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J. Braun J. Sieper Inzeptionskohorte fu ¨ r Spondylarthropathien Z Rheumatol 59:117–121 (2000) ° Steinkopff Verlag 2000 WORKSHOP QUALITØTSMANAGEMENT ZfRh 225 Prof. Dr. J. Braun ( ) ) · Prof. Dr. J. Sieper Rheumatologie, UKBF FU Berlin Hindenburgdamm 30 D-12200 Berlin Inception cohort of early spondyloarthropathies Zusammenfassung Die Spondylar- thropathien (SpA) geho ¨ren zu den wichtigsten entzu ¨ndlich-rheumati- schen Erkrankungen – nicht zuletzt, weil ha ¨ufig Patienten ju ¨ngeren Le- bensalters betroffen sind. Durch die vielen klinischen Gemeinsamkeiten und die hochgradige Assoziation mit HLA B27 za ¨hlen die ankylosierende Spondylitis, die undifferenzierte Spondylarthropathie und die reaktive Arthritis zu den Prototypen der SpA. Trotz der relativ hohen Pra ¨valenz dieser Erkrankungen gibt es große Defizite in Fru ¨hdiagnostik und -therapie. Dies trifft auch auf den Wissensstands u ¨ber Verlauf, progno- stische Faktoren und sozioo ¨konomi- sche Bedeutung dieser Erkrankungen zu. Ebenso sind die Vorstellungen zu Pathogenese und Therapie noch we- nig befriedigend. Durch die fehlende breite rheumatologische Ausbildung liegt ein klares Defizit vor allem im nicht-rheumatologischen hausa ¨rztli- chen Bereich vor. Ziel des hier vorgestellten Projek- tes ist es, ein Kollektiv von SpA-Pa- tienten mit Fru ¨hformen der Erkran- kung aufzubauen, um zu Aussagen u ¨ber Verlauf und Outcome fu ¨r die SpA zu kommen. Der Einschluß von Kindern mit juveniler SpA ist dabei von besonderer Bedeutung, da der Beginn der AS ha ¨ufig in der 2. Lebensdekade liegt und die klini- sche Manifestation mit vorwiegend peripherer Gelenkbeteiligung sich von Erwachsenen zum Teil unter- scheidet. Daru ¨ber hinaus sind diese Kollektive essentieller Bestandteil fu ¨r andere Teilprojekte des Bereichs infektassoziierter Arthritiden/Spon- dylarthopathien im Rahmen des MedNet, um Studien zur Diagno- stik, Therapie, Immunologie und Genetik der SpA durchzufu ¨hren. Summary The spondyloarthropa- thies (SpA) are important inflamma- tory rheumatic diseases – not only because patients of young age are frequently involved. Ankylosing spondylitis, reactive arthritis, and undifferentiated spondyloarthropathy are prototypes of SpA which share several clinical features and the strong association with HLA B27. Despite its high prevalence there are many shortcomings in early diagno- sis and therapy of SpA. The same is true for the knowledge on course, prognostic factors, and the socioeco- nomic consequences of these dis- eases. Furthermore, our knowledge about pathogenesis and therapy is still limited. Due to the known defi- ciencies in rheumatologic education, there are clear-cut deficiencies in the health care provided by general practioners. The aim of the project presented here is to built up a cohort of early SpA patients to learn about course and outcome of SpA. In this regard, special attention is paid to the inclu- sion of patients with juvenile SpA since AS starts frequently in the 2nd decade of life and because the clini- cal picture with more frequent pe- ripheral joint involvement differs from AS of adult onset. Moreover, these cohorts play an essential role for other projects of the MedNet subdivision of infect-asso- ciated arthritides/spondyloarthropa- thies in which studies on diagnosis, therapy, immunology, and genetics of the SpA performed. Schlu ¨ sselwo ¨rter Spondylarthropathien – Inzeptionskohorte – Verlauf – Prognose – Pathogenese Key words Spondyloarthropathy – inception cohort – course – prognosis – pathogenesis

Inzeptionskohorte für Spondylarthropathien

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Page 1: Inzeptionskohorte für Spondylarthropathien

