tochter ein immaterielles Wirtschaftsgut zu einer unangemessen

geringen Lizenzgebühr überlässt.

o Keine Korrekturvorschrift gibt es, wenn ein verbundenes Unternehmen einem deutschen

Unternehmen einen Vorteil gewährt, der nicht in der Einlage eines einlagefähigen

Wirtschaftsgutes besteht. Diese Vorteile einer Nutzungseinlage können nicht nach den

einschlägigen Vorschriften korrigiert werden.

o Abgrenzungsprobleme der einzelnen Korrekturvorschriften werden dadurch gemildert,

dass i.d.R. ein einheitlicher Korrekturmaßstab angewendet wird.

o OECD-Bericht zur Gewinnabgrenzung und Gewinnberichtigung hat Leitliniencharakter

für die beteiligten Finanzbehörden.

171

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2.4.2 Verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG

− Was unter dem Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung zu verstehen ist, wird gesetzlich

nicht definiert.

− Die Rechtsprechung, der sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen hat, definiert eine

verdeckte Gewinnausschüttung als

o eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung,

o die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,

o sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und

o nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht

172

Page 184: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

(vgl. z.B. BFH-Urteil v. 22.02.1989, BStBl. 1989 II, S. 475; Abschnitt 31 Abs. 3 Satz 1

KStR).

Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung

− Es kommt demnach nicht auf die Zuführung eines Vermögensvorteils bei den Gesellschaftern,

sondern auf eine Verminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei der Gesellschaft an:

o dies ist oft der Fall, wenn den Gesellschaftern von der Kapitalgesellschaft einlagefähige

Wirtschaftsgüter unentgeltlich oder zu billig überlassen werden,

o oder von den Anteilseignern für erhaltene Dienstleistungen, Nutzungsüberlassungen u.ä.

kein oder zu geringes Entgelt an die Kapitalgesellschaft gezahlt wird.

Beispiel:

Die deutsche Astor AG des international tätigen Astor-Konzerns stellt der in Spanien

173

Page 185: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

domizilierenden Muttergesellschaft Astor Sociedad Anonima (AG) ein zinsloses Darlehen zur

Verfügung.

Nach Art. 9 DBA Spanien hat eine Gewinnabgrenzung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu

erfolgen. Würde die Astor AG den Darlehensbetrag einem fremden Unternehmen gewähren,

würde es dafür eine angemessene Verzinsung vereinbaren. Daher liegt in Höhe der erzielbaren

Zinseinkünfte eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis

− Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt dann vor, wenn eine

Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei

Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem

Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil v. 11.02.1987, BStBl. 1987 II, S. 461;

Abschnitt 31 Abs. 3 Satz 3 KStR).

174

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− Der Maßstab für die Angemessenheitsprüfung von Verrechnungspreisen nach § 8 Abs. 3 Satz 2

KStG ist also i.d.R. ein Fremdvergleich.

− Lediglich bei Rechtsgeschäften, die ausschließlich mit Gesellschaftern abgeschlossen werden

können, ist dieser nicht möglich (vgl. Abschnitt 31 Abs. 4 KStR).

− Bei einem beherrschenden Gesellschafter liegt eine Veranlassung durch das

Gesellschaftsverhältnis auch dann vor, wenn es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren und im

Voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe die

Kapitalgesellschaft ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen hat (vgl. BFH-

Urteil v. 02.02.1994, BStBl 1994 II, S. 479; Abschnitt 31 Abs. 5 KStR).

− Eine Berichtigung des Einkommens einer inländischen Kapitalgesellschaft nach § 8 Abs. 3

Satz 2 KStG kommt stets dann in Frage, wenn deren Leistung eine zu geringe Leistung eines

ausländischen Gesellschafters gegenübersteht.

175

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− Dies ist der Fall, wenn:

o die inländische Tochtergesellschaft Leistungen an ihren ausländischen Gesellschafter

für ein unangemessen geringes Entgelt erbringt oder

o die inländische Tochtergesellschaft Leistungen von ihrem ausländischen Gesellschafter

erhält und dafür ein unangemessen hohes Entgelt zahlt.

− In umgekehrten Fällen kommt eine Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG für die deutsche

Muttergesellschaft nicht in Betracht.

− Stattdessen ist die Anwendung der übrigen Korrekturnormen zu prüfen.

