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N. Felgenhauer · T. Zilker Toxikologische Abteilung der II.Medizinischen Klinik des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität, München Intoxikation mit Amphetaminen und Designer-Drogen lich gewählter, meist englischer „Stra- ßennamen“ in das medizinische Voka- bular übernommen wurden. Gemein- sam ist all diesen Substanzen ein relativ hohes Mißbrauchspotential. Der Prototyp dieser Substanzgrup- pe, das Amphetamin, wurde bereits 1887 synthetisiert, aber erst 1932 als ab- schwellendes Rhinologikum auf den Markt gebracht. In den Jahren danach wurde das Indikationsspektrum erwei- tert, und Amphetamin wurde u.a. als Appetitzügler, Psychostimulans sowie zur Behandlung hyperaktiver Kinder eingesetzt. Wegen der zentralstimulie- renden, antriebs- und leistungsstei- gernden Wirkung wurde Amphetamin insbesondere von Studenten, Fernfah- rern, Soldaten und Sportlern in zuneh- mendem Maße konsumiert [10]. Anwendung Seit Beginn der 80er Jahre finden die sogenannten halluzinogenen Amphet- amine in den USA und in Europa im- mer größere Verbreitung, wobei insbe- sondere dem 3,4-Methylendioxymeth- amphetamin (MDMA), bekannt unter dem Straßennamen „Ecstasy“, eine be- sondere Bedeutung zukommt. Bis Mitte der 80er Jahre gab es noch keine gesetz- lichen Restriktionen, so daß in den USA MDMA in Bars problemlos ge- kauft werden konnte. Wegen des hohen Mißbrauchpotentials und der ersten Drogentodesfälle in Deutschland 1997 Im Jahre 1997 wurden in der BRD 1501 Rauschgift-Todesfälle registriert. Da- von starben nachweislich 20 Personen an einer Amphetaminintoxikation.Wei- tere 11 nicht eindeutig geklärte Todes- fälle dürften ebenfalls auf die Einnah- me von Amphetamin zurückzuführen sein. 9 Personen verstarben nach dem Konsum von „Ecstasy“. Von den 1997 polizeilich registrier- ten 20.594 zum ersten Mal auffällig ge- wordenen Konsumenten harter Drogen entfielen 22,3% auf erstmalige Amphet- amin-Konsumenten und weitere 15.3% auf erstmalige „Ecstasy“-Konsumenten [19]. Amphetamine Substanz Amphetamine umfassen eine große Anzahl verschiedener Substanzen, bei denen es sich insgesamt um Derivate des Phenylethylamins handelt. Die Pro- totypen dieser Substanzgruppe sind das Amphetamin und das Metham- phetamin. Bezüglich der Derivate des Amphetamins und Methamphetamins herrscht leider ein sehr irritierendes begriffliches Chaos, wobei u.a. zwi- schen Amphetaminstimulantien, Psy- chostimulantien,Weckaminen,Appetit- züglern, Entaktogenen, Designer-Dro- gen, halluzinogenen Amphetaminen und synthetischen Amphetaminen nur unscharf differenziert wird. Komplizie- rend kommt noch hinzu, daß eine Viel- zahl exotisch klingender, völlig willkür- Der Internist 6·99 | 617 Übersicht Internist 1999 · 40:617–623 © Springer-Verlag 1999 Zum Thema Amphetamin und seine Derivate gehören zu den Psychostimulantien. Auf der Basis der chemischen Struktur (seitenketten- oder ringsubstituierte Amphetamine) werden Weckamine, Appetitzügler und Halluzinoge- ne unterschieden. Eine besondere Rolle spielen die beiden Designerdrogen Methyl- endioximethamphetamin (MDMA, Straßen- name: Ecstasy) und Methylendioxieth- amphetamin (MDEA, Straßenname: Eve). Sie bewirken beim Abhängigen ein Gefühl der Nähe zu anderen Menschen, Angstfrei- heit im sozialen Kontakt, eine Intensivierung akustischer und optischer Wahrnehmungen, Euphorie, Entspannung, Zufriedenheit und eine Steigerung der Kommunikationsbereit- schaft, des Selbstbewußtseins, der Vigilanz und des Antriebs. Daß diesen Wirkungen auch höchst uner- wünschte und gefährliche somatische und psychische Nebenwirkungen einschließlich Gewalttaten und schließlich ca. 40 bekannt gewordenen Todesopfern in Deutschland 1997 gegenüberstehen, ist Thema dieser Übersicht. Schlüsselwörter Amphetamine · Amphetaminstimulantien · Halluzinogene Amphetamine · MDMA · Ecstasy · Serotonin-Syndrom Dr. N. Felgenhauer Toxikologische Abteilung, II.Medizinische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität, Ismaninger Straße 22, D-81664 München& / f n - b l o c k : & b d y :

Intoxikation mit Amphetaminen und Designer-Drogen

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Page 1: Intoxikation mit Amphetaminen und Designer-Drogen

N. Felgenhauer · T. ZilkerToxikologische Abteilung der II.Medizinischen Klinik des Klinikums rechts der Isar der Technischen

Universität, München

Intoxikationmit Amphetaminen undDesigner-Drogen

lich gewählter, meist englischer „Stra-ßennamen“ in das medizinische Voka-bular übernommen wurden. Gemein-sam ist all diesen Substanzen ein relativhohes Mißbrauchspotential.