J. BraunJ. Sieper

InzeptionskohortefuÈ r Spondylarthropathien

Z Rheumatol 59:117±121 (2000)° Steinkopff Verlag 2000 WORKSHOP QUALITØTSMANAGEMENT

ZfR

h225

Prof. Dr. J. Braun ()) ´ Prof. Dr. J. SieperRheumatologie, UKBF FU BerlinHindenburgdamm 30D-12200 Berlin

Inception cohort of earlyspondyloarthropathies

Zusammenfassung Die Spondylar-thropathien (SpA) gehoÈren zu denwichtigsten entzuÈndlich-rheumati-schen Erkrankungen ± nicht zuletzt,weil haÈufig Patienten juÈngeren Le-bensalters betroffen sind. Durch dievielen klinischen Gemeinsamkeitenund die hochgradige Assoziation mitHLA B27 zaÈhlen die ankylosierendeSpondylitis, die undifferenzierteSpondylarthropathie und die reaktiveArthritis zu den Prototypen der SpA.Trotz der relativ hohen PraÈvalenzdieser Erkrankungen gibt es groûeDefizite in FruÈhdiagnostik und-therapie. Dies trifft auch auf denWissensstands uÈber Verlauf, progno-stische Faktoren und soziooÈkonomi-sche Bedeutung dieser Erkrankungenzu. Ebenso sind die Vorstellungen zuPathogenese und Therapie noch we-nig befriedigend. Durch die fehlendebreite rheumatologische Ausbildungliegt ein klares Defizit vor allem imnicht-rheumatologischen hausaÈrztli-chen Bereich vor.

Ziel des hier vorgestellten Projek-tes ist es, ein Kollektiv von SpA-Pa-

tienten mit FruÈhformen der Erkran-kung aufzubauen, um zu AussagenuÈber Verlauf und Outcome fuÈr dieSpA zu kommen. Der Einschluûvon Kindern mit juveniler SpA istdabei von besonderer Bedeutung,da der Beginn der AS haÈufig in der2. Lebensdekade liegt und die klini-sche Manifestation mit vorwiegendperipherer Gelenkbeteiligung sichvon Erwachsenen zum Teil unter-scheidet. DaruÈber hinaus sind dieseKollektive essentieller BestandteilfuÈr andere Teilprojekte des Bereichsinfektassoziierter Arthritiden/Spon-dylarthopathien im Rahmen desMedNet, um Studien zur Diagno-stik, Therapie, Immunologie undGenetik der SpA durchzufuÈhren.

Summary The spondyloarthropa-thies (SpA) are important inflamma-tory rheumatic diseases ± not onlybecause patients of young age arefrequently involved. Ankylosingspondylitis, reactive arthritis, andundifferentiated spondyloarthropathyare prototypes of SpA which shareseveral clinical features and thestrong association with HLA B27.Despite its high prevalence there aremany shortcomings in early diagno-sis and therapy of SpA. The same istrue for the knowledge on course,prognostic factors, and the socioeco-nomic consequences of these dis-

eases. Furthermore, our knowledgeabout pathogenesis and therapy isstill limited. Due to the known defi-ciencies in rheumatologic education,there are clear-cut deficiencies inthe health care provided by generalpractioners.

The aim of the project presentedhere is to built up a cohort of earlySpA patients to learn about courseand outcome of SpA. In this regard,special attention is paid to the inclu-sion of patients with juvenile SpAsince AS starts frequently in the 2nddecade of life and because the clini-cal picture with more frequent pe-ripheral joint involvement differsfrom AS of adult onset.

Moreover, these cohorts play anessential role for other projects of theMedNet subdivision of infect-asso-ciated arthritides/spondyloarthropa-thies in which studies on diagnosis,therapy, immunology, and genetics ofthe SpA performed.

SchluÈ sselwoÈrterSpondylarthropathien ±Inzeptionskohorte ± Verlauf ±Prognose ± Pathogenese

Key words Spondyloarthropathy ±inception cohort ± course ±prognosis ± pathogenesis

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EinfuÈ hrung und Hintergrund

Der Oberbegriff SpA umfaût ankylosierende Spondylitis(AS), reaktive Arthritis (ReA), Psoriasis-Arthritis undArthritiden bei chronisch-entzuÈndlichen Darmerkrankun-gen. Als wichtiger Fortschritt fuÈr Klassifikation undklinische Diagnostik der SpA wurde durch die ESSG-Kriterien zusaÈtzlich die undifferenzierte Spondylarthro-pathie (uSpA) definiert (1).