176

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2.4.3 Verdeckte Gewinnausschüttung bei Gesellschafter-Fremdfinanzierung i.S.d. § 8a KStG

− Soll einer Körperschaft von den Gesellschaftern Kapital zur Verfügung gestellt werden, kann

dies über zweierlei Maßnahmen erfolgen:

o zum einen über die Zuführung von Eigenkapital in Form einer Einlage,

o zum anderen über die Hingabe von Fremdkapital in Form eines Darlehens an die

Gesellschaft. Dies ist möglich, da Körperschaften selbständige Rechtssubjekte

darstellen.

177

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Steuerlicher Unterschied in der Behandlung von Eigen- und Fremdkapital

− Für die steuerliche Behandlung von Eigen- und Fremdkapitalvergütungen ist zu differenzieren

zwischen

o unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern (Steuerinländern) und

o beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern (Steuerausländern).

− Stellt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Eigenkapital zur Verfügung, dann

werden die Vergütungen in Form von Dividenden

o bei der zahlenden Gesellschaft (definitiv) mit 25% Körperschaftsteuer belastet.

o beim Anteilseigner als Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG

gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG zur Hälfte von der Steuer befreit, sofern der

Anteilseigner eine natürliche Person ist.

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gem. § 8b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 KStG zu 95% von der Steuer befreit, sofern der

Anteilseigner eine Körperschaft ist.

− Stellt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Fremdkapital zur Verfügung, dann

sind die Zinszahlungen der Körperschaft an den Fremdkapitalgeber

o bei der zahlenden Gesellschaft steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben.

o beim Fremdkapitalgeber steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20

Abs. 1 Nr. 7 EStG (bzw. bei partiarischen Darlehen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), die

dem persönlichen Einkommensteuersatz des Kapitalgebers unterliegen, sofern der

Anteilseigner eine natürliche Person ist.

der tariflichen Körperschaftsteuer in Höhe von 25% unterliegen, sofern der

Anteilseigner eine Körperschaft ist.

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Vergleich unbeschränkte Steuerpflicht

− Ist der Kapitalgeber unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, können Unterschiede hinsichtlich

der einkommensteuerlichen Belastung von Zinserträgen und Dividendeneinkünften auftreten.

Eine gleiche steuerliche Belastung wird zwar angestrebt, sie wird aber nur bei einem

persönlichen Steuersatz von ca. 40% erreicht.

− Ist der Kapitalgeber unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, so unterscheidet sich die

steuerliche Belastung von Fremdkapitalzinsen und Dividenden nur unwesentlich.

− Stellt ein beschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Eigenkapital zur Verfügung, dann

180

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o werden Dividenden bei der zahlenden Gesellschaft (definitiv) mit 25% Körperschaft-

steuer vorbelastet. Auf die verbleibende Bar-Dividende erhebt der inländische Fiskus

eine Quellensteuer in Form der Kapitalertragsteuer gemäß § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG in

Höhe von 20%.

Eine Veranlagung des ausländischen Anteilseigners erfolgt nicht.

Die beschränkte Steuerpflicht des ausländischen Anteilseigners ist mit dem Abzug

der Kapitalertragsteuer abgegolten (§ 50 Abs. 5 Satz 1 EStG).

Beachte

Der Kapitalertragsteuersatz des § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG wird vielfach reduziert.

Er beträgt

15%, wenn der ausländische Anteilseigner aus einem DBA-Staat kommt (Art. 10

Abs. 2 Buchst. b OECD-MA),

181

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5%, wenn der ausländische Anteilseigner aus einem DBA-Staat kommt und zu

mindestens 25% (bei einigen Staaten: 10%) beteiligt ist (Schachtelbeteiligung)

(Art. 10 Abs. 2 Buchst. a OECD-MA),

0%, wenn der ausländische Anteilseigner aus einem EU-Staat kommt und zu

mindestens 25% beteiligt ist (Schachtelbeteiligung) (§ 43b Abs. 1, 2 EStG).

Zusätzlich werden Gewinnausschüttungen regelmäßig noch im Ansässigkeitsstaat des

Ausschüttungsempfängers besteuert. Die deutsche Kapitalertragsteuer ist dabei i.d.R.

auf die Steuer des Ansässigkeitsstaates anrechenbar.

