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G roßvisitationen finden entweder anlassbezogen – über Ersuchen der Leitung der jeweiligen Justiz- anstalt (JA) – oder routinemäßig statt. Auch wenn Suchtmittel, Handys oder Waffen in der Justizanstalt vermutet werden, erfolgen Großvisitationen. Ne- ben manipulierten technischen Geräten werden immer wieder Handys, SIM- Karten, USB-Speicher, Suchtmittel und von den Häftlingen selbst gefertigte Stichwaffen gefunden. „Die Technik wird immer kleiner, die Vernetzung innerhalb der Justiz- anstalten immer besser – das birgt eine Sicherheitsgefahr, die durch solche Ein- sätze minimiert werden soll“, sagt Brigadier Erich Huber-Günsthofer, Lei- ter der Abteilung Sicherheit und Bau in der Vollzugsdirektion des Bundesminis- teriums für Justiz (BMJ). „Unser Ziel ist dabei der größt- mögliche Schutz von Insassen und Per- sonal. Die Vorbereitung von Schwer- punktaktionen wird geheim gehalten. Der Überraschungseffekt muss gewähr- leistet sein. Spätestens mit Beginn der Großvisitation wissen ohnehin alle Bescheid“, erläutert Huber-Günsthofer. „Eine Justizanstalt ist ein Mikroorga- nismus, Neuigkeiten sprechen sich sehr schnell herum. Es ist nicht möglich, am Einsatztag unauffällig zu arbeiten. Bei den größeren Justizanstalten Stein, Kar- lau und Garsten schreiten wir in einer Stärke von etwa 180 Beamten ein. So etwas fällt natürlich auf.“ Kleinere Visitierungen finden täglich statt, ganze Abteilungen werden in der Regel zwei bis dreimal im Jahr durch- sucht. Zu Gesamtvisitationen kommt es seltener. Gesucht wird nach unerlaubten Gegenständen: Mobiltelefone, Sucht- und Substitutionsmittel, Tätowiergeräte und Spritzen. „Wir bemühen uns, wäh- rend der Durchsuchungen den Regelbe- trieb aufrecht zu halten. Bis auf Lotsun- gen durch das Personal der visitierten Justizanstalt werden die Teams aus Angehörigen anderer Anstalten gebil- det. Einerseits wird dadurch der Betrieb nicht beeinträchtigt, andererseits haben Beamte, die die Räumlichkeiten und die Insassen nicht kennen, mitunter einen anderen Blickwinkel“, erläutert Bun- dessicherheitsbeauftragter Franz Staffl. Die Teams teilen sich in Visitie- rungs- und Zugriffsteams. Letztere sind mit Schutzausrüstung, Einsatzstöcken und Pfeffersprays ausgestattet. Schuss- waffen sind in der Justizanstalt verboten – bis auf wenige Ausnahmen, die der Anstaltsleiter festlegt. Zu groß wäre die Gefahr einer Eskalation. Die Organisation von Schwerpunkt- aktionen obliegt einem eingespielten Team. Die Vorlaufzeit beträgt etwa eine Woche, ein Einschreiten ist im Extrem- fall kurzfristig möglich. Geleitet wird das Team von zwei Justizwacheof- fizieren der Justizanstalten Eisenstadt und Hirtenberg. Für die Planung und Durchführung der Visitation gibt es eine standardisierte Vorgehensweise – die Abläufe werden an Hand einer Check- liste kontrolliert. Nach der Durch- suchung fängt die eigentliche Arbeit für die Beamten der betroffenen Anstalt an: Fundgegenstände müssen zugeordnet, interne Ordnungsstrafverfahren einge- leitet werden. 100 Einsatzgruppenmitglieder aus 23 Justizanstalten nahmen an der Durch- suchung der JA Karlau teil. Dazu ka- men Beamte der Verkehrsabteilung und der Diensthundestaffel des Landespoli- zeikommandos Steiermark mit zwei Suchtgift- und fünf Sprengmittelspür- 19 ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 5-6/12 FOTOS: ELENA SCHERSCHNEVA-KOLLER STRAFVOLLZUG Großvisitation in der Justizanstalt Graz-Karlau: Vorbesprechung; Durchsuchen eines Haftraums. Diensthundeführer vom LPK Steier- mark: Die Bundespolizei unterstützt die Justizwache bei Großvisitationen. Waffen, Drogen, Handys Ende Februar 2012 kontrollierten Justizwachebeamte und Polizisten in der Justizanstalt Graz-Karlau 140 Hafträume, 5 Betriebe und 250 Insassen und stellten unerlaubte Gegenstände sicher.