Die Bedeutung der SpA wird in vielerlei Hinsichtdeutlich unterschaÈtzt. In einer eigenen Untersuchung anBerliner Blutspendern lag die GesamtpraÈvalenz der SpAbei ca. 1,9% (2). Die ReA ist deshalb von besondererRelevanz fuÈr die Gesamtgruppe der SpA, weil ein aus-loÈsendes bakterielles Agens identifiziert werden kann,ca. 50% der HLA-B27-positiven ReA-Patienten chroni-fizieren und ca. 20% der HLA-B27-positiven ReA-Pa-tienten in eine AS uÈbergehen. Da vermutlich ein Groû-teil der ReA aus verschiedenen GruÈnden nicht diagno-stiziert wird, koÈnnten auch der sogenannten idiopathi-schen AS und uSpA eine ReA vorausgehen. Die bishe-rige VernachlaÈssigung der SpA koÈnnte folgende GruÈndehaben:

(i) die oft schwierige Diagnosestellung (bei der ASimmer noch erst 5±7 Jahre nach dem Auftreten er-ster Symptome)

(ii) das Fehlen ausreichend getesteter und etablierter(Basis)therapien

(iii) aufgrund der Leitsymptome RuÈckenschmerz und/oder Oligoarthritis (haÈufig Gonarthritis) Behand-lung der SpA-Patienten durch Nicht-Rheumatolo-gen wie HausaÈrzte, Internisten und OrthopaÈden

Alle diese GruÈnde haben dazu gefuÈhrt, daû ausreichendgroûe und gut definierte Patientenkollektive mit SpAfuÈr Studien zur Pathogenese, Diagnose, Prognose, The-rapie und zu soziooÈkonomischen Fragen nur in unzurei-chendem Maûe zur VerfuÈgung stehen.

Aufgrund der prozentualen Bedeutung, des relativenMangels an diagnostischen und therapeutischen Kon-zepten und der Relevanz fuÈr die Pathogenese der Ge-samtgruppe SpA erscheint eine Konzentration auf dieKrankheitsbilder ReA, AS und uSpA gerechtfertigt. FuÈrdas Projekt ist zudem von besonderer Relevanz, Kinderals Patienten mit einzubeziehen, da

(i) die SpA die zweithaÈufigste rheumatische Erkran-kung im Kindesalter ist,

(ii) die Krankheitsbilder im Kindes- und Erwachsenen-alter sich in einigen Punkten stark aÈhneln (3), inanderen Belangen aber unterscheiden, so daû da-her

(iii) von der SpA im Kindesalter wichtige RuÈck-schluÈsse fuÈr Pathogenese, Verlauf und PrognosefuÈr die Gesamtgruppe der SpA zu erwarten sindund

(iv) ein leichterer Zugang zu Familienmitgliedern derPatienten gegeben ist.

Prognostische Marker fuÈr Outcome, Gelenkdestruktion,Ankylose und Osteoporose sind bis auf das HLA-B27bisher so gut wie nicht bekannt, und es ist daher auchunklar, welche Patienten am Anfang intensiver behan-delt werden sollten.

Aufgaben und Ziele

Daher ergeben sich fuÈr das Projekt folgende Aufgaben:

(i) Verbreitung der diagnostischen Kriterien und desdiagnostischen Vorgehens fuÈr ReA, AS und uSpAunter intensiver Zusammenarbeit mit den oÈrtlichenRheumatologen, OrthopaÈden, KinderaÈrzten undHausaÈrzten.

(ii) in Zusammenarbeit mit anderen Projekten Erfas-sung von SpA-Patienten (AS <5 Jahre; ReA: <12Monate; aufgeteilt in <6 Monate und >6 Monate;alle Patienten mit uSpA unabhaÈngig von der Zeit-dauer, wobei allerdings fuÈr weitere Studien eineStratifizierung entsprechend der Zeitdauer der Er-krankung angestrebt wird;

(iii) jaÈhrliche Verlaufsbeobachtung (s.u. Outcome-Pa-rameter) dieser Patienten.