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Page 194: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Stellt ein beschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Fremdkapital zur Verfügung, dann

o sind die von der Körperschaft gezahlten Zinsen abzugsfähige Betriebsausgaben der

Gesellschaft.

o wird gem. Art. 11 Abs. 1 OECD-MA dem Wohnsitzstaat des ausländischen

Darlehensgebers das Besteuerungsrecht für die Zinseinkünfte zugewiesen.

Der inländische Fiskus ist zur Erhebung einer Quellensteuer von maximal 10%

berechtigt (Art. 11 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA), die von dem ausländischen Staat auf die

ausländische Steuerschuld anzurechnen ist.

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Page 195: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

− Stellt ein beschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Fremdkapital zur Verfügung, dann

o sind die von der Körperschaft gezahlten Zinsen abzugsfähige Betriebsausgaben der

Gesellschaft.

o wird gem. Art. 11 Abs. 1 OECD-MA dem Wohnsitzstaat des ausländischen

Darlehensgebers das Besteuerungsrecht für die Zinseinkünfte zugewiesen.

Der inländische Fiskus ist zur Erhebung einer Quellensteuer von maximal 10%

berechtigt (Art. 11 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA), die von dem ausländischen Staat auf die

ausländische Steuerschuld anzurechnen ist.

Mit vielen Staaten (z.B. USA, Großbritannien, Frankreich) ist ein ausschließliches

Besteuerungsrecht des ausländischen Staates vereinbart, d.h. eine Quellenbesteuerung

im Inland kommt nicht in Frage.

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Vergleich beschränkte Steuerpflicht

− Ist der Kapitalgeber beschränkt steuerpflichtig, werden Eigenkapitalvergütungen durch die

definitive Körperschaftsteuer und die Kapitalertragsteuer belastet, während die Bereitstellung

von Fremdkapital in Deutschland keiner Besteuerung unterliegt.

− Auf Grund dieser Diskrepanz der steuerlichen Behandlung von Dividenden und Zinsen besteht

für ausländische Anteilseigner ein Anreiz, die inländische Kapitalgesellschaft neben einem

geringen Eigenkapitalbetrag im Wesentlichen durch die Zuführung von Fremdkapital zu

finanzieren.

− Der Gesetzgeber hat mit der Einfügung des § 8a KStG durch das StandOG vom 13.09.1993 die

Möglichkeit eingeschränkt, die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Bereitstellung von Fremdkapital

gegenüber der Bereitstellung von Eigenkapital auszunutzen.

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− Die letzte Änderung erfuhr der § 8a KStG durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokoll-

erklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbau-

gesetz vom 22.12.2003.

− Durch dieses Änderung wurde der Anwendungsbereich des § 8a KStG auf Steuerinländer

ausgedehnt, um die vom EuGH festgestellte Verletzung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG-

Vertrag) zu beseitigen.

− Durch § 8a KStG werden Vergütungen, die für die Überlassung von Fremdkapital gezahlt

werden, unter bestimmten Voraussetzungen zu verdeckten Gewinnausschüttungen

umqualifiziert.

Voraussetzungen für die Umqualifizierung gem. § 8a KStG

− Die Vergütung wird von einer Kapitalgesellschaft geleistet.

186

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Unbedeutend ist nunmehr, ob der Fremdkapitalempfänger eine unbeschränkt oder beschränkt

steuerpflichtige Kapitalgesellschaft ist. Erfasst werden daher auch inländische Betriebstätten

ausländischer Kapitalgesellschaften.

Gem. § 8a Abs. 5 KStG werden auch Darlehen an eine einer Kapitalgesellschaft

nachgeschalteten Personengesellschaft erfasst. In diesen Fällen gilt das Fremdkapital als der

Kapitalgesellschaft überlassen.

− Der Empfänger der Vergütung ist Anteilseigner der Gesellschaft, der zu irgendeinem Zeitpunkt

im Wirtschaftsjahr wesentlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt war (§ 8a Abs. 1 Satz 1 KStG).

Eine wesentliche Beteiligung liegt vor, wenn der Anteilseigner am Grund- bzw. Stammkapital

der Gesellschaft zu mehr als 25% unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (§ 8a Abs. 3 KStG).

187

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Nicht notwendig ist nunmehr, dass der Anteilseigner eine beschränkt steuerpflichtige Person ist,

bei der die Steuerpflicht nach § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG mit dem Abzug der Kapitalertragsteuer

als abgegolten gilt. Somit werden auch Finanzierungen mit inländischen Anteilseignern erfasst.