Der Prototyp dieser Substanzgrup-pe, das Amphetamin, wurde bereits1887 synthetisiert, aber erst 1932 als ab-schwellendes Rhinologikum auf denMarkt gebracht. In den Jahren danachwurde das Indikationsspektrum erwei-tert, und Amphetamin wurde u.a. alsAppetitzügler, Psychostimulans sowiezur Behandlung hyperaktiver Kindereingesetzt. Wegen der zentralstimulie-renden, antriebs- und leistungsstei-gernden Wirkung wurde Amphetamininsbesondere von Studenten, Fernfah-rern, Soldaten und Sportlern in zuneh-mendem Maße konsumiert [10].

Anwendung

Seit Beginn der 80er Jahre finden diesogenannten halluzinogenen Amphet-amine in den USA und in Europa im-mer größere Verbreitung, wobei insbe-sondere dem 3,4-Methylendioxymeth-amphetamin (MDMA), bekannt unterdem Straßennamen „Ecstasy“, eine be-sondere Bedeutung zukommt. Bis Mitteder 80er Jahre gab es noch keine gesetz-lichen Restriktionen, so daß in denUSA MDMA in Bars problemlos ge-kauft werden konnte. Wegen des hohenMißbrauchpotentials und der ersten

Drogentodesfällein Deutschland 1997

Im Jahre 1997 wurden in der BRD 1501Rauschgift-Todesfälle registriert. Da-von starben nachweislich 20 Personenan einer Amphetaminintoxikation.Wei-tere 11 nicht eindeutig geklärte Todes-fälle dürften ebenfalls auf die Einnah-me von Amphetamin zurückzuführensein. 9 Personen verstarben nach demKonsum von „Ecstasy“.

Von den 1997 polizeilich registrier-ten 20.594 zum ersten Mal auffällig ge-wordenen Konsumenten harter Drogenentfielen 22,3% auf erstmalige Amphet-amin-Konsumenten und weitere 15.3%auf erstmalige „Ecstasy“-Konsumenten[19].

Amphetamine

Substanz

Amphetamine umfassen eine großeAnzahl verschiedener Substanzen, beidenen es sich insgesamt um Derivatedes Phenylethylamins handelt. Die Pro-totypen dieser Substanzgruppe sinddas Amphetamin und das Metham-phetamin. Bezüglich der Derivate desAmphetamins und Methamphetaminsherrscht leider ein sehr irritierendesbegriffliches Chaos, wobei u.a. zwi-schen Amphetaminstimulantien, Psy-chostimulantien,Weckaminen,Appetit-züglern, Entaktogenen, Designer-Dro-gen, halluzinogenen Amphetaminenund synthetischen Amphetaminen nurunscharf differenziert wird. Komplizie-rend kommt noch hinzu, daß eine Viel-zahl exotisch klingender, völlig willkür-

Der Internist 6·99 | 617

ÜbersichtInternist1999 · 40:617–623 © Springer-Verlag 1999

Zum Thema

Amphetamin und seine Derivate gehören zu

den Psychostimulantien. Auf der Basis der

chemischen Struktur (seitenketten- oder

ringsubstituierte Amphetamine) werden

Weckamine, Appetitzügler und Halluzinoge-

ne unterschieden. Eine besondere Rolle

spielen die beiden Designerdrogen Methyl-

endioximethamphetamin (MDMA, Straßen-

name: Ecstasy) und Methylendioxieth-

amphetamin (MDEA, Straßenname: Eve).

Sie bewirken beim Abhängigen ein Gefühl

der Nähe zu anderen Menschen, Angstfrei-

heit im sozialen Kontakt, eine Intensivierung

akustischer und optischer Wahrnehmungen,

Euphorie, Entspannung, Zufriedenheit und

eine Steigerung der Kommunikationsbereit-

schaft, des Selbstbewußtseins, der Vigilanz

und des Antriebs.

Daß diesen Wirkungen auch höchst uner-

wünschte und gefährliche somatische und

psychische Nebenwirkungen einschließlich

Gewalttaten und schließlich ca. 40 bekannt

gewordenen Todesopfern in Deutschland

1997 gegenüberstehen, ist Thema dieser

Übersicht.

Schlüsselwörter

Amphetamine · Amphetaminstimulantien ·

Halluzinogene Amphetamine · MDMA ·

Ecstasy · Serotonin-Syndrom

Dr. N. FelgenhauerToxikologische Abteilung, II. Medizinische Klinik

und Poliklinik der Technischen Universität,

Ismaninger Straße 22, D-81664 München&/fn-block:&bdy:

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Meldungen über mögliche neurotoxi-sche Wirkungen [16, 24, 34] wurde 1985zunächst in den USA und kurze Zeitspäter auch in der BRD die Herstellungund der Gebrauch von MDMA gesetz-lich verboten. Auf der Suche nach neu-en Halluzinogenen wurden durch ge-ringfügige chemische Veränderungenbereits bekannter illegaler Drogen neueSubstanzen synthetisiert, die sich in ih-ren pharmakologischen Wirkungenvon den bereits vorhandenen illegalenDrogen nur unwesentlich unterschie-den. Dies führte zur Entwicklung vonMDEA und MBDB, die in der BRD 1991bzw. 1996 ebenfalls dem Betäubungs-mittelgesetz unterstellt wurden [15].