(iv) Einfrieren von EDTA-Blut (DNS), Serum, mono-nukleaÈren Zellen und SynovialfluÈssigkeit plus Sy-novialmembran (falls vorhanden) mit dezentralerLagerung und zentraler Datenerfassung.

Folgende Ziele sollen im Rahmen dieses Projektes er-reicht werden:

· Evaluation von Verlauf und Outcome der Erkrankung· Umsetzung diagnostischer Kriterien fuÈr die prakti-

sche Versorgung und damit UnterstuÈtzung der FruÈh-diagnostik

· Aufbau von Patientenkollektiven fuÈr immunologi-sche, genetische, diagnostische und therapeutischeStudien

· Kenntnisse uÈber Verlauf und prognostische Parameterder SpA zu erhalten, Daten zur soziooÈkonomischenBedeutung dieser Erkrankung zu erarbeiten und defi-nierte Patientenkollektive fuÈr immunologische, gene-tische, diagnostische und therapeutische Studien zuerhalten.

Vorarbeiten

Die Antragsteller haben sich in den letzten Jahren inten-siv an der Klassifikation, der Erarbeitung von diagnosti-schen Kriterien und der DurchfuÈhrung von diagnosti-schen und epidemiologischen Studien zu den Spondyl-

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arthropathien beteiligt und haben an der Erarbeitungvon Klassifikations- und Diagnosekriterien fuÈr SpA undReA mitgewirkt (1, 4). Schon vor Jahren hatte die AGaus Hannover sich mit der FruÈhsymptomatik der SpA,insbesondere der AS, beschaÈftigt (5). Mehrere der Be-teiligten haben Studien zur Diagnostik der ReA, zuletztvor allem hinsichtlich der Evaluation moderner PCR-Technologie (6±8) durchgefuÈhrt. Aus Berlin kamenwichtige Untersuchungen zur PraÈvalenz der SpA (2),zur Diagnostik der juvenilen ReA, zum Verlauf undTherapie der ReA, zur FruÈhdiagnose der AS (9), undzur FruÈhdiagnose der juvenilen Spondylarthopathie (10)durchgefuÈhrt. Auch die WuÈrzburger AG hat zahlreicheStudien zur Pathogenese, Diagnostik und Klassifikation(11) juveniler Arthritiden publiziert. Daher bestehen indiesem Netzwerk ausreichend Erfahrungen, Kenntnisseund Exzellenz, um den Aufbau einer Inzeptionskohortefur juvenile und adulte SpA durchzufuÈhren.

Diagnosekriterien

Diagnostische Kriterien werden diskutiert, festgelegtund national und regional fuÈr Ørzte und Patienten ver-breitet. Dies geschieht in Abstimmung und Zusammen-arbeit mit dem EDV-Projekt aus DuÈsseldorf. Folgendediagnostische Kriterien werden zunaÈchst zugrunde ge-legt:1. reaktive Arthritis: entsprechend den Ergebnissen des

,3. International Workshop on reactive arthritis`1995 in Berlin (4) und den Empfehlungen derDGRh;

2. ankylosierende Spondylitis: entsprechend den NewYork-Kriterien (12)

3. undifferenzierte Spondylarthropathie: entsprechendden Kriterien der ,European SpondyloarthropathyStudy Group` (ESSG, 1), aufgeteilt in Patienten mitentzuÈndlichem RuÈckenschmerz und in Patienten mitperipherer Arthritis. ZusaÈtzlich werden Enthesitis,Daktylitis und anteriore Uveitis beruÈcksichtigt.

4. Patienten mit undifferenzierter Mon-/Oligoarthritisund Patienten mit entzuÈndlichem RuÈckenschmerz,die die oben genannten Diagnose-Kriterien nicht er-fuÈllen. Hier ist die Fragestellung, wieviele dieserPatienten im weiteren Verlauf eine SpA entwickeln.