Die Rechtsfolgen des § 8a Abs. 1 KStG treten gem. § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG auch dann ein,

wenn die Kapitalgesellschaft das Fremdkapital

o von einer dem Anteilseigner nahestehenden Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG oder

o von einem fremden Dritten, der auf den Anteilseigner oder die nahestehende Person

zurückgreifen kann,

erhalten hat.

Als nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG gelten Personen,

188

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o an denen der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar wesentlich, d.h. zu mindestens

25%, beteiligt ist oder

o auf die der Steuerpflichtige mittelbar oder unmittelbar einen beherrschenden Einfluss

ausüben kann.

Ein fremder Dritter – z.B. eine Bank als externer Darlehensgeber – besitzt bspw. durch

bestehende Sicherungsmittel in Form von Bürgschaften oder Verpfändungen eine

Rückgriffsmöglichkeit auf den Anteilseigner oder auf eine dem Anteilseigner nahestehende

Person. Von § 8a KStG wird insbesondere die sog. Back-to-back-Finanzierung erfasst, d.h. die

in der Praxis übliche Konstellation, dass eine Bank einer Kapitalgesellschaft ein Darlehen

gewährt und der wesentlich beteiligte Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft seinerseits

gegen die Bank eine Forderung (z.B. Festgeldkonto) hat, auf die die Bank zur Besicherung des

Darlehens zurückgreifen kann (z.B. Bürgschaft).

- Das überlassene Kapital wird nicht nur kurzfristig zur Verfügung gestellt.

189

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Eine gesetzliche Definition von kurzfristig existiert nicht. Die Finanzverwaltung geht von einer

kurzfristigen Kapitalüberlassung i.d.R. aus, wenn die Laufzeit 6 Monate nicht überschreitet (vgl.

BMF-Schreiben betr. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG) vom 15.12.1994, Rz. 47).

− Die Freigrenze von 250.000 € wird überschritten.

Bei Vergütungen bis 250.000 € (z.B. Darlehen 5.000.000 € bei Zinssatz 5%) erfolgt in jedem Fall

keine Umqualifizierung der Fremdkapitalzinsen in eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8a

Abs. 1 Satz 1 KStG).

− Die vereinbarte Vergütung wird entweder

o nicht als Bruchteil des Fremdkapitals bemessen (z.B. eine gewinn- oder

umsatzabhängige Vergütung, wie stille Gesellschaft oder partiarische Darlehen) oder

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o als Bruchteil des Fremdkapitals bemessen und das Fremdkapital übersteigt das

Eineinhalbfache des Eigenkapitals

nicht als Bruchteil des Fremdkapitals bemessene Vergütung

− Diese Vergütungen werden stets in eine verdeckte Gewinnausschüttung umqualifiziert.

Beispiel:

Die niederländische Astor Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft) stellt der

deutschen Astor GmbH ein partiarisches Darlehen in Höhe von 10.000.000 € zur Verfügung. Am

Stammkapital der Astor GmbH in Höhe von 4.000.000 € ist die Astor Netherlands Naamloze

Venootschap zu 30% beteiligt. Als Fremdkapitalvergütung ist ein Betrag von 20% des Gewinns

vereinbart. Der Gewinn in 01 beträgt 2.500.000 €.

Gemäß Art. 6 DBA Niederlande hat die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen

191

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nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen.

Nach dem deutschen Steuerrecht liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung gem. § 8a Abs. 1 Nr. 1

KStG in Höhe der gesamten Fremdkapitalvergütung von (20% von 2.500.000 =) 500.000 € vor.

als Bruchteil des Fremdkapitals bemessene Vergütung

− Eine Umqualifizierung in eine verdeckte Gewinnausschüttung ist vorzunehmen, soweit das

Fremdkapital das Eineinhalbfache des anteiligen Eigenkapitals übersteigt, d.h. der „safe haven“

beträgt 1,5:1 (EK:FK-Verhältnis, § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 KStG).

− Das anteilige Eigenkapital ist gemäß § 8a Abs. 2 KStG der Teil des Eigenkapitals der Gesellschaft am Ende des letzten Wirtschaftsjahres, der dem Anteil des Anteilseigners am Nennkapital entspricht.