Trotz dieser gesetzlichen Restrik-tionen hat sich „Ecstasy“ in den letzten10 Jahren zu einer weit verbreitetenModedroge entwickelt und steht mitt-lerweile nach dem Cannabis an zweiterStelle der in Deutschland konsumiertenillegalen Drogen. Von den Deutschenim Alter von 12–24 Jahren haben etwa4–5% zumindest einmal „Ecstasy“ ge-nommen [27]. Konsumiert wird „Ecs-tasy“ in der Regel auf großen Tanzpar-ties („raves“) zu lauter „Techno-Musik“.

Chemische Charakterisierung

Chemisch gesehen sind Amphetaminund seine Derivate Abkömmlinge desPhenylethylamins, wobei die Substituti-on an der aromatischen Ringstrukturund an der Seitenkette des Phenylethyl-amins erfolgen kann. Bei dem Prototy-

entstehen die sog. halluzinogenen Am-phetamin-Derivate. Hierzu gehörenu.a. das Mescalin, das 4-Methyl-2,5-di-methoxyamphetamin (DOM/STP), das4-Brom-2,5-dimethoxyamphetamin(DOB), das p-Methoxyamphetamin (PMA)sowie die neuen Modedrogen 3,4-Me-thylendioxymethamphetamin (MDMA,Straßenname: „Ecstasy“), 3,4-Methyl-endioxyethamphetamin (MDEA, Stra-ßenname: „Eve“) und N-methyl-1,1,3-benzodioxol-5-yl-2-butylamin (MBDB)(Tabelle 1).

Wirkungsmechanismus

Amphetamin und Methamphetamingehören zur Gruppe der Sympathomi-metika und sind die Prototypen derPsychostimulantien. Sie wirken indi-rekt dopaminerg und noradrenergdurch eine gesteigerte Freisetzung bzw.eine Reuptake-Hemmung von Dop-amin und Noradrenalin und haben inerster Linie einen stimulierenden Effektauf das Zentralnervensystem und dasHerz-Kreislaufsystem [12].

Die Wirkung der klassischen hallu-zinogenen Amphetamin-Derivate wieMescalin, DOM/STP, DOB und PMA be-ruht auf einer direkten serotonergenReaktion aufgrund eines direkten Ago-nismus am 5-HT2-Rezeptor [1].

Die neuen Modedrogen, wie z.B.MDMA, MDEA etc. nehmen in pharma-kologischer Hinsicht, obwohl den hal-luzinogenen Amphetaminen zugeord-net, eine Zwischenstellung zwischenStimulanzien und Halluzinogenen einund werden deswegen von manchenAutoren unter dem Begriff der Entakto-gene [15] auch als eigenständige Sub-stanzklasse geführt. Sie verfügen nicht

pen dieser Substanzgruppe, dem Am-phetamin, handelt es sich um das Phe-nylisopropylamin; hierbei ist das Phe-nylethylamin an seiner Seitenkette miteiner CH3-Gruppe substituiert. BeimMethamphetamin ist eine weitere CH3-Gruppe an die Seitenkette angelagert(Abb. 1). Zu den an der Seitenkette sub-stituierten Amphetaminen gehören dievigilanzsteigernden Weckamine Meth-amphetamin (Pervitin®), Fenetyllin(Captagon®), Amphetanil (AN 1®) undPemolin (Tradon®). Ebenfalls zu dieserGruppe gehören die zentralnervös al-lerdings deutlich weniger stimulieren-den Appetitzügler wie Phenmetrazin(Preludin®), Fenfluramin (Ponderax®)und Phentermin (Mirapront®).

Erfolgt die Substitution des Am-phetamins bzw. des Methamphetaminsan der aromatischen Ringstruktur, so

| Der Internist 6·99

Übersicht

618

Abb. 1m Chemische Struktur des Phenylethylamins und einiger seiner Derivate

Tabelle 1

Einteilung der Amphetamine

Seitenkettensubstituierte Ringsubstituierte AmphetamineAmphetamine

Weckamine Appetitzügler Halluzinogene

Amphetamin Phenmetrazin MDMA Methylendioxymethamphetamin („Ecstasy“)Methamphetamin Fenfluramin MDEA Methylendioxyethamphetamin („Eve“)Fenetyllin Phentermin MBDB N-methyl-1-(1,3-benzodioxo-5-yl)-2-butylaminAmphetanil Mescalin TrimethoxyphenylethylaminPemolin DOM/STP 4-Methyl-2,5-dimethoxyamphetamin

DOB 4-Brom-2,5-dimethoxyamphetaminPMA p-Methoxyamphetamin

Page 3: Intoxikation mit Amphetaminen und Designer-Drogen

nur über serotonerge sondern auchüber dopaminerge Eigenschaften. Derzentralnervöse serotonerge Effekt miteiner gesteigerten präsynaptischen Se-rotonin-Ausschüttung, einer gleichzei-tigen Reuptake-Hemmung und einerdirekt agonistischen Wirkung an 5-HT2-und 5-HT1-Rezeptoren steht hierbei al-lerdings eindeutig im Vordergrund [15,32]. Die zentralnervöse stimulierendesympathomimetische Wirkung ist etwa10mal schwächer als die von Amphet-amin [14].