Waffen, Drogen, Handys - BMI

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Page 1: Waffen, Drogen, Handys - BMI

Großvisitationen finden entwederanlassbezogen – über Ersuchender Leitung der jeweiligen Justiz -

anstalt (JA) – oder routinemäßig statt.Auch wenn Suchtmittel, Handys oderWaffen in der Justizanstalt vermutetwerden, erfolgen Großvisitationen. Ne -ben manipulierten technischen Gerätenwerden immer wieder Handys, SIM-Karten, USB-Speicher, Suchtmittel undvon den Häftlingen selbst gefertigteStichwaffen gefunden.

„Die Technik wird immer kleiner,die Vernetzung innerhalb der Justiz -anstalten immer besser – das birgt eineSicherheitsgefahr, die durch solche Ein-sätze minimiert werden soll“, sagtBrigadier Erich Huber-Günsthofer, Lei -ter der Abteilung Sicherheit und Bau inder Vollzugsdirektion des Bundes minis -teriums für Justiz (BMJ).

„Unser Ziel ist dabei der größt-mögliche Schutz von Insassen und Per-sonal. Die Vorbereitung von Schwer-punktaktionen wird geheim gehalten.Der Überraschungseffekt muss ge währ -leistet sein. Spätestens mit Beginn derGroßvisitation wissen ohnehin alleBescheid“, erläutert Huber-Günsthofer.„Eine Justizanstalt ist ein Mikroorga -nismus, Neuigkeiten sprechen sich sehrschnell herum. Es ist nicht möglich, amEinsatztag unauffällig zu arbeiten. Beiden größeren Justizanstalten Stein, Kar-lau und Garsten schreiten wir in einerStärke von etwa 180 Beamten ein. Soetwas fällt natürlich auf.“

Kleinere Visitierungen finden täglichstatt, ganze Abteilungen werden in derRegel zwei bis dreimal im Jahr durch-sucht. Zu Gesamtvisitationen kommt esseltener. Gesucht wird nach unerlaubtenGegenständen: Mobiltelefone, Sucht-und Substitutionsmittel, Tätowiergeräteund Spritzen. „Wir bemühen uns, wäh -rend der Durch suchungen den Regelbe-trieb auf recht zu halten. Bis auf Lotsun-gen durch das Personal der visitiertenJus tiz anstalt werden die Teams ausAngehörigen anderer Anstalten gebil -det. Einerseits wird dadurch der Betrieb

nicht beeinträchtigt, andererseits habenBeamte, die die Räumlichkeiten und dieInsassen nicht kennen, mitunter einenanderen Blickwinkel“, erläutert Bun-dessicherheitsbeauftragter Franz Staffl.

Die Teams teilen sich in Visitie -rungs- und Zugriffsteams. Letztere sindmit Schutzausrüstung, Einsatz stöckenund Pfeffersprays ausge stattet. Schuss-waffen sind in der Justiz anstalt verboten– bis auf wenige Ausnahmen, die derAnstaltsleiter festlegt. Zu groß wäre dieGefahr einer Eskalation.

Die Organisation von Schwerpunkt -aktionen obliegt einem eingespieltenTeam. Die Vorlaufzeit beträgt etwa eineWoche, ein Einschreiten ist im Extrem-fall kurzfristig möglich. Gelei tet wirddas Team von zwei Justizwacheof-fizieren der Justizanstalten Eisenstadtund Hirtenberg. Für die Planung undDurchführung der Visitation gibt es einestandardisierte Vorgehens weise – dieAbläufe werden an Hand einer Check-liste kontrolliert. Nach der Durch-suchung fängt die eigentliche Arbeit fürdie Beamten der betroffenen Anstalt an:Fundgegenstände müssen zugeordnet,interne Ordnungsstrafverfahren einge -leitet werden.