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− Das Eigenkapital umfasst gemäß § 8a Abs. 2 Satz 2 KStG die folgenden Positionen:

gezeichnetes Kapital ./. ausstehende Einlagen ./. Buchwerte der Beteiligungen am Grund- und Stammkapital einer

Kapitalgesellschaft + Kapitalrücklagen + Gewinnrücklagen + Gewinnvortrag ./. Verlustvortrag + Jahresüberschuss ./. Jahresfehlbetrag + 50% der Sonderposten mit Rücklageanteil = Eigenkapital i.S.d. § 8a KStG

Bei Beteiligungen an Personengesellschaften treten an die Stelle des handelsbilanziellen

Beteiligungsbuchwertes die anteiligen (handelsbilanziellen) Buchwerte der

Vermögensgegenstände der Personengesellschaften. Sonder- und Ergänzungsbilanzen bleiben

unberücksichtigt (vgl. BMF-Schreiben betr. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§8a KStG) vom

15. 07.2004, Rz. 32).

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Beispiel:

Die französische Truau Société Anonyme (AG) stellt der Truau Germany AG Fremdkapital in Höhe

von 4.000.000 € zur Verfügung. Die Truau Société Anonyme ist 30 % am Grundkapital der Truau

Germany AG beteiligt. Das anteilige Eigenkapital gem. § 8a Abs. 2 KStG beträgt 1.200.000 €. Als

Fremdkapitalvergütung wird ein Zins von 8% des bereitgestellten Fremdkapitals vereinbart.

Gem. Art. 5 DBA Frankreich erfolgt eine Zuordnung der Gewinne verbundener Unternehmen auf

die beteiligten Staaten nach dem Fremdvergleichsgrundsatz.

Nach dem deutschen Steuerrecht wird der Sachverhalt wie folgt beurteilt: Das Fremdkapital

übersteigt das Eineinhalbfache des Eigenkapitalanteils (1,5 · 1.200.000 = 1.800.000 €) um

2.200.000 €. Daher sind die Fremdkapitalzinsen in Höhe von (2.200.000 · 8% =) 176.000 € als

verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.

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Rechtsfolgen

− Liegen die genannten Voraussetzungen vor, sind die Fremdkapitalvergütungen, für die kein safe

haven besteht bzw. die den safe haven übersteigen, auch verdeckte Gewinnausschüttungen

(§ 8a Abs. 1 Satz 1 KStG).

− Folglich findet eine gesetzliche Umqualifizierung in verdeckte Gewinnausschüttungen mit allen

Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG statt:

o Der umqualifizierte Teil der Vergütung erhöht das zu versteuernde Einkommen der

Gesellschaft.

o Die Umqualifizierung beschränkt sich jedoch auf die Vergütungen. Das zur Verfügung

gestellte Fremdkapital wird trotz Umqualifizierung der Vergütungen steuerlich als

Fremdkapital und nicht als Eigenkapital behandelt.

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Ausnahme der Umqualifizierung bei als Bruchteil des Fremdkapitals bemessene Vergütung

− Eine Umqualifizierung in eine verdeckte Gewinnausschüttung ist nicht vorzunehmen, wenn die

Kapitalgesellschaft nachweist, dass sie das Fremdkapital zu gleichen Bedingungen auch von

einem fremden Dritten (z.B. einer Bank) erhalten hätte (§ 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 KStG).

− Die Vorschrift des § 9 Nr.10 GewStG ist im Zuge der Neugestaltung der § 8a KStG entfallen.

Die aus der Umqualifizierung von Fremdkapitalzinsen resultierenden Gewinne erhöhen

nunmehr auch den Gewerbeertrag.

− Nach Ansicht der Finanzverwaltung haben die allgemeinen Grundsätze der verdeckten

Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG Vorrang vor § 8a KStG (vgl. BMF-Schreiben

betr. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG) vom 15. Dezember 1994, Rz. 3).

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− Erhält ein Gesellschafter für das überlassene Kapital eine zu hohe Vergütung, so ist der Teil der

Vergütung, der die angemessene Vergütung übersteigt, nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als

verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.

− Anschließend kann zusätzlich für den Teil der angemessenen Vergütung eine Umqualifizierung

nach § 8a KStG erfolgen.