Die gesteigerte serotonerge Stimu-lation führt zu einer breiten Palette vonStörungen im psychischen Bereich so-wie zu einer Störung der zentralenThermoregulation im Sinne einer hy-perthermen Temperaturentgleisung [16,42]. Bei exzessiver serotonerger Stimu-lation kann sich eine Befundkonstella-tion entwickeln wie sie für das Seroto-nin-Sydrom beschrieben ist [3, 16, 24,35, 44, 45]. Hierzu gehören Störungendes Bewußtseins, des vegetativen Ner-vensystems und der neuromuskulärenErregungsübertragung [30, 46].

Im Anschluß an die Aktivierungder serotonergen Synapsen kommt eszu einem schnellen und anhaltendenAbsinken der zerebralen Serotoninkon-zentration [16, 35, 41, 47]. Hier habentierexperimentelle Untersuchungen ge-zeigt, daß diese Erschöpfung des sero-tonergen Systems zu Langzeitschädenmit degenerativen Veränderungen se-rotonerger Neurone führen kann [16,24, 34].

Pharmakokinetik

Amphetamine werden nach oraler Ein-nahme gastrointestinal nahezu voll-ständig resorbiert. Maximale Plasma-konzentrationen werden nach 1–2 h er-reicht [38]. Die Proteinbindung beträgtje nach Amphetamin-Derivat zwischen15% und 34% [10]. Amphetamin wirdüber Phenylaceton zu Benzoesäure me-tabolisiert und nach Konjugation anGlucuronsäure oder Glycin über dieNiere ausgeschieden [9].

Amphetamin ist eine schwache Ba-se (pKa-Wert 9.9) und wird in den Nie-rentubuli um so besser rückresorbiertje alkalischer der Urin ist [12]. Norma-lerweise werden ca. 30% des Amphet-amins innerhalb von 24 h unverändertim Urin ausgeschieden. Bei sauremUrin (pH 5.5–6.0) werden in 24 h bis zu

höht wird die Toxizität der halluzinoge-nen Amphetamine durch die gleichzei-tige Einnahme anderer serotonerg wir-kender Substanzen. Hierzu zählen ins-besondere Selektive und NichtselektiveSerotonin-Reuptake-Hemmer, Inhibi-toren des Serotoninabbaus wie MAO-Hemmer und Kokain,Vorstufen des Se-rotonins wie L-Tryptophan, Serotonin-Agonisten wie LSD sowie andere Sti-mulatoren der Serotonin-Freisetzungwie Lithium.

Klinik

Nach oraler Aufnahme von Amphet-aminen setzt die Symptomatik nach et-wa 30 min ein und hält in der Regel4–6 h an [10]. Amphetamin und Am-phetamin-Derivate zeigen bei der aku-ten Vergiftung ein ähnliches Beschwer-debild, wobei in erster Linie das Zen-tralnervensystem und das Herz-Kreis-laufsystem betroffen sind. Während beiden Amphetaminstimulantien die sym-pathomimetischen Symptome ganz imVordergrund stehen, sind diese bei denhalluzinogenen Amphetaminen weni-ger stark ausgeprägt. Hier bestimmendie serotonergen Effekte auf Psycheund vegetatives Nervensystem das Ver-giftungsbild. Dadurch ist es in gewisserWeise möglich, das Vergiftungsbild derAmphetaminstimulantien von dem derhalluzinogenen Amphetamine zu un-terscheiden.

Bei der leichten Amphetaminver-giftung kommt es zu psychomotori-scher Unruhe, Reizbarkeit, Logorrhoe,Schlaflosigkeit, Tremor, Hyperreflexie,Mydriasis, starkem Schwitzen, Hyper-tonie, Tachykardie und Erbrechen.

Bei der schweren Amphetamininto-xikation entwickeln sich Panikattackensowie ein delirantes Zustandsbild, dasanschließend auch in ein Koma überge-hen kann. Zusätzlich können zerebraleKrampfanfälle, eine Hyperthermie,Herzrythmusstörungen und eine Herz-Kreislaufinsuffizienz auftreten.

Todesursache ist schließlich einHerz-Kreislaufversagen im Rahmen ei-nes Multiorganversagens oder eine hy-pertensive intrazerebrale Blutung bzw.eine Subarachnoidalblutung (Tabelle 2).

Eine ausgeprägte psychotische Sym-ptomatik mit Paranoia, Halluzinatio-nen und Denkstörungen ohne wesentli-che sympathomimetische Symptoma-tik wird insbesondere beim chronischen

80%, bei alkalischem Urin (pH von 8.0)jedoch nur 2–3% als freies Amphetamineliminiert [12]. Die Plama-Halbwertzeitist somit abhängig vom Urin-pH undbeträgt bei saurem Urin 8–10,5 h undbei alkalischem Urin 16–31 h [8].