Umfang der Studie

Geplant ist der Einschluû folgender Patientenzahlen:

Erwachsene:reaktive Arthritis: 100ankylosierende Spondylitis: 200undifferenzierte Spondylarthropathie: 200undifferenzierte Mon-/Oligoarthritis: 100

alleiniger entzuÈndlicher RuÈckenschmerz: 100

Kinder:reaktive Arthritis: 50uSpA: 50AS: 20

Die angestrebten Fallzahlen erscheinen fuÈr den Zeit-raum von 3 Jahren realisierbar, da in vergleichbaremZeitraum uÈber 60 ReA- (13) und uÈber 50 uSpA-Patien-ten (14) allein in Berlin und 150 HLA-B27-positiveKinder allein in der Kinderrheumaklinik Buch, Berlin,bei denen die haÈufigsten Diagnosen ReA und uSpA wa-ren (Schauer-Petrowskaja, Biedermann, SchoÈntube, un-veroÈffentlicht), erfaût wurden. In der Kerndokumenta-tion wurden 1997 430 AS-Patienten mit <5 JahreKrankheitsdauer erfaût (Zink A et al.) Von daher ist an-zunehmen, daû unter Ausnutzung der Strukturen desNetzwerkes die angestrebten Zahlen erreichbar sind.

Verlaufsbeobachtung zur Evaluationvon Outcome-Kriterien

Die Patienten werden 1x im halben Jahr befragt bzw.untersucht. Es ist geplant, die folgenden Parameter zuerheben, die im wesentlichen den von der ,AnkylosingSpondylitis Working Group` publizierten (15) entspre-chen:

· EntzuÈndungsparameter: BSG und CRP· WS-Beweglichkeit, Steifheit der WS· Arthritis peripherer Gelenken, Enthesiopathie· Schmerzen und KrankheitsgefuÈhl (global assessment)

des Patienten· Arzturteil· extraartikulaÈre Manifestationen· Anzahl der Krankheitstage bzw. ArbeitsunfaÈhigkeit· bildgebende Verfahren (Details s.u.)· Einfrieren von mononukleaÈren Zellen, Serum und

DNS (letzteres nur einmalig)· Parameter von Knochenaufbau (Osteocalcin im Se-

rum) und Knochenabbau (Pyridinoline im Urin)· Beginn, Dosis und Dauer medikamentoÈser Therapien· NichtmedikamentoÈse Therapien

Bildgebende Untersuchungen

Hinsichtlich der Bildgebung bei SpA bestehen ebenfallsumfangreiche Erfahrungen, vor allem in Berlin (16).Bei allen Patienten, die einen entzuÈndlichen RuÈcken-schmerz angeben, wird alle 2 Jahre obligatorisch eineRoÈntgenuntersuchung der Sakroiliakalgelenke (SIG)durchgefuÈhrt, bei allen HLA-B27-positiven Patienten,bei denen der RuÈckenschmerz keine wesentliche Rollespielt, alle 5 Jahre, bei einer Sakroiliitis > Grad 3 nicht

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mehr. Gerade bei den FruÈhformen ist eine MRT-Unter-suchnung der SIG und/oder der WirbelsaÈule (symptom-orientiert) wuÈnschenswert, wegen der Kosten wird diesjedoch dem behandelnden Zentrum uÈberlassen. Die Ko-horten sollen grundsaÈtzlich auch fuÈr andere diagnosti-sche Studien verwendet werden koÈnnen. In einem sol-chen Falle muÈssen die zusaÈtzlichen Kosten und die Artund Weise der Finanzierung geklaÈrt werden.

Outcome-Parameter

Folgende Outcome-Parameter werden definiert und inKorrelation zu den initial erhobenen klinischen, labor-chemischen, immunologischen und genetischen Datengesetzt, um zu Aussagen zum Verlauf und zu prognosti-schen Markern fuÈr diese Erkrankung zu kommen:

· Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index(BASFI; primaÈrer Outcome Parameter, 17)

· Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activitiy Index(BASDAI, 18)

· RoÈntgenologische VeraÈnderungen: Sakroiliakalgelen-ke plus WirbelsaÈule (BASRI, 19)

· Anzahl der entzuÈndeten Gelenke· soziooÈkonomische Parameter: Direkte und indirekte