Beispiel:

Die Rießen Germany GmbH erhält von ihrem polnischen Alleingesellschafter Egon Rießen spólka

z ograniczona odpowiedzialnoscia (GmbH) ein Darlehen in Höhe von 5.000.000 € zu einem

Zinssatz von 15%. Das gem. § 8a KStG zulässige Fremdkapital („safe haven“) beträgt

3.000.000 €. Als angemessener Zinssatz ist 10% anzusehen.

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Die Gewinnabgrenzung hat nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen (Art. 9 DBA Polen).

− Als verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gelten die überhöhten

Zinsen in Höhe von ([15% – 10%] · 5.000.000 =) 250.000 €. Für die übermäßige

Fremdkapitalfinanzierung von 2.000.000 € gelten zusätzlich gem. § 8a KStG die angemessenen

Zinsen von 10 % · 2.000.000 € als verdeckte Gewinnausschüttung.

− Die Unterscheidung zwischen verdeckter Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 und

§ 8a KStG war nach alter Rechtslage insbesondere gewerbesteuerlich von Bedeutung:

o die verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8a KStG wurde gemäß § 9 Nr. 10

GewStG vom gewerbesteuerpflichtigen Ertrag wieder subtrahiert und war daher nicht

(bzw. bei Qualifizierung als Dauerschuld im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG nur zur Hälfte)

gewerbesteuerpflichtig,

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o durch den Wegfall des § 9 Nr. 10 GewStG ist nun sowohl die vGA nach

§ 8 Abs. 3 Satz 2 wie auch die nach § 8a KStG voll gewerbesteuerpflichtig.

2.4.4 Verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG

− Der Begriff der verdeckten Einlage wurde von der Rechtsprechung entwickelt.

− Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn der Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft einen

Vermögensvorteil gewährt und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat

(vgl. z.B. BFH-Urteil v. 09.03.1983, BStBl. 1983 II, S. 744).

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− § 4 Abs. 1 EStG (der über § 8 Abs. 1 KStG auch für Körperschaften gilt) legt fest, dass bei dem

zur Gewinnermittlung durchzuführenden Vermögensvergleich der Wert der Einlagen abzuziehen

ist.

− Daher werden nur bilanzierungsfähige Vermögensvorteile von der verdeckten Einlage erfasst.

− Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn

o der Vorteil für eine Tochtergesellschaft im Erhalt eines unangemessen niedrig bezahlten

Wirtschaftsguts liegt oder

o eine Tochtergesellschaft ein Wirtschaftsgut an die Muttergesellschaft zu überhöhten

Preisen veräußert.

− Als Einlage kommen dabei nur solche Wirtschaftsgüter in Betracht, die Bestandteil des

Vermögensvergleichs sind (vgl. BFH-Urteil v. 26.10.1987, BStBl 1988 II, S. 348).

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− Keine verdeckten Einlagen können hingegen Nutzungsüberlassungen sein, da sie zu keiner

Vermögensmehrung im Überlassungszeitpunkt führen.

bilanzierungsfähiger Vermögensvorteil

− Der zur Vorlage einer verdeckten Einlage notwendige bilanzierungsfähige Vermögensvorteil

kann in einer Vermehrung der Aktiva oder einer Verminderung von Schulden oder

Rückstellungen bestehen.

− Dadurch wird deutlich, dass die Überlassung eines Wirtschaftsgutes zur Nutzung ohne oder

gegen zu geringes Entgelt sowie die zinslose oder zinsverbilligte Überlassung eines Darlehens

an eine Tochtergesellschaft nicht als verdeckte Einlage in Frage kommen.

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Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis

− Die zweite Voraussetzung der verdeckten Einlage ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter bei

der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögens-

vorteil nicht eingeräumt hätte (BFH-Urteil v. 16.04.1991, BStBl 1992 II, S. 23).

− Somit wird von der Rechtsprechung – wie auch bei der verdeckten Gewinnausschüttung – als

Beurteilungskriterium der Fremdvergleich herangezogen.

Beispiel:

Die deutsche Tochter Sörenson engineering Germany GmbH erhält von ihrer dänischen Mutter

Sörenson engineering Aktieselkab (Aktiengesellschaft) unentgeltlich eine Walzmaschine im Wert

von 100.000 €.

Gem. Art. 9 DBA Dänemark hat die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen

nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen.