Methylendioxymethamphetamin(MDMA) wird teilweise zu Methyl-endioxyamphetamin (MDA) metaboli-siert, 65% werden jedoch unverändertüber die Niere eliminiert [43].

Toxizität

Am häufigsten werden Amphetamin,Methamphetamin und MDMA konsu-miert. Die übliche Einzeldosis für Am-phetamin und Methamphetamin be-trägt 5–20 mg [10]. Bei chronischemMethamphetaminabusus und entspre-chender Toleranzentwicklung kann dieEinzeldosis bis zu 1000 mg erreichen[10]. Experimentellen Tierversuchenzufolge ist Methamphetamin etwa dop-pelt so toxisch wie Amphetamin [10].Für MDMA und MDEA liegt die üblicheEinzeldosis bei 100–150 mg [15].

Tierexperimentelle Untersuchun-gen haben überzeugende Hinweise da-für erbracht, daß die Toxizität der Am-phetamine nicht nur von der Dosis son-dern ganz entscheidend auch von denUmgebungsbedingungen abhängig ist.Zusammengedrängtsein auf engstemRaum, hohe Umgebungstemperatur,laute Geräuschkulisse und wahrschein-lich auch Dehydratation – Bedingun-gen, wie sie bei Tanzparties in der Regelanzutreffen sind – erhöhen die Toxizi-tät von Amphetaminen ganz wesentlich[7, 16].

Angaben bezüglich der letalen Do-sis von Amphetaminen beruhen aufEinzelberichten. So sind Todesfällebeim Menschen schon bei einer Meth-amphetamindosis von 1,5 mg/kgKG be-obachtet worden [50]. Andererseits gibtes Berichte, daß Amphetamindosen von28 mg/kgKG überlebt worden sind [26].Im Blut zeigen die meisten Metham-phetamin-Todesfälle eine Methamphet-amin-Konzentration, die über einemWert von 0,05 mg/l liegt [29].

Für MDMA gibt es diesbezüglichkeine konkreten Angaben. Es bleibt je-doch festzustellen, daß MDMA nichtnur nach massiver Überdosierung son-dern schon nach Aufnahme einer übli-chen Einzeldosis von 100 mg zuVergif-tungssymptomen führen kann [20]. Er-

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Amphetaminabusus beobachtet [10].Häufig zeigen amphetaminabhängigePatienten auch Defizite im Erinne-rungs- und Konzentrationsvermögen [33].

Bei den halluzinogenen Amphet-aminen, wie dem MDMA, stehen beider üblichen Einzeldosis von 100–150 mg die Auswirkungen auf das psy-chische Erleben im Vordergrund. Nachden Ergebnissen einer anonymen Be-fragung wird über folgende subjektiveMDMA-Effekte berichtet [36]: Gefühlder Nähe zu anderen Menschen, Angst-freiheiheit im sozialen Kontakt, erhöhteKommunikationsbereitschaft, gesteiger-tes Selbstbewußtsein, erhöhte Vigilanz,gesteigerter Antrieb, Intensivierungakustischer und optischer Wahrneh-mungen, Euphorie, Entspannung, Ge-fühl der inneren Zufriedenheit. Im An-schluß an dieses Stimmungshoch wer-den nicht selten unangenehm erlebteNachwirkungen wie Nervosität, emo-tionale Instabilität, Angstzustände undPanikattacken beobachtet.

Vergiftungserscheinungen könnenbeim MDMA bereits bei der üblichenEinzeldosis von 100–150 mg auftreten[20]. Eine leichte Vergiftung äußert sichin einem Anstieg von Herzfrequenzund Blutdruck; zudem kommt es zu ei-ner Mydriasis und zu verstärktemSchwitzen [40]. Ein wahrscheinlich di-rekter serotonerger Effekt auf die zen-tralnervöse Temperaturregulation [16],zusammen mit einer gesteigerten kör-perlichen Aktivität, einer hohen Umge-bungstemperatur sowie einer unge-nügenden Flüssigkeitszufuhr könnenzu einem starken Temperaturanstieg(>42°C) [20] und einer ausgeprägtenDehydratation führen [16, 40].

Kommt es zu einer schwerenMDMA-Vergiftung, so entwickelt sichaus den erwähnten Symptomen ein le-

MDMA weitere Komplikationen ent-wickeln, die nicht notwendigerweise ei-ne Überdosierung vorraussetzen. Beibereits länger bestehendem MDMA-Abusus, mitunter aber auch bereitsnach einmaliger Einnahme von MDMA,können chronische Angststörungen,Panikattacken, Depressionen und chro-nisch paranoide Psychosen getriggertwerden [4, 31, 48, 49]. Auch ohne rele-vante Überdosierung kann sich ein ful-minantes Leberversagen entwickeln [11,20], wobei die pathophysiologischenZusammenhänge noch nicht endgültiggeklärt sind. Hypertensive Krisen kön-nen zu einer intrazerebralen Blutung[18] oder einer subarachnoidalen Blu-tung [13] führen. Bereits Dosen von we-niger als 50 mg MDMA stimulieren dieVasopressin-Sekretion [21] und könnenvor allem in Verbindung mit einer ex-zessiven Zufuhr hypotoner Flüssigkei-ten eine Wasserintoxikation mit Hypo-natriämie bewirken.