Kosten der SpA sollen in den Patientenbefragungenalle 6 Monate erfaût werden. Folgendes soll beim Pa-tienten erfragt werden: Arztbesuche wegen der SpAbeim Allgemeinmediziner, OrthopaÈden und Rheuma-tologen; Krankengymnastik; physikalische Therapie;Ergotherapie; Patientenschulung; Krankenhausaufent-halte; Behandlungen in Rehabilitationskliniken. ZurErfassung der indirekten Kosten werden ArbeitsunfaÈ-higkeitszeiten, vorzeitige Berentung sowie die Aus-bildung, arbeitsrechtliche Stellung und ausgeuÈbterBeruf erfaût. In Kooperation mit GesundheitsoÈkono-men im Netz und ggf. netzuÈbergreifend sollen die In-anspruchnahmedaten mit Hilfe durchschnittlicher Ko-stensaÈtze in direkte Kosten umgerechnet sowie indi-rekte Kosten durch Arbeitsausfall berufsbezogen er-mittelt werden. Hieraus lassen sich die Kosten derBehandlung und die Folgekosten zumindest naÈhe-rungsweise bestimmen. Da in den verschiedenen Ko-horten mit identischem Instrumentarium gearbeitetwerden soll, werden auch Vergleiche der Kosten zwi-schen den Krankheitsbildern und in AbhaÈngigkeitvon der Dauer der Krankheit und der primaÈr versor-genden Institution moÈglich sein.

· Health assessement questionaire fuÈr SpA (20)· Short form 36 (fuÈr LebensqualitaÈt) (21).

FuÈr die Erhebungen wird auf kuÈrzlich publizierte Meû-instrumente fuÈr Erwachsene wie BASDAI, BASFI,BASRI (16±18) und BAS-G (22) und fuÈr Kinder (23)zuruÈckgegriffen. Es sollen standardisierte FrageboÈgeneingesetzt werden (wie HAQ fuÈr SpA, Short Form 36),die von den Patienten selbst ausgefuÈllt werden koÈnnen.Die genaue Abstimmung der zu erhebenden AktivitaÈts-und Outcomeparameter erfolgt in den ersten Monatender Laufzeit des Projekts innerhalb der ProjektgruppeDokumentation und Methoden.

Statistische Kalkulation

Die Patientenzahlen basieren auf einer Powerkalkulation(a=5%, Power=80%), bei der als statistisch bedeutsa-me Unterschiede angenommen wurden:

a) eine ErhoÈhung der HaÈufigkeit des Ûbergang eineruSpA in eine AS um 10%

b) eine mittlere VeraÈnderung des FunktionsindexesBath Ankylosing Spondylitis Functional Index(BASFI) bzw. des EntzuÈndungsaktivitaÈtsindex BathAnkylosing Spondylitis Disease Activitiy Index(BASDAI) um jeweils 25% der entsprechendenStandardabweichung in 3 Jahren.

FuÈr den Vergleich zweier Gruppen sind nach a) n=160und nach b) ± unter Einrechnung einer mittleren zeitli-chen Korrelation zwischen 0,3 und 0,7 ± n=186 Patien-ten noÈtig. Ein Unterschied im Chronifizierungsrisikovon 15% bei ReA-Patienten wird bei der Fallzahl vonn=100 mit 80%iger Power entdeckt.

Therapeutische und andere Studien(z. B. Diagnostik, Pathogenese)

Der Aufbau dieser Kohorte und die Verlaufsbeobach-tung ist nur ein Teil dieses Projektes. Die Kohorte kannund sollte fuÈr weitere Studien zur Therapie (z.B. Sulfa-salazin bei uSpA und fruÈher AS, Antibiotika bei ReA,anti-TNFa bei schwerer AS, andere experimentelle The-rapien), Diagnostik und Pathogenese verwendet werden.Die Therapiestudien koÈnnen das Outcome beeinflussen,dies muû bereits in der Planungsphase beruÈcksichtigtwerden. Vor Einbettung einer Therapiestudie erfolgteine biometrische PruÈfung uÈber einen moÈglichen Ein-fluû auf die Aussagekraft der Kohortenstudie. Es istauch moÈglich, die Kohorten in internationale Multicen-terstudien einzubringen.

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