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Die Sörenson engineering Aktieselkab wendet der Sörenson engineering Germany GmbH einen

einlagefähigen Vermögensvorteil zu. Diese Zuwendung ist durch das Gesellschaftsverhältnis

veranlasst, da ein Nichtgesellschafter der Sörenson engineering Germany GmbH bei Anwendung

der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einen solchen Vorteil nicht eingeräumt hätte. Somit

liegt eine verdeckte Einlage in die Sörenson engineering Germany GmbH vor.

Die Sörenson engineering Germany GmbH hat die Walzmaschinen mit ihrem (Teil-)Wert von

100.000 € zu aktivieren (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG). Der Bilanzgewinn

erhöht sich somit um 100.000 €. Gleichzeitig ist die verdeckte Einlage von dem Ergebnis des

Betriebsvermögensvergleiches außerbilanziell abzuziehen (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1

Satz 1 EStG), so dass sich der Gewinn der Sörenson engineering Germany GmbH durch die

verdeckte Einlage nicht verändert.

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2.4.5 Berichtigung von Einkünften bei internationalen Verflechtungen i.S.d. § 1 AStG

− Im Gegensatz zur verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage ist § 1 AStG

ausschließlich im internationalen Kontext anwendbar, da nach § 1 Abs. 1 AStG

Geschäftsbeziehungen zum Ausland zugrunde liegen müssen.

− Zu erhöhen sind gemäß § 1 Abs. 1 AStG die Einkünfte, die dadurch gemindert wurden, dass die

vereinbarten Bedingungen für die Geschäftsbeziehungen zwischen dem inländischen

Steuerpflichtigen und der nahe stehenden ausländischen Person von denen abweichen, die

fremde Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten.

− Der Fremdvergleich ist damit für diese Rechtsnorm als Maßstab gesetzlich normiert.

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− Die Anwendung des § 1 AStG ist an die Erfüllung folgender Voraussetzungen geknüpft:

Nahe stehende Person

− Dem Steuerpflichtigen ist eine Person nahe stehend, wenn

o zwischen der Person und dem Steuerpflichtigen eine mittelbare oder unmittelbare

Beteiligung von mindestens 25% besteht (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG),

o zwischen der Person und dem Steuerpflichtigen mittelbar oder unmittelbar ein

beherrschender Einfluss besteht (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG),

o eine dritte Person sowohl an der Person als auch an dem Steuerpflichtigen zu

mindestens 25% beteiligt ist oder auf beide mittelbar oder unmittelbar einen

beherrschenden Einfluss ausüben kann (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 AStG),

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Page 217: Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung ... · 2.2 Direkte Gewinnabgrenzung 2.2.1 Standardmethoden 2.2.1.1 Preisvergleichsmethode ... 2.3 Konkretisierung der direkten

o die Person oder der Steuerpflichtige einen Einfluss auf die Bedingungen der

Geschäftsbeziehung nehmen kann, der außerhalb dieser Geschäftsbeziehung

begründet ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 AStG) oder

o die Person oder der Steuerpflichtige ein eigenes Interesse an der Erzielung der

Einkünfte des anderen hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 AStG).

Geschäftsbeziehung

− Es werden nur Einkünfte berichtigt die auf eine Geschäftsbeziehung zurückzuführen sind.

− Eine Geschäftsbeziehung liegt nach § 1 Abs. 4 AStG stets dann vor, wenn die schuldrechtliche

Beziehung keine gesellschaftsvertragsrechtliche Vereinbarung ist und auf die zugrunde

liegenden Tätigkeiten die Bestimmungen der §§ 13, 15, 18 und 21 EStG anzuwenden sind oder

wären, falls die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.

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− Erfasst werden somit Rechtsgeschäfte jeder Art, wie der Erwerb oder die Veräußerung von

Wirtschaftsgütern, die Dienstleistungserbringung, die Darlehenshingabe und die Nutzungsüber-

lassung von Wirtschaftsgütern.

− Nicht erfasst wird hingegen die Bereitstellung von Nominalkapital, da sie auf eine

gesellschaftsvertragsrechtliche Vereinbarung beruht.

Einkunftsminderung

− Berichtigt werden nur durch vereinbarte Geschäftsbedingungen geminderte Einkünfte.

− Eine Gewinnkorrektur kann demnach nur zu Lasten des Steuerpflichtigen erfolgen.