Sowohl bei den Amphetaminsti-mulantien als auch bei den halluzinoge-nen Amphetaminen können bereitsleichte Intoxikationen zu einem Psy-chosyndrom führen, das durch illusio-näre Verkennungen der Realität und ei-ne ausgeprägte Selbstüberschätzungbestimmt ist. Aufgrund einer völlig in-adäquat gesteigerten Risikobereitschaftbegeben sich die Betroffenen häufig inGefahrensituationen, die zu schweren,mitunter tödlichen Unfällen führenkönnen. In manchen Untersuchungenwaren bis zu 2/3 aller Amphetamin-Todesfälle durch Gewalteinwirkung inForm von Unfällen, Selbstmord oderTotschlag bedingt [25, 29].

bensgefährliches Serotonin-Syndrommit der Trias von zentralnervösen, vege-tativen und neuromuskulären Störun-gen [30, 46]. Zu den zentralnervösenStörungen gehören starke psychomoto-rische Unruhe, Panikattacken,Verwirrt-heit, Halluzinationen und Koma.

Die Störungen des vegetativen Ner-vensystems äußern sich in exzessivenTemperaturerhöhungen, Hyperhidro-sis, Tachykardie, Blutdruckschwankun-gen und Diarrhöen.

Die neuromuskulären Symptomesind Hyperreflexie, Koordinationstö-rungen, Ataxie, Tremor, Nystagmus, Er-höhung des Muskeltonus, Muskel-faszikulieren und insbesondere Myo-klonien. Dieses Serotonin-Syndrom mitexzessiver Temperaturerhöhung führthäufig zusätzlich zu Rhabdomyolyse,akutem Nierenversagen, Verbrauchs-koagulopathie, Herzrhythmusstörun-gen und Multiorganversagen [20, 30, 35,46] (Tabelle 3).

Unabhängig vom Serotonin-Syn-drom können sich nach Einnahme von

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Übersicht

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Tabelle 2

Symptome der akuten Intoxikation mit Amphetaminstimulantien

● Leichte Vergiftung:Psychomotorische Unruhe, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit,Tremor, Hyperreflexie,Mydriasis, Hyperhidrosis, Hypertonie,Tachykardie, Erbrechen.

● Schwere Intoxikation:Panikattacken,Verwirrtheit, Halluzinationen, Koma, zerebrale Krampfanfälle,Hyperthermie, Herzrythmusstörungen, Herz-Kreislaufinsuffizienz.

● Komplikationen:Hypertensive intrazerebrale Blutung, Subarachnoidalblutung, Multiorganversagen,Unfälle, Gewaltdelikte, Suizid.

Tabelle 3

Symptome der akuten Intoxikation mit halluzinogenenAmphetaminen

● Leichte Vergiftung:Koordinationstörungen, Hyperreflexie, Ataxie,Tremor, Nystagmus,psychomotorische Unruhe,Tachykardie, Hypertonie, Fieber, Dehydratation, Synkope

● Schwere Vergiftung:Serotonin-Syndrom:Verwirrtheit, Halluzinationen, Koma, exzessiv hohes Fieber,Hyperhidrosis, Diarrhoe,Tachykardie, Blutdruckschwankungen, Rigor,Muskelfaszikulieren, Myoklonien.

● Komplikationen:Rhabdomyolyse, akutes Nierenversagen,Verbrauchskoagulopathie,intrazerebrale/subarachnoidale Blutungen, Multiorganversagen, fulminantes Leberversagen, chronische Angststörungen, Depressionen, chronisch paranoide Psychosen, Unfälle, Gewaltdelikte, Suizid.

Page 5: Intoxikation mit Amphetaminen und Designer-Drogen

Chronischer Amphetaminabususführt zu einer Toleranzentwicklung miteiner kontinuierlichen Dosissteigerungauf mehrere Gramm Amphetamin proTag [10]. Werden bei diesen Patientendie Amphetamine abrupt abgesetzt, sokann sich ein Amphetamin-Entzugs-syndrom entwickeln. Es kommt zu de-pressiven Verstimmungen, Antriebslo-sigkeit, Angstzuständen und Schlafstö-rungen [23].

Therapie

Für die Behandlung der Vergiftung mitAmphetaminen steht uns keine spezifi-sche Antidot-Therapie zu Verfügung, sodaß sich die therapeutischen Bemühun-gen allein auf symptomatische Maßnah-men beschränken. Grundsätzlich istfestzustellen, daß jede symptomatischeVergiftung mit Amphetaminen einerklinischen Überwachung bedarf.