100 Einsatzgruppenmitglieder aus 23Justizanstalten nahmen an der Durch-suchung der JA Karlau teil. Dazu ka-men Beamte der Ver kehrs abteilung undder Diensthundestaffel des Landespo li -zeikommandos Steiermark mit zweiSucht gift- und fünf Spreng mittel spür -

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Großvisitation in der Justizanstalt Graz-Karlau: Vorbesprechung; Durchsuchen eines Haftraums.

Diensthundeführer vom LPK Steier-mark: Die Bundespolizei unterstützt dieJustizwache bei Großvisitationen.

Waffen, Drogen, Handys Ende Februar 2012 kontrollierten Justizwachebeamte und Polizisten in der Justizanstalt Graz-Karlau

140 Hafträume, 5 Betriebe und 250 Insassen und stellten unerlaubte Gegenstände sicher.

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hunden. „Für die Hunde ist die Suchar-beit am schwierigsten“, sagt MeinradKörb ler von der DiensthundestaffelSteiermark. Ein Hund hat eine Kör-pertemperatur von 38 Grad. Bei derSuche setzt die so genannte Schnüffelat-mung ein – der Hund atmet bis zu 300-mal pro Minute, die Körpertemperaturerhöht sich auf 40 Grad. „Er arbeitet al-so mit hohem Fieber“, betont Abtei -lungs inspektor Körbler. Die Schnüffe-latmung ermöglicht es dem Hund, dieUmweltgerüche zu filtern. Bei jenemGeruch, auf den der Hund spezialisiertist, zeigt er ein spezifisches Verhalten.„Früher sind die Tiere auf aktive Ver-haltensweisen wie Kratzen, Bellen oderBeißen dressiert worden, mittlerweile –zum Teil aus Sicherheitsgründen – istman dazu übergegangen, passive Sig-nale wie Hinlegen, Hinsetzen oder Auf-stellen anzutrainieren. Für den Hund istdie Sucharbeit ein Spiel. Wenn er zwi -schendurch ein Erfolgserlebnis hat unddie Pausenzeiten eingehalten werden,bleibt er motiviert und leistungsfähig“,erklärt Körbler.

Ausschlaggebend für den Erfolg derSuche ist die Zusammenarbeit zwischenHund und Hundeführer. Neben der Mo-tivation ist es Aufgabe des Hunde-führers abzuschätzen, wann eine Pauseerforderlich ist.

„Die Zusammenarbeit mit den Lan-despolizeikommanden funktioniert aus-gesprochen gut. Wir sind bei diesenSchwerpunktaktionen auf den Einsatzder Hunde angewie sen“, sagt BrigadierHuber-Günsthofer. Für die Durch-suchung einer großen Justizanstalt sindwegen der Belastbarkeit der Tiere etwa15 bis 20 Hunde notwendig. Bei 63 Ein-sätzen, davon 7 „Generalvisitationen“mit bis zu 16 Hunden, waren mehr als200 Spreng stoff- und Suchtmittel-spürhunde des BM.I eingesetzt. Die Jus-tiz hat auch zu einzelnen Gruppen derLandeskriminalämter einen guten Kon-takt: „Wir haben in den letzten Jahrendie Erfahrung gemacht, dass das gegen-seitige Teilen von Informationen einegroße Erlei chterung für beide Seitendarstellt“, sagt Franz Staffl. In derheutigen Zeit, in der die Vernetzung derStraftäter untereinander immer mehr zu-nimmt, sei es auch für die Behördenwichtig, sich auszutauschen.

Bei der Großvisitation in der Justiz -anstalt Karlau wurden Handys undSIM-Karten, Drogenersatzmittel undweitere unerlaubte Gegenstände gefun-den. Elena Scherschneva-Koller

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