− Aus der ausschließlich einkunftserhöhenden Wirkung des § 1 AStG wird die einseitige

fiskalische Motivation deutlich, eine Verlagerung von Einkünften ins Ausland zu verhindern.

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unmittelbare Minderung mittelbare Minderung

· verringerte Einnahmen · Verzicht auf

· erhöhte Ausgaben Einnahmeerzielung

Arten der Minderung

Auslandsbeziehung

− Die Geschäftsbeziehung, aus der die Minderung resultiert, muss zum Ausland bestehen.

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− Inländische Geschäftsbeziehungen und Geschäftsbeziehungen im Ausland fallen nicht unter

den Anwendungsbereich des § 1 AStG.

− Liegen alle Voraussetzungen vor, sind gemäß § 1 Abs. 1 AStG die Einkünfte so anzusetzen, wie

sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären.

„dealing at arm´s length”-Prinzip

Beachte:

− Die Korrekturvorschriften der §§ 8 Abs. 3, 8a KStG gehen in der Anwendung § 1 AStG vor.

Fazit:

− § 1 AStG erlaubt insbesondere Korrekturen im Verhältnis einer inländischen Mutter zu einer

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ausländischen Tochter, die auf eine Einkommenserhöhung bei der inländischen Mutter

hinauslaufen.

Beispiel:

Die deutsche TIMU AG gewährt ihrer französischen Tochter TIMU Société à Responsabilité

Limitée (GmbH) die Nutzung eines Herstellungsverfahrens, das mit hohen Kosten entwickelt

wurde, zu einer unangemessen geringen Lizenzgebühr.

Als Korrekturvorschrift kommt weder § 8 Abs. 3 noch § 8a KStG in Betracht, da es sich nicht um

verdeckte Gewinnausschüttungen handelt. Da allerdings die Voraussetzungen des § 1 AStG erfüllt

sind, kann die Einkommenserhöhung der deutschen Gesellschaft vorgenommen werden.

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2.4.6 Nicht erfasste Korrekturrichtung

− Es existiert keine deutsche Korrekturnorm für den Fall, dass eine ausländische Mutter ihrer

deutschen Tochter einen Vorteil gewährt, der nicht in der Einlage eines einlagefähigen

Wirtschaftsgutes besteht (Nutzungseinlage):

o § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG (verdeckte Einlage) erfasst nur

einlagefähige Wirtschafsgüter.

o § 8 Abs. 3 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung) ist nicht gegeben, da die Tochter kein

Anteilseigner der Mutter ist (sondern umgekehrt) und die Mutter an die Tochter somit

keinen Gewinn ausschütten kann.

o § 1 AStG sieht nur eine Gewinnerhöhung vor.

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Beispiel:

Die US-amerikanische Sam medical care Corporation (AG) überlässt ihrer deutschen Tochter Sam

medical care Germany GmbH das Nutzungsrecht eines von ihr erworbenen Patentes, ohne dafür

eine angemessene Lizenzgebühr zu fordern.

Nach Art. 7 Abs. 1 DBA-USA darf ausschließlich Deutschland den Gewinn der Sam medical care

Germany GmbH besteuern. Allerdings ist die Gewinnabgrenzung für verbundene Unternehmen

nach Art. 9 DBA-USA zu beachten.

Da die unentgeltliche Nutzungsüberlassung des Patentes kein bilanzierungsfähiger

Vermögensgegenstand im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG ist, darf das Einkommen der Sam medical

care Germany GmbH nicht nach § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG (verdeckte

Einlage) gemindert werden. Der Vorteil der Nutzung des Patentes ist allein dem Einkommen der

Tochter zuzurechnen. Es droht nach Einkommenskorrektur durch die US-amerikanischen

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Finanzbehörden eine Doppelbesteuerung.

− Die deutsche Finanzverwaltung räumt allerdings die Möglichkeit ein, dass aufgrund eines

Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens die in Deutschland versteuerten Einkünfte auch

dann herabzusetzen sind, um die Einkünfte in beiden Staaten übereinstimmend abzugrenzen,

wenn eine doppelte Besteuerung nicht auf andere Weise ausgeschlossen werden kann (vgl.

Schreiben vom 23.02.1983 betr. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei

internationalen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze), Tz. 1.2.3).

− Eine Verringerung der Gewinne ist somit auch ohne eine entsprechende deutsche Norm

möglich, wenn dies das Resultat eines Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens war.

213