Giftentfernungsmaßnahmen spie-len bei diesen Vergiftungen nur eine un-tergeordnete Rolle. Primäre Giftentfer-nungsmaßnahmen kommen in der Re-gel zu spät, zumal eine solche Behand-lung nur dann sinnvoll ist, wenn dieGiftaufnahme nicht länger als 1 h zu-rückliegt [2]. Sekundäre Gifteliminati-onsmaßnahmen wie Hämodialyse undHämoperfusion sind in ihrer Effizienznicht untersucht, dürften allerdings we-gen des relativ großen Verteilungsvolu-mens der Amphetamine [10] nur eineuntergeordnete Rolle spielen. Unterpharmakokinetischen Gesichtspunktenwäre die sauere Diurese zwar eine geeig-nete Eliminationsmethode,doch verbie-tet sich dieses Verfahren wegen der häu-fig begleitenden Myoglobulinurie.

Leichte Vergiftungen sind mit derSubstitution von Flüssigkeit und derGabe von Benzodiazepinen in der Regelausreichend versorgt.

Der Einsatz von Muskelrelaxantieneinschließlich Dantrolen wird kontro-vers diskutiert [30] und allenfalls dannempfohlen, wenn die Temperaturerhö-hung mit einer gesteigerten Muskelrigi-dität einhergeht. TierexperimentelleUntersuchungen und vereinzelte klini-sche Erfahrungsberichte weisen daraufhin, daß das Serotonin-Syndrom mitSerotoninantagonisten günstig beein-flußt werden kann. Hierbei wurden ins-besondere mit den unspezifischen 5-HT-Antagonisten Methysergid [39] undCyproheptadin [28] sowie mit dem spe-zifischen 5-HT1A-Rezeptor-AntagonistenPropranolol [6, 17] gute Ergebnisse er-zielt. Weitere klinische Untersuchungensind jedoch notwendig, um Effizienzund Sicherheit dieser Therapie endgül-tig beurteilen zu können (Tabelle 4).

Zusammenfassung

Der Konsum von Amphetamin-Deriva-ten hat in den vergangenen Jahrendeutlich zugenommen, wobei insbe-sondere dem 3,4-Methylendioxymeth-amphetamin (MDMA, „Ecstasy“) einebesondere Bedeutung zukommt. InDeutschland steht MDMA mittlerweilenach dem Cannabis an zweiter Stelleder am häufigsten konsumierten illega-len Drogen. Chemisch gesehen sindAmphetamine Abkömmlinge des Phe-nylethylamins. Die pharmakologischenEigenschaften der Amphetamin-Deri-vate sind abhängig davon, an welcherStelle des Phenylethylamins die Substi-tution erfolgt. Erfolgt die Substitutionan der Seitenkette, so erhält man dieAmphetaminstimulantien (Amphetamin,Methamphetamin, etc.), erfolgt die Sub-stitution am aromatischen Ring, so ent-stehen die halluzinogenen Amphetami-ne (Mescalin, MDMA, MDEA, etc.).

Die Amphetaminstimulantien wir-ken indirekt dopaminerg und norad-renerg, die klassischen halluzinogenenAmphetamine wirken direkt seroton-erg. MDMA („Ecstasy“) gehört definti-onsgemäß auch zu den halluzinogenenAmphetaminen, nimmt aber insoferneine Sonderstellung ein, da es nebender serotonergen Wirkung der klassi-schen Halluzinogene auch die dop-aminerge Wirkung der Stimulantienbesitzt. Bei Vergiftungen mit Amphet-aminen stehen die Wirkungen auf dasZentralnervensystem und das Herz-Kreislaufsystem im Vordergrund.

Bei schweren Vergiftungen stehtdas Stabilisieren der Vitalparameter zu-nächst im Vordergrund.Aufgrund einerausgeprägten Dehydratation ist hier dieausreichende Substitution von Flüssig-keit und Elektrolyten die wichtigsteErstbehandlungsmaßnahme [20]. Soll-te hiermit keine ausreichende Stabili-sierung des Blutdrucks erzielt werden,so kann mitunter auch die Gabe vonKatecholaminen erforderlich werden.Bei respiratorischer Insuffizienz wirdeine endotracheale Intubation mit an-schließender Beatmung durchgeführt.

Die weiteren therapeutischen Maß-nahmen orientieren sich an der vorlie-genden Symptomatik. Erregungszu-stände und psychotisches Erleben wer-den mit Benzodiazepinen [16], Clome-thiazol oder Butyrophenon-Derivaten[37] behandelt. Tierexperimentelle Un-tersuchungen haben gezeigt, daß beiMDMA-Intoxikationen sowohl mit Clo-methiazol als auch mit Haloperidolnicht nur das akute Beschwerdebildsondern möglicherweise auch die Ent-wicklung MDMA-induzierter Spätschä-den günstig beeinflußt werden kann[22]. Zerebrale Krampfanfälle erfordernden Einsatz von Benzodiazepinen. Hy-pertone Blutdruckwerte können mitNifedipin, Urapidil oder Clonidin [40]gesenkt werden. Eine Rhabdomyoly-se mit Myoglobinurie wird mit alkali-scher Diurese oder bei akutem Nieren-versagen mit Hämodialyse behandelt.Ein fulminantes Leberversagen machtu.U. eine Lebertransplantation erforder-lich [5].

Beim Auftreten eines Serotonin-Syndroms ist die dringlichste Maßnah-me das Senken der häufig exzessiv er-höhten Körpertemperatur, wobei hierder externen Kühlung mit physikali-schen Maßnahmen die größte Bedeu-tung zukommt [35, 46].

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Tabelle 4

Symptomatische Maßnahmen in der Therapie von Vergiftungenmit Amphetaminen

● Dehydratation: Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution● Erregungszustände: Benzodiazepine, Clomethiazol, Butyrophenon-Derivate● Zerebrale Krampfanfälle: Benzodiazepine● Rhabdomyolyse: alkalische Diurese● Akutes Nierenversagen: Hämodialyse● Serotonin-Syndrom: externe Kühlung, Muskelrelaxantien (Dantrolen)?,

Serotoninantagonisten (Propranolol)?

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Während bei den Amphetamin-stimulantien die sympathomimeti-schen Symptome dominieren, sind die-se bei den halluzinogenen Amphetami-nen weniger stark ausgeprägt. Hier be-stimmen die serotonergen Effekte aufPsyche und vegetatives Nervensystemdas Vergiftungsbild. Vergiftungser-scheinungen können beim MDMA be-reits bei der üblichen Einzeldosis von100–150 mg auftreten. Wichtige Früh-symptome der MDMA-Intoxikationsind der starke Temperaturanstieg unddie damit einhergehende Dehydratati-on. Bei der schweren MDMA-Intoxika-tion kann sich eine Befundkonstellati-on entwickeln, wie sie für das Seroto-nin-Sydrom beschrieben ist.Als weitereKomplikationen werden intrazerebraleBlutungen, Subarachnoidalblutungen,Rhabdomyolyse, akutes Nierenversa-gen, Verbrauchskoagulopathie, Herz-rhythmusstörungen und Multiorgan-versagen beobachtet. Häufige Todesur-sachen sind zudem Unfälle und Selbst-mord.

Bei bereits länger bestehendemMDMA-Abusus, mitunter aber auch be-reits nach einmaliger Einnahme vonMDMA, können chronische Angststö-rungen, Panikattacken, Depressionenund chronisch paranoide Psychosen ge-triggert werden. Auch ohne relevanteÜberdosierung kann sich ein fulminan-tes Leberversagen entwickeln.

Für die Behandlung der Vergiftungmit Amphetaminen steht uns eine spe-zifische Antidot-Therapie nicht zu Ver-fügung, so daß sich die therapeutischenBemühungen allein auf symptomati-sche Maßnahmen beschränken. LeichteVergiftungen werden mit Flüssigkeits-substitution und der Gabe von Benzo-diazepinen behandelt. Bei schwerenVergiftungen ist die ausreichende Sub-stitution von Flüssigkeit und Elektroly-ten die wichtigste Erstbehandlungs-maßnahme. Zur symptomatischen The-rapie werden Benzodiazepine, Clome-thiazol, Butyrophenon-Derivate, Nife-dipin, Urapidil und Clonidin eingesetzt.Beim Auftreten eines Serotonin-Syn-droms ist die dringlichste Maßnahmedas Senken der häufig exzessiv erhöh-ten Körpertemperatur. Mit Serotonin-Antagonisten gibt es einige erfolgsver-sprechende Therapieansätze.

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Fazit für die Praxis

Die Schwelle für die Toxizität von Amphet-amin und dessen Derivaten variiert je nachToleranzentwicklung ganz extrem bis zumFaktor 10, wobei die Normaldosis für dieübliche Einzeldosis der von Abhängigenerwünschten Drogenwirkung für Methyl-endioximethamphetamin (MDMA, Stra-ßenname: Ecstasy) und Methylendioxieth-amphetamin (MDEA, Straßenname: Eve)bei ca. 100–150 mg liegt, aber bis zu1000 mg betragen kann.Todesfälle wur-den allerdings schon bei 1,5 mg/kg KGbeobachtet. Die Amphetamin-Konzentra-tion im Blut beträgt bei Todesfällen imallgemeinen >0,05 mg/l.

Die Symptome der akuten Intoxika-tion mit halluzinogenen Amphetaminenreichen von Koordinationsstörungen,Hyperreflexie, Ataxie,Tremor, Nystagmus,Tachykardie, Hypertonie, Synkope undFieber bis hin zu Verwirrtheit, Halluzinatio-nen, Diarrhoe, Muskelfaszikulieren, Myo-klonien und Koma. Zu den Komplikationenzählen Rhabdomyolyse, Nierenversagen,Leberversagen,Verbrauchskoagulopathie,Multiorganversagen, Hirnblutungen, De-pressionen, Psychosen, Unfälle, Gewaltta-ten und Suizid. Für Amphetaminstimulan-tien sind Panikattacken und zerebraleKrampfanfälle besonders charakteristisch.

Mit Amphetamin intoxikierte Perso-nen bedürfen prinzipiell klinischer Über-wachung. In Ermangelung eines spezi-fischen Antidots kommt derzeit nur einezumeist aufwendige symptomatischeBehandlung zur Anwendung.

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